Allgemeine Zeitung, Nr. 45, 7. November 1914.
Meine Herren, gestatten Sie, daß ich in einer weihevollen Begeistert stimmte die Menge in die Hochrufe ein und for- "Ich danke herzlich für diese Kundgebung, welche beweist, Die Menge stimmte die Nationalhymne an, worauf der Rück- Italien. Rom, 5. November. Durch königliches Dekret wurde Salan- * [Spaltenumbruch]England. Die "Morningpost" erfährt, daß bei dem Zusammentritt des * Der erste Seelord der englischen Admiralität Prinz Louis Prinz Louis von Battenberg schreibt in einem Briefe * Aus London wird amtlich unterm 31. Oktober gemeldet: Ein deutsches Unterseeboot hat heute im englischen Die nichtamtliche Meldung über die Vernichtung des engli- * Ueber die weiteren glänzenden Kriegstaten unserer "Emden" Nach einer amtlichen Petersburger Meldung aus Tokio Aus dem großen Hauptquartier ist in Emden nachfolgendes Oberbürgermeister Emden. Ich beglückwünsche die Stadt Bekanntlich hat sich die "Emden" durch Anbringung eines * Ueber den Heldenkampf, den Tsingtau gegen seine
Meine Herren, geſtatten Sie, daß ich in einer weihevollen Begeiſtert ſtimmte die Menge in die Hochrufe ein und for- „Ich danke herzlich für dieſe Kundgebung, welche beweiſt, Die Menge ſtimmte die Nationalhymne an, worauf der Rück- Italien. Rom, 5. November. Durch königliches Dekret wurde Salan- * [Spaltenumbruch]England. Die „Morningpoſt“ erfährt, daß bei dem Zuſammentritt des * Der erſte Seelord der engliſchen Admiralität Prinz Louis Prinz Louis von Battenberg ſchreibt in einem Briefe * Aus London wird amtlich unterm 31. Oktober gemeldet: Ein deutſches Unterſeeboot hat heute im engliſchen Die nichtamtliche Meldung über die Vernichtung des engli- * Ueber die weiteren glänzenden Kriegstaten unſerer „Emden“ Nach einer amtlichen Petersburger Meldung aus Tokio Aus dem großen Hauptquartier iſt in Emden nachfolgendes Oberbürgermeiſter Emden. Ich beglückwünſche die Stadt Bekanntlich hat ſich die „Emden“ durch Anbringung eines * Ueber den Heldenkampf, den Tſingtau gegen ſeine <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0005" n="649"/><fw place="top" type="header">7. November 1914. <hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi></fw><lb/><cb/> Mukthar Paſcha</hi>, Rauchſtraße 20, zu großen Kundgebungen.<lb/> Es war abends ½9 Uhr. Mehrere Droſchken paſſierten den Pots-<lb/> damer Platz. In der erſten ſaß ein Führer der hieſigen türkiſchen<lb/> Kolonie, <hi rendition="#g">Juſſuf Ivio Bey</hi>. Er hatte ſeinen Wagen mit einer<lb/> deutſchen und einer türkiſchen Fahne geſchmückt. Dieſer Ausdruck<lb/> deutſch-türkiſcher Ideengemeinſchaft verſetzte die Menge in Be-<lb/> geiſterung. Als der Wagen im Gedränge nicht mehr vorwärts<lb/> konnte, erhob ſich Juſſuf in ſeinem Wagen und hielt an ſeine Zu-<lb/> hörer eine Anſprache etwa folgenden Inhalts:</p><lb/> <cit> <quote>Meine Herren, geſtatten Sie, daß ich in einer weihevollen<lb/> Stunde das Wort an Sie richte. Eine große Stunde iſt für<lb/> das Osmanentum, ja für die ganze islamitiſche Welt gekom-<lb/> men. Auch wir Türken kämpfen nunmehr für die Rechte der<lb/> Menſchheit. Wir ſind nicht ſo undankbare Schüler, daß wir<lb/> uns nicht deſſen, was wir Deutſchland zu verdanken haben,<lb/> erinnerten. Wir Anhänger Mohammeds erinnern uns des<lb/> Wortes Kaiſer Wilhelms, das er am Grabe unſere großen<lb/> Sultans Saladin ſprach, und worin er bekannte, der Freund<lb/> der dreihundert Millionen Mohammedaner zu ſein. Wir<lb/> Osmanen wiſſen, was Deutſchland für die Kultur der Welt be-<lb/> deutet. Wir wiſſen aber auch, wie uns ſeine Gegner unter-<lb/> drückt und beraubt haben. Wir Türken, die wir nichts als<lb/> Ungerechtigkeit zu ſpüren Gelegenheit hatten, treten heute her-<lb/> vor nach 200jähriger Knechtung durch das Moskowitertum und<lb/> dieſe verdammten Engländer (brauſende Zuſtimmungsrufe), um<lb/> menſchliche Lebensbedingungen zu erringen. Wir tun es in<lb/><hi rendition="#g">Dankbarkeit gegen das große Deutſche Reich</hi><lb/> für die uns erwieſenen Wohltaten, die uns eine Quelle des<lb/> Segens in militäriſchen Dingen und in den Wiſſenſchaften wur-<lb/> den. Heute, da Deutſchland im Kampfe ſteht gegen eine Welt<lb/> des Neides, erinnern wir uns der Niederträchtigkeiten der-<lb/> ſelben Feinde, die Deutſchland jetzt bekämpfen muß, und ſo<lb/> treten wir <hi rendition="#g">an die Seite eurer ruhmreichen Heere</hi>.<lb/> Ich möchte wünſchen, daß noch unſere Enkel dieſe Verwirk-<lb/> lichung einer deutſch-türkiſchen Freundſchaft auf ihre Fahnen<lb/> ſchreiben und ſie ſtets brüderlich aufrecht erhalten, wie es Ihr<lb/> großer Kaiſer, der Friedenskaiſer, für den man nur das Wort<lb/> „Der Einzige“ gebrauchen kann, ausgeſprochen hat. Der Sieg<lb/> ſei den deutſchen Waffen hold! Wir wollen an Ihrer Seite<lb/> bis zum äußerſten kämpfen. Der Ruf unſeres Padiſchah wird<lb/> in die fernſten Länder ergehen und er wird die Anhänger des<lb/> Islam aufrufen, wo immer ſie wohnen, mitzuhelfen in dieſem<lb/> Kampf, daß der von Deutſchland vertretenen Gerechtigkeit und<lb/> Kultur der Sieg werde. 25 Millionen Türken, 300 Millionen<lb/> Mohammedaner, der ganze Islam wird ſich erheben wie ein<lb/> Mann, um an der Seite Deutſchlands zu ſtreiten. Hoch Kaiſer<lb/> Wilhelm <hi rendition="#aq">II.</hi>! Hoch Kaiſer Franz Joſef! Hoch Sultan Mehemed<lb/> Reſchad <hi rendition="#aq">V.</hi>! Hoch die deutſch-öſterreichiſch-türkiſchen Waffen!</quote> </cit><lb/> <p>Begeiſtert ſtimmte die Menge in die Hochrufe ein und for-<lb/> mierte ſich dann zu einem Zug, der die Droſchke nach dem Palais<lb/> der türkiſchen Botſchaft in der Rauchſtraße begleitete. Vor der<lb/> Botſchaft riefen die immer erneuten Hochrufe den Botſchafter<lb/> Mukthar Paſcha an ein Fenſter der erſten Etage. Nachdem ſich<lb/> die Begeiſterung etwas gelegt und ein Begleiter Ivio Beys mit<lb/> einigen Worten den Zweck der Kundgebung auseinandergeſetzt<lb/> hatte, nahm der Botſchafter ſelbſt zu einer Anſprache das Wort,<lb/> aus der die folgenden Worte wiedergegeben ſeien:</p><lb/> <cit> <quote>„Ich danke herzlich für dieſe Kundgebung, welche beweiſt,<lb/> wie groß die gegenſeitige Sympathie und Hochachtung ſind,<lb/> welche unſere beiden Nationen vereinen. Ihre Worte werden<lb/> den herzlichſten Widerhall in meiner Heimat finden. Ihrem<lb/> Herrſcher rufe ich zu: Heil Dir im Siegerkranz!“</quote> </cit><lb/> <p>Die Menge ſtimmte die Nationalhymne an, worauf der Rück-<lb/> weg angetreten wurde. Die Kundgebung endete im Kaffeehaus<lb/> „Vaterland“. Alles erhob ſich, und unter den Fanfarenklängen<lb/> der Muſik hieß man die beiden vereinigten Fahnen willkommen.<lb/> Wieder folgten Anſprachen, Hochrufe, vaterländiſche Lieder. Und<lb/> ſo gab ſich auch hier das Bewußtſein von der weittragenden Be-<lb/> deutung deſſen kund, was ſich ſoeben am Schwarzen Meere abſpielt.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Italien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#g">Rom</hi>, 5. November.</dateline><lb/> <p>Durch königliches Dekret wurde <hi rendition="#g">Salan-<lb/> dra</hi> mit der <hi rendition="#g">Bildung des Kabinetts betraut</hi>. Wie<lb/> „Agenzia Stefani“ aus zuverläſſiger Quelle erfährt, ſetzt ſich das<lb/> neue Kabinett folgendermaßen zuſammen: <hi rendition="#g">Salandra</hi>: Vorſitz<lb/> und Inneres, <hi rendition="#g">Sonnino</hi>: Miniſterium des Aeußeren, <hi rendition="#g">Martini</hi>:<lb/> Kolonialminiſterium, <hi rendition="#g">Orlando</hi>: Juſtizminiſterium, <hi rendition="#g">Carcano</hi>:<lb/> Schatz, <hi rendition="#g">Danco</hi>: Finanzminiſterium, <hi rendition="#g">Ciuffeli</hi>: Miniſterium für<lb/> öffentliche Arbeiten, <hi rendition="#g">Grippo</hi>: Unterrichtsminiſterium, <hi rendition="#g">Cava-<lb/> ſola:</hi> Ackerbauminiſterium, <hi rendition="#g">Zupelli:</hi> Kriegsminiſterium,<lb/><hi rendition="#g">Viala</hi>: Marineminiſterium, <hi rendition="#g">Riccio</hi>: Poſt.</p><lb/> <p>*</p><lb/> <cb/> </div> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">England.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p>Die „Morningpoſt“ erfährt, daß bei dem Zuſammentritt des<lb/><hi rendition="#g">Parlaments</hi> am 11. November die Regierung wieder<lb/> 100 <hi rendition="#g">Millionen Pfund Sterling für den Krieg</hi> for-<lb/> dern wird.</p><lb/> <p>*</p><lb/> <p>Der erſte Seelord der engliſchen Admiralität Prinz <hi rendition="#g">Louis<lb/> von Battenberg</hi> iſt infolge der Preßhetze des „Globe“<lb/><hi rendition="#g">zurückgetreten</hi>. Admiral <hi rendition="#g">Lord Fiſher</hi> wurde als Nach-<lb/> folger des Prinzen Battenberg zum erſten Seelord ernannt.</p><lb/> <p>Prinz Louis von <hi rendition="#g">Battenberg</hi> ſchreibt in einem Briefe<lb/> an Churchill, worin er das Amt als erſter Seelord niederlegt, daß<lb/> er in der letzten Zeit zu dem ſchmerzlichen Schluß gelangt ſei,<lb/> daß unter den herrſchenden Umſtänden ſeine Geburt und Herkunft<lb/> die Wirkung hätten, in gewiſſer Hinſicht ſeine Nützlichkeit in der<lb/> Admiralität zu beeinträchtigen. Die „Times“ führen zu dem<lb/> Rücktritt des Prinzen von Battenberg aus, der Rücktritt ſei fraglos<lb/> das Ergebnis einer Kampagne geweſen, in der der Prinz einer-<lb/> ſeits der Schwäche gegenüber Churchill beſchuldigt, andrerſeits<lb/> wegen ſeiner deutſchen Herkunft angegriffen worden ſei. Das<lb/> Blatt fährt fort: Die Ernennung Lord <hi rendition="#g">Fiſhers</hi> verſetzt dieſen<lb/> in die wichtige Stellung eines erſten Seelords, der mehr als jeder<lb/> andere der Schöpfer der britiſchen Schlachtflotte ſei, der zu der<lb/> Flotte in einem ähnlichen Verhältnis ſteht, wie Kitchener zur<lb/> Armee.</p><lb/> <p>*</p><lb/> <p>Aus <hi rendition="#g">London</hi> wird amtlich unterm 31. Oktober gemeldet:</p><lb/> <cit> <quote>Ein <hi rendition="#g">deutſches Unterſeeboot</hi> hat heute im engliſchen<lb/> Kanal den alten Kreuzer „<hi rendition="#g">Hermes</hi>“, der von Dünkirchen zurück-<lb/> kam, durch einen Torpedoſchuß <hi rendition="#g">zum Sinken gebracht</hi>. Bei-<lb/> nahe alle Offiziere und Mannſchaften ſind gerettet.</quote> </cit><lb/> <cit> <quote>Die nichtamtliche Meldung über die Vernichtung des engli-<lb/> ſchen Kreuzers „Hermes“ durch ein deutſches Unterſeeboot wird<lb/> ſpäter amtlich beſtätigt. Das Unterſeeboot iſt wohlbehalten zurück-<lb/> gekehrt.</quote> </cit><lb/> <p>*</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p>Ueber die weiteren glänzenden Kriegstaten unſerer „<hi rendition="#g">Emden</hi>“<lb/> liegen neue Meldungen vor:</p><lb/> <cit> <quote>Nach einer amtlichen Petersburger Meldung aus <hi rendition="#g">Tokio</hi><lb/> wurde der ruſſiſche Kreuzer „<hi rendition="#g">Schemtſchug</hi>“ und ein franzöſi-<lb/> ſcher Torpedojäger auf der Reede von Pulo Penang durch<lb/> Torpedoſchüſſe des deutſchen Kreuzers „<hi rendition="#g">Emden</hi>“ zum Sinken<lb/> gebracht. Der Kreuzer hatte ſich durch Anbringen eines vierten<lb/> falſchen Schornſteins unkenntlich gemacht und konnte ſich auf dieſe<lb/> Weiſe den vernichteten Schiffen unerkannt nähern.</quote> </cit><lb/> <p>Aus dem großen Hauptquartier iſt in <hi rendition="#g">Emden</hi> nachfolgendes<lb/><hi rendition="#g">Telegramm</hi> des <hi rendition="#g">Kaiſers</hi> eingetroffen:</p><lb/> <cit> <quote>Oberbürgermeiſter Emden. Ich beglückwünſche die Stadt<lb/> Emden zu ihrem Patenkinde im Indiſchen Ozean, deſſen kühne<lb/> Kreuzerſtückchen ein jedes deutſche Herz mit Stolz und Freude<lb/> erfüllen. <hi rendition="#g">Wilhelm</hi> <hi rendition="#aq">I. R.</hi></quote> </cit><lb/> <p>Bekanntlich hat ſich die „<hi rendition="#g">Emden</hi>“ durch Anbringung eines<lb/><hi rendition="#g">vierten falſchen Schornſteins</hi> unkenntlich gemacht, um<lb/> ſich auf dieſe Weiſe zu nähern. Die „Neue Freie Preſſe“ ſagt dazu:<lb/><cit><quote>Der tapfere Kommandant des auf allen Meeren Schrecken ver-<lb/> breitenden fliegenden Holländers „Emden“ ſcheint Rudyard<lb/><hi rendition="#g">Kipling</hi> mit Nutzen geleſen zu haben. In einer ſeiner Novellen<lb/> erzählt Kipling von dem Befehlshaber eines engliſchen Kriegs-<lb/> ſchiffes, der bei einer im Frieden vorgenommenen Uebung der<lb/> britiſchen Seemacht die Liſt anwandte, zu den drei vorhandenen<lb/> Schornſteinen ſeines Schiffes einen vierten, falſchen zu impro-<lb/> viſieren, um ſein Fahrzeug unkenntlich zu machen. Dadurch gelang<lb/> es ihm, die ihm geſtellte ſchwierige Aufgabe zu löſen, da er bei dem<lb/> angenommenen Gegner Verwirrung hervorbrachte. Kipling hat,<lb/> als er die Novelle ſchrieb, ſicherlich nicht geahnt, daß ein deutſcher<lb/> Schiffskommandant von dieſer Liſt im friſchen Seekrieg Gebrauch<lb/> machen wird, um mit einem Schlage zwei feindliche Kriegsſchiffe<lb/> in den Grund zu bohren.</quote></cit></p><lb/> <p>*</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p>Ueber den <hi rendition="#g">Heldenkampf</hi>, den <hi rendition="#g">Tſingtau</hi> gegen ſeine<lb/> Bedränger führt, veröffentlicht die Frankfurter Zeitung folgende<lb/> Havasmeldung aus <hi rendition="#g">Tokio</hi>: <cit><quote>„Die Feſtung <hi rendition="#g">Tſingtau wurde<lb/> zerſtört</hi>. Die Operationen werden mit allgemeinem Erfolge<lb/> fortgeſetzt.“</quote></cit></p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [649/0005]
7. November 1914. Allgemeine Zeitung
Mukthar Paſcha, Rauchſtraße 20, zu großen Kundgebungen.
Es war abends ½9 Uhr. Mehrere Droſchken paſſierten den Pots-
damer Platz. In der erſten ſaß ein Führer der hieſigen türkiſchen
Kolonie, Juſſuf Ivio Bey. Er hatte ſeinen Wagen mit einer
deutſchen und einer türkiſchen Fahne geſchmückt. Dieſer Ausdruck
deutſch-türkiſcher Ideengemeinſchaft verſetzte die Menge in Be-
geiſterung. Als der Wagen im Gedränge nicht mehr vorwärts
konnte, erhob ſich Juſſuf in ſeinem Wagen und hielt an ſeine Zu-
hörer eine Anſprache etwa folgenden Inhalts:
Meine Herren, geſtatten Sie, daß ich in einer weihevollen
Stunde das Wort an Sie richte. Eine große Stunde iſt für
das Osmanentum, ja für die ganze islamitiſche Welt gekom-
men. Auch wir Türken kämpfen nunmehr für die Rechte der
Menſchheit. Wir ſind nicht ſo undankbare Schüler, daß wir
uns nicht deſſen, was wir Deutſchland zu verdanken haben,
erinnerten. Wir Anhänger Mohammeds erinnern uns des
Wortes Kaiſer Wilhelms, das er am Grabe unſere großen
Sultans Saladin ſprach, und worin er bekannte, der Freund
der dreihundert Millionen Mohammedaner zu ſein. Wir
Osmanen wiſſen, was Deutſchland für die Kultur der Welt be-
deutet. Wir wiſſen aber auch, wie uns ſeine Gegner unter-
drückt und beraubt haben. Wir Türken, die wir nichts als
Ungerechtigkeit zu ſpüren Gelegenheit hatten, treten heute her-
vor nach 200jähriger Knechtung durch das Moskowitertum und
dieſe verdammten Engländer (brauſende Zuſtimmungsrufe), um
menſchliche Lebensbedingungen zu erringen. Wir tun es in
Dankbarkeit gegen das große Deutſche Reich
für die uns erwieſenen Wohltaten, die uns eine Quelle des
Segens in militäriſchen Dingen und in den Wiſſenſchaften wur-
den. Heute, da Deutſchland im Kampfe ſteht gegen eine Welt
des Neides, erinnern wir uns der Niederträchtigkeiten der-
ſelben Feinde, die Deutſchland jetzt bekämpfen muß, und ſo
treten wir an die Seite eurer ruhmreichen Heere.
Ich möchte wünſchen, daß noch unſere Enkel dieſe Verwirk-
lichung einer deutſch-türkiſchen Freundſchaft auf ihre Fahnen
ſchreiben und ſie ſtets brüderlich aufrecht erhalten, wie es Ihr
großer Kaiſer, der Friedenskaiſer, für den man nur das Wort
„Der Einzige“ gebrauchen kann, ausgeſprochen hat. Der Sieg
ſei den deutſchen Waffen hold! Wir wollen an Ihrer Seite
bis zum äußerſten kämpfen. Der Ruf unſeres Padiſchah wird
in die fernſten Länder ergehen und er wird die Anhänger des
Islam aufrufen, wo immer ſie wohnen, mitzuhelfen in dieſem
Kampf, daß der von Deutſchland vertretenen Gerechtigkeit und
Kultur der Sieg werde. 25 Millionen Türken, 300 Millionen
Mohammedaner, der ganze Islam wird ſich erheben wie ein
Mann, um an der Seite Deutſchlands zu ſtreiten. Hoch Kaiſer
Wilhelm II.! Hoch Kaiſer Franz Joſef! Hoch Sultan Mehemed
Reſchad V.! Hoch die deutſch-öſterreichiſch-türkiſchen Waffen!
Begeiſtert ſtimmte die Menge in die Hochrufe ein und for-
mierte ſich dann zu einem Zug, der die Droſchke nach dem Palais
der türkiſchen Botſchaft in der Rauchſtraße begleitete. Vor der
Botſchaft riefen die immer erneuten Hochrufe den Botſchafter
Mukthar Paſcha an ein Fenſter der erſten Etage. Nachdem ſich
die Begeiſterung etwas gelegt und ein Begleiter Ivio Beys mit
einigen Worten den Zweck der Kundgebung auseinandergeſetzt
hatte, nahm der Botſchafter ſelbſt zu einer Anſprache das Wort,
aus der die folgenden Worte wiedergegeben ſeien:
„Ich danke herzlich für dieſe Kundgebung, welche beweiſt,
wie groß die gegenſeitige Sympathie und Hochachtung ſind,
welche unſere beiden Nationen vereinen. Ihre Worte werden
den herzlichſten Widerhall in meiner Heimat finden. Ihrem
Herrſcher rufe ich zu: Heil Dir im Siegerkranz!“
Die Menge ſtimmte die Nationalhymne an, worauf der Rück-
weg angetreten wurde. Die Kundgebung endete im Kaffeehaus
„Vaterland“. Alles erhob ſich, und unter den Fanfarenklängen
der Muſik hieß man die beiden vereinigten Fahnen willkommen.
Wieder folgten Anſprachen, Hochrufe, vaterländiſche Lieder. Und
ſo gab ſich auch hier das Bewußtſein von der weittragenden Be-
deutung deſſen kund, was ſich ſoeben am Schwarzen Meere abſpielt.
Italien.
Rom, 5. November.
Durch königliches Dekret wurde Salan-
dra mit der Bildung des Kabinetts betraut. Wie
„Agenzia Stefani“ aus zuverläſſiger Quelle erfährt, ſetzt ſich das
neue Kabinett folgendermaßen zuſammen: Salandra: Vorſitz
und Inneres, Sonnino: Miniſterium des Aeußeren, Martini:
Kolonialminiſterium, Orlando: Juſtizminiſterium, Carcano:
Schatz, Danco: Finanzminiſterium, Ciuffeli: Miniſterium für
öffentliche Arbeiten, Grippo: Unterrichtsminiſterium, Cava-
ſola: Ackerbauminiſterium, Zupelli: Kriegsminiſterium,
Viala: Marineminiſterium, Riccio: Poſt.
*
England.
Die „Morningpoſt“ erfährt, daß bei dem Zuſammentritt des
Parlaments am 11. November die Regierung wieder
100 Millionen Pfund Sterling für den Krieg for-
dern wird.
*
Der erſte Seelord der engliſchen Admiralität Prinz Louis
von Battenberg iſt infolge der Preßhetze des „Globe“
zurückgetreten. Admiral Lord Fiſher wurde als Nach-
folger des Prinzen Battenberg zum erſten Seelord ernannt.
Prinz Louis von Battenberg ſchreibt in einem Briefe
an Churchill, worin er das Amt als erſter Seelord niederlegt, daß
er in der letzten Zeit zu dem ſchmerzlichen Schluß gelangt ſei,
daß unter den herrſchenden Umſtänden ſeine Geburt und Herkunft
die Wirkung hätten, in gewiſſer Hinſicht ſeine Nützlichkeit in der
Admiralität zu beeinträchtigen. Die „Times“ führen zu dem
Rücktritt des Prinzen von Battenberg aus, der Rücktritt ſei fraglos
das Ergebnis einer Kampagne geweſen, in der der Prinz einer-
ſeits der Schwäche gegenüber Churchill beſchuldigt, andrerſeits
wegen ſeiner deutſchen Herkunft angegriffen worden ſei. Das
Blatt fährt fort: Die Ernennung Lord Fiſhers verſetzt dieſen
in die wichtige Stellung eines erſten Seelords, der mehr als jeder
andere der Schöpfer der britiſchen Schlachtflotte ſei, der zu der
Flotte in einem ähnlichen Verhältnis ſteht, wie Kitchener zur
Armee.
*
Aus London wird amtlich unterm 31. Oktober gemeldet:
Ein deutſches Unterſeeboot hat heute im engliſchen
Kanal den alten Kreuzer „Hermes“, der von Dünkirchen zurück-
kam, durch einen Torpedoſchuß zum Sinken gebracht. Bei-
nahe alle Offiziere und Mannſchaften ſind gerettet.
Die nichtamtliche Meldung über die Vernichtung des engli-
ſchen Kreuzers „Hermes“ durch ein deutſches Unterſeeboot wird
ſpäter amtlich beſtätigt. Das Unterſeeboot iſt wohlbehalten zurück-
gekehrt.
*
Ueber die weiteren glänzenden Kriegstaten unſerer „Emden“
liegen neue Meldungen vor:
Nach einer amtlichen Petersburger Meldung aus Tokio
wurde der ruſſiſche Kreuzer „Schemtſchug“ und ein franzöſi-
ſcher Torpedojäger auf der Reede von Pulo Penang durch
Torpedoſchüſſe des deutſchen Kreuzers „Emden“ zum Sinken
gebracht. Der Kreuzer hatte ſich durch Anbringen eines vierten
falſchen Schornſteins unkenntlich gemacht und konnte ſich auf dieſe
Weiſe den vernichteten Schiffen unerkannt nähern.
Aus dem großen Hauptquartier iſt in Emden nachfolgendes
Telegramm des Kaiſers eingetroffen:
Oberbürgermeiſter Emden. Ich beglückwünſche die Stadt
Emden zu ihrem Patenkinde im Indiſchen Ozean, deſſen kühne
Kreuzerſtückchen ein jedes deutſche Herz mit Stolz und Freude
erfüllen. Wilhelm I. R.
Bekanntlich hat ſich die „Emden“ durch Anbringung eines
vierten falſchen Schornſteins unkenntlich gemacht, um
ſich auf dieſe Weiſe zu nähern. Die „Neue Freie Preſſe“ ſagt dazu:
Der tapfere Kommandant des auf allen Meeren Schrecken ver-
breitenden fliegenden Holländers „Emden“ ſcheint Rudyard
Kipling mit Nutzen geleſen zu haben. In einer ſeiner Novellen
erzählt Kipling von dem Befehlshaber eines engliſchen Kriegs-
ſchiffes, der bei einer im Frieden vorgenommenen Uebung der
britiſchen Seemacht die Liſt anwandte, zu den drei vorhandenen
Schornſteinen ſeines Schiffes einen vierten, falſchen zu impro-
viſieren, um ſein Fahrzeug unkenntlich zu machen. Dadurch gelang
es ihm, die ihm geſtellte ſchwierige Aufgabe zu löſen, da er bei dem
angenommenen Gegner Verwirrung hervorbrachte. Kipling hat,
als er die Novelle ſchrieb, ſicherlich nicht geahnt, daß ein deutſcher
Schiffskommandant von dieſer Liſt im friſchen Seekrieg Gebrauch
machen wird, um mit einem Schlage zwei feindliche Kriegsſchiffe
in den Grund zu bohren.
*
Ueber den Heldenkampf, den Tſingtau gegen ſeine
Bedränger führt, veröffentlicht die Frankfurter Zeitung folgende
Havasmeldung aus Tokio: „Die Feſtung Tſingtau wurde
zerſtört. Die Operationen werden mit allgemeinem Erfolge
fortgeſetzt.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-04-27T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |