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[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.

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aus Mangel an Pflege, sie schlummert nur, und sie wird
wieder geweckt, sobald die Folgen ihrer Mißachtung empfind-
lich genug hervortreten. Diese sittliche Reaktion wird
eintreten für das Ganze, wie sie eintritt für die Einzelnen,
sobald wir dafür reif sind, nicht früher und nicht später.
Zu berechnen, wann dieselbe eintreten werde und in welche
Formen sich das wiedererwachte Bewußtfein unserer höheren
Natur in der Folge kleiden werde, das liegt eben so wenig
in menschlicher Macht, als den Eintritt dieser sittlichen Reak-
tion zu verzögern oder zu beschleunigen. Die Thorheit eines
solchen Versuchs wollen wir Denjenigen überlassen, die da
glauben, der Zukunft ihre Bahnen anweisen zu können, weil
sie die Vergangenheit in System gebracht haben; wir wollen
sie Denjenigen überlassen, welche sich berufen glauben, durch
die Kraft ihres souveränen Willens "Weltgeschichte zu machen."

So lange aber dieser Umschwung in den Gemüthern,
welchen wir durch Maßregeln von Oben nicht bewirken kön-
nen, nicht erfolgt ist, und so lange daher der Glaube
an die Allgegenwart eines heiligen Gottes
die
Gemüther nicht allgemeiner und lebendiger als jetzt erfüllt,
so lange werden wir vergeblich suchen, eine dauernde
und befriedigende Grundlage
für unsere politischen,
gesellschaftlichen und Glaubenszustände zu gewinnen. Viel-
mehr kann bis dahin unsere ganze Aufgabe nur eine auf
die augenblicklichen Verhältnisse berechnete und daher auch
in ihren Mitteln nach Ort und Zeit sehr wandelbare sein,
sie kann nur darin bestehen, den Staat und die Gesellschaft
gegen die furchtbaren Gefahren, von denen sie bedroht sind,
so gut als möglich und so lange als möglich zu schützen, in
der Hoffnung, daß mittlerweile jener Umschwung der Ge-

aus Mangel an Pflege, ſie ſchlummert nur, und ſie wird
wieder geweckt, ſobald die Folgen ihrer Mißachtung empfind-
lich genug hervortreten. Dieſe ſittliche Reaktion wird
eintreten für das Ganze, wie ſie eintritt für die Einzelnen,
ſobald wir dafür reif ſind, nicht früher und nicht ſpäter.
Zu berechnen, wann dieſelbe eintreten werde und in welche
Formen ſich das wiedererwachte Bewußtfein unſerer höheren
Natur in der Folge kleiden werde, das liegt eben ſo wenig
in menſchlicher Macht, als den Eintritt dieſer ſittlichen Reak-
tion zu verzögern oder zu beſchleunigen. Die Thorheit eines
ſolchen Verſuchs wollen wir Denjenigen überlaſſen, die da
glauben, der Zukunft ihre Bahnen anweiſen zu können, weil
ſie die Vergangenheit in Syſtem gebracht haben; wir wollen
ſie Denjenigen überlaſſen, welche ſich berufen glauben, durch
die Kraft ihres ſouveränen Willens „Weltgeſchichte zu machen.“

So lange aber dieſer Umſchwung in den Gemüthern,
welchen wir durch Maßregeln von Oben nicht bewirken kön-
nen, nicht erfolgt iſt, und ſo lange daher der Glaube
an die Allgegenwart eines heiligen Gottes
die
Gemüther nicht allgemeiner und lebendiger als jetzt erfüllt,
ſo lange werden wir vergeblich ſuchen, eine dauernde
und befriedigende Grundlage
für unſere politiſchen,
geſellſchaftlichen und Glaubenszuſtände zu gewinnen. Viel-
mehr kann bis dahin unſere ganze Aufgabe nur eine auf
die augenblicklichen Verhältniſſe berechnete und daher auch
in ihren Mitteln nach Ort und Zeit ſehr wandelbare ſein,
ſie kann nur darin beſtehen, den Staat und die Geſellſchaft
gegen die furchtbaren Gefahren, von denen ſie bedroht ſind,
ſo gut als möglich und ſo lange als möglich zu ſchützen, in
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[115/0121] aus Mangel an Pflege, ſie ſchlummert nur, und ſie wird wieder geweckt, ſobald die Folgen ihrer Mißachtung empfind- lich genug hervortreten. Dieſe ſittliche Reaktion wird eintreten für das Ganze, wie ſie eintritt für die Einzelnen, ſobald wir dafür reif ſind, nicht früher und nicht ſpäter. Zu berechnen, wann dieſelbe eintreten werde und in welche Formen ſich das wiedererwachte Bewußtfein unſerer höheren Natur in der Folge kleiden werde, das liegt eben ſo wenig in menſchlicher Macht, als den Eintritt dieſer ſittlichen Reak- tion zu verzögern oder zu beſchleunigen. Die Thorheit eines ſolchen Verſuchs wollen wir Denjenigen überlaſſen, die da glauben, der Zukunft ihre Bahnen anweiſen zu können, weil ſie die Vergangenheit in Syſtem gebracht haben; wir wollen ſie Denjenigen überlaſſen, welche ſich berufen glauben, durch die Kraft ihres ſouveränen Willens „Weltgeſchichte zu machen.“ So lange aber dieſer Umſchwung in den Gemüthern, welchen wir durch Maßregeln von Oben nicht bewirken kön- nen, nicht erfolgt iſt, und ſo lange daher der Glaube an die Allgegenwart eines heiligen Gottes die Gemüther nicht allgemeiner und lebendiger als jetzt erfüllt, ſo lange werden wir vergeblich ſuchen, eine dauernde und befriedigende Grundlage für unſere politiſchen, geſellſchaftlichen und Glaubenszuſtände zu gewinnen. Viel- mehr kann bis dahin unſere ganze Aufgabe nur eine auf die augenblicklichen Verhältniſſe berechnete und daher auch in ihren Mitteln nach Ort und Zeit ſehr wandelbare ſein, ſie kann nur darin beſtehen, den Staat und die Geſellſchaft gegen die furchtbaren Gefahren, von denen ſie bedroht ſind, ſo gut als möglich und ſo lange als möglich zu ſchützen, in der Hoffnung, daß mittlerweile jener Umſchwung der Ge-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852/121>, abgerufen am 24.11.2024.