Allgemeine Zeitung, Nr. 87, 27. März 1848.[Spaltenumbruch]
großartigsten und bedeutendsten in der Geschichte Deutschlands, in ei- In tiefster Ehrfurcht Ew. königl. Maj. allerunterthänigst treugehorsamste Kammer der Abgeordneten.München, den ... März 1848." * Nürnberg, 25 März. In der heute zusammengetretenen Bür- Württemberg. + Ulm, 26 März. Nach den heute früh hier [Spaltenumbruch]
großartigſten und bedeutendſten in der Geſchichte Deutſchlands, in ei- In tiefſter Ehrfurcht Ew. königl. Maj. allerunterthänigſt treugehorſamſte Kammer der Abgeordneten.München, den ... März 1848.“ * Nürnberg, 25 März. In der heute zuſammengetretenen Bür- Württemberg. † Ulm, 26 März. Nach den heute früh hier <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <floatingText> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0003" n="1379"/><cb/> großartigſten und bedeutendſten in der Geſchichte Deutſchlands, in ei-<lb/> nem Zeitpunkte wo Millionen Menſchen im meerumſchlungenen Nor-<lb/> den, wie im alpenbegränzten Süden von <hi rendition="#g">Einem</hi> Gefühle durchglüht,<lb/> von <hi rendition="#g">Einem</hi> Gedanken begeiſtert, ſich ſchaaren um das Panier des<lb/> wiedererwachten Vaterlandes, um ein freies, einiges, unzertrennliches<lb/> Deutſchland — in dieſem großen Augenblicke haben Euere Majeſtät<lb/> kraft der geſetzlichen Thronfolge die Krone empfangen aus der Hand<lb/> des königlichen Vaters, Ludwig des Erſten, der ſie 23 Jahre mit dem<lb/> Ruhme eines ächt deutſchen Fürſten getragen, und im Bewußtſeyn<lb/> daß der Gegenwart Richtung die ſeine nicht werden könne, großher-<lb/> zig und ſich ſelbſt treu auf das Haupt des königl. Sohnes geſetzt hat.<lb/> Was er für Bayern gethan, wird in dankbarer Erinnerung fortleben.<lb/> Mit den erhebenden Worten: „Ich bin ſtolz mich einen conſtitutio-<lb/> nellen König zu nennen,“ traten Ew. Majeſtät vor das bayeriſche<lb/> Volk, welches darin die frohe Bürgſchaft erblickt daß der Fürſt, der<lb/> Bayerus Stolz zu werden berufen iſt, die wahre, die einzig haltbare<lb/> Stellung erkannt welche die ernſte Zeit den Thronen anweist. Die<lb/> Unverletzlichkeit der Krone, wie die Unverletzlichkeit der Rechte des<lb/> Bolkes, ſie gedeihen nur auf dem Boden der conſtitutionellen Monar-<lb/> chie, wo ſie zur vollen Wahrheit ſich ausbildet. Ew. Maj. haben in<lb/> den Verheißungen der kgl. Proclamation vom 6 März ein heiliges<lb/> Erbe übernommen und mit Begeiſterung hat das Volk in jener vom<lb/> 21 März, wie in der königl. Rede vom Throne den ernſten Willen er-<lb/> kannt das gegebene Wort zu löſen. Lauter noch und dauernder<lb/> als das donnernde „Hoch“, das unſerer Bruſt entquoll bei dem Worte<lb/> „Amneſtie“, wird in dem edlen Herzen Ew. Maj. der Dank der Un-<lb/> glücklichen wiederhallen, die nach langer Trennung an den heimath-<lb/> lichen Herd, an die Bruſt der Verlaſſenen zurückkehren. Damit aber<lb/> auch der volle Wille Ew. Maj. ſich erfülle, damit auch in Wahrheit<lb/> jede Erinnerung ſchwinde, geruhen Ew. Maj. den Ständen des Rei-<lb/> ches ein Geſetz vorlegen zu laſſen, wodurch nicht allein jede noch ſchwe-<lb/> bende, oder vor Erlaß der Amneſtie veranlaßte Unterſuchung wegen<lb/> politiſcher Vergehen oder Verbrechen vernichtet, ſondern auch die ge-<lb/> ſetzlichen, und daher nur durch Geſetz zu löſenden Folgen bereits ein-<lb/> getretener Urtheile aufgehoben werden. Möge Ew. Maj. Großmuth<lb/> auch ſolche Nachtheile möglichſt ausgleichen, die wegen Thaten und<lb/> Geſinnungen, denen kein Strafgeſetz entgegenſteht, erduldet wurden.<lb/> Die Geſetze, deren unverzügliche Vorlage Ew. Majeſtät befohlen ha-<lb/> ben, ſind uns lang erſehnte Boten einer beſſeren Zeit. Wie wir in<lb/> der Verantwortlichkeit der Miniſter erſt die wahre Gewähr der Ver-<lb/> faſſung, ihren mächtigſten Hort in der Freiheit der Preſſe und in<lb/> einer freiſinnigen, jede Standesbevorzugung ausſchließenden, wahren<lb/> Volks- Vertretung, die in der Gemeinde beginnt, und im deutſchen<lb/> Parlament ihren Endpunkt ſindet, die unerläßlichſte Vorbedingung<lb/> des ächten conſtitutionellen Lebens erblicken, ſo dürfen wir auch hof-<lb/> fen daß die unabweislich gewordene Ablöſung der Grund- und Feu-<lb/> dallaſten, ſowie die Beſeitigung der ſchädlichen Jagdrechte dieſſeits, und<lb/> die Vervollſtändigung der Volksvertretung jenſeits des Rheins, die in<lb/> ſturmbewegter Zeit erregten Gemüther beruhigen werde. So freudig<lb/> wir die Mittheilung jener Grundlagen begrüßen, auf welche ſich die<lb/> künftige Organiſation der Gerichte, das Verfahren in Civil- und Straf-<lb/> ſachen, Strafrecht und Polizeiſtrafgeſetzbuch ſtützen ſollen, ſo würden<lb/> wir in der künftigen Geſetzgebung welche nothwendig auf dem Grund-<lb/> ſatze der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit, auf Trennung der Juſtiz<lb/> von der Adminiſtration und Aburtheilung der Strafſachen durch Schwur-<lb/> gerichte beruhen muß, gleichwohl eine Lücke erblicken, wenn nicht un-<lb/> verzüglich eine geſetzliche Begränzung der Polizeigewalt eintritt welche<lb/> die Strafe dem ordentlichen Richter anheimſtellt, die perſönliche Frei-<lb/> heit der Staatsbürger garantirt und deren freies Verſammlungs-, Eini-<lb/> gungs- und Petitionsrecht anerkennt. Zu ſehr durchdrungen von der<lb/> Wichtigkeit wie von der Schwierigkeit, mit welcher der Uebergang ver-<lb/> bunden ſeyn wird von dem jetzigen Zuſtande in Deutſchland in eine<lb/> neue Aera der Rechtspflege vertrauen wir nicht nur unbedingt der k.<lb/> Zuſage welche die Vorlage der Geſetzgebungswerke baldigſt verheißt,<lb/> ſondern wir erblicken auch in der Stellung und Bildung eines Ge-<lb/> ſammt-Staats-Miniſteriums feſte Bürgſchaft für die Erfüllung dieſes<lb/> ſehnlichſten Wunſches. Die Fürſorge für die Staatsdiener und ihre<lb/> Hinterbliebenen wird eine wichtige Klaſſe in der geſellſchaſtlichen Ord-<lb/> nung vor Noth und Verkümmerung ſchützen und ihr die, dem Ge-<lb/> meinwohl ſo förderliche Berufs-Freudigkeit, wiedergeben. Möge ſich<lb/> das von Ew. Majeſtät angekündigte Geſetz über die Verbeſſerung der<lb/> Verhältniſſe der Iſraeliten zu dem höhern Grundſatze der Gleichbe-<lb/> rechtigung aller Confeſſionen und ihrer Bekenner in allen Verhält-<lb/> niſſen zum Staat erheben, damit der Gleichheit des Geſetzes, auch die<lb/> Gleichheit vor dem Geſetze entſpreche. Der Ruf, der in eilf Verſammlun-<lb/> gen der bayeriſchen Stände wiederholt erklungen, er iſt erfüllt. Das Lotto<lb/> fällt; die öffentliche Sittlichkeit hat einen mächtigen Schritt vorwärts<lb/> gethan. Ew. Maj. haben ſich dadurch ein unvergängliches Denkmal geſetzt.<lb/> Doppelt iſt der Zweck der Volksbewaffnung. Feſten Schutz gewähre ſie<lb/> der innern Ordnung des Landes, um deren ſchnelle Wiederherſtellung und<lb/> Aufrechthaltung wir Eure Maj. ehrfurchtsvollſt bitten. Eine Macht aber<lb/> unüberwindlich durch den belebenden Gedanken der Einheit, wird ſie<lb/><cb/> jedem entgegentreten der mit frevelnder Hand die koſtbare Frucht der<lb/> Zeit, das theuer erworbene gemeinſame deutſche Vaterland bedrohen<lb/> möchte. — Alſo gerüſtet wird Deutſchland, fern von jeder Einmiſchung<lb/> in die innern Angelegenheiten fremder Staaten in ſeiner Stellung nach<lb/> außen achtunggebietend und mächtig genug ſeyn zu hindern daß<lb/> nicht Schleswig-Holſteins treues Volk oder die edlen Wachten der deut-<lb/> ſchen Ehre am Rhein und an der Weichſel fremden Eingriffen unter-<lb/> liegen. Denn Gut und Blut auch für das kleinſte Stück deutſcher Erde!<lb/> Zugleich möge eine gemeinſame Vertretung deutſcher Intereſſen die<lb/> deutſche Flagge aufrichten, durch kräftigen Schutz den deutſchen Ge-<lb/> werbsfleiß und Handel frei machen und groß, damit er fremder Ueber-<lb/> macht nimmer erliege. Alles was zur vollen Entwickelung des conſti-<lb/> tutionellen Princips beiträgt, was im Leben als heilſam ſich bewährt,<lb/> möge unſer Eigenthum werden. Deßhalb erbitten wir von Ew. Maj.<lb/> ehrfurchtsvollſt die Gewährung der Initiative zu Verfaſſungs-Geſetzen<lb/> gleichheitlich für beide Kammern, ferner eine Modification des <hi rendition="#aq">Tit.<lb/> VII.</hi> §. 29 der Verfaſſungs-Urkunde zur Ermöglichung eines ſchnelleren<lb/> Vollzugs berathenener Geſetze und Anträge, eine Reform der Steuer-<lb/> geſetzgebung ſo wie kürzere Budget-Perioden, welche dem Staatshaus-<lb/> halt größere Sicherheit gewähren, und durch die damit bedingte öftere<lb/> Wiederkehr der Landtage, das ſo nöthige politiſche Bewußtſeyn im<lb/> Volke beleben werden. Auch die Beſtimmung des §. 12 <hi rendition="#aq">Tit. VI.</hi> der<lb/> Verfaſſungs-Urkunde, in Anſehung der Folgen ſtrafrechtlicher Unter-<lb/> ſuchungen, bedarf dringend einer Modification. Wir richten Ew. Maj.<lb/> Blicke auf die mangelhaften Zuſtände der Volksbildung und auf die<lb/> nothwendige Freiheit der Lehre, mit der innigen Ueberzeugung daß<lb/> durch Gewährung unſerer Bitten am beſten jede auflöſende Tendenz<lb/> ferne gehalten werde. Auch unſerer tapfern Armee, deren Mäßigung<lb/> und Pflichttreue das Vaterland anerkennt, und die nunmehr durch<lb/> Ablegung des Eides auf die Verfaſſung zum gemeinſamen Ganzen ver-<lb/> eint iſt, haben die Vertreter des Volkes zu gedenken. Mögen Ew.<lb/> Maj. geruhen über pragmatiſche Dienſtrechte der Officiere, der Militär-<lb/> beamten und ihrer Hinterlaſſenen geſetzliche Beſtimmungen zu veran-<lb/> laſſen. — Die geſicherte Zukunft des Einzelnen wird mit Macht den Geiſt<lb/> der ganzen Armee neu beleben. Nicht dem Geiſte der Vernichtung<lb/> ſondern der Freiheit und Geſetzmäßigkeit die Ew. Maj. als Wahlſpruch<lb/> erklärt haben, müſſen alle Vorrechte zum Opfer gebracht werden, die<lb/> mit der Einheit der Gerichts-Organiſation und der Gleichheit vor<lb/> dem Geſetze unvereinbar ſind. Für das Vaterland iſt kein Opfer zu<lb/> ſchwer wenn ſein wahres Wohl es erheiſcht. Und ſo treten wir mit<lb/> Muth und Gewiſſenhaftigkeit die ſchwere Arbeit an, zu der wir beru-<lb/> fen, mit dem feſten Vertrauen daß die Vorſehung die uns ſo große<lb/> Güter, unbefleckt vom Blute unſerer Brüder gewährt, das Werk kröne<lb/> und ſegne mit Erfolg, Bayern, Deutſchland zum Heil, Ew. Maj. zum<lb/> unvergänglichen Ruhme. — </p> <closer> <signed>In tiefſter Ehrfurcht Ew. königl. Maj.<lb/> allerunterthänigſt treugehorſamſte Kammer der Abgeordneten.</signed> <dateline>München,<lb/> den ... 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Mit einer<lb/> Stimme wurde unter den beifälligſten Zurufen der ſeit längerer Zeit<lb/> unter uns weilende <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Eiſenmann</hi> hiezu gewählt, und zugleich be-<lb/> ſchloſſen den Magiſtrat zu erſuchen demſelben, als Vertreter der Stadt<lb/> Nürnberg, das Ehrenbürgerrecht noch vor ſeiner Abreiſe zu ertheilen.<lb/><hi rendition="#aq">Dr.</hi> Eiſenmann dankte kurz und bündig für die ihm gewordene Ehre,<lb/> und reist dieſer Tage ab um dort ſeine Anſichten zu entwickeln, wo<lb/> über Deutſchlands künftige politiſche Geſtaltung berathen und beſchloſſen<lb/> werden ſoll. Möge man dort nur allein das große nothwendig gewordene<lb/> Ziel im Auge haben Deutſchland zu Deutſchland zu machen, die bunte<lb/> Muſterkarte, die geographiſche Benennung zu einem lebendigen Orga-<lb/> nismus umzuwandeln. Ernſt iſt die Zeit, ernſter wird ſie noch werden,<lb/> in uns liegt die Kraft ihr entgegentreten zu können, wir fühlen dieß<lb/> und wollen auch daß man auswärts auch dieß anerkenne.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Württemberg</hi>.</head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>† <hi rendition="#b">Ulm,</hi> 26 März.</dateline><lb/> <p>Nach den heute früh hier<lb/> eingetroffenen Nachrichten haben wir <hi rendition="#g">für den Augenblick</hi> einen Be-<lb/> ſuch der Franzoſen nicht zu befürchten, und auch die beängſtigenden Nach-<lb/> richten vom Einfall der aus Frankreich wandernden <hi rendition="#g">deutſchen Arbei-<lb/> ter</hi> ſcheinen der näheren Begründung zu entbehren. Man mußte indeß<lb/> hier dieſen Gerüchten um ſo mehr Glauben beimeſſen als ſie durch Eſtaf-<lb/> fetten an die Kreisregierung gelangten und der nächtliche Ausmarſch<lb/> zweier Infanterie-Bataillone und eines Reiterregiments denſelben Be-<lb/> ſtätigung verlieh. Wie man hört haben ſich die verſchiedene Richtungen<lb/> einſchlagenden Truppen in dem etwa 10 Stunden von hier entfernten auf<lb/> der rauhen Alb gelegenen <hi rendition="#g">Münſingen</hi> zu vereinigen. Ob ſie weiter<lb/> dem Schwarzwalde zu marſchiren oder wieder hieher zurückkehren, iſt zur<lb/> Zeit noch nicht bekannt. Unſere Bürgerwehr, bei der ſich viele Veamte,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1379/0003]
großartigſten und bedeutendſten in der Geſchichte Deutſchlands, in ei-
nem Zeitpunkte wo Millionen Menſchen im meerumſchlungenen Nor-
den, wie im alpenbegränzten Süden von Einem Gefühle durchglüht,
von Einem Gedanken begeiſtert, ſich ſchaaren um das Panier des
wiedererwachten Vaterlandes, um ein freies, einiges, unzertrennliches
Deutſchland — in dieſem großen Augenblicke haben Euere Majeſtät
kraft der geſetzlichen Thronfolge die Krone empfangen aus der Hand
des königlichen Vaters, Ludwig des Erſten, der ſie 23 Jahre mit dem
Ruhme eines ächt deutſchen Fürſten getragen, und im Bewußtſeyn
daß der Gegenwart Richtung die ſeine nicht werden könne, großher-
zig und ſich ſelbſt treu auf das Haupt des königl. Sohnes geſetzt hat.
Was er für Bayern gethan, wird in dankbarer Erinnerung fortleben.
Mit den erhebenden Worten: „Ich bin ſtolz mich einen conſtitutio-
nellen König zu nennen,“ traten Ew. Majeſtät vor das bayeriſche
Volk, welches darin die frohe Bürgſchaft erblickt daß der Fürſt, der
Bayerus Stolz zu werden berufen iſt, die wahre, die einzig haltbare
Stellung erkannt welche die ernſte Zeit den Thronen anweist. Die
Unverletzlichkeit der Krone, wie die Unverletzlichkeit der Rechte des
Bolkes, ſie gedeihen nur auf dem Boden der conſtitutionellen Monar-
chie, wo ſie zur vollen Wahrheit ſich ausbildet. Ew. Maj. haben in
den Verheißungen der kgl. Proclamation vom 6 März ein heiliges
Erbe übernommen und mit Begeiſterung hat das Volk in jener vom
21 März, wie in der königl. Rede vom Throne den ernſten Willen er-
kannt das gegebene Wort zu löſen. Lauter noch und dauernder
als das donnernde „Hoch“, das unſerer Bruſt entquoll bei dem Worte
„Amneſtie“, wird in dem edlen Herzen Ew. Maj. der Dank der Un-
glücklichen wiederhallen, die nach langer Trennung an den heimath-
lichen Herd, an die Bruſt der Verlaſſenen zurückkehren. Damit aber
auch der volle Wille Ew. Maj. ſich erfülle, damit auch in Wahrheit
jede Erinnerung ſchwinde, geruhen Ew. Maj. den Ständen des Rei-
ches ein Geſetz vorlegen zu laſſen, wodurch nicht allein jede noch ſchwe-
bende, oder vor Erlaß der Amneſtie veranlaßte Unterſuchung wegen
politiſcher Vergehen oder Verbrechen vernichtet, ſondern auch die ge-
ſetzlichen, und daher nur durch Geſetz zu löſenden Folgen bereits ein-
getretener Urtheile aufgehoben werden. Möge Ew. Maj. Großmuth
auch ſolche Nachtheile möglichſt ausgleichen, die wegen Thaten und
Geſinnungen, denen kein Strafgeſetz entgegenſteht, erduldet wurden.
Die Geſetze, deren unverzügliche Vorlage Ew. Majeſtät befohlen ha-
ben, ſind uns lang erſehnte Boten einer beſſeren Zeit. Wie wir in
der Verantwortlichkeit der Miniſter erſt die wahre Gewähr der Ver-
faſſung, ihren mächtigſten Hort in der Freiheit der Preſſe und in
einer freiſinnigen, jede Standesbevorzugung ausſchließenden, wahren
Volks- Vertretung, die in der Gemeinde beginnt, und im deutſchen
Parlament ihren Endpunkt ſindet, die unerläßlichſte Vorbedingung
des ächten conſtitutionellen Lebens erblicken, ſo dürfen wir auch hof-
fen daß die unabweislich gewordene Ablöſung der Grund- und Feu-
dallaſten, ſowie die Beſeitigung der ſchädlichen Jagdrechte dieſſeits, und
die Vervollſtändigung der Volksvertretung jenſeits des Rheins, die in
ſturmbewegter Zeit erregten Gemüther beruhigen werde. So freudig
wir die Mittheilung jener Grundlagen begrüßen, auf welche ſich die
künftige Organiſation der Gerichte, das Verfahren in Civil- und Straf-
ſachen, Strafrecht und Polizeiſtrafgeſetzbuch ſtützen ſollen, ſo würden
wir in der künftigen Geſetzgebung welche nothwendig auf dem Grund-
ſatze der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit, auf Trennung der Juſtiz
von der Adminiſtration und Aburtheilung der Strafſachen durch Schwur-
gerichte beruhen muß, gleichwohl eine Lücke erblicken, wenn nicht un-
verzüglich eine geſetzliche Begränzung der Polizeigewalt eintritt welche
die Strafe dem ordentlichen Richter anheimſtellt, die perſönliche Frei-
heit der Staatsbürger garantirt und deren freies Verſammlungs-, Eini-
gungs- und Petitionsrecht anerkennt. Zu ſehr durchdrungen von der
Wichtigkeit wie von der Schwierigkeit, mit welcher der Uebergang ver-
bunden ſeyn wird von dem jetzigen Zuſtande in Deutſchland in eine
neue Aera der Rechtspflege vertrauen wir nicht nur unbedingt der k.
Zuſage welche die Vorlage der Geſetzgebungswerke baldigſt verheißt,
ſondern wir erblicken auch in der Stellung und Bildung eines Ge-
ſammt-Staats-Miniſteriums feſte Bürgſchaft für die Erfüllung dieſes
ſehnlichſten Wunſches. Die Fürſorge für die Staatsdiener und ihre
Hinterbliebenen wird eine wichtige Klaſſe in der geſellſchaſtlichen Ord-
nung vor Noth und Verkümmerung ſchützen und ihr die, dem Ge-
meinwohl ſo förderliche Berufs-Freudigkeit, wiedergeben. Möge ſich
das von Ew. Majeſtät angekündigte Geſetz über die Verbeſſerung der
Verhältniſſe der Iſraeliten zu dem höhern Grundſatze der Gleichbe-
rechtigung aller Confeſſionen und ihrer Bekenner in allen Verhält-
niſſen zum Staat erheben, damit der Gleichheit des Geſetzes, auch die
Gleichheit vor dem Geſetze entſpreche. Der Ruf, der in eilf Verſammlun-
gen der bayeriſchen Stände wiederholt erklungen, er iſt erfüllt. Das Lotto
fällt; die öffentliche Sittlichkeit hat einen mächtigen Schritt vorwärts
gethan. Ew. Maj. haben ſich dadurch ein unvergängliches Denkmal geſetzt.
Doppelt iſt der Zweck der Volksbewaffnung. Feſten Schutz gewähre ſie
der innern Ordnung des Landes, um deren ſchnelle Wiederherſtellung und
Aufrechthaltung wir Eure Maj. ehrfurchtsvollſt bitten. Eine Macht aber
unüberwindlich durch den belebenden Gedanken der Einheit, wird ſie
jedem entgegentreten der mit frevelnder Hand die koſtbare Frucht der
Zeit, das theuer erworbene gemeinſame deutſche Vaterland bedrohen
möchte. — Alſo gerüſtet wird Deutſchland, fern von jeder Einmiſchung
in die innern Angelegenheiten fremder Staaten in ſeiner Stellung nach
außen achtunggebietend und mächtig genug ſeyn zu hindern daß
nicht Schleswig-Holſteins treues Volk oder die edlen Wachten der deut-
ſchen Ehre am Rhein und an der Weichſel fremden Eingriffen unter-
liegen. Denn Gut und Blut auch für das kleinſte Stück deutſcher Erde!
Zugleich möge eine gemeinſame Vertretung deutſcher Intereſſen die
deutſche Flagge aufrichten, durch kräftigen Schutz den deutſchen Ge-
werbsfleiß und Handel frei machen und groß, damit er fremder Ueber-
macht nimmer erliege. Alles was zur vollen Entwickelung des conſti-
tutionellen Princips beiträgt, was im Leben als heilſam ſich bewährt,
möge unſer Eigenthum werden. Deßhalb erbitten wir von Ew. Maj.
ehrfurchtsvollſt die Gewährung der Initiative zu Verfaſſungs-Geſetzen
gleichheitlich für beide Kammern, ferner eine Modification des Tit.
VII. §. 29 der Verfaſſungs-Urkunde zur Ermöglichung eines ſchnelleren
Vollzugs berathenener Geſetze und Anträge, eine Reform der Steuer-
geſetzgebung ſo wie kürzere Budget-Perioden, welche dem Staatshaus-
halt größere Sicherheit gewähren, und durch die damit bedingte öftere
Wiederkehr der Landtage, das ſo nöthige politiſche Bewußtſeyn im
Volke beleben werden. Auch die Beſtimmung des §. 12 Tit. VI. der
Verfaſſungs-Urkunde, in Anſehung der Folgen ſtrafrechtlicher Unter-
ſuchungen, bedarf dringend einer Modification. Wir richten Ew. Maj.
Blicke auf die mangelhaften Zuſtände der Volksbildung und auf die
nothwendige Freiheit der Lehre, mit der innigen Ueberzeugung daß
durch Gewährung unſerer Bitten am beſten jede auflöſende Tendenz
ferne gehalten werde. Auch unſerer tapfern Armee, deren Mäßigung
und Pflichttreue das Vaterland anerkennt, und die nunmehr durch
Ablegung des Eides auf die Verfaſſung zum gemeinſamen Ganzen ver-
eint iſt, haben die Vertreter des Volkes zu gedenken. Mögen Ew.
Maj. geruhen über pragmatiſche Dienſtrechte der Officiere, der Militär-
beamten und ihrer Hinterlaſſenen geſetzliche Beſtimmungen zu veran-
laſſen. — Die geſicherte Zukunft des Einzelnen wird mit Macht den Geiſt
der ganzen Armee neu beleben. Nicht dem Geiſte der Vernichtung
ſondern der Freiheit und Geſetzmäßigkeit die Ew. Maj. als Wahlſpruch
erklärt haben, müſſen alle Vorrechte zum Opfer gebracht werden, die
mit der Einheit der Gerichts-Organiſation und der Gleichheit vor
dem Geſetze unvereinbar ſind. Für das Vaterland iſt kein Opfer zu
ſchwer wenn ſein wahres Wohl es erheiſcht. Und ſo treten wir mit
Muth und Gewiſſenhaftigkeit die ſchwere Arbeit an, zu der wir beru-
fen, mit dem feſten Vertrauen daß die Vorſehung die uns ſo große
Güter, unbefleckt vom Blute unſerer Brüder gewährt, das Werk kröne
und ſegne mit Erfolg, Bayern, Deutſchland zum Heil, Ew. Maj. zum
unvergänglichen Ruhme. —
In tiefſter Ehrfurcht Ew. königl. Maj.
allerunterthänigſt treugehorſamſte Kammer der Abgeordneten.München,
den ... März 1848.“
* Nürnberg, 25 März.
In der heute zuſammengetretenen Bür-
gerverſammlung wurde der Vorſchlag gemacht, zu der am 30 d. M. in
Frankfurt a. M. ſich bildenden Verſammlung deutſcher Männer des
Volksvertrauens einen Abgeordneten von hier aus zu ſenden. Mit einer
Stimme wurde unter den beifälligſten Zurufen der ſeit längerer Zeit
unter uns weilende Dr. Eiſenmann hiezu gewählt, und zugleich be-
ſchloſſen den Magiſtrat zu erſuchen demſelben, als Vertreter der Stadt
Nürnberg, das Ehrenbürgerrecht noch vor ſeiner Abreiſe zu ertheilen.
Dr. Eiſenmann dankte kurz und bündig für die ihm gewordene Ehre,
und reist dieſer Tage ab um dort ſeine Anſichten zu entwickeln, wo
über Deutſchlands künftige politiſche Geſtaltung berathen und beſchloſſen
werden ſoll. Möge man dort nur allein das große nothwendig gewordene
Ziel im Auge haben Deutſchland zu Deutſchland zu machen, die bunte
Muſterkarte, die geographiſche Benennung zu einem lebendigen Orga-
nismus umzuwandeln. Ernſt iſt die Zeit, ernſter wird ſie noch werden,
in uns liegt die Kraft ihr entgegentreten zu können, wir fühlen dieß
und wollen auch daß man auswärts auch dieß anerkenne.
Württemberg.
† Ulm, 26 März.
Nach den heute früh hier
eingetroffenen Nachrichten haben wir für den Augenblick einen Be-
ſuch der Franzoſen nicht zu befürchten, und auch die beängſtigenden Nach-
richten vom Einfall der aus Frankreich wandernden deutſchen Arbei-
ter ſcheinen der näheren Begründung zu entbehren. Man mußte indeß
hier dieſen Gerüchten um ſo mehr Glauben beimeſſen als ſie durch Eſtaf-
fetten an die Kreisregierung gelangten und der nächtliche Ausmarſch
zweier Infanterie-Bataillone und eines Reiterregiments denſelben Be-
ſtätigung verlieh. Wie man hört haben ſich die verſchiedene Richtungen
einſchlagenden Truppen in dem etwa 10 Stunden von hier entfernten auf
der rauhen Alb gelegenen Münſingen zu vereinigen. Ob ſie weiter
dem Schwarzwalde zu marſchiren oder wieder hieher zurückkehren, iſt zur
Zeit noch nicht bekannt. Unſere Bürgerwehr, bei der ſich viele Veamte,
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(2022-04-08T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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