Allgemeine Zeitung, Nr. 74, 14. März 1848.[Spaltenumbruch]
Zöpfl: "Bundesreform, deutsches Parlament und Bundesgericht", Was das Nähere der Schrift betrifft, so hebe ich einige Punkte In der zweiten Abtheilung der Schrift spricht Hr. Zöpfl von der Deutsche Handelspolitik. VII. * Die Schiffsrheder an der Ostsee haben bekanntlich Protest [Spaltenumbruch]
Zöpfl: „Bundesreform, deutſches Parlament und Bundesgericht“, Was das Nähere der Schrift betrifft, ſo hebe ich einige Punkte In der zweiten Abtheilung der Schrift ſpricht Hr. Zöpfl von der Deutſche Handelspolitik. VII. * Die Schiffsrheder an der Oſtſee haben bekanntlich Proteſt <TEI> <text> <body> <div type="jSupplement" n="1"> <floatingText> <body> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0010" n="1178"/><cb/><hi rendition="#g">Zöpfl:</hi> „Bundesreform, deutſches Parlament und Bundesgericht“,<lb/> welche als die erſte über dieſen Gegenſtand in dieſer Zeit der allgemeinen<lb/> Beachtung nicht entbehren wird. Zudem kommt ſie aus einem Lande<lb/> welches, bei einer ausgedehnten faſt unbeſchützten Gränze gegen Frank-<lb/> reich, ein Recht hat darauf zu dringen daß Deutſchland ſich zu einem<lb/> organiſchen Ganzen verbinde, und welches, weil es ſeit lange für ganz<lb/> Deutſchland der Vorgänger des Fortſchrittes iſt, gewiſſenhafte Berück-<lb/> ſichtigung verdient. Man ſieht es dieſer Schrift an daß ſie aus der<lb/> Beſorgniß eines conſervativ gefinnten Mannes hervorgeht, es könne die<lb/> Erledigung der von ihm beſprochenen Bundesreform Verzögerung er-<lb/> leiden, und dieſe Verzögerung bei in Frankreich oder von da aus ein-<lb/> tretenden neuen Ereigniſſen das Volk Süddeutſchlands in äußerſten<lb/> Mitteln die Einigkeit Deutſchlands verſuchen, und darin Kraft und<lb/> Rettung gegen die äußern Feind ſuchen laſſen. <cit><quote>„Eine einzige Frage“,</quote></cit><lb/> ſagt Hr. Zöpfl gleich im Eingange, <cit><quote>„beſchäftigt alle: was iſt zu thun,<lb/> was kann, was wird in Deutſchland geſchehen um den möglichen Sturm<lb/> von außen zu beſchwören, einer fremden Einmiſchung, der Ueberfluthung<lb/> der deutſchen Gränzen durch franzöſiſche Heeresmaſſen einen Damm<lb/> entgegenzuſetzen und den Zuſtand der Ordnung im Innern zu erhalten?<lb/> Der Wille und die Kraft der Regierungen wird und kann nicht aus-<lb/> reichen Deutſchlands äußere und innere Sicherheit zu erhalten, wenn<lb/> nicht das deutſche Volk in ſeiner ganzen Maſſe, mit ſeiner ganzen Kraft<lb/> und mit einmüthigem Willen mitwirkt. Und dieſer einmüthige Wille<lb/> das Vaterland zu ſchützen iſt vorhanden: das deutſche Volk will keine<lb/> Fremdherrſchaft, es will auch keinen Umſturz der innern Staatsord-<lb/> nungen, es will keine Republik — alles was es verlangt ſind Bürg-<lb/> ſchaften für die Gewährung und Erhaltung einer geſetzlichen bürgerlichen<lb/> und politiſchen Freiheit. Man gebe ihm dieſe, aber in einer dieſes<lb/> Volkes würdigen Weiſe, ohne ängſtliche und mißtrauiſche Beſchränkun-<lb/> gen — und man wird ſehen was dieſes Volk leiſtet, wenn ihm das<lb/> Vertrauen gewährt wird das es fordert und verdient. Die Bürgſchaft<lb/> welche das deutſche Volk fordert, heißt — Gewährung einer nationalen<lb/> Vertretung am deutſchen Bunde.“</quote></cit></p><lb/> <p>Was das Nähere der Schrift betrifft, ſo hebe ich einige Punkte<lb/> hervor. Preußen ſoll ſich, verlangt der Verfaſſer, mit allen ſeinen<lb/> früher zu dem deutſchen Reiche gehörigen Befitzungen dem deutſchen<lb/> Bund anſchließen, das Recht aufgeben als europäiſche Großmacht einen<lb/> auswärtigen Krieg ohne Zuſtimmung des Bundes zu beginnen, dadurch<lb/> ſeine Bundesländer in Gefahr zu bringen und ſomit den Bund in ſeine<lb/> Kriege zu verwickeln. Statt deſſen habe es den Beruf von der Vor-<lb/> ſehung vorgezeichnet bekommen eine rein deutſche und damit die erſte<lb/> Großmacht des deutſchen Bundes zu ſeyn. Alsdann könne Deutſchland<lb/> als <hi rendition="#g">Macht</hi> in die Wagſchale der europäiſchen Geſchicke fallen, denn dann<lb/> erſt ſey auch Oeſterreich doppelt mächtig, weil dann erſt Deutſchland<lb/> ihm ſeinen Einfluß im Oſten und Süden verbürge, und in ihm den<lb/> Träger der deutſchen Intereſſen an der Donau, am adriatiſchen Meer<lb/> und jenſeits der Alpen würdigen lerne.</p><lb/> <p>In der <hi rendition="#g">zweiten</hi> Abtheilung der Schrift ſpricht Hr. Zöpfl von der<lb/> Erweiterung des Bundeszweckes: beſſerer Schutz der deutſchen Natio-<lb/> nalität, z. B. gegen Dänemark, der Landesverfaſſungen gegen die<lb/> Landesregierungen (Hannover); Schaffung eines Centralpunktes, von<lb/> welchem aus alle nationalen Intereſſen Deutſchlands geleitet wer-<lb/> den ꝛc. Die <hi rendition="#g">dritte</hi> behandelt die Frage welche Veränderungen in der<lb/> Organiſation des Bundestages jetzt geboten ſeyen. Die Annäherung<lb/> der Bundesverfaſſung an das in Deutſchland vorherrſchende Staats-<lb/> ſyſtem (das monarchiſch-conſtitutionelle) erſcheint dem Verfaſſer dadurch<lb/> bedingt daß ein <hi rendition="#g">verantwortliches Bundesminiſterium</hi> gebildet<lb/> werde welches zu dem <hi rendition="#g">Bund</hi> in dasſelbe Verhältniß trete wie das Mi-<lb/> niſterium einer Monarchie zu dem Souverän. Bundesgeſandte dürften<lb/> nur Perſonen werden welche das Vertrauen der Landſtände beſäßen.<lb/> Das Präſidium ſolle zwiſchen Oeſterreich und Preußen von zwei zu drei<lb/> Jahren wechſeln. Daneben, als das Wichtigſte, müſſe eine deutſche<lb/><hi rendition="#g">Nationalrepräſentation</hi> am deutſchen Bund errichtet werden.<lb/> Dazu ſchlägt der Verfaſſer vor 1) ſchleunige Gewährung der den deut-<lb/> ſchen Standesherren im Art. 6 der deutſchen Bundesacte in Ausſicht<lb/> geſtellten <hi rendition="#g">einigen Curiatſtimmen;</hi> 2) jeder deutſche Bundesſtaat<lb/> ſendet gerade ſo viel Abgeordnete als derſelbe gegenwärtig im Plenum<lb/> Stimmen führt, alſo Oeſterreich, Preußen, Bayern ꝛc. jedes vier,<lb/> Baden ꝛc. jedes drei Abgeordnete u. ſ. f., ſo daß die Nationalrepräſen-<lb/> tation am deutſchen Bund aus 69 Abgeordneten beſtände, welche gleich-<lb/> ſam ein Ausſchuß der deutſchen Ständeverſammlungen wären. Dieſe<lb/><cb/> Nationalrepräſentation wähle ihre Präſidenten und Secretäre ſelbſt,<lb/> werde von je zwei zu zwei Jahren zu einem Drittheil erneuert, ſey <hi rendition="#g">un-</hi><lb/> auflöslich, ihre Verhandlungen öffentlich, kein Bundesbeſchluß ohne<lb/> ihre Zuſtimmung, ſie kann das Bundesminiſterium in Anklageſtand<lb/> verſetzen u. ſ. w. Als drittes Glied der Bundesverfaſſung ein Bundes-<lb/> gericht. Wegen des Näheren verweiſen wir auf die Schrift ſelbſt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Deutſche Handelspolitik.<lb/><hi rendition="#aq">VII.</hi></hi> </hi> </head><lb/> <p>* Die Schiffsrheder an der <hi rendition="#g">Oſtſee</hi> haben bekanntlich Proteſt<lb/> gegen eine deutſche Navigationsacte eingelegt. Die Sache erſcheint<lb/> auf den erſten Blick etwas ſonderbar wenn man die am baltiſchen Meer<lb/> obwaltenden Verhältniſſe in Anſchlag bringt. Gewiß würden bei ei-<lb/> ner veränderten Lage der Schifffahrt Deutſchlands die Rhedereien<lb/> der Oſtſee erheblich benachtheiligt werden in — ihrem bisherigen<lb/> Schlendrian. Wir fragen: Liegt darin keine Verblendung wenn dieſe<lb/> Oſtſeerheder alle mögliche „Freiheit“ zu beſitzen glauben, ſolange England<lb/> ihnen noch erlaubt Getreide, Holz, Wolle und andere Producte des<lb/> Ackerbaues, der Viehzucht und der Forſtwirthſchaft, welche England<lb/> zum Behuf wohlfeiler Nahrung für die arbeitenden Claſſen, als Schiffs-<lb/> bau- und Fabrikmaterial noch aus Deutſchland beziehen muß, direct<lb/> dorthin und gegen niedrigen Zoll oder gänzlich ſteuerfrei einzuführen,<lb/> und in Zahlung dafür fertige Fabricate, und für den Kleinhandel im<lb/> eigenen Lande wohlaſſortirte Colonialwaaren, ſodann den Ueberſchuß<lb/> Englands an Salz, Kohlen, Eiſen und andern Metallen als Rück-<lb/> ladung von England nach Hauſe einzunehmen? Iſt es denn möglich<lb/> noch länger den Umſtand zu überſehen daß England alle nöthigen Vor-<lb/> kehrungen trifft um ſeinen Bedarf an Naturalproducten künftig bei-<lb/> nahe ausſchließlich aus ſeinen eigenen Beſitzungen zu beziehen, damit<lb/> dieſe in den Stand geſetzt werden mehr von ſeinen Fabricaten zu ver-<lb/> brauchen, ſie, die ihm ohne Frage zuverläſſigere und ſicherſte Kunden<lb/> ſind? Wie lange wird dann jene bequeme Freiheit der Oſtſeerhederei<lb/> noch andauern? Wir wollen nicht ſagen daß ſie raſch eines „natür-<lb/> lichen Todes“ ſterben werde, meinen aber daß ſie über kurz oder lang<lb/> nach einem Thätigkeitskreiſe ſich umzuſehen hat der feſtere Gewähr<lb/> bietet als der gegenwärtige. Unter dieſen Umſtänden erſcheint es<lb/> weder patriotiſch noch verſtändig wenn ein Theil dieſer Rhedereien<lb/> immer und immer wieder Proteſt einlegt gegen national-deutſche<lb/> Maßregeln, welche darauf abzwecken auch ihnen Freiheit der Bewe-<lb/> gung in der großen Welthandelsſchifffahrt zu eröffnen. Sie mei-<lb/> nen ihre, ohnehin mehr oder weniger prekäre Frachtſchifffahrt<lb/> könne darunter leiden, und wähnen ſie beſäſſen ſchon allenthalben „ge-<lb/> nügende Freiheit.“ Es haben ſich aber Stimmen erhoben die nach-<lb/> drücklich behaupten, ſehr viele Oſtſeerheder ſeyen Anhänger der Be-<lb/> quemlichkeit und ohne ſchwunghaften Unternehmungsgeiſt; ſie ſcheue-<lb/> ten die Mühe ihre Schiffe für die jedenfalls erträglichere transatlan-<lb/> tiſche Fahrt einzurichten und beſſer auszurüſten. Thatſache iſt daß<lb/> die Oſtſeerheder im ganzen ſich einen ſehr beſchränkten Kreis ihrer<lb/> Wirkſamkeit vorgezeichnet haben; ſie erkennen nicht oder mögen nicht<lb/> erkennen wie vielfältige Beſchränkungen die deutſche Schifffahrt im<lb/> Auslande erleidet, und verharren in einer ſchwer verzeihlichen Gleich-<lb/> gültigkeit. Nur wenn es ſich um nationale Maßregeln handelt, wer-<lb/> den ſie hitzig und zeigen eine Streitluft, welche ſich bisher noch nicht<lb/> gegen das die deutſchen Intereſſen vielfach beeinträchtigende Ausland<lb/> gerichtet hat. Indeſſen ganz abgeſehen von den allgemeinen und natio-<lb/> nalen Zwecken und Vortheilen, würden die Oſtſeehäfen nicht erheblich<lb/> gewinnen wenn ſie ihre Thätigkeit ſteigerten und größere Rührigkeit<lb/> entfalteten? Uns dünkt es einträglicher zu ſeyn das Holz, ſtatt es<lb/> nach England zu ſchaffen, bei den wohlfeilen Arbeitspreiſen am balti-<lb/> ſchen Meere, theilweiſe in große und ſchöne Fahrzeuge zu verwandeln<lb/> und damit die transatlantiſche directe Frachtfahrt zu betreiben, die ſich<lb/> bei einem Differentialzollſyſtem in weit größerem Maß auch nach den<lb/> Oſtſeehäfen ziehen müßte. Warum bauet man nicht auch gute fertige<lb/> Schiffe für den Verkauf; ſie würden an der Nordſee Abnehmer finden.<lb/> Es wäre kaum unzweckmäßig oder unvortheilhaft wenn die Anwohner<lb/> der Oſtſee den Manufacturwaarenbedarf vom eigenen Inlande erhiel-<lb/> ten, und dagegen ihren Ueberfluß an Landeserzeugniſſen regelmäßiger<lb/> und dauernder als bisher an England verwertheten; wenn ſie ferner<lb/> den Ueberſchuß ihrer Stapelartikel, ſtatt wie jetzt faſt ausſchließlich für<lb/> England, mehr für den Verbrauch der transatlantiſchen Märkte be-<lb/></p> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [1178/0010]
Zöpfl: „Bundesreform, deutſches Parlament und Bundesgericht“,
welche als die erſte über dieſen Gegenſtand in dieſer Zeit der allgemeinen
Beachtung nicht entbehren wird. Zudem kommt ſie aus einem Lande
welches, bei einer ausgedehnten faſt unbeſchützten Gränze gegen Frank-
reich, ein Recht hat darauf zu dringen daß Deutſchland ſich zu einem
organiſchen Ganzen verbinde, und welches, weil es ſeit lange für ganz
Deutſchland der Vorgänger des Fortſchrittes iſt, gewiſſenhafte Berück-
ſichtigung verdient. Man ſieht es dieſer Schrift an daß ſie aus der
Beſorgniß eines conſervativ gefinnten Mannes hervorgeht, es könne die
Erledigung der von ihm beſprochenen Bundesreform Verzögerung er-
leiden, und dieſe Verzögerung bei in Frankreich oder von da aus ein-
tretenden neuen Ereigniſſen das Volk Süddeutſchlands in äußerſten
Mitteln die Einigkeit Deutſchlands verſuchen, und darin Kraft und
Rettung gegen die äußern Feind ſuchen laſſen. „Eine einzige Frage“,
ſagt Hr. Zöpfl gleich im Eingange, „beſchäftigt alle: was iſt zu thun,
was kann, was wird in Deutſchland geſchehen um den möglichen Sturm
von außen zu beſchwören, einer fremden Einmiſchung, der Ueberfluthung
der deutſchen Gränzen durch franzöſiſche Heeresmaſſen einen Damm
entgegenzuſetzen und den Zuſtand der Ordnung im Innern zu erhalten?
Der Wille und die Kraft der Regierungen wird und kann nicht aus-
reichen Deutſchlands äußere und innere Sicherheit zu erhalten, wenn
nicht das deutſche Volk in ſeiner ganzen Maſſe, mit ſeiner ganzen Kraft
und mit einmüthigem Willen mitwirkt. Und dieſer einmüthige Wille
das Vaterland zu ſchützen iſt vorhanden: das deutſche Volk will keine
Fremdherrſchaft, es will auch keinen Umſturz der innern Staatsord-
nungen, es will keine Republik — alles was es verlangt ſind Bürg-
ſchaften für die Gewährung und Erhaltung einer geſetzlichen bürgerlichen
und politiſchen Freiheit. Man gebe ihm dieſe, aber in einer dieſes
Volkes würdigen Weiſe, ohne ängſtliche und mißtrauiſche Beſchränkun-
gen — und man wird ſehen was dieſes Volk leiſtet, wenn ihm das
Vertrauen gewährt wird das es fordert und verdient. Die Bürgſchaft
welche das deutſche Volk fordert, heißt — Gewährung einer nationalen
Vertretung am deutſchen Bunde.“
Was das Nähere der Schrift betrifft, ſo hebe ich einige Punkte
hervor. Preußen ſoll ſich, verlangt der Verfaſſer, mit allen ſeinen
früher zu dem deutſchen Reiche gehörigen Befitzungen dem deutſchen
Bund anſchließen, das Recht aufgeben als europäiſche Großmacht einen
auswärtigen Krieg ohne Zuſtimmung des Bundes zu beginnen, dadurch
ſeine Bundesländer in Gefahr zu bringen und ſomit den Bund in ſeine
Kriege zu verwickeln. Statt deſſen habe es den Beruf von der Vor-
ſehung vorgezeichnet bekommen eine rein deutſche und damit die erſte
Großmacht des deutſchen Bundes zu ſeyn. Alsdann könne Deutſchland
als Macht in die Wagſchale der europäiſchen Geſchicke fallen, denn dann
erſt ſey auch Oeſterreich doppelt mächtig, weil dann erſt Deutſchland
ihm ſeinen Einfluß im Oſten und Süden verbürge, und in ihm den
Träger der deutſchen Intereſſen an der Donau, am adriatiſchen Meer
und jenſeits der Alpen würdigen lerne.
In der zweiten Abtheilung der Schrift ſpricht Hr. Zöpfl von der
Erweiterung des Bundeszweckes: beſſerer Schutz der deutſchen Natio-
nalität, z. B. gegen Dänemark, der Landesverfaſſungen gegen die
Landesregierungen (Hannover); Schaffung eines Centralpunktes, von
welchem aus alle nationalen Intereſſen Deutſchlands geleitet wer-
den ꝛc. Die dritte behandelt die Frage welche Veränderungen in der
Organiſation des Bundestages jetzt geboten ſeyen. Die Annäherung
der Bundesverfaſſung an das in Deutſchland vorherrſchende Staats-
ſyſtem (das monarchiſch-conſtitutionelle) erſcheint dem Verfaſſer dadurch
bedingt daß ein verantwortliches Bundesminiſterium gebildet
werde welches zu dem Bund in dasſelbe Verhältniß trete wie das Mi-
niſterium einer Monarchie zu dem Souverän. Bundesgeſandte dürften
nur Perſonen werden welche das Vertrauen der Landſtände beſäßen.
Das Präſidium ſolle zwiſchen Oeſterreich und Preußen von zwei zu drei
Jahren wechſeln. Daneben, als das Wichtigſte, müſſe eine deutſche
Nationalrepräſentation am deutſchen Bund errichtet werden.
Dazu ſchlägt der Verfaſſer vor 1) ſchleunige Gewährung der den deut-
ſchen Standesherren im Art. 6 der deutſchen Bundesacte in Ausſicht
geſtellten einigen Curiatſtimmen; 2) jeder deutſche Bundesſtaat
ſendet gerade ſo viel Abgeordnete als derſelbe gegenwärtig im Plenum
Stimmen führt, alſo Oeſterreich, Preußen, Bayern ꝛc. jedes vier,
Baden ꝛc. jedes drei Abgeordnete u. ſ. f., ſo daß die Nationalrepräſen-
tation am deutſchen Bund aus 69 Abgeordneten beſtände, welche gleich-
ſam ein Ausſchuß der deutſchen Ständeverſammlungen wären. Dieſe
Nationalrepräſentation wähle ihre Präſidenten und Secretäre ſelbſt,
werde von je zwei zu zwei Jahren zu einem Drittheil erneuert, ſey un-
auflöslich, ihre Verhandlungen öffentlich, kein Bundesbeſchluß ohne
ihre Zuſtimmung, ſie kann das Bundesminiſterium in Anklageſtand
verſetzen u. ſ. w. Als drittes Glied der Bundesverfaſſung ein Bundes-
gericht. Wegen des Näheren verweiſen wir auf die Schrift ſelbſt.
Deutſche Handelspolitik.
VII.
* Die Schiffsrheder an der Oſtſee haben bekanntlich Proteſt
gegen eine deutſche Navigationsacte eingelegt. Die Sache erſcheint
auf den erſten Blick etwas ſonderbar wenn man die am baltiſchen Meer
obwaltenden Verhältniſſe in Anſchlag bringt. Gewiß würden bei ei-
ner veränderten Lage der Schifffahrt Deutſchlands die Rhedereien
der Oſtſee erheblich benachtheiligt werden in — ihrem bisherigen
Schlendrian. Wir fragen: Liegt darin keine Verblendung wenn dieſe
Oſtſeerheder alle mögliche „Freiheit“ zu beſitzen glauben, ſolange England
ihnen noch erlaubt Getreide, Holz, Wolle und andere Producte des
Ackerbaues, der Viehzucht und der Forſtwirthſchaft, welche England
zum Behuf wohlfeiler Nahrung für die arbeitenden Claſſen, als Schiffs-
bau- und Fabrikmaterial noch aus Deutſchland beziehen muß, direct
dorthin und gegen niedrigen Zoll oder gänzlich ſteuerfrei einzuführen,
und in Zahlung dafür fertige Fabricate, und für den Kleinhandel im
eigenen Lande wohlaſſortirte Colonialwaaren, ſodann den Ueberſchuß
Englands an Salz, Kohlen, Eiſen und andern Metallen als Rück-
ladung von England nach Hauſe einzunehmen? Iſt es denn möglich
noch länger den Umſtand zu überſehen daß England alle nöthigen Vor-
kehrungen trifft um ſeinen Bedarf an Naturalproducten künftig bei-
nahe ausſchließlich aus ſeinen eigenen Beſitzungen zu beziehen, damit
dieſe in den Stand geſetzt werden mehr von ſeinen Fabricaten zu ver-
brauchen, ſie, die ihm ohne Frage zuverläſſigere und ſicherſte Kunden
ſind? Wie lange wird dann jene bequeme Freiheit der Oſtſeerhederei
noch andauern? Wir wollen nicht ſagen daß ſie raſch eines „natür-
lichen Todes“ ſterben werde, meinen aber daß ſie über kurz oder lang
nach einem Thätigkeitskreiſe ſich umzuſehen hat der feſtere Gewähr
bietet als der gegenwärtige. Unter dieſen Umſtänden erſcheint es
weder patriotiſch noch verſtändig wenn ein Theil dieſer Rhedereien
immer und immer wieder Proteſt einlegt gegen national-deutſche
Maßregeln, welche darauf abzwecken auch ihnen Freiheit der Bewe-
gung in der großen Welthandelsſchifffahrt zu eröffnen. Sie mei-
nen ihre, ohnehin mehr oder weniger prekäre Frachtſchifffahrt
könne darunter leiden, und wähnen ſie beſäſſen ſchon allenthalben „ge-
nügende Freiheit.“ Es haben ſich aber Stimmen erhoben die nach-
drücklich behaupten, ſehr viele Oſtſeerheder ſeyen Anhänger der Be-
quemlichkeit und ohne ſchwunghaften Unternehmungsgeiſt; ſie ſcheue-
ten die Mühe ihre Schiffe für die jedenfalls erträglichere transatlan-
tiſche Fahrt einzurichten und beſſer auszurüſten. Thatſache iſt daß
die Oſtſeerheder im ganzen ſich einen ſehr beſchränkten Kreis ihrer
Wirkſamkeit vorgezeichnet haben; ſie erkennen nicht oder mögen nicht
erkennen wie vielfältige Beſchränkungen die deutſche Schifffahrt im
Auslande erleidet, und verharren in einer ſchwer verzeihlichen Gleich-
gültigkeit. Nur wenn es ſich um nationale Maßregeln handelt, wer-
den ſie hitzig und zeigen eine Streitluft, welche ſich bisher noch nicht
gegen das die deutſchen Intereſſen vielfach beeinträchtigende Ausland
gerichtet hat. Indeſſen ganz abgeſehen von den allgemeinen und natio-
nalen Zwecken und Vortheilen, würden die Oſtſeehäfen nicht erheblich
gewinnen wenn ſie ihre Thätigkeit ſteigerten und größere Rührigkeit
entfalteten? Uns dünkt es einträglicher zu ſeyn das Holz, ſtatt es
nach England zu ſchaffen, bei den wohlfeilen Arbeitspreiſen am balti-
ſchen Meere, theilweiſe in große und ſchöne Fahrzeuge zu verwandeln
und damit die transatlantiſche directe Frachtfahrt zu betreiben, die ſich
bei einem Differentialzollſyſtem in weit größerem Maß auch nach den
Oſtſeehäfen ziehen müßte. Warum bauet man nicht auch gute fertige
Schiffe für den Verkauf; ſie würden an der Nordſee Abnehmer finden.
Es wäre kaum unzweckmäßig oder unvortheilhaft wenn die Anwohner
der Oſtſee den Manufacturwaarenbedarf vom eigenen Inlande erhiel-
ten, und dagegen ihren Ueberfluß an Landeserzeugniſſen regelmäßiger
und dauernder als bisher an England verwertheten; wenn ſie ferner
den Ueberſchuß ihrer Stapelartikel, ſtatt wie jetzt faſt ausſchließlich für
England, mehr für den Verbrauch der transatlantiſchen Märkte be-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-03-29T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |