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Allgemeine Zeitung. Nr. 49. Augsburg (Bayern), 18. Februar 1871.

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[Spaltenumbruch] da, weil sie abgeschafft sind; dagegen eine Wache de saurete publique.
Da ich unmöglich spät Abends meine Freunde, die sehr entfernt von einan-
der wohnen, aufsuchen konnte, so mußte ich Abends 9 Uhr nach der Rue
Laffitte zurück. Die Zeitungskioske waren offen und von einer großen
Masse Menschen umstanden, welche auf die Ausgabe der Abendzeitungen
warteten, wobei jeder mit seinem Nachbar sich politisch unterhielt. Trotz
alledem soll bei der ganzen Wahlagitation, wie man mir erzählt, nicht ein
einziger Exceß vorgekommen sein. Die Stimmung gegen die Deutschen,
das kann ich Jhnen versichern ist eine sehr erbitterte. Die Luxusgewölbe
stehen da wie früher, sie besitzen noch ihr volles Lager, nur sieht man den
Mustern an daß sie veralteter Mode angehören; Delicatessen=Handlungen
dagegen, Kaffeehäuser die nicht zum ersten Rang gehören, und selbst Re-
staurants zweiten und dritten Rangs sind geschlossen. Die Etablissements
der "Bouillons Duval," wo früher die ärmere Classe ganz gut für 1 Fr.
essen konnte, fand ich offen; aber sie haben ihre Preise verdoppelt, ja ver-
dreifacht. La Maison d'Or, Caf e Anglais, Caf e Riche stehen unversehrt
da. Angebettelt wurde ich überall, und merkwürdigerweise fand ich noch
einige Pifferari, welche die Belagerung ausgehalten hatten. Obschon in
diesen Tagen sehr viele Lebensmittel in die Stadt kommen, klagt man doch
sehr lebhaft über die Vertheilung, und beschuldigt die damit beauftragte
Commission der Parteilichkeit. Nebenbei klagt man auch über Jules Favre,
von dem man verlangt daß er ein Plebiscit in Paris hätte bewerkstelligen
sollen, bevor er einen Waffenstillstand abgeschlossen; andere klagen daß
er sich nicht mit Gambetta ins Einvernehmen gesetzt habe. Auch über
Trochu, Ducrot, Lefl o und Vinoy beschwert man sich. Kurz, man klagt
über alle. Dem Chefredacteur des "Pariser Journals" begegnete ich im
Caf e Riche; er erzählte mir eine Masse Episoden aus den letzten Monaten,
welche ich Jhnen zu einer gelegeneren Zeit mittheilen werde. "Paris,
meinte er, wird sich erholen; aber die Provinz so bald nicht." Was die
Regierung anlangt, bemerkte er, so sind für die Napoleoniden keine Sym-
pathien da, die Orleans sind in aller Mund. Am andern Morgen, nach
ziemlich schlecht verbrachter Nacht, gelangte ich mit denselben Schwierig-
keiten wieder nach Versailles."

* Hans Wachenhusen faßt in der "Köln. Ztg." die Eindrücke die er
während eines Besuches in Paris empfangen in folgenden Worten zu-
sammen: "Paris ist ruhig; seine einzige Hoffnung ist die daß die Sieger
nicht einmarschiren werden. Die besseren Journale reden alle dem Frie-
den das Wort; selbst diejenigen die am unbesiegbarsten schrieben, erklä-
ren: wir sind besiegt und müssen uns fügen. Aber Schandthaten erzäh-
len sie alle uns Deutschen nach, die uns zum Abscheu gegen uns selber
bringen könnten, wenn wir uns nicht besser kennten. Alle die Städte
und Dörfer im Schußbereich der Forts, welche von diesen in Schutthau-
fen verwandelt worden, haben wir zerstört; alle Häuser haben wir ge-
plündert, alle silbernen Löffel haben wir gestohlen, alle Geldschränke wir
erbrochen. Dazwischen werden Beispiele von erstaunlichem Heldenmuth,
namentlich der Francs=Tireurs, erzählt, wie sie in diesem und jenem Dorfe
eine preußische Uebermacht bis auf den letzten Mann in einer ganzen
Feldschlacht hingemordet, wie die Frauen mit dem Muthe der Löwinnen
ihren Männern beigestanden, ja sogar Kinder die Waffen ergriffen um
die verhaßten Feinde in die Flucht zu schlagen. Kaum wird Paris wie-
der frei athmen dürfen, so fliegt der gallische Hahn auf alle Zäune und
kräht in die Welt hinein: es sei gar nicht wahr daß er besiegt worden!"


Die mehr als dreimonatliche Periode der Cernirung, Beschießung und
förmlichen Belagerung der Festung Belfort bildet einen selbständigen
und nicht unwesentlichen Abschnitt des Kriegs. Die Cernirung der Fe-
stung begann am 3 Nov. durch Truppentheile der in Stettin formirten
1. Landwehrdivision unter dem General v. Tresckow, nachdem dieselbe in
der Gegend zwischen Colmar und Belfort die dort umherstreifenden Francs-
Tireurs vertrieben, in mehreren kleineren Gefechten bei les Errues, Rouge-
mont und Petit=Magny Mobilgarden geschlagen und so die Verbindung
mit dem Corps des Generals v. Werder wiederhergestellt hatte. Jn diese
erste Periode, während deren das Hauptquartier des Generals v. Tresckow
anfangs in les Errues, dann in la Chapelle gewesen und endlich nach Fon-
taine verlegt worden war, fällt ein am 16 Nov. mit drei Bataillonen und
sechs Geschützen unternommener Ausfall aus der Festung gegen das eine
Meile östlich derselben gelegene Dorf Bischingen ( Bessoncourt ) , sowie ein
späterer am 23 Nov. Beide Ausfälle wurden von den Belagerungstruppen
abgeschlagen, ersterer mit einem Verlust des Feindes von 200 Todten und
Verwundeten und 58 Gefangenen, letzterer sogar unter Verlust einiger
Belfort nahe gelegenen Positionen der eingeschlossenen Truppen. So
konnte denn die Cernirung der Festung, die bis dahin eine weitere gewesen
war, zu einer engeren werden; am 23 war Valdoie, am 24 Cravanche be-
setzt worden; Offemont und Vetringe wurden ebenfalls vom Feinde gesäu-
bert, so daß der Cernirungsgürtel um die Festung sich immer mehr schloß.
Nachdem die nöthigen Positionen genommen, mit großer Tapferkeit ver-
theidigt und fortificatorisch eingerichtet waren, begann am 3. Dec. der Bau
der Batterien und die Aushebung der Transcheen für die Deckungstruppen,
und so die zweite Periode der Velagerung, die Beschießung des Platzes.
Dieselbe geschah zuerst von Westen her, von den Höhen zwischen Essert
und Bavillier; dieß aber führte nicht zum Ziele; man sah ein daß man
sich der Bergkuppen bemächtigen müsse welche, die Perches genannt, etwa
[Spaltenumbruch] 1800 Schritte südöstlich der Citadelle ( Schloß ) von Belfort gelegen sind.
Um sich diesen Kuppen nähern und die diesseitigen Laufgräben gegen die
getrennten Schanzen Hautes=Perches und Basses=Perches eröffnen zu kön-
nen, war ein allmähliches Vorgehen nothwendig. Zunächst eröffneten 28
Geschütze ihr Feuer aus den deutschen Batterien gegen den Platz; ein klei-
nerer Ausfall der Garnison am 11 Dec. wurde abgewiesen, dem Feinde
40 Gefangene abgenommen, Lünette Nr. 18 nach und nach völlig zerstört,
und die Beschießung von Stadt und Festung in den Monaten December
und Januar ohne Unterbrechung fortgesetzt. Jn ersterer feuerte der Prä-
fect Grosseau die Bevölkerung zu energischem Widerstand an, die Festung
vertheidigte Oberst Denfert mit Energie. Jn der Nacht vom 7 auf den
8 Jan. erfolgte die Erstürmung von Danjoutin, bei welcher außer sonsti-
gen bedeutenden Verlusten dem Feinde 2 Stabsofficiere, 16 Officiere und
mehr als 700 unverwundete Gefangene vom Belagerer abgenommen wur-
den; am 20 Jan. wurde das Dorf Perouse gestürmt. Die Wegnahme
dieser Positionen ermöglichte die Eröffnung der Laufgräben gegen die
Perches in der Linie von Danjoutin bis Perouse in der Nacht vom 21 auf
den 22 Jan. Hiemit beginnt die dritte Periode vor Belfort, die des
förmlichen Angriffs gegen die Festung. Das rauhe Klima, zumal
dieses Winters, in den Vogesenabhängen erschwerte die Aufgaben des Be-
lagerungscorps ungemein; die Laufgräben mußten zum Theil in Felsen
gesprengt werden, und standen bei Thauwetter dann unter Wasser. Ein
erster Angriff auf die beiden Perches am 27 Jan. führte nicht zum Ziel;
am 8 Febr. aber wurden beide in Felsen erbaute Forts genommen. Die
Hineinziehung dieser beiden festen Werke in die Stellung der Belagerungs-
batterien ist ein wesentlicher Vortheil, durch welchen es ermöglicht wird
das Schloß zu beschießen -- die Citadelle, den eigentlichen Schlüssel der
Festung -- welches durch seine Höhe, 80 Fuß über der Stadt, allein schon
eine sehr starke Vertheidigungsfähigkeit besitzt, sowie die Stadtenceinte
und das große neue Fort des Barres, welches auf dem rechten Ufer der
Savoureuse gelegen ist; auch die Forts la Miotte und la Justice werden
nunmehr einer unmittelbareren Beschießung mit schwerem Geschütz aus-
gesetzt sein. ( St.=Anz. )

Aus Meroux ( vor Belfort ) , 9 Febr., wird der "Köln. Ztg." ge-
schrieben: "Der erste Erfolg! Seit drei Monaten liegen unsere Belage-
rungstruppen vor dieser Festung, die freilich der Sachverständige, der Jn-
genieur, nie für schnell einnehmbar gehalten hat, und endlich ist der erste
durchschlagende Erfolg errungen. Dorf für Dorf, Wald für Wald mußte
dem vorzüglichen Vertheidiger, dem alle Achtung gebührt, mit großen Ver-
lusten abgerungen werden, bis man endlich daran gehen konnte ein Festungs-
werk anzugreifen, bis man endlich die Forts vor sich hatte. Und von An-
fang an hat der tapfere Commandant auf jede Angriffsdisposition mit der
richtigen, wohldurchdachten Gegenmaßregel zu antworten gewußt. Nach-
dem in der Nacht vom 7 zum 8 Januar durch den vorzüglichen Angriff
des Hauptmanns v. Manstein ( 14. Regiment, Bataillon Schneidemühl )
das Dorf Danjoutin, das nächste der Festung in der Thalniederung, ge-
nommen war, konnte man hier in größerer Nähe Batterien gegen die Feld-
schanze Ferme eröffnen, und in der Nacht vom 21 zum 22 Januar wurde
der förmliche Angriff gegen die beiden Perchen begonnen, zwei im provi-
sorischen Charakter ausgeführte Forts auf dem Höhenzuge nordöstlich von
Danjoutin, die südlichen Forts der Festung. 180 Fuß unter der Höhe
wurde der Angriff begonnen und die steile Höhe hinangearbeitet in steini-
gem, felsigem Boden, erst gefroren auf mehrere Fuß tief, bedeckt mit
Schnee, dann durchweicht von Quellen und geschmolzenem Schnee und
Regen. Es sind die schönsten Abwässerungsgräben für den Abhang, diese
Transcheen, unten bis zur Kante voll lehmigen Schlammes, aber abwech-
selnd zwischen fußtiefen Wasserlöchern Felsadern, welche dem Angriff
der Kreuzhacke unüberwindlichen Widerstand entgegensetzen. Jch übergehe
die unglückliche Nacht vom 26 zum 27 Januar mit dem Sturm auf beide
Perchen, der uns ungefähr 400 Mann, meist Gefangene, gekostet hat. Der
Oberst Denfert hatte seine Dispositionen gut getroffen, seine Reserven
standen hinter dem Berg, und seine anfangs so unzuverlässigen Soldaten
hatte er verstanden zu Soldaten heranzubilden, die, wachsam und energisch,
sich nicht überrumpeln ließen. Nun sind sie ja unser, die beiden schönen
Werke, wahrlich schön, wenn auch zerschossene Erd = und Steinhaufen nur
die Brustwehren sind, wenn auch die Gräben wie das Jnnen ein Conglo-
merat von Steingeröll und Lehmsuppe ist, sie sind schön angelegt und --
was sind sie uns jetzt werth? Wir waren hinaufgekommen, ein tüchtiges
Stück Arbeit, den Berg hinauf bis nahe an den Grabenrand, wir sehen
den in Fels gehauenen Graben vor uns, und der Sturm war vorbereitet.
Gestern Nachmittags sollten die beiden Pioniercompagnien welche am 26
den unglücklichen Sturm mitgemacht hatten, auch das Glück haben Re-
vanche nehmen und am hellen Tage die Werke wegnehmen zu dürfen. Die
Compagnie Röse rechts nahm die Haute=Perche, die Compagnie Mentzel
unter Leitung des Premierlieutenants v. Weltzien links die Basse=Perche
im Sturm. Jch kann bloß von der letzteren speciell berichten. Nachdem
Hauptmann Röse die Haute=Perche genommen und über 20 Mann dabei
Gefangene gemacht hatte, traf um halb 3 Uhr Nachmittags auf dem linken
Flügel diese Nachricht ein, und Weltzien beschloß in Folge dessen, im Ein-
verständniß mit Hauptmann Pflaume, dem Transchee=Officier, die Basse-
Perche ebenfalls zu attakiren. Aus der Sappe gieng's mit ein paar Pio-
nieren schnell heraus, hinab in den Graben, und mit Hacke und Spaten ward
ein Aufgang am jenseitigen Grabenrande zur Brustwehr hinauf hergestellt.

[Spaltenumbruch] da, weil sie abgeschafft sind; dagegen eine Wache de sûreté publique.
Da ich unmöglich spät Abends meine Freunde, die sehr entfernt von einan-
der wohnen, aufsuchen konnte, so mußte ich Abends 9 Uhr nach der Rue
Laffitte zurück. Die Zeitungskioske waren offen und von einer großen
Masse Menschen umstanden, welche auf die Ausgabe der Abendzeitungen
warteten, wobei jeder mit seinem Nachbar sich politisch unterhielt. Trotz
alledem soll bei der ganzen Wahlagitation, wie man mir erzählt, nicht ein
einziger Exceß vorgekommen sein. Die Stimmung gegen die Deutschen,
das kann ich Jhnen versichern ist eine sehr erbitterte. Die Luxusgewölbe
stehen da wie früher, sie besitzen noch ihr volles Lager, nur sieht man den
Mustern an daß sie veralteter Mode angehören; Delicatessen=Handlungen
dagegen, Kaffeehäuser die nicht zum ersten Rang gehören, und selbst Re-
staurants zweiten und dritten Rangs sind geschlossen. Die Etablissements
der „Bouillons Duval,“ wo früher die ärmere Classe ganz gut für 1 Fr.
essen konnte, fand ich offen; aber sie haben ihre Preise verdoppelt, ja ver-
dreifacht. La Maison d'Or, Caf é Anglais, Caf é Riche stehen unversehrt
da. Angebettelt wurde ich überall, und merkwürdigerweise fand ich noch
einige Pifferari, welche die Belagerung ausgehalten hatten. Obschon in
diesen Tagen sehr viele Lebensmittel in die Stadt kommen, klagt man doch
sehr lebhaft über die Vertheilung, und beschuldigt die damit beauftragte
Commission der Parteilichkeit. Nebenbei klagt man auch über Jules Favre,
von dem man verlangt daß er ein Plebiscit in Paris hätte bewerkstelligen
sollen, bevor er einen Waffenstillstand abgeschlossen; andere klagen daß
er sich nicht mit Gambetta ins Einvernehmen gesetzt habe. Auch über
Trochu, Ducrot, Lefl ô und Vinoy beschwert man sich. Kurz, man klagt
über alle. Dem Chefredacteur des „Pariser Journals“ begegnete ich im
Caf é Riche; er erzählte mir eine Masse Episoden aus den letzten Monaten,
welche ich Jhnen zu einer gelegeneren Zeit mittheilen werde. „Paris,
meinte er, wird sich erholen; aber die Provinz so bald nicht.“ Was die
Regierung anlangt, bemerkte er, so sind für die Napoleoniden keine Sym-
pathien da, die Orleans sind in aller Mund. Am andern Morgen, nach
ziemlich schlecht verbrachter Nacht, gelangte ich mit denselben Schwierig-
keiten wieder nach Versailles.“

* Hans Wachenhusen faßt in der „Köln. Ztg.“ die Eindrücke die er
während eines Besuches in Paris empfangen in folgenden Worten zu-
sammen: „Paris ist ruhig; seine einzige Hoffnung ist die daß die Sieger
nicht einmarschiren werden. Die besseren Journale reden alle dem Frie-
den das Wort; selbst diejenigen die am unbesiegbarsten schrieben, erklä-
ren: wir sind besiegt und müssen uns fügen. Aber Schandthaten erzäh-
len sie alle uns Deutschen nach, die uns zum Abscheu gegen uns selber
bringen könnten, wenn wir uns nicht besser kennten. Alle die Städte
und Dörfer im Schußbereich der Forts, welche von diesen in Schutthau-
fen verwandelt worden, haben wir zerstört; alle Häuser haben wir ge-
plündert, alle silbernen Löffel haben wir gestohlen, alle Geldschränke wir
erbrochen. Dazwischen werden Beispiele von erstaunlichem Heldenmuth,
namentlich der Francs=Tireurs, erzählt, wie sie in diesem und jenem Dorfe
eine preußische Uebermacht bis auf den letzten Mann in einer ganzen
Feldschlacht hingemordet, wie die Frauen mit dem Muthe der Löwinnen
ihren Männern beigestanden, ja sogar Kinder die Waffen ergriffen um
die verhaßten Feinde in die Flucht zu schlagen. Kaum wird Paris wie-
der frei athmen dürfen, so fliegt der gallische Hahn auf alle Zäune und
kräht in die Welt hinein: es sei gar nicht wahr daß er besiegt worden!“


Die mehr als dreimonatliche Periode der Cernirung, Beschießung und
förmlichen Belagerung der Festung Belfort bildet einen selbständigen
und nicht unwesentlichen Abschnitt des Kriegs. Die Cernirung der Fe-
stung begann am 3 Nov. durch Truppentheile der in Stettin formirten
1. Landwehrdivision unter dem General v. Tresckow, nachdem dieselbe in
der Gegend zwischen Colmar und Belfort die dort umherstreifenden Francs-
Tireurs vertrieben, in mehreren kleineren Gefechten bei les Errues, Rouge-
mont und Petit=Magny Mobilgarden geschlagen und so die Verbindung
mit dem Corps des Generals v. Werder wiederhergestellt hatte. Jn diese
erste Periode, während deren das Hauptquartier des Generals v. Tresckow
anfangs in les Errues, dann in la Chapelle gewesen und endlich nach Fon-
taine verlegt worden war, fällt ein am 16 Nov. mit drei Bataillonen und
sechs Geschützen unternommener Ausfall aus der Festung gegen das eine
Meile östlich derselben gelegene Dorf Bischingen ( Bessoncourt ) , sowie ein
späterer am 23 Nov. Beide Ausfälle wurden von den Belagerungstruppen
abgeschlagen, ersterer mit einem Verlust des Feindes von 200 Todten und
Verwundeten und 58 Gefangenen, letzterer sogar unter Verlust einiger
Belfort nahe gelegenen Positionen der eingeschlossenen Truppen. So
konnte denn die Cernirung der Festung, die bis dahin eine weitere gewesen
war, zu einer engeren werden; am 23 war Valdoie, am 24 Cravanche be-
setzt worden; Offemont und Vetringe wurden ebenfalls vom Feinde gesäu-
bert, so daß der Cernirungsgürtel um die Festung sich immer mehr schloß.
Nachdem die nöthigen Positionen genommen, mit großer Tapferkeit ver-
theidigt und fortificatorisch eingerichtet waren, begann am 3. Dec. der Bau
der Batterien und die Aushebung der Transcheen für die Deckungstruppen,
und so die zweite Periode der Velagerung, die Beschießung des Platzes.
Dieselbe geschah zuerst von Westen her, von den Höhen zwischen Essert
und Bavillier; dieß aber führte nicht zum Ziele; man sah ein daß man
sich der Bergkuppen bemächtigen müsse welche, die Perches genannt, etwa
[Spaltenumbruch] 1800 Schritte südöstlich der Citadelle ( Schloß ) von Belfort gelegen sind.
Um sich diesen Kuppen nähern und die diesseitigen Laufgräben gegen die
getrennten Schanzen Hautes=Perches und Basses=Perches eröffnen zu kön-
nen, war ein allmähliches Vorgehen nothwendig. Zunächst eröffneten 28
Geschütze ihr Feuer aus den deutschen Batterien gegen den Platz; ein klei-
nerer Ausfall der Garnison am 11 Dec. wurde abgewiesen, dem Feinde
40 Gefangene abgenommen, Lünette Nr. 18 nach und nach völlig zerstört,
und die Beschießung von Stadt und Festung in den Monaten December
und Januar ohne Unterbrechung fortgesetzt. Jn ersterer feuerte der Prä-
fect Grosseau die Bevölkerung zu energischem Widerstand an, die Festung
vertheidigte Oberst Denfert mit Energie. Jn der Nacht vom 7 auf den
8 Jan. erfolgte die Erstürmung von Danjoutin, bei welcher außer sonsti-
gen bedeutenden Verlusten dem Feinde 2 Stabsofficiere, 16 Officiere und
mehr als 700 unverwundete Gefangene vom Belagerer abgenommen wur-
den; am 20 Jan. wurde das Dorf Pérouse gestürmt. Die Wegnahme
dieser Positionen ermöglichte die Eröffnung der Laufgräben gegen die
Perches in der Linie von Danjoutin bis Pérouse in der Nacht vom 21 auf
den 22 Jan. Hiemit beginnt die dritte Periode vor Belfort, die des
förmlichen Angriffs gegen die Festung. Das rauhe Klima, zumal
dieses Winters, in den Vogesenabhängen erschwerte die Aufgaben des Be-
lagerungscorps ungemein; die Laufgräben mußten zum Theil in Felsen
gesprengt werden, und standen bei Thauwetter dann unter Wasser. Ein
erster Angriff auf die beiden Perches am 27 Jan. führte nicht zum Ziel;
am 8 Febr. aber wurden beide in Felsen erbaute Forts genommen. Die
Hineinziehung dieser beiden festen Werke in die Stellung der Belagerungs-
batterien ist ein wesentlicher Vortheil, durch welchen es ermöglicht wird
das Schloß zu beschießen -- die Citadelle, den eigentlichen Schlüssel der
Festung -- welches durch seine Höhe, 80 Fuß über der Stadt, allein schon
eine sehr starke Vertheidigungsfähigkeit besitzt, sowie die Stadtenceinte
und das große neue Fort des Barres, welches auf dem rechten Ufer der
Savoureuse gelegen ist; auch die Forts la Miotte und la Justice werden
nunmehr einer unmittelbareren Beschießung mit schwerem Geschütz aus-
gesetzt sein. ( St.=Anz. )

Aus Méroux ( vor Belfort ) , 9 Febr., wird der „Köln. Ztg.“ ge-
schrieben: „Der erste Erfolg! Seit drei Monaten liegen unsere Belage-
rungstruppen vor dieser Festung, die freilich der Sachverständige, der Jn-
genieur, nie für schnell einnehmbar gehalten hat, und endlich ist der erste
durchschlagende Erfolg errungen. Dorf für Dorf, Wald für Wald mußte
dem vorzüglichen Vertheidiger, dem alle Achtung gebührt, mit großen Ver-
lusten abgerungen werden, bis man endlich daran gehen konnte ein Festungs-
werk anzugreifen, bis man endlich die Forts vor sich hatte. Und von An-
fang an hat der tapfere Commandant auf jede Angriffsdisposition mit der
richtigen, wohldurchdachten Gegenmaßregel zu antworten gewußt. Nach-
dem in der Nacht vom 7 zum 8 Januar durch den vorzüglichen Angriff
des Hauptmanns v. Manstein ( 14. Regiment, Bataillon Schneidemühl )
das Dorf Danjoutin, das nächste der Festung in der Thalniederung, ge-
nommen war, konnte man hier in größerer Nähe Batterien gegen die Feld-
schanze Ferme eröffnen, und in der Nacht vom 21 zum 22 Januar wurde
der förmliche Angriff gegen die beiden Perchen begonnen, zwei im provi-
sorischen Charakter ausgeführte Forts auf dem Höhenzuge nordöstlich von
Danjoutin, die südlichen Forts der Festung. 180 Fuß unter der Höhe
wurde der Angriff begonnen und die steile Höhe hinangearbeitet in steini-
gem, felsigem Boden, erst gefroren auf mehrere Fuß tief, bedeckt mit
Schnee, dann durchweicht von Quellen und geschmolzenem Schnee und
Regen. Es sind die schönsten Abwässerungsgräben für den Abhang, diese
Transcheen, unten bis zur Kante voll lehmigen Schlammes, aber abwech-
selnd zwischen fußtiefen Wasserlöchern Felsadern, welche dem Angriff
der Kreuzhacke unüberwindlichen Widerstand entgegensetzen. Jch übergehe
die unglückliche Nacht vom 26 zum 27 Januar mit dem Sturm auf beide
Perchen, der uns ungefähr 400 Mann, meist Gefangene, gekostet hat. Der
Oberst Denfert hatte seine Dispositionen gut getroffen, seine Reserven
standen hinter dem Berg, und seine anfangs so unzuverlässigen Soldaten
hatte er verstanden zu Soldaten heranzubilden, die, wachsam und energisch,
sich nicht überrumpeln ließen. Nun sind sie ja unser, die beiden schönen
Werke, wahrlich schön, wenn auch zerschossene Erd = und Steinhaufen nur
die Brustwehren sind, wenn auch die Gräben wie das Jnnen ein Conglo-
merat von Steingeröll und Lehmsuppe ist, sie sind schön angelegt und --
was sind sie uns jetzt werth? Wir waren hinaufgekommen, ein tüchtiges
Stück Arbeit, den Berg hinauf bis nahe an den Grabenrand, wir sehen
den in Fels gehauenen Graben vor uns, und der Sturm war vorbereitet.
Gestern Nachmittags sollten die beiden Pioniercompagnien welche am 26
den unglücklichen Sturm mitgemacht hatten, auch das Glück haben Re-
vanche nehmen und am hellen Tage die Werke wegnehmen zu dürfen. Die
Compagnie Röse rechts nahm die Haute=Perche, die Compagnie Mentzel
unter Leitung des Premierlieutenants v. Weltzien links die Basse=Perche
im Sturm. Jch kann bloß von der letzteren speciell berichten. Nachdem
Hauptmann Röse die Haute=Perche genommen und über 20 Mann dabei
Gefangene gemacht hatte, traf um halb 3 Uhr Nachmittags auf dem linken
Flügel diese Nachricht ein, und Weltzien beschloß in Folge dessen, im Ein-
verständniß mit Hauptmann Pflaume, dem Transchee=Officier, die Basse-
Perche ebenfalls zu attakiren. Aus der Sappe gieng's mit ein paar Pio-
nieren schnell heraus, hinab in den Graben, und mit Hacke und Spaten ward
ein Aufgang am jenseitigen Grabenrande zur Brustwehr hinauf hergestellt.

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[819/0003] da, weil sie abgeschafft sind; dagegen eine Wache de sûreté publique. Da ich unmöglich spät Abends meine Freunde, die sehr entfernt von einan- der wohnen, aufsuchen konnte, so mußte ich Abends 9 Uhr nach der Rue Laffitte zurück. Die Zeitungskioske waren offen und von einer großen Masse Menschen umstanden, welche auf die Ausgabe der Abendzeitungen warteten, wobei jeder mit seinem Nachbar sich politisch unterhielt. Trotz alledem soll bei der ganzen Wahlagitation, wie man mir erzählt, nicht ein einziger Exceß vorgekommen sein. Die Stimmung gegen die Deutschen, das kann ich Jhnen versichern ist eine sehr erbitterte. Die Luxusgewölbe stehen da wie früher, sie besitzen noch ihr volles Lager, nur sieht man den Mustern an daß sie veralteter Mode angehören; Delicatessen=Handlungen dagegen, Kaffeehäuser die nicht zum ersten Rang gehören, und selbst Re- staurants zweiten und dritten Rangs sind geschlossen. Die Etablissements der „Bouillons Duval,“ wo früher die ärmere Classe ganz gut für 1 Fr. essen konnte, fand ich offen; aber sie haben ihre Preise verdoppelt, ja ver- dreifacht. La Maison d'Or, Caf é Anglais, Caf é Riche stehen unversehrt da. Angebettelt wurde ich überall, und merkwürdigerweise fand ich noch einige Pifferari, welche die Belagerung ausgehalten hatten. Obschon in diesen Tagen sehr viele Lebensmittel in die Stadt kommen, klagt man doch sehr lebhaft über die Vertheilung, und beschuldigt die damit beauftragte Commission der Parteilichkeit. Nebenbei klagt man auch über Jules Favre, von dem man verlangt daß er ein Plebiscit in Paris hätte bewerkstelligen sollen, bevor er einen Waffenstillstand abgeschlossen; andere klagen daß er sich nicht mit Gambetta ins Einvernehmen gesetzt habe. Auch über Trochu, Ducrot, Lefl ô und Vinoy beschwert man sich. Kurz, man klagt über alle. Dem Chefredacteur des „Pariser Journals“ begegnete ich im Caf é Riche; er erzählte mir eine Masse Episoden aus den letzten Monaten, welche ich Jhnen zu einer gelegeneren Zeit mittheilen werde. „Paris, meinte er, wird sich erholen; aber die Provinz so bald nicht.“ Was die Regierung anlangt, bemerkte er, so sind für die Napoleoniden keine Sym- pathien da, die Orleans sind in aller Mund. Am andern Morgen, nach ziemlich schlecht verbrachter Nacht, gelangte ich mit denselben Schwierig- keiten wieder nach Versailles.“ * Hans Wachenhusen faßt in der „Köln. Ztg.“ die Eindrücke die er während eines Besuches in Paris empfangen in folgenden Worten zu- sammen: „Paris ist ruhig; seine einzige Hoffnung ist die daß die Sieger nicht einmarschiren werden. Die besseren Journale reden alle dem Frie- den das Wort; selbst diejenigen die am unbesiegbarsten schrieben, erklä- ren: wir sind besiegt und müssen uns fügen. Aber Schandthaten erzäh- len sie alle uns Deutschen nach, die uns zum Abscheu gegen uns selber bringen könnten, wenn wir uns nicht besser kennten. Alle die Städte und Dörfer im Schußbereich der Forts, welche von diesen in Schutthau- fen verwandelt worden, haben wir zerstört; alle Häuser haben wir ge- plündert, alle silbernen Löffel haben wir gestohlen, alle Geldschränke wir erbrochen. Dazwischen werden Beispiele von erstaunlichem Heldenmuth, namentlich der Francs=Tireurs, erzählt, wie sie in diesem und jenem Dorfe eine preußische Uebermacht bis auf den letzten Mann in einer ganzen Feldschlacht hingemordet, wie die Frauen mit dem Muthe der Löwinnen ihren Männern beigestanden, ja sogar Kinder die Waffen ergriffen um die verhaßten Feinde in die Flucht zu schlagen. Kaum wird Paris wie- der frei athmen dürfen, so fliegt der gallische Hahn auf alle Zäune und kräht in die Welt hinein: es sei gar nicht wahr daß er besiegt worden!“ Die mehr als dreimonatliche Periode der Cernirung, Beschießung und förmlichen Belagerung der Festung Belfort bildet einen selbständigen und nicht unwesentlichen Abschnitt des Kriegs. Die Cernirung der Fe- stung begann am 3 Nov. durch Truppentheile der in Stettin formirten 1. Landwehrdivision unter dem General v. Tresckow, nachdem dieselbe in der Gegend zwischen Colmar und Belfort die dort umherstreifenden Francs- Tireurs vertrieben, in mehreren kleineren Gefechten bei les Errues, Rouge- mont und Petit=Magny Mobilgarden geschlagen und so die Verbindung mit dem Corps des Generals v. Werder wiederhergestellt hatte. Jn diese erste Periode, während deren das Hauptquartier des Generals v. Tresckow anfangs in les Errues, dann in la Chapelle gewesen und endlich nach Fon- taine verlegt worden war, fällt ein am 16 Nov. mit drei Bataillonen und sechs Geschützen unternommener Ausfall aus der Festung gegen das eine Meile östlich derselben gelegene Dorf Bischingen ( Bessoncourt ) , sowie ein späterer am 23 Nov. Beide Ausfälle wurden von den Belagerungstruppen abgeschlagen, ersterer mit einem Verlust des Feindes von 200 Todten und Verwundeten und 58 Gefangenen, letzterer sogar unter Verlust einiger Belfort nahe gelegenen Positionen der eingeschlossenen Truppen. So konnte denn die Cernirung der Festung, die bis dahin eine weitere gewesen war, zu einer engeren werden; am 23 war Valdoie, am 24 Cravanche be- setzt worden; Offemont und Vetringe wurden ebenfalls vom Feinde gesäu- bert, so daß der Cernirungsgürtel um die Festung sich immer mehr schloß. Nachdem die nöthigen Positionen genommen, mit großer Tapferkeit ver- theidigt und fortificatorisch eingerichtet waren, begann am 3. Dec. der Bau der Batterien und die Aushebung der Transcheen für die Deckungstruppen, und so die zweite Periode der Velagerung, die Beschießung des Platzes. Dieselbe geschah zuerst von Westen her, von den Höhen zwischen Essert und Bavillier; dieß aber führte nicht zum Ziele; man sah ein daß man sich der Bergkuppen bemächtigen müsse welche, die Perches genannt, etwa 1800 Schritte südöstlich der Citadelle ( Schloß ) von Belfort gelegen sind. Um sich diesen Kuppen nähern und die diesseitigen Laufgräben gegen die getrennten Schanzen Hautes=Perches und Basses=Perches eröffnen zu kön- nen, war ein allmähliches Vorgehen nothwendig. Zunächst eröffneten 28 Geschütze ihr Feuer aus den deutschen Batterien gegen den Platz; ein klei- nerer Ausfall der Garnison am 11 Dec. wurde abgewiesen, dem Feinde 40 Gefangene abgenommen, Lünette Nr. 18 nach und nach völlig zerstört, und die Beschießung von Stadt und Festung in den Monaten December und Januar ohne Unterbrechung fortgesetzt. Jn ersterer feuerte der Prä- fect Grosseau die Bevölkerung zu energischem Widerstand an, die Festung vertheidigte Oberst Denfert mit Energie. Jn der Nacht vom 7 auf den 8 Jan. erfolgte die Erstürmung von Danjoutin, bei welcher außer sonsti- gen bedeutenden Verlusten dem Feinde 2 Stabsofficiere, 16 Officiere und mehr als 700 unverwundete Gefangene vom Belagerer abgenommen wur- den; am 20 Jan. wurde das Dorf Pérouse gestürmt. Die Wegnahme dieser Positionen ermöglichte die Eröffnung der Laufgräben gegen die Perches in der Linie von Danjoutin bis Pérouse in der Nacht vom 21 auf den 22 Jan. Hiemit beginnt die dritte Periode vor Belfort, die des förmlichen Angriffs gegen die Festung. Das rauhe Klima, zumal dieses Winters, in den Vogesenabhängen erschwerte die Aufgaben des Be- lagerungscorps ungemein; die Laufgräben mußten zum Theil in Felsen gesprengt werden, und standen bei Thauwetter dann unter Wasser. Ein erster Angriff auf die beiden Perches am 27 Jan. führte nicht zum Ziel; am 8 Febr. aber wurden beide in Felsen erbaute Forts genommen. Die Hineinziehung dieser beiden festen Werke in die Stellung der Belagerungs- batterien ist ein wesentlicher Vortheil, durch welchen es ermöglicht wird das Schloß zu beschießen -- die Citadelle, den eigentlichen Schlüssel der Festung -- welches durch seine Höhe, 80 Fuß über der Stadt, allein schon eine sehr starke Vertheidigungsfähigkeit besitzt, sowie die Stadtenceinte und das große neue Fort des Barres, welches auf dem rechten Ufer der Savoureuse gelegen ist; auch die Forts la Miotte und la Justice werden nunmehr einer unmittelbareren Beschießung mit schwerem Geschütz aus- gesetzt sein. ( St.=Anz. ) Aus Méroux ( vor Belfort ) , 9 Febr., wird der „Köln. Ztg.“ ge- schrieben: „Der erste Erfolg! Seit drei Monaten liegen unsere Belage- rungstruppen vor dieser Festung, die freilich der Sachverständige, der Jn- genieur, nie für schnell einnehmbar gehalten hat, und endlich ist der erste durchschlagende Erfolg errungen. Dorf für Dorf, Wald für Wald mußte dem vorzüglichen Vertheidiger, dem alle Achtung gebührt, mit großen Ver- lusten abgerungen werden, bis man endlich daran gehen konnte ein Festungs- werk anzugreifen, bis man endlich die Forts vor sich hatte. Und von An- fang an hat der tapfere Commandant auf jede Angriffsdisposition mit der richtigen, wohldurchdachten Gegenmaßregel zu antworten gewußt. Nach- dem in der Nacht vom 7 zum 8 Januar durch den vorzüglichen Angriff des Hauptmanns v. Manstein ( 14. Regiment, Bataillon Schneidemühl ) das Dorf Danjoutin, das nächste der Festung in der Thalniederung, ge- nommen war, konnte man hier in größerer Nähe Batterien gegen die Feld- schanze Ferme eröffnen, und in der Nacht vom 21 zum 22 Januar wurde der förmliche Angriff gegen die beiden Perchen begonnen, zwei im provi- sorischen Charakter ausgeführte Forts auf dem Höhenzuge nordöstlich von Danjoutin, die südlichen Forts der Festung. 180 Fuß unter der Höhe wurde der Angriff begonnen und die steile Höhe hinangearbeitet in steini- gem, felsigem Boden, erst gefroren auf mehrere Fuß tief, bedeckt mit Schnee, dann durchweicht von Quellen und geschmolzenem Schnee und Regen. Es sind die schönsten Abwässerungsgräben für den Abhang, diese Transcheen, unten bis zur Kante voll lehmigen Schlammes, aber abwech- selnd zwischen fußtiefen Wasserlöchern Felsadern, welche dem Angriff der Kreuzhacke unüberwindlichen Widerstand entgegensetzen. Jch übergehe die unglückliche Nacht vom 26 zum 27 Januar mit dem Sturm auf beide Perchen, der uns ungefähr 400 Mann, meist Gefangene, gekostet hat. Der Oberst Denfert hatte seine Dispositionen gut getroffen, seine Reserven standen hinter dem Berg, und seine anfangs so unzuverlässigen Soldaten hatte er verstanden zu Soldaten heranzubilden, die, wachsam und energisch, sich nicht überrumpeln ließen. Nun sind sie ja unser, die beiden schönen Werke, wahrlich schön, wenn auch zerschossene Erd = und Steinhaufen nur die Brustwehren sind, wenn auch die Gräben wie das Jnnen ein Conglo- merat von Steingeröll und Lehmsuppe ist, sie sind schön angelegt und -- was sind sie uns jetzt werth? Wir waren hinaufgekommen, ein tüchtiges Stück Arbeit, den Berg hinauf bis nahe an den Grabenrand, wir sehen den in Fels gehauenen Graben vor uns, und der Sturm war vorbereitet. Gestern Nachmittags sollten die beiden Pioniercompagnien welche am 26 den unglücklichen Sturm mitgemacht hatten, auch das Glück haben Re- vanche nehmen und am hellen Tage die Werke wegnehmen zu dürfen. Die Compagnie Röse rechts nahm die Haute=Perche, die Compagnie Mentzel unter Leitung des Premierlieutenants v. Weltzien links die Basse=Perche im Sturm. Jch kann bloß von der letzteren speciell berichten. Nachdem Hauptmann Röse die Haute=Perche genommen und über 20 Mann dabei Gefangene gemacht hatte, traf um halb 3 Uhr Nachmittags auf dem linken Flügel diese Nachricht ein, und Weltzien beschloß in Folge dessen, im Ein- verständniß mit Hauptmann Pflaume, dem Transchee=Officier, die Basse- Perche ebenfalls zu attakiren. Aus der Sappe gieng's mit ein paar Pio- nieren schnell heraus, hinab in den Graben, und mit Hacke und Spaten ward ein Aufgang am jenseitigen Grabenrande zur Brustwehr hinauf hergestellt.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 49. Augsburg (Bayern), 18. Februar 1871, S. 819. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_augsburg49_1871/3>, abgerufen am 24.11.2024.