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[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.

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gung den Ausschlag, wenn nur sonst gegen den Charakter
nichts zu erinnern ist. Man sucht den Unterricht möglichst
zu "vervollkommen," d. h. man steigert ihn so hoch als
möglich nach Jnhalt und Form, und ohne ihm eine vor-
herrschend erziehende Richtung zu geben. Man vertheilt den
Unterricht in jeder einzelnen Klasse unter mehrere Lehrer, und
man schickt das mit Lehrstunden überhäufte Mädchen am
Abend mit einem gehörigen Vorrath von Schulaufgaben und
mit der erziehenden Ermahnung "tenez-vous droite" nach
Hause, wo dann das beklagenswerthe, bereits vom vielen
Sitzen und Lernen abgespannte Opfer unserer Thorheiten
abermals sitzen, abermals lesen, schreiben und lernen muß,
und dadurch noch obendrein dem erziehenden Einfluß der
Mutter für ein paar weitere Stunden entzogen wird. Man
wende doch ja nicht ein, daß in diesen Anstalten "nebenbei"
auch möglichst auf die sittliche Richtung der Zöglinge hin-
gewirkt werde. Daran zweifelt ja Niemand, wohl aber
wird, wer gewöhnt ist, den Dingen auf den Grund zu ge-
hen, unter solchen Umständen auch von dem besten Willen
der Lehrer keinen bleibenden Erfolg erwarten. Denn da,
wo das Wissen und die äußere Haltung und der Eindruck,
welchen man mit Beidem auf die Welt macht, so sichtbar
als die Hauptsache vorangestellt wird, da ist ja schon vor-
weg der rechte Boden, auf welchem allein eine sittliche Er-
ziehung gedeihen kann, vernichtet und die Jugend von An-
fang an auf einen ganz falschen Standpunkt gestellt. Und
man bedenke es wohl: Es ist das die Erziehung des weib-
lichen
Geschlechts, welches berufen ist, an der Erziehung
der eigenen Kinder
einen so tief eingreifenden Antheil
zu nehmen, dem kindlichen, so offenen und empfänglichen

gung den Ausſchlag, wenn nur ſonſt gegen den Charakter
nichts zu erinnern iſt. Man ſucht den Unterricht möglichſt
zu „vervollkommen,“ d. h. man ſteigert ihn ſo hoch als
möglich nach Jnhalt und Form, und ohne ihm eine vor-
herrſchend erziehende Richtung zu geben. Man vertheilt den
Unterricht in jeder einzelnen Klaſſe unter mehrere Lehrer, und
man ſchickt das mit Lehrſtunden überhäufte Mädchen am
Abend mit einem gehörigen Vorrath von Schulaufgaben und
mit der erziehenden Ermahnung „tenez-vous droite“ nach
Hauſe, wo dann das beklagenswerthe, bereits vom vielen
Sitzen und Lernen abgeſpannte Opfer unſerer Thorheiten
abermals ſitzen, abermals leſen, ſchreiben und lernen muß,
und dadurch noch obendrein dem erziehenden Einfluß der
Mutter für ein paar weitere Stunden entzogen wird. Man
wende doch ja nicht ein, daß in dieſen Anſtalten „nebenbei“
auch möglichſt auf die ſittliche Richtung der Zöglinge hin-
gewirkt werde. Daran zweifelt ja Niemand, wohl aber
wird, wer gewöhnt iſt, den Dingen auf den Grund zu ge-
hen, unter ſolchen Umſtänden auch von dem beſten Willen
der Lehrer keinen bleibenden Erfolg erwarten. Denn da,
wo das Wiſſen und die äußere Haltung und der Eindruck,
welchen man mit Beidem auf die Welt macht, ſo ſichtbar
als die Hauptſache vorangeſtellt wird, da iſt ja ſchon vor-
weg der rechte Boden, auf welchem allein eine ſittliche Er-
ziehung gedeihen kann, vernichtet und die Jugend von An-
fang an auf einen ganz falſchen Standpunkt geſtellt. Und
man bedenke es wohl: Es iſt das die Erziehung des weib-
lichen
Geſchlechts, welches berufen iſt, an der Erziehung
der eigenen Kinder
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[105/0111] gung den Ausſchlag, wenn nur ſonſt gegen den Charakter nichts zu erinnern iſt. Man ſucht den Unterricht möglichſt zu „vervollkommen,“ d. h. man ſteigert ihn ſo hoch als möglich nach Jnhalt und Form, und ohne ihm eine vor- herrſchend erziehende Richtung zu geben. Man vertheilt den Unterricht in jeder einzelnen Klaſſe unter mehrere Lehrer, und man ſchickt das mit Lehrſtunden überhäufte Mädchen am Abend mit einem gehörigen Vorrath von Schulaufgaben und mit der erziehenden Ermahnung „tenez-vous droite“ nach Hauſe, wo dann das beklagenswerthe, bereits vom vielen Sitzen und Lernen abgeſpannte Opfer unſerer Thorheiten abermals ſitzen, abermals leſen, ſchreiben und lernen muß, und dadurch noch obendrein dem erziehenden Einfluß der Mutter für ein paar weitere Stunden entzogen wird. Man wende doch ja nicht ein, daß in dieſen Anſtalten „nebenbei“ auch möglichſt auf die ſittliche Richtung der Zöglinge hin- gewirkt werde. Daran zweifelt ja Niemand, wohl aber wird, wer gewöhnt iſt, den Dingen auf den Grund zu ge- hen, unter ſolchen Umſtänden auch von dem beſten Willen der Lehrer keinen bleibenden Erfolg erwarten. Denn da, wo das Wiſſen und die äußere Haltung und der Eindruck, welchen man mit Beidem auf die Welt macht, ſo ſichtbar als die Hauptſache vorangeſtellt wird, da iſt ja ſchon vor- weg der rechte Boden, auf welchem allein eine ſittliche Er- ziehung gedeihen kann, vernichtet und die Jugend von An- fang an auf einen ganz falſchen Standpunkt geſtellt. Und man bedenke es wohl: Es iſt das die Erziehung des weib- lichen Geſchlechts, welches berufen iſt, an der Erziehung der eigenen Kinder einen ſo tief eingreifenden Antheil zu nehmen, dem kindlichen, ſo offenen und empfänglichen

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: [N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852/111>, abgerufen am 24.11.2024.