Allgemeine Zeitung, Nr. 73, 13. März 1848.[Spaltenumbruch]
und Muth haben in dem Augenblicke drohender Brandung sich aus Ruder Wir werden um Aufnahme folgender Erklärung ersucht: München 11 März 1848. # # München, 12 März. Die auf heute anberaumte allge- || München, 12 März. Das schlechte Wetter veranlaßte daß Würzburg, 10 März. Zur Sicherung an der badisch-würtem- Aschaffenburg, 10 März. In unserer Stadt herrscht fort- Württemberg. * Stuttgart, 11 März. Gestern Abend sind [Spaltenumbruch]
und Muth haben in dem Augenblicke drohender Brandung ſich aus Ruder Wir werden um Aufnahme folgender Erklärung erſucht: München 11 März 1848. # # München, 12 März. Die auf heute anberaumte allge- || München, 12 März. Das ſchlechte Wetter veranlaßte daß Würzburg, 10 März. Zur Sicherung an der badiſch-würtem- Aſchaffenburg, 10 März. In unſerer Stadt herrſcht fort- Württemberg. * Stuttgart, 11 März. Geſtern Abend ſind <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <p><pb facs="#f0002" n="1154"/><cb/> und Muth haben in dem Augenblicke drohender Brandung ſich aus Ruder<lb/> zu ſtellen? Die Intereſſen Bayerns, Deutſchlands gebieten es, und ſie<lb/> werden dieſen Intereſſen jede Privatrückſicht zum Opfer bringen. In<lb/> Stuttgart und Darmſtadt haben Paul Pfizer und Heinrich v. Gagern<lb/> gewiß auch nur mit großer Selbſtüberwindung ſich der umfriedeten Ruhe<lb/> des Privatlebens entzogen um das miniſterielle Portefeuille zu er-<lb/> greifen; in Baden wird der edle Bekk nur durch die dringende Pflicht,<lb/> im Moment der Gefahr den Poften nicht zu verlaſſen, auf demſelben zu-<lb/> rückgehalten. Dasſelbe dürfen, müſſen wir von jenen Männern hoffen,<lb/> ja fordern, denn richten ſich an die Fürſten die „Forderungen des Volks“,<lb/> ſo dürfen die nicht zurückbleiben ohne deren Kopf und Hand die Fürſten<lb/> rathlos, die Völker hülflos blieben.</p> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>Wir werden um Aufnahme folgender Erklärung erſucht:</p><lb/> <cit> <quote> <p>„Die<lb/> Münchener Ereigniſſe vom 2 bis 6 März konnten nicht ermangeln in<lb/> der Preſſe die verſchiedenartigſte Beleuchtung zu finden. Eine unna-<lb/> türliche und innerlich unwahre Verbindung dreier durchaus hetero-<lb/> genen, ja ſogar diametral entgegengeſetzten Elemente benützte ſie zu<lb/> maßloſen Angriffen auf jenen Mann der als älteſter Miniſter zu ver-<lb/> mittelnder Thätigkeit zwiſchen Thron und Land amtlich berufen war.<lb/> Bis heute beobachtete ich angeſichts aller Angriffe ein unbedingtes<lb/> Stillſchweigen, nicht nur weil die ungeheuern Anſtrengungen der jüng-<lb/> ſten Wochen mir zum Betreten des journaliſtiſchen Gebietes keine Zeit<lb/> ließen, ſondern auch weil von dem Momente an da die nahe Eröff-<lb/> nung der Stände des Reiches feſtſtand, das öffentliche Reden der Mi-<lb/> niſter nothwendig dem parlamentären Gebiete anheimfiel. Mit Freude,<lb/> mit Begeiſterung ſah ich der Stunde entgegen wo mir vergönnt ſeyn<lb/> würde vom Miniſtertiſche aus über alle meine Amtshandlungen ohne<lb/> Ausnahme Rechenſchaft vor den Vertretern der Nation abzulegen. Ihr<lb/> Urtheil ſollte über das Vertrauen des Volkes zu dem Miniſter, ſonach<lb/> auch darüber entſcheiden ob ich den Monarchen um Zurücknahme des<lb/> Portefeuille bitten würde oder nicht. Der Wille des Königs hat anders<lb/> entſchieden; mir iſt durch plötzliche Enthebung das miniſterielle Wort<lb/><hi rendition="#g">in dem Augenblicke</hi> entzogen wo die Ständehallen ſich öffnen. 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Alle Stra-<lb/> ßen und Plätze prangen im ſchönſten Feſtſchmuck; frohgeſtimmte Men-<lb/> ſchenmaſſen wogen überall auf und ab, allein der Himmel ſchaut trübe<lb/> und traurig darein, wie wenn er den allgemeinen Enthuſiasmus etwas<lb/> abkühlen wollte. Die verſchiedenen von mir geſtern ſchon angedeuteten<lb/> Feſtlichkeiten müſſen deßhalb unterbleiben und werden ſtattfinden ſobald<lb/> ſchöneres Wetter eintritt. Ueber die nächſten Gründe der ſo raſch, wenn<lb/> auch nicht unerwartet, erfolgten Entlaſſung des Fürſten Wallerſtein<lb/> hat man bis jetzt nur Vermuthungen. Meiner geſtrigen Meldung füge<lb/> ich bei daß proviſoriſch die Leitung des Miniſteriums des Aeußern unſerm<lb/> Geſandten bei der Eidgenoſſenſchaft, Frhrn. v. Verger, welcher ſich gerade<lb/> hier befindet, übertragen worden iſt. Das ſummariſche Verfahren der Volks-<lb/> juſtiz gegen unbeliebte Beamte, wovon der Landrichter von Landsberg das<lb/> erſte Opfer war, ſcheint ſich weiter verbreiten zu wollen und iſt ein bemer-<lb/> kenswerthes Zeichen der Zeit. Der erſte Bürgermeiſter unſerer Vorſtadt<lb/> Au, Landarzt X. Keller, welcher durch eine zweimalige Wahl eigentlich<lb/> für Lebenszeit Bürgermeiſter war, hat dieſe Stelle gezwungen niederge-<lb/> legt. So erzählt man ſich daß auch mehrere andere Bürgermeiſter und<lb/> Landrichter theils ſchon vertrieben worden ſind, theils dieſes Loos noch<lb/> zu erwarten haben. Ich möchte um keinen Preis dieſem geſetzloſen Ver-<lb/> fahren, das geradezu zur Anarchie führen müßte, das Wort reden, aber es<lb/> iſt doch nicht zu läugnen daß an vielen Orten die Beamtenwillkür ſeit<lb/> Jahren und Jahrzehnten ſchlimmen Samen der Unzufriedenheit im Volk<lb/> ausgeſäet, der nun allwärts nach oben treibt. <hi rendition="#aq">Videant Consules!</hi></p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>|| <hi rendition="#b">München,</hi> 12 März.</dateline> <p>Das ſchlechte Wetter veranlaßte daß<lb/> die auf heute veranſtalteten Fefilichkeiten auf morgen oder den nächſten<lb/> ſchönen Tag verlegt wurden. Die Häuſerdecoration fand gleichwohl<lb/> ſtatt und bot einen ebenſo lieblichen als impoſanten Anblick. Die hier<lb/> accreditirten fremden Geſandten hatten größtentheils ihre Wohnungen<lb/> mit den bayeriſchen und ihren eigenen Landesfarben geſchmückt. Dar-<lb/> aus daß der franzöſiſche Geſandte, Baron Bourgoing, nur mit den baye-<lb/> riſchen Farben decorirte, darf man ſchließen daß die Anerkennung der<lb/> Republik von Seite Bayerns noch nicht erfolgte, und ſich der franzöſtſche<lb/> Geſandte nur als Privatmann zeigen konnte. — Sie wiſſen bereits daß<lb/> der Landrichter von Landsberg ſeinen Poſten zu verlaſſen gezwungen<lb/> wurde. Das Gerücht bezeichnet bereits noch einige andere Landgerichte<lb/> in Schwaben und Oberbayern, wo dieſelbe Manipulation beabſichtigt<lb/> ſeyn ſoll. Die Stellung unſerer Landrichter als Juſtiz- und Polizei-<lb/> beamte im Verein mit dem Mangel eines Polizeigeſetzes hat die noth-<lb/> wendige Folge daß dieſe Beamten, namentlich wenn ſie eine größere<lb/> Entfernung von den vorgeſetzten Stellen noch unabhängiger macht, eben<lb/> ſowohl die Wohlthäter als die Geißel ihrer Untergebenen werden kön-<lb/> nen. Eine baldige Durchführung der Trennung der Juſtiz von der Ad-<lb/> miniſtration und die Erlaſſung eines Polizeigeſetzes ſind allein im<lb/> Stande ſolche Verhältniſſe unmöglich zu machen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Würzburg,</hi> 10 März.</dateline> <p>Zur Sicherung an der badiſch-würtem-<lb/> bergiſchen Gränze, wo wie wir vernehmen Exceſſe der ärgerlichſten<lb/> Art ſtattgefunden, wird noch in dieſem Vormittag eine Abtheilung des<lb/> Regiments „König Otto von Griechenland“ abgehn. Weiter heißt es<lb/> daß nun auch ſämtliche Beurlaubte dieſes Regiments einberufen werden<lb/> und zur ſelben Beſtimmung abgehen ſollen. Glaubwürdige Perſonen<lb/> haben der Redaction gemeldet daß die Ruhe in dieſen Gegenden die<lb/> Oberhand wieder gewinnt, was auch daraus hervorgeht daß der Fürſt<lb/> von Hohenlohe-Niederſtetten ſeine Kinder, welche hier warten, bereits<lb/> nach Niederſtetten hat zurückkehren laſſen. 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Näheres iſt noch nicht bekannt.<lb/> In Großwallſtadt haben fortgeſetzte Widerſetzlichkeiten gegen die Be-<lb/> hörden ſtattgefunden. Heute iſt dahin ein Detaſchement von 100<lb/> Mann entſendet worden um die Behörde in Ausübung ihrer Unter-<lb/> ſuchung zu ſchützen. Solches energiſche Einſchreiten dürfte am be-<lb/> ſten geeignet ſeyn aller unerlaubten Selbhülfe vorzubeugen. Nicht<lb/> minder vertrauen wir zu dem geſunden Sinne der beſſeren Bürger<lb/> in den aufgeregten Orten daß ſie alles aufbieten werden damit ſolche be-<lb/> dauernswerthe Auftritte ſich nicht wiederholen. Auch in Miltenberg<lb/> ſollen unruhige Auftritte ſtattgefunden haben. (<hi rendition="#g">Aſchaff.</hi> Z.)</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#g">Württemberg.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Stuttgart,</hi> 11 März.</dateline> <p>Geſtern Abend ſind<lb/> hier angekommen der großh. heſſiſche General Graf Lehrbach und der herz.<lb/> naſſauiſche Geh. Legationsrath v. Gagern, zunächſt von Karlsruhe kommend<lb/> und, wie man vernimmt, in der Abſicht die Entſchlüſſe und Vorſchläge<lb/> unſeres Königs über die wichtige Frage des deutſchen Parlaments und<lb/> der damit zuſammenhängenden Maßregeln zu vernehmen und weiter ge-<lb/> meinſchaftlich mit einem großh. badiſchen und dieſſeitigen Bevollmächtig-<lb/> ten ſich nach München und unter Umſtänden an andere deutſche Höfe zu<lb/> begeben. Die hohen Regenten welche dieſen entſchloſſenen und raſchen<lb/> Weg betraten, gaben der deutſchen Nation dadurch ein Unterpfand ihres<lb/> hochherzigen Willens dem gemeinſamen Vaterlande jedes Opfer zu brin-<lb/> gen, welches äußere oder innere Gefahren von ihnen verlangen dürften.<lb/> Mit Freude und mit Stolz können wir berichten daß durch ein groß-<lb/> müthiges Entgegenkommen unſeres Königs ein vollkommenes Einver-<lb/> ſtändniß unter den bis jetzt vereinigten Höfen herbeigeführt iſt. 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und Muth haben in dem Augenblicke drohender Brandung ſich aus Ruder
zu ſtellen? Die Intereſſen Bayerns, Deutſchlands gebieten es, und ſie
werden dieſen Intereſſen jede Privatrückſicht zum Opfer bringen. In
Stuttgart und Darmſtadt haben Paul Pfizer und Heinrich v. Gagern
gewiß auch nur mit großer Selbſtüberwindung ſich der umfriedeten Ruhe
des Privatlebens entzogen um das miniſterielle Portefeuille zu er-
greifen; in Baden wird der edle Bekk nur durch die dringende Pflicht,
im Moment der Gefahr den Poften nicht zu verlaſſen, auf demſelben zu-
rückgehalten. Dasſelbe dürfen, müſſen wir von jenen Männern hoffen,
ja fordern, denn richten ſich an die Fürſten die „Forderungen des Volks“,
ſo dürfen die nicht zurückbleiben ohne deren Kopf und Hand die Fürſten
rathlos, die Völker hülflos blieben.
Wir werden um Aufnahme folgender Erklärung erſucht:
„Die
Münchener Ereigniſſe vom 2 bis 6 März konnten nicht ermangeln in
der Preſſe die verſchiedenartigſte Beleuchtung zu finden. Eine unna-
türliche und innerlich unwahre Verbindung dreier durchaus hetero-
genen, ja ſogar diametral entgegengeſetzten Elemente benützte ſie zu
maßloſen Angriffen auf jenen Mann der als älteſter Miniſter zu ver-
mittelnder Thätigkeit zwiſchen Thron und Land amtlich berufen war.
Bis heute beobachtete ich angeſichts aller Angriffe ein unbedingtes
Stillſchweigen, nicht nur weil die ungeheuern Anſtrengungen der jüng-
ſten Wochen mir zum Betreten des journaliſtiſchen Gebietes keine Zeit
ließen, ſondern auch weil von dem Momente an da die nahe Eröff-
nung der Stände des Reiches feſtſtand, das öffentliche Reden der Mi-
niſter nothwendig dem parlamentären Gebiete anheimfiel. Mit Freude,
mit Begeiſterung ſah ich der Stunde entgegen wo mir vergönnt ſeyn
würde vom Miniſtertiſche aus über alle meine Amtshandlungen ohne
Ausnahme Rechenſchaft vor den Vertretern der Nation abzulegen. Ihr
Urtheil ſollte über das Vertrauen des Volkes zu dem Miniſter, ſonach
auch darüber entſcheiden ob ich den Monarchen um Zurücknahme des
Portefeuille bitten würde oder nicht. Der Wille des Königs hat anders
entſchieden; mir iſt durch plötzliche Enthebung das miniſterielle Wort
in dem Augenblicke entzogen wo die Ständehallen ſich öffnen. Dieſen
Willen habe ich zu ehren; wohl aber bemerke ich hiemit öffentlich
daß nach meiner Anſicht der Austritt aus dem Amte nichts an dem
Rechte eines ehemaligen conſtitutionellen Miniſters ändert die unter
ſeiner Verantwortlichkeit vollzogenen Acte vollſtändig gegenüber jener
Landesrepräſentation zu vertreten, welcher verfaſſungsgemäß das Wäch-
teramt über die Wirkſamkeit der öffentlichen Beamten zukömmt, daß
ſonach in der Kammer, deren Mitglied ich bin, von mir geäußert wer-
den wird was die Ehre und die conſtitutionelle Pflicht gebieten.
München 11 März 1848.Reichsrath Fürſt von Oettingen-Wal-
lerſtein.“
# # München, 12 März.Die auf heute anberaumte allge-
meine Feier der Errungenſchaften des 6 März, für welche die ganze
Einwohnerſchaft vom frühen Morgen an in regſter Thätigkeit war, iſt
leider durch den Eintritt von Schneegeſtöber geſtört worden. Alle Stra-
ßen und Plätze prangen im ſchönſten Feſtſchmuck; frohgeſtimmte Men-
ſchenmaſſen wogen überall auf und ab, allein der Himmel ſchaut trübe
und traurig darein, wie wenn er den allgemeinen Enthuſiasmus etwas
abkühlen wollte. Die verſchiedenen von mir geſtern ſchon angedeuteten
Feſtlichkeiten müſſen deßhalb unterbleiben und werden ſtattfinden ſobald
ſchöneres Wetter eintritt. Ueber die nächſten Gründe der ſo raſch, wenn
auch nicht unerwartet, erfolgten Entlaſſung des Fürſten Wallerſtein
hat man bis jetzt nur Vermuthungen. Meiner geſtrigen Meldung füge
ich bei daß proviſoriſch die Leitung des Miniſteriums des Aeußern unſerm
Geſandten bei der Eidgenoſſenſchaft, Frhrn. v. Verger, welcher ſich gerade
hier befindet, übertragen worden iſt. Das ſummariſche Verfahren der Volks-
juſtiz gegen unbeliebte Beamte, wovon der Landrichter von Landsberg das
erſte Opfer war, ſcheint ſich weiter verbreiten zu wollen und iſt ein bemer-
kenswerthes Zeichen der Zeit. Der erſte Bürgermeiſter unſerer Vorſtadt
Au, Landarzt X. Keller, welcher durch eine zweimalige Wahl eigentlich
für Lebenszeit Bürgermeiſter war, hat dieſe Stelle gezwungen niederge-
legt. So erzählt man ſich daß auch mehrere andere Bürgermeiſter und
Landrichter theils ſchon vertrieben worden ſind, theils dieſes Loos noch
zu erwarten haben. Ich möchte um keinen Preis dieſem geſetzloſen Ver-
fahren, das geradezu zur Anarchie führen müßte, das Wort reden, aber es
iſt doch nicht zu läugnen daß an vielen Orten die Beamtenwillkür ſeit
Jahren und Jahrzehnten ſchlimmen Samen der Unzufriedenheit im Volk
ausgeſäet, der nun allwärts nach oben treibt. Videant Consules!
|| München, 12 März.Das ſchlechte Wetter veranlaßte daß
die auf heute veranſtalteten Fefilichkeiten auf morgen oder den nächſten
ſchönen Tag verlegt wurden. Die Häuſerdecoration fand gleichwohl
ſtatt und bot einen ebenſo lieblichen als impoſanten Anblick. Die hier
accreditirten fremden Geſandten hatten größtentheils ihre Wohnungen
mit den bayeriſchen und ihren eigenen Landesfarben geſchmückt. Dar-
aus daß der franzöſiſche Geſandte, Baron Bourgoing, nur mit den baye-
riſchen Farben decorirte, darf man ſchließen daß die Anerkennung der
Republik von Seite Bayerns noch nicht erfolgte, und ſich der franzöſtſche
Geſandte nur als Privatmann zeigen konnte. — Sie wiſſen bereits daß
der Landrichter von Landsberg ſeinen Poſten zu verlaſſen gezwungen
wurde. Das Gerücht bezeichnet bereits noch einige andere Landgerichte
in Schwaben und Oberbayern, wo dieſelbe Manipulation beabſichtigt
ſeyn ſoll. Die Stellung unſerer Landrichter als Juſtiz- und Polizei-
beamte im Verein mit dem Mangel eines Polizeigeſetzes hat die noth-
wendige Folge daß dieſe Beamten, namentlich wenn ſie eine größere
Entfernung von den vorgeſetzten Stellen noch unabhängiger macht, eben
ſowohl die Wohlthäter als die Geißel ihrer Untergebenen werden kön-
nen. Eine baldige Durchführung der Trennung der Juſtiz von der Ad-
miniſtration und die Erlaſſung eines Polizeigeſetzes ſind allein im
Stande ſolche Verhältniſſe unmöglich zu machen.
Würzburg, 10 März.Zur Sicherung an der badiſch-würtem-
bergiſchen Gränze, wo wie wir vernehmen Exceſſe der ärgerlichſten
Art ſtattgefunden, wird noch in dieſem Vormittag eine Abtheilung des
Regiments „König Otto von Griechenland“ abgehn. Weiter heißt es
daß nun auch ſämtliche Beurlaubte dieſes Regiments einberufen werden
und zur ſelben Beſtimmung abgehen ſollen. Glaubwürdige Perſonen
haben der Redaction gemeldet daß die Ruhe in dieſen Gegenden die
Oberhand wieder gewinnt, was auch daraus hervorgeht daß der Fürſt
von Hohenlohe-Niederſtetten ſeine Kinder, welche hier warten, bereits
nach Niederſtetten hat zurückkehren laſſen. Nach der Gränze von Baden
ſollen, wie man hört, 4 Schadronen Chevaulegers von Ansbach rücken.
(Würzb. Z.)
Aſchaffenburg, 10 März.In unſerer Stadt herrſcht fort-
während die größte Ruhe und Ordnung. Dagegen haben in unſerer
Umgegend mehrere ſehr beklagenswerthe Unruhen ſtattgefunden. In
Rothenbuch drang am Mittwoch Abends eine tobende und ſchrei-
ende Menge, großentheils aus Wildfrevlern beſtehend, ein, wußte ſich
durch Erpreſſungen Pulver zu verſchaffen und durchtobte dann die
Nacht bis 4 Uhr mit Schießen und Geſchrei, worauf ſie ſich entfernte
ohne jedoch an Perſonen oder Eigenthum einen Schaden anzurichten.
Gegenwärtig iſt die Ruhe wieder hergeſtellt. Von Amorbach kam ge-
ſtern eine Eſtaffette des Fürſten v. Leiningen an, welcher zum Schutze
ſeines Eigenthums Militär verlangte. Näheres iſt noch nicht bekannt.
In Großwallſtadt haben fortgeſetzte Widerſetzlichkeiten gegen die Be-
hörden ſtattgefunden. Heute iſt dahin ein Detaſchement von 100
Mann entſendet worden um die Behörde in Ausübung ihrer Unter-
ſuchung zu ſchützen. Solches energiſche Einſchreiten dürfte am be-
ſten geeignet ſeyn aller unerlaubten Selbhülfe vorzubeugen. Nicht
minder vertrauen wir zu dem geſunden Sinne der beſſeren Bürger
in den aufgeregten Orten daß ſie alles aufbieten werden damit ſolche be-
dauernswerthe Auftritte ſich nicht wiederholen. Auch in Miltenberg
ſollen unruhige Auftritte ſtattgefunden haben. (Aſchaff. Z.)
Württemberg.
* Stuttgart, 11 März.Geſtern Abend ſind
hier angekommen der großh. heſſiſche General Graf Lehrbach und der herz.
naſſauiſche Geh. Legationsrath v. Gagern, zunächſt von Karlsruhe kommend
und, wie man vernimmt, in der Abſicht die Entſchlüſſe und Vorſchläge
unſeres Königs über die wichtige Frage des deutſchen Parlaments und
der damit zuſammenhängenden Maßregeln zu vernehmen und weiter ge-
meinſchaftlich mit einem großh. badiſchen und dieſſeitigen Bevollmächtig-
ten ſich nach München und unter Umſtänden an andere deutſche Höfe zu
begeben. Die hohen Regenten welche dieſen entſchloſſenen und raſchen
Weg betraten, gaben der deutſchen Nation dadurch ein Unterpfand ihres
hochherzigen Willens dem gemeinſamen Vaterlande jedes Opfer zu brin-
gen, welches äußere oder innere Gefahren von ihnen verlangen dürften.
Mit Freude und mit Stolz können wir berichten daß durch ein groß-
müthiges Entgegenkommen unſeres Königs ein vollkommenes Einver-
ſtändniß unter den bis jetzt vereinigten Höfen herbeigeführt iſt. Bayerns
König, der bereits durch eine wahrhaft patriotiſche Proclamation ſeinem
Volke die herrlichſten Freiheiten verkündet hat, ſcheint es in der gegen-
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(2021-08-16T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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