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[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.

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stige Genuß, die geistige Unterhaltung, welche die Theilnahme
an allen Erzeugnissen unserer Bildung gewährt, die Quelle
des Glücks sei
, und zwar die einzige Quelle des Glücks.
Der Eine hält es mehr mit dem sinnlichen, der Andere
mehr mit dem geistigen Genuß, das ist Geschmackssache.
Aber glücklich sein heißt genießen, und dazu braucht es
Geld, viel Geld. Je mehr Geld, desto reicher die Quellen
des Genusses und folglich des Glückes. Da wir nun Alle
ein gleiches Recht auf Glück haben, so müssen wir auch Alle
ein gleiches Recht auf den Wohlstand haben, welcher uns
die Wege zum Glück eröffnet. Ein einfacheres Räsonnement
kann es kaum geben, und unsere Staats- und Finanzmänner
werden dagegen schwerlich viel einwenden können, denn seit
vielen Jahren haben sie dem Grundsatz gehuldigt, daß die
Sorge für die materiellen Jnteressen die höchste Pflicht der
Regierung sei, daß der Wohlstand des Volkes sein Glück
bedinge, und daß, da der rasche Umlauf des Geldes den
Wohlstand und die Mittel des Genusses vervielfältige, und
da der Luxus den raschen Umlauf mächtig fördere, der stei-
gende Luxus ein handgreiflicher Maßstab für das Glück des
Volkes sei, weshalb auch die Reichen und Großen dieser
Welt nichts Besseres thun könnten, als beständig durch Aus-
gaben aller Art recht viel Geld unter die Leute zu bringen.
Jn einer Zeit, wo es schon zu den Meerwundern gehörte,
wenn man irgendwo einen zufriedenen Menschen und ein
gründlich vergnügtes Gesicht sah, bewiesen uns die Finanz-
männer, ihre statistischen Tabellen in der Hand, daß das
Glück des Volkes in steter Zunahme begriffen sei. Und die
Reichen und Vornehmen kamen den Wünschen der Finanz-
männer auf das Bereitwilligste entgegen, um so mehr als

ſtige Genuß, die geiſtige Unterhaltung, welche die Theilnahme
an allen Erzeugniſſen unſerer Bildung gewährt, die Quelle
des Glücks ſei
, und zwar die einzige Quelle des Glücks.
Der Eine hält es mehr mit dem ſinnlichen, der Andere
mehr mit dem geiſtigen Genuß, das iſt Geſchmacksſache.
Aber glücklich ſein heißt genießen, und dazu braucht es
Geld, viel Geld. Je mehr Geld, deſto reicher die Quellen
des Genuſſes und folglich des Glückes. Da wir nun Alle
ein gleiches Recht auf Glück haben, ſo müſſen wir auch Alle
ein gleiches Recht auf den Wohlſtand haben, welcher uns
die Wege zum Glück eröffnet. Ein einfacheres Räſonnement
kann es kaum geben, und unſere Staats- und Finanzmänner
werden dagegen ſchwerlich viel einwenden können, denn ſeit
vielen Jahren haben ſie dem Grundſatz gehuldigt, daß die
Sorge für die materiellen Jntereſſen die höchſte Pflicht der
Regierung ſei, daß der Wohlſtand des Volkes ſein Glück
bedinge, und daß, da der raſche Umlauf des Geldes den
Wohlſtand und die Mittel des Genuſſes vervielfältige, und
da der Luxus den raſchen Umlauf mächtig fördere, der ſtei-
gende Luxus ein handgreiflicher Maßſtab für das Glück des
Volkes ſei, weshalb auch die Reichen und Großen dieſer
Welt nichts Beſſeres thun könnten, als beſtändig durch Aus-
gaben aller Art recht viel Geld unter die Leute zu bringen.
Jn einer Zeit, wo es ſchon zu den Meerwundern gehörte,
wenn man irgendwo einen zufriedenen Menſchen und ein
gründlich vergnügtes Geſicht ſah, bewieſen uns die Finanz-
männer, ihre ſtatiſtiſchen Tabellen in der Hand, daß das
Glück des Volkes in ſteter Zunahme begriffen ſei. Und die
Reichen und Vornehmen kamen den Wünſchen der Finanz-
männer auf das Bereitwilligſte entgegen, um ſo mehr als

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[28/0034] ſtige Genuß, die geiſtige Unterhaltung, welche die Theilnahme an allen Erzeugniſſen unſerer Bildung gewährt, die Quelle des Glücks ſei, und zwar die einzige Quelle des Glücks. Der Eine hält es mehr mit dem ſinnlichen, der Andere mehr mit dem geiſtigen Genuß, das iſt Geſchmacksſache. Aber glücklich ſein heißt genießen, und dazu braucht es Geld, viel Geld. Je mehr Geld, deſto reicher die Quellen des Genuſſes und folglich des Glückes. Da wir nun Alle ein gleiches Recht auf Glück haben, ſo müſſen wir auch Alle ein gleiches Recht auf den Wohlſtand haben, welcher uns die Wege zum Glück eröffnet. Ein einfacheres Räſonnement kann es kaum geben, und unſere Staats- und Finanzmänner werden dagegen ſchwerlich viel einwenden können, denn ſeit vielen Jahren haben ſie dem Grundſatz gehuldigt, daß die Sorge für die materiellen Jntereſſen die höchſte Pflicht der Regierung ſei, daß der Wohlſtand des Volkes ſein Glück bedinge, und daß, da der raſche Umlauf des Geldes den Wohlſtand und die Mittel des Genuſſes vervielfältige, und da der Luxus den raſchen Umlauf mächtig fördere, der ſtei- gende Luxus ein handgreiflicher Maßſtab für das Glück des Volkes ſei, weshalb auch die Reichen und Großen dieſer Welt nichts Beſſeres thun könnten, als beſtändig durch Aus- gaben aller Art recht viel Geld unter die Leute zu bringen. Jn einer Zeit, wo es ſchon zu den Meerwundern gehörte, wenn man irgendwo einen zufriedenen Menſchen und ein gründlich vergnügtes Geſicht ſah, bewieſen uns die Finanz- männer, ihre ſtatiſtiſchen Tabellen in der Hand, daß das Glück des Volkes in ſteter Zunahme begriffen ſei. Und die Reichen und Vornehmen kamen den Wünſchen der Finanz- männer auf das Bereitwilligſte entgegen, um ſo mehr als

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Zitationshilfe: [N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852/34>, abgerufen am 21.11.2024.