Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848.[Spaltenumbruch]
ster. Er beantragt: für die morgige Sitzung eine Petition an Großbritannien. London, 13 März. Die Anfänge der Parlamentssitzungen vom 13 März liegen vor "Der Ex-König und die Königin der Franzosen," schreibt die Ti- [Spaltenumbruch]
ſter. Er beantragt: für die morgige Sitzung eine Petition an Großbritannien. London, 13 März. Die Anfänge der Parlamentsſitzungen vom 13 März liegen vor „Der Ex-König und die Königin der Franzoſen,“ ſchreibt die Ti- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jComment" n="3"> <p><pb facs="#f0007" n="1239"/><cb/> ſter. Er beantragt: für die morgige Sitzung eine Petition an<lb/> Se. Majeſtät, daß noch im Laufe dieſes Reichstags ein ungari-<lb/> ſches Miniſterium ernannt werde das hier ſeinen Sitz habe. Wenn<lb/> morgen der König Soldaten fordert, werden wir ſie etwa <hi rendition="#g">dieſer</hi> Regie-<lb/> rung votiren? Wenn wir ſie votiren, wird uns das Volk nicht ver-<lb/> wünſchen? Wenn die Recruten ausgehoben ſind, werden ſie ſolchen<lb/> Fahnen treu dienen?“ u. ſ. w. Nicht eine Stimme erhob ſich gegen<lb/> das Princip der Motion. Zufällig hatte ein Regierungsmann (Statt-<lb/> haltereirath Batarezy) das Quafipräſidium, aber weder er noch der<lb/> conſervative Führer Somſich ſprach dagegen. Jm Gegentheile, ſie<lb/> äußerten ausdrücklich ſie ſeyen vollkommen mit der Anſicht Koſſuths<lb/> einverſtanden daß hier ein verantwortliches Miniſterium ſitzen möchte.<lb/> Nun aber kam das Ueberraſchende daß <hi rendition="#g">Graf Szechenyi</hi> ſich erhob<lb/> und eine wahre Philippica gegen die Regierung hielt. Worte wie<lb/> „elend, ſchlecht, unverbeſſerlich, ſtarrſinnig“ ꝛc. flogen wie Pelotonfeuer.<lb/> Alle ſprachen ſich gegen das jetzige Regiment offen und klar aus. Kein<lb/> Vertraueu in eine ſolche Regierung, keine Hoffnung fürs Land, Be-<lb/> ſorgniſſe für den Thron! So ging’s fünf Stunden lang bis zum<lb/> Schluſſe. Koſſuth ſollte Freitag den Antrag zu ſolcher Repräſentation<lb/> ſtellen, es ſoll gleich in der Circularſitzung angenommen, ſogleich eine<lb/> Reichsfitzung angeordnet und das authentiſirte Nuntium im Momente<lb/> den Magnaten zugeſchickt werden. Die ganze conſervative Partei ver-<lb/> pflichtete ſich auf Ehrenwort keine Sylbe dagegen vorzubringen. Die<lb/> Aufregung bis zur Sitzung war ungeheuer, die Sitzung ſelbſt eine<lb/> erhebende und großartige. Alles iſt angenommen. Koſſuth donnerte<lb/> wie der ergrimmte Jupiter: Mit <hi rendition="#g">dieſer</hi> Regierung iſt nicht weiter zu<lb/> kommen; wenn man alt iſt ſtirbt man, Metternichs Politik iſt ein<lb/> Greis, ſie iſt geſtorben. Gefahren ſtürmen ein auf unſer Reich. Eine<lb/> ſolche Regierung kann ſie nicht abwehren. Bajonette ſind heutzutage<lb/> die gebrechlichſten Häkchen einen Staat zuſammenzuhalten. Vielleicht<lb/> iſt eine zweite Auflage der heiligen Allianz im Anzuge, aber man<lb/> vergißt daß das Volk die Allianz rettete, nicht die Allianz das Volk.<lb/> Die Wiener Büreaukratie kann keine Begeiſterung erwecken, für den<lb/> König wollen wir unſer Blut laſſen, für die Wiener Politik opfert ſich<lb/> kein Spatz. Unter dieſen Verhältniſſen, bei dieſer abſolutiſtiſchen Rich-<lb/> tung kommen wir keinen Schritt vorwärts. Wir Ungarn aber find<lb/> allein noch im Stande dieſes der öſterreichiſchen Regierung zu ſagen; da-<lb/> her müſſen wir es ſagen! Als wir 1790 gegen die franzöfiſche Revolution<lb/> auftraten, vergaß der Reichstag Garantien für die Zukunft zu fordern;<lb/> wir wollen nicht in denſelben Fehler verfallen. Ein hoffnungsvoller Thron-<lb/> erbe war jüngſt in unſerer Mitte. <hi rendition="#g">Ganz</hi> ſoll er die Krone bekommen,<lb/> aber auf dieſem Wege wird ſie ſchlecht bewahrt. Jn wenigen Tagen<lb/> können Könige ſtürzen. Sorgen wir für morgen!“ u. ſ. w. Wie ge-<lb/> ſagt — der Antrag Koffuths wurde <hi rendition="#g">einſtimmig</hi> angenommen, eben-<lb/> ſo die (in der Allg. Ztg. vom 10 März mitgetheilte) Repräſentation.<lb/> Die geſtrige Reichsſitzung der Magnaten wurden unter Präſidium des<lb/> Reichsrichters eröffnet. Das Nuntium der Stände wurde verleſen,<lb/> aber der Präſes beantragte die Verhandlung auszuſetzen, bis der Pa-<lb/> latin zugegen ſey, der aber heute nach Wien reiste! Die Angelegenheit<lb/> wäre zu wichtig und ſchon die Discretion erfordere es dieſe Reprä-<lb/> ſentation nur in ſeinem Beiſeyn vorzunehmen. Es erfolgte eine all-<lb/> gemeine Entrüſtung der Oppofitionsmitglieder. Graf L. Bathyanyi<lb/> äußerte ſich über dieſes Verfahren mit Entſchiedenheit: der Uſus be-<lb/> lehrt daß von jeher ſelbſt die wichtigſten Affairen ohne Präſidium des<lb/> Palatins verhandelt und abgeſtimmt wurden. Uebrigens habe Se. k. H.<lb/> bereits <hi rendition="#g">vorgeſtern</hi> Nachts gewußt was die Stände vorhaben, und<lb/> dieſes abſichtliche Abreiſen um ſich dort Raths zu erholen wo ſo<lb/> ſelten ein guter Rath ertheilt wird, könne nur erbittern! — Sie kön-<lb/> nen wohl denken daß alle Conſervativen mit dem Juder Curiä für die<lb/> Vertagung ſtimmten — und ſo hat das Wiener Cabinet Zeit gewon-<lb/> nen. Meine unmaßgebliche Meinung iſt, daß trotz aller Stürme in<lb/> Frankreich und Jtalien die Wiener Regierung nicht ein Tüttelchen<lb/> vom alten Syſtem opfert, und ſonach eine Auflöſung des Reichsta-<lb/> ges und in Folge davon eine immenſe Erbitterung des Landes be-<lb/> vorſteht. Möchte ich mich irren! (Europa.)</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">London</hi>, 13 März.</dateline><lb/> <p>Die Anfänge der Parlamentsſitzungen vom 13 März liegen vor<lb/> uns. Jm <hi rendition="#g">Unterhaus</hi> wurde gefragt wie es mit den rückſtändigen Löh-<lb/> nen der aus der Normandie vertriebenen brittiſchen Arbeiter ſtehe.<lb/> Der Staatsſecretär des Jnnern, Sir George <hi rendition="#g">Grey</hi>, antwortete: der<lb/><cb/> edle Staatsſecretär des Auswärtigen werde über die Nachzahlung der<lb/> Löhne mit Frankreichs proviſoriſcher Regierung in Verkehr treten.<lb/> Der Miniſter fügte bei: die gezwungene Auswanderung engliſcher Ar-<lb/> beiter aus Frankreich dauere fort, und Jhrer Maj. Regierung werde<lb/> dieſe Sache nicht aus den Augen verlieren. Hr. <hi rendition="#g">Hindley</hi> zeigte an:<lb/> er werde demnächſt den (in der Sitzung vom 13 abweſenden) Viscount<lb/> Palmerſton fragen: ob das Gerücht gegründet ſey daß England ein<lb/> Schutz- und Trutzbündniß mit Preußen unterzeichnet habe. Das ganze<lb/> Haus brach darüber in ein Gelächter des Unglaubens aus; — „und<lb/> dieſes Lachen,“ bemerkt <hi rendition="#g">Galign. Meſſenger</hi>, „lieferte vielleicht den<lb/> geeignetſten Commentar zu einer ſo offenbar widerſinnigen Frage.“<lb/> (Leider ſcheint es faſt daß ein neulicher Druckfehler in einem preußi-<lb/> ſchen Artikel der Allgemeinen Zeitung, wo gerüchtsweiſe von einer<lb/> Coalition zwiſchen Oeſterreich, Preußen und <hi rendition="#g">England</hi> — anſtatt<lb/><hi rendition="#g">Rußland</hi> — die Rede war, und welcher Druckfehler, obgleich am fol-<lb/> genden Tage verbeſſert, mit dem Artikel in mehrere andere Blätter<lb/> überging, obiges Gerücht veranlaßt.)</p> </div> </div> </div><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"><lb/> <p>„Der Ex-König und die Königin der Franzoſen,“ ſchreibt die <hi rendition="#g">Ti-<lb/> mes,</hi> „leben fortwährend von ihrer Familie umgeben in Claremont.<lb/> Während der vorigen Woche erhielten ſie Beſuche von vielen perſönlichen<lb/> Freunden, worunter mehrere Mitglieder des hohen brittiſchen Adels.<lb/> Hr. Guizot war ſeit ſeiner Ankunft mehr als einmal in Claremont.<lb/> Auch der Herzog v. Montebello und Hr. Duchätel haben Beſuche abge-<lb/> ſtattet. Ludwig Philipp fährt zuweilen in einer Privatkutſche in der<lb/> Nachbarſchaft ſpazieren, und wird überall mit ausgezeichneter Achtung<lb/> empfangen. Dasſelbe gilt von den jüngeren Zweigen der Familie, den<lb/> Herzogen von Nemours und Montpenſier, welche beide oft in der Umge-<lb/> bung von Claremont ſpazieren. Zwei Polizeibeamte ſind zum Schutze<lb/> der königlichen Verbannten in Claremont aufgeſtellt, aber ihr Amt iſt<lb/> eine Sinecur, da nur wenige Fremde nach dem Orte kommen. Die<lb/> Gräfin Granville, der öſterreichiſche Geſandte und Graf und Gräfin<lb/> v. Jarnac waren unter den geſtrigen Beſuchern. Geſtern Morgens<lb/> wohnte die Familie dem Gottesdienſt in der katholiſchen Capelle zu<lb/> Weybridge bei.“ Man glaubte bisher Ludwig Philipp habe, einen plötz-<lb/> lichen Umſturz der Dinge in Frankreich ahnend oder wenigſtens für deſ-<lb/> ſen Möglichkeit vorſorgend, beträchtliche Summen in der engliſchen<lb/> Bank angelegt. „Dieſe Anſicht,“ ſagt die <hi rendition="#g">Times</hi>, „iſt leider ganz<lb/> grundlos. Ludwig Philipp hat, wie es fich jetzt zeigt, ſey es aus übel-<lb/> begründeter Zuverſicht in den Feſtbeſtand ſeiner Regierung, oder aus<lb/> Nationalität und Patriotismus — möglicherweiſe aus beiden Urſachen<lb/> — ſein und ſeiner Kinder ganzes Vermögen dem Boden und der<lb/> Treue Frankreichs anvertraut. Sollte daher die künftige franzöfiſche<lb/> Legislatur das Privatvermögen des Hauſes Orleans zu confisciren<lb/> beſchließen, ſo müßte dieſe unglückliche Fürſtenfamilie in einen Zu-<lb/> ſtand der Entblößung ſinken der ganz Europa mit Gefühlen der Scham<lb/> und Entrüſtung erfüllen würde. Jndeſſen beſorgen wir keinen ſo un-<lb/> barmherzigen und ungerechten Beſchluß, der ſo unvereinbar wäre mit der<lb/> Hochherzigkeit des franzöfiſchen Nationalcharakters, und mit jenen<lb/> Grundſätzen der Billigkeit, Menſchlichkeit und Mäßigung auf welche die<lb/> Republik gegründet zu ſeyn verſichert.“ — M. <hi rendition="#g">Chronicle</hi> bemerkt:<lb/> „Den Pariſer Blättern zufolge hat der Marquis v. Normanby für<lb/> nöthig erachtet, hinfichtlich der herzlichen Aufnahme welche Ludwig<lb/> Philipp und ſeine Familie in England gefunden, der proviſoriſchen Re-<lb/> gierung einige Erklärungen zu geben. Lord Normanby’s Abſicht bei<lb/> dieſem Schritt war ohne Zweiſel lobenswerth, aber der Schritt war<lb/> ganz und gar unnöthig. Auch in Frankreich iſt es niemanden einge-<lb/> fallen in der Aufnahme Ludwig Philipps bei unſerer Königin oder<lb/> unſerer Nation ein Anzeichen der Feindſeligkeit gegen die junge Re-<lb/> publik zu ſehen. Selbſt die anti-engliſcheſten der Pariſer Zeitungen<lb/> betrachten die Sache nicht in dieſem Lichte, ſondern ſehen darin eben nur<lb/> einen neuen Beweis von Englands allbekannter Gaſtfreundſchaft.“ —<lb/> „Graf v. Jarnac“, berichtet die M. <hi rendition="#g">Poſt</hi>, „iſt endlich ſeiner Pflichten<lb/> als franzöfiſcher Geſandter am Hofe von St. James enthoben. Am<lb/> letzten Freitag langte Hr. <hi rendition="#g">Cottu</hi>, ein vormaliger Attaché der Geſandt-<lb/> ſchaft, von Paris in Hertford-Haus an, von der proviſoriſchen Regierung<lb/> beauftragt vom Grafen v. Jarnac die Archive und Siegel der Geſandt-<lb/> ſchaft in Empfang zu nehmen. Graf Jarnac wohnt nun bei ſeinem<lb/> Schwager Lord Foley auf Grosvenor-Square. Hr. Cottu iſt, ſoviel<lb/> wir wiſſen, nicht als eigentlicher Botſchafter beglaubigt, ſondern nur<lb/> vorläufig mit der Oberaufficht der Geſandtſchaftsgeſchäfte betraut. Als<lb/> Beweis mit welcher Sparſamkeit die proviſoriſche Regierung in ihren<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1239/0007]
ſter. Er beantragt: für die morgige Sitzung eine Petition an
Se. Majeſtät, daß noch im Laufe dieſes Reichstags ein ungari-
ſches Miniſterium ernannt werde das hier ſeinen Sitz habe. Wenn
morgen der König Soldaten fordert, werden wir ſie etwa dieſer Regie-
rung votiren? Wenn wir ſie votiren, wird uns das Volk nicht ver-
wünſchen? Wenn die Recruten ausgehoben ſind, werden ſie ſolchen
Fahnen treu dienen?“ u. ſ. w. Nicht eine Stimme erhob ſich gegen
das Princip der Motion. Zufällig hatte ein Regierungsmann (Statt-
haltereirath Batarezy) das Quafipräſidium, aber weder er noch der
conſervative Führer Somſich ſprach dagegen. Jm Gegentheile, ſie
äußerten ausdrücklich ſie ſeyen vollkommen mit der Anſicht Koſſuths
einverſtanden daß hier ein verantwortliches Miniſterium ſitzen möchte.
Nun aber kam das Ueberraſchende daß Graf Szechenyi ſich erhob
und eine wahre Philippica gegen die Regierung hielt. Worte wie
„elend, ſchlecht, unverbeſſerlich, ſtarrſinnig“ ꝛc. flogen wie Pelotonfeuer.
Alle ſprachen ſich gegen das jetzige Regiment offen und klar aus. Kein
Vertraueu in eine ſolche Regierung, keine Hoffnung fürs Land, Be-
ſorgniſſe für den Thron! So ging’s fünf Stunden lang bis zum
Schluſſe. Koſſuth ſollte Freitag den Antrag zu ſolcher Repräſentation
ſtellen, es ſoll gleich in der Circularſitzung angenommen, ſogleich eine
Reichsfitzung angeordnet und das authentiſirte Nuntium im Momente
den Magnaten zugeſchickt werden. Die ganze conſervative Partei ver-
pflichtete ſich auf Ehrenwort keine Sylbe dagegen vorzubringen. Die
Aufregung bis zur Sitzung war ungeheuer, die Sitzung ſelbſt eine
erhebende und großartige. Alles iſt angenommen. Koſſuth donnerte
wie der ergrimmte Jupiter: Mit dieſer Regierung iſt nicht weiter zu
kommen; wenn man alt iſt ſtirbt man, Metternichs Politik iſt ein
Greis, ſie iſt geſtorben. Gefahren ſtürmen ein auf unſer Reich. Eine
ſolche Regierung kann ſie nicht abwehren. Bajonette ſind heutzutage
die gebrechlichſten Häkchen einen Staat zuſammenzuhalten. Vielleicht
iſt eine zweite Auflage der heiligen Allianz im Anzuge, aber man
vergißt daß das Volk die Allianz rettete, nicht die Allianz das Volk.
Die Wiener Büreaukratie kann keine Begeiſterung erwecken, für den
König wollen wir unſer Blut laſſen, für die Wiener Politik opfert ſich
kein Spatz. Unter dieſen Verhältniſſen, bei dieſer abſolutiſtiſchen Rich-
tung kommen wir keinen Schritt vorwärts. Wir Ungarn aber find
allein noch im Stande dieſes der öſterreichiſchen Regierung zu ſagen; da-
her müſſen wir es ſagen! Als wir 1790 gegen die franzöfiſche Revolution
auftraten, vergaß der Reichstag Garantien für die Zukunft zu fordern;
wir wollen nicht in denſelben Fehler verfallen. Ein hoffnungsvoller Thron-
erbe war jüngſt in unſerer Mitte. Ganz ſoll er die Krone bekommen,
aber auf dieſem Wege wird ſie ſchlecht bewahrt. Jn wenigen Tagen
können Könige ſtürzen. Sorgen wir für morgen!“ u. ſ. w. Wie ge-
ſagt — der Antrag Koffuths wurde einſtimmig angenommen, eben-
ſo die (in der Allg. Ztg. vom 10 März mitgetheilte) Repräſentation.
Die geſtrige Reichsſitzung der Magnaten wurden unter Präſidium des
Reichsrichters eröffnet. Das Nuntium der Stände wurde verleſen,
aber der Präſes beantragte die Verhandlung auszuſetzen, bis der Pa-
latin zugegen ſey, der aber heute nach Wien reiste! Die Angelegenheit
wäre zu wichtig und ſchon die Discretion erfordere es dieſe Reprä-
ſentation nur in ſeinem Beiſeyn vorzunehmen. Es erfolgte eine all-
gemeine Entrüſtung der Oppofitionsmitglieder. Graf L. Bathyanyi
äußerte ſich über dieſes Verfahren mit Entſchiedenheit: der Uſus be-
lehrt daß von jeher ſelbſt die wichtigſten Affairen ohne Präſidium des
Palatins verhandelt und abgeſtimmt wurden. Uebrigens habe Se. k. H.
bereits vorgeſtern Nachts gewußt was die Stände vorhaben, und
dieſes abſichtliche Abreiſen um ſich dort Raths zu erholen wo ſo
ſelten ein guter Rath ertheilt wird, könne nur erbittern! — Sie kön-
nen wohl denken daß alle Conſervativen mit dem Juder Curiä für die
Vertagung ſtimmten — und ſo hat das Wiener Cabinet Zeit gewon-
nen. Meine unmaßgebliche Meinung iſt, daß trotz aller Stürme in
Frankreich und Jtalien die Wiener Regierung nicht ein Tüttelchen
vom alten Syſtem opfert, und ſonach eine Auflöſung des Reichsta-
ges und in Folge davon eine immenſe Erbitterung des Landes be-
vorſteht. Möchte ich mich irren! (Europa.)
Großbritannien.
London, 13 März.
Die Anfänge der Parlamentsſitzungen vom 13 März liegen vor
uns. Jm Unterhaus wurde gefragt wie es mit den rückſtändigen Löh-
nen der aus der Normandie vertriebenen brittiſchen Arbeiter ſtehe.
Der Staatsſecretär des Jnnern, Sir George Grey, antwortete: der
edle Staatsſecretär des Auswärtigen werde über die Nachzahlung der
Löhne mit Frankreichs proviſoriſcher Regierung in Verkehr treten.
Der Miniſter fügte bei: die gezwungene Auswanderung engliſcher Ar-
beiter aus Frankreich dauere fort, und Jhrer Maj. Regierung werde
dieſe Sache nicht aus den Augen verlieren. Hr. Hindley zeigte an:
er werde demnächſt den (in der Sitzung vom 13 abweſenden) Viscount
Palmerſton fragen: ob das Gerücht gegründet ſey daß England ein
Schutz- und Trutzbündniß mit Preußen unterzeichnet habe. Das ganze
Haus brach darüber in ein Gelächter des Unglaubens aus; — „und
dieſes Lachen,“ bemerkt Galign. Meſſenger, „lieferte vielleicht den
geeignetſten Commentar zu einer ſo offenbar widerſinnigen Frage.“
(Leider ſcheint es faſt daß ein neulicher Druckfehler in einem preußi-
ſchen Artikel der Allgemeinen Zeitung, wo gerüchtsweiſe von einer
Coalition zwiſchen Oeſterreich, Preußen und England — anſtatt
Rußland — die Rede war, und welcher Druckfehler, obgleich am fol-
genden Tage verbeſſert, mit dem Artikel in mehrere andere Blätter
überging, obiges Gerücht veranlaßt.)
„Der Ex-König und die Königin der Franzoſen,“ ſchreibt die Ti-
mes, „leben fortwährend von ihrer Familie umgeben in Claremont.
Während der vorigen Woche erhielten ſie Beſuche von vielen perſönlichen
Freunden, worunter mehrere Mitglieder des hohen brittiſchen Adels.
Hr. Guizot war ſeit ſeiner Ankunft mehr als einmal in Claremont.
Auch der Herzog v. Montebello und Hr. Duchätel haben Beſuche abge-
ſtattet. Ludwig Philipp fährt zuweilen in einer Privatkutſche in der
Nachbarſchaft ſpazieren, und wird überall mit ausgezeichneter Achtung
empfangen. Dasſelbe gilt von den jüngeren Zweigen der Familie, den
Herzogen von Nemours und Montpenſier, welche beide oft in der Umge-
bung von Claremont ſpazieren. Zwei Polizeibeamte ſind zum Schutze
der königlichen Verbannten in Claremont aufgeſtellt, aber ihr Amt iſt
eine Sinecur, da nur wenige Fremde nach dem Orte kommen. Die
Gräfin Granville, der öſterreichiſche Geſandte und Graf und Gräfin
v. Jarnac waren unter den geſtrigen Beſuchern. Geſtern Morgens
wohnte die Familie dem Gottesdienſt in der katholiſchen Capelle zu
Weybridge bei.“ Man glaubte bisher Ludwig Philipp habe, einen plötz-
lichen Umſturz der Dinge in Frankreich ahnend oder wenigſtens für deſ-
ſen Möglichkeit vorſorgend, beträchtliche Summen in der engliſchen
Bank angelegt. „Dieſe Anſicht,“ ſagt die Times, „iſt leider ganz
grundlos. Ludwig Philipp hat, wie es fich jetzt zeigt, ſey es aus übel-
begründeter Zuverſicht in den Feſtbeſtand ſeiner Regierung, oder aus
Nationalität und Patriotismus — möglicherweiſe aus beiden Urſachen
— ſein und ſeiner Kinder ganzes Vermögen dem Boden und der
Treue Frankreichs anvertraut. Sollte daher die künftige franzöfiſche
Legislatur das Privatvermögen des Hauſes Orleans zu confisciren
beſchließen, ſo müßte dieſe unglückliche Fürſtenfamilie in einen Zu-
ſtand der Entblößung ſinken der ganz Europa mit Gefühlen der Scham
und Entrüſtung erfüllen würde. Jndeſſen beſorgen wir keinen ſo un-
barmherzigen und ungerechten Beſchluß, der ſo unvereinbar wäre mit der
Hochherzigkeit des franzöfiſchen Nationalcharakters, und mit jenen
Grundſätzen der Billigkeit, Menſchlichkeit und Mäßigung auf welche die
Republik gegründet zu ſeyn verſichert.“ — M. Chronicle bemerkt:
„Den Pariſer Blättern zufolge hat der Marquis v. Normanby für
nöthig erachtet, hinfichtlich der herzlichen Aufnahme welche Ludwig
Philipp und ſeine Familie in England gefunden, der proviſoriſchen Re-
gierung einige Erklärungen zu geben. Lord Normanby’s Abſicht bei
dieſem Schritt war ohne Zweiſel lobenswerth, aber der Schritt war
ganz und gar unnöthig. Auch in Frankreich iſt es niemanden einge-
fallen in der Aufnahme Ludwig Philipps bei unſerer Königin oder
unſerer Nation ein Anzeichen der Feindſeligkeit gegen die junge Re-
publik zu ſehen. Selbſt die anti-engliſcheſten der Pariſer Zeitungen
betrachten die Sache nicht in dieſem Lichte, ſondern ſehen darin eben nur
einen neuen Beweis von Englands allbekannter Gaſtfreundſchaft.“ —
„Graf v. Jarnac“, berichtet die M. Poſt, „iſt endlich ſeiner Pflichten
als franzöfiſcher Geſandter am Hofe von St. James enthoben. Am
letzten Freitag langte Hr. Cottu, ein vormaliger Attaché der Geſandt-
ſchaft, von Paris in Hertford-Haus an, von der proviſoriſchen Regierung
beauftragt vom Grafen v. Jarnac die Archive und Siegel der Geſandt-
ſchaft in Empfang zu nehmen. Graf Jarnac wohnt nun bei ſeinem
Schwager Lord Foley auf Grosvenor-Square. Hr. Cottu iſt, ſoviel
wir wiſſen, nicht als eigentlicher Botſchafter beglaubigt, ſondern nur
vorläufig mit der Oberaufficht der Geſandtſchaftsgeſchäfte betraut. Als
Beweis mit welcher Sparſamkeit die proviſoriſche Regierung in ihren
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |