Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung, Nr. 97, 7. April 1849.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch]
Frankreich.

Legitimisten und Bonapartisten
welche sich bei der Präsidentenwahl so wohlgefällig die Hände gereicht hat-
ten, stehen nun feindlich einander gegenüber. Die Freunde Ludwig Bo-
naparte's gehen in ihrer Verblendung so weit daß sie den lächerlichen und
prahlerischen Grundsatz "l'etat c'est Louis Napoleon" aufstellen. Die
Henriquinquisten treten jedenfalls bescheidener auf, und haben dadurch
einen großen Anhang unter den wahren Freunden der Ordnung, Stätig-
keit und Bekämpfung der Anarchie gewonnen. Die kriegslustige Partei
bekämpft die Bonaparte's nun ebenfalls, weil man den Verwandten des Kai-
sers, mit Ausnahme Pierre Bonaparte's, allen persönlichen Muth ab-
spricht. Die Napoleonischen Wahlausschüsse bekämpfen sich selbst unter-
einander, wie das namentlich in Metz der Fall ist. Dort kam auch neulich
bei dem Zuchtpolizeigericht die Klage eines Bierbrauers gegen einen Na-
poleonischen Umzug vor, der bei der Verkündung der Wahl Ludwig Bo-
[Spaltenumbruch] naparte's zum Präsidenten eine Bierzeche von 59 Fr. zu entrichten verges-
sen hatte. Niemand will jetzt die "Erfrischungen" bestellt haben, und es
findet sich kein großmüthiger Anhänger des Bonapartismus, welcher den
December-Enthusiasmus nachträglich bezahlen will. -- Es sind neuerdings
Truppensendungen nach dem südlichen Frankreich angeordnet worden.
Man spricht auch davon daß die Besatzungen an der preußischen Gränze
Verstärkungen erhalten sollen.



Neuestes.

* Briefe aus Genua vom 28 März zeigen an daß daselbst
von den Massen die Republik ausgerufen wurde, und daß auch in
Nizza (durch das Karl Albert gekommen) eine Revolution aus-
brach bei der alle Behörden verjagt wurden.



[irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]
Frankreich.

Legitimiſten und Bonapartiſten
welche ſich bei der Präſidentenwahl ſo wohlgefällig die Hände gereicht hat-
ten, ſtehen nun feindlich einander gegenüber. Die Freunde Ludwig Bo-
naparte’s gehen in ihrer Verblendung ſo weit daß ſie den lächerlichen und
prahleriſchen Grundſatz »l’etat c’est Louis Napoléon« aufſtellen. Die
Henriquinquiſten treten jedenfalls beſcheidener auf, und haben dadurch
einen großen Anhang unter den wahren Freunden der Ordnung, Stätig-
keit und Bekämpfung der Anarchie gewonnen. Die kriegsluſtige Partei
bekämpft die Bonaparte’s nun ebenfalls, weil man den Verwandten des Kai-
ſers, mit Ausnahme Pierre Bonaparte’s, allen perſönlichen Muth ab-
ſpricht. Die Napoleoniſchen Wahlausſchüſſe bekämpfen ſich ſelbſt unter-
einander, wie das namentlich in Metz der Fall iſt. Dort kam auch neulich
bei dem Zuchtpolizeigericht die Klage eines Bierbrauers gegen einen Na-
poleoniſchen Umzug vor, der bei der Verkündung der Wahl Ludwig Bo-
[Spaltenumbruch] naparte’s zum Präſidenten eine Bierzeche von 59 Fr. zu entrichten vergeſ-
ſen hatte. Niemand will jetzt die „Erfriſchungen“ beſtellt haben, und es
findet ſich kein großmüthiger Anhänger des Bonapartismus, welcher den
December-Enthuſiasmus nachträglich bezahlen will. — Es ſind neuerdings
Truppenſendungen nach dem ſüdlichen Frankreich angeordnet worden.
Man ſpricht auch davon daß die Beſatzungen an der preußiſchen Gränze
Verſtärkungen erhalten ſollen.



Neueſtes.

* Briefe aus Genua vom 28 März zeigen an daß daſelbſt
von den Maſſen die Republik ausgerufen wurde, und daß auch in
Nizza (durch das Karl Albert gekommen) eine Revolution aus-
brach bei der alle Behörden verjagt wurden.



[irrelevantes Material]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jSupplement" n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="jVarious" n="2">
              <div type="jComment" n="3">
                <pb facs="#f0015" n="1495"/>
                <cb/>
              </div>
              <div n="3">
                <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/>
                <div type="jArticle" n="4">
                  <dateline><hi rendition="#b">&#x2E2B; Aus Lothringen,</hi> 31 März.</dateline><lb/>
                  <p>Legitimi&#x017F;ten und Bonaparti&#x017F;ten<lb/>
welche &#x017F;ich bei der Prä&#x017F;identenwahl &#x017F;o wohlgefällig die Hände gereicht hat-<lb/>
ten, &#x017F;tehen nun feindlich einander gegenüber. Die Freunde Ludwig Bo-<lb/>
naparte&#x2019;s gehen in ihrer Verblendung &#x017F;o weit daß &#x017F;ie den lächerlichen und<lb/>
prahleri&#x017F;chen Grund&#x017F;atz <hi rendition="#aq">»l&#x2019;etat c&#x2019;est Louis Napoléon«</hi> auf&#x017F;tellen. Die<lb/>
Henriquinqui&#x017F;ten treten jedenfalls be&#x017F;cheidener auf, und haben dadurch<lb/>
einen großen Anhang unter den wahren Freunden der Ordnung, Stätig-<lb/>
keit und Bekämpfung der Anarchie gewonnen. Die kriegslu&#x017F;tige Partei<lb/>
bekämpft die Bonaparte&#x2019;s nun ebenfalls, weil man den Verwandten des Kai-<lb/>
&#x017F;ers, mit Ausnahme Pierre Bonaparte&#x2019;s, allen per&#x017F;önlichen Muth ab-<lb/>
&#x017F;pricht. Die Napoleoni&#x017F;chen Wahlaus&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;e bekämpfen &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t unter-<lb/>
einander, wie das namentlich in Metz der Fall i&#x017F;t. Dort kam auch neulich<lb/>
bei dem Zuchtpolizeigericht die Klage eines Bierbrauers gegen einen Na-<lb/>
poleoni&#x017F;chen Umzug vor, der bei der Verkündung der Wahl Ludwig Bo-<lb/><cb/>
naparte&#x2019;s zum Prä&#x017F;identen eine Bierzeche von 59 Fr. zu entrichten verge&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en hatte. Niemand will jetzt die &#x201E;Erfri&#x017F;chungen&#x201C; be&#x017F;tellt haben, und es<lb/>
findet &#x017F;ich kein großmüthiger Anhänger des Bonapartismus, welcher den<lb/>
December-Enthu&#x017F;iasmus nachträglich bezahlen will. &#x2014; Es &#x017F;ind neuerdings<lb/>
Truppen&#x017F;endungen nach dem &#x017F;üdlichen Frankreich angeordnet worden.<lb/>
Man &#x017F;pricht auch davon daß die Be&#x017F;atzungen an der preußi&#x017F;chen Gränze<lb/>
Ver&#x017F;tärkungen erhalten &#x017F;ollen.</p>
                </div>
              </div>
            </div><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <div type="jPoliticalNews" n="2">
              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Neue&#x017F;tes</hi>.</hi> </head><lb/>
              <div type="jArticle" n="3"><lb/>
                <p>* Briefe aus <hi rendition="#b">Genua</hi> vom 28 März zeigen an daß da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
von den Ma&#x017F;&#x017F;en die Republik ausgerufen wurde, und daß auch in<lb/>
Nizza (durch das Karl Albert gekommen) eine Revolution aus-<lb/>
brach bei der alle Behörden verjagt wurden.</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <div type="jAnnouncements" n="2">
              <gap reason="insignificant"/>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1495/0015] Frankreich. ⸫ Aus Lothringen, 31 März. Legitimiſten und Bonapartiſten welche ſich bei der Präſidentenwahl ſo wohlgefällig die Hände gereicht hat- ten, ſtehen nun feindlich einander gegenüber. Die Freunde Ludwig Bo- naparte’s gehen in ihrer Verblendung ſo weit daß ſie den lächerlichen und prahleriſchen Grundſatz »l’etat c’est Louis Napoléon« aufſtellen. Die Henriquinquiſten treten jedenfalls beſcheidener auf, und haben dadurch einen großen Anhang unter den wahren Freunden der Ordnung, Stätig- keit und Bekämpfung der Anarchie gewonnen. Die kriegsluſtige Partei bekämpft die Bonaparte’s nun ebenfalls, weil man den Verwandten des Kai- ſers, mit Ausnahme Pierre Bonaparte’s, allen perſönlichen Muth ab- ſpricht. Die Napoleoniſchen Wahlausſchüſſe bekämpfen ſich ſelbſt unter- einander, wie das namentlich in Metz der Fall iſt. Dort kam auch neulich bei dem Zuchtpolizeigericht die Klage eines Bierbrauers gegen einen Na- poleoniſchen Umzug vor, der bei der Verkündung der Wahl Ludwig Bo- naparte’s zum Präſidenten eine Bierzeche von 59 Fr. zu entrichten vergeſ- ſen hatte. Niemand will jetzt die „Erfriſchungen“ beſtellt haben, und es findet ſich kein großmüthiger Anhänger des Bonapartismus, welcher den December-Enthuſiasmus nachträglich bezahlen will. — Es ſind neuerdings Truppenſendungen nach dem ſüdlichen Frankreich angeordnet worden. Man ſpricht auch davon daß die Beſatzungen an der preußiſchen Gränze Verſtärkungen erhalten ſollen. Neueſtes. * Briefe aus Genua vom 28 März zeigen an daß daſelbſt von den Maſſen die Republik ausgerufen wurde, und daß auch in Nizza (durch das Karl Albert gekommen) eine Revolution aus- brach bei der alle Behörden verjagt wurden. _

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-09-09T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine97_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine97_1849/15
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 97, 7. April 1849, S. 1495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine97_1849/15>, abgerufen am 01.09.2024.