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Der Arbeitgeber. Nr. 672. Frankfurt a. M., 18. März 1870.

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[Spaltenumbruch] der Hypothekarkredit ist an vielen Orten noch so schlecht, wie in der
Zeit, als der Grundbesitz noch nicht mobil war; ja eins der ersten
Kulturländer, Frankreich, hat betreff der Bewegung des Grundbesitzes
geradezu noch barbarische Bestimmungen, indem der [unleserliches Material - 3 Zeichen fehlen]Kär oder
Erbe ( letzterer außer der Erbschaftssteuer ) eine Regierungsabgabe be-
zahlen muß, die 8--10 pCt. vom Werth beträgt, so daß der ganze
Besitz bei einer Erbvertheilung drauf geht, wenn er weniger wie
500 Frcs. beträgt, und beinahe das Ganze verloren wird, wenn er
1000 Frcs. ausmacht.

Jn solchen, den wirthschaftlichen Anschauungen einer alten Zeit
angehörigen Zuständen wurde die Landwirthschaft von der neuen Zeit
geradezu überrascht, und es ist daher durchaus nicht zu verwundern,
wenn der Jndustriezweig, bei dem es in Folge seines ganzen Betriebs
langsam mit dem Fortschritt geht, zurückgeblieben ist. Das Erkennen
der Fehler und Mängel ist aber der erste Schritt zur Besserung.
Unserer heutigen Landwirthschaft fehlt es vor allem an Kredit
und Unterricht, dagegen durchaus nicht an Steuern. Welche Wege
einzuschlagen sind, um die Landwirthschaft zur bedeutendsten Jndu-
strie zu machen, ergeben sich aus dieser Erkenntniß von selbst. Es
ist eine alte stehende Klage unserer Landwirthschaft, und auch theil-
weise unserer Jndustriellen, daß das deutsche Kapital lieber sich
Staatsanlehen zur Verfügung stellt, als ihnen. Diese Erscheinung
ist jedoch in der ganzen Sachlage begründet. Das Kapital ist kos-
mopolitisch und hat durchaus keine nationalen Anfechtungen, es wendet
sich dahin, wo es mit Sicherheit die meisten Zinsen macht. Mit
dieser Thatsache muß man rechnen, wenn man reformatorische Gesetze
schaffen will, Klagen oder ein Verschließen gegen dieselbe hilft hier
nichts. Will man der Landwirthschaft diejenigen Kapitalien zufließen
lassen, die sie unbedingt zu einem rentablen Betrieb gebraucht, so
muß man sich fragen, warum stellt der Kapitalist heute lieber seine
Gelder z. B. der amerikan. Staatsregierung zur Verfügung und nicht
den Rittergutsbesitzern oder den größeren und kleineren Oekonomen?
Die richtige Lösung dieser scheinbar so einfachen Frage, und die von
der Lösung geforderten Abänderungen unserer gegenwärtigen Zustände
ist die Wünschelruthe, welche dem Einsichtigen zeigt, wo und wie er
den in seinen Feldern vergrabenen Schatz finden kann. Dieser
Schatz ist vorhanden, und unsere wirthschaftlichen Geologen haben
seine Lage und Mächtigkeit schon längst bestimmt, er bedarf nur der
goldenen Leiter der Einsicht um gehoben zu werden.

Die Arbeitseinstellung der Setzer in Wien.

^ Wien, 5. März. Wir befinden uns einer großen Arbeits-
einstellung gegenüber. Vor 14 Tagen traten zwei Drittel der Buch-
drucker und Schriftgießer, etwa 1000--1100 Gehilfen, aus der
Arbeit, weil die Arbeitgeber die überspannten, von der sozialistischen
Partei aufgestellten Forderungen nicht bewilligten, zum Theil auch
gar nicht bewilligen konnten. Bis jetzt erhielten die Zeitungssetzer
( um mich nur auf diese zu beschränken ) für 1000 n Garmond,
Bourgeois und Petit 19 Kr., Nonpareille 23 Kr. ( Dieser Tarif
trat am 1. September 1868 in Wirksamkeit. ) Jm Herbste vorigen
Jahres verlangten die Gehilfen für Garmond und Bourgeois 20 Kr.,
für Petit 21 Kr., für Nonpareille 24 Kr.; ehe aber die Arbeitgeber
nur eine Antwort geben konnten stieß die Tarifkommission der Ge-
hilfen, in welcher inzwischen die Sozialisten die Ueberhand bekommen
hatten, ihre Beschlüsse um, und forderten ohne Rücksicht auf die
Schriftgattung 26 Kr., später, da sie das Uebertriebene dieses An-
spruches einsahen, 24 Kr. Diese Forderung nebst zahlreichen andern
Nebenbedingungen stellten sie als ein Ultimatum auf, über welches
eine Unterhandlung nicht zulässig sei. Unter den Nebenbedingungen
befand sich z. B. folgende: der Satz eines stehenden Jnserates soll
so oft bezahlt werden, als das Jnserat zum Abdruck kommt; hier-
durch hätte sich der Jnseratensetzer häufig für eine etwa zweistündige
Arbeit eine jährliche Rente von 300 fl. erworben! Da die Arbeit-
geber dieses nicht acceptirten, erfolgte die Kündigung. Erstere be-
willigten vom 1. März an für Garmond und Bourgeois 21 Kr.,
Petit 22 Kr., Nonpareille 24 Kr., also mehr als die Tarifkommission
im vorigen Herbste nach mehrmonatlicher Berathung forderte; allein
vergeblich. Die Zeitungen ( 10 haben sich verbündet ) geben das
Abendblatt in gemeinschaftlichem Texte heraus. Ebenso enthält das
Morgenblatt eine gemeinsame Beilage von zwei Seiten Text, that-
[Spaltenumbruch] sächliche Berichte enthaltend, und außerdem gibt jedes Blatt noch
zwei bis drei Seiten selbständigen Text. Alle Vermittlungsversuche
sind bisher gescheitert. Ehevorgestern erklärte sich die Tarifkommission
mit dem neuen Tarife einverstanden und wollte ihn einer Setzer-
versammlung zur Annahme vorlegen. An dieser, die vorgestern ab-
gehalten wurde, nahmen auf ausdrückliche Einladung auch Delegirte
der Arbeitgeber Theil; allein dieselben wurden in der Versammlung
aufs Gröbste beschimpft; kein Wort wurde zu Gunsten des neuen
Tarifs gesprochen, vielmehr die Fortsetzung der Arbeitseinstellung be-
schlossen. Dies hat die Arbeitgeber ungemein erbittert und sie in
ihrem Vorsatze zu energischem Widerstande bestärkt. Die "Presse"
hat von allen Zeitungen die meisten Setzer behalten; sie hilft den
übrigen Zeitungen aus, ebenso die Druckereibesitzer. Jetzt sollen alle
Druckarbeiten, mit Ausnahme der geradezu nothwendigen, eingestellt
und alle Kräfte den Zeitungen zur Verfügung gestellt werden. Mehre
ausgetretene Setzer sind bereits wieder eingetreten, auch sind Setzer
von außen gekommen, andere haben ihre demnächstige Ankunft ange-
meldet. Außerdem hat man zahlreiche junge Leute, die bereits 18 Jahre
und mehr alt sind, zur Ausbildung angenommen, und in zwei
Setzereien werden Mädchen herangebildet. ( Die Statthalterei in
Prag beschäftigt in ihrer Druckerei ausschließlich Mädchen und Frauen;
diese setzen u. a. die Prager Zeitung. )

* Salzsteuer. Jm Jahre 1869 wurden im Zollverein
4,953,640 Centner Salz versteuert. Die Gesammteinnahme betrug
9,900,635 Thaler. Diese große Summe muß meistens von kleinen
Leuten aufgebracht werden, wie dieses bei allen Steuern der Fall zu
sein pflegt, welche auf Lebensmittel gelegt werden, bei welcher der arme
Mann immer mehr Steuern zahlt als der reiche. Es sollte dies
aber gerade umgekehrt sein, die Steuern müßten so erhoben werden, daß
die Reichen mehr zahlen würden wie die Armen. Dies würde auch die
beste Korrektur für schlechte Regierungen sein, denn je drückender die
Steuern dem vermögenden Mann werden, desto mehr wird er die
Verwendung derselben, ihre Nothwendigkeit ec. studiren; während der
geringe Mann in derlei Dingen nur allzu gleichgiltig ist. Wer daher
volkswirthschaftliche und politische Reformen in unserer Staatsverwal-
tung will, der strebe darnach, daß vor allen Dingen die Steuern
von dem armen und unvermögenden Mann auf den reichen und
vermögenden abgewälzt werden. Jn erster Linie gehört dazu die
Agitation für Steuerfreiheit der nöthigsten Lebensbedürfnisse. Die
Salzsteuer z. B. ist geradezu eine Sünde.

* Besteuerung des Kartoffelzuckers. Da die Fabrikation von
Kartoffelzucker große Dimensionen anzunehmen beginnt, bis jetzt aber
dieser Kartoffelzucker völlig steuerfrei ist, so ist von der preußischen
Regierung eine Ergänzungsverordnung zu den gesetzlichen Bestim-
mungen über die Besteuerung des Rübenzuckers ausgearbeitet und
den anderen Zollvereinsregierungen bereits mitgetheilt worden, wo-
nach nunmehr auch eine Besteuerung des Kartoffelzuckers in einer
dem Rübenzucker entsprechenden Weise für die Folge eintreten soll.

* Bevölkerung von Wien. Die Volkszählung in Wien hat
für die neueren Bezirke innerhalb der Verzehrungssteuerlinie die Ge-
sammtzahl von 618,000 Einwohnern ergeben. Die Garnison ( circa
22,000 Mann ) ist dabei nicht gerechnet. Die Vororte außerhalb
der Verzehrungssteuerlinie sind verhältnißmäßig noch bevölkerter, als
das eigentliche Wien, und mit ihnen zählt die Hauptstadt Oestreichs
über 800,000 Einwohner. Nach einigen Jahren werden in den
projektirten Vorstädten auf beiden Seiten des regulirten Hauptstroms
der Donau noch viele Tausende Platz finden.

* Zur neuen Maß= und Gewichtsordnung. Um die neuen
Maß= und Gewichtsgrößen, wie dieselben von der Aichordnung für
den Norddeutschen Bund vom 16. Juli 1869 vorgeschrieben sind
und künftig im Verkehr gehandhabt werden sollen, durch unmittelbare
Anschauung dem Publikum näher zu führen, hat die Verlagsbuch-
handlung von G. W. F. Müller in Berlin die neuen Maße und
Gewichte nach den Vorschriften der Eichordnung und den Normalen
der Bundes = Normal = Aichungs = Kommission in natürlicher, genauer
Größe und in Farben darstellen lassen; es erscheinen dieselben,
in ein Tableau zusammengestellt, im fünffachen Farbendruck unter
dem Titel: "Die neuen Maße und Gewichte des metrischen Systems
nach der Aichordnung für den Norddeutschen Bund." Um die Ver-
breitung nicht aufzuhalten, erschien zunächst eine Ausgabe in Schwarz-

[Spaltenumbruch] der Hypothekarkredit ist an vielen Orten noch so schlecht, wie in der
Zeit, als der Grundbesitz noch nicht mobil war; ja eins der ersten
Kulturländer, Frankreich, hat betreff der Bewegung des Grundbesitzes
geradezu noch barbarische Bestimmungen, indem der [unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]Kär oder
Erbe ( letzterer außer der Erbschaftssteuer ) eine Regierungsabgabe be-
zahlen muß, die 8--10 pCt. vom Werth beträgt, so daß der ganze
Besitz bei einer Erbvertheilung drauf geht, wenn er weniger wie
500 Frcs. beträgt, und beinahe das Ganze verloren wird, wenn er
1000 Frcs. ausmacht.

Jn solchen, den wirthschaftlichen Anschauungen einer alten Zeit
angehörigen Zuständen wurde die Landwirthschaft von der neuen Zeit
geradezu überrascht, und es ist daher durchaus nicht zu verwundern,
wenn der Jndustriezweig, bei dem es in Folge seines ganzen Betriebs
langsam mit dem Fortschritt geht, zurückgeblieben ist. Das Erkennen
der Fehler und Mängel ist aber der erste Schritt zur Besserung.
Unserer heutigen Landwirthschaft fehlt es vor allem an Kredit
und Unterricht, dagegen durchaus nicht an Steuern. Welche Wege
einzuschlagen sind, um die Landwirthschaft zur bedeutendsten Jndu-
strie zu machen, ergeben sich aus dieser Erkenntniß von selbst. Es
ist eine alte stehende Klage unserer Landwirthschaft, und auch theil-
weise unserer Jndustriellen, daß das deutsche Kapital lieber sich
Staatsanlehen zur Verfügung stellt, als ihnen. Diese Erscheinung
ist jedoch in der ganzen Sachlage begründet. Das Kapital ist kos-
mopolitisch und hat durchaus keine nationalen Anfechtungen, es wendet
sich dahin, wo es mit Sicherheit die meisten Zinsen macht. Mit
dieser Thatsache muß man rechnen, wenn man reformatorische Gesetze
schaffen will, Klagen oder ein Verschließen gegen dieselbe hilft hier
nichts. Will man der Landwirthschaft diejenigen Kapitalien zufließen
lassen, die sie unbedingt zu einem rentablen Betrieb gebraucht, so
muß man sich fragen, warum stellt der Kapitalist heute lieber seine
Gelder z. B. der amerikan. Staatsregierung zur Verfügung und nicht
den Rittergutsbesitzern oder den größeren und kleineren Oekonomen?
Die richtige Lösung dieser scheinbar so einfachen Frage, und die von
der Lösung geforderten Abänderungen unserer gegenwärtigen Zustände
ist die Wünschelruthe, welche dem Einsichtigen zeigt, wo und wie er
den in seinen Feldern vergrabenen Schatz finden kann. Dieser
Schatz ist vorhanden, und unsere wirthschaftlichen Geologen haben
seine Lage und Mächtigkeit schon längst bestimmt, er bedarf nur der
goldenen Leiter der Einsicht um gehoben zu werden.

Die Arbeitseinstellung der Setzer in Wien.

Wien, 5. März. Wir befinden uns einer großen Arbeits-
einstellung gegenüber. Vor 14 Tagen traten zwei Drittel der Buch-
drucker und Schriftgießer, etwa 1000--1100 Gehilfen, aus der
Arbeit, weil die Arbeitgeber die überspannten, von der sozialistischen
Partei aufgestellten Forderungen nicht bewilligten, zum Theil auch
gar nicht bewilligen konnten. Bis jetzt erhielten die Zeitungssetzer
( um mich nur auf diese zu beschränken ) für 1000 n Garmond,
Bourgeois und Petit 19 Kr., Nonpareille 23 Kr. ( Dieser Tarif
trat am 1. September 1868 in Wirksamkeit. ) Jm Herbste vorigen
Jahres verlangten die Gehilfen für Garmond und Bourgeois 20 Kr.,
für Petit 21 Kr., für Nonpareille 24 Kr.; ehe aber die Arbeitgeber
nur eine Antwort geben konnten stieß die Tarifkommission der Ge-
hilfen, in welcher inzwischen die Sozialisten die Ueberhand bekommen
hatten, ihre Beschlüsse um, und forderten ohne Rücksicht auf die
Schriftgattung 26 Kr., später, da sie das Uebertriebene dieses An-
spruches einsahen, 24 Kr. Diese Forderung nebst zahlreichen andern
Nebenbedingungen stellten sie als ein Ultimatum auf, über welches
eine Unterhandlung nicht zulässig sei. Unter den Nebenbedingungen
befand sich z. B. folgende: der Satz eines stehenden Jnserates soll
so oft bezahlt werden, als das Jnserat zum Abdruck kommt; hier-
durch hätte sich der Jnseratensetzer häufig für eine etwa zweistündige
Arbeit eine jährliche Rente von 300 fl. erworben! Da die Arbeit-
geber dieses nicht acceptirten, erfolgte die Kündigung. Erstere be-
willigten vom 1. März an für Garmond und Bourgeois 21 Kr.,
Petit 22 Kr., Nonpareille 24 Kr., also mehr als die Tarifkommission
im vorigen Herbste nach mehrmonatlicher Berathung forderte; allein
vergeblich. Die Zeitungen ( 10 haben sich verbündet ) geben das
Abendblatt in gemeinschaftlichem Texte heraus. Ebenso enthält das
Morgenblatt eine gemeinsame Beilage von zwei Seiten Text, that-
[Spaltenumbruch] sächliche Berichte enthaltend, und außerdem gibt jedes Blatt noch
zwei bis drei Seiten selbständigen Text. Alle Vermittlungsversuche
sind bisher gescheitert. Ehevorgestern erklärte sich die Tarifkommission
mit dem neuen Tarife einverstanden und wollte ihn einer Setzer-
versammlung zur Annahme vorlegen. An dieser, die vorgestern ab-
gehalten wurde, nahmen auf ausdrückliche Einladung auch Delegirte
der Arbeitgeber Theil; allein dieselben wurden in der Versammlung
aufs Gröbste beschimpft; kein Wort wurde zu Gunsten des neuen
Tarifs gesprochen, vielmehr die Fortsetzung der Arbeitseinstellung be-
schlossen. Dies hat die Arbeitgeber ungemein erbittert und sie in
ihrem Vorsatze zu energischem Widerstande bestärkt. Die „Presse“
hat von allen Zeitungen die meisten Setzer behalten; sie hilft den
übrigen Zeitungen aus, ebenso die Druckereibesitzer. Jetzt sollen alle
Druckarbeiten, mit Ausnahme der geradezu nothwendigen, eingestellt
und alle Kräfte den Zeitungen zur Verfügung gestellt werden. Mehre
ausgetretene Setzer sind bereits wieder eingetreten, auch sind Setzer
von außen gekommen, andere haben ihre demnächstige Ankunft ange-
meldet. Außerdem hat man zahlreiche junge Leute, die bereits 18 Jahre
und mehr alt sind, zur Ausbildung angenommen, und in zwei
Setzereien werden Mädchen herangebildet. ( Die Statthalterei in
Prag beschäftigt in ihrer Druckerei ausschließlich Mädchen und Frauen;
diese setzen u. a. die Prager Zeitung. )

* Salzsteuer. Jm Jahre 1869 wurden im Zollverein
4,953,640 Centner Salz versteuert. Die Gesammteinnahme betrug
9,900,635 Thaler. Diese große Summe muß meistens von kleinen
Leuten aufgebracht werden, wie dieses bei allen Steuern der Fall zu
sein pflegt, welche auf Lebensmittel gelegt werden, bei welcher der arme
Mann immer mehr Steuern zahlt als der reiche. Es sollte dies
aber gerade umgekehrt sein, die Steuern müßten so erhoben werden, daß
die Reichen mehr zahlen würden wie die Armen. Dies würde auch die
beste Korrektur für schlechte Regierungen sein, denn je drückender die
Steuern dem vermögenden Mann werden, desto mehr wird er die
Verwendung derselben, ihre Nothwendigkeit ec. studiren; während der
geringe Mann in derlei Dingen nur allzu gleichgiltig ist. Wer daher
volkswirthschaftliche und politische Reformen in unserer Staatsverwal-
tung will, der strebe darnach, daß vor allen Dingen die Steuern
von dem armen und unvermögenden Mann auf den reichen und
vermögenden abgewälzt werden. Jn erster Linie gehört dazu die
Agitation für Steuerfreiheit der nöthigsten Lebensbedürfnisse. Die
Salzsteuer z. B. ist geradezu eine Sünde.

* Besteuerung des Kartoffelzuckers. Da die Fabrikation von
Kartoffelzucker große Dimensionen anzunehmen beginnt, bis jetzt aber
dieser Kartoffelzucker völlig steuerfrei ist, so ist von der preußischen
Regierung eine Ergänzungsverordnung zu den gesetzlichen Bestim-
mungen über die Besteuerung des Rübenzuckers ausgearbeitet und
den anderen Zollvereinsregierungen bereits mitgetheilt worden, wo-
nach nunmehr auch eine Besteuerung des Kartoffelzuckers in einer
dem Rübenzucker entsprechenden Weise für die Folge eintreten soll.

* Bevölkerung von Wien. Die Volkszählung in Wien hat
für die neueren Bezirke innerhalb der Verzehrungssteuerlinie die Ge-
sammtzahl von 618,000 Einwohnern ergeben. Die Garnison ( circa
22,000 Mann ) ist dabei nicht gerechnet. Die Vororte außerhalb
der Verzehrungssteuerlinie sind verhältnißmäßig noch bevölkerter, als
das eigentliche Wien, und mit ihnen zählt die Hauptstadt Oestreichs
über 800,000 Einwohner. Nach einigen Jahren werden in den
projektirten Vorstädten auf beiden Seiten des regulirten Hauptstroms
der Donau noch viele Tausende Platz finden.

* Zur neuen Maß= und Gewichtsordnung. Um die neuen
Maß= und Gewichtsgrößen, wie dieselben von der Aichordnung für
den Norddeutschen Bund vom 16. Juli 1869 vorgeschrieben sind
und künftig im Verkehr gehandhabt werden sollen, durch unmittelbare
Anschauung dem Publikum näher zu führen, hat die Verlagsbuch-
handlung von G. W. F. Müller in Berlin die neuen Maße und
Gewichte nach den Vorschriften der Eichordnung und den Normalen
der Bundes = Normal = Aichungs = Kommission in natürlicher, genauer
Größe und in Farben darstellen lassen; es erscheinen dieselben,
in ein Tableau zusammengestellt, im fünffachen Farbendruck unter
dem Titel: „Die neuen Maße und Gewichte des metrischen Systems
nach der Aichordnung für den Norddeutschen Bund.“ Um die Ver-
breitung nicht aufzuhalten, erschien zunächst eine Ausgabe in Schwarz-

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[0002] der Hypothekarkredit ist an vielen Orten noch so schlecht, wie in der Zeit, als der Grundbesitz noch nicht mobil war; ja eins der ersten Kulturländer, Frankreich, hat betreff der Bewegung des Grundbesitzes geradezu noch barbarische Bestimmungen, indem der ___Kär oder Erbe ( letzterer außer der Erbschaftssteuer ) eine Regierungsabgabe be- zahlen muß, die 8--10 pCt. vom Werth beträgt, so daß der ganze Besitz bei einer Erbvertheilung drauf geht, wenn er weniger wie 500 Frcs. beträgt, und beinahe das Ganze verloren wird, wenn er 1000 Frcs. ausmacht. Jn solchen, den wirthschaftlichen Anschauungen einer alten Zeit angehörigen Zuständen wurde die Landwirthschaft von der neuen Zeit geradezu überrascht, und es ist daher durchaus nicht zu verwundern, wenn der Jndustriezweig, bei dem es in Folge seines ganzen Betriebs langsam mit dem Fortschritt geht, zurückgeblieben ist. Das Erkennen der Fehler und Mängel ist aber der erste Schritt zur Besserung. Unserer heutigen Landwirthschaft fehlt es vor allem an Kredit und Unterricht, dagegen durchaus nicht an Steuern. Welche Wege einzuschlagen sind, um die Landwirthschaft zur bedeutendsten Jndu- strie zu machen, ergeben sich aus dieser Erkenntniß von selbst. Es ist eine alte stehende Klage unserer Landwirthschaft, und auch theil- weise unserer Jndustriellen, daß das deutsche Kapital lieber sich Staatsanlehen zur Verfügung stellt, als ihnen. Diese Erscheinung ist jedoch in der ganzen Sachlage begründet. Das Kapital ist kos- mopolitisch und hat durchaus keine nationalen Anfechtungen, es wendet sich dahin, wo es mit Sicherheit die meisten Zinsen macht. Mit dieser Thatsache muß man rechnen, wenn man reformatorische Gesetze schaffen will, Klagen oder ein Verschließen gegen dieselbe hilft hier nichts. Will man der Landwirthschaft diejenigen Kapitalien zufließen lassen, die sie unbedingt zu einem rentablen Betrieb gebraucht, so muß man sich fragen, warum stellt der Kapitalist heute lieber seine Gelder z. B. der amerikan. Staatsregierung zur Verfügung und nicht den Rittergutsbesitzern oder den größeren und kleineren Oekonomen? Die richtige Lösung dieser scheinbar so einfachen Frage, und die von der Lösung geforderten Abänderungen unserer gegenwärtigen Zustände ist die Wünschelruthe, welche dem Einsichtigen zeigt, wo und wie er den in seinen Feldern vergrabenen Schatz finden kann. Dieser Schatz ist vorhanden, und unsere wirthschaftlichen Geologen haben seine Lage und Mächtigkeit schon längst bestimmt, er bedarf nur der goldenen Leiter der Einsicht um gehoben zu werden. Die Arbeitseinstellung der Setzer in Wien. △ Wien, 5. März. Wir befinden uns einer großen Arbeits- einstellung gegenüber. Vor 14 Tagen traten zwei Drittel der Buch- drucker und Schriftgießer, etwa 1000--1100 Gehilfen, aus der Arbeit, weil die Arbeitgeber die überspannten, von der sozialistischen Partei aufgestellten Forderungen nicht bewilligten, zum Theil auch gar nicht bewilligen konnten. Bis jetzt erhielten die Zeitungssetzer ( um mich nur auf diese zu beschränken ) für 1000 n Garmond, Bourgeois und Petit 19 Kr., Nonpareille 23 Kr. ( Dieser Tarif trat am 1. September 1868 in Wirksamkeit. ) Jm Herbste vorigen Jahres verlangten die Gehilfen für Garmond und Bourgeois 20 Kr., für Petit 21 Kr., für Nonpareille 24 Kr.; ehe aber die Arbeitgeber nur eine Antwort geben konnten stieß die Tarifkommission der Ge- hilfen, in welcher inzwischen die Sozialisten die Ueberhand bekommen hatten, ihre Beschlüsse um, und forderten ohne Rücksicht auf die Schriftgattung 26 Kr., später, da sie das Uebertriebene dieses An- spruches einsahen, 24 Kr. Diese Forderung nebst zahlreichen andern Nebenbedingungen stellten sie als ein Ultimatum auf, über welches eine Unterhandlung nicht zulässig sei. Unter den Nebenbedingungen befand sich z. B. folgende: der Satz eines stehenden Jnserates soll so oft bezahlt werden, als das Jnserat zum Abdruck kommt; hier- durch hätte sich der Jnseratensetzer häufig für eine etwa zweistündige Arbeit eine jährliche Rente von 300 fl. erworben! Da die Arbeit- geber dieses nicht acceptirten, erfolgte die Kündigung. Erstere be- willigten vom 1. März an für Garmond und Bourgeois 21 Kr., Petit 22 Kr., Nonpareille 24 Kr., also mehr als die Tarifkommission im vorigen Herbste nach mehrmonatlicher Berathung forderte; allein vergeblich. Die Zeitungen ( 10 haben sich verbündet ) geben das Abendblatt in gemeinschaftlichem Texte heraus. Ebenso enthält das Morgenblatt eine gemeinsame Beilage von zwei Seiten Text, that- sächliche Berichte enthaltend, und außerdem gibt jedes Blatt noch zwei bis drei Seiten selbständigen Text. Alle Vermittlungsversuche sind bisher gescheitert. Ehevorgestern erklärte sich die Tarifkommission mit dem neuen Tarife einverstanden und wollte ihn einer Setzer- versammlung zur Annahme vorlegen. An dieser, die vorgestern ab- gehalten wurde, nahmen auf ausdrückliche Einladung auch Delegirte der Arbeitgeber Theil; allein dieselben wurden in der Versammlung aufs Gröbste beschimpft; kein Wort wurde zu Gunsten des neuen Tarifs gesprochen, vielmehr die Fortsetzung der Arbeitseinstellung be- schlossen. Dies hat die Arbeitgeber ungemein erbittert und sie in ihrem Vorsatze zu energischem Widerstande bestärkt. Die „Presse“ hat von allen Zeitungen die meisten Setzer behalten; sie hilft den übrigen Zeitungen aus, ebenso die Druckereibesitzer. Jetzt sollen alle Druckarbeiten, mit Ausnahme der geradezu nothwendigen, eingestellt und alle Kräfte den Zeitungen zur Verfügung gestellt werden. Mehre ausgetretene Setzer sind bereits wieder eingetreten, auch sind Setzer von außen gekommen, andere haben ihre demnächstige Ankunft ange- meldet. Außerdem hat man zahlreiche junge Leute, die bereits 18 Jahre und mehr alt sind, zur Ausbildung angenommen, und in zwei Setzereien werden Mädchen herangebildet. ( Die Statthalterei in Prag beschäftigt in ihrer Druckerei ausschließlich Mädchen und Frauen; diese setzen u. a. die Prager Zeitung. ) * Salzsteuer. Jm Jahre 1869 wurden im Zollverein 4,953,640 Centner Salz versteuert. Die Gesammteinnahme betrug 9,900,635 Thaler. Diese große Summe muß meistens von kleinen Leuten aufgebracht werden, wie dieses bei allen Steuern der Fall zu sein pflegt, welche auf Lebensmittel gelegt werden, bei welcher der arme Mann immer mehr Steuern zahlt als der reiche. Es sollte dies aber gerade umgekehrt sein, die Steuern müßten so erhoben werden, daß die Reichen mehr zahlen würden wie die Armen. Dies würde auch die beste Korrektur für schlechte Regierungen sein, denn je drückender die Steuern dem vermögenden Mann werden, desto mehr wird er die Verwendung derselben, ihre Nothwendigkeit ec. studiren; während der geringe Mann in derlei Dingen nur allzu gleichgiltig ist. Wer daher volkswirthschaftliche und politische Reformen in unserer Staatsverwal- tung will, der strebe darnach, daß vor allen Dingen die Steuern von dem armen und unvermögenden Mann auf den reichen und vermögenden abgewälzt werden. Jn erster Linie gehört dazu die Agitation für Steuerfreiheit der nöthigsten Lebensbedürfnisse. Die Salzsteuer z. B. ist geradezu eine Sünde. * Besteuerung des Kartoffelzuckers. Da die Fabrikation von Kartoffelzucker große Dimensionen anzunehmen beginnt, bis jetzt aber dieser Kartoffelzucker völlig steuerfrei ist, so ist von der preußischen Regierung eine Ergänzungsverordnung zu den gesetzlichen Bestim- mungen über die Besteuerung des Rübenzuckers ausgearbeitet und den anderen Zollvereinsregierungen bereits mitgetheilt worden, wo- nach nunmehr auch eine Besteuerung des Kartoffelzuckers in einer dem Rübenzucker entsprechenden Weise für die Folge eintreten soll. * Bevölkerung von Wien. Die Volkszählung in Wien hat für die neueren Bezirke innerhalb der Verzehrungssteuerlinie die Ge- sammtzahl von 618,000 Einwohnern ergeben. Die Garnison ( circa 22,000 Mann ) ist dabei nicht gerechnet. Die Vororte außerhalb der Verzehrungssteuerlinie sind verhältnißmäßig noch bevölkerter, als das eigentliche Wien, und mit ihnen zählt die Hauptstadt Oestreichs über 800,000 Einwohner. Nach einigen Jahren werden in den projektirten Vorstädten auf beiden Seiten des regulirten Hauptstroms der Donau noch viele Tausende Platz finden. * Zur neuen Maß= und Gewichtsordnung. Um die neuen Maß= und Gewichtsgrößen, wie dieselben von der Aichordnung für den Norddeutschen Bund vom 16. Juli 1869 vorgeschrieben sind und künftig im Verkehr gehandhabt werden sollen, durch unmittelbare Anschauung dem Publikum näher zu führen, hat die Verlagsbuch- handlung von G. W. F. Müller in Berlin die neuen Maße und Gewichte nach den Vorschriften der Eichordnung und den Normalen der Bundes = Normal = Aichungs = Kommission in natürlicher, genauer Größe und in Farben darstellen lassen; es erscheinen dieselben, in ein Tableau zusammengestellt, im fünffachen Farbendruck unter dem Titel: „Die neuen Maße und Gewichte des metrischen Systems nach der Aichordnung für den Norddeutschen Bund.“ Um die Ver- breitung nicht aufzuhalten, erschien zunächst eine Ausgabe in Schwarz-

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 672. Frankfurt a. M., 18. März 1870, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber0672_1870/2>, abgerufen am 27.11.2024.