Allgemeine Zeitung, Nr. 75, 15. März 1848.[Spaltenumbruch]
trauen welches sie in ihrer Proclamation vom 1 März vom deutschen Augsburg, 15 März. Eine vorläufige Verständigung von etwa Kronach, 13 März. In vergangener Nacht haben auf den be- Speyer, 9 März. Die Unruhen welche hier vorfielen, sind be- Speyer, 10 März. Die Vorkommnisse der letzten Nacht waren Württemberg. Ulm, 13 März. Gestern ist die amtliche Ulm, 14 März. Seit die Nachricht von dem Einrücken eines Ulm, 14 März. Hr. Stadtschultheiß Schuster hat heute Vor- *) Hier eingetroffene Privatbriefe sollen die Nachricht enthalten daß man
den Truppen in Friedrichshafen die Dampfschisse verweigert habe, und diese bis jetzt das württembergische Land noch nicht betreten hätten. (Ulm. Schnellp.) [Spaltenumbruch]
trauen welches ſie in ihrer Proclamation vom 1 März vom deutſchen Augsburg, 15 März. Eine vorläufige Verſtändigung von etwa Kronach, 13 März. In vergangener Nacht haben auf den be- Speyer, 9 März. Die Unruhen welche hier vorfielen, ſind be- Speyer, 10 März. Die Vorkommniſſe der letzten Nacht waren Württemberg. Ulm, 13 März. Geſtern iſt die amtliche Ulm, 14 März. Seit die Nachricht von dem Einrücken eines Ulm, 14 März. Hr. Stadtſchultheiß Schuſter hat heute Vor- *) Hier eingetroffene Privatbriefe ſollen die Nachricht enthalten daß man
den Truppen in Friedrichshafen die Dampfſchiſſe verweigert habe, und dieſe bis jetzt das württembergiſche Land noch nicht betreten hätten. (Ulm. Schnellp.) <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0002" n="1186"/><cb/> trauen welches ſie in ihrer Proclamation vom 1 März vom deutſchen<lb/> Volke verlangen abgeſprochen wird, weil ſie an dem Bevormundungs-<lb/> ſyſtem feſtgehalten, die Bildung des Volkes gehemmt und kein Or-<lb/> gan der nationalen und politiſchen Einheit Deutſchland gebildet hät-<lb/> ten. Die Zeit des Bundestages ſey vorüber, die elektriſche Wirkung<lb/> der aller Orten hervorbrechenden Volkserhebungen könne bei jenen<lb/> nicht die friſchen Bewegungen der Geſundheit hervorrufen. Verfaſ-<lb/> ſungsgemäß berufen für die Erhaltung der innern und äußern Sicher-<lb/> heit Deutſchlands zu ſorgen, hätten ſie nur freiheitswidrige Maßregeln<lb/> hervorgerufen, die Männer des Volks verfolgt, Luxemburg abgetre-<lb/> ten und Schleswig-Holſtein bloßgeſtellt. Wohl beruhe auf der Ein-<lb/> tracht der Deutſchen die friedliche und freundliche Entwickelung unſeres<lb/> Vaterlandes, doch könnte jene dieſe nicht fördern, nur ein deutſches<lb/> Parlament von freigewählten Männern, getragen durch das Vertrauen<lb/> des deutſchen Volkes, vermöge die Geſchicke Deutſchlands zu lenken.<lb/> (Nürnb. 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Es<lb/> wird damit der Eintracht, dem Frieden und dem Gedeihen eine dauer-<lb/> haftere Gewähr als durch Wehr und Waffen, in denen übrigens Bür-<lb/> ger und Bewohner ſich fortwährend freudig üben, da alle fühlen welchen<lb/> Werth dieß in jetziger Zeit hat.</p> </div> </div><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Kronach,</hi> 13 März.</dateline><lb/> <p>In vergangener Nacht haben auf den be-<lb/> nachbarten v. Redwitz’ſchen Gütern, in Schloß Redwitz, Dorf Unterlan-<lb/> genſtadt und Burgkundſtadt, bedauerliche Exceſſe ſtattgefunden, wobei<lb/> Amtsgebäude und mehrere Kaufläden geplündert wurden, und noch wei-<lb/> tere Beſchädigungen des Eigenthums ſtatthatten. Bereits iſt Militär<lb/> von Kronach requirirt worden. (<hi rendition="#g">Nürnb. 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Alsbald wurden die Rädelsführer<lb/> nach einigem Widerſtande feſtgenommen. Alle waren übrigens unbe-<lb/> waffnet. Die gerichtliche Unterſuchung begann ſogleich, und heute<lb/> Abend um 5 Uhr wurden bereits 7 der am bedeutendſten Angeſchuldig-<lb/> ten auf zwei Wägen, unter Escorte von einigen Gendarmen und 7 Che-<lb/> vaulegers, nach Mutterſtadt abgeführt um morgen früh von dort nach<lb/> Frankenthal, als dem Sitze des Bezirksgerichts, gebracht zu werden. —<lb/> Die Errichtung einer allgemeinen Bürgergarde iſt nunmehr eingeleitet,<lb/> und wird möglichſt ſchnell ausgeführt werden. (<hi rendition="#g">Sp. Ztg</hi>.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Speyer,</hi> 10 März.</dateline><lb/> <p>Die Vorkommniſſe der letzten Nacht waren<lb/> daß um halb 10 Uhr ein Schuß und kurz darauf ein zweiter am Can-<lb/> tonsgefängniſſe fiel. 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Man glaubt daß ihre<lb/> Sendung mit den bei Oberdiſchingen ausgebrochenen Unruhen — wovon<lb/> heute Nachmittag die Meldung hier eintraf — im Zuſammenhang<lb/> ſtehe. (<hi rendition="#g">Ulmer Schnellpoſt</hi>.)</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Ulm</hi>, 14 März.</dateline><lb/> <p>Seit die Nachricht von dem Einrücken eines<lb/> öſterreichiſchen Regiments in unſrer Stadt bekannt geworden iſt, hat<lb/> ſich unſrer Bürgerſchaft eine große Beſorgniß bemächtigt. Sehr viele<lb/> laſſen es ſich ein- für allemal nicht ausreden daß dahinter eine Treulo-<lb/> ſigkeit des deutſchen Bundes ſtecke, welcher die Reformbewegungen Würt-<lb/> tembergs durch Militärmaſſen niederzudrücken beabſichtige. So wenig<lb/> wir nun unſrerſeits einem ſolchen Beginnen, gegen welches ganz Deutſch-<lb/> land aufſtehen würde, Glauben ſchenken, ebenſo ſehr halten wir es doch<lb/> für unſre Pflicht die Staatsregierung dringend zu bitten zur Beruhi-<lb/> gung der beſtürzten Gemüther 1) die Beeidigung unſers Militärs auf<lb/> die Verfaſſung und 2) allgemeine Volksbewaffnung alsbald anordnen<lb/> zu wollen. An die oberſte Militärbehörde ſtellen wir aber Namens eines<lb/> großen Theils der Bürgerſchaft das beſondere Geſuch ſofort eine amt-<lb/> liche und beruhigende Erklärung über den Einmarſch des öſterreichiſchen<lb/> Regiments zu veröffentlichen, denn ſchon hatte geſtern Abend die Aufregung<lb/> einen bedenklichen Charakter angenommen, und ſelbſt ruhige und unbeſorgte<lb/> Bürger nannten es eine in jedem Fall unkluge und unvorſichtige Anordnung<lb/> gerade jetzt und zu dieſer Zeit fremde Truppen in unſere von Militär<lb/> ohnehin überfüllte Stadt einlegen zu laſſen. 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Zur Beruhigung der beſorgten Ge-<lb/> müther theilte er aber auch zugleich mit daß unſere Kreisregierung<lb/> auf geſchehene Meldung des Oberamts Tettnang: 1) ſofort eine Eſtaf-<lb/> fette nach Stuttgart abgehen und um Ertheilung von Maßregeln habe<lb/> bitten laſſen, 2) dem Oberamt Tettnang die Weiſung ertheilt habe<lb/> den etwa anrückenden Truppen keinen Vorſchub durch Ertheilung von<lb/> Proviant, Vorſpann ꝛc. zu leiſten, überhaupt den Einmarſch auf würt-<lb/> tembergiſches Gebiet<note place="foot" n="*)">Hier eingetroffene Privatbriefe ſollen die Nachricht enthalten daß man<lb/> den Truppen in Friedrichshafen die Dampfſchiſſe verweigert habe, und<lb/> dieſe bis jetzt das württembergiſche Land noch nicht betreten hätten.<lb/> (<hi rendition="#g">Ulm. 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Keine Preußen! mit der ſchönen Jdee eines <hi rendition="#g">einigen</hi> Deutſch-<lb/> lands, für das wir doch alle ſeyen, gewaltig in Widerſpruch ſtehe, worauf<lb/> man ſich endlich nach kurzer weiterer Debatte zu einer Adreſſe an den<lb/> König vereinigte, worin gebeten werden ſoll daß ſich derſelbe bei dem<lb/> deutſchen Bund dahin verwende 1) daß die Beſatzung unſerer Bundes-<lb/> feſtung durch fremde Truppen noch ſo lange hinausgeſchoben werden<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1186/0002]
trauen welches ſie in ihrer Proclamation vom 1 März vom deutſchen
Volke verlangen abgeſprochen wird, weil ſie an dem Bevormundungs-
ſyſtem feſtgehalten, die Bildung des Volkes gehemmt und kein Or-
gan der nationalen und politiſchen Einheit Deutſchland gebildet hät-
ten. Die Zeit des Bundestages ſey vorüber, die elektriſche Wirkung
der aller Orten hervorbrechenden Volkserhebungen könne bei jenen
nicht die friſchen Bewegungen der Geſundheit hervorrufen. Verfaſ-
ſungsgemäß berufen für die Erhaltung der innern und äußern Sicher-
heit Deutſchlands zu ſorgen, hätten ſie nur freiheitswidrige Maßregeln
hervorgerufen, die Männer des Volks verfolgt, Luxemburg abgetre-
ten und Schleswig-Holſtein bloßgeſtellt. Wohl beruhe auf der Ein-
tracht der Deutſchen die friedliche und freundliche Entwickelung unſeres
Vaterlandes, doch könnte jene dieſe nicht fördern, nur ein deutſches
Parlament von freigewählten Männern, getragen durch das Vertrauen
des deutſchen Volkes, vermöge die Geſchicke Deutſchlands zu lenken.
(Nürnb. Kur.)
Augsburg, 15 März.
Eine vorläufige Verſtändigung von etwa
40 katholiſchen und 40 proteſtantiſchen notablen Bürgern unſerer Stadt
verſpricht die leidigen confeſſionellen Mißverſtändniſſe und Spaltungen
zu heben durch Zuſicherung künftiger voller Parität bei den Wahlen und
der Verwaltung der Gemeinde. Die geſammte Wählerſchaft der Stadt
verſammelt ſich heute um über dieſes erfreuliche und gewiß ſegensreiche
Verſtändniß zu berathen und es — wie wir hoffen — zu beſtätigen. Es
wird damit der Eintracht, dem Frieden und dem Gedeihen eine dauer-
haftere Gewähr als durch Wehr und Waffen, in denen übrigens Bür-
ger und Bewohner ſich fortwährend freudig üben, da alle fühlen welchen
Werth dieß in jetziger Zeit hat.
Kronach, 13 März.
In vergangener Nacht haben auf den be-
nachbarten v. Redwitz’ſchen Gütern, in Schloß Redwitz, Dorf Unterlan-
genſtadt und Burgkundſtadt, bedauerliche Exceſſe ſtattgefunden, wobei
Amtsgebäude und mehrere Kaufläden geplündert wurden, und noch wei-
tere Beſchädigungen des Eigenthums ſtatthatten. Bereits iſt Militär
von Kronach requirirt worden. (Nürnb. Kur.)
Speyer, 9 März.
Die Unruhen welche hier vorfielen, ſind be-
deutender geworden als es anfangs den Anſchein hatte. Der Haufe
von Leuten welche geſtern Abend Exceſſe in dem Schultz’ſchen Kaffee- und
Bierhauſe (in der Wormſer Straße) begingen, trieb ſich bis gegen 1 Uhr
Nachts theils in den Straßen, theils in den Bierhäuſern umher, in de-
nen entweder gar nicht, oder durch ſolche Anweſende bezahlt wurde
welche jene Leute in Güte zu beſchwichtigen ſuchten. Vielfach wird be-
hauptet es ſey gleich anfangs beabſichtigt geweſen einem Beamten eine
Katzenmuſik zu bringen und die Fenſter einzuwerfen. Mehrmals ſoll
Pereat gerufen worden ſeyn. Jndeſſen geſchahen die ganze Nacht hin-
durch keine weiteren Exceſſe als die oben erwähnten. Heute früh ver-
ſammelten ſich die nämlichen Leute wieder in Bierhäuſern. Während
des Zechens ward ein Brief an den Rentner Schloſſer geſchrieben, in
welchem derſelbe aufgefordert ward Geld zu geben (oder vorzuſtrecken,
zu leihen). Es ſollen Drohungen damit verbunden, und ſogar eine Liſte
von ſolchen Bewohnern angefertigt worden ſeyn welche der Reihe nach
— unter Angriff auf ihr Eigenthum — angegangen werden wollten.
Dieſes Treiben entrüſtete denn allgemein. Manche Kaufläden und auch
Privatwohnungen wurden geſchloſſen, allein nun eilte eine Anzahl Bür-
ger und Studenten freiwillig nach dem bedrohten Schloſſer’ſchen Hauſe,
während andere ohnehin als Sicherheitswachen aufgeboten wurden. Sie
trafen gerade noch rechtzeitig bei jenem Hauſe (in der Hauptſtraße, nächſt
dem Altpörtel) ein, als der unter Abſingen des Schiller’ſchen „Räuber-
liedes“ aus dem Wirthshauſe gezogene Haufen bereits begonnen hatte
gewaltſam in dasſelbe einzudringen. Alsbald wurden die Rädelsführer
nach einigem Widerſtande feſtgenommen. Alle waren übrigens unbe-
waffnet. Die gerichtliche Unterſuchung begann ſogleich, und heute
Abend um 5 Uhr wurden bereits 7 der am bedeutendſten Angeſchuldig-
ten auf zwei Wägen, unter Escorte von einigen Gendarmen und 7 Che-
vaulegers, nach Mutterſtadt abgeführt um morgen früh von dort nach
Frankenthal, als dem Sitze des Bezirksgerichts, gebracht zu werden. —
Die Errichtung einer allgemeinen Bürgergarde iſt nunmehr eingeleitet,
und wird möglichſt ſchnell ausgeführt werden. (Sp. Ztg.)
Speyer, 10 März.
Die Vorkommniſſe der letzten Nacht waren
daß um halb 10 Uhr ein Schuß und kurz darauf ein zweiter am Can-
tonsgefängniſſe fiel. Es ſtellte ſich heraus daß man nach dem Wacht-
poſten, wahrſcheinlich blind, geſchoſſen hatte und daß letzterer einen
Nothſchuß that. Bald nachher wurden zwei Burſche mit einer Doppel-
flinte ganz in der Nähe aufgegriffen und feſtgenommen. (Sp. Ztg.)
Württemberg.
Ulm, 13 März.
Geſtern iſt die amtliche
Meldung hier eingetroffen daß das in Bregenz liegende k. k. öſterreichi-
ſche 51ſte Jnfanterieregiment „Großherzog von Baden“ in den nächſten
Tagen hier eintreffen wird. Heute iſt dasſelbe dort abmarſchirt. Jn
unſerer Stadt werden bereits Quartiere für dasſelbe gemacht. — Abends
halb 5 Uhr. Soeben verlaſſen zwei Eſtaffetten unſere Stadt; eine geht
nach Stuttgart, die andere nach Laupheim. Man glaubt daß ihre
Sendung mit den bei Oberdiſchingen ausgebrochenen Unruhen — wovon
heute Nachmittag die Meldung hier eintraf — im Zuſammenhang
ſtehe. (Ulmer Schnellpoſt.)
Ulm, 14 März.
Seit die Nachricht von dem Einrücken eines
öſterreichiſchen Regiments in unſrer Stadt bekannt geworden iſt, hat
ſich unſrer Bürgerſchaft eine große Beſorgniß bemächtigt. Sehr viele
laſſen es ſich ein- für allemal nicht ausreden daß dahinter eine Treulo-
ſigkeit des deutſchen Bundes ſtecke, welcher die Reformbewegungen Würt-
tembergs durch Militärmaſſen niederzudrücken beabſichtige. So wenig
wir nun unſrerſeits einem ſolchen Beginnen, gegen welches ganz Deutſch-
land aufſtehen würde, Glauben ſchenken, ebenſo ſehr halten wir es doch
für unſre Pflicht die Staatsregierung dringend zu bitten zur Beruhi-
gung der beſtürzten Gemüther 1) die Beeidigung unſers Militärs auf
die Verfaſſung und 2) allgemeine Volksbewaffnung alsbald anordnen
zu wollen. An die oberſte Militärbehörde ſtellen wir aber Namens eines
großen Theils der Bürgerſchaft das beſondere Geſuch ſofort eine amt-
liche und beruhigende Erklärung über den Einmarſch des öſterreichiſchen
Regiments zu veröffentlichen, denn ſchon hatte geſtern Abend die Aufregung
einen bedenklichen Charakter angenommen, und ſelbſt ruhige und unbeſorgte
Bürger nannten es eine in jedem Fall unkluge und unvorſichtige Anordnung
gerade jetzt und zu dieſer Zeit fremde Truppen in unſere von Militär
ohnehin überfüllte Stadt einlegen zu laſſen. Daß aber die geſchilderte
Beſorgniß nicht in Ulm allein, ſondern auch auf dem Lande herrſcht be-
weiſen unſere Briefe aus Tettnang. (Ulmer Schnellpoſt.)
Ulm, 14 März.
Hr. Stadtſchultheiß Schuſter hat heute Vor-
mittag abermals durch öffentlichen Ausruf zu einer allgemeinen Bür-
gerverſammlung in Baumſtark einladen laſſen. Sie war überaus
zahlreich beſucht. Hr. Stadtſchultheiß erklärte in ſeiner Anrede daß
auch er die Beſtürzung der geſammten Bügerſchaft über das Einrücken
des öſterreichiſchen Militärs theile, denn es ſey unbegreiflich, weil die
Feſtung, zu deren Beſatzung es angeblich dienen ſolle, noch gar nicht
zur Aufnahme ſolcher Maſſen hergerichtet, weil noch keine Caſernen
gebaut, und weder Militär- noch Ortsbehörden von dem Einmarſche
vorher unterrichtet worden ſeyen. Zur Beruhigung der beſorgten Ge-
müther theilte er aber auch zugleich mit daß unſere Kreisregierung
auf geſchehene Meldung des Oberamts Tettnang: 1) ſofort eine Eſtaf-
fette nach Stuttgart abgehen und um Ertheilung von Maßregeln habe
bitten laſſen, 2) dem Oberamt Tettnang die Weiſung ertheilt habe
den etwa anrückenden Truppen keinen Vorſchub durch Ertheilung von
Proviant, Vorſpann ꝛc. zu leiſten, überhaupt den Einmarſch auf würt-
tembergiſches Gebiet *) auf dem Wege der Vorſtellung ſo lange zu
verhindern zu ſuchen, bis von Stuttgart beruhigende und erklärende
Nachrichten eingelaufen ſeyen, 3) nach Bregenz eine Vorſtellung ſo-
fort abgeſandt habe, in welcher Rücknahme der Marſchordre gefordert
wird, da bis jetzt noch keine Vorkehrungen zur Aufnahme der Trup-
pen getroffen ſeyen noch in der nächſten Zeit getroffen werden könn-
ten. Die Bürger waren in einer wahrhaft ſieberhaften Aufregung.
Wie aus Einer Kehle tönte der ſtürmiſche Zuruf: „Keine Oeſter-
reicher! Keine Preußen! Wir wollen württembergiſches und bay-
riſches Militär!“ Aber auch Drohungen ſehr ernſter Art wurden
ausgeſtoßen. Nachdem ſich der Sturm und die bis zur höchſten
Erbitterung geſteigerte Aufregung einigermaßen gelegt hatte, machte
Hr. Maurermeiſter Berblinger geltend wie der Zuruf: Keine Oeſter-
reicher! Keine Preußen! mit der ſchönen Jdee eines einigen Deutſch-
lands, für das wir doch alle ſeyen, gewaltig in Widerſpruch ſtehe, worauf
man ſich endlich nach kurzer weiterer Debatte zu einer Adreſſe an den
König vereinigte, worin gebeten werden ſoll daß ſich derſelbe bei dem
deutſchen Bund dahin verwende 1) daß die Beſatzung unſerer Bundes-
feſtung durch fremde Truppen noch ſo lange hinausgeſchoben werden
*) Hier eingetroffene Privatbriefe ſollen die Nachricht enthalten daß man
den Truppen in Friedrichshafen die Dampfſchiſſe verweigert habe, und
dieſe bis jetzt das württembergiſche Land noch nicht betreten hätten.
(Ulm. Schnellp.)
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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