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Allgemeine Zeitung. Nr. 74. Augsburg (Bayern), 15. März 1871.

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[Spaltenumbruch] den Thron erhebt. Mit diesen Absichten hat Thiers offen gebrochen, und
er hat seine letzten orleanistischen Reminiscenzen abgestreift. Aus oben er-
wähnten Gründen ist Thiers der Ansicht eine gegen monarchische Restau-
rationsumtriebe und gegen die rothe Anarchie geschützte Republik habe
hinreichende Aussichten auf Bestand um Vertrauen und Sympathien ein-
zuflößen, Bürgschaften zu geben und sich Credit zu verschaffen. Die Unter-
handlungen mit der Finanzwelt sind schon weit genug vorgeschritten um
Hrn. Thiers keinen Zweifel darüber zu belassen was das Capital von der
Republik denkt. Das Manifest will die Republik auf dem Credit aufbauen,
ihr den Credit als Grundlage geben. Dergleichen kommt wohl zum ersten-
mal in der Geschichte vor. Es kann damit wohl nur gemeint werden wenn
die Republik für mehrere Milliarden Obligationen unterzeichnet und in
Umlauf setzt, so solidarisirt sie sich, identificirt sie sich mit dem Staats-
credit und dem Vermögen wie mit der Ehre Frankreichs. Mehrere Organe
der Kammermehrheit greifen Hrn. Thiers schon heute sehr lebhaft an.
Hingegen beweist das Manifest daß Thiers mit seinem Cabinet, Hrn.
v. Larcy vielleicht ausgenommen, vollkommen einig ist. Jn diesem Falle
rechnet er mit Zuverlässigkeit auf die Stimmen der republicanischen Linken
und der mindestens 300 Abgeordneten welche unter allen Umständen mit
ihm stimmen, weil er die Macht und der Staatsschatz ist.

Verschiedenes.

fr. Speyer, 11 März. Das war ein herrlicher Tag! Die alte Kaiser-
stadt Speyer feierte ihr Friedensfest, und dieser Dom dessen Bild sich schon drei-
mal im Flammenkleide des Krieges im Rhein gespiegelt, breitete grüßend nach
allen Seiten seine Flaggen aus! Die unter Montclars und Davoust geschmol-
zenen Glocken feierten ihr Auferstehungsfest und verkündeten es laut weithin!
Jn unabsehbaren Zügen zogen die jubelnden Landleute der Pfalz zu Fuß und
zu Wagen in die Stadt. Es war ein Fest in jeder Brust! Nicht der Tausende
der Fahnen und Fähnchen, der Kränze und Gewinde bedurfte es, um die hohe
Bedeutung dieses Tages für Speyer, für die Pfalz zu erkennen -- sie stund auf
[unleserliches Material - 5 Zeichen fehlen]jedem Angesicht. Böllerschüsse, Geläute und Musik brachten ihren Morgen-
gruß dar, dann aber zog es alle in die Kirchen, da zu danken, wo man so
oft gefleht! Unterdessen sammelten sich bereits die Jnnungen und Corporatio-
nen zum allgemeinen Festzuge, welcher zur ehrwürdigen Alta Porta, dem einzig
noch stehenden Thore sich hereinbewegte. Ein Wald von Fahnen kam daher,
freilich alle neu bis auf eine aus dem Jahre 1813; die ursprünglichen waren
ja alle von den Franzosen verbrannt worden! Musterhaft fügte sich Glied an
Glied in den Riesenzug. Besonders verdient eine Gruppe Erwähnung. Jn
einem lieblichen Kranze weißgekleideter Mädchen als Repräsentanten des Frauen-
vereins, denen die Fahne der Barmherzigkeit -- das Genfer Kreuz -- voran-
getragen wurde, marschierte ein kleines Häuflein verwundeter Krieger mit Krücken
und Binden, denen ein Wagen mit vier weitern Cameraden nachfolgte, die noch
nicht gehen konnten. Mit einem Blumenregen wurden diese Braven von den
Fenstern überschüttet. Vor dem Stadthause stellte sich der Zug um eine herrlich
geschmückte Festtribüne, von welcher aus begeisterte Reden und die herrlichen
Choräle: "Nun danket alle Gott" und "Großer Gott dich loben wir" erklangen.
Unter Absingung der Königshymne bewegte sich der Zug weiter an die vor dem
Dom errichtete Siegessäule und von da zum Königsplatze, wo auf grün um-
rankten Sockel eine Königskrone sich erhob, gestützt auf die Namen der hervor-
ragendsten Feldherrn Bayerns. Tausend und aber tausend Stimmen brachten
hier ihrem König ein jubelndes Hoch. Nachmittags begann das Festmahl in
reizend geschmücktem Saale. Den Reigen der Toaste eröffnete Hr. Regierungs-
präsident v. Pfeufer. Jn schwungvoller Rede gedachte er der frühern Kriege,
und brachte, übergehend auf die Neuzeit und die herrliche deutsche Haltung un-
seres Königs Ludwig II hervorhebend, ein begeistertes Hoch auf denselben aus.
Die übrigen Trinksprüche galten dem Deutschen Kaiser, dem Kronprinzen von
Preußen als Heerführer der dritten Armee, dem deutschen Heere und seinen
Führern, den bayerischen Truppen und seinen Führern v. d. Tann und Hart-
mann u. s. w. Jnzwischen hatte sich in der Stadt ein buntes Regen und Leben
entfaltet. Ein reich geschmückter Vierspänner brachte ein Stückfaß Wein vor
den Dom, wo nach altdeutscher Sitte der Domnapf gefüllt und der Wein ver-
theilt wurde. Es ist unmöglich diesen Jubel und dieß Treiben zu beschreiben.
Da stund sie wieder an ihrem rechtmäßigen Platze, die alt=ehrwürdige Schüssel
welche einstens, von frecher Feindeshand verdrängt, dem Freiheitsbaum hatte
Platz machen müssen. Nach Pflanzung der Friedenseiche aber begann Licht an
Licht sich zu reihen, und bald prangte die Stadt gleich einem Weihnachtsbaum
im Lichterglanz. Mächtige Gasbogen überspannten die Hauptstraße, und vom
Dom bis zum volkthümlich genannten "Altpörtel" ( Alta Porta ) schien man un-
ter einem Feuerdach zu wandeln. Unter Glockengeläute, Kanonenschlägen und
Musik schloß der Tag mit einem Feuerwerk sinnigster Art. Es stellte die frühern
furchtbaren Brände der Stadt dar, und zahllose Leuchtkugeln, Schwärmer und
Raketen sprangen auf und nieder an dem hohen alten Stadtthore, dessen oberste
Giebel im Feuer erglühend ein Bild der traurigen Vergangenheit boten. Riesig
erschien die Zahl 1689 um im Brillantfeuer der siegreichen Jahre 1871 Platz
zu machen. Hiemit schloß diese denkwürdige Siegesfeier.

Jndustrie, Handel und Verkehr.

§ Paris, 9 März. Das Geschäft war heute etwas belebter, aber die Curse
erfuhren nur geringe Veränderungen. Wie man hört, haben die Lyoner Bankiers
eine Berathung gehalten, um der Regierung Vorschläge zur Lösung der Finanz-
frage zu machen. Auf den Antrag des Hrn. Arl es Dufour sollte in einer Adresse
an die Abgeordneten des Rh one=Departements empfohlen werden, die ganzen fünf [Spaltenumbruch]
Milliarden, gleichviel zu welchem Zinsfuß, durch ein einziges Anlehen aufzubringen,
da dieß noch immer die für den französischen Handel am wenigsten empfindliche
Methode wäre. Leichter gesagt als durchgeführt. Rente 51,05, 1870er Anlehen
51,80, Jtaliener 53,70 noch 53,50. Autrichiens 780, Cr e dit Foncier 950. Alle
übrigen Curse nominal.

Telegraphische Berichte.

* Berlin, 14 März. Betreffs der Frage: ob die französische Re-
gierung das Decret welches die Deutschen auswies als aufgehoben ansehe,
hat Jules Favre, da Thiers erst heute zurückkommt, eine 48stündige Be-
denkzeit erbeten. Die aus Belgien heimkehrenden französischen Kriegs-
gefangenen werden die Waffen zurücklassen, welche von der belgischen
Regierung bis nach dem definitiven Friedensschluß aufbewahrt werden
sollen.

Bern, 14 März. Der Bundesrath beschloß, da die Ruhe in
Zürich nicht mehr gestört sei, die Entlassung der aufgebotenen Bundes-
truppen mit Ausnahme von 2 Bataillonen und 1 Dragoner=Compagnie.

Diese Depeschen aus dem Hauptblatt hier wiederholt.

* Berlin, 14 März. Die "Kreuzztg." bestätigt daß zum Chef
der Civilverwaltung in Frankreich, soweit dieselbe in den besetzt bleibenden
Departements von deutschen Behörden gehandhabt wird, der sächsische
Kriegsminister v. Fabrice ernannt worden ist, wogegen die bisherigen
Generalgouvernements aufgelöst werden sollen.

* Berlin, 14 März. Schlußcurse: Bayer. 5proc. Anl. v. 187099 3 / 4;
bayer.4 1 / 2 proc. Anl. 96; 4proc. Präm.=Anl.107 1 / 2; bad. Präm.=Anl.107 1 / 4;
4 1 / 2 proc. preuß. Anl.94 3 / 8; 1882er Amerikaner97 3 / 8; österr. Silberrente55 1 / 4;
Papierrente47 1 / 4; österr. L. v. 186077 3 / 8; v. 186466 1 / 4; Creditactien141 1 / 4;
Lombarden97 1 / 4; österr.=franz. Staatsbahn215 3 / 4; Prior.279 1 / 2; Galizier103 1 / 4;
Türken 42; Schatzanweisungen100 1 / 8; Köln=Mindener Loose 95 Wechsel:
Augsburg 56.22; Frankfurt a. M. 56.24; London 6.23 3 / 8; Paris80 3 / 4; Wien+
80 7 / 8. Tendenz: Schluß fest, ruhig.

Berlin, 14 März. Schlußcurse: Creditactien141 1 / 4; Staatsbahnactien
215 3 / 4; Lombarden97 1 / 4; Galizier103 1 / 4; 1882er Amerikaner97 3 / 8; Bundes-
Anleihe 100 1 / 4; Rumänier45 1 / 4; South=Missouri68 1 / 8; Rockford58 3 / 8; Peninsular
61 1 / 2. Tendenz: fest.

Berlin, 14 März. Productenmarkt. Roggen lauf. Monat52 3 / 8;
per März=April52 5 / 8, per Mai=Juni53 1 / 4, per Juni=Juli54 3 / 8, Tendenz: --.
Weizen lauf. M.76 3 / 4, per April=Mai77 1 / 8. Tendenz: fester. -- Rüböl lauf. M.
28 1 / 2, per April=Mai28 3 / 4, Tendenz: still. Spiritus: loco eff. 17 Thlr. 6 Sgr.,
per März=April 17 Thlr. 13 Sgr., per April=Mai 17 Thlr. 17 Sgr., per
Mai=Juni 17 Thlr. 20 Sgr. Tendenz: --.

Köln, 14 März. Producteumarlt. Weizen eff. hiesiger8 1 / 2 Thlr.,
fremder8 1 / 6 Thlr., per April 7 Thlr.2 1 / 2 Sgr.. per Mai 8 Thlr. 4 Sgr.,
per Juni 8 Thlr.6 1 / 2 Sgr. per Jnli 8 Thlr.8 1 / 2 Sgr. Tendenz: höher. --
Roggen eff.6 2 / 3 Thlr., per April 6 Thlr. 4 Sgr., per Mai 6 Thlr.5 1 / 2 Sgr.,
per Juni 6 Thlr,6 1 / 2 Sgr. Tendenz: behauptet. -- Rüböl eff.15 3 / 10 Thlr., per
Mai15 5 / 10 Thlr., per Oct.14 9 / 10 Thlr. Tendenz: unverändert. -- Leinöl per
100 Pfd.12 1 / 10 Thlr. Wetter: kühl.

* Frankfurt a. M., 14 März. Eröffnungscurse. Oesterr. Creditactien
248; Staatsbahn375 1 / 4; 1860er L. --; 1882er Amerikaner96 5 / 8; Lombarden
170 3 / 4; Galizier --; span. ausl. Schuld --. Fest.

* Frankfurt a. M., 14 März. Schlußcurse: Bayer. 5proc. Anl. v. 1870
99 7 / 8; bayer.4 1 / 2 proc. Anl.96 3 / 8; 4proc. bayer. Präm.=Anl.107 5 / 8;4 1 / 2 proc.
bayer. Ostbahn128 1 / 4; neue Emission --; mit 15 Procent Einz. --; 4proc.
Alsenzbahn93 1 / 4; 4proc. bad. Prämien=Anl.107 3 / 4; 1882er Amerikaner96 1 / 2;
österr. Silberrente55 3 / 8; Papierrente47 1 / 2; 1860er L.77 1 / 2; 1864er L.116 1 / 2;
Bankactien 690; Creditactien248 1 / 2; Lombarden170 1 / 4; österr.=franz. Staatsdahn
377 1 / 2; Köln=Mindener Loose95 1 / 8; Galizier --; Elisabeth 212; Franz=Joseph-
Bahn 78; Rudolfsbahn72 3 / 8; Ungarn. Ostbahn68 5 / 8; 3proc. Span.29 7 / 8;
Napoleons --. Wechsel: London119 3 / 4; Paris94 3 / 8; Wien95 1 / 4. Tendenz: fest.

* Frankfurt a. M., 14 März. Nachbörse. Creditactien 248; Staats-
bahn 377 3 / 4; 1860er L.77 1 / 2; 1882er Amerikaner96 9 / 16; [unleserliches Material - 9 Zeichen fehlen]Lombarden 170 1 / 2; Silber-
rente 55 1 / 4; Galizier 241; Elisabeth212 1 / 4; Spanier29 13 / 16 Tendenz: fest, still.

* Wien, 14 März. Schlußcurse: Silberrente 68; Papierrente 58.30;
1860er L. 95 80; 1864er L. 122; Bankactien 725; Creditactien 258.70;
Lombarden 177 10; Staatsbahn 394; Anglo=Austrian 227; Franco= Austrian
106.80; Galizier 252.50; Franz=Joseph 194; Prior. 95; Rudolf 161.75;
Prior. 89.20; Elisabeth 222.50; Napoleons 9.94. Wechsel: Augsburg 103.60;
Frankfurt 104; London 124 85. Tendenz: flau.

* Wien, 14 März. Abend=Privatverkehr: Creditactien 259.20; 1860er L.
95.75; 1864er L. 122; Staatsbahn 396 50; Lombarden 179; Napoleons 9.93 1 / 2;
Papierrente 58.25; Franco=Austrian 107; Anglo=Austrian 227.30. Ziemlich fest.

Wien, 14 März. Getreideverkehr geschäftslos. Unbedeutende Hafer-
umsätze zu 470 bis 485. -- Prag=Duxer Actiensubsciption anticipando vielfach
überzeichnet.

London, 14 März. Börse: 3proc. Consols91 13 / 16; 5proc. Türken42 5 / 8;
1882er Amerikaner91 7 / 8; 5proc. Jtaliener53 3 / 8; Lombarden14 5 / 8; 3proc. Spanier
29 7 / 8. Tendenz: günstig. Prämie für russische Anleihe 1 3 / 8.

London, 14 März. Waarenmarkt. Rohzucker ruhig, raffinirter
billiger und käuflich. Kaffee leblos und ohne Veränderung. Reis kleines Ge-
schäft. Manchester stetig, Freitagsraten.

* Paris, 13 März. Schlußcurse: 3proc. Rente 51.12; österr.=franz.
Staatsbahn 792.50; Lombarden 362.50; 5proc. ital. Anl. 54. Tendenz: fest,
ziemlich belebt.

Paris, 14 März. Rente 51.

Liverpool, 14 März. Baumwollenbericht. Tagesumsatz 10,000 B.
Tagesimport 50,000 B. Preise unverändert, schwimmende fest.

[Ende Spaltensatz]

[Spaltenumbruch] den Thron erhebt. Mit diesen Absichten hat Thiers offen gebrochen, und
er hat seine letzten orleanistischen Reminiscenzen abgestreift. Aus oben er-
wähnten Gründen ist Thiers der Ansicht eine gegen monarchische Restau-
rationsumtriebe und gegen die rothe Anarchie geschützte Republik habe
hinreichende Aussichten auf Bestand um Vertrauen und Sympathien ein-
zuflößen, Bürgschaften zu geben und sich Credit zu verschaffen. Die Unter-
handlungen mit der Finanzwelt sind schon weit genug vorgeschritten um
Hrn. Thiers keinen Zweifel darüber zu belassen was das Capital von der
Republik denkt. Das Manifest will die Republik auf dem Credit aufbauen,
ihr den Credit als Grundlage geben. Dergleichen kommt wohl zum ersten-
mal in der Geschichte vor. Es kann damit wohl nur gemeint werden wenn
die Republik für mehrere Milliarden Obligationen unterzeichnet und in
Umlauf setzt, so solidarisirt sie sich, identificirt sie sich mit dem Staats-
credit und dem Vermögen wie mit der Ehre Frankreichs. Mehrere Organe
der Kammermehrheit greifen Hrn. Thiers schon heute sehr lebhaft an.
Hingegen beweist das Manifest daß Thiers mit seinem Cabinet, Hrn.
v. Larcy vielleicht ausgenommen, vollkommen einig ist. Jn diesem Falle
rechnet er mit Zuverlässigkeit auf die Stimmen der republicanischen Linken
und der mindestens 300 Abgeordneten welche unter allen Umständen mit
ihm stimmen, weil er die Macht und der Staatsschatz ist.

Verschiedenes.

fr. Speyer, 11 März. Das war ein herrlicher Tag! Die alte Kaiser-
stadt Speyer feierte ihr Friedensfest, und dieser Dom dessen Bild sich schon drei-
mal im Flammenkleide des Krieges im Rhein gespiegelt, breitete grüßend nach
allen Seiten seine Flaggen aus! Die unter Montclars und Davoust geschmol-
zenen Glocken feierten ihr Auferstehungsfest und verkündeten es laut weithin!
Jn unabsehbaren Zügen zogen die jubelnden Landleute der Pfalz zu Fuß und
zu Wagen in die Stadt. Es war ein Fest in jeder Brust! Nicht der Tausende
der Fahnen und Fähnchen, der Kränze und Gewinde bedurfte es, um die hohe
Bedeutung dieses Tages für Speyer, für die Pfalz zu erkennen -- sie stund auf
[unleserliches Material – 5 Zeichen fehlen]jedem Angesicht. Böllerschüsse, Geläute und Musik brachten ihren Morgen-
gruß dar, dann aber zog es alle in die Kirchen, da zu danken, wo man so
oft gefleht! Unterdessen sammelten sich bereits die Jnnungen und Corporatio-
nen zum allgemeinen Festzuge, welcher zur ehrwürdigen Alta Porta, dem einzig
noch stehenden Thore sich hereinbewegte. Ein Wald von Fahnen kam daher,
freilich alle neu bis auf eine aus dem Jahre 1813; die ursprünglichen waren
ja alle von den Franzosen verbrannt worden! Musterhaft fügte sich Glied an
Glied in den Riesenzug. Besonders verdient eine Gruppe Erwähnung. Jn
einem lieblichen Kranze weißgekleideter Mädchen als Repräsentanten des Frauen-
vereins, denen die Fahne der Barmherzigkeit -- das Genfer Kreuz -- voran-
getragen wurde, marschierte ein kleines Häuflein verwundeter Krieger mit Krücken
und Binden, denen ein Wagen mit vier weitern Cameraden nachfolgte, die noch
nicht gehen konnten. Mit einem Blumenregen wurden diese Braven von den
Fenstern überschüttet. Vor dem Stadthause stellte sich der Zug um eine herrlich
geschmückte Festtribüne, von welcher aus begeisterte Reden und die herrlichen
Choräle: „Nun danket alle Gott“ und „Großer Gott dich loben wir“ erklangen.
Unter Absingung der Königshymne bewegte sich der Zug weiter an die vor dem
Dom errichtete Siegessäule und von da zum Königsplatze, wo auf grün um-
rankten Sockel eine Königskrone sich erhob, gestützt auf die Namen der hervor-
ragendsten Feldherrn Bayerns. Tausend und aber tausend Stimmen brachten
hier ihrem König ein jubelndes Hoch. Nachmittags begann das Festmahl in
reizend geschmücktem Saale. Den Reigen der Toaste eröffnete Hr. Regierungs-
präsident v. Pfeufer. Jn schwungvoller Rede gedachte er der frühern Kriege,
und brachte, übergehend auf die Neuzeit und die herrliche deutsche Haltung un-
seres Königs Ludwig II hervorhebend, ein begeistertes Hoch auf denselben aus.
Die übrigen Trinksprüche galten dem Deutschen Kaiser, dem Kronprinzen von
Preußen als Heerführer der dritten Armee, dem deutschen Heere und seinen
Führern, den bayerischen Truppen und seinen Führern v. d. Tann und Hart-
mann u. s. w. Jnzwischen hatte sich in der Stadt ein buntes Regen und Leben
entfaltet. Ein reich geschmückter Vierspänner brachte ein Stückfaß Wein vor
den Dom, wo nach altdeutscher Sitte der Domnapf gefüllt und der Wein ver-
theilt wurde. Es ist unmöglich diesen Jubel und dieß Treiben zu beschreiben.
Da stund sie wieder an ihrem rechtmäßigen Platze, die alt=ehrwürdige Schüssel
welche einstens, von frecher Feindeshand verdrängt, dem Freiheitsbaum hatte
Platz machen müssen. Nach Pflanzung der Friedenseiche aber begann Licht an
Licht sich zu reihen, und bald prangte die Stadt gleich einem Weihnachtsbaum
im Lichterglanz. Mächtige Gasbogen überspannten die Hauptstraße, und vom
Dom bis zum volkthümlich genannten „Altpörtel“ ( Alta Porta ) schien man un-
ter einem Feuerdach zu wandeln. Unter Glockengeläute, Kanonenschlägen und
Musik schloß der Tag mit einem Feuerwerk sinnigster Art. Es stellte die frühern
furchtbaren Brände der Stadt dar, und zahllose Leuchtkugeln, Schwärmer und
Raketen sprangen auf und nieder an dem hohen alten Stadtthore, dessen oberste
Giebel im Feuer erglühend ein Bild der traurigen Vergangenheit boten. Riesig
erschien die Zahl 1689 um im Brillantfeuer der siegreichen Jahre 1871 Platz
zu machen. Hiemit schloß diese denkwürdige Siegesfeier.

Jndustrie, Handel und Verkehr.

§ Paris, 9 März. Das Geschäft war heute etwas belebter, aber die Curse
erfuhren nur geringe Veränderungen. Wie man hört, haben die Lyoner Bankiers
eine Berathung gehalten, um der Regierung Vorschläge zur Lösung der Finanz-
frage zu machen. Auf den Antrag des Hrn. Arl ès Dufour sollte in einer Adresse
an die Abgeordneten des Rh ône=Departements empfohlen werden, die ganzen fünf [Spaltenumbruch]
Milliarden, gleichviel zu welchem Zinsfuß, durch ein einziges Anlehen aufzubringen,
da dieß noch immer die für den französischen Handel am wenigsten empfindliche
Methode wäre. Leichter gesagt als durchgeführt. Rente 51,05, 1870er Anlehen
51,80, Jtaliener 53,70 noch 53,50. Autrichiens 780, Cr é dit Foncier 950. Alle
übrigen Curse nominal.

Telegraphische Berichte.

* Berlin, 14 März. Betreffs der Frage: ob die französische Re-
gierung das Decret welches die Deutschen auswies als aufgehoben ansehe,
hat Jules Favre, da Thiers erst heute zurückkommt, eine 48stündige Be-
denkzeit erbeten. Die aus Belgien heimkehrenden französischen Kriegs-
gefangenen werden die Waffen zurücklassen, welche von der belgischen
Regierung bis nach dem definitiven Friedensschluß aufbewahrt werden
sollen.

⨁ Bern, 14 März. Der Bundesrath beschloß, da die Ruhe in
Zürich nicht mehr gestört sei, die Entlassung der aufgebotenen Bundes-
truppen mit Ausnahme von 2 Bataillonen und 1 Dragoner=Compagnie.

Diese Depeschen aus dem Hauptblatt hier wiederholt.

* Berlin, 14 März. Die „Kreuzztg.“ bestätigt daß zum Chef
der Civilverwaltung in Frankreich, soweit dieselbe in den besetzt bleibenden
Departements von deutschen Behörden gehandhabt wird, der sächsische
Kriegsminister v. Fabrice ernannt worden ist, wogegen die bisherigen
Generalgouvernements aufgelöst werden sollen.

* Berlin, 14 März. Schlußcurse: Bayer. 5proc. Anl. v. 187099 3 / 4;
bayer.4 1 / 2 proc. Anl. 96; 4proc. Präm.=Anl.107 1 / 2; bad. Präm.=Anl.107 1 / 4;
4 1 / 2 proc. preuß. Anl.94 3 / 8; 1882er Amerikaner97 3 / 8; österr. Silberrente55 1 / 4;
Papierrente47 1 / 4; österr. L. v. 186077 3 / 8; v. 186466 1 / 4; Creditactien141 1 / 4;
Lombarden97 1 / 4; österr.=franz. Staatsbahn215 3 / 4; Prior.279 1 / 2; Galizier103 1 / 4;
Türken 42; Schatzanweisungen100 1 / 8; Köln=Mindener Loose 95 Wechsel:
Augsburg 56.22; Frankfurt a. M. 56.24; London 6.23 3 / 8; Paris80 3 / 4; Wien+
80 7 / 8. Tendenz: Schluß fest, ruhig.

⁑ Berlin, 14 März. Schlußcurse: Creditactien141 1 / 4; Staatsbahnactien
215 3 / 4; Lombarden97 1 / 4; Galizier103 1 / 4; 1882er Amerikaner97 3 / 8; Bundes-
Anleihe 100 1 / 4; Rumänier45 1 / 4; South=Missouri68 1 / 8; Rockford58 3 / 8; Peninsular
61 1 / 2. Tendenz: fest.

⁑ Berlin, 14 März. Productenmarkt. Roggen lauf. Monat52 3 / 8;
per März=April52 5 / 8, per Mai=Juni53 1 / 4, per Juni=Juli54 3 / 8, Tendenz: --.
Weizen lauf. M.76 3 / 4, per April=Mai77 1 / 8. Tendenz: fester. -- Rüböl lauf. M.
28 1 / 2, per April=Mai28 3 / 4, Tendenz: still. Spiritus: loco eff. 17 Thlr. 6 Sgr.,
per März=April 17 Thlr. 13 Sgr., per April=Mai 17 Thlr. 17 Sgr., per
Mai=Juni 17 Thlr. 20 Sgr. Tendenz: --.

⁑ Köln, 14 März. Producteumarlt. Weizen eff. hiesiger8 1 / 2 Thlr.,
fremder8 1 / 6 Thlr., per April 7 Thlr.2 1 / 2 Sgr.. per Mai 8 Thlr. 4 Sgr.,
per Juni 8 Thlr.6 1 / 2 Sgr. per Jnli 8 Thlr.8 1 / 2 Sgr. Tendenz: höher. --
Roggen eff.6 2 / 3 Thlr., per April 6 Thlr. 4 Sgr., per Mai 6 Thlr.5 1 / 2 Sgr.,
per Juni 6 Thlr,6 1 / 2 Sgr. Tendenz: behauptet. -- Rüböl eff.15 3 / 10 Thlr., per
Mai15 5 / 10 Thlr., per Oct.14 9 / 10 Thlr. Tendenz: unverändert. -- Leinöl per
100 Pfd.12 1 / 10 Thlr. Wetter: kühl.

* Frankfurt a. M., 14 März. Eröffnungscurse. Oesterr. Creditactien
248; Staatsbahn375 1 / 4; 1860er L. --; 1882er Amerikaner96 5 / 8; Lombarden
170 3 / 4; Galizier --; span. ausl. Schuld --. Fest.

* Frankfurt a. M., 14 März. Schlußcurse: Bayer. 5proc. Anl. v. 1870
99 7 / 8; bayer.4 1 / 2 proc. Anl.96 3 / 8; 4proc. bayer. Präm.=Anl.107 5 / 8;4 1 / 2 proc.
bayer. Ostbahn128 1 / 4; neue Emission --; mit 15 Procent Einz. --; 4proc.
Alsenzbahn93 1 / 4; 4proc. bad. Prämien=Anl.107 3 / 4; 1882er Amerikaner96 1 / 2;
österr. Silberrente55 3 / 8; Papierrente47 1 / 2; 1860er L.77 1 / 2; 1864er L.116 1 / 2;
Bankactien 690; Creditactien248 1 / 2; Lombarden170 1 / 4; österr.=franz. Staatsdahn
377 1 / 2; Köln=Mindener Loose95 1 / 8; Galizier --; Elisabeth 212; Franz=Joseph-
Bahn 78; Rudolfsbahn72 3 / 8; Ungarn. Ostbahn68 5 / 8; 3proc. Span.29 7 / 8;
Napoleons --. Wechsel: London119 3 / 4; Paris94 3 / 8; Wien95 1 / 4. Tendenz: fest.

* Frankfurt a. M., 14 März. Nachbörse. Creditactien 248; Staats-
bahn 377 3 / 4; 1860er L.77 1 / 2; 1882er Amerikaner96 9 / 16; [unleserliches Material – 9 Zeichen fehlen]Lombarden 170 1 / 2; Silber-
rente 55 1 / 4; Galizier 241; Elisabeth212 1 / 4; Spanier29 13 / 16 Tendenz: fest, still.

* Wien, 14 März. Schlußcurse: Silberrente 68; Papierrente 58.30;
1860er L. 95 80; 1864er L. 122; Bankactien 725; Creditactien 258.70;
Lombarden 177 10; Staatsbahn 394; Anglo=Austrian 227; Franco= Austrian
106.80; Galizier 252.50; Franz=Joseph 194; Prior. 95; Rudolf 161.75;
Prior. 89.20; Elisabeth 222.50; Napoleons 9.94. Wechsel: Augsburg 103.60;
Frankfurt 104; London 124 85. Tendenz: flau.

* Wien, 14 März. Abend=Privatverkehr: Creditactien 259.20; 1860er L.
95.75; 1864er L. 122; Staatsbahn 396 50; Lombarden 179; Napoleons 9.93 1 / 2;
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⁑ Wien, 14 März. Getreideverkehr geschäftslos. Unbedeutende Hafer-
umsätze zu 470 bis 485. -- Prag=Duxer Actiensubsciption anticipando vielfach
überzeichnet.

⁑ London, 14 März. Börse: 3proc. Consols91 13 / 16; 5proc. Türken42 5 / 8;
1882er Amerikaner91 7 / 8; 5proc. Jtaliener53 3 / 8; Lombarden14 5 / 8; 3proc. Spanier
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⁑ London, 14 März. Waarenmarkt. Rohzucker ruhig, raffinirter
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schäft. Manchester stetig, Freitagsraten.

* Paris, 13 März. Schlußcurse: 3proc. Rente 51.12; österr.=franz.
Staatsbahn 792.50; Lombarden 362.50; 5proc. ital. Anl. 54. Tendenz: fest,
ziemlich belebt.

⁑ Paris, 14 März. Rente 51.

⁑ Liverpool, 14 März. Baumwollenbericht. Tagesumsatz 10,000 B.
Tagesimport 50,000 B. Preise unverändert, schwimmende fest.

[Ende Spaltensatz]
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[1253/0013] den Thron erhebt. Mit diesen Absichten hat Thiers offen gebrochen, und er hat seine letzten orleanistischen Reminiscenzen abgestreift. Aus oben er- wähnten Gründen ist Thiers der Ansicht eine gegen monarchische Restau- rationsumtriebe und gegen die rothe Anarchie geschützte Republik habe hinreichende Aussichten auf Bestand um Vertrauen und Sympathien ein- zuflößen, Bürgschaften zu geben und sich Credit zu verschaffen. Die Unter- handlungen mit der Finanzwelt sind schon weit genug vorgeschritten um Hrn. Thiers keinen Zweifel darüber zu belassen was das Capital von der Republik denkt. Das Manifest will die Republik auf dem Credit aufbauen, ihr den Credit als Grundlage geben. Dergleichen kommt wohl zum ersten- mal in der Geschichte vor. Es kann damit wohl nur gemeint werden wenn die Republik für mehrere Milliarden Obligationen unterzeichnet und in Umlauf setzt, so solidarisirt sie sich, identificirt sie sich mit dem Staats- credit und dem Vermögen wie mit der Ehre Frankreichs. Mehrere Organe der Kammermehrheit greifen Hrn. Thiers schon heute sehr lebhaft an. Hingegen beweist das Manifest daß Thiers mit seinem Cabinet, Hrn. v. Larcy vielleicht ausgenommen, vollkommen einig ist. Jn diesem Falle rechnet er mit Zuverlässigkeit auf die Stimmen der republicanischen Linken und der mindestens 300 Abgeordneten welche unter allen Umständen mit ihm stimmen, weil er die Macht und der Staatsschatz ist. Verschiedenes. fr. Speyer, 11 März. Das war ein herrlicher Tag! Die alte Kaiser- stadt Speyer feierte ihr Friedensfest, und dieser Dom dessen Bild sich schon drei- mal im Flammenkleide des Krieges im Rhein gespiegelt, breitete grüßend nach allen Seiten seine Flaggen aus! Die unter Montclars und Davoust geschmol- zenen Glocken feierten ihr Auferstehungsfest und verkündeten es laut weithin! Jn unabsehbaren Zügen zogen die jubelnden Landleute der Pfalz zu Fuß und zu Wagen in die Stadt. Es war ein Fest in jeder Brust! Nicht der Tausende der Fahnen und Fähnchen, der Kränze und Gewinde bedurfte es, um die hohe Bedeutung dieses Tages für Speyer, für die Pfalz zu erkennen -- sie stund auf _____jedem Angesicht. Böllerschüsse, Geläute und Musik brachten ihren Morgen- gruß dar, dann aber zog es alle in die Kirchen, da zu danken, wo man so oft gefleht! Unterdessen sammelten sich bereits die Jnnungen und Corporatio- nen zum allgemeinen Festzuge, welcher zur ehrwürdigen Alta Porta, dem einzig noch stehenden Thore sich hereinbewegte. Ein Wald von Fahnen kam daher, freilich alle neu bis auf eine aus dem Jahre 1813; die ursprünglichen waren ja alle von den Franzosen verbrannt worden! Musterhaft fügte sich Glied an Glied in den Riesenzug. Besonders verdient eine Gruppe Erwähnung. Jn einem lieblichen Kranze weißgekleideter Mädchen als Repräsentanten des Frauen- vereins, denen die Fahne der Barmherzigkeit -- das Genfer Kreuz -- voran- getragen wurde, marschierte ein kleines Häuflein verwundeter Krieger mit Krücken und Binden, denen ein Wagen mit vier weitern Cameraden nachfolgte, die noch nicht gehen konnten. Mit einem Blumenregen wurden diese Braven von den Fenstern überschüttet. Vor dem Stadthause stellte sich der Zug um eine herrlich geschmückte Festtribüne, von welcher aus begeisterte Reden und die herrlichen Choräle: „Nun danket alle Gott“ und „Großer Gott dich loben wir“ erklangen. Unter Absingung der Königshymne bewegte sich der Zug weiter an die vor dem Dom errichtete Siegessäule und von da zum Königsplatze, wo auf grün um- rankten Sockel eine Königskrone sich erhob, gestützt auf die Namen der hervor- ragendsten Feldherrn Bayerns. Tausend und aber tausend Stimmen brachten hier ihrem König ein jubelndes Hoch. Nachmittags begann das Festmahl in reizend geschmücktem Saale. Den Reigen der Toaste eröffnete Hr. Regierungs- präsident v. Pfeufer. Jn schwungvoller Rede gedachte er der frühern Kriege, und brachte, übergehend auf die Neuzeit und die herrliche deutsche Haltung un- seres Königs Ludwig II hervorhebend, ein begeistertes Hoch auf denselben aus. Die übrigen Trinksprüche galten dem Deutschen Kaiser, dem Kronprinzen von Preußen als Heerführer der dritten Armee, dem deutschen Heere und seinen Führern, den bayerischen Truppen und seinen Führern v. d. Tann und Hart- mann u. s. w. Jnzwischen hatte sich in der Stadt ein buntes Regen und Leben entfaltet. Ein reich geschmückter Vierspänner brachte ein Stückfaß Wein vor den Dom, wo nach altdeutscher Sitte der Domnapf gefüllt und der Wein ver- theilt wurde. Es ist unmöglich diesen Jubel und dieß Treiben zu beschreiben. Da stund sie wieder an ihrem rechtmäßigen Platze, die alt=ehrwürdige Schüssel welche einstens, von frecher Feindeshand verdrängt, dem Freiheitsbaum hatte Platz machen müssen. Nach Pflanzung der Friedenseiche aber begann Licht an Licht sich zu reihen, und bald prangte die Stadt gleich einem Weihnachtsbaum im Lichterglanz. Mächtige Gasbogen überspannten die Hauptstraße, und vom Dom bis zum volkthümlich genannten „Altpörtel“ ( Alta Porta ) schien man un- ter einem Feuerdach zu wandeln. Unter Glockengeläute, Kanonenschlägen und Musik schloß der Tag mit einem Feuerwerk sinnigster Art. Es stellte die frühern furchtbaren Brände der Stadt dar, und zahllose Leuchtkugeln, Schwärmer und Raketen sprangen auf und nieder an dem hohen alten Stadtthore, dessen oberste Giebel im Feuer erglühend ein Bild der traurigen Vergangenheit boten. Riesig erschien die Zahl 1689 um im Brillantfeuer der siegreichen Jahre 1871 Platz zu machen. Hiemit schloß diese denkwürdige Siegesfeier. Jndustrie, Handel und Verkehr. § Paris, 9 März. Das Geschäft war heute etwas belebter, aber die Curse erfuhren nur geringe Veränderungen. Wie man hört, haben die Lyoner Bankiers eine Berathung gehalten, um der Regierung Vorschläge zur Lösung der Finanz- frage zu machen. Auf den Antrag des Hrn. Arl ès Dufour sollte in einer Adresse an die Abgeordneten des Rh ône=Departements empfohlen werden, die ganzen fünf Milliarden, gleichviel zu welchem Zinsfuß, durch ein einziges Anlehen aufzubringen, da dieß noch immer die für den französischen Handel am wenigsten empfindliche Methode wäre. Leichter gesagt als durchgeführt. Rente 51,05, 1870er Anlehen 51,80, Jtaliener 53,70 noch 53,50. Autrichiens 780, Cr é dit Foncier 950. Alle übrigen Curse nominal. Telegraphische Berichte. * Berlin, 14 März. Betreffs der Frage: ob die französische Re- gierung das Decret welches die Deutschen auswies als aufgehoben ansehe, hat Jules Favre, da Thiers erst heute zurückkommt, eine 48stündige Be- denkzeit erbeten. Die aus Belgien heimkehrenden französischen Kriegs- gefangenen werden die Waffen zurücklassen, welche von der belgischen Regierung bis nach dem definitiven Friedensschluß aufbewahrt werden sollen. ⨁ Bern, 14 März. Der Bundesrath beschloß, da die Ruhe in Zürich nicht mehr gestört sei, die Entlassung der aufgebotenen Bundes- truppen mit Ausnahme von 2 Bataillonen und 1 Dragoner=Compagnie. Diese Depeschen aus dem Hauptblatt hier wiederholt. * Berlin, 14 März. Die „Kreuzztg.“ bestätigt daß zum Chef der Civilverwaltung in Frankreich, soweit dieselbe in den besetzt bleibenden Departements von deutschen Behörden gehandhabt wird, der sächsische Kriegsminister v. Fabrice ernannt worden ist, wogegen die bisherigen Generalgouvernements aufgelöst werden sollen. * Berlin, 14 März. Schlußcurse: Bayer. 5proc. Anl. v. 187099 3 / 4; bayer.4 1 / 2 proc. Anl. 96; 4proc. Präm.=Anl.107 1 / 2; bad. Präm.=Anl.107 1 / 4; 4 1 / 2 proc. preuß. Anl.94 3 / 8; 1882er Amerikaner97 3 / 8; österr. Silberrente55 1 / 4; Papierrente47 1 / 4; österr. L. v. 186077 3 / 8; v. 186466 1 / 4; Creditactien141 1 / 4; Lombarden97 1 / 4; österr.=franz. Staatsbahn215 3 / 4; Prior.279 1 / 2; Galizier103 1 / 4; Türken 42; Schatzanweisungen100 1 / 8; Köln=Mindener Loose 95 Wechsel: Augsburg 56.22; Frankfurt a. M. 56.24; London 6.23 3 / 8; Paris80 3 / 4; Wien+ 80 7 / 8. Tendenz: Schluß fest, ruhig. ⁑ Berlin, 14 März. Schlußcurse: Creditactien141 1 / 4; Staatsbahnactien 215 3 / 4; Lombarden97 1 / 4; Galizier103 1 / 4; 1882er Amerikaner97 3 / 8; Bundes- Anleihe 100 1 / 4; Rumänier45 1 / 4; South=Missouri68 1 / 8; Rockford58 3 / 8; Peninsular 61 1 / 2. Tendenz: fest. ⁑ Berlin, 14 März. Productenmarkt. Roggen lauf. Monat52 3 / 8; per März=April52 5 / 8, per Mai=Juni53 1 / 4, per Juni=Juli54 3 / 8, Tendenz: --. Weizen lauf. M.76 3 / 4, per April=Mai77 1 / 8. Tendenz: fester. -- Rüböl lauf. M. 28 1 / 2, per April=Mai28 3 / 4, Tendenz: still. Spiritus: loco eff. 17 Thlr. 6 Sgr., per März=April 17 Thlr. 13 Sgr., per April=Mai 17 Thlr. 17 Sgr., per Mai=Juni 17 Thlr. 20 Sgr. Tendenz: --. ⁑ Köln, 14 März. Producteumarlt. Weizen eff. hiesiger8 1 / 2 Thlr., fremder8 1 / 6 Thlr., per April 7 Thlr.2 1 / 2 Sgr.. per Mai 8 Thlr. 4 Sgr., per Juni 8 Thlr.6 1 / 2 Sgr. per Jnli 8 Thlr.8 1 / 2 Sgr. Tendenz: höher. -- Roggen eff.6 2 / 3 Thlr., per April 6 Thlr. 4 Sgr., per Mai 6 Thlr.5 1 / 2 Sgr., per Juni 6 Thlr,6 1 / 2 Sgr. Tendenz: behauptet. -- Rüböl eff.15 3 / 10 Thlr., per Mai15 5 / 10 Thlr., per Oct.14 9 / 10 Thlr. Tendenz: unverändert. -- Leinöl per 100 Pfd.12 1 / 10 Thlr. Wetter: kühl. * Frankfurt a. M., 14 März. Eröffnungscurse. Oesterr. Creditactien 248; Staatsbahn375 1 / 4; 1860er L. --; 1882er Amerikaner96 5 / 8; Lombarden 170 3 / 4; Galizier --; span. ausl. Schuld --. Fest. * Frankfurt a. M., 14 März. Schlußcurse: Bayer. 5proc. Anl. v. 1870 99 7 / 8; bayer.4 1 / 2 proc. Anl.96 3 / 8; 4proc. bayer. Präm.=Anl.107 5 / 8;4 1 / 2 proc. bayer. Ostbahn128 1 / 4; neue Emission --; mit 15 Procent Einz. --; 4proc. Alsenzbahn93 1 / 4; 4proc. bad. Prämien=Anl.107 3 / 4; 1882er Amerikaner96 1 / 2; österr. Silberrente55 3 / 8; Papierrente47 1 / 2; 1860er L.77 1 / 2; 1864er L.116 1 / 2; Bankactien 690; Creditactien248 1 / 2; Lombarden170 1 / 4; österr.=franz. Staatsdahn 377 1 / 2; Köln=Mindener Loose95 1 / 8; Galizier --; Elisabeth 212; Franz=Joseph- Bahn 78; Rudolfsbahn72 3 / 8; Ungarn. Ostbahn68 5 / 8; 3proc. Span.29 7 / 8; Napoleons --. Wechsel: London119 3 / 4; Paris94 3 / 8; Wien95 1 / 4. Tendenz: fest. * Frankfurt a. M., 14 März. Nachbörse. Creditactien 248; Staats- bahn 377 3 / 4; 1860er L.77 1 / 2; 1882er Amerikaner96 9 / 16; _________Lombarden 170 1 / 2; Silber- rente 55 1 / 4; Galizier 241; Elisabeth212 1 / 4; Spanier29 13 / 16 Tendenz: fest, still. * Wien, 14 März. Schlußcurse: Silberrente 68; Papierrente 58.30; 1860er L. 95 80; 1864er L. 122; Bankactien 725; Creditactien 258.70; Lombarden 177 10; Staatsbahn 394; Anglo=Austrian 227; Franco= Austrian 106.80; Galizier 252.50; Franz=Joseph 194; Prior. 95; Rudolf 161.75; Prior. 89.20; Elisabeth 222.50; Napoleons 9.94. Wechsel: Augsburg 103.60; Frankfurt 104; London 124 85. Tendenz: flau. * Wien, 14 März. Abend=Privatverkehr: Creditactien 259.20; 1860er L. 95.75; 1864er L. 122; Staatsbahn 396 50; Lombarden 179; Napoleons 9.93 1 / 2; Papierrente 58.25; Franco=Austrian 107; Anglo=Austrian 227.30. Ziemlich fest. ⁑ Wien, 14 März. Getreideverkehr geschäftslos. Unbedeutende Hafer- umsätze zu 470 bis 485. -- Prag=Duxer Actiensubsciption anticipando vielfach überzeichnet. ⁑ London, 14 März. Börse: 3proc. Consols91 13 / 16; 5proc. Türken42 5 / 8; 1882er Amerikaner91 7 / 8; 5proc. Jtaliener53 3 / 8; Lombarden14 5 / 8; 3proc. Spanier 29 7 / 8. Tendenz: günstig. Prämie für russische Anleihe 1 3 / 8. ⁑ London, 14 März. Waarenmarkt. Rohzucker ruhig, raffinirter billiger und käuflich. Kaffee leblos und ohne Veränderung. Reis kleines Ge- schäft. Manchester stetig, Freitagsraten. * Paris, 13 März. Schlußcurse: 3proc. Rente 51.12; österr.=franz. Staatsbahn 792.50; Lombarden 362.50; 5proc. ital. Anl. 54. Tendenz: fest, ziemlich belebt. ⁑ Paris, 14 März. Rente 51. ⁑ Liverpool, 14 März. Baumwollenbericht. Tagesumsatz 10,000 B. Tagesimport 50,000 B. Preise unverändert, schwimmende fest.

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  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert.
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert.
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst.
  • Zeichensetzung: DTABf-getreu.



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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 74. Augsburg (Bayern), 15. März 1871, S. 1253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_augsburg74_1871/13>, abgerufen am 23.11.2024.