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Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848.

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[Spaltenumbruch] so an als ob die Liberalen ihre Macht über das Volk hätten prüfen
wollen. Sey dem wie ihm sey, alle stimmen darin überein daß es
besser gewesen seyn mag auf solche Weise jede Unordnung vermieden
zu haben. In jetzigen Zeiten neigt jeder zur Gespensterfurcht. Nur
mit solcher aber kann man vorderhand hier Symptome einer wahr-
haft bösartigen Wendung der Dinge entdecken. An der Anhänglich-
keit des Volks an den Papst zweifelt niemand. Kömmt nicht ein allzu
erschütternder Anstoß von außen hinzu, so kann die Krists hier ruhi-
ger verlaufen als irgendanderswo. An Aufreizungen zur Störung
der Ruhe fehlt es freilich nicht. Man hatte alles versucht die Mit-
glieder des französischen Künstlercasino's zu Demonstrationen gegen den
Botschafter Ludwig Philipps zu veranlassen, welche die Revolution
hier im kleinen dargestellt haben würden. Allen Ernstes war davon
die Rede gewesen mit Fahnen vor dem Palast Colonna, der Residenz
des französischen Botschafters, zu ziehen, und daselbst nicht bloß das
Wappen herabzureißen, sondern den Grafen Rossi selbst seiner Func-
tion zu entsetzen. Den Besonnenern scheint es Mühe gekostet zu haben
einen solchen Straßenscandal zu unterdrücken. Die Fremden ziehen in
Strömen hinweg. Die Bank Torlonia ist von den Abreisenden, die
Geld verlangen, umlagert. Die Curse find natürlich stark gefallen
und baares Geld demnach sehr theuer geworden. Von Gioberti wird
ein Brief an seinen Freund Massari dd. Paris 25 Febr. vertheilt,
in welchem er die Italiener vor der Nachahmung der französischen
Republik warnt und an den constitutionellen Formensestzuhalten mahnt.
Jn dem gegenwärtigen Zustand Europa's sey eine Republik, wenn sie
nicht so alt sey wie die der Schweiz, oder so klein wie die von San
Marino, aus inneren Gründen etwas zu prekäres.


Eine Deputation von Franzosen hat sich
vorgestern zum Botschafter Grafen Rossi begeben und ihn benachrich-
tigt daß Abends eine Demonstration stattfinden werde, bei welcher man
das Wappen herabzureißen gedenke. Der Botschafter erklärte officiell
noch keine Zeile aus Paris erhalten zu haben. Was die Abnahme
des Wappens betreffe, so könne er diese allein nicht vornehmen, da das
päpstliche daneben hänge, und also die päpstliche Regierung darum be-
fragt werden müsse. Er fuhr darauf mit den beiden Deputirten zum
Cardinal-Staatssecretär, stellte dem die Sache vor, und man kam über-
ein statt des Wappens die tricolore Fahne auszuhängen, welche bei-
den Regierungen gemeinsam angehört. Fürst Teano, welcher bei die-
ser Gelegenheit auch um Rath oder Erlaubniß befragt worden seyn
soll, hat, wie auch gegen andere Autoritäten, erklärt er sey nicht mehr
Polizeiminister, aber soviel könne er ihnen sagen daß es in Rom in
diesem Augenblick weder Gouvernement noch Polizei gebe, sie möchten
thun was sie wollten. Diesen Morgen ist in S. Luigi de' Francesi Trauer-
gottesdienst zu Ehren der bei der Revolution Gefallenen.

Türkei.

Vor einigen Tagen haben die
Diebe auch der hiesigen Quarantäne einen Spuck gespielt und -- Kon-
stantinopel compromittirt. Am 26 Februar Morgens kam das Lloyd-
Dampfboot von Alerandria hier an. Eine an Bord befindliche, meh-
rere Pakete enthaltende verschlossene Kiste wurde in die Quarantäne
gebracht und in einem verschlossenen Zimmer aufbewahrt. Als man
Mittags die Räucherung vornehmen wollte, fand man besagtes Zim-
mer und Kiste erbrochen und zwei Pakete entwendet. Man rief sofort
den Sanitätsrath zusammen. Er entschied daß in Ansehung des jetzi-
gen Gesundheitszustandes von Alexandria Konstantinopel nicht in
Quarantäne zu setzen, daß aber auf den hier auszustellenden Gesund-
heitspatenten das Vorgefallene zu bemerken sey. Das war wohl auch
das Klügste. Von der Verlässigkeit und Wachsamkeit des bei der hie-
figen Quarantäne angestellten Personals legt dieser Vorfall aber frei-
lich kein glänzendes Zeugniß ab. -- Briefe aus Syrien melden daß auch
dort dieß Jahr der Winter ungewöhnlich streng war. Von dem Ha-
rem eines Pascha's der am 24 Jan. von Damaskus nach Bayrut reiste, er-
froren mehrere Personen unterwegs. Am 17 Jan. zog unter den Freuden-
rufen der katholischen Bevölkerung, unter die sich auch die Jsraeliten
gemischt hatten, Monsign. Valerga in Jerusalem ein. Der Pascha
hatte ihm ein prächtig gesatteltes Pferd entgegengeschickt. Hier fährt
man fort dem päpstlichen Nuncius große Aufmerksamkeit zu erweisen,
woran er seinerseits es natürlich auch nicht fehlen läßt. So machte er
vor einigen Tagen dem als Fanatiker bekannten Kriegsminister Said
Pascha, einem Schwager des Sultans, seinen Besuch, obgleich dieser
[Spaltenumbruch] versäumt hatte den Nuncius bei seiner Ankunft zu begrüßen. Wäh-
rend der Krankheit der Sultanin Mutter erkundigte sich der Nuncius
im Serai nach dem Befinden derselben. Vorigen Donnerstag gab der
hiesige katholische armenische Patriarch in dem Hause eines in Pera
wohnenden Armeniers dem Nuncius ein Gastmahl, zu dem auch der
Minister des Aeußern, Ali Pascha, Fuad Efendi, der Gesandtenein-
führer und mehrere andere türkische Würdenträger eingeladen waren,
sowie mehrere Notable der katholisch - armenischen Nation. Unter
letzteren befand sich Hr. Carabet Duz, der Bankier der Sultanin Va-
lida, dem der Großherr am Morgen desselben Tages das Muschirni-
schan verliehen hatte, eine Auszeichnung, die meines Wissens nie zu-
vor einem Raja zu Theil geworden war. Daß diese Auszeichnung
gerade an jenem Tage erfolgte, berechtigt wohl zu der Annahme
daß man damit indirect auch dem Nuncius eine Aufmerksamkeit habe
erweisen wollen. Welche weitere Hoffnungen fich indeß etwa an alle
diese vom Beherrscher der Gläubigen empfangenen Aufmerksamkeiten
knüpfen lassen dürften, möchte schwer zu sagen seyn. Eine Wieder-
vereinigung der verschiedenen schismatischen Kirchen des Orients mit
Rom z. B. möchte wohl schwer zu Stande zu bringen seyn. Pius IX
soll indeß wirklich diesen Versuch machen wollen. Er hat, wie man
versichert, an alle christlichen Schismatiker des Morgenlandes ein sehr
versöhnliches Schreiben gerichtet und sie eingeladen sich wieder mit
Petri Stuhl zu vereinigen. -- Der italienische Patriotismus trägt
nicht bloß seine Toaste und Lieder und Hymnen, und Nationalfahne
und Cocarde, sondern auch die Nationalgardeuniform selbst hier auf den
Ufern des Bosporus zur Schau. Das dieser Patriotismus sich nirgends
zeigen, nicht den Mund aufthun zu können meint ohne einige Oester-
reich- und Deutschenhaß athmende Phrasen zum besten zu geben, ist
man bereits gewohnt. Befremden muß es aber wohl an solchen De-
monstrationen ost auch österreichische Unterthanen Theil nehmen zu
sehen, die, noch mehr, selbst Stellen oder Aemter bekleiden, die sie dem
österreichischen Staat oder österreichischen Jnstituten verdanken, und
die zudem als Nichtitaliener keineswegs ihre Abkunft als Grund ihres
seltsamen Benehmens vorschützen können. Jn einem solchen Sprachen-
babylon wie hier mangelt es freilich am allerwenigsten an Leuten
die, Vielzüngige, auch in ihrem nationalen Charakter chamäleonartig
schillern, und bald diese bald jene Farbe tragen. Anders zeigt
sich häufig die niedere Volksclasse. So ging kürzlich der Capi-
tän eines toscanischen Schiffes in seiner Nationalgardeuniform
mit einigen Freunden in Bujukdere singend und, wie es heißt,
Schmähungen gegen Oesterreich und dessen Regenten ausstossend,
spazieren. Ein Slavonier hörte ihn und wollte es nicht leiden.
Es kam zum Streit. Andere Slavonier und österreichische Matrosen
gesellten sich dazu, und ohne die Dazwischenkunft der österreichischen
Kanzlei hätten slavonische Fäuste die toscanische Nationalgardeuni-
form am Bosporus wahrscheinlich ein wenig übel zugerichtet. Jn
Galata geriethen sardinische und österreichische Matrosen über die von
einem Orgelmann gespielte Hymne Pius IX an einander, und hatten
große Lust noch nachträglich mit den Waffen in der Hand die Sache
weiter auszumachen, wenn die Kanzleien dieß nicht verhindert hätten.
Auch in den Kaffeehäusern und im Theater kam es schon mehrmals fast
zu Händeln; und da man's an herausfordernden Anlässen nicht feh-
len läßt, so kann leicht irgend ein Zufall unversehens sehr ernstliche
Auftritte herbeiführen.

Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Am 11 März Morgens traf das Dampfboot "Hi[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]rnia" mit einer
New-Yorker Post vom 26 Febr., und 40,000 Pf. Species an
Bord, in Liverpool ein. Ungeachtet der neulichen Erklärung des Prä-
sidenten an den Congreß daß er keine Vorschläge zu einem Friedens-
vertrag mit Mexico erhalten habe, hielt man im Publicum die neulichen
Friedensgerüchte für wohlbegründet. Der von dem mexicanischen Gou-
vernement in Queretaro angenommene Antrag des Hrn. Trist soll die
Hauptbedingungen des vorjährigen amerikanischen Vorschlags enthalten:
Amerika zahlt 15,000,000 Doll. für die Abtretung von Ober-Californien,
und zwar 3 Mill. sogleich bei der Ratification des Vertrags; die Ver-
ein. Staaten-Armee wird binnen drei Monaten aus Mexico zurück-
gezogen, doch soll die Hauptstadt noch längere Zeit von 12,000 Mann
besetzt bleiben. Dieser Vertrag soll dem Senat in Washington bereits
vorgelegt seyn; aber die Geschäfte des Congresses waren unterbrochen
durch ein trauriges Ereigniß. Am 17 Febr. wurde der alte ehrwürdige

[Spaltenumbruch] ſo an als ob die Liberalen ihre Macht über das Volk hätten prüfen
wollen. Sey dem wie ihm ſey, alle ſtimmen darin überein daß es
beſſer geweſen ſeyn mag auf ſolche Weiſe jede Unordnung vermieden
zu haben. In jetzigen Zeiten neigt jeder zur Geſpenſterfurcht. Nur
mit ſolcher aber kann man vorderhand hier Symptome einer wahr-
haft bösartigen Wendung der Dinge entdecken. An der Anhänglich-
keit des Volks an den Papſt zweifelt niemand. Kömmt nicht ein allzu
erſchütternder Anſtoß von außen hinzu, ſo kann die Kriſts hier ruhi-
ger verlaufen als irgendanderswo. An Aufreizungen zur Störung
der Ruhe fehlt es freilich nicht. Man hatte alles verſucht die Mit-
glieder des franzöſiſchen Künſtlercaſino’s zu Demonſtrationen gegen den
Botſchafter Ludwig Philipps zu veranlaſſen, welche die Revolution
hier im kleinen dargeſtellt haben würden. Allen Ernſtes war davon
die Rede geweſen mit Fahnen vor dem Palaſt Colonna, der Reſidenz
des franzöſiſchen Botſchafters, zu ziehen, und daſelbſt nicht bloß das
Wappen herabzureißen, ſondern den Grafen Roſſi ſelbſt ſeiner Func-
tion zu entſetzen. Den Beſonnenern ſcheint es Mühe gekoſtet zu haben
einen ſolchen Straßenſcandal zu unterdrücken. Die Fremden ziehen in
Strömen hinweg. Die Bank Torlonia iſt von den Abreiſenden, die
Geld verlangen, umlagert. Die Curſe find natürlich ſtark gefallen
und baares Geld demnach ſehr theuer geworden. Von Gioberti wird
ein Brief an ſeinen Freund Maſſari dd. Paris 25 Febr. vertheilt,
in welchem er die Italiener vor der Nachahmung der franzöſiſchen
Republik warnt und an den conſtitutionellen Formenſeſtzuhalten mahnt.
Jn dem gegenwärtigen Zuſtand Europa’s ſey eine Republik, wenn ſie
nicht ſo alt ſey wie die der Schweiz, oder ſo klein wie die von San
Marino, aus inneren Gründen etwas zu prekäres.


Eine Deputation von Franzoſen hat ſich
vorgeſtern zum Botſchafter Grafen Roſſi begeben und ihn benachrich-
tigt daß Abends eine Demonſtration ſtattfinden werde, bei welcher man
das Wappen herabzureißen gedenke. Der Botſchafter erklärte officiell
noch keine Zeile aus Paris erhalten zu haben. Was die Abnahme
des Wappens betreffe, ſo könne er dieſe allein nicht vornehmen, da das
päpſtliche daneben hänge, und alſo die päpſtliche Regierung darum be-
fragt werden müſſe. Er fuhr darauf mit den beiden Deputirten zum
Cardinal-Staatsſecretär, ſtellte dem die Sache vor, und man kam über-
ein ſtatt des Wappens die tricolore Fahne auszuhängen, welche bei-
den Regierungen gemeinſam angehört. Fürſt Teano, welcher bei die-
ſer Gelegenheit auch um Rath oder Erlaubniß befragt worden ſeyn
ſoll, hat, wie auch gegen andere Autoritäten, erklärt er ſey nicht mehr
Polizeiminiſter, aber ſoviel könne er ihnen ſagen daß es in Rom in
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thun was ſie wollten. Dieſen Morgen iſt in S. Luigi de’ Franceſi Trauer-
gottesdienſt zu Ehren der bei der Revolution Gefallenen.

Türkei.

Vor einigen Tagen haben die
Diebe auch der hieſigen Quarantäne einen Spuck geſpielt und — Kon-
ſtantinopel compromittirt. Am 26 Februar Morgens kam das Lloyd-
Dampfboot von Alerandria hier an. Eine an Bord befindliche, meh-
rere Pakete enthaltende verſchloſſene Kiſte wurde in die Quarantäne
gebracht und in einem verſchloſſenen Zimmer aufbewahrt. Als man
Mittags die Räucherung vornehmen wollte, fand man beſagtes Zim-
mer und Kiſte erbrochen und zwei Pakete entwendet. Man rief ſofort
den Sanitätsrath zuſammen. Er entſchied daß in Anſehung des jetzi-
gen Geſundheitszuſtandes von Alexandria Konſtantinopel nicht in
Quarantäne zu ſetzen, daß aber auf den hier auszuſtellenden Geſund-
heitspatenten das Vorgefallene zu bemerken ſey. Das war wohl auch
das Klügſte. Von der Verläſſigkeit und Wachſamkeit des bei der hie-
figen Quarantäne angeſtellten Perſonals legt dieſer Vorfall aber frei-
lich kein glänzendes Zeugniß ab. — Briefe aus Syrien melden daß auch
dort dieß Jahr der Winter ungewöhnlich ſtreng war. Von dem Ha-
rem eines Paſcha’s der am 24 Jan. von Damaskus nach Bayrut reiste, er-
froren mehrere Perſonen unterwegs. Am 17 Jan. zog unter den Freuden-
rufen der katholiſchen Bevölkerung, unter die ſich auch die Jſraeliten
gemiſcht hatten, Monſign. Valerga in Jeruſalem ein. Der Paſcha
hatte ihm ein prächtig geſatteltes Pferd entgegengeſchickt. Hier fährt
man fort dem päpſtlichen Nuncius große Aufmerkſamkeit zu erweiſen,
woran er ſeinerſeits es natürlich auch nicht fehlen läßt. So machte er
vor einigen Tagen dem als Fanatiker bekannten Kriegsminiſter Saïd
Paſcha, einem Schwager des Sultans, ſeinen Beſuch, obgleich dieſer
[Spaltenumbruch] verſäumt hatte den Nuncius bei ſeiner Ankunft zu begrüßen. Wäh-
rend der Krankheit der Sultanin Mutter erkundigte ſich der Nuncius
im Serai nach dem Befinden derſelben. Vorigen Donnerſtag gab der
hieſige katholiſche armeniſche Patriarch in dem Hauſe eines in Pera
wohnenden Armeniers dem Nuncius ein Gaſtmahl, zu dem auch der
Miniſter des Aeußern, Ali Paſcha, Fuad Efendi, der Geſandtenein-
führer und mehrere andere türkiſche Würdenträger eingeladen waren,
ſowie mehrere Notable der katholiſch – armeniſchen Nation. Unter
letzteren befand ſich Hr. Carabet Duz, der Bankier der Sultanin Va-
lida, dem der Großherr am Morgen desſelben Tages das Muſchirni-
ſchan verliehen hatte, eine Auszeichnung, die meines Wiſſens nie zu-
vor einem Raja zu Theil geworden war. Daß dieſe Auszeichnung
gerade an jenem Tage erfolgte, berechtigt wohl zu der Annahme
daß man damit indirect auch dem Nuncius eine Aufmerkſamkeit habe
erweiſen wollen. Welche weitere Hoffnungen fich indeß etwa an alle
dieſe vom Beherrſcher der Gläubigen empfangenen Aufmerkſamkeiten
knüpfen laſſen dürften, möchte ſchwer zu ſagen ſeyn. Eine Wieder-
vereinigung der verſchiedenen ſchismatiſchen Kirchen des Orients mit
Rom z. B. möchte wohl ſchwer zu Stande zu bringen ſeyn. Pius IX
ſoll indeß wirklich dieſen Verſuch machen wollen. Er hat, wie man
verſichert, an alle chriſtlichen Schismatiker des Morgenlandes ein ſehr
verſöhnliches Schreiben gerichtet und ſie eingeladen ſich wieder mit
Petri Stuhl zu vereinigen. — Der italieniſche Patriotismus trägt
nicht bloß ſeine Toaſte und Lieder und Hymnen, und Nationalfahne
und Cocarde, ſondern auch die Nationalgardeuniform ſelbſt hier auf den
Ufern des Bosporus zur Schau. Das dieſer Patriotismus ſich nirgends
zeigen, nicht den Mund aufthun zu können meint ohne einige Oeſter-
reich- und Deutſchenhaß athmende Phraſen zum beſten zu geben, iſt
man bereits gewohnt. Befremden muß es aber wohl an ſolchen De-
monſtrationen oſt auch öſterreichiſche Unterthanen Theil nehmen zu
ſehen, die, noch mehr, ſelbſt Stellen oder Aemter bekleiden, die ſie dem
öſterreichiſchen Staat oder öſterreichiſchen Jnſtituten verdanken, und
die zudem als Nichtitaliener keineswegs ihre Abkunft als Grund ihres
ſeltſamen Benehmens vorſchützen können. Jn einem ſolchen Sprachen-
babylon wie hier mangelt es freilich am allerwenigſten an Leuten
die, Vielzüngige, auch in ihrem nationalen Charakter chamäleonartig
ſchillern, und bald dieſe bald jene Farbe tragen. Anders zeigt
ſich häufig die niedere Volksclaſſe. So ging kürzlich der Capi-
tän eines toscaniſchen Schiffes in ſeiner Nationalgardeuniform
mit einigen Freunden in Bujukdere ſingend und, wie es heißt,
Schmähungen gegen Oeſterreich und deſſen Regenten ausſtoſſend,
ſpazieren. Ein Slavonier hörte ihn und wollte es nicht leiden.
Es kam zum Streit. Andere Slavonier und öſterreichiſche Matroſen
geſellten ſich dazu, und ohne die Dazwiſchenkunft der öſterreichiſchen
Kanzlei hätten ſlavoniſche Fäuſte die toscaniſche Nationalgardeuni-
form am Bosporus wahrſcheinlich ein wenig übel zugerichtet. Jn
Galata geriethen ſardiniſche und öſterreichiſche Matroſen über die von
einem Orgelmann geſpielte Hymne Pius IX an einander, und hatten
große Luſt noch nachträglich mit den Waffen in der Hand die Sache
weiter auszumachen, wenn die Kanzleien dieß nicht verhindert hätten.
Auch in den Kaffeehäuſern und im Theater kam es ſchon mehrmals faſt
zu Händeln; und da man’s an herausfordernden Anläſſen nicht feh-
len läßt, ſo kann leicht irgend ein Zufall unverſehens ſehr ernſtliche
Auftritte herbeiführen.

Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Am 11 März Morgens traf das Dampfboot „Hi[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]rnia“ mit einer
New-Yorker Poſt vom 26 Febr., und 40,000 Pf. Species an
Bord, in Liverpool ein. Ungeachtet der neulichen Erklärung des Prä-
ſidenten an den Congreß daß er keine Vorſchläge zu einem Friedens-
vertrag mit Mexico erhalten habe, hielt man im Publicum die neulichen
Friedensgerüchte für wohlbegründet. Der von dem mexicaniſchen Gou-
vernement in Queretaro angenommene Antrag des Hrn. Triſt ſoll die
Hauptbedingungen des vorjährigen amerikaniſchen Vorſchlags enthalten:
Amerika zahlt 15,000,000 Doll. für die Abtretung von Ober-Californien,
und zwar 3 Mill. ſogleich bei der Ratification des Vertrags; die Ver-
ein. Staaten-Armee wird binnen drei Monaten aus Mexico zurück-
gezogen, doch ſoll die Hauptſtadt noch längere Zeit von 12,000 Mann
beſetzt bleiben. Dieſer Vertrag ſoll dem Senat in Waſhington bereits
vorgelegt ſeyn; aber die Geſchäfte des Congreſſes waren unterbrochen
durch ein trauriges Ereigniß. Am 17 Febr. wurde der alte ehrwürdige

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[[1247]/0015] ſo an als ob die Liberalen ihre Macht über das Volk hätten prüfen wollen. Sey dem wie ihm ſey, alle ſtimmen darin überein daß es beſſer geweſen ſeyn mag auf ſolche Weiſe jede Unordnung vermieden zu haben. In jetzigen Zeiten neigt jeder zur Geſpenſterfurcht. Nur mit ſolcher aber kann man vorderhand hier Symptome einer wahr- haft bösartigen Wendung der Dinge entdecken. An der Anhänglich- keit des Volks an den Papſt zweifelt niemand. Kömmt nicht ein allzu erſchütternder Anſtoß von außen hinzu, ſo kann die Kriſts hier ruhi- ger verlaufen als irgendanderswo. An Aufreizungen zur Störung der Ruhe fehlt es freilich nicht. Man hatte alles verſucht die Mit- glieder des franzöſiſchen Künſtlercaſino’s zu Demonſtrationen gegen den Botſchafter Ludwig Philipps zu veranlaſſen, welche die Revolution hier im kleinen dargeſtellt haben würden. Allen Ernſtes war davon die Rede geweſen mit Fahnen vor dem Palaſt Colonna, der Reſidenz des franzöſiſchen Botſchafters, zu ziehen, und daſelbſt nicht bloß das Wappen herabzureißen, ſondern den Grafen Roſſi ſelbſt ſeiner Func- tion zu entſetzen. Den Beſonnenern ſcheint es Mühe gekoſtet zu haben einen ſolchen Straßenſcandal zu unterdrücken. Die Fremden ziehen in Strömen hinweg. Die Bank Torlonia iſt von den Abreiſenden, die Geld verlangen, umlagert. Die Curſe find natürlich ſtark gefallen und baares Geld demnach ſehr theuer geworden. Von Gioberti wird ein Brief an ſeinen Freund Maſſari dd. Paris 25 Febr. vertheilt, in welchem er die Italiener vor der Nachahmung der franzöſiſchen Republik warnt und an den conſtitutionellen Formenſeſtzuhalten mahnt. Jn dem gegenwärtigen Zuſtand Europa’s ſey eine Republik, wenn ſie nicht ſo alt ſey wie die der Schweiz, oder ſo klein wie die von San Marino, aus inneren Gründen etwas zu prekäres. ▽ Rom, 9 März. Eine Deputation von Franzoſen hat ſich vorgeſtern zum Botſchafter Grafen Roſſi begeben und ihn benachrich- tigt daß Abends eine Demonſtration ſtattfinden werde, bei welcher man das Wappen herabzureißen gedenke. Der Botſchafter erklärte officiell noch keine Zeile aus Paris erhalten zu haben. Was die Abnahme des Wappens betreffe, ſo könne er dieſe allein nicht vornehmen, da das päpſtliche daneben hänge, und alſo die päpſtliche Regierung darum be- fragt werden müſſe. Er fuhr darauf mit den beiden Deputirten zum Cardinal-Staatsſecretär, ſtellte dem die Sache vor, und man kam über- ein ſtatt des Wappens die tricolore Fahne auszuhängen, welche bei- den Regierungen gemeinſam angehört. Fürſt Teano, welcher bei die- ſer Gelegenheit auch um Rath oder Erlaubniß befragt worden ſeyn ſoll, hat, wie auch gegen andere Autoritäten, erklärt er ſey nicht mehr Polizeiminiſter, aber ſoviel könne er ihnen ſagen daß es in Rom in dieſem Augenblick weder Gouvernement noch Polizei gebe, ſie möchten thun was ſie wollten. Dieſen Morgen iſt in S. Luigi de’ Franceſi Trauer- gottesdienſt zu Ehren der bei der Revolution Gefallenen. Türkei.  Konſtantinopel, 2 März. Vor einigen Tagen haben die Diebe auch der hieſigen Quarantäne einen Spuck geſpielt und — Kon- ſtantinopel compromittirt. Am 26 Februar Morgens kam das Lloyd- Dampfboot von Alerandria hier an. Eine an Bord befindliche, meh- rere Pakete enthaltende verſchloſſene Kiſte wurde in die Quarantäne gebracht und in einem verſchloſſenen Zimmer aufbewahrt. Als man Mittags die Räucherung vornehmen wollte, fand man beſagtes Zim- mer und Kiſte erbrochen und zwei Pakete entwendet. Man rief ſofort den Sanitätsrath zuſammen. Er entſchied daß in Anſehung des jetzi- gen Geſundheitszuſtandes von Alexandria Konſtantinopel nicht in Quarantäne zu ſetzen, daß aber auf den hier auszuſtellenden Geſund- heitspatenten das Vorgefallene zu bemerken ſey. Das war wohl auch das Klügſte. Von der Verläſſigkeit und Wachſamkeit des bei der hie- figen Quarantäne angeſtellten Perſonals legt dieſer Vorfall aber frei- lich kein glänzendes Zeugniß ab. — Briefe aus Syrien melden daß auch dort dieß Jahr der Winter ungewöhnlich ſtreng war. Von dem Ha- rem eines Paſcha’s der am 24 Jan. von Damaskus nach Bayrut reiste, er- froren mehrere Perſonen unterwegs. Am 17 Jan. zog unter den Freuden- rufen der katholiſchen Bevölkerung, unter die ſich auch die Jſraeliten gemiſcht hatten, Monſign. Valerga in Jeruſalem ein. Der Paſcha hatte ihm ein prächtig geſatteltes Pferd entgegengeſchickt. Hier fährt man fort dem päpſtlichen Nuncius große Aufmerkſamkeit zu erweiſen, woran er ſeinerſeits es natürlich auch nicht fehlen läßt. So machte er vor einigen Tagen dem als Fanatiker bekannten Kriegsminiſter Saïd Paſcha, einem Schwager des Sultans, ſeinen Beſuch, obgleich dieſer verſäumt hatte den Nuncius bei ſeiner Ankunft zu begrüßen. Wäh- rend der Krankheit der Sultanin Mutter erkundigte ſich der Nuncius im Serai nach dem Befinden derſelben. Vorigen Donnerſtag gab der hieſige katholiſche armeniſche Patriarch in dem Hauſe eines in Pera wohnenden Armeniers dem Nuncius ein Gaſtmahl, zu dem auch der Miniſter des Aeußern, Ali Paſcha, Fuad Efendi, der Geſandtenein- führer und mehrere andere türkiſche Würdenträger eingeladen waren, ſowie mehrere Notable der katholiſch – armeniſchen Nation. Unter letzteren befand ſich Hr. Carabet Duz, der Bankier der Sultanin Va- lida, dem der Großherr am Morgen desſelben Tages das Muſchirni- ſchan verliehen hatte, eine Auszeichnung, die meines Wiſſens nie zu- vor einem Raja zu Theil geworden war. Daß dieſe Auszeichnung gerade an jenem Tage erfolgte, berechtigt wohl zu der Annahme daß man damit indirect auch dem Nuncius eine Aufmerkſamkeit habe erweiſen wollen. Welche weitere Hoffnungen fich indeß etwa an alle dieſe vom Beherrſcher der Gläubigen empfangenen Aufmerkſamkeiten knüpfen laſſen dürften, möchte ſchwer zu ſagen ſeyn. Eine Wieder- vereinigung der verſchiedenen ſchismatiſchen Kirchen des Orients mit Rom z. B. möchte wohl ſchwer zu Stande zu bringen ſeyn. Pius IX ſoll indeß wirklich dieſen Verſuch machen wollen. Er hat, wie man verſichert, an alle chriſtlichen Schismatiker des Morgenlandes ein ſehr verſöhnliches Schreiben gerichtet und ſie eingeladen ſich wieder mit Petri Stuhl zu vereinigen. — Der italieniſche Patriotismus trägt nicht bloß ſeine Toaſte und Lieder und Hymnen, und Nationalfahne und Cocarde, ſondern auch die Nationalgardeuniform ſelbſt hier auf den Ufern des Bosporus zur Schau. Das dieſer Patriotismus ſich nirgends zeigen, nicht den Mund aufthun zu können meint ohne einige Oeſter- reich- und Deutſchenhaß athmende Phraſen zum beſten zu geben, iſt man bereits gewohnt. Befremden muß es aber wohl an ſolchen De- monſtrationen oſt auch öſterreichiſche Unterthanen Theil nehmen zu ſehen, die, noch mehr, ſelbſt Stellen oder Aemter bekleiden, die ſie dem öſterreichiſchen Staat oder öſterreichiſchen Jnſtituten verdanken, und die zudem als Nichtitaliener keineswegs ihre Abkunft als Grund ihres ſeltſamen Benehmens vorſchützen können. Jn einem ſolchen Sprachen- babylon wie hier mangelt es freilich am allerwenigſten an Leuten die, Vielzüngige, auch in ihrem nationalen Charakter chamäleonartig ſchillern, und bald dieſe bald jene Farbe tragen. Anders zeigt ſich häufig die niedere Volksclaſſe. So ging kürzlich der Capi- tän eines toscaniſchen Schiffes in ſeiner Nationalgardeuniform mit einigen Freunden in Bujukdere ſingend und, wie es heißt, Schmähungen gegen Oeſterreich und deſſen Regenten ausſtoſſend, ſpazieren. Ein Slavonier hörte ihn und wollte es nicht leiden. Es kam zum Streit. Andere Slavonier und öſterreichiſche Matroſen geſellten ſich dazu, und ohne die Dazwiſchenkunft der öſterreichiſchen Kanzlei hätten ſlavoniſche Fäuſte die toscaniſche Nationalgardeuni- form am Bosporus wahrſcheinlich ein wenig übel zugerichtet. Jn Galata geriethen ſardiniſche und öſterreichiſche Matroſen über die von einem Orgelmann geſpielte Hymne Pius IX an einander, und hatten große Luſt noch nachträglich mit den Waffen in der Hand die Sache weiter auszumachen, wenn die Kanzleien dieß nicht verhindert hätten. Auch in den Kaffeehäuſern und im Theater kam es ſchon mehrmals faſt zu Händeln; und da man’s an herausfordernden Anläſſen nicht feh- len läßt, ſo kann leicht irgend ein Zufall unverſehens ſehr ernſtliche Auftritte herbeiführen. Vereinigte Staaten von Nordamerika. Am 11 März Morgens traf das Dampfboot „Hi_rnia“ mit einer New-Yorker Poſt vom 26 Febr., und 40,000 Pf. Species an Bord, in Liverpool ein. Ungeachtet der neulichen Erklärung des Prä- ſidenten an den Congreß daß er keine Vorſchläge zu einem Friedens- vertrag mit Mexico erhalten habe, hielt man im Publicum die neulichen Friedensgerüchte für wohlbegründet. Der von dem mexicaniſchen Gou- vernement in Queretaro angenommene Antrag des Hrn. Triſt ſoll die Hauptbedingungen des vorjährigen amerikaniſchen Vorſchlags enthalten: Amerika zahlt 15,000,000 Doll. für die Abtretung von Ober-Californien, und zwar 3 Mill. ſogleich bei der Ratification des Vertrags; die Ver- ein. Staaten-Armee wird binnen drei Monaten aus Mexico zurück- gezogen, doch ſoll die Hauptſtadt noch längere Zeit von 12,000 Mann beſetzt bleiben. Dieſer Vertrag ſoll dem Senat in Waſhington bereits vorgelegt ſeyn; aber die Geſchäfte des Congreſſes waren unterbrochen durch ein trauriges Ereigniß. Am 17 Febr. wurde der alte ehrwürdige

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848, S. [1247]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine78_1848/15>, abgerufen am 24.11.2024.