Allgemeine Zeitung, Nr. 85, 25. März 1848.[Spaltenumbruch]
schen Verdienste wegen, als Ehrenmitglied in den Athenäum-Club auf- Waliser Blätter melden den auf Cardiff-Schloß in Glamor- Frankreich. Paris, 21 März. Durch den Telegraphen von Metz war schon am 20 März das Ge- Die Regierung hat die Eisenbahnverwaltungen unter strengere Anf- In der Masse von Deputationen welche der provisorischen Regierung ihre Italien. Mit Spannung harrten wir heute auf die italienischen Posten. Wir erhielten aber bloß die von Rom, Florenz und Venedig. Aus letzterer Stadt liegen Briefe vom 21 vor uns. Hier hatte die Revolution noch keinen Fuß gefaßt. Die Ruhe war nicht weiter gestört worden. Man weiß wie die Bevölkerung von Venedig -- schon von den Zeiten der Re- publik her an Gehorsam gewöhnt -- sich von jeher der fremden Herr- schaft viel williger gefügt als die heißblutige Lombardei. Aus Mailand fehlen uns auch heute Briefe und Blätter, ebenso Aus dem Thurgan, 23 März. Heute sind wichtige Handels- und Börsennachrichten. Madrid, 15 März. 3proc. 231/4 G., 5proc. 141/4 P., unverz. Schuld London, 20 März. Der Stand der Fonds ist seit einigen Tagen bei- Paris, 21 März. 3proc. 50.75, 5proc. 73.50, Schatzsch. 30 Proc., Amsterdam, 21 März. 21/2proc. 40 1/8 , 3proc. 463/4, 4proc. 593/4, Frankfurt a. M., 23 März. Oesterr. 5proc. Metall. 76, 21/2proc. Wien, 22 März. 5proc. Metall. 82, 4proc. 70 P., 3proc. 52 P., Verantwortliche Redaction: Dr. Gustav Kolb. Dr. C. A. Mebold. Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung in Stuttgart. [Spaltenumbruch]
ſchen Verdienſte wegen, als Ehrenmitglied in den Athenäum-Club auf- Waliſer Blätter melden den auf Cardiff-Schloß in Glamor- Frankreich. Paris, 21 März. Durch den Telegraphen von Metz war ſchon am 20 März das Ge- Die Regierung hat die Eiſenbahnverwaltungen unter ſtrengere Anf- In der Maſſe von Deputationen welche der proviſoriſchen Regierung ihre Italien. Mit Spannung harrten wir heute auf die italieniſchen Poſten. Wir erhielten aber bloß die von Rom, Florenz und Venedig. Aus letzterer Stadt liegen Briefe vom 21 vor uns. Hier hatte die Revolution noch keinen Fuß gefaßt. Die Ruhe war nicht weiter geſtört worden. Man weiß wie die Bevölkerung von Venedig — ſchon von den Zeiten der Re- publik her an Gehorſam gewöhnt — ſich von jeher der fremden Herr- ſchaft viel williger gefügt als die heißblutige Lombardei. Aus Mailand fehlen uns auch heute Briefe und Blätter, ebenſo ♂ Aus dem Thurgan, 23 März. Heute ſind wichtige Handels- und Börſennachrichten. Madrid, 15 März. 3proc. 23¼ G., 5proc. 14¼ P., unverz. Schuld London, 20 März. Der Stand der Fonds iſt ſeit einigen Tagen bei- Paris, 21 März. 3proc. 50.75, 5proc. 73.50, Schatzſch. 30 Proc., Amſterdam, 21 März. 2½proc. 40⅛, 3proc. 46¾, 4proc. 59¾, Frankfurt a. M., 23 März. Oeſterr. 5proc. Metall. 76, 2½proc. Wien, 22 März. 5proc. Metall. 82, 4proc. 70 P., 3proc. 52 P., Verantwortliche Redaction: Dr. Guſtav Kolb. Dr. C. A. Mebold. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung in Stuttgart. <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0008" n="1352"/><cb/> ſchen Verdienſte wegen, als Ehrenmitglied in den Athenäum-Club auf-<lb/> genommen, jedoch nicht ohne Widerſpruch einer Anzahl Mitglieder die<lb/> ihm ſeine Politik hinſichtlich Spaniens nicht verzeihen können.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p><hi rendition="#g">Waliſer Blätter</hi> melden den auf Cardiff-Schloß in Glamor-<lb/> ganſhire erfolgten Tod des Marquis v. <hi rendition="#g">Bute.</hi> Die Familie iſt beſon-<lb/> ders in Schottland reich begütert, und der Verſtorbene, der zweite Mac-<lb/> quis dieſes Namens (geb. 1796), war ſeit 1842 Obercommiſſär der Ge-<lb/> neralverſammlung der Kirche von Schottland. Die Nachrichten aus<lb/> Cannes über die fortſchreitende Geneſung Lord Broughams lauten ſehr<lb/> günſtig. 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Sie hat, was man nur loben kann, damit den Anfang<lb/> gemacht daß die <hi rendition="#g">unbedeckten</hi> Wagen auf der Eiſenbahn von Paris<lb/> nach Orleans binnen drei Monaten durch bedeckte und mit Vorhängen<lb/> geſchloſſene Wagen dritter Claſſe erſetzt ſeyn müſſen, nach einem Muſter<lb/> welches der Miniſter der öffentlichen Arbeiten vorſchreibt. Durch ein zwei-<lb/> tes Decret wurde ein neuer Inſpectionsdienſt angeordnet.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>In der Maſſe von Deputationen welche der proviſoriſchen Regierung ihre<lb/> Huldigung darbringen, verdient erwähnt zu werden eine Abordnung der bel-<lb/> giſchen Demokraten in Paris, um eine Fahne mit den belgiſchen National-<lb/> farben darzubringen, und ziemlich unverblümt Belgiens Einverleibung<lb/> nachzuſuchen. Sie wurde bloß von dem Adjuncten des Maire’s von Paris<lb/> Hrn. Buchez, empfangen, der ihr erwiederte: „Frankreich ſey bereit, be-<lb/> trachte es als ſeine Pflicht allen Nationen Beiſtand zu leiſten die es<lb/> darum bitten, aber es könne die daheim verwirklichten politiſchen Ver-<lb/> beſſerungen den andern Völkern nicht mit Gewalt bringen. Dieß,<lb/> glaube er, werde ungefähr der Gedanke der proviſoriſchen Regierung und<lb/> aller Bürger ſeyn, und in einem Monat komme die Nationalverſamm-<lb/> lung die ihnen wohl dieſelbe Antwort geben werde. Eine nicht minder<lb/> bezeichnende Demonſtration war von 2000 Savoyern gemacht worden,<lb/> welche erinnerten daß ſie durch die Verträge von 1815 von Frankreich<lb/> abgelöst worden ſeyen, daß ſie durch Sprache, Charakter und Sitten zu<lb/> Frankreich gehörten, und einſt die Departements des Mont-Blanc und<lb/> des Leman gebildet hätten. Hr. v. Lamartine erkannte die National-<lb/> verwandtſchaft beider Völker an, bemerkte er ſey ſo zu ſagen in ihren<lb/> Bergen geboren, habe die heimathliche Luft der Poeſte geathmet, ſey gleich-<lb/> ſam eine Colonie ſeiner eigenen Familie dort geweſen, und habe von<lb/> früheſter Jugend Savoyen als ſein eigenes Vaterland betrachtet. Wenn<lb/> die Regierung ihren Anſchluß an die franzöſiſche Republik ablehne, ſo<lb/> thue ſie es mit ſchmerzlichem Gefühl, denn wenn ſie ihn annähme, würde<lb/> ſie ja den Frieden und die Allianz mit den Völkern und den Regierun-<lb/> gen brechen. Aber die Worte der Republik müßten Wahrheit ſeyn:<lb/> wir werden den Weltfrieden nicht brechen. Der Miniſter ſetzte hinzu:<lb/> „Wenn unabhängig von uns der Weltfrieden gebrochen würde durch einen<lb/> Angriff auf die Unabhängigkeit Italiens, ſo würden wir euch zu Hülfe<lb/> kommen, wir würden Italien befreien, wir würden unſre Fahne mit<lb/> der eurigen verbinden, und wenn dann die Karte Europa’s ohne uns und<lb/> gegen uns zerriſſen würde, ſo dürft ihr überzeugt ſeyn, ſavoyiſche Bür-<lb/> ger, ein Stück dieſer Karte bliebe in euern und unſern Händen, wir wür-<lb/> den das Gewicht eurer Herzen in die Wagſchale Europa’s legen, und eure<lb/> Regierung ſelbſt würde die Gebiete abwägen woraus das neue europäi-<lb/> ſche Gleichgewicht beſtünde. Tragt dieſe Worte nicht als Worte des<lb/> Kriegs, ſondern als Worte der Verwandtſchaft, der Freundſchaft und<lb/> des Friedens in eure Alpen.“ Die Deputation trat unter Hochrufen auf<lb/> die Republik, auf Lamartine und die Einigkeit der Völker ab.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Italien.</hi> </head><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <head>Mit Spannung harrten wir heute auf die italieniſchen Poſten. Wir<lb/> erhielten aber bloß die von Rom, Florenz und <hi rendition="#g">Venedig.</hi> Aus letzterer<lb/> Stadt liegen Briefe vom 21 vor uns. Hier hatte die Revolution noch<lb/> keinen Fuß gefaßt. Die Ruhe war nicht weiter geſtört worden. Man<lb/> weiß wie die Bevölkerung von Venedig — ſchon von den Zeiten der Re-<lb/> publik her an Gehorſam gewöhnt — ſich von jeher der fremden Herr-<lb/> ſchaft viel williger gefügt als die heißblutige Lombardei.</head> </div> </body> </floatingText><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Aus <hi rendition="#b">Mailand</hi> fehlen uns auch heute Briefe und Blätter, ebenſo<lb/> — was weniger erklärlich — aus Turin und Genua. Einer Unweg-<lb/> ſamkeit des Gotthard- oder Splügenerpaſſes kann dieß nicht zugeſchrieben<lb/> werden, da Briefe aus Chiavenna und Teſſin ununterbrochen nach der<lb/> Schweiz gelangten. Die neueſten Schweizer Blätter beſtätigen leider<lb/><cb/> den vollen Aufſtand der Lombardei. Indeſſen bringen ſie keine weitere<lb/> Aufklärung als unſere geſtrigen Churer Berichte. So ſagt die<lb/><hi rendition="#g">Neue Züricher Zeitung</hi> vom 23 März: „Vor uns liegen<lb/> die Briefe aus <hi rendition="#g">Lugano</hi> vom 19 und vom 20 März. Die Be-<lb/> richte lauten noch ſehr verworren und widerſprechend. Man hatte in Lu-<lb/> gano nur Berichte von Reiſenden und Flüchtlingen. Unzweifelhaft iſt es<lb/> daß am 18 in Mailand der Aufſtand ausbrach. Laut den erſten Berichten<lb/> war kein Kampf erfolgt, indem die Truppen ſich in das Schloß und in<lb/> die Caſernen zurückgezogen hatten. Die Municipalität conſtituirte ſich<lb/> am 19 als proviſoriſche Regierung. Die Flucht von Radetzky und Tor-<lb/> reſani wird beſtätigt. Der Vicekönig ſey wenige Tage vorher mit ſeinem<lb/> Hofe nach Verona abgereist. Laut Berichten aus Chiaſſo vom 19 Abends<lb/> ſchlug man ſich in den Straßen Mailands. Die Thore blieben in der<lb/> Gewalt der Truppen. Von allen Seiten eilten Landleute, jedoch ſchlecht<lb/> bewaffnet, der Stadt zu Hülfe. Am 20 d. Vormittags war die Stadt in<lb/> der Gewalt der Bürger, mit Ausnahme des Schloſſes, der Caſernen und<lb/> der mit Kanonen beſetzten Thore. Im Dom befand ſich eine ſtarke Ab-<lb/> theilung Oeſterreicher; rings um den Dom ſtanden Bürgerwachen welche<lb/> den Oeſterreichern den Ausgang verwehrten. Die proviſoriſche Regie-<lb/> rung ſoll im Beſitz von 6 bis 9 Kanonen ſeyn. Aus allem geht hervor<lb/> daß der Ausgang noch unentſchieden iſt. Die Truppen ſcheinen wei-<lb/> tere Befehle zu gewärtigen und nicht angriffsweiſe verfahren zu wollen.“<lb/> Es wäre immerhin noch eine Möglichkeit daß die Kunde von Ertheilung ei-<lb/> ner Reichsconſtitution die Gemüther wieder beſchwichtigt und den vollen<lb/> Umſturz verhindert hätte wie in Venedig. In <hi rendition="#g">München</hi> war geſtern das<lb/> Gerücht verbreitet, die Truppen ſeyen wieder Herr von Mailand, das<lb/> habe ein Courier gebracht. 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Der Weizen, bisher faſt beiſpiellos wohl-<lb/> feil in England, hat um 1 Shilling das Quarter aufgeſchlagen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 21 März.</dateline> <p>3proc. 50.75, 5proc. 73.50, Schatzſch. 30 Proc.,<lb/> Bankactien 1700, belg. 5proc. 67, Anl. v. 1842 67, neap. 5proc. 68, röm.<lb/> 59½, ſpan. 3proc. 22, innere Schuld 17¾–½ G., piem. 800, Verſ. E.-B.<lb/> rechte 107.50, linke 110, Paris-Orleans 700, Rouen 413.75, Lyon 293.75,<lb/> Straßburg 338.75, Nordbahn 335, Rouen-Havre 215, Marſ.-Avignon 255,<lb/> Straßburg-Baſel 90, Orl.-Vierzon 225, Bordeaur 405, Tours-Nantes 330.<lb/> Nach dem Journal l’Union hat ſich Hr. v. Rothſchild, in Begleitung ſeiner<lb/> Brüder von London und Frankfurt, zu dem Polizeipräfecten Hrn. 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ſchen Verdienſte wegen, als Ehrenmitglied in den Athenäum-Club auf-
genommen, jedoch nicht ohne Widerſpruch einer Anzahl Mitglieder die
ihm ſeine Politik hinſichtlich Spaniens nicht verzeihen können.
Waliſer Blätter melden den auf Cardiff-Schloß in Glamor-
ganſhire erfolgten Tod des Marquis v. Bute. Die Familie iſt beſon-
ders in Schottland reich begütert, und der Verſtorbene, der zweite Mac-
quis dieſes Namens (geb. 1796), war ſeit 1842 Obercommiſſär der Ge-
neralverſammlung der Kirche von Schottland. Die Nachrichten aus
Cannes über die fortſchreitende Geneſung Lord Broughams lauten ſehr
günſtig. Der M. Herald meldet auch die gänzliche Wiederherſtellung
Lord John Ruſſells, ſo daß ſein Rücktritt vom Miniſterium, wenn er
erfolgt, nicht mehr auf ſeine Kränklichkeit geſchoben werden kann.
Frankreich.
Paris, 21 März.
Durch den Telegraphen von Metz war ſchon am 20 März das Ge-
rücht vom Ausbruch ſehr ernſter Unruhen in Berlin, mit allerlei Ent-
ſtellungen und Uebertreibungen, nach Paris gelangt. Der König ſollte
dem Volk eine Conſtitution verweigert haben ꝛc. Die Preſſe betrachtet
dieſe Verbreitung der liberalen Bewegung in Deutſchland als ſehr gün-
ſtig für Erhaltung des Friedens.
Die Regierung hat die Eiſenbahnverwaltungen unter ſtrengere Anf-
ſicht genommen. Sie hat, was man nur loben kann, damit den Anfang
gemacht daß die unbedeckten Wagen auf der Eiſenbahn von Paris
nach Orleans binnen drei Monaten durch bedeckte und mit Vorhängen
geſchloſſene Wagen dritter Claſſe erſetzt ſeyn müſſen, nach einem Muſter
welches der Miniſter der öffentlichen Arbeiten vorſchreibt. Durch ein zwei-
tes Decret wurde ein neuer Inſpectionsdienſt angeordnet.
In der Maſſe von Deputationen welche der proviſoriſchen Regierung ihre
Huldigung darbringen, verdient erwähnt zu werden eine Abordnung der bel-
giſchen Demokraten in Paris, um eine Fahne mit den belgiſchen National-
farben darzubringen, und ziemlich unverblümt Belgiens Einverleibung
nachzuſuchen. Sie wurde bloß von dem Adjuncten des Maire’s von Paris
Hrn. Buchez, empfangen, der ihr erwiederte: „Frankreich ſey bereit, be-
trachte es als ſeine Pflicht allen Nationen Beiſtand zu leiſten die es
darum bitten, aber es könne die daheim verwirklichten politiſchen Ver-
beſſerungen den andern Völkern nicht mit Gewalt bringen. Dieß,
glaube er, werde ungefähr der Gedanke der proviſoriſchen Regierung und
aller Bürger ſeyn, und in einem Monat komme die Nationalverſamm-
lung die ihnen wohl dieſelbe Antwort geben werde. Eine nicht minder
bezeichnende Demonſtration war von 2000 Savoyern gemacht worden,
welche erinnerten daß ſie durch die Verträge von 1815 von Frankreich
abgelöst worden ſeyen, daß ſie durch Sprache, Charakter und Sitten zu
Frankreich gehörten, und einſt die Departements des Mont-Blanc und
des Leman gebildet hätten. Hr. v. Lamartine erkannte die National-
verwandtſchaft beider Völker an, bemerkte er ſey ſo zu ſagen in ihren
Bergen geboren, habe die heimathliche Luft der Poeſte geathmet, ſey gleich-
ſam eine Colonie ſeiner eigenen Familie dort geweſen, und habe von
früheſter Jugend Savoyen als ſein eigenes Vaterland betrachtet. Wenn
die Regierung ihren Anſchluß an die franzöſiſche Republik ablehne, ſo
thue ſie es mit ſchmerzlichem Gefühl, denn wenn ſie ihn annähme, würde
ſie ja den Frieden und die Allianz mit den Völkern und den Regierun-
gen brechen. Aber die Worte der Republik müßten Wahrheit ſeyn:
wir werden den Weltfrieden nicht brechen. Der Miniſter ſetzte hinzu:
„Wenn unabhängig von uns der Weltfrieden gebrochen würde durch einen
Angriff auf die Unabhängigkeit Italiens, ſo würden wir euch zu Hülfe
kommen, wir würden Italien befreien, wir würden unſre Fahne mit
der eurigen verbinden, und wenn dann die Karte Europa’s ohne uns und
gegen uns zerriſſen würde, ſo dürft ihr überzeugt ſeyn, ſavoyiſche Bür-
ger, ein Stück dieſer Karte bliebe in euern und unſern Händen, wir wür-
den das Gewicht eurer Herzen in die Wagſchale Europa’s legen, und eure
Regierung ſelbſt würde die Gebiete abwägen woraus das neue europäi-
ſche Gleichgewicht beſtünde. Tragt dieſe Worte nicht als Worte des
Kriegs, ſondern als Worte der Verwandtſchaft, der Freundſchaft und
des Friedens in eure Alpen.“ Die Deputation trat unter Hochrufen auf
die Republik, auf Lamartine und die Einigkeit der Völker ab.
Italien.
Mit Spannung harrten wir heute auf die italieniſchen Poſten. Wir
erhielten aber bloß die von Rom, Florenz und Venedig. Aus letzterer
Stadt liegen Briefe vom 21 vor uns. Hier hatte die Revolution noch
keinen Fuß gefaßt. Die Ruhe war nicht weiter geſtört worden. Man
weiß wie die Bevölkerung von Venedig — ſchon von den Zeiten der Re-
publik her an Gehorſam gewöhnt — ſich von jeher der fremden Herr-
ſchaft viel williger gefügt als die heißblutige Lombardei.
Aus Mailand fehlen uns auch heute Briefe und Blätter, ebenſo
— was weniger erklärlich — aus Turin und Genua. Einer Unweg-
ſamkeit des Gotthard- oder Splügenerpaſſes kann dieß nicht zugeſchrieben
werden, da Briefe aus Chiavenna und Teſſin ununterbrochen nach der
Schweiz gelangten. Die neueſten Schweizer Blätter beſtätigen leider
den vollen Aufſtand der Lombardei. Indeſſen bringen ſie keine weitere
Aufklärung als unſere geſtrigen Churer Berichte. So ſagt die
Neue Züricher Zeitung vom 23 März: „Vor uns liegen
die Briefe aus Lugano vom 19 und vom 20 März. Die Be-
richte lauten noch ſehr verworren und widerſprechend. Man hatte in Lu-
gano nur Berichte von Reiſenden und Flüchtlingen. Unzweifelhaft iſt es
daß am 18 in Mailand der Aufſtand ausbrach. Laut den erſten Berichten
war kein Kampf erfolgt, indem die Truppen ſich in das Schloß und in
die Caſernen zurückgezogen hatten. Die Municipalität conſtituirte ſich
am 19 als proviſoriſche Regierung. Die Flucht von Radetzky und Tor-
reſani wird beſtätigt. Der Vicekönig ſey wenige Tage vorher mit ſeinem
Hofe nach Verona abgereist. Laut Berichten aus Chiaſſo vom 19 Abends
ſchlug man ſich in den Straßen Mailands. Die Thore blieben in der
Gewalt der Truppen. Von allen Seiten eilten Landleute, jedoch ſchlecht
bewaffnet, der Stadt zu Hülfe. Am 20 d. Vormittags war die Stadt in
der Gewalt der Bürger, mit Ausnahme des Schloſſes, der Caſernen und
der mit Kanonen beſetzten Thore. Im Dom befand ſich eine ſtarke Ab-
theilung Oeſterreicher; rings um den Dom ſtanden Bürgerwachen welche
den Oeſterreichern den Ausgang verwehrten. Die proviſoriſche Regie-
rung ſoll im Beſitz von 6 bis 9 Kanonen ſeyn. Aus allem geht hervor
daß der Ausgang noch unentſchieden iſt. Die Truppen ſcheinen wei-
tere Befehle zu gewärtigen und nicht angriffsweiſe verfahren zu wollen.“
Es wäre immerhin noch eine Möglichkeit daß die Kunde von Ertheilung ei-
ner Reichsconſtitution die Gemüther wieder beſchwichtigt und den vollen
Umſturz verhindert hätte wie in Venedig. In München war geſtern das
Gerücht verbreitet, die Truppen ſeyen wieder Herr von Mailand, das
habe ein Courier gebracht. Aber das fortwährende Ausbleiben der
Poſten?
♂ Aus dem Thurgan, 23 März.Heute ſind wichtige
Briefe aus Mailand angelangt, deren Inhalt verbürgt wird. Unter
Mittheilung der Thatſachen die Sie vielleicht directe noch nicht haben,
behalte ich mir Details für morgen vor. Der Vicekönig iſt in Breſcia
gefangen, nachdem ſeine Flucht mißlungen. General Radetzky iſt im
Caſtell von Mailand eingeſchloſſen. Die Clevner haben die Republik
verkündet.
Handels- und Börſennachrichten.
Madrid, 15 März.3proc. 23¼ G., 5proc. 14¼ P., unverz. Schuld
5 P., Coupons 10 P., St. Ferdinandsbank 110 G., 112 P. Wechſelcurſe:
London 47 G., 46.50 P.; Paris 5; 4.95 G.
London, 20 März.Der Stand der Fonds iſt ſeit einigen Tagen bei-
nahe ſtationär; es werden ſehr wenig Geſchäfte gemacht. Die allgemeine
innere Erſchütterung der Staaten, welche jetzt durch Europa geht, glauben
manche verhindere noch für eine Weile den Ausbruch des Kriegs, der aber
faſt unvermeidlich kommen werde. Die Conſols ſchloſſen wieder zu 81. Die
Berichte aus den Fabrikbezirken lauten nicht günſtig; die Beſtellungen vom
Feſtlande ſind auf ein Minimum beſchränkt. Die Hauptgeſchäfte werden mit
den Vereinigten Staaten gemacht. Der Weizen, bisher faſt beiſpiellos wohl-
feil in England, hat um 1 Shilling das Quarter aufgeſchlagen.
Paris, 21 März.3proc. 50.75, 5proc. 73.50, Schatzſch. 30 Proc.,
Bankactien 1700, belg. 5proc. 67, Anl. v. 1842 67, neap. 5proc. 68, röm.
59½, ſpan. 3proc. 22, innere Schuld 17¾–½ G., piem. 800, Verſ. E.-B.
rechte 107.50, linke 110, Paris-Orleans 700, Rouen 413.75, Lyon 293.75,
Straßburg 338.75, Nordbahn 335, Rouen-Havre 215, Marſ.-Avignon 255,
Straßburg-Baſel 90, Orl.-Vierzon 225, Bordeaur 405, Tours-Nantes 330.
Nach dem Journal l’Union hat ſich Hr. v. Rothſchild, in Begleitung ſeiner
Brüder von London und Frankfurt, zu dem Polizeipräfecten Hrn. Cauſſidière
begeben um ihm zu erklären daß es nicht wahr ſey daß er vorhabe Paris zu
verlaſſen und ſeine Zahlungen einzuſtellen, daß er vielmehr bleiben und alle
ſeine Verbindlichkeiten in Betreff des Anlehens erfüllen werde, überhaupt ent-
ſchloſſen ſey die umfaſſendſten Maßregeln zur Befeſtigung des Credits zu er-
greifen, und daß ſeine beiden Brüder mit denſelben Abſichten nach Paris ge-
kommen ſeyen. Um die Circulation des baren Geldes herbeizuziehen hat ein
Verein der Hauptwechſelagenten bekannt gemacht daß ſie von heute an für
1000 Fr. baar eine Prämie von 2½ Fr. bezahlen werden.
Amſterdam, 21 März.2½proc. 40⅛, 3proc. 46¾, 4proc. 59¾,
Met. 2½proc. 30, Ard. 7¾. Curs auf London 11.85 k. G. Curs auf Ham-
burg 34⅛ nom.
Frankfurt a. M., 23 März.Oeſterr. 5proc. Metall. 76, 2½proc.
38, Bankactien 1325, 250fl.-Looſe 92 P., Bethmann’ſche Oblig. 4½proc. 72
P., preuß. 50Thlr.-Prämienſch. 85 P., Staatsſchuldſch. 82 P., württ. Obl.
3½proc. 73¼, 4½proc. 91¾, bad. 3½proc. 72¼, Lotto-Anl. à 50 fl. 43,
35fl.-Looſe 25¾, darmſtädt. 3½proc. 74½, 4proc. 85½, 50fl.-Looſe 57¾,
25fl.-Looſe 22, kurheſſ. Friedr.-Wilh.-Nordbahn 38½ P., 40Thlr.-Looſe 23,
naſſ. 3½proc. 75, 25fl.-Looſe 19, Frankf. 3proc. 80 P., 3½proc. 91, 83¼,
Taunusbahn 293, holl. Integr. 40½, ſpan. 3proc. 16, Ard. 10, ſard.
36Fr.-Looſe 24 P., Disconto 4 P.
Wien, 22 März.5proc. Metall. 82, 4proc. 70 P., 3proc. 52 P.,
2½proc. 40, 1834er 500fl.-Looſe 137, 1839er 250fl.-Looſe 92, Bankactien
1200, Nordbahn 94¾, Gloggnitz 83, Venedig-Mailand 63, Budweis 55½,
Livorno 65, Peſth 52, Siena 93½.
Verantwortliche Redaction:
Dr. Guſtav Kolb. Dr. C. A. Mebold.
Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung in Stuttgart.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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