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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 33. Rudolstadt, 31. Mai 1847.

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Fragmente aus Briefen.
   

Man kann 10 Jahre lang in Newyork sein und nicht einmal
das umliegende, geschweige entfernteres Land gesehen haben. Und wenn
ich auch einmal eine musikalische Reise machen wollte, würde ich mich
doch immer nur auf große Städte beschränken müssen. Wegen
gänzlichen Mangels an Chausseen und geregelten Landstraßen reist
man hier zu Lande lediglich per Dampf, sei es auf Wasser = oder
Schienenwegen. Der Farmer muß bis dahin seine Wege sich selber
bauen; eine Fußreise ist ein Ding der Unmöglichkeit. Mit Blitzes-
schnelle fliegt man von einer Stadt zur andern und sieht dabei aller-
dings viel Feld und Wald, Busch und Prairien, lernt aber so viel
wie nichts näher kennen. Gesetzt auch, ein Landwirth empfiehlt seine
Gegend als ausgezeichnet fruchtbar u. s. w., so ist doch in der Regel
an solchen Stellen nichts feil. Der Zweck, in schon stark bevölkerten
Staaten eine gute Acquisition zu machen, ist daher, selbst wenn man
deshalb die ganze Union durchreiste, nur schwer zu erreichen, und es
bleibt gewöhnlich nichts Anders übrig, als Land zu kaufen, wo noch
Niemand wohnt und wo der Kauflustige die Fragen, worüber er gern
von Anderen belehrt sein möchte, sich selbst zu beantworten suchen
muß. Ueberdieß sind dergleichen Belehrungen oft sehr unzuverlässig
und täuschend.

Am meisten wird jetzt in Wisconsin gekauft. Wer irgend
über ein Capitälchen verfügen kann, legt dasselbe in Landkauf an.
Wer heuer einen Strich um 2 D. pr. Acker erwirbt, kann fast binnen
zwei Jahren denselben um den doppelten Preis wieder veräußern.
Das heißt doch rentiren! Ungeheure Strecken Landes liegen noch
brache, unberührt von Pflug und Spaten, und machen dennoch ihre
Besitzer reich. Viele ziehen daher diesen bequemen Weg, vorwärts
zu kommen, dem Klären des Bodens vor, und auch für einen Mann
wie Sie, Herr Pathe, würde es keine leichte Aufgabe sein, bei hie-
siger fürchterlichen Hitze die Erde aufzuwühlen und mit dem Maul-
wurf zu wetteifern.

   
Günther Schnapp.
   

Am 2. Sept. 1846. fuhren wir auf einem kleinen Fahrzeuge
nach Bremerhafen ab, wo die Schiffsbeköstigung erst angehen sollte,
weshalb wir uns auf1 1 / 2 Tage mit Lebensmitteln versehen mußten.
Allein die Fahrt dauerte3 1 / 2 Tage; wir mußten daher schon auf der
Weser Hunger und Durst leiden, und überdieß in dem kleinen Schiffe
wie die Häringe übereinander liegen. Niemand sollte diese kleine
Strecke anders als pr. Dampfschiff zurücklegen. Das Gepäck kann
man immerhin mit billigerer Gelegenheit nachkommen lassen. Am 6.
Sept. gingen wir in See und langten nach einer größtentheils glück-
lichen, jedoch nicht ganz sturmfreien Fahrt am 22. October hier an.
Wir kehrten im Gasthof zur "Stadt Baltimore" ein und schon am
folgenden Tage suchten uns mehrere Blankenburger auf, von denen
Heunemann erfuhr, daß 25 Meilen von hier noch Land zu ver-
kaufen sei. Louis Dammeyer, welcher dort 160 Acker besitzt,
begleitete ihn dahin und half ihm 40 Acker a 5 D. nebst Wohnung
kaufen, so daß er dieselbe schon nach 8 Tagen mit seiner Familie
beziehen konnte. Jm Gasthofe mußten wir täglich 3 D. bezahlen und
sahen uns deßhalb bald nach einem Logis um. Gänsehals half
mir einen Ofen kaufen, weil jeder Hausgenosse dafür selbst sorgen
muß. Auch Apel, Tanz und Stockmar, welche letztere 9
Meilen von hier wohnen, besuchten uns und halfen mir Breter und
Hausgeräth kaufen. Meine Töchter hatten bald gute Dienststellen
gefunden; mich brachte Dammeyer vorerst in einer Farbenfabrik
unter, wo ich4 1 / 2 Dollar pr. Woche verdiene. Auch mit der Nadel
habe ich mich eine Zeitlang durchgeflickt; in der Noth frißt der
[Spaltenumbruch] Teufel Fliegen! Jetzt geht es uns Allen schon recht gut. Wer in
Deutschland sein ordentliches Auskommen hat, sollte nicht herüberkom-
men; denn nicht Allen glückt es, und Viele würden gern zurückkehren,
wenn sie die Mittel dazu hätten. Wer aber sein Vermögen schwin-
den sieht und trotz Sparsamkeit, Fleiß und Anstrengung nicht aus-
kommen kann, der säume nicht, sich hier ein neues Vaterland zu suchen.

Es besteht hier eine sehr wohlthätige Gesellschaft, welche den
Namen " Washington Söhne " führt; ich bin derselben beige-
treten. Werde ich krank, so bekomme ich wöchentlich 4 D.; sterbe ich,
so erhält meine Frau 30 D.; stirbt meine Frau, so erhalte ich 15 D.,
das nenne ich einen segensreichen Unterstützungs = Verein! ( Es wäre
interessant, etwas Näheres darüber zu erfahren, namentlich, welche
Beiträge eingezahlt werden müssen u. dgl. D. Red. )

Carl Pfetsch hat eine Stelle bei einem Musikcorps angenom-
men, welches nach Wisconsin geht. Schneider Rode ist unlängst
an der Auszehrung gestorben. -- Wollene Kleider sind hier theuer,
baumwollene spottwohlfeil und doch unvergleichlich schön. Es gibt
hier Gerbereien, welche die Häute schälen, d. h. aus einer 2 -- 3 Stück
machen. Apel arbeitet in einer Maschinenwurstfabrik und verdient
monatlich 16 D.

Herzliche Grüße an alle meine Bekannte, von der Lindeninsel bis
zum Chrysopras! Allen unsern Wohlthätern und Gönnern, insbe-
sondere Hrn. Hauptmann v. Erffa, nochmals unsern innigsten Dank!

   
Joh. Heinrich Keilper
    aus Blankenburg.
Vermischte Nachrichten.

Aus Franken, 16 Mai. ( Die Auswanderungsange-
legenheit am Bunde.
) Das amerikanische Passagiergesetz scheint
neben manchen vorübergehenden Störungen und Unannehmlichkeiten auch
tiefere und wie wir hoffen heilsamere Folgen nach sich zu ziehen. Die
Bestimmungen desselben, wonach den Minderbemittelten die Möglich-
keit zur Auswanderung noch mehr beschränkt wird, und die Klagen,
welche bereits jetzt über die Anwendung desselben laut werden, haben
sicherem Vernehmen nach im hohen Grade die Aufmerksamkeit mehrerer
süddeutscher Regierungen angeregt und den Entschluß zur Reife ge-
bracht, sich des Auswanderungswesens mehr, als es bisher der Fall war,
anzunehmen. Es werden deshalb vor Allem zu diesem Belange
mehrfache Anträge bei der Bundesversammlung gestellt
werden und wenn diese, wie nur zu wahrscheinlich, kei-
nen allgemeinen Eingang finden, werden die gedachten
Regierungen unter sich solche Maßregeln treffen, wo-
durch nicht nur die Auswanderer vor Uebervortheilung
geschützt, sondern auch den Minderbemittelten und Ar-
men Wege eröffnet werden, sich jenseits des Meeres
ebenfalls eine Zukunft zu begründen.
Gewiß werden die
gegenwärtigen Zeitverhältnisse das Jhrige zur Förderung dieses Pla-
nes beitragen. Es kann wenigstens den Regierungen unmöglich gleich-
gültig sein, wenn die Begüterten, der arbeitsame Mittelstand mit jedem
Jahre in größerer Zahl über das Meer ziehen, die Proletarier dagegen,
die sich ohnehin auf eine beunruhigende Weise vermehren, wegen Man-
gels an Mitteln hier zurückbleiben. Soviel steht bereits jetzt fest, daß
der Standpunkt, von dem die Regierungen die Auswanderungen an-
sehen, ein anderer geworden ist. Sonst galten sie gemeinhin als ein
Uebel, das man in jeder Weise bekämpfen müsse; ja wir kennen einen
Staat, wo man vor nicht langer Zeit noch keine Nachrichten von
Auswanderungen mittheilen durfte, weil man es nicht für wahr gelten
lassen wollte, daß es jemand im Lande geben könnte, der sich in seinen
Verhältnissen unbehaglich fühle. Dieß ist gegenwärtig anders gewor-
den; man erkennt jetzt allseitig an, daß sie ein in den Zeit =, in den

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Fragmente aus Briefen.
   

Man kann 10 Jahre lang in Newyork sein und nicht einmal
das umliegende, geschweige entfernteres Land gesehen haben. Und wenn
ich auch einmal eine musikalische Reise machen wollte, würde ich mich
doch immer nur auf große Städte beschränken müssen. Wegen
gänzlichen Mangels an Chausseen und geregelten Landstraßen reist
man hier zu Lande lediglich per Dampf, sei es auf Wasser = oder
Schienenwegen. Der Farmer muß bis dahin seine Wege sich selber
bauen; eine Fußreise ist ein Ding der Unmöglichkeit. Mit Blitzes-
schnelle fliegt man von einer Stadt zur andern und sieht dabei aller-
dings viel Feld und Wald, Busch und Prairien, lernt aber so viel
wie nichts näher kennen. Gesetzt auch, ein Landwirth empfiehlt seine
Gegend als ausgezeichnet fruchtbar u. s. w., so ist doch in der Regel
an solchen Stellen nichts feil. Der Zweck, in schon stark bevölkerten
Staaten eine gute Acquisition zu machen, ist daher, selbst wenn man
deshalb die ganze Union durchreiste, nur schwer zu erreichen, und es
bleibt gewöhnlich nichts Anders übrig, als Land zu kaufen, wo noch
Niemand wohnt und wo der Kauflustige die Fragen, worüber er gern
von Anderen belehrt sein möchte, sich selbst zu beantworten suchen
muß. Ueberdieß sind dergleichen Belehrungen oft sehr unzuverlässig
und täuschend.

Am meisten wird jetzt in Wisconsin gekauft. Wer irgend
über ein Capitälchen verfügen kann, legt dasselbe in Landkauf an.
Wer heuer einen Strich um 2 D. pr. Acker erwirbt, kann fast binnen
zwei Jahren denselben um den doppelten Preis wieder veräußern.
Das heißt doch rentiren! Ungeheure Strecken Landes liegen noch
brache, unberührt von Pflug und Spaten, und machen dennoch ihre
Besitzer reich. Viele ziehen daher diesen bequemen Weg, vorwärts
zu kommen, dem Klären des Bodens vor, und auch für einen Mann
wie Sie, Herr Pathe, würde es keine leichte Aufgabe sein, bei hie-
siger fürchterlichen Hitze die Erde aufzuwühlen und mit dem Maul-
wurf zu wetteifern.

   
Günther Schnapp.
   

Am 2. Sept. 1846. fuhren wir auf einem kleinen Fahrzeuge
nach Bremerhafen ab, wo die Schiffsbeköstigung erst angehen sollte,
weshalb wir uns auf1 1 / 2 Tage mit Lebensmitteln versehen mußten.
Allein die Fahrt dauerte3 1 / 2 Tage; wir mußten daher schon auf der
Weser Hunger und Durst leiden, und überdieß in dem kleinen Schiffe
wie die Häringe übereinander liegen. Niemand sollte diese kleine
Strecke anders als pr. Dampfschiff zurücklegen. Das Gepäck kann
man immerhin mit billigerer Gelegenheit nachkommen lassen. Am 6.
Sept. gingen wir in See und langten nach einer größtentheils glück-
lichen, jedoch nicht ganz sturmfreien Fahrt am 22. October hier an.
Wir kehrten im Gasthof zur „Stadt Baltimore“ ein und schon am
folgenden Tage suchten uns mehrere Blankenburger auf, von denen
Heunemann erfuhr, daß 25 Meilen von hier noch Land zu ver-
kaufen sei. Louis Dammeyer, welcher dort 160 Acker besitzt,
begleitete ihn dahin und half ihm 40 Acker à 5 D. nebst Wohnung
kaufen, so daß er dieselbe schon nach 8 Tagen mit seiner Familie
beziehen konnte. Jm Gasthofe mußten wir täglich 3 D. bezahlen und
sahen uns deßhalb bald nach einem Logis um. Gänsehals half
mir einen Ofen kaufen, weil jeder Hausgenosse dafür selbst sorgen
muß. Auch Apel, Tanz und Stockmar, welche letztere 9
Meilen von hier wohnen, besuchten uns und halfen mir Breter und
Hausgeräth kaufen. Meine Töchter hatten bald gute Dienststellen
gefunden; mich brachte Dammeyer vorerst in einer Farbenfabrik
unter, wo ich4 1 / 2 Dollar pr. Woche verdiene. Auch mit der Nadel
habe ich mich eine Zeitlang durchgeflickt; in der Noth frißt der
[Spaltenumbruch] Teufel Fliegen! Jetzt geht es uns Allen schon recht gut. Wer in
Deutschland sein ordentliches Auskommen hat, sollte nicht herüberkom-
men; denn nicht Allen glückt es, und Viele würden gern zurückkehren,
wenn sie die Mittel dazu hätten. Wer aber sein Vermögen schwin-
den sieht und trotz Sparsamkeit, Fleiß und Anstrengung nicht aus-
kommen kann, der säume nicht, sich hier ein neues Vaterland zu suchen.

Es besteht hier eine sehr wohlthätige Gesellschaft, welche den
Namen „ Washington Söhne “ führt; ich bin derselben beige-
treten. Werde ich krank, so bekomme ich wöchentlich 4 D.; sterbe ich,
so erhält meine Frau 30 D.; stirbt meine Frau, so erhalte ich 15 D.,
das nenne ich einen segensreichen Unterstützungs = Verein! ( Es wäre
interessant, etwas Näheres darüber zu erfahren, namentlich, welche
Beiträge eingezahlt werden müssen u. dgl. D. Red. )

Carl Pfetsch hat eine Stelle bei einem Musikcorps angenom-
men, welches nach Wisconsin geht. Schneider Rode ist unlängst
an der Auszehrung gestorben. -- Wollene Kleider sind hier theuer,
baumwollene spottwohlfeil und doch unvergleichlich schön. Es gibt
hier Gerbereien, welche die Häute schälen, d. h. aus einer 2 -- 3 Stück
machen. Apel arbeitet in einer Maschinenwurstfabrik und verdient
monatlich 16 D.

Herzliche Grüße an alle meine Bekannte, von der Lindeninsel bis
zum Chrysopras! Allen unsern Wohlthätern und Gönnern, insbe-
sondere Hrn. Hauptmann v. Erffa, nochmals unsern innigsten Dank!

   
Joh. Heinrich Keilper
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Vermischte Nachrichten.

Aus Franken, 16 Mai. ( Die Auswanderungsange-
legenheit am Bunde.
) Das amerikanische Passagiergesetz scheint
neben manchen vorübergehenden Störungen und Unannehmlichkeiten auch
tiefere und wie wir hoffen heilsamere Folgen nach sich zu ziehen. Die
Bestimmungen desselben, wonach den Minderbemittelten die Möglich-
keit zur Auswanderung noch mehr beschränkt wird, und die Klagen,
welche bereits jetzt über die Anwendung desselben laut werden, haben
sicherem Vernehmen nach im hohen Grade die Aufmerksamkeit mehrerer
süddeutscher Regierungen angeregt und den Entschluß zur Reife ge-
bracht, sich des Auswanderungswesens mehr, als es bisher der Fall war,
anzunehmen. Es werden deshalb vor Allem zu diesem Belange
mehrfache Anträge bei der Bundesversammlung gestellt
werden und wenn diese, wie nur zu wahrscheinlich, kei-
nen allgemeinen Eingang finden, werden die gedachten
Regierungen unter sich solche Maßregeln treffen, wo-
durch nicht nur die Auswanderer vor Uebervortheilung
geschützt, sondern auch den Minderbemittelten und Ar-
men Wege eröffnet werden, sich jenseits des Meeres
ebenfalls eine Zukunft zu begründen.
Gewiß werden die
gegenwärtigen Zeitverhältnisse das Jhrige zur Förderung dieses Pla-
nes beitragen. Es kann wenigstens den Regierungen unmöglich gleich-
gültig sein, wenn die Begüterten, der arbeitsame Mittelstand mit jedem
Jahre in größerer Zahl über das Meer ziehen, die Proletarier dagegen,
die sich ohnehin auf eine beunruhigende Weise vermehren, wegen Man-
gels an Mitteln hier zurückbleiben. Soviel steht bereits jetzt fest, daß
der Standpunkt, von dem die Regierungen die Auswanderungen an-
sehen, ein anderer geworden ist. Sonst galten sie gemeinhin als ein
Uebel, das man in jeder Weise bekämpfen müsse; ja wir kennen einen
Staat, wo man vor nicht langer Zeit noch keine Nachrichten von
Auswanderungen mittheilen durfte, weil man es nicht für wahr gelten
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Der Zweck, in schon stark bevölkerten Staaten eine gute Acquisition zu machen, ist daher, selbst wenn man deshalb die ganze Union durchreiste, nur schwer zu erreichen, und es bleibt gewöhnlich nichts Anders übrig, als Land zu kaufen, wo noch Niemand wohnt und wo der Kauflustige die Fragen, worüber er gern von Anderen belehrt sein möchte, sich selbst zu beantworten suchen muß. Ueberdieß sind dergleichen Belehrungen oft sehr unzuverlässig und täuschend. Am meisten wird jetzt in Wisconsin gekauft. Wer irgend über ein Capitälchen verfügen kann, legt dasselbe in Landkauf an. Wer heuer einen Strich um 2 D. pr. Acker erwirbt, kann fast binnen zwei Jahren denselben um den doppelten Preis wieder veräußern. Das heißt doch rentiren! Ungeheure Strecken Landes liegen noch brache, unberührt von Pflug und Spaten, und machen dennoch ihre Besitzer reich. Viele ziehen daher diesen bequemen Weg, vorwärts zu kommen, dem Klären des Bodens vor, und auch für einen Mann wie Sie, Herr Pathe, würde es keine leichte Aufgabe sein, bei hie- siger fürchterlichen Hitze die Erde aufzuwühlen und mit dem Maul- wurf zu wetteifern. Günther Schnapp. Newyork, 22. April. Am 2. Sept. 1846. fuhren wir auf einem kleinen Fahrzeuge nach Bremerhafen ab, wo die Schiffsbeköstigung erst angehen sollte, weshalb wir uns auf1 1 / 2 Tage mit Lebensmitteln versehen mußten. Allein die Fahrt dauerte3 1 / 2 Tage; wir mußten daher schon auf der Weser Hunger und Durst leiden, und überdieß in dem kleinen Schiffe wie die Häringe übereinander liegen. Niemand sollte diese kleine Strecke anders als pr. Dampfschiff zurücklegen. Das Gepäck kann man immerhin mit billigerer Gelegenheit nachkommen lassen. Am 6. Sept. gingen wir in See und langten nach einer größtentheils glück- lichen, jedoch nicht ganz sturmfreien Fahrt am 22. October hier an. Wir kehrten im Gasthof zur „Stadt Baltimore“ ein und schon am folgenden Tage suchten uns mehrere Blankenburger auf, von denen Heunemann erfuhr, daß 25 Meilen von hier noch Land zu ver- kaufen sei. Louis Dammeyer, welcher dort 160 Acker besitzt, begleitete ihn dahin und half ihm 40 Acker à 5 D. nebst Wohnung kaufen, so daß er dieselbe schon nach 8 Tagen mit seiner Familie beziehen konnte. Jm Gasthofe mußten wir täglich 3 D. bezahlen und sahen uns deßhalb bald nach einem Logis um. Gänsehals half mir einen Ofen kaufen, weil jeder Hausgenosse dafür selbst sorgen muß. Auch Apel, Tanz und Stockmar, welche letztere 9 Meilen von hier wohnen, besuchten uns und halfen mir Breter und Hausgeräth kaufen. Meine Töchter hatten bald gute Dienststellen gefunden; mich brachte Dammeyer vorerst in einer Farbenfabrik unter, wo ich4 1 / 2 Dollar pr. Woche verdiene. Auch mit der Nadel habe ich mich eine Zeitlang durchgeflickt; in der Noth frißt der Teufel Fliegen! Jetzt geht es uns Allen schon recht gut. Wer in Deutschland sein ordentliches Auskommen hat, sollte nicht herüberkom- men; denn nicht Allen glückt es, und Viele würden gern zurückkehren, wenn sie die Mittel dazu hätten. Wer aber sein Vermögen schwin- den sieht und trotz Sparsamkeit, Fleiß und Anstrengung nicht aus- kommen kann, der säume nicht, sich hier ein neues Vaterland zu suchen. Es besteht hier eine sehr wohlthätige Gesellschaft, welche den Namen „ Washington Söhne “ führt; ich bin derselben beige- treten. Werde ich krank, so bekomme ich wöchentlich 4 D.; sterbe ich, so erhält meine Frau 30 D.; stirbt meine Frau, so erhalte ich 15 D., das nenne ich einen segensreichen Unterstützungs = Verein! ( Es wäre interessant, etwas Näheres darüber zu erfahren, namentlich, welche Beiträge eingezahlt werden müssen u. dgl. D. Red. ) Carl Pfetsch hat eine Stelle bei einem Musikcorps angenom- men, welches nach Wisconsin geht. Schneider Rode ist unlängst an der Auszehrung gestorben. -- Wollene Kleider sind hier theuer, baumwollene spottwohlfeil und doch unvergleichlich schön. Es gibt hier Gerbereien, welche die Häute schälen, d. h. aus einer 2 -- 3 Stück machen. Apel arbeitet in einer Maschinenwurstfabrik und verdient monatlich 16 D. Herzliche Grüße an alle meine Bekannte, von der Lindeninsel bis zum Chrysopras! Allen unsern Wohlthätern und Gönnern, insbe- sondere Hrn. Hauptmann v. Erffa, nochmals unsern innigsten Dank! Joh. Heinrich Keilper aus Blankenburg. Vermischte Nachrichten. Aus Franken, 16 Mai. ( Die Auswanderungsange- legenheit am Bunde. ) Das amerikanische Passagiergesetz scheint neben manchen vorübergehenden Störungen und Unannehmlichkeiten auch tiefere und wie wir hoffen heilsamere Folgen nach sich zu ziehen. Die Bestimmungen desselben, wonach den Minderbemittelten die Möglich- keit zur Auswanderung noch mehr beschränkt wird, und die Klagen, welche bereits jetzt über die Anwendung desselben laut werden, haben sicherem Vernehmen nach im hohen Grade die Aufmerksamkeit mehrerer süddeutscher Regierungen angeregt und den Entschluß zur Reife ge- bracht, sich des Auswanderungswesens mehr, als es bisher der Fall war, anzunehmen. Es werden deshalb vor Allem zu diesem Belange mehrfache Anträge bei der Bundesversammlung gestellt werden und wenn diese, wie nur zu wahrscheinlich, kei- nen allgemeinen Eingang finden, werden die gedachten Regierungen unter sich solche Maßregeln treffen, wo- durch nicht nur die Auswanderer vor Uebervortheilung geschützt, sondern auch den Minderbemittelten und Ar- men Wege eröffnet werden, sich jenseits des Meeres ebenfalls eine Zukunft zu begründen. Gewiß werden die gegenwärtigen Zeitverhältnisse das Jhrige zur Förderung dieses Pla- nes beitragen. Es kann wenigstens den Regierungen unmöglich gleich- gültig sein, wenn die Begüterten, der arbeitsame Mittelstand mit jedem Jahre in größerer Zahl über das Meer ziehen, die Proletarier dagegen, die sich ohnehin auf eine beunruhigende Weise vermehren, wegen Man- gels an Mitteln hier zurückbleiben. Soviel steht bereits jetzt fest, daß der Standpunkt, von dem die Regierungen die Auswanderungen an- sehen, ein anderer geworden ist. Sonst galten sie gemeinhin als ein Uebel, das man in jeder Weise bekämpfen müsse; ja wir kennen einen Staat, wo man vor nicht langer Zeit noch keine Nachrichten von Auswanderungen mittheilen durfte, weil man es nicht für wahr gelten lassen wollte, daß es jemand im Lande geben könnte, der sich in seinen Verhältnissen unbehaglich fühle. Dieß ist gegenwärtig anders gewor- den; man erkennt jetzt allseitig an, daß sie ein in den Zeit =, in den

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 33. Rudolstadt, 31. Mai 1847, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer35_1847/6>, abgerufen am 27.11.2024.