Allgemeine Zeitung, Nr. 84, 27. März 1900.Nr. 84. München, Dienstag Allgemeine Zeitung 27. März 1900. [Spaltenumbruch]
auf den Gebieten der Gemeindeverwaltung u. s. w. allseitig Elsaß-Lothringen: Zur Flottenfrage. -- Reichstagsabgeordneter Bneb. # Straßburg, 26. März. Auf einem Diner zu Ehren Oesterreich-Ungarn. Die gemeinsamen Angelegenheiten. * Am Sonntag war der ungarische Ministerpräsident Der Kohlenarbeiterstrike. * Die Lage im böhmisch-mährischen Strikegebiet läßt noch Vom Tage. * Linz, 26. März. Hier starb gestern das Herrenhaus- d. Triest, 26. März. Tel. Die Abreise des Grafen [Spaltenumbruch] Todsünden" hat hier kaum ein Bild solchen Kampf entfesselt, M. Wie Rostand dazu kam, "l'Aiglon" zu dichten. In einem Interview mit einem Vertreter der "West- d. Budapest, 26. März. Gestern konstituirte sich auf Aufhebung der Zuckerprämien. * Die französische Regierung hat vor kurzem Anträge Frankreich. Kammerverhandlung. * Paris, 27. März. Tel. In der gestrigen Sitzung der Die Assumptionisten. -- Baron Christiani. * Paris, 25. März. Gerüchtweise verlautete, auf den Baron Christiani, der seit seiner Heldeuthat in Antenil Theater-Anzeiger. Mittwoch, den 28. März.Kgl. Hof- und Nationaltheater. Der Ring des Nibe- Theater am Gärtnerplatz. Die Dame von Maxim. Anfang Münchener Schauspielhaus. Der Probekandidat. Anfang Münchener Volkstheater. Epidemisch. Anfang 8 Uhr. [irrelevantes Material]
Nr. 84. München, Dienſtag Allgemeine Zeitung 27. März 1900. [Spaltenumbruch]
auf den Gebieten der Gemeindeverwaltung u. ſ. w. allſeitig Elſaß-Lothringen: Zur Flottenfrage. — Reichstagsabgeordneter Bneb. # Straßburg, 26. März. Auf einem Diner zu Ehren Oeſterreich-Ungarn. Die gemeinſamen Angelegenheiten. * Am Sonntag war der ungariſche Miniſterpräſident Der Kohlenarbeiterſtrike. * Die Lage im böhmiſch-mähriſchen Strikegebiet läßt noch Vom Tage. * Linz, 26. März. Hier ſtarb geſtern das Herrenhaus- d. Trieſt, 26. März. Tel. Die Abreiſe des Grafen [Spaltenumbruch] Todſünden“ hat hier kaum ein Bild ſolchen Kampf entfeſſelt, M. Wie Roſtand dazu kam, „l’Aiglon“ zu dichten. In einem Interview mit einem Vertreter der „Weſt- d. Budapeſt, 26. März. Geſtern konſtituirte ſich auf Aufhebung der Zuckerprämien. * Die franzöſiſche Regierung hat vor kurzem Anträge Frankreich. Kammerverhandlung. * Paris, 27. März. Tel. In der geſtrigen Sitzung der Die Aſſumptioniſten. — Baron Chriſtiani. * Paris, 25. März. Gerüchtweiſe verlautete, auf den Baron Chriſtiani, der ſeit ſeiner Heldeuthat in Antenil Theater-Anzeiger. Mittwoch, den 28. März.Kgl. Hof- und Nationaltheater. Der Ring des Nibe- Theater am Gärtnerplatz. Die Dame von Maxim. Anfang Münchener Schauſpielhaus. Der Probekandidat. Anfang Münchener Volkstheater. Epidemiſch. Anfang 8 Uhr. [irrelevantes Material]
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0003" n="3"/> <fw place="top" type="header">Nr. 84. <hi rendition="#b">München, Dienſtag Allgemeine Zeitung</hi> 27. März 1900.</fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div xml:id="a3b" prev="#a3a" type="jArticle" n="3"> <p>auf den Gebieten der Gemeindeverwaltung u. ſ. w. allſeitig<lb/> anerkannt. Bei der bevorſtehenden Neuwahl iſt es kein Zweifel,<lb/> daß der Bund der Landwirthe in erſter Linie einen Nachfolger<lb/> präſentiren wird.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head>Elſaß-Lothringen: Zur Flottenfrage. — Reichstagsabgeordneter Bneb.</head><lb/> <dateline># <hi rendition="#b">Straßburg,</hi> 26. März.</dateline> <p>Auf einem Diner zu Ehren<lb/> des Landesausſchuſſes hatte der kaiſerliche Statthalter jüngſt<lb/> auch der <hi rendition="#g">Flottenfrage</hi> gedacht und geäußert, er habe<lb/> wenig Hoffnung, daß die Mehrheit der elſaß-lothringiſchen<lb/> Abgeordneten für die Vorlage ſtimmen werde, doch glaube<lb/> er, daß die Bevölkerung des Reichslands, namentlich die<lb/> induſtrielle, dieſer Lebensfrage für unſer wirthſchaftliches<lb/> Gedeihen mehr Verſtändniß entgegenbringe. Dieſe Aeußerung<lb/> iſt dem Statthalter in der klerikalen Preſſe furchtbar übel<lb/> genommen worden; am ſchärfſten äußert ſich der Reichstags-<lb/> abgeordnete Wetterlé, der in ſeinem „Journal de Colmar“<lb/> in einem heftigen Artikel gegen den Statthalter, der „ſich er-<lb/> laubt habe, bei Gelegenheit eines Diners die Vertreter des<lb/> Landes im Reichstag zu kritiſiren“, zu Felde zieht. Ob in<lb/> den Worten des Statthalters eine Kritik liegt, darüber zu<lb/> ſtreiten, iſt überflüſſig, denn wenn es der Fall wäre, wäre<lb/> der Statthalter ebenſo wie jeder andere Staatsbürger dazu<lb/> befugt geweſen. Die Thatſache aber, die der Statthalter<lb/> feſtſtellt, bleibt richtig. Die klerikalen elſaß-lothringiſchen<lb/> Neichstagsabgeordneten haben ſchon längſt in ihren Blättern<lb/> verkündigt, daß ſie gegen jede Vermehrung der Flotte ſeien.<lb/> Damit befinden ſie ſich zunächſt im Widerſpruch mit weiten Kreiſen<lb/> der Bevölkerung und durchaus mit den Intereſſen des Landes.<lb/> Denn Elſaß-Lothringen iſt ein reiches Induſtrieland und alle<lb/> Zweige ſeiner hochentwickelten Induſtrie ſind ſtark auf den über-<lb/> ſeeiſchen Export angewieſen. Das haben auch weite Kreiſe<lb/> der Induſtriellen eingeſehen, und wenn nicht aus nationalen,<lb/> treten ſie doch aus wirthſchaftlichen Gründen für eine Ver-<lb/> ſtärkung der Flotte mit Eifer ein. Es hat ſich übrigens auch<lb/> bei früheren Gelegenheiten gezeigt, daß das Reichsland vom<lb/> wirthſchaftspolitiſchen Standpunkt aus in Berlin durch ſeine<lb/> Abgeordneten, von denen ja ein großer Theil auch katholiſche<lb/> Geiſtliche ſind, überaus ſchlecht vertreten iſt. Das kommt da-<lb/> her, daß bei den Wahlen hier immer noch andere Geſichtspunkte<lb/> als praktiſch-politiſche maßgebend ſind. — Der Zwieſpalt in<lb/> der <hi rendition="#g">ſozialdemokratiſchen Partei</hi> des Reichslandes,<lb/> von dem wir kürzlich berichteten, nimmt in der von uns ge-<lb/> zeichneten Weiſe ſeinen Fortgang, d. h. der Streit zwiſchen<lb/> dem Reichstagsabgeordneten <hi rendition="#g">Bueb</hi> in Mülhauſen und der<lb/> Straßburger Zentralleitung wird immer heftiger. Das ſozial-<lb/> demokratiſche Parteiorgan, die „Freie Preſſe“ in Straßburg,<lb/> behandelt Bueb bereits nicht mehr als „Genoſſen“, und Bueb<lb/> führt in den Mülhauſener bürgerlichen Blättern gegen die<lb/> Straßburger Parteidiktatoren einen fröhlichen Krieg: In<lb/> ſeiner letzten Antwort gibt er zu verſtehen, daß die 14,000<lb/> Wähler Mülhauſens, denen er ſein Mandat verdanke, nicht<lb/> einem halben Dutzend Straßburger Herren untergeordnet ſeien.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Oeſterreich-Ungarn.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c">Die gemeinſamen Angelegenheiten.</hi> </head><lb/> <p>* Am Sonntag war der ungariſche Miniſterpräſident<lb/> v. <hi rendition="#g">Szell</hi> in Wien, um vom Kaiſer in Andienz empfangen<lb/> zu werden und mit ſeinen dortigen Miniſterkollegen zu kon-<lb/> feriren. Hr. v. Szell hatte dem Kaiſer über die laufenden<lb/> Angelegenheiten und über die Beſetzung des Poſtens eines<lb/> Staatsſekretärs des Innern, ſowie die Ernennung eines Mi-<lb/> niſters <hi rendition="#aq">a latere,</hi> welcher Poſten durch den Rücktritt des Grafen<lb/> Szechenyi frei geworden iſt, zu berichten, außerdem aber<lb/> galten die Beſprechungen den gemeinſamen Angelegenheiten,<lb/> dem Zuſammentritt der Delegationen, ſowie der Quotendepu-<lb/> tationen. Was die <hi rendition="#g">Delegationen</hi> betrifft, ſo haben die<lb/> Regierungen diesmal keine Hinderniſſe zu befürchten. Die<lb/> öſterreichiſche Delegation iſt bereits gewählt, die Neuwahl<lb/> der ungariſchen kann erfolgen, ſobald der ungariſche Staats-<lb/> voranſchlag erledigt und die Neichstagsſeſſion geſchloſſen, be-<lb/> ziehungsweiſe neu eröffnet ſein wird. Unklar erſcheint<lb/> vorläufig nur, wie die halbamtliche Verlautbarung,<lb/> daß die Delegationen während der erſten Hälfte des<lb/> Mai in Budapeſt zuſammentreten ſollen, mit der ander-<lb/> weitigen Information, wonach auch der öſterreichiſche Reichs-<lb/> rath anfangs Mai wieder verſammelt werden wird, zuſammen-<lb/> zureimen iſt. Eventuell müßte alſo der Reichsrath nach<lb/><cb/> wenigen Tagen ſeine Thätigkeit wieder unterbrechen. Etwas<lb/> ſchwieriger geſtaltet ſich die Frage wegen der <hi rendition="#g">Quotendepu-<lb/> tationen</hi>. Infolge Ablebens des Deputationsmitglieds<lb/> Dumba muß in der öſterreichiſchen Deputation vor dem Zu-<lb/> ſammentritt eine Erſatzwahl ſtattfinden Schon der Zuſammen-<lb/> tritt der Deputationen iſt alſo abhängig von der Wiederver-<lb/> ſammlung und der Funktionsfähigkeit des Reichsraths, mehr<lb/> aber noch die ſchließliche Erledigung der Quotenfrage ſelbſt.<lb/> Wie erinnerlich, haben ſich im vorigen Herbſt die beiden<lb/> Quotendeputationen auf eine neue Bemeſſung des Beitrags<lb/> zu den gemeinſamen Ausgaben geeinigt, der Vorſchlag konnte<lb/> aber nicht Geſetz werden wegen der Obſtruktion der Jung-<lb/> tſchechen im Reichsrath und die Quote wurde am 1. Januar<lb/> 1900 durch kaiſerliche Entſcheidung auf ein weiteres halbes<lb/> Jahr, alſo bis 30. Juni d. J. feſtgeſetzt. Bis zu letzterem<lb/> Termin müſſen nun nicht nur die Deputationen ſich von neuem<lb/> verſtändigt haben — was allerdings, wie man annimmt,<lb/> keine Schwierigkeiten verurſachen wird, indem einfach die<lb/> frühere Vereinbarung aufrechterhalten werden dürfte —,<lb/> ſondern es muß das Quotengeſetz auch in den beiderſeitigen<lb/> Parlamenten durchberathen und zur Annahme gelangt ſein.<lb/> Es gilt alſo ſpeziell in Oeſterreich, den innerpolitiſchen Kampf<lb/> ſoweit einzudämmen, daß der Reichsrath dauernd arbeits-<lb/> fähig und arbeitswillig bleibt. Bliebe die Quotenfrage aber-<lb/> mals ungelöst, ſo würden die Verhältniſſe der Monarchie in<lb/> einen neuen Kriſenzuſtand verfallen, der zu den bedenklichſten<lb/> Konſequenzen führen könnte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Der Kohlenarbeiterſtrike.</hi> </hi> </head><lb/> <p>* Die Lage im böhmiſch-mähriſchen Strikegebiet läßt noch<lb/> immer manches zu wünſchen übrig. Verſchiedene frühere Nach-<lb/> richten aus Böhmen über endgültige Beilegung des Ausſtands<lb/> ſcheinen nicht ganz den Thatſachen entſprochen zu haben.<lb/> Schlecht ſtehen die Dinge insbeſondere noch in <hi rendition="#g">Kladno,</hi> wo<lb/> in den letzten Tagen einige 70 Prozent der geſammten Beleg-<lb/> ſchaft ſtrikten, während gegen 900 Mann anfuhren. In<lb/><hi rendition="#g">Littitz</hi> wurde in einer am Sonntag abgehaltenen Bergarbeiter-<lb/> verſammlung, nach der erfolgten Wiederanfnahme der Arbeit,<lb/> beſchloſſen, um die Einberufung des <hi rendition="#g">Einigungsamtes</hi> zu<lb/> erſuchen, und für den Fall, als die Forderungen, namentlich<lb/> die Gewährung des Generalpardous, abgelehnt werden ſollten,<lb/> mit der <hi rendition="#g">Erneuerung des Strikes</hi> gedroht. Die Frage<lb/> des Generalpardons hat auch ſonſt viel Schwierigkeiten und<lb/> Verzögerung des Arbeitsantritts verurſacht. In den zu<lb/><hi rendition="#g">Mähriſch-Oſtrau</hi> am Sonntag ausſchließlich von radikaler<lb/> Seite veranſtalteten Verſammlungen ging es noch immer ſehr<lb/> ſtürmiſch zu, ſo daß einzelne Verſammlungen geſchloſſen werden<lb/> mußten. Ueberall wurde für die <hi rendition="#g">Fortſetzung des Strikes</hi><lb/> geſprochen, wenn er auch ausſichtslos ſei, und in heftigſter<lb/> Weiſe gegen die Führer Vorwürfe erhoben, beſonders überall<lb/> darauf hingewieſen, daß dieſelben Konzeſſionen ſchon vor<lb/> fünf Wochen gewährt worden ſeien und daß man die<lb/> Arbeiter ſo lange Zeit eigentlich umſonſt habe hungern<lb/> laſſen. Die Sozialdemokraten haben hier allen Einfluß ver-<lb/> loren, ein von den entlaſſenen Delegirten veröffentlichtes<lb/> Manifeſt, welches die Wiederaufnahme der Arbeit und den<lb/> neuerlichen Anſchluß an die ſozialdemokratiſche Organiſation<lb/> empſiehlt, machte keinen Eindruck. Doch zeigte die Montags-<lb/> Frühſchicht eine Beſſerung der Anfahrt auch im Oſtrauer<lb/> Weſtrevier, was auf die gänzliche Mittelloſigkeit der Arbeiter<lb/> zurückzuführen iſt. Im Oſtrauer Oſtrevier hat ſich der ſchon<lb/> vor Wochenfriſt eingetretene günſtigere Zuſtand erhalten. Auf<lb/> Rückfälle zum Strike, wo es auch ſei, wird man immer noch<lb/> eine Zeitlang gefaßt bleiben müſſen. Schwerlich aber werden<lb/> ſich die Sozialdemokraten der Gefahr ausſetzen, ſich ein zweites<lb/> Mal die Finger zu verbrennen.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>Vom Tage.</head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>* <hi rendition="#b">Linz,</hi> 26. März.</dateline> <p>Hier ſtarb geſtern das Herrenhaus-<lb/> Mitglied <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Moriz R. v. <hi rendition="#g">Eigner</hi>. Er gehörte der Verfaſſungs-<lb/> partei an. Vom Jahre 1868 an bis zu Beginn der Aera<lb/> Taaffe ſtand Eigner als Landeshauptmann der liberalen<lb/> Landesvertretung von Oberöſterreich vor.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#aq">d.</hi><hi rendition="#b">Trieſt,</hi> 26. März.</dateline> <p><hi rendition="#g">Tel</hi>. Die Abreiſe des Grafen<lb/> und der Gräfin <hi rendition="#g">Lonyay</hi> von Miramare ſollte ſchon geſtern<lb/> ſtattfinden, wurde aber auf heute vertagt. Sie erfolgt wahr-<lb/> ſcheinlich nachmittags nach Contopello. Sonſt hat das neu-<lb/> vermählte Paar das Schloß noch nicht verlaſſen, auch wurde<lb/> Niemand empfangen.</p> </div> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="a4b" prev="#a4a" type="jComment" n="2"> <p>Todſünden“ hat hier kaum ein Bild ſolchen Kampf entfeſſelt,<lb/> wie das Klimt’ſche Deckengemälde. Nun hat ſich der Wider-<lb/> ſpruch gegen die ſymboliſtiſche Vieldentigkeit des Bildes, deſſen<lb/> Beſchreibung wir in unſerm Sezeſſionsfeuilleton demnächſt<lb/> geben werden, zu einem Proteſt einer Anzahl von Univerſitäts-<lb/> profeſſoren verdichtet, welcher von dem Unterrichtsminiſterium<lb/> verlangt, daß das Bild nicht ſeiner Beſtimmung zugeführt<lb/> werde. Von Bedenken <hi rendition="#aq">à la lex</hi> Heinze, ſo verſichern die Ge-<lb/> lehrten, welche bis jetzt den Proteſtentwurf unterſchrieben<lb/> haben, ſei keine Rede, es handle ſich nur um äſthetiſche Ve-<lb/> denken. Das Bild paſſe nicht in den Renaiſſancerahmen des<lb/> Ferſtel’ſchen Univerſitätspalaſtes. Den Auftrag zur maleriſchen<lb/> Ausſchmückung der Aula hatte ſeinerzeit Profeſſor Franz<lb/> Matſch erhalten. Derſelbe erbat ſich ſeinen Freund und lang-<lb/> jährigen Mitarbeiter an anderen Monumentalmalereien (Burg-<lb/> theater, Kunſthiſtoriſches Muſeum) auch in dieſem Falle als<lb/> Kompagnon und behielt ſich die Ausführung des Mittelbildes,<lb/> ſowie eines Seitenbildes vor, während er die drei übrigen<lb/> Seitenbilder ſeinem Kollegen überließ. Klimt hat, wie ver-<lb/> lautet, ſchon vor zwei Jahren mehrere Skizzen ſeiner jetzigen<lb/> Bilder der betreffenden Kommiſſion vorgelegt, wobei nur eine<lb/> unbekleidete Franengeſtalt von einem Ausſchußmitglied be-<lb/> anſtandet worden ſein ſoll. Man iſt hier auf die weitere<lb/> Entwicklung des intereſſanten Falles ſehr geſpaunt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#aq">M.</hi> <hi rendition="#b">Wie Roſtand dazu kam, „l’Aiglon“ zu<lb/> dichten.</hi> </head><lb/> <p>In einem Interview mit einem Vertreter der „Weſt-<lb/> minſter Gazette“ erzählt Roſtand, wie er den Gedanken, den<lb/> Herzog von Reichſtadt in einem Drama zu verherrlichen, ge-<lb/> ſaßt hat. <cit><quote>„Die Idee, den Herzog von Reichſtadt auf die<lb/> Bühne zu bringen, iſt mir durch einen Kupferſtich nach dem<lb/> Bilde von Sir Thomas Lawrence eingeflößt worden, der den<lb/> jungen Prinzen in einen faltigen Mantel gehüllt darſtellt, wie<lb/> er als Zwölf- oder Vierzehujähriger in einer felſigen Gebirgs-<lb/> landſchaft daſteht. In meinem Schlafzimmer, das ich als<lb/> Kind zu Marſeille hatte, war dies Bild aufgehängt und ver-<lb/> fehlte durch den Ausdruck unendlicher Melancholie und Träu-<lb/> merei, die der engliſche Maler in das Geſicht des Prinzen<lb/> gelegt hatte, ſeinen nachhaltenden Eindruck auf meine jugend-<lb/> liche Einbildungskraft nicht. Ebenſo bin ich ja durch die Lek-<lb/> türe der Abentener Cyrano de Bergeracs während meiner<lb/> Schulzeit dazu gekommen, die Laufbahn des gascogniſchen<lb/> Helden zu dramatiſiren. — Das genannte Werk von Sir<lb/> Thomas Lawrence darf keinesfalls mit dem Portrait des<lb/><cb/> Herzogs von Reichſtadt verwechſelt werden, das der engliſche<lb/> Maler 1818 in Wien malte. Leider habe ich meinen Kupfer-<lb/> ſtich verloren. Er war die Neproduktion eines 1827 gemalten<lb/> lebensgroßen Portraits, das jetzt, wie ich glaube, im Beſitze<lb/> der Marcheſa Lavalette in London iſt.“</quote></cit> So weit Roſtand,<lb/> und nun kommt die Komik. Die „Academy“ vom 24. März,<lb/> der wir dies Interview entnehmen, hat weiter nachgeforſcht,<lb/> da die Ironie, daß ein franzöſiſcher Dichter an dem von<lb/> einem Engländer gemalten Bilde des Sohnes des größten<lb/> Feindes Englands ſich ſo erfolgreich inſpirirt hat, das eng-<lb/> liſche Wochenblatt getroffen hätte: In <hi rendition="#g">keinem</hi> Katalog der<lb/> Werke von Sir Thomas Lawrence iſt ein lebensgroßes<lb/> Bild des Herzogs von Reichſtadt verzeichnet, eine Mar-<lb/> cheſa Lavalette exiſtirt nicht in London, dagegen hat<lb/> vor Jahren eine Komteſſe de Lavalette da gelebt. Mit<lb/> dem Wiener Portrait des Königs von Rom ſtimmt Roſtands<lb/> Beſchreibung inſofern, als auch in dieſem halben Bruſtbild<lb/> oben ſich der faltige Mantel zeigt während von Melancholie<lb/> in dem reizenden, in der Academy abgebildeten Knabengeſicht<lb/> ſich nichts finden läßt und ebenſowenig das Gebirge gemalt iſt.<lb/> Dagegen ſtimmt Roſtands Schilderung durchaus zu dem<lb/> lebensgroßen, von Sir Thomas Lawrence gemalten Portrait<lb/> eines vornehmen jungen Engländers „Maſter Lamston“; hier<lb/> iſt die gebirgige Landſchaft ſammt dem unendlich melancholiſchen<lb/> Ausdruck. Es iſt für den Gewährsmann der Academy ein<lb/> naheliegender Gedanke, daß ſich Roſtand an dem für den<lb/> Herzog von Reichſtadt angeſehenen Bildniß des Maſter<lb/> Lamston für den „Sohn des Mannes“ begeiſtert hatte, das<lb/> nachher mit dem Wiener Bild in ſeinen Ideen verſchwamm.<lb/> Wenn ein <hi rendition="#aq">x</hi>-beliebiger junger Engländer Roſtands Poeſie auf<lb/> den Sohn Napoleons erweckt hat, ſo iſt dies allerdings ein<lb/> Gipfel der Ironie. Die „Academy“ erzählt noch die wenig be-<lb/> kannte Geſchichte von der Geburt und Benennung des Königs<lb/> von Rom. Die Kaiſerin kam furchtbar ſchwer nieder, und<lb/> Napoleon machte den Aerzten mit den Worten Muth: „Be-<lb/> handeln ſie die Kaiſerin, als wäre ſie eine Bürgersfrau der<lb/> Rue St. Denis.“ Als die Aerzte fragten, ob ſie gegebenen-<lb/> falls die Mutter oder das Kind zu retten hätten, ſagte der<lb/> Kaiſer mit in dieſem Augenblick beſonders anzuerkennendem<lb/> Gerechtigkeitsgefühl: „Die Mutter, es iſt ihr Recht.“ Nachdem<lb/> dann der Sohn glücklich zur Welt gekommen, kündigte<lb/> Napoleon den hohen Staatswürdenträgern das frohe Er-<lb/> eigniß mit den Worten an: „Er iſt ein König von Rom“.</p><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#aq">d.</hi><hi rendition="#b">Budapeſt,</hi> 26. März.</dateline> <p>Geſtern konſtituirte ſich auf<lb/> Initiative des Grafen Albert <hi rendition="#g">Apponyi</hi> hin die ungariſche<lb/> Gruppe der <hi rendition="#g">internationalen Preßvereinigung für<lb/> den Frieden,</hi> welche im Anſchluß und als Ergänzung der<lb/> internationalen parlamentariſchen Friedensvereinigung wirken<lb/> ſoll. Demnächſt ſoll die Konſtituirung der Preßvereinigung<lb/> auch im Auslande erfolgen.</p> </div> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c">Aufhebung der Zuckerprämien.</hi> </head><lb/> <p>* Die franzöſiſche Regierung hat vor kurzem Anträge<lb/> betreffs Aufhebung der Zuckerprämien an die deutſche Re-<lb/> gierung übermittelt. Deutſcherſeits erklärte man, über dieſe<lb/> Vorſchläge zunächſt mit Oeſterreich-Ungarn berathen zu wollen.<lb/> Darauf beruhten die ſchon gemeldeten Wiener Verhandlungen<lb/> deutſcher und öſterreichiſch-ungariſcher Regierungsvertreter.<lb/> Die <hi rendition="#g">Anträge Frankreichs</hi> beſtehen, wie das „Fremdenbl.“<lb/> berichtet, im weſentlichen in der <hi rendition="#g">völligen Aufhebung der<lb/> offenen Prämie</hi> und in der <hi rendition="#g">Kürzung</hi> — angeblich bis<lb/> auf ein Drittel — der <hi rendition="#g">verdeckten Steuerprämie</hi>. Die<lb/> Antwort <hi rendition="#g">Deutſchlands</hi> und <hi rendition="#g">Oeſterreich-Ungarns</hi> be-<lb/> grüßt den Schritt Frankreichs mit Genugthuung. ſie erklärt<lb/> aber gleichzeitig, daß den Vorſchlägen Frankreichs nur eine<lb/><hi rendition="#g">theilweiſe</hi> Aufhebung der reichsdeutſchen, reſpektive öſter-<lb/> reichiſch-ungariſchen Prämie entſprechen würde. Im übrigen<lb/> wird es als unerläßlich bezeichnet, daß auch <hi rendition="#g">Rußland</hi> ſeine<lb/> Zuckerſteuerbeſtimmungen entſprechend abändere. Die <hi rendition="#g">eng-<lb/> liſche</hi> Regierung hat den Plan, den eingeführten Rübenzucker<lb/> mit einer Abgabe zu belegen, fallen gelaſſen.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head>Kammerverhandlung.</head><lb/> <dateline>* <hi rendition="#b">Paris,</hi> 27. März.</dateline> <p><hi rendition="#g">Tel</hi>. In der geſtrigen Sitzung der<lb/><hi rendition="#g">Kammer</hi> interpellirte Abg. <hi rendition="#g">Duquesnay</hi> wegen der jüngſten<lb/><hi rendition="#g">Unruhen auf Martinique</hi>. Er tadelte das Verhalten<lb/> des Gouverneurs und der anderen Beamten. Abg. <hi rendition="#g">Ger-<lb/> ville-Réache,</hi> Präſident der Rechnungskammer, rechtfertigt<lb/> die Haltung der Zivilbehörden, erhebt aber gegen das Militär<lb/> den Vorwurf, daß ihm Ruhe und Beſonnenheit gefehlt habe,<lb/> indem es auf die Strikenden feuerte. Kolonialminiſter<lb/><hi rendition="#g">Decrais</hi> rechtfertigt ebenfalls das Verhalten der Beamten<lb/> und erklärt, es habe auf der Inſel ein wirthſchaftlicher Aus-<lb/> ſtand beſtanden, niemals ein Raſſenkampf. Die Lage wurde<lb/> übertrieben. Die Regierung habe eine Unterſuchung einge-<lb/> leitet, um feſtzuſtellen, wen die Verantwortung für die Un-<lb/> ruhen treffe. Er bitte um Unterſtützung des Hauſes, damit<lb/> die Ruhe auf Martinique hergeſtellt werde. Miniſterpräſident<lb/><hi rendition="#g">Waldeck-Rouſſeau</hi> erklärte, er nehme die vom Abg.<lb/> Gerville-Réache vorgeſchlagene Tagesordnung an, in welcher<lb/> die Kammer ihr <hi rendition="#g">Vertrauen</hi> ausdrückt, daß die Regierung<lb/> mit Feſtigkeit die Ordnung und den Rechtszuſtand auf<lb/> Martinique wiederherſtellen werde. Die Kammer ſpricht ſich<lb/> für die Priorität dieſer Tagesordnung mit 243 gegen 232<lb/> Stimmen aus. Abg. <hi rendition="#g">Laſſerre</hi> verlangt Theilung der Tages-<lb/> ordnung von Gerville-Réache; zahlreiche Abgeordnete wollen<lb/> die Wiederherſtellung der Ordnung auf Martinique, aber ſie<lb/> wollen der Regierung ihr Vertrauen nicht ausſprechen, <hi rendition="#g">Abg.<lb/> Saint-Von ſtürzt auf Laſſerre zu und ſchlägt ihn</hi>.<lb/> Man trennt Beide, es herrſcht <hi rendition="#g">große Aufregung</hi>. Mi-<lb/> niſterpräſident <hi rendition="#g">Waldeck-Rouſſeau</hi> erklärt, er glaube nicht,<lb/> daß der Regierung wegen des Vorfalls auf Martinique kein<lb/> Vertrauen von der Kammer mehr entgegengebracht werde.<lb/> Die Kammer nahm ſchließlich den erſten Theil der Tages-<lb/> ordnung Gerville-Réache, in welchem der <hi rendition="#g">Regierung das<lb/> Vertrauen der Kammer ausgedrückt wird, mit 285<lb/> gegen 239 Stimmen an</hi>. Der zweite Theil betreffend<lb/> Wiederherſtellung der Ordnung auf Martinique wurde durch<lb/> Handaufheben angenommen und die Sitzung ſodann ge-<lb/> ſchloſſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c">Die Aſſumptioniſten. — Baron Chriſtiani.</hi> </head><lb/> <dateline>* <hi rendition="#b">Paris,</hi> 25. März.</dateline> <p>Gerüchtweiſe verlautete, auf den<lb/> Befehl des <hi rendition="#g">Papſtes</hi> hin, dem die Regierung der Republik<lb/> mit der Abberufung ihres Botſchafters beim Vatikan gedroht<lb/> hätte, würden die <hi rendition="#g">Aſſumptioniſten</hi> von der Leitung der<lb/> „<hi rendition="#g">Croix</hi>“ zurücktreten. Der „<hi rendition="#g">Gaulois</hi>“ hält dieſe Meldung<lb/> für eine böswillige Erfindung. Einer ſeiner Mitarbeiter hat<lb/> ſich nach der Rue François <hi rendition="#aq">I.</hi> begeben, iſt aber nicht ſo<lb/> glücklich geweſen, von den Patres Picard und Bailly Aus-<lb/> kunft zu erlangen, denn ſie lehnen jedes Interview ab. Da-<lb/> gegen verſicherte ein Redakteur der „Croix“, er habe von<lb/> Unterhandlungen zwiſchen der franzöſiſchen Regierung und<lb/> dem Vatikan, auch von einem päpſtlichen Befehle nichts gehört.<lb/> Er fügte hinzu, <hi rendition="#aq">P.</hi> Bailly ſei nun ſchon ſeit acht Tagen nicht<lb/> auf der Redaktion erſchienen, und wer die Aſſumptioniſten<lb/> kenne, der müſſe wiſſen, daß ſie jederzeit bereit ſind, nicht nur<lb/> einem Befehle, ſondern dem leiſeſten Wunſche des heiligen<lb/> Vaters zu willfahren. Wie der „Gaulois“ dazu kommt, aus<lb/> dieſer gewundenen Antwort zu ſchließen, es ſei an der ganzen<lb/> Sache nichts, iſt nicht recht erſichtlich.</p><lb/> <p>Baron <hi rendition="#g">Chriſtiani,</hi> der ſeit ſeiner Heldeuthat in Antenil<lb/> eine berühmte Perſönlichkeit iſt, wurde geſtern Nachmittag<lb/> ganz unverhofft, denn er wußte nichts von ſeiner angekündigten<lb/> Begnadigung, auf freien Fuß geſetzt. Er wird ſich in den<lb/> nächſten Tagen nach dem ſonnigen Süden begeben, um ſich<lb/> von den Leiden der neunmonatigen Haft zu erholen, welche<lb/> nach ſeinem eigenen Geſtändniß ſehr erträglich waren. Hr.<lb/> v. Chriſtiani wäre ſchon längſt aus der Haft entlaſſen worden,<lb/> wenn ſeine Parteigenoſſen es nicht darauf angelegt hätten,<lb/> ſeine That zu verherrlichen, ſtatt den dummen Streich, der<lb/> nach einem allzu reichen Frühſtück begangen wurde, der Ver-<lb/> geſſenheit anheimzugeben.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jCulturalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Theater-Anzeiger</hi>.</hi> </head><lb/> <dateline>Mittwoch, den 28. März.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Kgl. Hof- und Nationaltheater.</hi> </head> <p><hi rendition="#g">Der Ring des Nibe-<lb/> lungen,</hi> ein Bühnenfeſtſpiel für drei Tage und einen Vorabend von<lb/> Richard Wagner. Erſter Tag: <hi rendition="#b">Die Walküre.</hi> Von Richard Wagner.<lb/> Perſonen: Siegmund: Hr. Vogl. — Hunding: Hr. Klöpfer. — Wotan:<lb/> Hr. Feinhals. — Sieglinde: Frl. Morena. — Brünnhilde: Frau<lb/> Fränkel-Claus. — Fricka: Frl. Frank. — Helmwige, Gerhilde,<lb/> Ortlinde, Waltraute, Siegrune, Grimgerde, Schwertleite, Roßweiße,<lb/> Walküren: Frl. Schloß, Frau Schöller Frl. Borchers, Frl. Koch,<lb/> Frl. E. Sigler, Frl. Frank, Frl Blank, Frl. Lautenbacher. —<lb/> Anfang 6 Uhr, Ende gegen halb 11 Uhr.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Theater am Gärtnerplatz.</hi> </head> <p>Die Dame von Maxim. Anfang<lb/> halb 8 Uhr.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Münchener Schauſpielhaus.</hi> </head> <p>Der Probekandidat. Anfang<lb/> halb 8 Uhr.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Münchener Volkstheater.</hi> </head> <p>Epidemiſch. Anfang 8 Uhr.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jAnnouncements" n="1"> <gap reason="insignificant"/> </div> </body> </text> </TEI> [3/0003]
Nr. 84. München, Dienſtag Allgemeine Zeitung 27. März 1900.
auf den Gebieten der Gemeindeverwaltung u. ſ. w. allſeitig
anerkannt. Bei der bevorſtehenden Neuwahl iſt es kein Zweifel,
daß der Bund der Landwirthe in erſter Linie einen Nachfolger
präſentiren wird.
Elſaß-Lothringen: Zur Flottenfrage. — Reichstagsabgeordneter Bneb.
# Straßburg, 26. März. Auf einem Diner zu Ehren
des Landesausſchuſſes hatte der kaiſerliche Statthalter jüngſt
auch der Flottenfrage gedacht und geäußert, er habe
wenig Hoffnung, daß die Mehrheit der elſaß-lothringiſchen
Abgeordneten für die Vorlage ſtimmen werde, doch glaube
er, daß die Bevölkerung des Reichslands, namentlich die
induſtrielle, dieſer Lebensfrage für unſer wirthſchaftliches
Gedeihen mehr Verſtändniß entgegenbringe. Dieſe Aeußerung
iſt dem Statthalter in der klerikalen Preſſe furchtbar übel
genommen worden; am ſchärfſten äußert ſich der Reichstags-
abgeordnete Wetterlé, der in ſeinem „Journal de Colmar“
in einem heftigen Artikel gegen den Statthalter, der „ſich er-
laubt habe, bei Gelegenheit eines Diners die Vertreter des
Landes im Reichstag zu kritiſiren“, zu Felde zieht. Ob in
den Worten des Statthalters eine Kritik liegt, darüber zu
ſtreiten, iſt überflüſſig, denn wenn es der Fall wäre, wäre
der Statthalter ebenſo wie jeder andere Staatsbürger dazu
befugt geweſen. Die Thatſache aber, die der Statthalter
feſtſtellt, bleibt richtig. Die klerikalen elſaß-lothringiſchen
Neichstagsabgeordneten haben ſchon längſt in ihren Blättern
verkündigt, daß ſie gegen jede Vermehrung der Flotte ſeien.
Damit befinden ſie ſich zunächſt im Widerſpruch mit weiten Kreiſen
der Bevölkerung und durchaus mit den Intereſſen des Landes.
Denn Elſaß-Lothringen iſt ein reiches Induſtrieland und alle
Zweige ſeiner hochentwickelten Induſtrie ſind ſtark auf den über-
ſeeiſchen Export angewieſen. Das haben auch weite Kreiſe
der Induſtriellen eingeſehen, und wenn nicht aus nationalen,
treten ſie doch aus wirthſchaftlichen Gründen für eine Ver-
ſtärkung der Flotte mit Eifer ein. Es hat ſich übrigens auch
bei früheren Gelegenheiten gezeigt, daß das Reichsland vom
wirthſchaftspolitiſchen Standpunkt aus in Berlin durch ſeine
Abgeordneten, von denen ja ein großer Theil auch katholiſche
Geiſtliche ſind, überaus ſchlecht vertreten iſt. Das kommt da-
her, daß bei den Wahlen hier immer noch andere Geſichtspunkte
als praktiſch-politiſche maßgebend ſind. — Der Zwieſpalt in
der ſozialdemokratiſchen Partei des Reichslandes,
von dem wir kürzlich berichteten, nimmt in der von uns ge-
zeichneten Weiſe ſeinen Fortgang, d. h. der Streit zwiſchen
dem Reichstagsabgeordneten Bueb in Mülhauſen und der
Straßburger Zentralleitung wird immer heftiger. Das ſozial-
demokratiſche Parteiorgan, die „Freie Preſſe“ in Straßburg,
behandelt Bueb bereits nicht mehr als „Genoſſen“, und Bueb
führt in den Mülhauſener bürgerlichen Blättern gegen die
Straßburger Parteidiktatoren einen fröhlichen Krieg: In
ſeiner letzten Antwort gibt er zu verſtehen, daß die 14,000
Wähler Mülhauſens, denen er ſein Mandat verdanke, nicht
einem halben Dutzend Straßburger Herren untergeordnet ſeien.
Oeſterreich-Ungarn.
Die gemeinſamen Angelegenheiten.
* Am Sonntag war der ungariſche Miniſterpräſident
v. Szell in Wien, um vom Kaiſer in Andienz empfangen
zu werden und mit ſeinen dortigen Miniſterkollegen zu kon-
feriren. Hr. v. Szell hatte dem Kaiſer über die laufenden
Angelegenheiten und über die Beſetzung des Poſtens eines
Staatsſekretärs des Innern, ſowie die Ernennung eines Mi-
niſters a latere, welcher Poſten durch den Rücktritt des Grafen
Szechenyi frei geworden iſt, zu berichten, außerdem aber
galten die Beſprechungen den gemeinſamen Angelegenheiten,
dem Zuſammentritt der Delegationen, ſowie der Quotendepu-
tationen. Was die Delegationen betrifft, ſo haben die
Regierungen diesmal keine Hinderniſſe zu befürchten. Die
öſterreichiſche Delegation iſt bereits gewählt, die Neuwahl
der ungariſchen kann erfolgen, ſobald der ungariſche Staats-
voranſchlag erledigt und die Neichstagsſeſſion geſchloſſen, be-
ziehungsweiſe neu eröffnet ſein wird. Unklar erſcheint
vorläufig nur, wie die halbamtliche Verlautbarung,
daß die Delegationen während der erſten Hälfte des
Mai in Budapeſt zuſammentreten ſollen, mit der ander-
weitigen Information, wonach auch der öſterreichiſche Reichs-
rath anfangs Mai wieder verſammelt werden wird, zuſammen-
zureimen iſt. Eventuell müßte alſo der Reichsrath nach
wenigen Tagen ſeine Thätigkeit wieder unterbrechen. Etwas
ſchwieriger geſtaltet ſich die Frage wegen der Quotendepu-
tationen. Infolge Ablebens des Deputationsmitglieds
Dumba muß in der öſterreichiſchen Deputation vor dem Zu-
ſammentritt eine Erſatzwahl ſtattfinden Schon der Zuſammen-
tritt der Deputationen iſt alſo abhängig von der Wiederver-
ſammlung und der Funktionsfähigkeit des Reichsraths, mehr
aber noch die ſchließliche Erledigung der Quotenfrage ſelbſt.
Wie erinnerlich, haben ſich im vorigen Herbſt die beiden
Quotendeputationen auf eine neue Bemeſſung des Beitrags
zu den gemeinſamen Ausgaben geeinigt, der Vorſchlag konnte
aber nicht Geſetz werden wegen der Obſtruktion der Jung-
tſchechen im Reichsrath und die Quote wurde am 1. Januar
1900 durch kaiſerliche Entſcheidung auf ein weiteres halbes
Jahr, alſo bis 30. Juni d. J. feſtgeſetzt. Bis zu letzterem
Termin müſſen nun nicht nur die Deputationen ſich von neuem
verſtändigt haben — was allerdings, wie man annimmt,
keine Schwierigkeiten verurſachen wird, indem einfach die
frühere Vereinbarung aufrechterhalten werden dürfte —,
ſondern es muß das Quotengeſetz auch in den beiderſeitigen
Parlamenten durchberathen und zur Annahme gelangt ſein.
Es gilt alſo ſpeziell in Oeſterreich, den innerpolitiſchen Kampf
ſoweit einzudämmen, daß der Reichsrath dauernd arbeits-
fähig und arbeitswillig bleibt. Bliebe die Quotenfrage aber-
mals ungelöst, ſo würden die Verhältniſſe der Monarchie in
einen neuen Kriſenzuſtand verfallen, der zu den bedenklichſten
Konſequenzen führen könnte.
Der Kohlenarbeiterſtrike.
* Die Lage im böhmiſch-mähriſchen Strikegebiet läßt noch
immer manches zu wünſchen übrig. Verſchiedene frühere Nach-
richten aus Böhmen über endgültige Beilegung des Ausſtands
ſcheinen nicht ganz den Thatſachen entſprochen zu haben.
Schlecht ſtehen die Dinge insbeſondere noch in Kladno, wo
in den letzten Tagen einige 70 Prozent der geſammten Beleg-
ſchaft ſtrikten, während gegen 900 Mann anfuhren. In
Littitz wurde in einer am Sonntag abgehaltenen Bergarbeiter-
verſammlung, nach der erfolgten Wiederanfnahme der Arbeit,
beſchloſſen, um die Einberufung des Einigungsamtes zu
erſuchen, und für den Fall, als die Forderungen, namentlich
die Gewährung des Generalpardous, abgelehnt werden ſollten,
mit der Erneuerung des Strikes gedroht. Die Frage
des Generalpardons hat auch ſonſt viel Schwierigkeiten und
Verzögerung des Arbeitsantritts verurſacht. In den zu
Mähriſch-Oſtrau am Sonntag ausſchließlich von radikaler
Seite veranſtalteten Verſammlungen ging es noch immer ſehr
ſtürmiſch zu, ſo daß einzelne Verſammlungen geſchloſſen werden
mußten. Ueberall wurde für die Fortſetzung des Strikes
geſprochen, wenn er auch ausſichtslos ſei, und in heftigſter
Weiſe gegen die Führer Vorwürfe erhoben, beſonders überall
darauf hingewieſen, daß dieſelben Konzeſſionen ſchon vor
fünf Wochen gewährt worden ſeien und daß man die
Arbeiter ſo lange Zeit eigentlich umſonſt habe hungern
laſſen. Die Sozialdemokraten haben hier allen Einfluß ver-
loren, ein von den entlaſſenen Delegirten veröffentlichtes
Manifeſt, welches die Wiederaufnahme der Arbeit und den
neuerlichen Anſchluß an die ſozialdemokratiſche Organiſation
empſiehlt, machte keinen Eindruck. Doch zeigte die Montags-
Frühſchicht eine Beſſerung der Anfahrt auch im Oſtrauer
Weſtrevier, was auf die gänzliche Mittelloſigkeit der Arbeiter
zurückzuführen iſt. Im Oſtrauer Oſtrevier hat ſich der ſchon
vor Wochenfriſt eingetretene günſtigere Zuſtand erhalten. Auf
Rückfälle zum Strike, wo es auch ſei, wird man immer noch
eine Zeitlang gefaßt bleiben müſſen. Schwerlich aber werden
ſich die Sozialdemokraten der Gefahr ausſetzen, ſich ein zweites
Mal die Finger zu verbrennen.
Vom Tage.
* Linz, 26. März. Hier ſtarb geſtern das Herrenhaus-
Mitglied Dr. Moriz R. v. Eigner. Er gehörte der Verfaſſungs-
partei an. Vom Jahre 1868 an bis zu Beginn der Aera
Taaffe ſtand Eigner als Landeshauptmann der liberalen
Landesvertretung von Oberöſterreich vor.
d. Trieſt, 26. März. Tel. Die Abreiſe des Grafen
und der Gräfin Lonyay von Miramare ſollte ſchon geſtern
ſtattfinden, wurde aber auf heute vertagt. Sie erfolgt wahr-
ſcheinlich nachmittags nach Contopello. Sonſt hat das neu-
vermählte Paar das Schloß noch nicht verlaſſen, auch wurde
Niemand empfangen.
Todſünden“ hat hier kaum ein Bild ſolchen Kampf entfeſſelt,
wie das Klimt’ſche Deckengemälde. Nun hat ſich der Wider-
ſpruch gegen die ſymboliſtiſche Vieldentigkeit des Bildes, deſſen
Beſchreibung wir in unſerm Sezeſſionsfeuilleton demnächſt
geben werden, zu einem Proteſt einer Anzahl von Univerſitäts-
profeſſoren verdichtet, welcher von dem Unterrichtsminiſterium
verlangt, daß das Bild nicht ſeiner Beſtimmung zugeführt
werde. Von Bedenken à la lex Heinze, ſo verſichern die Ge-
lehrten, welche bis jetzt den Proteſtentwurf unterſchrieben
haben, ſei keine Rede, es handle ſich nur um äſthetiſche Ve-
denken. Das Bild paſſe nicht in den Renaiſſancerahmen des
Ferſtel’ſchen Univerſitätspalaſtes. Den Auftrag zur maleriſchen
Ausſchmückung der Aula hatte ſeinerzeit Profeſſor Franz
Matſch erhalten. Derſelbe erbat ſich ſeinen Freund und lang-
jährigen Mitarbeiter an anderen Monumentalmalereien (Burg-
theater, Kunſthiſtoriſches Muſeum) auch in dieſem Falle als
Kompagnon und behielt ſich die Ausführung des Mittelbildes,
ſowie eines Seitenbildes vor, während er die drei übrigen
Seitenbilder ſeinem Kollegen überließ. Klimt hat, wie ver-
lautet, ſchon vor zwei Jahren mehrere Skizzen ſeiner jetzigen
Bilder der betreffenden Kommiſſion vorgelegt, wobei nur eine
unbekleidete Franengeſtalt von einem Ausſchußmitglied be-
anſtandet worden ſein ſoll. Man iſt hier auf die weitere
Entwicklung des intereſſanten Falles ſehr geſpaunt.
M. Wie Roſtand dazu kam, „l’Aiglon“ zu
dichten.
In einem Interview mit einem Vertreter der „Weſt-
minſter Gazette“ erzählt Roſtand, wie er den Gedanken, den
Herzog von Reichſtadt in einem Drama zu verherrlichen, ge-
ſaßt hat. „Die Idee, den Herzog von Reichſtadt auf die
Bühne zu bringen, iſt mir durch einen Kupferſtich nach dem
Bilde von Sir Thomas Lawrence eingeflößt worden, der den
jungen Prinzen in einen faltigen Mantel gehüllt darſtellt, wie
er als Zwölf- oder Vierzehujähriger in einer felſigen Gebirgs-
landſchaft daſteht. In meinem Schlafzimmer, das ich als
Kind zu Marſeille hatte, war dies Bild aufgehängt und ver-
fehlte durch den Ausdruck unendlicher Melancholie und Träu-
merei, die der engliſche Maler in das Geſicht des Prinzen
gelegt hatte, ſeinen nachhaltenden Eindruck auf meine jugend-
liche Einbildungskraft nicht. Ebenſo bin ich ja durch die Lek-
türe der Abentener Cyrano de Bergeracs während meiner
Schulzeit dazu gekommen, die Laufbahn des gascogniſchen
Helden zu dramatiſiren. — Das genannte Werk von Sir
Thomas Lawrence darf keinesfalls mit dem Portrait des
Herzogs von Reichſtadt verwechſelt werden, das der engliſche
Maler 1818 in Wien malte. Leider habe ich meinen Kupfer-
ſtich verloren. Er war die Neproduktion eines 1827 gemalten
lebensgroßen Portraits, das jetzt, wie ich glaube, im Beſitze
der Marcheſa Lavalette in London iſt.“ So weit Roſtand,
und nun kommt die Komik. Die „Academy“ vom 24. März,
der wir dies Interview entnehmen, hat weiter nachgeforſcht,
da die Ironie, daß ein franzöſiſcher Dichter an dem von
einem Engländer gemalten Bilde des Sohnes des größten
Feindes Englands ſich ſo erfolgreich inſpirirt hat, das eng-
liſche Wochenblatt getroffen hätte: In keinem Katalog der
Werke von Sir Thomas Lawrence iſt ein lebensgroßes
Bild des Herzogs von Reichſtadt verzeichnet, eine Mar-
cheſa Lavalette exiſtirt nicht in London, dagegen hat
vor Jahren eine Komteſſe de Lavalette da gelebt. Mit
dem Wiener Portrait des Königs von Rom ſtimmt Roſtands
Beſchreibung inſofern, als auch in dieſem halben Bruſtbild
oben ſich der faltige Mantel zeigt während von Melancholie
in dem reizenden, in der Academy abgebildeten Knabengeſicht
ſich nichts finden läßt und ebenſowenig das Gebirge gemalt iſt.
Dagegen ſtimmt Roſtands Schilderung durchaus zu dem
lebensgroßen, von Sir Thomas Lawrence gemalten Portrait
eines vornehmen jungen Engländers „Maſter Lamston“; hier
iſt die gebirgige Landſchaft ſammt dem unendlich melancholiſchen
Ausdruck. Es iſt für den Gewährsmann der Academy ein
naheliegender Gedanke, daß ſich Roſtand an dem für den
Herzog von Reichſtadt angeſehenen Bildniß des Maſter
Lamston für den „Sohn des Mannes“ begeiſtert hatte, das
nachher mit dem Wiener Bild in ſeinen Ideen verſchwamm.
Wenn ein x-beliebiger junger Engländer Roſtands Poeſie auf
den Sohn Napoleons erweckt hat, ſo iſt dies allerdings ein
Gipfel der Ironie. Die „Academy“ erzählt noch die wenig be-
kannte Geſchichte von der Geburt und Benennung des Königs
von Rom. Die Kaiſerin kam furchtbar ſchwer nieder, und
Napoleon machte den Aerzten mit den Worten Muth: „Be-
handeln ſie die Kaiſerin, als wäre ſie eine Bürgersfrau der
Rue St. Denis.“ Als die Aerzte fragten, ob ſie gegebenen-
falls die Mutter oder das Kind zu retten hätten, ſagte der
Kaiſer mit in dieſem Augenblick beſonders anzuerkennendem
Gerechtigkeitsgefühl: „Die Mutter, es iſt ihr Recht.“ Nachdem
dann der Sohn glücklich zur Welt gekommen, kündigte
Napoleon den hohen Staatswürdenträgern das frohe Er-
eigniß mit den Worten an: „Er iſt ein König von Rom“.
d. Budapeſt, 26. März. Geſtern konſtituirte ſich auf
Initiative des Grafen Albert Apponyi hin die ungariſche
Gruppe der internationalen Preßvereinigung für
den Frieden, welche im Anſchluß und als Ergänzung der
internationalen parlamentariſchen Friedensvereinigung wirken
ſoll. Demnächſt ſoll die Konſtituirung der Preßvereinigung
auch im Auslande erfolgen.
Aufhebung der Zuckerprämien.
* Die franzöſiſche Regierung hat vor kurzem Anträge
betreffs Aufhebung der Zuckerprämien an die deutſche Re-
gierung übermittelt. Deutſcherſeits erklärte man, über dieſe
Vorſchläge zunächſt mit Oeſterreich-Ungarn berathen zu wollen.
Darauf beruhten die ſchon gemeldeten Wiener Verhandlungen
deutſcher und öſterreichiſch-ungariſcher Regierungsvertreter.
Die Anträge Frankreichs beſtehen, wie das „Fremdenbl.“
berichtet, im weſentlichen in der völligen Aufhebung der
offenen Prämie und in der Kürzung — angeblich bis
auf ein Drittel — der verdeckten Steuerprämie. Die
Antwort Deutſchlands und Oeſterreich-Ungarns be-
grüßt den Schritt Frankreichs mit Genugthuung. ſie erklärt
aber gleichzeitig, daß den Vorſchlägen Frankreichs nur eine
theilweiſe Aufhebung der reichsdeutſchen, reſpektive öſter-
reichiſch-ungariſchen Prämie entſprechen würde. Im übrigen
wird es als unerläßlich bezeichnet, daß auch Rußland ſeine
Zuckerſteuerbeſtimmungen entſprechend abändere. Die eng-
liſche Regierung hat den Plan, den eingeführten Rübenzucker
mit einer Abgabe zu belegen, fallen gelaſſen.
Frankreich.
Kammerverhandlung.
* Paris, 27. März. Tel. In der geſtrigen Sitzung der
Kammer interpellirte Abg. Duquesnay wegen der jüngſten
Unruhen auf Martinique. Er tadelte das Verhalten
des Gouverneurs und der anderen Beamten. Abg. Ger-
ville-Réache, Präſident der Rechnungskammer, rechtfertigt
die Haltung der Zivilbehörden, erhebt aber gegen das Militär
den Vorwurf, daß ihm Ruhe und Beſonnenheit gefehlt habe,
indem es auf die Strikenden feuerte. Kolonialminiſter
Decrais rechtfertigt ebenfalls das Verhalten der Beamten
und erklärt, es habe auf der Inſel ein wirthſchaftlicher Aus-
ſtand beſtanden, niemals ein Raſſenkampf. Die Lage wurde
übertrieben. Die Regierung habe eine Unterſuchung einge-
leitet, um feſtzuſtellen, wen die Verantwortung für die Un-
ruhen treffe. Er bitte um Unterſtützung des Hauſes, damit
die Ruhe auf Martinique hergeſtellt werde. Miniſterpräſident
Waldeck-Rouſſeau erklärte, er nehme die vom Abg.
Gerville-Réache vorgeſchlagene Tagesordnung an, in welcher
die Kammer ihr Vertrauen ausdrückt, daß die Regierung
mit Feſtigkeit die Ordnung und den Rechtszuſtand auf
Martinique wiederherſtellen werde. Die Kammer ſpricht ſich
für die Priorität dieſer Tagesordnung mit 243 gegen 232
Stimmen aus. Abg. Laſſerre verlangt Theilung der Tages-
ordnung von Gerville-Réache; zahlreiche Abgeordnete wollen
die Wiederherſtellung der Ordnung auf Martinique, aber ſie
wollen der Regierung ihr Vertrauen nicht ausſprechen, Abg.
Saint-Von ſtürzt auf Laſſerre zu und ſchlägt ihn.
Man trennt Beide, es herrſcht große Aufregung. Mi-
niſterpräſident Waldeck-Rouſſeau erklärt, er glaube nicht,
daß der Regierung wegen des Vorfalls auf Martinique kein
Vertrauen von der Kammer mehr entgegengebracht werde.
Die Kammer nahm ſchließlich den erſten Theil der Tages-
ordnung Gerville-Réache, in welchem der Regierung das
Vertrauen der Kammer ausgedrückt wird, mit 285
gegen 239 Stimmen an. Der zweite Theil betreffend
Wiederherſtellung der Ordnung auf Martinique wurde durch
Handaufheben angenommen und die Sitzung ſodann ge-
ſchloſſen.
Die Aſſumptioniſten. — Baron Chriſtiani.
* Paris, 25. März. Gerüchtweiſe verlautete, auf den
Befehl des Papſtes hin, dem die Regierung der Republik
mit der Abberufung ihres Botſchafters beim Vatikan gedroht
hätte, würden die Aſſumptioniſten von der Leitung der
„Croix“ zurücktreten. Der „Gaulois“ hält dieſe Meldung
für eine böswillige Erfindung. Einer ſeiner Mitarbeiter hat
ſich nach der Rue François I. begeben, iſt aber nicht ſo
glücklich geweſen, von den Patres Picard und Bailly Aus-
kunft zu erlangen, denn ſie lehnen jedes Interview ab. Da-
gegen verſicherte ein Redakteur der „Croix“, er habe von
Unterhandlungen zwiſchen der franzöſiſchen Regierung und
dem Vatikan, auch von einem päpſtlichen Befehle nichts gehört.
Er fügte hinzu, P. Bailly ſei nun ſchon ſeit acht Tagen nicht
auf der Redaktion erſchienen, und wer die Aſſumptioniſten
kenne, der müſſe wiſſen, daß ſie jederzeit bereit ſind, nicht nur
einem Befehle, ſondern dem leiſeſten Wunſche des heiligen
Vaters zu willfahren. Wie der „Gaulois“ dazu kommt, aus
dieſer gewundenen Antwort zu ſchließen, es ſei an der ganzen
Sache nichts, iſt nicht recht erſichtlich.
Baron Chriſtiani, der ſeit ſeiner Heldeuthat in Antenil
eine berühmte Perſönlichkeit iſt, wurde geſtern Nachmittag
ganz unverhofft, denn er wußte nichts von ſeiner angekündigten
Begnadigung, auf freien Fuß geſetzt. Er wird ſich in den
nächſten Tagen nach dem ſonnigen Süden begeben, um ſich
von den Leiden der neunmonatigen Haft zu erholen, welche
nach ſeinem eigenen Geſtändniß ſehr erträglich waren. Hr.
v. Chriſtiani wäre ſchon längſt aus der Haft entlaſſen worden,
wenn ſeine Parteigenoſſen es nicht darauf angelegt hätten,
ſeine That zu verherrlichen, ſtatt den dummen Streich, der
nach einem allzu reichen Frühſtück begangen wurde, der Ver-
geſſenheit anheimzugeben.
Theater-Anzeiger.
Mittwoch, den 28. März.
Kgl. Hof- und Nationaltheater. Der Ring des Nibe-
lungen, ein Bühnenfeſtſpiel für drei Tage und einen Vorabend von
Richard Wagner. Erſter Tag: Die Walküre. Von Richard Wagner.
Perſonen: Siegmund: Hr. Vogl. — Hunding: Hr. Klöpfer. — Wotan:
Hr. Feinhals. — Sieglinde: Frl. Morena. — Brünnhilde: Frau
Fränkel-Claus. — Fricka: Frl. Frank. — Helmwige, Gerhilde,
Ortlinde, Waltraute, Siegrune, Grimgerde, Schwertleite, Roßweiße,
Walküren: Frl. Schloß, Frau Schöller Frl. Borchers, Frl. Koch,
Frl. E. Sigler, Frl. Frank, Frl Blank, Frl. Lautenbacher. —
Anfang 6 Uhr, Ende gegen halb 11 Uhr.
Theater am Gärtnerplatz. Die Dame von Maxim. Anfang
halb 8 Uhr.
Münchener Schauſpielhaus. Der Probekandidat. Anfang
halb 8 Uhr.
Münchener Volkstheater. Epidemiſch. Anfang 8 Uhr.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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