Allgemeine Zeitung, Nr. 79, 19. März 1848.[Spaltenumbruch]
Nr. 79. [Spaltenumbruch]
Beilage zur Allgemeinen Zeitung. [Spaltenumbruch]
19 März 1848.[Spaltenumbruch]
Der volkswirthschaftliche Beruf des deutschen Parlaments. (Beschluß.) Ein anderer staats- und volkswirthschaftlicher Gegenstand, welcher Wer den allgemeinen Unwillen kennt welcher auf diesem Privat- Die Censur beruhte auch, zwar nicht auf der Bundesacte, aber auf Allen diesen großen Uebeln dürfte von Grund aus nur abzuhelfen Ebenso dürfte das Münzwesen zur Bundessache zu erklären seyn. Die Münz gesetzgebung in ihrem vollsten Umfang, und nament- [Spaltenumbruch]
Nr. 79. [Spaltenumbruch]
Beilage zur Allgemeinen Zeitung. [Spaltenumbruch]
19 März 1848.[Spaltenumbruch]
Der volkswirthſchaftliche Beruf des deutſchen Parlaments. (Beſchluß.) Ein anderer ſtaats- und volkswirthſchaftlicher Gegenſtand, welcher Wer den allgemeinen Unwillen kennt welcher auf dieſem Privat- Die Cenſur beruhte auch, zwar nicht auf der Bundesacte, aber auf Allen dieſen großen Uebeln dürfte von Grund aus nur abzuhelfen Ebenſo dürfte das Münzweſen zur Bundesſache zu erklären ſeyn. Die Münz geſetzgebung in ihrem vollſten Umfang, und nament- <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0009"/> <cb/> <div type="jSupplement" n="1"> <floatingText> <front> <titlePage type="heading"> <docTitle> <titlePart type="volume"> <hi rendition="#b">Nr. 79.</hi> </titlePart> <cb/> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Beilage zur Allgemeinen Zeitung.</hi> </titlePart> </docTitle> <cb/> <docImprint> <docDate> <hi rendition="#b">19 März 1848.</hi> </docDate> </docImprint> </titlePage> </front><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <body> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div type="jComment" n="3"> <head><hi rendition="#b">Der volkswirthſchaftliche Beruf des deutſchen<lb/> Parlaments.</hi><lb/> (Beſchluß.)</head><lb/> <p>Ein anderer ſtaats- und volkswirthſchaftlicher Gegenſtand, welcher<lb/> ſich in hohem Grade zur Bundesſache eignet, dürfte die Poſt ſeyn. Ein<lb/> Theil von Deutſchland ſeufzt unter der Taxis’ſchen Poſt. Die bloße<lb/> Thatſache des Beſtehens einer ſolchen iſt wohl einer der gröbſten Miß-<lb/> bräuche welche die Geſchichte kennt. Daß ein Privatmann die ſchrift-<lb/> lichen Verbindungen, den Zeitungsverkehr und einen bedeutenden Theil<lb/> des Perſonen- und Gepäcktransports ganzer Länder als Monopol gegen<lb/> den Staat und gegen deſſen Bürger im Bann habe; daß er dieſen geiſti-<lb/> gen und materiellen Verkehr für ſeinen Privatvortheil ausbeuten dürfe;<lb/> daß er das Recht habe jede Mitbewerbung, ſelbſt die des Staates, aus-<lb/> zuſchließen; daß es von ſeinem guten oder ſchlechten Willen, von ſeiner<lb/> Großmuth oder ſeinem Geiz abhängen ſoll ob und wie weit er für<lb/> gut finde die Poſtverbindungen nach dem Beiſpiel vorangeſchrittener<lb/> Länder, wie Englands und Frankreichs, zu vervielfältigen und zu be-<lb/> ſchleunigen oder dieſelben zu vernachläſſigen, vielleicht ganze Bezirke<lb/> hintanzuſetzen; daß es ſeinem Gutfinden überlaſſen ſeyn ſoll ob er die<lb/> Poſtmeiſter und Poſtillone ſo belohnen wolle daß ſie bei dem Poſtdienſt<lb/> ihr Auskommen finden, oder ob er an ihnen ſo kargen wolle daß einer<lb/> um den andern ſeinen Dienſt aufgebe um ſich in demſelben nicht zu<lb/> Grunde zu richten; daß es ihm gegeben ſeyn ſoll ſogar den Verkehr der<lb/> mit Staats- oder Privatmitteln gebauten Eiſenbahnen anzuſprechen oder<lb/> zu verhindern ſo weit ſein Poſtmonopol gehe; daß es von ſeiner Will-<lb/> kür abhängen ſoll ob und wie weit er zu einer Ermäßigung der beſtehen-<lb/> den Poſttarife ſich herbeilaſſen wolle oder nicht, ob und wie weit er alſo<lb/> z. 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Die<lb/> Aufhebung desſelben iſt ebenſo ſehr durch die Staatsklugheit als durch das<lb/> Recht geboten. Irgendeine Entſchädigung kann, meiner Anſicht nach,<lb/> dem Fürſten Taxis dafür nicht gebühren; er darf, wie es mir ſcheint,<lb/> froh ſeyn ein mit den erſten Rechtsbegriffen im grellſten Widerſpruche<lb/> ſtehendes Privatmonopol ſo lange ausgebeutet und aus Deutſchland ſo<lb/> viele Millionen gezogen zu haben, welche nach natürlichem Rechte den<lb/> Staaten gebührt hätten. Nicht als wüßte ich nicht daß der Fortbeſitz<lb/> und die Wiedererlangung der Poſten oder eine Entſchädigung für ihren<lb/> Verluſt dem Fürſten Taxis durch den Art. 17 der ſeitherigen Bundes-<lb/> acte zugeſichert worden find. Von der Mißbräuchlichkeit und vollkomme-<lb/> nen Rechtswidrigkeit dieſer Beſtimmung handelt es ſich ja aber eben<lb/> und davon daß es höchſte Zeit iſt ſie aufzuheben.</p><lb/> <p>Die Cenſur beruhte auch, zwar nicht auf der Bundesacte, aber auf<lb/> Bundesbeſchlüſſen; die Karlsbader, Frankfurter, Wiener Beſchlüſſe<lb/> waren formell nicht weniger gültig als der Art. 17 der Bundesacte.<lb/> Dieß alles hat aber nichtsdeſtoweniger theils durch einen Bundesbeſchluß,<lb/> theils durch die Beſchlüſſe einzelner Regierungen das Ende ſeiner Gül-<lb/> tigkeit theils bereits gefunden, theils iſt es im Begriff dasſelbe zu finden.<lb/> Daß die Einrichtung der Cenſur, daß die Karlsbader ꝛc. Beſchlüſſe im<lb/> vermeintlichen Intereſſe der Regierungen, der Artikel 17 der Bundes-<lb/> acte, welcher dem Fürſten Taxis die Poſt zuerkennt, dagegen im aus-<lb/> ſchließlichen Intereſſe eines Privatmonopoliſten und nothwendig rein<lb/> zum Schaden der Staatsgeſellſchaft und ihrer Angehörigen feſtgeſetzt<lb/> worden ſind — dieß macht den Art. 17 offenbar nicht heiliger, ſondern<lb/> noch verwerflicher als die Bundesbeſchlüſſe über Cenſur ꝛc. Es handelt<lb/> ſich auch hier nicht von einem Privateigenthum, ſondern ganz einfach<lb/> von einem Privatmonopol, das ein Unrecht an ſich iſt, von einem Ein-<lb/><cb/> griff in die Rechte des Staats und Volkes, das man abzuſtellen, nicht<lb/> abzukaufen hat. Allein die Befreiung Deutſchlands von dem Taxis’-<lb/> ſchen Poſtmonopol, wo dieſes beſteht, genügt dem Bedürfniß verbeſſer-<lb/> ter Poſteinrichtungen für ſich allein nicht. Die Tarife — auch der neue,<lb/> von dem Dresdener Poſtcongreß berathene — ſind viel zu hoch um dem<lb/> Briefwechſel, dem Zeitungs-, dem Geldverkehr und der Anweiſung von<lb/> Geldern bei Poſtämtern, dem Perſonen- und Gepäcktransport jene unge-<lb/> heure Ausdehnung, eben damit aber auch der geiſtigen Bildung, dem<lb/> Gewerbfleiß und Handel jene unermeßliche Förderung zu gewähren<lb/> welche von niederen Poſttaxen abhängen. Der Poſtenlauf iſt in Deutſch-<lb/> land noch viel zu langſam, man kann ſagen ſcandalös langſam, ver-<lb/> glichen mit ſeiner Schnelligkeit in England und Frankreich, und die<lb/> Trennung der Poſtgebiete in Deutſchland, ſowie die wechſelſeitige Eifer-<lb/> ſucht der Poſtverwaltungen ſchadet der Einrichtung des Verkehrs in den<lb/> kürzeſten Richtungen, dem ſchnellen und zweckmäßigen Ineinandergreifen<lb/> unendlich. Welche Gräuelzuſtände in poſtlicher Hinſicht finden ſich end-<lb/> lich auf einzelnen Punkten, wie z. 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Wer, wie der Schreiber dieſer<lb/> Zeilen, drei Jahre in ausländiſchen Seehäfen zugebracht, und ſich vor<lb/> allen ſeefahrenden Völkern ins Jnnerſte der Seele hinein der deutſchen<lb/> Hülfloſtgkeit geſchämt hat, wird ihm dieß zehnfältig nachfühlen.</p><lb/> <p>Ebenſo dürfte das <hi rendition="#g">Münzweſen</hi> zur Bundesſache zu erklären ſeyn.<lb/> Umſonſt beſtimmen die Zollvereinsverträge daß man ſich über ein glei-<lb/> ches Münzſyſtem vereinigen wolle. Man kam bekanntlich nicht über den<lb/> Dualismus des preußiſchen und des ſüddeutſchen Münzſyſtems hinaus,<lb/> und würde vorausſichtlich nie darüber hinauskommen, noch ſich mit<lb/> Oeſterreich ꝛc. zu einem gemeinſamen Münzſyſtem einigen, ſo lange die<lb/> Frage in den alleinigen Händen der Regierungen bleibt, d. h. in letzter<lb/> Jnſtanz der Münzbeamten, deren einſtimmige Vereinigung über dieſe<lb/> Frage ein Wunder wäre. Ein deutſches Parlament dagegen entſcheidet<lb/> mit Stimmenmehrheit über die Frage, und beſchließt vom größeren<lb/> nationalen Standpunkt ein einheitliches Münzſyſtem nicht nach dem ge-<lb/> gebenen Münzſyſtem dieſes oder jenes Bundesſtaates, ſondern nach den<lb/> Rückſichten des Welthandels, welche es räthlich und vortheilhaft machen<lb/> einem der verbreiteteren Münzſyſteme der Welt ſich anzuſchließen, z. B.<lb/> dem nordamerikaniſchen, welches den über die ganze Welt verbreiteten<lb/> ſpaniſchen Piaſter (= 1 Dollar) als Einheit ſeiner Silbermünze zu<lb/> Grunde legte, dem öſterreichiſchen, deſſen Münzen auch außer der Mon-<lb/> archie am Mittelmeer, in der Levante und bis ins Innere von Afrika<lb/> verbreitet ſind, oder dem franzöſiſchen.</p><lb/> <p>Die Münz <hi rendition="#g">geſetzgebung</hi> in ihrem vollſten Umfang, und nament-<lb/> lich auch was die Verfügungen über Verbot oder geſetzlichen Zahlungs-<lb/> werth fremder Münzen betrifft, dürfte alſo jedenfalls dem Bunde beizu-<lb/> legen ſeyn, ſowie auch die Befugniß zu Ergreifung aller Maaßregeln<lb/> für Handhabung derſelben mittelſt der erforderlichen Controle und der<lb/> kräftigſten Einſchreitung gegen Schändlichkeiten, wie die coburgiſche<lb/> Falſchmünzerei deren eine war. Weitere Fragen dagegen wären: ob die<lb/></p> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [0009]
Nr. 79.
Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
19 März 1848.
Der volkswirthſchaftliche Beruf des deutſchen
Parlaments.
(Beſchluß.)
Ein anderer ſtaats- und volkswirthſchaftlicher Gegenſtand, welcher
ſich in hohem Grade zur Bundesſache eignet, dürfte die Poſt ſeyn. Ein
Theil von Deutſchland ſeufzt unter der Taxis’ſchen Poſt. Die bloße
Thatſache des Beſtehens einer ſolchen iſt wohl einer der gröbſten Miß-
bräuche welche die Geſchichte kennt. Daß ein Privatmann die ſchrift-
lichen Verbindungen, den Zeitungsverkehr und einen bedeutenden Theil
des Perſonen- und Gepäcktransports ganzer Länder als Monopol gegen
den Staat und gegen deſſen Bürger im Bann habe; daß er dieſen geiſti-
gen und materiellen Verkehr für ſeinen Privatvortheil ausbeuten dürfe;
daß er das Recht habe jede Mitbewerbung, ſelbſt die des Staates, aus-
zuſchließen; daß es von ſeinem guten oder ſchlechten Willen, von ſeiner
Großmuth oder ſeinem Geiz abhängen ſoll ob und wie weit er für
gut finde die Poſtverbindungen nach dem Beiſpiel vorangeſchrittener
Länder, wie Englands und Frankreichs, zu vervielfältigen und zu be-
ſchleunigen oder dieſelben zu vernachläſſigen, vielleicht ganze Bezirke
hintanzuſetzen; daß es ſeinem Gutfinden überlaſſen ſeyn ſoll ob er die
Poſtmeiſter und Poſtillone ſo belohnen wolle daß ſie bei dem Poſtdienſt
ihr Auskommen finden, oder ob er an ihnen ſo kargen wolle daß einer
um den andern ſeinen Dienſt aufgebe um ſich in demſelben nicht zu
Grunde zu richten; daß es ihm gegeben ſeyn ſoll ſogar den Verkehr der
mit Staats- oder Privatmitteln gebauten Eiſenbahnen anzuſprechen oder
zu verhindern ſo weit ſein Poſtmonopol gehe; daß es von ſeiner Will-
kür abhängen ſoll ob und wie weit er zu einer Ermäßigung der beſtehen-
den Poſttarife ſich herbeilaſſen wolle oder nicht, ob und wie weit er alſo
z. B. dem deutſchen Verkehr die Wohlthaten der brittiſchen Poſtreform
zukommen laſſen wolle oder nicht; daß er endlich über den Poſtverkehr
deutſcher Länder mit auswärtigen Mächten Staatsverträge mit letztern
abſchließen dürfe — dieß alles iſt ſo vollkommen verkehrt, und ſteht mit
den natürlichen und unveräußerlichen Rechten der Staaten und ihrer
Angehörigen in ſo ſchneidendem Widerſpruche, daß es nicht verwundern
iſt wenn das Publicum ſich die Wiederherſtellung dieſes in mehreren
deutſchen Ländern bereits abgeſtellt geweſenen Mißbrauchs im neun-
zehnten Jahrhundert nur durch die unglaublichſten Sagen über deren
Entſtehungsgeſchichte zu erklären wußte.
Wer den allgemeinen Unwillen kennt welcher auf dieſem Privat-
monopol in den Ländern laſtet die damit behaftet ſind, kann nur die
Anſicht theilen daß ſein Fortbeſtand zur Unmöglichkeit geworden iſt. Die
Aufhebung desſelben iſt ebenſo ſehr durch die Staatsklugheit als durch das
Recht geboten. Irgendeine Entſchädigung kann, meiner Anſicht nach,
dem Fürſten Taxis dafür nicht gebühren; er darf, wie es mir ſcheint,
froh ſeyn ein mit den erſten Rechtsbegriffen im grellſten Widerſpruche
ſtehendes Privatmonopol ſo lange ausgebeutet und aus Deutſchland ſo
viele Millionen gezogen zu haben, welche nach natürlichem Rechte den
Staaten gebührt hätten. Nicht als wüßte ich nicht daß der Fortbeſitz
und die Wiedererlangung der Poſten oder eine Entſchädigung für ihren
Verluſt dem Fürſten Taxis durch den Art. 17 der ſeitherigen Bundes-
acte zugeſichert worden find. Von der Mißbräuchlichkeit und vollkomme-
nen Rechtswidrigkeit dieſer Beſtimmung handelt es ſich ja aber eben
und davon daß es höchſte Zeit iſt ſie aufzuheben.
Die Cenſur beruhte auch, zwar nicht auf der Bundesacte, aber auf
Bundesbeſchlüſſen; die Karlsbader, Frankfurter, Wiener Beſchlüſſe
waren formell nicht weniger gültig als der Art. 17 der Bundesacte.
Dieß alles hat aber nichtsdeſtoweniger theils durch einen Bundesbeſchluß,
theils durch die Beſchlüſſe einzelner Regierungen das Ende ſeiner Gül-
tigkeit theils bereits gefunden, theils iſt es im Begriff dasſelbe zu finden.
Daß die Einrichtung der Cenſur, daß die Karlsbader ꝛc. Beſchlüſſe im
vermeintlichen Intereſſe der Regierungen, der Artikel 17 der Bundes-
acte, welcher dem Fürſten Taxis die Poſt zuerkennt, dagegen im aus-
ſchließlichen Intereſſe eines Privatmonopoliſten und nothwendig rein
zum Schaden der Staatsgeſellſchaft und ihrer Angehörigen feſtgeſetzt
worden ſind — dieß macht den Art. 17 offenbar nicht heiliger, ſondern
noch verwerflicher als die Bundesbeſchlüſſe über Cenſur ꝛc. Es handelt
ſich auch hier nicht von einem Privateigenthum, ſondern ganz einfach
von einem Privatmonopol, das ein Unrecht an ſich iſt, von einem Ein-
griff in die Rechte des Staats und Volkes, das man abzuſtellen, nicht
abzukaufen hat. Allein die Befreiung Deutſchlands von dem Taxis’-
ſchen Poſtmonopol, wo dieſes beſteht, genügt dem Bedürfniß verbeſſer-
ter Poſteinrichtungen für ſich allein nicht. Die Tarife — auch der neue,
von dem Dresdener Poſtcongreß berathene — ſind viel zu hoch um dem
Briefwechſel, dem Zeitungs-, dem Geldverkehr und der Anweiſung von
Geldern bei Poſtämtern, dem Perſonen- und Gepäcktransport jene unge-
heure Ausdehnung, eben damit aber auch der geiſtigen Bildung, dem
Gewerbfleiß und Handel jene unermeßliche Förderung zu gewähren
welche von niederen Poſttaxen abhängen. Der Poſtenlauf iſt in Deutſch-
land noch viel zu langſam, man kann ſagen ſcandalös langſam, ver-
glichen mit ſeiner Schnelligkeit in England und Frankreich, und die
Trennung der Poſtgebiete in Deutſchland, ſowie die wechſelſeitige Eifer-
ſucht der Poſtverwaltungen ſchadet der Einrichtung des Verkehrs in den
kürzeſten Richtungen, dem ſchnellen und zweckmäßigen Ineinandergreifen
unendlich. Welche Gräuelzuſtände in poſtlicher Hinſicht finden ſich end-
lich auf einzelnen Punkten, wie z. B. in Hamburg mit ſeinen vielerlei
getrennten Poſtämtern deutſcher Staaten!
Allen dieſen großen Uebeln dürfte von Grund aus nur abzuhelfen
ſeyn durch Erklärung des Poſtweſens zur Bundesſache. Nur wenn die
Poſtgeſetzgebung der oberſten Bundesbehörde und dem deutſchen
Parlament übertragen und die Verwaltung der deutſchen Poſten
einem General-Poſtdirector des Bundes — wie in Nordamerika —
natürlich unter der Aufficht des Bundestages und unter der Verantwort-
lichkeit gegen das Parlament übertragen wird, kann und wird dieſen
zahlloſen Mißſtänden abgeholfen werden. In Verbindung mit der
Bundesmarine hätte die Bundespoſt auch alle Hülfsmittel in der Hand
um den überſeeiſchen Dampf- und Segelpaketbootlinien die größte natio-
nale Bedeutung zu geben und Deutſchland als große Nation neben Eng-
land, Frankreich und Nordamerika einen würdigen Rang einnehmen,
ſeinem Handel eine ähnliche kräftige Förderung zu Theil werden zu laſ-
ſen. Gott, wenn wir es erleben ſollten, und jetzt hängt es nur von
Deutſchland ab es zu erleben daß wir endlich einmal als ein großes,
mächtiges Volk in der Welt auftreten, daß wir wie andere Nationen die
Kraft des einheitlichen Wirkens entwickeln, wenn einmal unſere deut-
ſchen Kriegsſchiffe, unſere Bundes-Poſtdampfer in die fremden Häfen
einlaufen, in welchen ein Deutſcher bis jetzt wie ein verſcheuchtes Huhn
herumging, ſich von Eck zu Eck drückte! Laſſe uns der Himmel bald
dieſen Tag unſerer Träume erblicken. Wer, wie der Schreiber dieſer
Zeilen, drei Jahre in ausländiſchen Seehäfen zugebracht, und ſich vor
allen ſeefahrenden Völkern ins Jnnerſte der Seele hinein der deutſchen
Hülfloſtgkeit geſchämt hat, wird ihm dieß zehnfältig nachfühlen.
Ebenſo dürfte das Münzweſen zur Bundesſache zu erklären ſeyn.
Umſonſt beſtimmen die Zollvereinsverträge daß man ſich über ein glei-
ches Münzſyſtem vereinigen wolle. Man kam bekanntlich nicht über den
Dualismus des preußiſchen und des ſüddeutſchen Münzſyſtems hinaus,
und würde vorausſichtlich nie darüber hinauskommen, noch ſich mit
Oeſterreich ꝛc. zu einem gemeinſamen Münzſyſtem einigen, ſo lange die
Frage in den alleinigen Händen der Regierungen bleibt, d. h. in letzter
Jnſtanz der Münzbeamten, deren einſtimmige Vereinigung über dieſe
Frage ein Wunder wäre. Ein deutſches Parlament dagegen entſcheidet
mit Stimmenmehrheit über die Frage, und beſchließt vom größeren
nationalen Standpunkt ein einheitliches Münzſyſtem nicht nach dem ge-
gebenen Münzſyſtem dieſes oder jenes Bundesſtaates, ſondern nach den
Rückſichten des Welthandels, welche es räthlich und vortheilhaft machen
einem der verbreiteteren Münzſyſteme der Welt ſich anzuſchließen, z. B.
dem nordamerikaniſchen, welches den über die ganze Welt verbreiteten
ſpaniſchen Piaſter (= 1 Dollar) als Einheit ſeiner Silbermünze zu
Grunde legte, dem öſterreichiſchen, deſſen Münzen auch außer der Mon-
archie am Mittelmeer, in der Levante und bis ins Innere von Afrika
verbreitet ſind, oder dem franzöſiſchen.
Die Münz geſetzgebung in ihrem vollſten Umfang, und nament-
lich auch was die Verfügungen über Verbot oder geſetzlichen Zahlungs-
werth fremder Münzen betrifft, dürfte alſo jedenfalls dem Bunde beizu-
legen ſeyn, ſowie auch die Befugniß zu Ergreifung aller Maaßregeln
für Handhabung derſelben mittelſt der erforderlichen Controle und der
kräftigſten Einſchreitung gegen Schändlichkeiten, wie die coburgiſche
Falſchmünzerei deren eine war. Weitere Fragen dagegen wären: ob die
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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