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Allgemeine Zeitung, Nr. 83, 23. März 1848.

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[Spaltenumbruch] treue Kundmachung zu verbinden, was aber von vielen, namentlich den
Studirenden unliebsam vermerkt wurde. Schon früher setzten sich aber
Gerüchte von einer Adresse auf Trennung der Landeshauptmannschaft
von der Stelle des Gouverneurs und Erneuerung der Wahlen der stän-
dischen Vertreter von drei zu drei Jahren in Umlauf. Es ist jetzt an
der Zeit die wahren Bedürfnisse des Landes zu begreifen. Wir hatten
seit dem Jahre 1817 einen Landtag, der, aus Männern der entschieden-
sten conservativen Farbe gewählt, bei verschlossenen Thüren rathschlagte
und willig zu allem die Hand bot was von oben gewünscht wurde.
Eine Constitution mit vorzüglicher Rücksicht auf die Vertretung des Bür-
gerstandes eröffnet uns die Aussicht auf neue und wirksamere Vertreter,
intelligentere Bedingungen bei ihrer Wahl, auf eine höhere Stellung
mit Beseitigung jedes provinziellen Localgeistes. Möchte man auch in
unsern Thälern sich bewußt werden daß die Sonne auch über uns leuch-
tend emporsteigt, daß der Tag gekommen der uns einer großen deutschen
Gesammtheit wieder vereinigt, und uns die Güter geistiger Entwicklung
und materiellen Wohlseyns, ja das Höchste und Edelste gesetzlicher Frei-
heit zuführt. Nur Einigkeit und klares Verständniß geben dafür sichere
Bürgschaft. Mündlichkeit und Oeffentlichkeit und eine vorurtheilsvolle
Bildung unsrer Jugend mögen unser Hauptaugenmerk werden, Beauf-
sichtigung des Staatshaushalts, Vertrauen zu den Behörden, und jene
Schätze des Erkennens und Wissens welche die Freiheit der Lehre und
Presse aufschließt, zählen zu ihrem Gefolge. Daß das Gymnasium un-
serer Hauptstadt in den Händen einer jedem geistigen Fortschritt feind-
lichen Gesellschaft und diese von unsern eigenen Ständen erbeten wurde,
ist jetzt leider doppelt bedauernswerth.

Oesterreichische Monarchie.

Die Preßburger Ztg. berichtet über die Reichstagssitzung der
Magnaten vom 14 März: "Der Eintritt des Erzherzogs Reichspalatins
verursachte einen unbeschreiblichen Beifallssturm. Er sprach: "Hohe
Magnaten! Aus der Verzögerung der vor mir liegenden und eben ver-
lesenen Repräsentation (der bekannten die wir mitgetheilt) wage ich die
Hoffnung zu schöpfen daß die hohen Magnaten diese ihrem ganzen Um-
fange nach anzunehmen belieben (Beifallssturm. Ja wir nehmen sie an
-- nachhallender Freudenruf von dem Auditorium, welches beinahe nach
jeder Pause des hohen Redners sich anhaltend stürmisch wiederholte). In-
dem ich sehe daß die hohen Magnaten diese Petition einstimmig -- an-
nehmen, kann ich meinen Wunsch nicht unterdrücken, in Folge dessen
meine heißeste Sehnsucht dahin strebt daß dieser Reichstag erfolgreich
sey (lebhafte Freudenbezeugung), zugleich versichere ich Sie daß ich in
dieser Beziehung allen meinen persönlichen und selbständigen Einfluß
anwenden werde, und daß ich es für meine Pflicht halte zur Entwicke-
lung unserer Verfassungsmäßigkeit in jener Richtung welche die löbli-
chen Stände eingeschlagen haben, mit Ihnen Hand in Hand zu gehen.
Zur Erreichung dessen kenne ich aber nur ein Mittel, nämlich: stren-
ges Einverständniß und Zusammenhalten in diesen schweren Zeiten,
wozu ich die hohen Magnaten auch bei dieser Gelegenheit vertrauensvoll
auffordere."

Seit gestern ist hier die Bewegung bedeutend
vorgeschritten. Gestern Nachmittags zogen die Reformmänner in Masse
auf das Rathhaus, woselbst der Magistrat und der Bürgerausschuß ver-
sammelt waren, bemächtigten sich des ganzen Hauses, pflanzten auf die
Thurmspitze die Nationalfahne, und nach manchen gehaltenen Reden
wurde dem Magistrat die 12 Punkte enthaltende Reformpetition zur
Unterzeichnung vorgelegt. Der ganze Magistrat konnte solchem drin-
genden Verlangen nicht widerstehen, unterzeichnete die Petition, und
versprach schon am andern Tag seine Amtsverhandlungen öffentlich
zu halten (was heute wirklich geschah). Schon wollte die Masse nach
Ofen ziehen um bei der Statthalterei die Eingabe zu bewerkstelligen, als
Graf Almasy, Vicepräsident der Hofkammer, erschien mit der Meldung
er habe wichtige Nachrichten aus Preßburg soeben erhalten und mitzu-
theilen. Man kehrte zurück, und der Graf berichtete daß der Reichstag
die Beschlüsse der Ständetafel: Preßfreiheit, verantwortliches Ministe-
rium etc. angenommen habe, was mit endlosem Jubel aufgenommen
wurde. Hierauf zogen viele Tausende nach Ofen, um den in der dorti-
gen Festung seit zwei Jahren wegen einer im Ausland gedruckten revo-
lutionären Broschüre in Haft sitzenden Advocaten Stanscits durch Güte
oder Gewalt zu befreien; der Gefangene wurde von Seite des comman-
direnden Baron Lederer ohne allen Widerstand ausgeliefert. Stanseits
[Spaltenumbruch] wurde hierauf in einem von Menschen gezogenen Wagen im Triumphe
nach Pesth geführt, und im Nationaltheater dem jubelnden Publicum
gezeigt. Abends versahen die Bürger die Wachen, und patrouillirten
des Nachts durch die Stadt. Heute versieht wieder Militär die Wachen.
Alle angestellten Censoren gaben noch gestern ihre Ent-
lassung;
die Censur existirt also factisch nicht mehr, und morgen wer-
den alle Blätter ohne dieselbe erscheinen. Heute ziehen Massen Refor-
mer (meist Studenten) mit Fahnen und Nationalcocarden durch die
Stadt. Soeben erschien ein gedruckter Aufruf an alle "Patrioten" in
ungarischer und deutscher Sprache, unterzeichnet von einem aus 13 Mit-
gliedern (der zweite Bürgermeister an der Spitze) bestehenden Sicher-
heitsausschusse. Die Bürgergarde wird demnach um 1500 Mann ver-
mehrt. Jeder "Biedermann" erhält unentgeltlich Waffen und eine Co-
carde. Sonst geht alles friedlich her, und die Ruhe ist nicht sonderlich
gestört worden; das Militär mischte sich bis jetzt durchaus nicht ein --
jedoch scheint man jetzt, bei Abgang der Post, in der Festung Ofen
militärische Vorsichtsmaßregeln zu treffen; beim Zeughaus sind Kano-
nen aufgepflanzt.

Großbritannien.

Wie mißfällig die Einkommensteuer auch im ganzen Lande ange-
sehen ist, das Gefühl ihrer Nothwendigkeit unterstützt die Regierung,
und sie hat nun dieselbe gegen alle Einreden durchgesetzt. In der Unter-
haussitzung
am 17 März stellte nämlich Sir Benjamin Hall ein
drittes Amendement: die Steuer sey auf Irland auszudehnen. Denn
da die Permanenz der Einkommentaxe nachgerade keinem Zweifel mehr
unterliege, so sey der Zeitpunkt eingetreten wo, nach Sir R. Peels eige-
nem Ausspruch bei der ursprünglichen Einführung dieser Steuer, dieselbe
auf das ganze Vereinigte Königreich zu erstrecken sey. Nach allem dem
was in den letzten zwei Jahren das brittische Volk für Irland gethan
habe, seyen die Besitzenden in Irland umsomehr verbunden an dieser Last
mitzutragen. Eine Anzahl Mitglieder unterstützte diesen Gegenantrag
mit Eifer, darauf hinweisend daß bei der neulichen Abstimmung über
den Hume'schen Antrag, die Steuer auf ein Jahr zu beschränken, 67 iri-
sche Mitglieder für deren längere Dauer in Großbritannien, und nur 9
für die Beschränkung votirt. Der Irländer Sir H. W. Barron, ein
irischer Grundherr, aber trat dem Vorschlag hitzig entgegen. Er erin-
nerte daran welche Noth in Irland herrsche und wie sehr die dortigen
Landeigenthümer durch die neue Armensteuer belastet seyen. Dabei
bat er nicht zu vergessen daß heute der St. Patrickstag sey, an wel-
chem die große Repealdemonstration in ganz Irland stattfinde. *) Be-
reits habe Irland mit der französischen Revolution Bruderschaft ge-
schlossen, und das heutige Monster-Meeting in Irland werde die Regie-
rung nöthigenfalls zur Vernunft bringen. Kurz, Sir H. Winston
Barron schwang, nach dem Ausdrucke der Times, in der St.
Stephanscapelle die Brandfackel der Empörung. Das Haus ließ sich
aber dadurch nicht einschüchtern, sondern antwortete mit einem kalten
"Oh, oh!" Indessen trat Sir Charles Wood, der Schatzkanzler, dem Hall'-
schen Antrag mit der Bemerkung entgegen. theoretisch betrachtet sey der-
selbe zwar gerecht, aber er sey nicht praktisch, nicht passend für die gege-
benen Umstände. Auch in anderer Beziehung habe man, bei dem großen
Unterschiede zwischen England und Irland in Bezug auf Nationalwohl-
stand, nöthig gefunden die Besteuerung des einen und des andern Landes
nach verschiedenen Grundsätzen zu behandeln. Nachdem man nun Ir-
land fünf Jahre lang, während einer vergleichsweise glücklichen Periode
desselben, mit der Einkommensteuer verschont habe, würde es grausam
seyn sie ihm jetzt nach zweijähriger Hungersnoth aufzulegen. Allerdings
sey das irische Eigenthum verpflichtet die irische Armuth zu ernähren,
aber das Haus möge bedenken daß eben zu diesem Ende dem irischen Be-
sitzstande jetzt eine Taxe aufgelegt sey welche jährlich 2 Mill. Pfd. St.
betrage. Hr. Hume bemerkte: die schottischen Hochlande seyen so arm
wie Irland, und doch werde dort die Einkommensteuer mit Strenge bei-
getrieben. Man schritt zur Abstimmung und das Amendement wurde
mit 218 gegen 138 Stimmen verworfen; ministerielle Mehrheit 80.
-- Im Oberhaus wurde die Eisenbahn-Passagiers-Bill zum dritten-
mal gelesen und angenommen.

*) Einer unserer Londoner Correspondenten schreibt uns daß diese De-
monstration von John O'Connell abbestellt worden.

[Spaltenumbruch] treue Kundmachung zu verbinden, was aber von vielen, namentlich den
Studirenden unliebſam vermerkt wurde. Schon früher ſetzten ſich aber
Gerüchte von einer Adreſſe auf Trennung der Landeshauptmannſchaft
von der Stelle des Gouverneurs und Erneuerung der Wahlen der ſtän-
diſchen Vertreter von drei zu drei Jahren in Umlauf. Es iſt jetzt an
der Zeit die wahren Bedürfniſſe des Landes zu begreifen. Wir hatten
ſeit dem Jahre 1817 einen Landtag, der, aus Männern der entſchieden-
ſten conſervativen Farbe gewählt, bei verſchloſſenen Thüren rathſchlagte
und willig zu allem die Hand bot was von oben gewünſcht wurde.
Eine Conſtitution mit vorzüglicher Rückſicht auf die Vertretung des Bür-
gerſtandes eröffnet uns die Ausſicht auf neue und wirkſamere Vertreter,
intelligentere Bedingungen bei ihrer Wahl, auf eine höhere Stellung
mit Beſeitigung jedes provinziellen Localgeiſtes. Möchte man auch in
unſern Thälern ſich bewußt werden daß die Sonne auch über uns leuch-
tend emporſteigt, daß der Tag gekommen der uns einer großen deutſchen
Geſammtheit wieder vereinigt, und uns die Güter geiſtiger Entwicklung
und materiellen Wohlſeyns, ja das Höchſte und Edelſte geſetzlicher Frei-
heit zuführt. Nur Einigkeit und klares Verſtändniß geben dafür ſichere
Bürgſchaft. Mündlichkeit und Oeffentlichkeit und eine vorurtheilsvolle
Bildung unſrer Jugend mögen unſer Hauptaugenmerk werden, Beauf-
ſichtigung des Staatshaushalts, Vertrauen zu den Behörden, und jene
Schätze des Erkennens und Wiſſens welche die Freiheit der Lehre und
Preſſe aufſchließt, zählen zu ihrem Gefolge. Daß das Gymnaſium un-
ſerer Hauptſtadt in den Händen einer jedem geiſtigen Fortſchritt feind-
lichen Geſellſchaft und dieſe von unſern eigenen Ständen erbeten wurde,
iſt jetzt leider doppelt bedauernswerth.

Oeſterreichiſche Monarchie.

Die Preßburger Ztg. berichtet über die Reichstagsſitzung der
Magnaten vom 14 März: „Der Eintritt des Erzherzogs Reichspalatins
verurſachte einen unbeſchreiblichen Beifallsſturm. Er ſprach: „Hohe
Magnaten! Aus der Verzögerung der vor mir liegenden und eben ver-
leſenen Repräſentation (der bekannten die wir mitgetheilt) wage ich die
Hoffnung zu ſchöpfen daß die hohen Magnaten dieſe ihrem ganzen Um-
fange nach anzunehmen belieben (Beifallsſturm. Ja wir nehmen ſie an
— nachhallender Freudenruf von dem Auditorium, welches beinahe nach
jeder Pauſe des hohen Redners ſich anhaltend ſtürmiſch wiederholte). In-
dem ich ſehe daß die hohen Magnaten dieſe Petition einſtimmig — an-
nehmen, kann ich meinen Wunſch nicht unterdrücken, in Folge deſſen
meine heißeſte Sehnſucht dahin ſtrebt daß dieſer Reichstag erfolgreich
ſey (lebhafte Freudenbezeugung), zugleich verſichere ich Sie daß ich in
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anwenden werde, und daß ich es für meine Pflicht halte zur Entwicke-
lung unſerer Verfaſſungsmäßigkeit in jener Richtung welche die löbli-
chen Stände eingeſchlagen haben, mit Ihnen Hand in Hand zu gehen.
Zur Erreichung deſſen kenne ich aber nur ein Mittel, nämlich: ſtren-
ges Einverſtändniß und Zuſammenhalten in dieſen ſchweren Zeiten,
wozu ich die hohen Magnaten auch bei dieſer Gelegenheit vertrauensvoll
auffordere.“

Seit geſtern iſt hier die Bewegung bedeutend
vorgeſchritten. Geſtern Nachmittags zogen die Reformmänner in Maſſe
auf das Rathhaus, woſelbſt der Magiſtrat und der Bürgerausſchuß ver-
ſammelt waren, bemächtigten ſich des ganzen Hauſes, pflanzten auf die
Thurmſpitze die Nationalfahne, und nach manchen gehaltenen Reden
wurde dem Magiſtrat die 12 Punkte enthaltende Reformpetition zur
Unterzeichnung vorgelegt. Der ganze Magiſtrat konnte ſolchem drin-
genden Verlangen nicht widerſtehen, unterzeichnete die Petition, und
verſprach ſchon am andern Tag ſeine Amtsverhandlungen öffentlich
zu halten (was heute wirklich geſchah). Schon wollte die Maſſe nach
Ofen ziehen um bei der Statthalterei die Eingabe zu bewerkſtelligen, als
Graf Almaſy, Vicepräſident der Hofkammer, erſchien mit der Meldung
er habe wichtige Nachrichten aus Preßburg ſoeben erhalten und mitzu-
theilen. Man kehrte zurück, und der Graf berichtete daß der Reichstag
die Beſchlüſſe der Ständetafel: Preßfreiheit, verantwortliches Miniſte-
rium ꝛc. angenommen habe, was mit endloſem Jubel aufgenommen
wurde. Hierauf zogen viele Tauſende nach Ofen, um den in der dorti-
gen Feſtung ſeit zwei Jahren wegen einer im Ausland gedruckten revo-
lutionären Broſchüre in Haft ſitzenden Advocaten Stanſcits durch Güte
oder Gewalt zu befreien; der Gefangene wurde von Seite des comman-
direnden Baron Lederer ohne allen Widerſtand ausgeliefert. Stanſeits
[Spaltenumbruch] wurde hierauf in einem von Menſchen gezogenen Wagen im Triumphe
nach Peſth geführt, und im Nationaltheater dem jubelnden Publicum
gezeigt. Abends verſahen die Bürger die Wachen, und patrouillirten
des Nachts durch die Stadt. Heute verſieht wieder Militär die Wachen.
Alle angeſtellten Cenſoren gaben noch geſtern ihre Ent-
laſſung;
die Cenſur exiſtirt alſo factiſch nicht mehr, und morgen wer-
den alle Blätter ohne dieſelbe erſcheinen. Heute ziehen Maſſen Refor-
mer (meiſt Studenten) mit Fahnen und Nationalcocarden durch die
Stadt. Soeben erſchien ein gedruckter Aufruf an alle „Patrioten“ in
ungariſcher und deutſcher Sprache, unterzeichnet von einem aus 13 Mit-
gliedern (der zweite Bürgermeiſter an der Spitze) beſtehenden Sicher-
heitsausſchuſſe. Die Bürgergarde wird demnach um 1500 Mann ver-
mehrt. Jeder „Biedermann“ erhält unentgeltlich Waffen und eine Co-
carde. Sonſt geht alles friedlich her, und die Ruhe iſt nicht ſonderlich
geſtört worden; das Militär miſchte ſich bis jetzt durchaus nicht ein —
jedoch ſcheint man jetzt, bei Abgang der Poſt, in der Feſtung Ofen
militäriſche Vorſichtsmaßregeln zu treffen; beim Zeughaus ſind Kano-
nen aufgepflanzt.

Großbritannien.

Wie mißfällig die Einkommenſteuer auch im ganzen Lande ange-
ſehen iſt, das Gefühl ihrer Nothwendigkeit unterſtützt die Regierung,
und ſie hat nun dieſelbe gegen alle Einreden durchgeſetzt. In der Unter-
hausſitzung
am 17 März ſtellte nämlich Sir Benjamin Hall ein
drittes Amendement: die Steuer ſey auf Irland auszudehnen. Denn
da die Permanenz der Einkommentaxe nachgerade keinem Zweifel mehr
unterliege, ſo ſey der Zeitpunkt eingetreten wo, nach Sir R. Peels eige-
nem Ausſpruch bei der urſprünglichen Einführung dieſer Steuer, dieſelbe
auf das ganze Vereinigte Königreich zu erſtrecken ſey. Nach allem dem
was in den letzten zwei Jahren das brittiſche Volk für Irland gethan
habe, ſeyen die Beſitzenden in Irland umſomehr verbunden an dieſer Laſt
mitzutragen. Eine Anzahl Mitglieder unterſtützte dieſen Gegenantrag
mit Eifer, darauf hinweiſend daß bei der neulichen Abſtimmung über
den Hume’ſchen Antrag, die Steuer auf ein Jahr zu beſchränken, 67 iri-
ſche Mitglieder für deren längere Dauer in Großbritannien, und nur 9
für die Beſchränkung votirt. Der Irländer Sir H. W. Barron, ein
iriſcher Grundherr, aber trat dem Vorſchlag hitzig entgegen. Er erin-
nerte daran welche Noth in Irland herrſche und wie ſehr die dortigen
Landeigenthümer durch die neue Armenſteuer belaſtet ſeyen. Dabei
bat er nicht zu vergeſſen daß heute der St. Patrickstag ſey, an wel-
chem die große Repealdemonſtration in ganz Irland ſtattfinde. *) Be-
reits habe Irland mit der franzöſiſchen Revolution Bruderſchaft ge-
ſchloſſen, und das heutige Monſter-Meeting in Irland werde die Regie-
rung nöthigenfalls zur Vernunft bringen. Kurz, Sir H. Winſton
Barron ſchwang, nach dem Ausdrucke der Times, in der St.
Stephanscapelle die Brandfackel der Empörung. Das Haus ließ ſich
aber dadurch nicht einſchüchtern, ſondern antwortete mit einem kalten
„Oh, oh!“ Indeſſen trat Sir Charles Wood, der Schatzkanzler, dem Hall’-
ſchen Antrag mit der Bemerkung entgegen. theoretiſch betrachtet ſey der-
ſelbe zwar gerecht, aber er ſey nicht praktiſch, nicht paſſend für die gege-
benen Umſtände. Auch in anderer Beziehung habe man, bei dem großen
Unterſchiede zwiſchen England und Irland in Bezug auf Nationalwohl-
ſtand, nöthig gefunden die Beſteuerung des einen und des andern Landes
nach verſchiedenen Grundſätzen zu behandeln. Nachdem man nun Ir-
land fünf Jahre lang, während einer vergleichsweiſe glücklichen Periode
desſelben, mit der Einkommenſteuer verſchont habe, würde es grauſam
ſeyn ſie ihm jetzt nach zweijähriger Hungersnoth aufzulegen. Allerdings
ſey das iriſche Eigenthum verpflichtet die iriſche Armuth zu ernähren,
aber das Haus möge bedenken daß eben zu dieſem Ende dem iriſchen Be-
ſitzſtande jetzt eine Taxe aufgelegt ſey welche jährlich 2 Mill. Pfd. St.
betrage. Hr. Hume bemerkte: die ſchottiſchen Hochlande ſeyen ſo arm
wie Irland, und doch werde dort die Einkommenſteuer mit Strenge bei-
getrieben. Man ſchritt zur Abſtimmung und das Amendement wurde
mit 218 gegen 138 Stimmen verworfen; miniſterielle Mehrheit 80.
— Im Oberhaus wurde die Eiſenbahn-Paſſagiers-Bill zum dritten-
mal geleſen und angenommen.

*) Einer unſerer Londoner Correſpondenten ſchreibt uns daß dieſe De-
monſtration von John O’Connell abbeſtellt worden.
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[1319/0007] treue Kundmachung zu verbinden, was aber von vielen, namentlich den Studirenden unliebſam vermerkt wurde. Schon früher ſetzten ſich aber Gerüchte von einer Adreſſe auf Trennung der Landeshauptmannſchaft von der Stelle des Gouverneurs und Erneuerung der Wahlen der ſtän- diſchen Vertreter von drei zu drei Jahren in Umlauf. Es iſt jetzt an der Zeit die wahren Bedürfniſſe des Landes zu begreifen. Wir hatten ſeit dem Jahre 1817 einen Landtag, der, aus Männern der entſchieden- ſten conſervativen Farbe gewählt, bei verſchloſſenen Thüren rathſchlagte und willig zu allem die Hand bot was von oben gewünſcht wurde. Eine Conſtitution mit vorzüglicher Rückſicht auf die Vertretung des Bür- gerſtandes eröffnet uns die Ausſicht auf neue und wirkſamere Vertreter, intelligentere Bedingungen bei ihrer Wahl, auf eine höhere Stellung mit Beſeitigung jedes provinziellen Localgeiſtes. Möchte man auch in unſern Thälern ſich bewußt werden daß die Sonne auch über uns leuch- tend emporſteigt, daß der Tag gekommen der uns einer großen deutſchen Geſammtheit wieder vereinigt, und uns die Güter geiſtiger Entwicklung und materiellen Wohlſeyns, ja das Höchſte und Edelſte geſetzlicher Frei- heit zuführt. Nur Einigkeit und klares Verſtändniß geben dafür ſichere Bürgſchaft. Mündlichkeit und Oeffentlichkeit und eine vorurtheilsvolle Bildung unſrer Jugend mögen unſer Hauptaugenmerk werden, Beauf- ſichtigung des Staatshaushalts, Vertrauen zu den Behörden, und jene Schätze des Erkennens und Wiſſens welche die Freiheit der Lehre und Preſſe aufſchließt, zählen zu ihrem Gefolge. Daß das Gymnaſium un- ſerer Hauptſtadt in den Händen einer jedem geiſtigen Fortſchritt feind- lichen Geſellſchaft und dieſe von unſern eigenen Ständen erbeten wurde, iſt jetzt leider doppelt bedauernswerth. Oeſterreichiſche Monarchie. Die Preßburger Ztg. berichtet über die Reichstagsſitzung der Magnaten vom 14 März: „Der Eintritt des Erzherzogs Reichspalatins verurſachte einen unbeſchreiblichen Beifallsſturm. Er ſprach: „Hohe Magnaten! Aus der Verzögerung der vor mir liegenden und eben ver- leſenen Repräſentation (der bekannten die wir mitgetheilt) wage ich die Hoffnung zu ſchöpfen daß die hohen Magnaten dieſe ihrem ganzen Um- fange nach anzunehmen belieben (Beifallsſturm. Ja wir nehmen ſie an — nachhallender Freudenruf von dem Auditorium, welches beinahe nach jeder Pauſe des hohen Redners ſich anhaltend ſtürmiſch wiederholte). In- dem ich ſehe daß die hohen Magnaten dieſe Petition einſtimmig — an- nehmen, kann ich meinen Wunſch nicht unterdrücken, in Folge deſſen meine heißeſte Sehnſucht dahin ſtrebt daß dieſer Reichstag erfolgreich ſey (lebhafte Freudenbezeugung), zugleich verſichere ich Sie daß ich in dieſer Beziehung allen meinen perſönlichen und ſelbſtändigen Einfluß anwenden werde, und daß ich es für meine Pflicht halte zur Entwicke- lung unſerer Verfaſſungsmäßigkeit in jener Richtung welche die löbli- chen Stände eingeſchlagen haben, mit Ihnen Hand in Hand zu gehen. Zur Erreichung deſſen kenne ich aber nur ein Mittel, nämlich: ſtren- ges Einverſtändniß und Zuſammenhalten in dieſen ſchweren Zeiten, wozu ich die hohen Magnaten auch bei dieſer Gelegenheit vertrauensvoll auffordere.“ * Peſth, 16 März.Seit geſtern iſt hier die Bewegung bedeutend vorgeſchritten. Geſtern Nachmittags zogen die Reformmänner in Maſſe auf das Rathhaus, woſelbſt der Magiſtrat und der Bürgerausſchuß ver- ſammelt waren, bemächtigten ſich des ganzen Hauſes, pflanzten auf die Thurmſpitze die Nationalfahne, und nach manchen gehaltenen Reden wurde dem Magiſtrat die 12 Punkte enthaltende Reformpetition zur Unterzeichnung vorgelegt. Der ganze Magiſtrat konnte ſolchem drin- genden Verlangen nicht widerſtehen, unterzeichnete die Petition, und verſprach ſchon am andern Tag ſeine Amtsverhandlungen öffentlich zu halten (was heute wirklich geſchah). Schon wollte die Maſſe nach Ofen ziehen um bei der Statthalterei die Eingabe zu bewerkſtelligen, als Graf Almaſy, Vicepräſident der Hofkammer, erſchien mit der Meldung er habe wichtige Nachrichten aus Preßburg ſoeben erhalten und mitzu- theilen. Man kehrte zurück, und der Graf berichtete daß der Reichstag die Beſchlüſſe der Ständetafel: Preßfreiheit, verantwortliches Miniſte- rium ꝛc. angenommen habe, was mit endloſem Jubel aufgenommen wurde. Hierauf zogen viele Tauſende nach Ofen, um den in der dorti- gen Feſtung ſeit zwei Jahren wegen einer im Ausland gedruckten revo- lutionären Broſchüre in Haft ſitzenden Advocaten Stanſcits durch Güte oder Gewalt zu befreien; der Gefangene wurde von Seite des comman- direnden Baron Lederer ohne allen Widerſtand ausgeliefert. Stanſeits wurde hierauf in einem von Menſchen gezogenen Wagen im Triumphe nach Peſth geführt, und im Nationaltheater dem jubelnden Publicum gezeigt. Abends verſahen die Bürger die Wachen, und patrouillirten des Nachts durch die Stadt. Heute verſieht wieder Militär die Wachen. Alle angeſtellten Cenſoren gaben noch geſtern ihre Ent- laſſung; die Cenſur exiſtirt alſo factiſch nicht mehr, und morgen wer- den alle Blätter ohne dieſelbe erſcheinen. Heute ziehen Maſſen Refor- mer (meiſt Studenten) mit Fahnen und Nationalcocarden durch die Stadt. Soeben erſchien ein gedruckter Aufruf an alle „Patrioten“ in ungariſcher und deutſcher Sprache, unterzeichnet von einem aus 13 Mit- gliedern (der zweite Bürgermeiſter an der Spitze) beſtehenden Sicher- heitsausſchuſſe. Die Bürgergarde wird demnach um 1500 Mann ver- mehrt. Jeder „Biedermann“ erhält unentgeltlich Waffen und eine Co- carde. Sonſt geht alles friedlich her, und die Ruhe iſt nicht ſonderlich geſtört worden; das Militär miſchte ſich bis jetzt durchaus nicht ein — jedoch ſcheint man jetzt, bei Abgang der Poſt, in der Feſtung Ofen militäriſche Vorſichtsmaßregeln zu treffen; beim Zeughaus ſind Kano- nen aufgepflanzt. Großbritannien. London, 18 März. Wie mißfällig die Einkommenſteuer auch im ganzen Lande ange- ſehen iſt, das Gefühl ihrer Nothwendigkeit unterſtützt die Regierung, und ſie hat nun dieſelbe gegen alle Einreden durchgeſetzt. In der Unter- hausſitzung am 17 März ſtellte nämlich Sir Benjamin Hall ein drittes Amendement: die Steuer ſey auf Irland auszudehnen. Denn da die Permanenz der Einkommentaxe nachgerade keinem Zweifel mehr unterliege, ſo ſey der Zeitpunkt eingetreten wo, nach Sir R. Peels eige- nem Ausſpruch bei der urſprünglichen Einführung dieſer Steuer, dieſelbe auf das ganze Vereinigte Königreich zu erſtrecken ſey. Nach allem dem was in den letzten zwei Jahren das brittiſche Volk für Irland gethan habe, ſeyen die Beſitzenden in Irland umſomehr verbunden an dieſer Laſt mitzutragen. Eine Anzahl Mitglieder unterſtützte dieſen Gegenantrag mit Eifer, darauf hinweiſend daß bei der neulichen Abſtimmung über den Hume’ſchen Antrag, die Steuer auf ein Jahr zu beſchränken, 67 iri- ſche Mitglieder für deren längere Dauer in Großbritannien, und nur 9 für die Beſchränkung votirt. Der Irländer Sir H. W. Barron, ein iriſcher Grundherr, aber trat dem Vorſchlag hitzig entgegen. Er erin- nerte daran welche Noth in Irland herrſche und wie ſehr die dortigen Landeigenthümer durch die neue Armenſteuer belaſtet ſeyen. Dabei bat er nicht zu vergeſſen daß heute der St. Patrickstag ſey, an wel- chem die große Repealdemonſtration in ganz Irland ſtattfinde. *) Be- reits habe Irland mit der franzöſiſchen Revolution Bruderſchaft ge- ſchloſſen, und das heutige Monſter-Meeting in Irland werde die Regie- rung nöthigenfalls zur Vernunft bringen. Kurz, Sir H. Winſton Barron ſchwang, nach dem Ausdrucke der Times, in der St. Stephanscapelle die Brandfackel der Empörung. Das Haus ließ ſich aber dadurch nicht einſchüchtern, ſondern antwortete mit einem kalten „Oh, oh!“ Indeſſen trat Sir Charles Wood, der Schatzkanzler, dem Hall’- ſchen Antrag mit der Bemerkung entgegen. theoretiſch betrachtet ſey der- ſelbe zwar gerecht, aber er ſey nicht praktiſch, nicht paſſend für die gege- benen Umſtände. Auch in anderer Beziehung habe man, bei dem großen Unterſchiede zwiſchen England und Irland in Bezug auf Nationalwohl- ſtand, nöthig gefunden die Beſteuerung des einen und des andern Landes nach verſchiedenen Grundſätzen zu behandeln. Nachdem man nun Ir- land fünf Jahre lang, während einer vergleichsweiſe glücklichen Periode desſelben, mit der Einkommenſteuer verſchont habe, würde es grauſam ſeyn ſie ihm jetzt nach zweijähriger Hungersnoth aufzulegen. Allerdings ſey das iriſche Eigenthum verpflichtet die iriſche Armuth zu ernähren, aber das Haus möge bedenken daß eben zu dieſem Ende dem iriſchen Be- ſitzſtande jetzt eine Taxe aufgelegt ſey welche jährlich 2 Mill. Pfd. St. betrage. Hr. Hume bemerkte: die ſchottiſchen Hochlande ſeyen ſo arm wie Irland, und doch werde dort die Einkommenſteuer mit Strenge bei- getrieben. Man ſchritt zur Abſtimmung und das Amendement wurde mit 218 gegen 138 Stimmen verworfen; miniſterielle Mehrheit 80. — Im Oberhaus wurde die Eiſenbahn-Paſſagiers-Bill zum dritten- mal geleſen und angenommen. *) Einer unſerer Londoner Correſpondenten ſchreibt uns daß dieſe De- monſtration von John O’Connell abbeſtellt worden.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 83, 23. März 1848, S. 1319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine83_1848/7>, abgerufen am 23.11.2024.