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Allgemeine Zeitung, Nr. 80, 20. März 1848.

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[Spaltenumbruch] Interessen der Völker und den Rechtsansprüchen rationeller Freiheit
direct entgegengesetzt ist, so viel heißt: als die Zukunft der Dynastie
compromittiren. Auch unnatürliche politische Systeme können sich
lange erhalten; denn zwischen der Geduld der Völker und der Ver-
zweiflung liegt ein langer Weg; es gibt aber politische Systeme die
dadurch daß sie lange gedauert haben nicht an Kraft gewonnen son-
dern verloren, und zuletzt kommt der Moment wo es gefährlich wird
sie erhalten zu wollen: denn ihr langes Leben machte sie reif zum Tode.
Den Tod aber kann man theilen, nicht aufhalten. Ich weiß daß es
einem alten System wie einem alten Mann schwer wird sich zu tren-
nen von der Idee eines langen Lebens; ich weiß daß es schmerzlich sey
Stück für Stück zusammenfallen zu sehen was ein langes Leben ge-
baut hat, aber wo die Grundlage fehlerhaft ist, da ist das Verhäng-
niß des Sturzes unausweichbar, und auf uns, denen die Vorseh-
ung das Schicksal einer Nation anvertraut hat, können die Schwä-
chen Eines Mannes keinen Einfluß üben. Das Volk ist ewig, und ewig
wünschen wir das Vaterland dieses Volkes und ewig den Glanz jener
Dynastie die über uns herrscht. Die Männer der Vergangenheit werden
nach kurzer Tage Frist ins Grab steigen, aber auf den hoffnungsvollen
Erben des Hauses Habsburg, auf den Erzherzog Franz Joseph, der
schon bei seinem ersten Auftreten die Liebe der Nation gewann, wartet
die Erbschaft eines glänzenden Thrones, der seine Kraft aus der Freiheit
schöpft, und dessen alten Glanz der unglückselige Mechanismus der Wie-
ner Politik schwerlich erhalten kann. Die Dynastie hat also zu wählen
zwischen ihrem eigenen Wohl und der Erhaltung eines morschen Regie-
rungssystems. Und ich fürchte daß, wenn die loyalen Erklärungen der
Völker nicht dazwischen kommen, jene verknöcherte Politik in einer neuen
Ausgabe der selig entschlafenen heiligen Allianz auf Kosten der Dynastie
für sich eine kurze Frist suchen wird. Sie die nichts zu vergessen pflegen,
vergessen es doch sehr gern daß auch bei der ersten Ausgabe der heiligen
Allianz nicht diese die Throne errettete, sondern der Enthusiasmus der
Völker, jener Enthusiasmus dessen Grundlage das Versprechen der Frei-
heit war, und dieses Versprechen ward nicht eingelöst. Eine Dynastie die
sich auf die Freiheit ihrer Völker stützt wird stets Enthusiasmus erregen,
denn von Herzen treu kann nur der freie Mann seyn. Wer gedrückt wird
der wird dienen wie er muß; Bureaukratien können keinen Enthusiasmus
erwecken. Für eine geliebte Dynastie können Völker Blut und Leben ge-
ben, aber für die Politik eines drückenden Regierungssystems wird kein
Sperling sich aufopfern. Uebrigens, wenn es einen Mann in Wien gibt
der im Interesse der Gewalt seiner noch wenigen Tage auf Kosten der
Dynastie mit der Allianz absoluter Mächte liebäugelt, so sollte er doch
bedenken daß es Mächte gibt die als Freunde gefährlicher sind denn als
Feinde. Ja, löbliche Stände, es ist meine feste Ueberzeugung daß die Zu-
kunft unsrer Dynastie an die Verbrüderung der verschiedenen Völker der
Monarchie gebunden ist, und diese Berbrüderung kann mit Achtung der
bestehenden Nationalitäten nur der Kitt der Constitutionalität zu Stande
bringen, der überall verwandte Gefühle erweckt; das Bureau und das Ba-
jonet sind ein elendes Verbindungsmittel. Ich gehe daher bei dem Vor-
schlag den ich mache vom dynastischen Standpunkt aus, und Gott sey
Dank daß dieser Standpunkt in Verbindung mit den Interessen des Va-
terlandes steht. Wer kann ohne Grauen daran denken daß das Volk
Opfer bringen solle ohne moralische und materielle Schadloshaltung!
Wenn wir von diesem Landtag auseinandergingen und brächten dem
Volke nicht was es von dieser Gesetzgebung mit so viel Recht erwartet, wer
nähme dann die Verantwortlichkeit auf sich für alles was erfolgen kann?
Wer wagt es die Bürgschaft zu übernehmen daß der Enthusiasmus und
die Bereitwilligkeit jedes Opfer zu bringen, mit der wir die Wände dieses
Hauses erschüttern können, auch draußen im Volke ein Echo findet? Die
l. Stände werden die Gewalt der Umstände fühlen, darum will ich diese
Verhältnisse nicht weiter auseinandersetzen, sondern gehe über auf meine
Motion welche mir die treue Anhänglichkeit an die Dynastie, die Ver-
pflichtung gegen das Volk und das Gefühl meiner Verantwortlichkeit
auf die Lippen gibt. Doch ehe ich diese vortrage, bemerke ich noch daß ich,
wenn ich auch einige Aufgaben dieses Landtags herzählen werde, die Be-
schwerden, wie z. B. die Frage der drei Comitate, die Religionsangele-
genheiten und die so wichtigen croatischen Verhältnisse, darum nicht er-
wähne weil ich solche Fudamentalwünsche vortragen will die, wenn sie,
wie ich es mit Recht erwarte, erfüllt werden, die Garantie der Heilung
dieser Beschwerden mit sich führen. Mit meiner Motion will ich also
auch diese großen Fragen, besonders die croatische die dieser Landtag
nicht ungelöst lassen darf, der sichern Lösung entgegenführen, entschlos-
[Spaltenumbruch] sen daß -- wenn die Lösung auf diesem Wege, auf dem wir dem Aufrei-
ßen der Wunden der Vergangenheit ausweichen können, nicht gelingt --
ich es für die wichtigste Pflicht halte die croatische Frage mit der ganzen
Sympathie meiner Seele zu erfassen, und sollte es auch nöthig werden die
alten Wunden aufzureißen. Und nun schlage ich ohne alle weitere Mo-
tivirung folgende Adresse an Se. Maj. vor." (Hier folgt die einstimmig
angenommene Adresse welche die Allg. Zeitung früher mitgetheilt hat).


Un-
garn hat in zwei Tagen eine Revolution durchgemacht, aber eine
solche welche nicht auf der Straße im Bürgerblut, sondern in den Hal-
len der Gesetzgebung ihre Fahne aufpflanzte. Gestern wurde von bei-
den Tafeln der Reichsstände einstimmig eine Adresse an Se. Maj.
angenommen, worin als nothwendige Bedingungen für die constitutio-
nelle Entwicklung des Landes um unverweilte Einsetzung eines selbsistän-
digen ungarischen Ministeriums, welches mit der Majorität des Reichs-
tags regiert, eine umfassende Volksvertretung, Preßfreiheit, National-
bewaffnung, Geschwornengerichte, Mündlichkeit und Oeffentlichkeit, Union
mit Siebenbürgen, Ertheilung einer Verfassung für die übrigen Erb-
provinzen etc. gebeten wird. Diese Adresse soll Sr. Maj. von einer
reichstäglichen Deputation, an deren Spitze der Erzherzog Palatin und
die aus den hervorragendsten Mitgliedern des Reichstags besteht, mor-
gen persönlich übergeben werden. In der heutigen Ständesitzung
hingegen wurde auf den Antrag Kossuths einstimmig beschlossen

"alle Steuern und öffentlichen Lasten (auch die Kriegs-
steuer) ohne Unterschied des Standes unverzüglich
nach gleichem Verhältniß zu vertheilen; die Urba-
rariallasten und bäuerlichen Giebigkeiten sogleich auf-
zuheben; die Grundbesitzer auf Staatskosten zu entschä-
digen; den Städten noch auf diesem Landtag eine verhält-
niß mäßige Ausübung des Stimmrechts zu ertheilen, und die
Deputirten nicht als Repräsentanten der Comitate oder
einer einzelnen Kaste, sondern als die Stellvertreter
des ganzen Volkes zu erklären
.

Wenn man die ungeheuern
Ereignisse dieser Tage, die fast märchenhaften Sagen aus Wien, die
uns noch immer unglaublich erscheinen bis wir deren Resultate nicht
mit Augen gesehen, wenn wir diese mit der ungestörten Ruhe des als
so revolutionär verschrienen Ungarns mit den großartigen Schritten
seiner Gesetzgebung, mit den ungeheuchelten und begeisterten Kundge-
bungen der Treue für seinen König vergleichen, so glauben wir selbst
den verstocktesten Absolutisten von dem Vorzug einer Verfassung und
einer Volksvertretung gegenüber der Bureaukratie und Volksbevor-
mundung überzeugt zu haben. Gestern aber wurde dem gefeier-
ten Kossuth von der Preßburger Bürgerschaft und von der Land-
tagsjugend in voller Uniform gemeinschaftlich ein glänzender Fackel-
zug gebracht. Rührend und erhebend war heute früh die Abfahrt
des Dampfboots nach Wien mit der Deputation zu sehen. Beinahe die
ganze Bevölkerung von Preßburg war am Donauufer zusammengeströmt.
Tausendstimmiges Eljen, Böllerschüsse, Hüteschwenken und warme Se-
genswünsche begleiteten die Vertreter des Landes, und es schien als ob
alle Classen des Volkes von der Wichtigkeit ihrer Sendung durchdrun-
gen gewesen wären. Möge der Geist der über die Völkergeschicke wacht,
sie mit Erfolg krönen. Ueber den Empfang der Deputation in Wien,
wo man, wie es heißt, die Ankunft Koffuths mit Sehnsucht erwartet, so-
wie über die Resultate der Sendung morgen näheres. (S. Wien.)

Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Das Dampfboot "Sarah Sands" hat eine New-Yorker Post
vom 28 Febr. nach Liverpool überbracht. Der von Hrn. Trist vorge-
legte Friedensvertrag ist, so wird versichert, von der mexicanischen Re-
gierung in Queretaro ratificirt, und bedarf nur noch der Bestätigung
des amerikanischen Senats. Ferner soll die mexicanische Regierung, in
Uebereinkunft mit General Scott, die Einkerkerung oder Verbannung
Santa Anna's beschlossen haben. Am 26 Febr. erfolgte in Washington
die feierliche Bestattung John Quincy Adams', dessen balsamirte Leiche
auf ihrem Paradebett im Capitol von mehr als 6000 Personen in
Trauer besucht worden war. Alle Häuser der Stadt waren mit Trauer-
zeichen behangen, der ganze Senat und das Repräsentantenhaus und
mehr als 200 Wagen folgten der Bahre. -- Einer Anzeige des engli-
schen Postamtes zufolge soll im heurigen Sommer regelmäßig eine all-
wöchentliche
Dampfpostverbindung zwischen England und den Ver-
einigten Staaten stattfinden.



[Spaltenumbruch] Intereſſen der Völker und den Rechtsanſprüchen rationeller Freiheit
direct entgegengeſetzt iſt, ſo viel heißt: als die Zukunft der Dynaſtie
compromittiren. Auch unnatürliche politiſche Syſteme können ſich
lange erhalten; denn zwiſchen der Geduld der Völker und der Ver-
zweiflung liegt ein langer Weg; es gibt aber politiſche Syſteme die
dadurch daß ſie lange gedauert haben nicht an Kraft gewonnen ſon-
dern verloren, und zuletzt kommt der Moment wo es gefährlich wird
ſie erhalten zu wollen: denn ihr langes Leben machte ſie reif zum Tode.
Den Tod aber kann man theilen, nicht aufhalten. Ich weiß daß es
einem alten Syſtem wie einem alten Mann ſchwer wird ſich zu tren-
nen von der Idee eines langen Lebens; ich weiß daß es ſchmerzlich ſey
Stück für Stück zuſammenfallen zu ſehen was ein langes Leben ge-
baut hat, aber wo die Grundlage fehlerhaft iſt, da iſt das Verhäng-
niß des Sturzes unausweichbar, und auf uns, denen die Vorſeh-
ung das Schickſal einer Nation anvertraut hat, können die Schwä-
chen Eines Mannes keinen Einfluß üben. Das Volk iſt ewig, und ewig
wünſchen wir das Vaterland dieſes Volkes und ewig den Glanz jener
Dynaſtie die über uns herrſcht. Die Männer der Vergangenheit werden
nach kurzer Tage Friſt ins Grab ſteigen, aber auf den hoffnungsvollen
Erben des Hauſes Habsburg, auf den Erzherzog Franz Joſeph, der
ſchon bei ſeinem erſten Auftreten die Liebe der Nation gewann, wartet
die Erbſchaft eines glänzenden Thrones, der ſeine Kraft aus der Freiheit
ſchöpft, und deſſen alten Glanz der unglückſelige Mechanismus der Wie-
ner Politik ſchwerlich erhalten kann. Die Dynaſtie hat alſo zu wählen
zwiſchen ihrem eigenen Wohl und der Erhaltung eines morſchen Regie-
rungsſyſtems. Und ich fürchte daß, wenn die loyalen Erklärungen der
Völker nicht dazwiſchen kommen, jene verknöcherte Politik in einer neuen
Ausgabe der ſelig entſchlafenen heiligen Allianz auf Koſten der Dynaſtie
für ſich eine kurze Friſt ſuchen wird. Sie die nichts zu vergeſſen pflegen,
vergeſſen es doch ſehr gern daß auch bei der erſten Ausgabe der heiligen
Allianz nicht dieſe die Throne errettete, ſondern der Enthuſiasmus der
Völker, jener Enthuſiasmus deſſen Grundlage das Verſprechen der Frei-
heit war, und dieſes Verſprechen ward nicht eingelöst. Eine Dynaſtie die
ſich auf die Freiheit ihrer Völker ſtützt wird ſtets Enthuſiasmus erregen,
denn von Herzen treu kann nur der freie Mann ſeyn. Wer gedrückt wird
der wird dienen wie er muß; Bureaukratien können keinen Enthuſiasmus
erwecken. Für eine geliebte Dynaſtie können Völker Blut und Leben ge-
ben, aber für die Politik eines drückenden Regierungsſyſtems wird kein
Sperling ſich aufopfern. Uebrigens, wenn es einen Mann in Wien gibt
der im Intereſſe der Gewalt ſeiner noch wenigen Tage auf Koſten der
Dynaſtie mit der Allianz abſoluter Mächte liebäugelt, ſo ſollte er doch
bedenken daß es Mächte gibt die als Freunde gefährlicher ſind denn als
Feinde. Ja, löbliche Stände, es iſt meine feſte Ueberzeugung daß die Zu-
kunft unſrer Dynaſtie an die Verbrüderung der verſchiedenen Völker der
Monarchie gebunden iſt, und dieſe Berbrüderung kann mit Achtung der
beſtehenden Nationalitäten nur der Kitt der Conſtitutionalität zu Stande
bringen, der überall verwandte Gefühle erweckt; das Bureau und das Ba-
jonet ſind ein elendes Verbindungsmittel. Ich gehe daher bei dem Vor-
ſchlag den ich mache vom dynaſtiſchen Standpunkt aus, und Gott ſey
Dank daß dieſer Standpunkt in Verbindung mit den Intereſſen des Va-
terlandes ſteht. Wer kann ohne Grauen daran denken daß das Volk
Opfer bringen ſolle ohne moraliſche und materielle Schadloshaltung!
Wenn wir von dieſem Landtag auseinandergingen und brächten dem
Volke nicht was es von dieſer Geſetzgebung mit ſo viel Recht erwartet, wer
nähme dann die Verantwortlichkeit auf ſich für alles was erfolgen kann?
Wer wagt es die Bürgſchaft zu übernehmen daß der Enthuſiasmus und
die Bereitwilligkeit jedes Opfer zu bringen, mit der wir die Wände dieſes
Hauſes erſchüttern können, auch draußen im Volke ein Echo findet? Die
l. Stände werden die Gewalt der Umſtände fühlen, darum will ich dieſe
Verhältniſſe nicht weiter auseinanderſetzen, ſondern gehe über auf meine
Motion welche mir die treue Anhänglichkeit an die Dynaſtie, die Ver-
pflichtung gegen das Volk und das Gefühl meiner Verantwortlichkeit
auf die Lippen gibt. Doch ehe ich dieſe vortrage, bemerke ich noch daß ich,
wenn ich auch einige Aufgaben dieſes Landtags herzählen werde, die Be-
ſchwerden, wie z. B. die Frage der drei Comitate, die Religionsangele-
genheiten und die ſo wichtigen croatiſchen Verhältniſſe, darum nicht er-
wähne weil ich ſolche Fudamentalwünſche vortragen will die, wenn ſie,
wie ich es mit Recht erwarte, erfüllt werden, die Garantie der Heilung
dieſer Beſchwerden mit ſich führen. Mit meiner Motion will ich alſo
auch dieſe großen Fragen, beſonders die croatiſche die dieſer Landtag
nicht ungelöst laſſen darf, der ſichern Löſung entgegenführen, entſchloſ-
[Spaltenumbruch] ſen daß — wenn die Löſung auf dieſem Wege, auf dem wir dem Aufrei-
ßen der Wunden der Vergangenheit ausweichen können, nicht gelingt —
ich es für die wichtigſte Pflicht halte die croatiſche Frage mit der ganzen
Sympathie meiner Seele zu erfaſſen, und ſollte es auch nöthig werden die
alten Wunden aufzureißen. Und nun ſchlage ich ohne alle weitere Mo-
tivirung folgende Adreſſe an Se. Maj. vor.“ (Hier folgt die einſtimmig
angenommene Adreſſe welche die Allg. Zeitung früher mitgetheilt hat).


Un-
garn hat in zwei Tagen eine Revolution durchgemacht, aber eine
ſolche welche nicht auf der Straße im Bürgerblut, ſondern in den Hal-
len der Geſetzgebung ihre Fahne aufpflanzte. Geſtern wurde von bei-
den Tafeln der Reichsſtände einſtimmig eine Adreſſe an Se. Maj.
angenommen, worin als nothwendige Bedingungen für die conſtitutio-
nelle Entwicklung des Landes um unverweilte Einſetzung eines ſelbſiſtän-
digen ungariſchen Miniſteriums, welches mit der Majorität des Reichs-
tags regiert, eine umfaſſende Volksvertretung, Preßfreiheit, National-
bewaffnung, Geſchwornengerichte, Mündlichkeit und Oeffentlichkeit, Union
mit Siebenbürgen, Ertheilung einer Verfaſſung für die übrigen Erb-
provinzen ꝛc. gebeten wird. Dieſe Adreſſe ſoll Sr. Maj. von einer
reichstäglichen Deputation, an deren Spitze der Erzherzog Palatin und
die aus den hervorragendſten Mitgliedern des Reichstags beſteht, mor-
gen perſönlich übergeben werden. In der heutigen Ständeſitzung
hingegen wurde auf den Antrag Koſſuths einſtimmig beſchloſſen

„alle Steuern und öffentlichen Laſten (auch die Kriegs-
ſteuer) ohne Unterſchied des Standes unverzüglich
nach gleichem Verhältniß zu vertheilen; die Urba-
rariallaſten und bäuerlichen Giebigkeiten ſogleich auf-
zuheben; die Grundbeſitzer auf Staatskoſten zu entſchä-
digen; den Städten noch auf dieſem Landtag eine verhält-
niß mäßige Ausübung des Stimmrechts zu ertheilen, und die
Deputirten nicht als Repräſentanten der Comitate oder
einer einzelnen Kaſte, ſondern als die Stellvertreter
des ganzen Volkes zu erklären
.

Wenn man die ungeheuern
Ereigniſſe dieſer Tage, die faſt märchenhaften Sagen aus Wien, die
uns noch immer unglaublich erſcheinen bis wir deren Reſultate nicht
mit Augen geſehen, wenn wir dieſe mit der ungeſtörten Ruhe des als
ſo revolutionär verſchrienen Ungarns mit den großartigen Schritten
ſeiner Geſetzgebung, mit den ungeheuchelten und begeiſterten Kundge-
bungen der Treue für ſeinen König vergleichen, ſo glauben wir ſelbſt
den verſtockteſten Abſolutiſten von dem Vorzug einer Verfaſſung und
einer Volksvertretung gegenüber der Bureaukratie und Volksbevor-
mundung überzeugt zu haben. Geſtern aber wurde dem gefeier-
ten Koſſuth von der Preßburger Bürgerſchaft und von der Land-
tagsjugend in voller Uniform gemeinſchaftlich ein glänzender Fackel-
zug gebracht. Rührend und erhebend war heute früh die Abfahrt
des Dampfboots nach Wien mit der Deputation zu ſehen. Beinahe die
ganze Bevölkerung von Preßburg war am Donauufer zuſammengeſtrömt.
Tauſendſtimmiges Eljen, Böllerſchüſſe, Hüteſchwenken und warme Se-
genswünſche begleiteten die Vertreter des Landes, und es ſchien als ob
alle Claſſen des Volkes von der Wichtigkeit ihrer Sendung durchdrun-
gen geweſen wären. Möge der Geiſt der über die Völkergeſchicke wacht,
ſie mit Erfolg krönen. Ueber den Empfang der Deputation in Wien,
wo man, wie es heißt, die Ankunft Koffuths mit Sehnſucht erwartet, ſo-
wie über die Reſultate der Sendung morgen näheres. (S. Wien.)

Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Das Dampfboot „Sarah Sands“ hat eine New-Yorker Poſt
vom 28 Febr. nach Liverpool überbracht. Der von Hrn. Triſt vorge-
legte Friedensvertrag iſt, ſo wird verſichert, von der mexicaniſchen Re-
gierung in Queretaro ratificirt, und bedarf nur noch der Beſtätigung
des amerikaniſchen Senats. Ferner ſoll die mexicaniſche Regierung, in
Uebereinkunft mit General Scott, die Einkerkerung oder Verbannung
Santa Anna’s beſchloſſen haben. Am 26 Febr. erfolgte in Waſhington
die feierliche Beſtattung John Quincy Adams’, deſſen balſamirte Leiche
auf ihrem Paradebett im Capitol von mehr als 6000 Perſonen in
Trauer beſucht worden war. Alle Häuſer der Stadt waren mit Trauer-
zeichen behangen, der ganze Senat und das Repräſentantenhaus und
mehr als 200 Wagen folgten der Bahre. — Einer Anzeige des engli-
ſchen Poſtamtes zufolge ſoll im heurigen Sommer regelmäßig eine all-
wöchentliche
Dampfpoſtverbindung zwiſchen England und den Ver-
einigten Staaten ſtattfinden.



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[0020] Intereſſen der Völker und den Rechtsanſprüchen rationeller Freiheit direct entgegengeſetzt iſt, ſo viel heißt: als die Zukunft der Dynaſtie compromittiren. Auch unnatürliche politiſche Syſteme können ſich lange erhalten; denn zwiſchen der Geduld der Völker und der Ver- zweiflung liegt ein langer Weg; es gibt aber politiſche Syſteme die dadurch daß ſie lange gedauert haben nicht an Kraft gewonnen ſon- dern verloren, und zuletzt kommt der Moment wo es gefährlich wird ſie erhalten zu wollen: denn ihr langes Leben machte ſie reif zum Tode. Den Tod aber kann man theilen, nicht aufhalten. Ich weiß daß es einem alten Syſtem wie einem alten Mann ſchwer wird ſich zu tren- nen von der Idee eines langen Lebens; ich weiß daß es ſchmerzlich ſey Stück für Stück zuſammenfallen zu ſehen was ein langes Leben ge- baut hat, aber wo die Grundlage fehlerhaft iſt, da iſt das Verhäng- niß des Sturzes unausweichbar, und auf uns, denen die Vorſeh- ung das Schickſal einer Nation anvertraut hat, können die Schwä- chen Eines Mannes keinen Einfluß üben. Das Volk iſt ewig, und ewig wünſchen wir das Vaterland dieſes Volkes und ewig den Glanz jener Dynaſtie die über uns herrſcht. Die Männer der Vergangenheit werden nach kurzer Tage Friſt ins Grab ſteigen, aber auf den hoffnungsvollen Erben des Hauſes Habsburg, auf den Erzherzog Franz Joſeph, der ſchon bei ſeinem erſten Auftreten die Liebe der Nation gewann, wartet die Erbſchaft eines glänzenden Thrones, der ſeine Kraft aus der Freiheit ſchöpft, und deſſen alten Glanz der unglückſelige Mechanismus der Wie- ner Politik ſchwerlich erhalten kann. Die Dynaſtie hat alſo zu wählen zwiſchen ihrem eigenen Wohl und der Erhaltung eines morſchen Regie- rungsſyſtems. Und ich fürchte daß, wenn die loyalen Erklärungen der Völker nicht dazwiſchen kommen, jene verknöcherte Politik in einer neuen Ausgabe der ſelig entſchlafenen heiligen Allianz auf Koſten der Dynaſtie für ſich eine kurze Friſt ſuchen wird. Sie die nichts zu vergeſſen pflegen, vergeſſen es doch ſehr gern daß auch bei der erſten Ausgabe der heiligen Allianz nicht dieſe die Throne errettete, ſondern der Enthuſiasmus der Völker, jener Enthuſiasmus deſſen Grundlage das Verſprechen der Frei- heit war, und dieſes Verſprechen ward nicht eingelöst. Eine Dynaſtie die ſich auf die Freiheit ihrer Völker ſtützt wird ſtets Enthuſiasmus erregen, denn von Herzen treu kann nur der freie Mann ſeyn. Wer gedrückt wird der wird dienen wie er muß; Bureaukratien können keinen Enthuſiasmus erwecken. Für eine geliebte Dynaſtie können Völker Blut und Leben ge- ben, aber für die Politik eines drückenden Regierungsſyſtems wird kein Sperling ſich aufopfern. Uebrigens, wenn es einen Mann in Wien gibt der im Intereſſe der Gewalt ſeiner noch wenigen Tage auf Koſten der Dynaſtie mit der Allianz abſoluter Mächte liebäugelt, ſo ſollte er doch bedenken daß es Mächte gibt die als Freunde gefährlicher ſind denn als Feinde. Ja, löbliche Stände, es iſt meine feſte Ueberzeugung daß die Zu- kunft unſrer Dynaſtie an die Verbrüderung der verſchiedenen Völker der Monarchie gebunden iſt, und dieſe Berbrüderung kann mit Achtung der beſtehenden Nationalitäten nur der Kitt der Conſtitutionalität zu Stande bringen, der überall verwandte Gefühle erweckt; das Bureau und das Ba- jonet ſind ein elendes Verbindungsmittel. Ich gehe daher bei dem Vor- ſchlag den ich mache vom dynaſtiſchen Standpunkt aus, und Gott ſey Dank daß dieſer Standpunkt in Verbindung mit den Intereſſen des Va- terlandes ſteht. Wer kann ohne Grauen daran denken daß das Volk Opfer bringen ſolle ohne moraliſche und materielle Schadloshaltung! Wenn wir von dieſem Landtag auseinandergingen und brächten dem Volke nicht was es von dieſer Geſetzgebung mit ſo viel Recht erwartet, wer nähme dann die Verantwortlichkeit auf ſich für alles was erfolgen kann? Wer wagt es die Bürgſchaft zu übernehmen daß der Enthuſiasmus und die Bereitwilligkeit jedes Opfer zu bringen, mit der wir die Wände dieſes Hauſes erſchüttern können, auch draußen im Volke ein Echo findet? Die l. Stände werden die Gewalt der Umſtände fühlen, darum will ich dieſe Verhältniſſe nicht weiter auseinanderſetzen, ſondern gehe über auf meine Motion welche mir die treue Anhänglichkeit an die Dynaſtie, die Ver- pflichtung gegen das Volk und das Gefühl meiner Verantwortlichkeit auf die Lippen gibt. Doch ehe ich dieſe vortrage, bemerke ich noch daß ich, wenn ich auch einige Aufgaben dieſes Landtags herzählen werde, die Be- ſchwerden, wie z. B. die Frage der drei Comitate, die Religionsangele- genheiten und die ſo wichtigen croatiſchen Verhältniſſe, darum nicht er- wähne weil ich ſolche Fudamentalwünſche vortragen will die, wenn ſie, wie ich es mit Recht erwarte, erfüllt werden, die Garantie der Heilung dieſer Beſchwerden mit ſich führen. Mit meiner Motion will ich alſo auch dieſe großen Fragen, beſonders die croatiſche die dieſer Landtag nicht ungelöst laſſen darf, der ſichern Löſung entgegenführen, entſchloſ- ſen daß — wenn die Löſung auf dieſem Wege, auf dem wir dem Aufrei- ßen der Wunden der Vergangenheit ausweichen können, nicht gelingt — ich es für die wichtigſte Pflicht halte die croatiſche Frage mit der ganzen Sympathie meiner Seele zu erfaſſen, und ſollte es auch nöthig werden die alten Wunden aufzureißen. Und nun ſchlage ich ohne alle weitere Mo- tivirung folgende Adreſſe an Se. Maj. vor.“ (Hier folgt die einſtimmig angenommene Adreſſe welche die Allg. Zeitung früher mitgetheilt hat). * An Bord des Dampfers Franz Carl, 15 März. Un- garn hat in zwei Tagen eine Revolution durchgemacht, aber eine ſolche welche nicht auf der Straße im Bürgerblut, ſondern in den Hal- len der Geſetzgebung ihre Fahne aufpflanzte. Geſtern wurde von bei- den Tafeln der Reichsſtände einſtimmig eine Adreſſe an Se. Maj. angenommen, worin als nothwendige Bedingungen für die conſtitutio- nelle Entwicklung des Landes um unverweilte Einſetzung eines ſelbſiſtän- digen ungariſchen Miniſteriums, welches mit der Majorität des Reichs- tags regiert, eine umfaſſende Volksvertretung, Preßfreiheit, National- bewaffnung, Geſchwornengerichte, Mündlichkeit und Oeffentlichkeit, Union mit Siebenbürgen, Ertheilung einer Verfaſſung für die übrigen Erb- provinzen ꝛc. gebeten wird. Dieſe Adreſſe ſoll Sr. Maj. von einer reichstäglichen Deputation, an deren Spitze der Erzherzog Palatin und die aus den hervorragendſten Mitgliedern des Reichstags beſteht, mor- gen perſönlich übergeben werden. In der heutigen Ständeſitzung hingegen wurde auf den Antrag Koſſuths einſtimmig beſchloſſen „alle Steuern und öffentlichen Laſten (auch die Kriegs- ſteuer) ohne Unterſchied des Standes unverzüglich nach gleichem Verhältniß zu vertheilen; die Urba- rariallaſten und bäuerlichen Giebigkeiten ſogleich auf- zuheben; die Grundbeſitzer auf Staatskoſten zu entſchä- digen; den Städten noch auf dieſem Landtag eine verhält- niß mäßige Ausübung des Stimmrechts zu ertheilen, und die Deputirten nicht als Repräſentanten der Comitate oder einer einzelnen Kaſte, ſondern als die Stellvertreter des ganzen Volkes zu erklären. Wenn man die ungeheuern Ereigniſſe dieſer Tage, die faſt märchenhaften Sagen aus Wien, die uns noch immer unglaublich erſcheinen bis wir deren Reſultate nicht mit Augen geſehen, wenn wir dieſe mit der ungeſtörten Ruhe des als ſo revolutionär verſchrienen Ungarns mit den großartigen Schritten ſeiner Geſetzgebung, mit den ungeheuchelten und begeiſterten Kundge- bungen der Treue für ſeinen König vergleichen, ſo glauben wir ſelbſt den verſtockteſten Abſolutiſten von dem Vorzug einer Verfaſſung und einer Volksvertretung gegenüber der Bureaukratie und Volksbevor- mundung überzeugt zu haben. Geſtern aber wurde dem gefeier- ten Koſſuth von der Preßburger Bürgerſchaft und von der Land- tagsjugend in voller Uniform gemeinſchaftlich ein glänzender Fackel- zug gebracht. Rührend und erhebend war heute früh die Abfahrt des Dampfboots nach Wien mit der Deputation zu ſehen. Beinahe die ganze Bevölkerung von Preßburg war am Donauufer zuſammengeſtrömt. Tauſendſtimmiges Eljen, Böllerſchüſſe, Hüteſchwenken und warme Se- genswünſche begleiteten die Vertreter des Landes, und es ſchien als ob alle Claſſen des Volkes von der Wichtigkeit ihrer Sendung durchdrun- gen geweſen wären. Möge der Geiſt der über die Völkergeſchicke wacht, ſie mit Erfolg krönen. Ueber den Empfang der Deputation in Wien, wo man, wie es heißt, die Ankunft Koffuths mit Sehnſucht erwartet, ſo- wie über die Reſultate der Sendung morgen näheres. (S. Wien.) Vereinigte Staaten von Nordamerika. Das Dampfboot „Sarah Sands“ hat eine New-Yorker Poſt vom 28 Febr. nach Liverpool überbracht. Der von Hrn. Triſt vorge- legte Friedensvertrag iſt, ſo wird verſichert, von der mexicaniſchen Re- gierung in Queretaro ratificirt, und bedarf nur noch der Beſtätigung des amerikaniſchen Senats. Ferner ſoll die mexicaniſche Regierung, in Uebereinkunft mit General Scott, die Einkerkerung oder Verbannung Santa Anna’s beſchloſſen haben. Am 26 Febr. erfolgte in Waſhington die feierliche Beſtattung John Quincy Adams’, deſſen balſamirte Leiche auf ihrem Paradebett im Capitol von mehr als 6000 Perſonen in Trauer beſucht worden war. Alle Häuſer der Stadt waren mit Trauer- zeichen behangen, der ganze Senat und das Repräſentantenhaus und mehr als 200 Wagen folgten der Bahre. — Einer Anzeige des engli- ſchen Poſtamtes zufolge ſoll im heurigen Sommer regelmäßig eine all- wöchentliche Dampfpoſtverbindung zwiſchen England und den Ver- einigten Staaten ſtattfinden.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 80, 20. März 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine80_1848/20>, abgerufen am 24.11.2024.