Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Der Arbeitgeber. Nr. 672. Frankfurt a. M., 18. März 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] druck, Preis 9 Sgr. Dieser folgt eine Ausgabe in Farbendruck,
Preis 15 Sgr.

* Geistiges Eigenthum. Jn dem Streit, den das Nachdruck-
gesetz hervorgerufen hat, ist von der Frankfurter Zeitung mit Recht
der Kölnischen Zeitung vorgeworfen worden, sie sei nicht konsequent,
indem sie das Verbot des Nachdruckes vertheidige, während sie das
Patentwesen abgeschafft haben wolle. Die Kölnische Zeitung sucht
sich nun auf die allerdings sehr einfache Weise aus der Affäre zu
ziehen, daß sie sagt eine Erfindung sei gar kein geistiges Eigenthum.
Was ist sie denn? Die Erfindung wird mit dem Gehirn gemacht, gerade
so gut wie ein Schauspiel, ein Roman, eine Oper. Soll dieselbe
nun sofort öffentliches Eigenthum sein, während die andern Erzeug-
nisse des Gehirns Privateigenthum sind? Ein Grund dafür ist nicht
ersichtlich. Entweder es gibt gar kein geistiges Eigenthum, und
dann muß man den Nachdruck erlauben und das Patent fallen lassen,
oder es gibt geistiges Eigenthum, und alsdann muß man den Nach-
druck verbieten und das Patent aufrecht erhalten; ein anderer Aus-
weg ist unlogisch.

* Autorrecht. Der Abg. Braun=Wiesbaden veröffentlicht
in der "Nat.=Ztg." eine Erklärung, dahin gehend, daß es keineswegs
seine Absicht sei, die Autorrechte abzuschaffen. Seine Argumenta-
tionen wären gerichtet gegen ein Autorrecht auf ewige Zeit und gegen
allzu lange Schutzfristen, sowie gegen solche, welche nur nach der
Lebenszeit des Autors berechnet würden. Er will es gehalten wissen
wie in England, wo außer der Bestimmung, wie viele Jahre die
Autorrechte den Hinterlassenen nach dem Tode des Autors verbleiben,
eine Minimaldauer von 42 Jahren festgesetzt ist.

* Markenschutz. Durch das Strafgesetzbuch für den Nord-
deutschen Bund wird eine Geldstrafe von 50--1000 Thaler für die
Führung falscher Marken angeordnet.

* Frauen=Universitäten und Gymnasien. Während man in
Europa sich noch darüber streitet, ob die Frauen ein Recht auf
wissenschaftliche Ausbildung haben, ist in Amerika, wie das "Magazin
für die Literatur des Auslandes" berichtet, schon eine Anzahl von
Universitäten errichtet worden, wo weibliche Studenten sogar in der
Mehrzahl die männlichen übertreffen. -- Schon im Jahre 1861
gründete Mathieu Vassar in New=York eine Universität für
Damen und verlangte als Preis für die reiche Dotation derselben,
daß sie der großen städtischen Universität einverleibt werde, weil da-
mit erst das Recht der Frauen auf Gleichstellung mit den Männern
vor dem Forum der Wissenschaft proklamirt werde. Zu diesem Zwecke
übergab er2 1 / 2 Millionen Dollars in Gold und Papieren. Mit
dieser Schenkung konnte allerdings ein Jnstitut errichtet werden, wie
es an Reichhaltigkeit und Pracht nicht seines Gleichen hat, weder in
der alten, noch in der neuen Welt. Alle Entdeckungen der Wissen-
schaft, alle Besitzthümer der Kunst sind darin aufgehäuft, um das
Lernen angenehm und leicht zu machen. Auf einer Anhöhe in einiger
Entfernung von der Stadt, wo man eine lachende Fernsicht genießt,
ist ein kolossales Gebäude errichtet, das mit allem Komfort für das
tägliche Leben versehen ist, und vierhundert junge Mädchen finden
hier Wohnung und Verpflegung. Jn dem zweiten Stock sind die
Hörsäle, die Laboratorien für Chemie und Physik, die Sammlungen
von Mineralien, naturgeschichtliche und geologische Kabinets, Gemälde-
gallerie u. s. w. Eine Sternwarte mit den kostbarsten Jnstrumenten
zum Studium der Astronomie, eine Bibliothek, eine Turnanstalt und
eine Reitbahn sind ebenfalls vorhanden. Um aufgenommen zu werden,
müssen die jungen Damen den Cäsar, Cicero nnd Virgil erklären
können, Algebra, Rhetorik und Geschichte studirt haben und sich auf
vier Jahre zum Studium anheischig machen. -- Der Umfang des
Studiums läßt sich nach diesen Anfangsgründen bemessen. Es ist
keine noch so abstrakte Wissenschaft ausgelassen, und die weiblichen
Studenten sollen nach dem Zeugniß glaubhafter Personen durchaus
nicht gegen die männlichen zurückstehen. Sogar zu Philologen haben
sich einige von ihnen schon ausgebildet. Es gibt bereits in amerika-
nischen Gymnasien Damen, die den Unterricht im Griechischen erthei-
len, und über dreihundert weibliche Doktoren der Medicin prakticiren
jetzt in Amerika. -- Außer der Universitätsbildung steht dem weib-
lichen Geschlecht auch die höhere Schule offen und zwar ebenfalls in
Gemeinschaft mit dem männlichen. Es gibt fast keine Schule mehr
in Amerika, in der nicht die Mädchen mit den Knaben zugleich un-
terrichtet werden: ja es sind sogar Pensionate vorhanden, wo die
beiden Geschlechter unter Einem Dache wohnen, wenn auch in ver-
schiedenen, streng getrennten Stockwerken. Aber Spielstunden und
[Spaltenumbruch] Mahlzeiten werden fast immer gemeinschaftlich gehalten. Die
Lehrer versichern, daß keinerlei nachtheiliger Einfluß zu bemerken sei
durch dieses gemeinschaftliche Studium; im Gegentheil würden die
Knaben manierlicher und die Mädchen ernster, beide aber zeigten einen
heilsamen Wetteifer im Lernen. Nach ärztlichen Beobachtungen sind
die Mädchen auch körperlich nicht hinter den Knaben zurückgeblieben,
und es ist mehrfach bewiesen, daß es dem sogenannten schwachen Ge-
schlecht nicht an Kraft fehlt, wenn es sich im Lernen hervorthun soll.
Die Sterblichkeit ist unter den Mädchen, welche die gelehrten Schulen
besuchen, durchaus nicht größer als unter denen, welche nur oberfläch-
liche Dinge lernen und frühzeitiger in die Welt treten, als die weib-
lichen Studenten. Für das Familienleben soll es auch vortheilhaft
sein, wenn Bruder und Schwester gemeinsam die Schule besuchen;
ersterer wird frühzeitig die Rolle des Beschützers übernehmen und
Dankbarkeit dafür ernten. Die Besorgniß, daß frühe Verlöbnisse
durch die gemischten Schulen veranlaßt werden könnten, lassen die
Amerikaner nicht aufkommen; sie behaupten, gerade durch das tägliche
Zusammensein bei ernster Geistesarbeit würde der Reiz zerstört, der
sonst die Jugend zusammenführt.

* Frauengenossenschaft. Jn der Sitzung des Vereins deutscher
Lehrerinnen und Erzieherinnen, welche Anfangs März in Berlin ab-
gehalten wurde, berichtete Frl. Jacobi, daß die Jdee eine Frauen-
genossenschaft zu gründen, in welcher Lehrerinnen und Pensionärinnen
ein angenehmes Heim finden können, ihrer Verwirklichung entgegen-
gehe, da zu dem Unternehmen vorläufig 10,000 Thlr. bewilligt seien.

* Frauenbildungsverein. Der Breslauer Frauenbildungs-
verein zur Förderung der Erwerbsfähigkeit hat soeben seinen Jahres-
bericht für 1869 ausgegeben. Derselbe veranstaltete im Winter alle
8 bis 14 Tage Abendversammlungen mit belehrenden und künst-
lerischen Vorträgen. Gleichzeitig mit den Versammlungen entstand
die Fortbildungsschule. Begonnen war der Unterricht mit den Ele-
mentarfächern Rechnen, Schreiben, deutsche Sprache. Hinzugefügt
wurden seitdem Zeichnen, Gesang, Unterricht in der einfachen Buch-
führung. Das Arbeits= und Stellenvermittlungsbüreau hatte bis jetzt
keinen Erfolg. Seit Dezember 1869 ist eine Nähstube eingerichtet,
in welcher mit Maschinen gearbeitet wird. Dieselbe war mit der
Absicht gegründet, als Fachschule für den Unterricht auf der Näh-
maschine zu dienen. Die Nähstube beschäftigt sich mit Lohnarbeit
und mit dem Vertrieb von Nähmaschinen. Das Ganze hat eine
Art von genossenschaftlicher Einrichtung. Die nächste Aufgabe, die
der Verein in Angriff nehmen will, ist die Gründung einer Sparkasse
für Frauen und Kinder, die vom Pfennig aufwärts jeden Beitrag
annimmt.

* Asyl für Obdachlose. Jn Berlin wurde ein Bazar zum
Besten des Asyls für Obdachlose abgehalten, bei welchem die verkau-
fenden jungen Damen die glänzendsten Geschäfte machten.

* Arbeiter=Angelegenheiten. Jn Erlangen besteht eine Bi-
jouteriefabrik, welche 18 Arbeiter beschäftigt. Dieselben haben wegen
Lohnstreitigkeiten die Arbeit eingestellt.

-- Der Arbeiter=Bildungsverein in Pforzheim zählt 600 Mit-
glieder. Der Verein hat eine Bibliothek von circa 1300 Bänden.

-- Spanisch. Die Arbeiter von Madrid haben an die Cortes
eine Eingabe gerichtet, in welcher sie dieselben ersuchen, die soziale
Frage sofort zu lösen.
( Zu diesem Zweck sollen die Cortes die
Herren Schweizer und Mende sowie die Gräfin Hatzfeld berufen haben! )

-- Die Baumwollenspinnerei am Stadtbach in Augsburg
hat ein Arbeiterspeisehaus neu errichtet und damit eine Kinderbewahr-
anstalt verbunden.

-- Jn Bremen fand dieser Tage eine Versammlung von Ar-
beitern statt, auf welcher die Beschickung der internationalen Aus-
stellung in London besprochen wurde. Die Versammlung erklärte die
Ausstellung beschicken zu wollen.

-- Lohnarbeit bei Eisenbahnen. Der k. preuß. Handels-
minister hat kürzlich eine Verfügung erlassen, die für Eisenbahngesell-
schaften sowohl wie für Eisenbahnarbeiter von Wichtigkeit ist. Wenn
nämlich ein Bauunternehmer seinen Verpflichtungen gegen die Ar-
beiter nicht nachkommen, resp. wenn er den von denselben verdienten
Lohn nicht zahlen kann, so sind die Eisenbahngesellschaften verpflichtet
den Lohn zu zahlen. Dieselben haben sich daher mit ihren Bau-
unternehmern vorzusehen.

-- Die Bewegung zur Verkürzung der Arbeitszeit auf 9 Stun-
den hat sich in London, nachdem sie unter den Zimmerleuten be-
gonnen, nun auch auf die übrigen Bauhandwerker, Anstreicher,

[Spaltenumbruch] druck, Preis 9 Sgr. Dieser folgt eine Ausgabe in Farbendruck,
Preis 15 Sgr.

* Geistiges Eigenthum. Jn dem Streit, den das Nachdruck-
gesetz hervorgerufen hat, ist von der Frankfurter Zeitung mit Recht
der Kölnischen Zeitung vorgeworfen worden, sie sei nicht konsequent,
indem sie das Verbot des Nachdruckes vertheidige, während sie das
Patentwesen abgeschafft haben wolle. Die Kölnische Zeitung sucht
sich nun auf die allerdings sehr einfache Weise aus der Affäre zu
ziehen, daß sie sagt eine Erfindung sei gar kein geistiges Eigenthum.
Was ist sie denn? Die Erfindung wird mit dem Gehirn gemacht, gerade
so gut wie ein Schauspiel, ein Roman, eine Oper. Soll dieselbe
nun sofort öffentliches Eigenthum sein, während die andern Erzeug-
nisse des Gehirns Privateigenthum sind? Ein Grund dafür ist nicht
ersichtlich. Entweder es gibt gar kein geistiges Eigenthum, und
dann muß man den Nachdruck erlauben und das Patent fallen lassen,
oder es gibt geistiges Eigenthum, und alsdann muß man den Nach-
druck verbieten und das Patent aufrecht erhalten; ein anderer Aus-
weg ist unlogisch.

* Autorrecht. Der Abg. Braun=Wiesbaden veröffentlicht
in der „Nat.=Ztg.“ eine Erklärung, dahin gehend, daß es keineswegs
seine Absicht sei, die Autorrechte abzuschaffen. Seine Argumenta-
tionen wären gerichtet gegen ein Autorrecht auf ewige Zeit und gegen
allzu lange Schutzfristen, sowie gegen solche, welche nur nach der
Lebenszeit des Autors berechnet würden. Er will es gehalten wissen
wie in England, wo außer der Bestimmung, wie viele Jahre die
Autorrechte den Hinterlassenen nach dem Tode des Autors verbleiben,
eine Minimaldauer von 42 Jahren festgesetzt ist.

* Markenschutz. Durch das Strafgesetzbuch für den Nord-
deutschen Bund wird eine Geldstrafe von 50--1000 Thaler für die
Führung falscher Marken angeordnet.

* Frauen=Universitäten und Gymnasien. Während man in
Europa sich noch darüber streitet, ob die Frauen ein Recht auf
wissenschaftliche Ausbildung haben, ist in Amerika, wie das „Magazin
für die Literatur des Auslandes“ berichtet, schon eine Anzahl von
Universitäten errichtet worden, wo weibliche Studenten sogar in der
Mehrzahl die männlichen übertreffen. -- Schon im Jahre 1861
gründete Mathieu Vassar in New=York eine Universität für
Damen und verlangte als Preis für die reiche Dotation derselben,
daß sie der großen städtischen Universität einverleibt werde, weil da-
mit erst das Recht der Frauen auf Gleichstellung mit den Männern
vor dem Forum der Wissenschaft proklamirt werde. Zu diesem Zwecke
übergab er2 1 / 2 Millionen Dollars in Gold und Papieren. Mit
dieser Schenkung konnte allerdings ein Jnstitut errichtet werden, wie
es an Reichhaltigkeit und Pracht nicht seines Gleichen hat, weder in
der alten, noch in der neuen Welt. Alle Entdeckungen der Wissen-
schaft, alle Besitzthümer der Kunst sind darin aufgehäuft, um das
Lernen angenehm und leicht zu machen. Auf einer Anhöhe in einiger
Entfernung von der Stadt, wo man eine lachende Fernsicht genießt,
ist ein kolossales Gebäude errichtet, das mit allem Komfort für das
tägliche Leben versehen ist, und vierhundert junge Mädchen finden
hier Wohnung und Verpflegung. Jn dem zweiten Stock sind die
Hörsäle, die Laboratorien für Chemie und Physik, die Sammlungen
von Mineralien, naturgeschichtliche und geologische Kabinets, Gemälde-
gallerie u. s. w. Eine Sternwarte mit den kostbarsten Jnstrumenten
zum Studium der Astronomie, eine Bibliothek, eine Turnanstalt und
eine Reitbahn sind ebenfalls vorhanden. Um aufgenommen zu werden,
müssen die jungen Damen den Cäsar, Cicero nnd Virgil erklären
können, Algebra, Rhetorik und Geschichte studirt haben und sich auf
vier Jahre zum Studium anheischig machen. -- Der Umfang des
Studiums läßt sich nach diesen Anfangsgründen bemessen. Es ist
keine noch so abstrakte Wissenschaft ausgelassen, und die weiblichen
Studenten sollen nach dem Zeugniß glaubhafter Personen durchaus
nicht gegen die männlichen zurückstehen. Sogar zu Philologen haben
sich einige von ihnen schon ausgebildet. Es gibt bereits in amerika-
nischen Gymnasien Damen, die den Unterricht im Griechischen erthei-
len, und über dreihundert weibliche Doktoren der Medicin prakticiren
jetzt in Amerika. -- Außer der Universitätsbildung steht dem weib-
lichen Geschlecht auch die höhere Schule offen und zwar ebenfalls in
Gemeinschaft mit dem männlichen. Es gibt fast keine Schule mehr
in Amerika, in der nicht die Mädchen mit den Knaben zugleich un-
terrichtet werden: ja es sind sogar Pensionate vorhanden, wo die
beiden Geschlechter unter Einem Dache wohnen, wenn auch in ver-
schiedenen, streng getrennten Stockwerken. Aber Spielstunden und
[Spaltenumbruch] Mahlzeiten werden fast immer gemeinschaftlich gehalten. Die
Lehrer versichern, daß keinerlei nachtheiliger Einfluß zu bemerken sei
durch dieses gemeinschaftliche Studium; im Gegentheil würden die
Knaben manierlicher und die Mädchen ernster, beide aber zeigten einen
heilsamen Wetteifer im Lernen. Nach ärztlichen Beobachtungen sind
die Mädchen auch körperlich nicht hinter den Knaben zurückgeblieben,
und es ist mehrfach bewiesen, daß es dem sogenannten schwachen Ge-
schlecht nicht an Kraft fehlt, wenn es sich im Lernen hervorthun soll.
Die Sterblichkeit ist unter den Mädchen, welche die gelehrten Schulen
besuchen, durchaus nicht größer als unter denen, welche nur oberfläch-
liche Dinge lernen und frühzeitiger in die Welt treten, als die weib-
lichen Studenten. Für das Familienleben soll es auch vortheilhaft
sein, wenn Bruder und Schwester gemeinsam die Schule besuchen;
ersterer wird frühzeitig die Rolle des Beschützers übernehmen und
Dankbarkeit dafür ernten. Die Besorgniß, daß frühe Verlöbnisse
durch die gemischten Schulen veranlaßt werden könnten, lassen die
Amerikaner nicht aufkommen; sie behaupten, gerade durch das tägliche
Zusammensein bei ernster Geistesarbeit würde der Reiz zerstört, der
sonst die Jugend zusammenführt.

* Frauengenossenschaft. Jn der Sitzung des Vereins deutscher
Lehrerinnen und Erzieherinnen, welche Anfangs März in Berlin ab-
gehalten wurde, berichtete Frl. Jacobi, daß die Jdee eine Frauen-
genossenschaft zu gründen, in welcher Lehrerinnen und Pensionärinnen
ein angenehmes Heim finden können, ihrer Verwirklichung entgegen-
gehe, da zu dem Unternehmen vorläufig 10,000 Thlr. bewilligt seien.

* Frauenbildungsverein. Der Breslauer Frauenbildungs-
verein zur Förderung der Erwerbsfähigkeit hat soeben seinen Jahres-
bericht für 1869 ausgegeben. Derselbe veranstaltete im Winter alle
8 bis 14 Tage Abendversammlungen mit belehrenden und künst-
lerischen Vorträgen. Gleichzeitig mit den Versammlungen entstand
die Fortbildungsschule. Begonnen war der Unterricht mit den Ele-
mentarfächern Rechnen, Schreiben, deutsche Sprache. Hinzugefügt
wurden seitdem Zeichnen, Gesang, Unterricht in der einfachen Buch-
führung. Das Arbeits= und Stellenvermittlungsbüreau hatte bis jetzt
keinen Erfolg. Seit Dezember 1869 ist eine Nähstube eingerichtet,
in welcher mit Maschinen gearbeitet wird. Dieselbe war mit der
Absicht gegründet, als Fachschule für den Unterricht auf der Näh-
maschine zu dienen. Die Nähstube beschäftigt sich mit Lohnarbeit
und mit dem Vertrieb von Nähmaschinen. Das Ganze hat eine
Art von genossenschaftlicher Einrichtung. Die nächste Aufgabe, die
der Verein in Angriff nehmen will, ist die Gründung einer Sparkasse
für Frauen und Kinder, die vom Pfennig aufwärts jeden Beitrag
annimmt.

* Asyl für Obdachlose. Jn Berlin wurde ein Bazar zum
Besten des Asyls für Obdachlose abgehalten, bei welchem die verkau-
fenden jungen Damen die glänzendsten Geschäfte machten.

* Arbeiter=Angelegenheiten. Jn Erlangen besteht eine Bi-
jouteriefabrik, welche 18 Arbeiter beschäftigt. Dieselben haben wegen
Lohnstreitigkeiten die Arbeit eingestellt.

-- Der Arbeiter=Bildungsverein in Pforzheim zählt 600 Mit-
glieder. Der Verein hat eine Bibliothek von circa 1300 Bänden.

-- Spanisch. Die Arbeiter von Madrid haben an die Cortes
eine Eingabe gerichtet, in welcher sie dieselben ersuchen, die soziale
Frage sofort zu lösen.
( Zu diesem Zweck sollen die Cortes die
Herren Schweizer und Mende sowie die Gräfin Hatzfeld berufen haben! )

-- Die Baumwollenspinnerei am Stadtbach in Augsburg
hat ein Arbeiterspeisehaus neu errichtet und damit eine Kinderbewahr-
anstalt verbunden.

-- Jn Bremen fand dieser Tage eine Versammlung von Ar-
beitern statt, auf welcher die Beschickung der internationalen Aus-
stellung in London besprochen wurde. Die Versammlung erklärte die
Ausstellung beschicken zu wollen.

-- Lohnarbeit bei Eisenbahnen. Der k. preuß. Handels-
minister hat kürzlich eine Verfügung erlassen, die für Eisenbahngesell-
schaften sowohl wie für Eisenbahnarbeiter von Wichtigkeit ist. Wenn
nämlich ein Bauunternehmer seinen Verpflichtungen gegen die Ar-
beiter nicht nachkommen, resp. wenn er den von denselben verdienten
Lohn nicht zahlen kann, so sind die Eisenbahngesellschaften verpflichtet
den Lohn zu zahlen. Dieselben haben sich daher mit ihren Bau-
unternehmern vorzusehen.

-- Die Bewegung zur Verkürzung der Arbeitszeit auf 9 Stun-
den hat sich in London, nachdem sie unter den Zimmerleuten be-
gonnen, nun auch auf die übrigen Bauhandwerker, Anstreicher,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0003"/><cb n="8268"/>
druck, Preis 9 Sgr. Dieser folgt eine Ausgabe in Farbendruck,<lb/>
Preis 15 Sgr.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#sup">*</hi> Geistiges Eigenthum. Jn dem Streit, den das Nachdruck-<lb/>
gesetz hervorgerufen hat, ist von der Frankfurter Zeitung mit Recht<lb/>
der Kölnischen Zeitung vorgeworfen worden, sie sei nicht konsequent,<lb/>
indem sie das Verbot des Nachdruckes vertheidige, während sie das<lb/>
Patentwesen abgeschafft haben wolle. Die Kölnische Zeitung sucht<lb/>
sich nun auf die allerdings sehr einfache Weise aus der Affäre zu<lb/>
ziehen, daß sie sagt eine Erfindung sei gar kein geistiges Eigenthum.<lb/>
Was ist sie denn? Die Erfindung wird mit dem Gehirn gemacht, gerade<lb/>
so gut wie ein Schauspiel, ein Roman, eine Oper. Soll dieselbe<lb/>
nun sofort öffentliches Eigenthum sein, während die andern Erzeug-<lb/>
nisse des Gehirns Privateigenthum sind? Ein Grund dafür ist nicht<lb/>
ersichtlich. Entweder es gibt <hi rendition="#g">gar kein</hi> geistiges Eigenthum, und<lb/>
dann muß man den Nachdruck erlauben und das Patent fallen lassen,<lb/>
oder es gibt geistiges Eigenthum, und alsdann muß man den Nach-<lb/>
druck verbieten und das Patent aufrecht erhalten; ein anderer Aus-<lb/>
weg ist unlogisch.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#sup">*</hi> Autorrecht. Der Abg. <hi rendition="#g">Braun=Wiesbaden</hi> veröffentlicht<lb/>
in der &#x201E;Nat.=Ztg.&#x201C; eine Erklärung, dahin gehend, daß es keineswegs<lb/>
seine Absicht sei, die Autorrechte abzuschaffen. Seine Argumenta-<lb/>
tionen wären gerichtet gegen ein Autorrecht auf ewige Zeit und gegen<lb/>
allzu lange Schutzfristen, sowie gegen solche, welche nur nach der<lb/>
Lebenszeit des Autors berechnet würden. Er will es gehalten wissen<lb/>
wie in England, wo außer der Bestimmung, wie viele Jahre die<lb/>
Autorrechte den Hinterlassenen nach dem Tode des Autors verbleiben,<lb/>
eine Minimaldauer von 42 Jahren festgesetzt ist.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#sup">*</hi> Markenschutz. Durch das Strafgesetzbuch für den Nord-<lb/>
deutschen Bund wird eine Geldstrafe von 50--1000 Thaler für die<lb/>
Führung falscher Marken angeordnet.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#sup">*</hi> Frauen=Universitäten und Gymnasien. Während man in<lb/>
Europa sich noch darüber streitet, ob die Frauen ein Recht auf<lb/>
wissenschaftliche Ausbildung haben, ist in Amerika, wie das &#x201E;Magazin<lb/>
für die Literatur des Auslandes&#x201C; berichtet, schon eine Anzahl von<lb/>
Universitäten errichtet worden, wo weibliche Studenten sogar in der<lb/>
Mehrzahl die männlichen übertreffen. -- Schon im Jahre 1861<lb/>
gründete <hi rendition="#g">Mathieu Vassar</hi> in <hi rendition="#g">New=York</hi> eine Universität für<lb/>
Damen und verlangte als Preis für die reiche Dotation derselben,<lb/>
daß sie der großen städtischen Universität einverleibt werde, weil da-<lb/>
mit erst das Recht der Frauen auf Gleichstellung mit den Männern<lb/>
vor dem Forum der Wissenschaft proklamirt werde. Zu diesem Zwecke<lb/>
übergab er2 1 / 2 Millionen Dollars in Gold und Papieren. Mit<lb/>
dieser Schenkung konnte allerdings ein Jnstitut errichtet werden, wie<lb/>
es an Reichhaltigkeit und Pracht nicht seines Gleichen hat, weder in<lb/>
der alten, noch in der neuen Welt. Alle Entdeckungen der Wissen-<lb/>
schaft, alle Besitzthümer der Kunst sind darin aufgehäuft, um das<lb/>
Lernen angenehm und leicht zu machen. Auf einer Anhöhe in einiger<lb/>
Entfernung von der Stadt, wo man eine lachende Fernsicht genießt,<lb/>
ist ein kolossales Gebäude errichtet, das mit allem Komfort für das<lb/>
tägliche Leben versehen ist, und vierhundert junge Mädchen finden<lb/>
hier Wohnung und Verpflegung. Jn dem zweiten Stock sind die<lb/>
Hörsäle, die Laboratorien für Chemie und Physik, die Sammlungen<lb/>
von Mineralien, naturgeschichtliche und geologische Kabinets, Gemälde-<lb/>
gallerie u. s. w. Eine Sternwarte mit den kostbarsten Jnstrumenten<lb/>
zum Studium der Astronomie, eine Bibliothek, eine Turnanstalt und<lb/>
eine Reitbahn sind ebenfalls vorhanden. Um aufgenommen zu werden,<lb/>
müssen die jungen Damen den Cäsar, Cicero nnd Virgil erklären<lb/>
können, Algebra, Rhetorik und Geschichte studirt haben und sich auf<lb/>
vier Jahre zum Studium anheischig machen. -- Der Umfang des<lb/>
Studiums läßt sich nach diesen Anfangsgründen bemessen. Es ist<lb/>
keine noch so abstrakte Wissenschaft ausgelassen, und die weiblichen<lb/>
Studenten sollen nach dem Zeugniß glaubhafter Personen durchaus<lb/>
nicht gegen die männlichen zurückstehen. Sogar zu Philologen haben<lb/>
sich einige von ihnen schon ausgebildet. Es gibt bereits in amerika-<lb/>
nischen Gymnasien Damen, die den Unterricht im Griechischen erthei-<lb/>
len, und über dreihundert weibliche Doktoren der Medicin prakticiren<lb/>
jetzt in Amerika. -- Außer der Universitätsbildung steht dem weib-<lb/>
lichen Geschlecht auch die höhere Schule offen und zwar ebenfalls in<lb/>
Gemeinschaft mit dem männlichen. Es gibt fast keine Schule mehr<lb/>
in Amerika, in der nicht die Mädchen mit den Knaben zugleich un-<lb/>
terrichtet werden: ja es sind sogar Pensionate vorhanden, wo die<lb/>
beiden Geschlechter unter Einem Dache wohnen, wenn auch in ver-<lb/>
schiedenen, streng getrennten Stockwerken. Aber Spielstunden und<lb/><cb n="8269"/>
Mahlzeiten werden fast immer <hi rendition="#g">gemeinschaftlich</hi> gehalten. Die<lb/>
Lehrer versichern, daß keinerlei nachtheiliger Einfluß zu bemerken sei<lb/>
durch dieses gemeinschaftliche Studium; im Gegentheil würden die<lb/>
Knaben manierlicher und die Mädchen ernster, beide aber zeigten einen<lb/>
heilsamen Wetteifer im Lernen. Nach ärztlichen Beobachtungen sind<lb/>
die Mädchen auch körperlich nicht hinter den Knaben zurückgeblieben,<lb/>
und es ist mehrfach bewiesen, daß es dem sogenannten schwachen Ge-<lb/>
schlecht nicht an Kraft fehlt, wenn es sich im Lernen hervorthun soll.<lb/>
Die Sterblichkeit ist unter den Mädchen, welche die gelehrten Schulen<lb/>
besuchen, durchaus nicht größer als unter denen, welche nur oberfläch-<lb/>
liche Dinge lernen und frühzeitiger in die Welt treten, als die weib-<lb/>
lichen Studenten. Für das Familienleben soll es auch vortheilhaft<lb/>
sein, wenn Bruder und Schwester gemeinsam die Schule besuchen;<lb/>
ersterer wird frühzeitig die Rolle des Beschützers übernehmen und<lb/>
Dankbarkeit dafür ernten. Die Besorgniß, daß frühe Verlöbnisse<lb/>
durch die gemischten Schulen veranlaßt werden könnten, lassen die<lb/>
Amerikaner nicht aufkommen; sie behaupten, gerade durch das tägliche<lb/>
Zusammensein bei ernster Geistesarbeit würde der Reiz zerstört, der<lb/>
sonst die Jugend zusammenführt.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#sup">*</hi> Frauengenossenschaft. Jn der Sitzung des Vereins deutscher<lb/>
Lehrerinnen und Erzieherinnen, welche Anfangs März in Berlin ab-<lb/>
gehalten wurde, berichtete Frl. Jacobi, daß die Jdee eine Frauen-<lb/>
genossenschaft zu gründen, in welcher Lehrerinnen und Pensionärinnen<lb/>
ein angenehmes Heim finden können, ihrer Verwirklichung entgegen-<lb/>
gehe, da zu dem Unternehmen vorläufig 10,000 Thlr. bewilligt seien.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#sup">*</hi> Frauenbildungsverein. Der <hi rendition="#g">Breslauer</hi> Frauenbildungs-<lb/>
verein zur Förderung der Erwerbsfähigkeit hat soeben seinen Jahres-<lb/>
bericht für 1869 ausgegeben. Derselbe veranstaltete im Winter alle<lb/>
8 bis 14 Tage Abendversammlungen mit belehrenden und künst-<lb/>
lerischen Vorträgen. Gleichzeitig mit den Versammlungen entstand<lb/>
die Fortbildungsschule. Begonnen war der Unterricht mit den Ele-<lb/>
mentarfächern Rechnen, Schreiben, deutsche Sprache. Hinzugefügt<lb/>
wurden seitdem Zeichnen, Gesang, Unterricht in der einfachen Buch-<lb/>
führung. Das Arbeits= und Stellenvermittlungsbüreau hatte bis jetzt<lb/>
keinen Erfolg. Seit Dezember 1869 ist eine Nähstube eingerichtet,<lb/>
in welcher mit Maschinen gearbeitet wird. Dieselbe war mit der<lb/>
Absicht gegründet, als Fachschule für den Unterricht auf der Näh-<lb/>
maschine zu dienen. Die Nähstube beschäftigt sich mit Lohnarbeit<lb/>
und mit dem Vertrieb von Nähmaschinen. Das Ganze hat eine<lb/>
Art von genossenschaftlicher Einrichtung. Die nächste Aufgabe, die<lb/>
der Verein in Angriff nehmen will, ist die Gründung einer Sparkasse<lb/>
für Frauen und Kinder, die vom Pfennig aufwärts jeden Beitrag<lb/>
annimmt.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#sup">*</hi> Asyl für Obdachlose. Jn <hi rendition="#g">Berlin</hi> wurde ein Bazar zum<lb/>
Besten des Asyls für Obdachlose abgehalten, bei welchem die verkau-<lb/>
fenden jungen Damen die glänzendsten Geschäfte machten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#sup">*</hi> Arbeiter=Angelegenheiten. Jn <hi rendition="#g">Erlangen</hi> besteht eine Bi-<lb/>
jouteriefabrik, welche 18 Arbeiter beschäftigt. Dieselben haben wegen<lb/>
Lohnstreitigkeiten die Arbeit eingestellt.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p>-- Der Arbeiter=Bildungsverein in <hi rendition="#g">Pforzheim</hi> zählt 600 Mit-<lb/>
glieder. Der Verein hat eine Bibliothek von circa 1300 Bänden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p>-- <hi rendition="#g">Spanisch.</hi> Die Arbeiter von <hi rendition="#g">Madrid</hi> haben an die Cortes<lb/>
eine Eingabe gerichtet, in welcher sie dieselben ersuchen, <hi rendition="#g">die soziale<lb/>
Frage sofort zu lösen.</hi> ( Zu diesem Zweck sollen die Cortes die<lb/>
Herren Schweizer und Mende sowie die Gräfin Hatzfeld berufen haben! ) </p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p>-- Die Baumwollenspinnerei am Stadtbach <hi rendition="#g">in Augsburg</hi><lb/>
hat ein Arbeiterspeisehaus neu errichtet und damit eine Kinderbewahr-<lb/>
anstalt verbunden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p>-- Jn <hi rendition="#g">Bremen</hi> fand dieser Tage eine Versammlung von Ar-<lb/>
beitern statt, auf welcher die Beschickung der internationalen Aus-<lb/>
stellung in London besprochen wurde. Die Versammlung erklärte die<lb/>
Ausstellung beschicken zu wollen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p>-- <hi rendition="#g">Lohnarbeit bei Eisenbahnen.</hi> Der k. preuß. Handels-<lb/>
minister hat kürzlich eine Verfügung erlassen, die für Eisenbahngesell-<lb/>
schaften sowohl wie für Eisenbahnarbeiter von Wichtigkeit ist. Wenn<lb/>
nämlich ein Bauunternehmer seinen Verpflichtungen gegen die Ar-<lb/>
beiter nicht nachkommen, resp. wenn er den von denselben verdienten<lb/>
Lohn nicht zahlen kann, so sind die Eisenbahngesellschaften verpflichtet<lb/>
den Lohn zu zahlen. Dieselben haben sich daher mit ihren Bau-<lb/>
unternehmern vorzusehen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <p>-- Die Bewegung zur Verkürzung der Arbeitszeit auf 9 Stun-<lb/>
den hat sich in <hi rendition="#g">London,</hi> nachdem sie unter den Zimmerleuten be-<lb/>
gonnen, nun auch auf die übrigen Bauhandwerker, Anstreicher,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0003] druck, Preis 9 Sgr. Dieser folgt eine Ausgabe in Farbendruck, Preis 15 Sgr. * Geistiges Eigenthum. Jn dem Streit, den das Nachdruck- gesetz hervorgerufen hat, ist von der Frankfurter Zeitung mit Recht der Kölnischen Zeitung vorgeworfen worden, sie sei nicht konsequent, indem sie das Verbot des Nachdruckes vertheidige, während sie das Patentwesen abgeschafft haben wolle. Die Kölnische Zeitung sucht sich nun auf die allerdings sehr einfache Weise aus der Affäre zu ziehen, daß sie sagt eine Erfindung sei gar kein geistiges Eigenthum. Was ist sie denn? Die Erfindung wird mit dem Gehirn gemacht, gerade so gut wie ein Schauspiel, ein Roman, eine Oper. Soll dieselbe nun sofort öffentliches Eigenthum sein, während die andern Erzeug- nisse des Gehirns Privateigenthum sind? Ein Grund dafür ist nicht ersichtlich. Entweder es gibt gar kein geistiges Eigenthum, und dann muß man den Nachdruck erlauben und das Patent fallen lassen, oder es gibt geistiges Eigenthum, und alsdann muß man den Nach- druck verbieten und das Patent aufrecht erhalten; ein anderer Aus- weg ist unlogisch. * Autorrecht. Der Abg. Braun=Wiesbaden veröffentlicht in der „Nat.=Ztg.“ eine Erklärung, dahin gehend, daß es keineswegs seine Absicht sei, die Autorrechte abzuschaffen. Seine Argumenta- tionen wären gerichtet gegen ein Autorrecht auf ewige Zeit und gegen allzu lange Schutzfristen, sowie gegen solche, welche nur nach der Lebenszeit des Autors berechnet würden. Er will es gehalten wissen wie in England, wo außer der Bestimmung, wie viele Jahre die Autorrechte den Hinterlassenen nach dem Tode des Autors verbleiben, eine Minimaldauer von 42 Jahren festgesetzt ist. * Markenschutz. Durch das Strafgesetzbuch für den Nord- deutschen Bund wird eine Geldstrafe von 50--1000 Thaler für die Führung falscher Marken angeordnet. * Frauen=Universitäten und Gymnasien. Während man in Europa sich noch darüber streitet, ob die Frauen ein Recht auf wissenschaftliche Ausbildung haben, ist in Amerika, wie das „Magazin für die Literatur des Auslandes“ berichtet, schon eine Anzahl von Universitäten errichtet worden, wo weibliche Studenten sogar in der Mehrzahl die männlichen übertreffen. -- Schon im Jahre 1861 gründete Mathieu Vassar in New=York eine Universität für Damen und verlangte als Preis für die reiche Dotation derselben, daß sie der großen städtischen Universität einverleibt werde, weil da- mit erst das Recht der Frauen auf Gleichstellung mit den Männern vor dem Forum der Wissenschaft proklamirt werde. Zu diesem Zwecke übergab er2 1 / 2 Millionen Dollars in Gold und Papieren. Mit dieser Schenkung konnte allerdings ein Jnstitut errichtet werden, wie es an Reichhaltigkeit und Pracht nicht seines Gleichen hat, weder in der alten, noch in der neuen Welt. Alle Entdeckungen der Wissen- schaft, alle Besitzthümer der Kunst sind darin aufgehäuft, um das Lernen angenehm und leicht zu machen. Auf einer Anhöhe in einiger Entfernung von der Stadt, wo man eine lachende Fernsicht genießt, ist ein kolossales Gebäude errichtet, das mit allem Komfort für das tägliche Leben versehen ist, und vierhundert junge Mädchen finden hier Wohnung und Verpflegung. Jn dem zweiten Stock sind die Hörsäle, die Laboratorien für Chemie und Physik, die Sammlungen von Mineralien, naturgeschichtliche und geologische Kabinets, Gemälde- gallerie u. s. w. Eine Sternwarte mit den kostbarsten Jnstrumenten zum Studium der Astronomie, eine Bibliothek, eine Turnanstalt und eine Reitbahn sind ebenfalls vorhanden. Um aufgenommen zu werden, müssen die jungen Damen den Cäsar, Cicero nnd Virgil erklären können, Algebra, Rhetorik und Geschichte studirt haben und sich auf vier Jahre zum Studium anheischig machen. -- Der Umfang des Studiums läßt sich nach diesen Anfangsgründen bemessen. Es ist keine noch so abstrakte Wissenschaft ausgelassen, und die weiblichen Studenten sollen nach dem Zeugniß glaubhafter Personen durchaus nicht gegen die männlichen zurückstehen. Sogar zu Philologen haben sich einige von ihnen schon ausgebildet. Es gibt bereits in amerika- nischen Gymnasien Damen, die den Unterricht im Griechischen erthei- len, und über dreihundert weibliche Doktoren der Medicin prakticiren jetzt in Amerika. -- Außer der Universitätsbildung steht dem weib- lichen Geschlecht auch die höhere Schule offen und zwar ebenfalls in Gemeinschaft mit dem männlichen. Es gibt fast keine Schule mehr in Amerika, in der nicht die Mädchen mit den Knaben zugleich un- terrichtet werden: ja es sind sogar Pensionate vorhanden, wo die beiden Geschlechter unter Einem Dache wohnen, wenn auch in ver- schiedenen, streng getrennten Stockwerken. Aber Spielstunden und Mahlzeiten werden fast immer gemeinschaftlich gehalten. Die Lehrer versichern, daß keinerlei nachtheiliger Einfluß zu bemerken sei durch dieses gemeinschaftliche Studium; im Gegentheil würden die Knaben manierlicher und die Mädchen ernster, beide aber zeigten einen heilsamen Wetteifer im Lernen. Nach ärztlichen Beobachtungen sind die Mädchen auch körperlich nicht hinter den Knaben zurückgeblieben, und es ist mehrfach bewiesen, daß es dem sogenannten schwachen Ge- schlecht nicht an Kraft fehlt, wenn es sich im Lernen hervorthun soll. Die Sterblichkeit ist unter den Mädchen, welche die gelehrten Schulen besuchen, durchaus nicht größer als unter denen, welche nur oberfläch- liche Dinge lernen und frühzeitiger in die Welt treten, als die weib- lichen Studenten. Für das Familienleben soll es auch vortheilhaft sein, wenn Bruder und Schwester gemeinsam die Schule besuchen; ersterer wird frühzeitig die Rolle des Beschützers übernehmen und Dankbarkeit dafür ernten. Die Besorgniß, daß frühe Verlöbnisse durch die gemischten Schulen veranlaßt werden könnten, lassen die Amerikaner nicht aufkommen; sie behaupten, gerade durch das tägliche Zusammensein bei ernster Geistesarbeit würde der Reiz zerstört, der sonst die Jugend zusammenführt. * Frauengenossenschaft. Jn der Sitzung des Vereins deutscher Lehrerinnen und Erzieherinnen, welche Anfangs März in Berlin ab- gehalten wurde, berichtete Frl. Jacobi, daß die Jdee eine Frauen- genossenschaft zu gründen, in welcher Lehrerinnen und Pensionärinnen ein angenehmes Heim finden können, ihrer Verwirklichung entgegen- gehe, da zu dem Unternehmen vorläufig 10,000 Thlr. bewilligt seien. * Frauenbildungsverein. Der Breslauer Frauenbildungs- verein zur Förderung der Erwerbsfähigkeit hat soeben seinen Jahres- bericht für 1869 ausgegeben. Derselbe veranstaltete im Winter alle 8 bis 14 Tage Abendversammlungen mit belehrenden und künst- lerischen Vorträgen. Gleichzeitig mit den Versammlungen entstand die Fortbildungsschule. Begonnen war der Unterricht mit den Ele- mentarfächern Rechnen, Schreiben, deutsche Sprache. Hinzugefügt wurden seitdem Zeichnen, Gesang, Unterricht in der einfachen Buch- führung. Das Arbeits= und Stellenvermittlungsbüreau hatte bis jetzt keinen Erfolg. Seit Dezember 1869 ist eine Nähstube eingerichtet, in welcher mit Maschinen gearbeitet wird. Dieselbe war mit der Absicht gegründet, als Fachschule für den Unterricht auf der Näh- maschine zu dienen. Die Nähstube beschäftigt sich mit Lohnarbeit und mit dem Vertrieb von Nähmaschinen. Das Ganze hat eine Art von genossenschaftlicher Einrichtung. Die nächste Aufgabe, die der Verein in Angriff nehmen will, ist die Gründung einer Sparkasse für Frauen und Kinder, die vom Pfennig aufwärts jeden Beitrag annimmt. * Asyl für Obdachlose. Jn Berlin wurde ein Bazar zum Besten des Asyls für Obdachlose abgehalten, bei welchem die verkau- fenden jungen Damen die glänzendsten Geschäfte machten. * Arbeiter=Angelegenheiten. Jn Erlangen besteht eine Bi- jouteriefabrik, welche 18 Arbeiter beschäftigt. Dieselben haben wegen Lohnstreitigkeiten die Arbeit eingestellt. -- Der Arbeiter=Bildungsverein in Pforzheim zählt 600 Mit- glieder. Der Verein hat eine Bibliothek von circa 1300 Bänden. -- Spanisch. Die Arbeiter von Madrid haben an die Cortes eine Eingabe gerichtet, in welcher sie dieselben ersuchen, die soziale Frage sofort zu lösen. ( Zu diesem Zweck sollen die Cortes die Herren Schweizer und Mende sowie die Gräfin Hatzfeld berufen haben! ) -- Die Baumwollenspinnerei am Stadtbach in Augsburg hat ein Arbeiterspeisehaus neu errichtet und damit eine Kinderbewahr- anstalt verbunden. -- Jn Bremen fand dieser Tage eine Versammlung von Ar- beitern statt, auf welcher die Beschickung der internationalen Aus- stellung in London besprochen wurde. Die Versammlung erklärte die Ausstellung beschicken zu wollen. -- Lohnarbeit bei Eisenbahnen. Der k. preuß. Handels- minister hat kürzlich eine Verfügung erlassen, die für Eisenbahngesell- schaften sowohl wie für Eisenbahnarbeiter von Wichtigkeit ist. Wenn nämlich ein Bauunternehmer seinen Verpflichtungen gegen die Ar- beiter nicht nachkommen, resp. wenn er den von denselben verdienten Lohn nicht zahlen kann, so sind die Eisenbahngesellschaften verpflichtet den Lohn zu zahlen. Dieselben haben sich daher mit ihren Bau- unternehmern vorzusehen. -- Die Bewegung zur Verkürzung der Arbeitszeit auf 9 Stun- den hat sich in London, nachdem sie unter den Zimmerleuten be- gonnen, nun auch auf die übrigen Bauhandwerker, Anstreicher,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber0672_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber0672_1870/3
Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 672. Frankfurt a. M., 18. März 1870, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber0672_1870/3>, abgerufen am 18.12.2024.