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Allgemeine Zeitung, Nr. 43, 24. Oktober 1914.

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24. Oktober 1914. Allgemeine Zeitung Seite 619.


[Spaltenumbruch] der Genfer Konvention vom 6. Juli 1906, die von Deutschland und
Frankreich ratifiziert worden ist, in flagranter Weise verletzt.
Aus der großen Zahl bekanntgewordener Fälle werden in den
Anlagen diejenigen aufgeführt, die bereits durch gerichtliche Ver-
nehmungen oder dienstliche Meldungen einwandfrei festgestellt
wurden.
An der Spitze der Genfer Konvention steht einer der ersten
Grundsätze der Kriegsrechte, daß nämlich die Verwundeten und
Kranken des feindlichen Heeres ebenso wie die Verwundeten und
Kranken des eigenen Heeres geachtet und versorgt werden sollen.
(Art. 1, Abs. 1.) Diesem Grundsatz haben die französischen Truppen
und Freischärler ins Gesicht geschlagen, indem sie deutsche Ver-
wundete, die in ihre Hände gefallen sind, nicht nur roh behandelt
haben. sondern auch beraubt, ja sogar teilweise in bestialischer
Weise verstümmelt und ermordet haben.

Die Denkschrift schließt mit den Worten:

Die kaiserliche Regierung bringt mit Entrüstung diese dem
Völkerrecht und der Menschlichkeit hohnsprechende Behandlung deut-
scher Verwundeter, deutscher Sanitätsformationen und des deut-
schen Sanitätspersonals zur öffentlichen Kenntnis und legt hiermit
feierlich Verwahrung gegen die unerhörten Verletzungen des von
allen Kulturstaaten geschlossenen Weltvertrages ein.
Hoffentlich hat dieser geharnischte Protest eine fühlbare Wir-
kung im gesamten Auslande, vor allem aber bei unseren Feinden.
Hoffentlich aber zögert man, wenn die unsagbaren Scheußlich-
keiten noch fortdauern, keinen Augenblick auch von unserer Seite,
rücksichtslos die stärksten Repressalien zu nehmen.
Der Feind im Osten.

Reichlicher sind die folgenden Mitteilungen aus dem Osten.
Am 16. d. M. meldet das Große Hauptquartier:

Die Russen versuchten am 14. Oktober sich wieder in den Besitz
von Lyck zu setzen. Die Angriffe wurden zurückgewiesen. 800 Ge-
fangene, 1 Geschütz und 3 Maschinengewehre fielen in unsere
Hände. Unsere Truppen sind in der Gegend von Lyck im Vor-
gehen. Der Kampf bei und südlich Warschau dauert an.

Die Zahl der bei Schirwindt eingebrachten Gefangenen
erhöhte sich auf 4000, ebenso wurden noch einige Geschütze ab-
genommen.

Ueber die Kämpfe östlich von Przemysl.

läßt sich das Wolffsche Bureau unterm 19. d. M. aus Wien melden:

Der Spezialberichterstatter des Blattes "Morgen" meldet: Das
Kriegspressequartier befindet sich seit einer Woche in dem befreiten
Przemysl. Wir sind Zeugen des Kampfes, der vor den äußersten
Forts im Osten der Festung zwischen der Ersatzarmee und der
Nachhut der zurückweichenden russischen Belagerungsarmee tobt,
die ungeheuer verschanzt ist. Meiner Ansicht nach sprechen alle
Anzeichen dafür, daß der Kampf für uns einen günstigen Fort-
gang nehmen wird. In Przemysl herrscht eine gehobene Stim-
mung. Gestern traf das erste Postautomobil ein, das von der Be-
völkerung und der Armee jubelnd begrüßt wurde. An einzelnen
Gegenständen ist vorläufig Mangel, doch ist die Wiederkehr nor-
maler Zustände unmittelbar nach der Eröffnung des Bahnverkehrs
zu erwarten. Die sanitären Verhältnisse der Bevölkerung und der
Besatzung sind außerordentlich zufriedenstellend.

Die bisherigen Berichte des österreichischen Generalstabes
lauten:

Am 17. Oktober:

Sowohl die in der Linie Stary, Sambor-Medyka und
am San entbrannte Schlacht als auch unsere Operationen gegen
den Dnjestr nehmen einen guten Verlauf.
Südöstlich Wyszkow wurden die Russen abermals ange-
griffen und geworfen. Bei Synowucki forcierten unsere Truppen
den Stryj-Fluß, gewannen die Höhen nördlich des Ortes und
nahmen die Verfolgung des Feindes auf. Ebenso gelangten die
Höhen nördlich Podbuz und südöstlich von Stary-Sambor
nach hartnäckigen Kämpfen in unseren Besitz. Auch nördlich des
Strwiazflusses schreitet unser Angriff vorwärts.
Nördlich Przemysl begannen wir bereits auf dem östlichen
Sanufer festen Fuß zu fassen. Die Zahl der während unserer
jetzigen Operationen gemachten Gefangenen läßt sich natürlich noch
[Spaltenumbruch] nicht annähernd übersehen. Nach den bisherigen Meldungen sind
es schon mehr als 15,000.

Am 19. Oktober:

Die Verluste der Russen bei ihrem Angriff auf Przemysl wer-
den auf 40,000 Tote und Verwundete geschätzt.

Am 20. Oktober:

Amtlich wird verlautbart: Die Schlacht in Galizien hat nament-
lich nördlich des Strwiazflusses an Heftigkeit noch zugenommen.
Unsere Angriffe gewinnen stetig Raum nach Osten. Um einzelne
wichtige Höhen wurde von beiden Seiten mit der äußersten Er-
bitterung gekämpft. Alle Versuche des Feindes, uns die Magiera
wieder zu entreißen, scheiterten. Dagegen eroberten unsere Trup-
pen die viel umstrittenen Baumhöhen im Nordosten von Tyszko-
wize. Südöstlich der Magiera wurde der Gegner aus mehreren
Ortschaften geworfen. In diesen Kämpfen wurden wieder viele
Russen gefangen genommen, darunter ein General. Auch wurden
Maschinengewehre erbeutet. Gefangene berichten von der furcht-
baren Wirkung unseres Artilleriefeuers.

In Russisch-Polen schlug vereinigte deutsche und österreichisch-
ungarische Kavallerie einen großen feindlichen Kavalleriekörper, der
westlich von Warschau vorzudringen versuchte.

Ueber die gegenwärtige Verteidigung von
Przemysl

verbreitet das Wolffsche Bureau nun nähere höchst interessante
Nachrichten, die ihm aus Wien telegraphisch zugehen und die be-
weisen, daß diese Verteidigung der galizischen Festung durch die
Oesterreicher eine ähnlich entscheidende Kriegstat gewesen ist, wie
die Einnahme von Antwerpen. Der Bericht lautet also:

Der Kriegsberichterstatter des "Neuen Wiener Journal" meldet
über die Einschließung von Przemysl: Am 27. September war
die Stadt vollständig zerniert. Während der Belagerung er-
schienen drei Zeitungen, welche die eintreffenden Funkentelegramme
in deutscher, polnischer und ungarischer Sprache veröffentlichten.
Am 2. Oktober brachte ein russischer Parlamentär das bekannte
Schreiben des russischen Generals Dimitrieff, worauf Feldmarschall-
leutnant Kusmanek erwiderte, er halte es für unwürdig, ein solch
schimpfliches Anfinnen zu beantworten. Am nächsten Tag begann
die Beschießung. Das Ziel der Russen war das Verpflegungs-
magazin, das jedoch nicht getroffen wurde, nur mehrere umliegende
Häuser wurden zerstört. Die Beschießung wurde vom 7. Oktober
ab schwächer. Die Bevölkerung wußte bereits, daß die Russen aus
Furcht vor einem österreichisch-ungarischen Entsatzheer den Abzug
begannen. Während der Belagerung war die Stadt sehr gut ver-
proviantiert. Der Festungskommandant empfing eine Abordnung
der Bürgerschaft, der gegenüber er sich folgendermaßen äußerte:
Wir haben sehr schwere und gefährliche Tage gehabt. Die
Russen hatten den Befehl, ohne Rücksicht auf Verluste die Festung
bis zum 8. Oktober zu stürmen. Die Russen verloren vor Przemysl
40,000 Mann. (Neuerdings heißt es -- 70,000! D. Red.) Die
österreichisch-ungarischen Verluste betragen nur 500 Mann! Viele
Russen gaben sich gefangen. Hier ist aus allen Richtungen das
Geschützfeuer hörbar. Die Kämpfe dauern an, insbesondere bei
dem östlich der Stadt Siedlicka gelegenen Fort. Das Fort war das
einzige, in das während der Belagerung in der Nacht vom
8. Oktober eine kleinere russische Abteilung durch Ueberfall eindrang.
Es entwickelte sich ein wilder dreistündiger Kampf. In den finsteren
unterirdischen Gängen des Forts wurde mit Bajonett und Kolben
gearbeitet. Die heldenmütige Besatzung tötete den größten Teil
der Angreifer. Die übrigen ergaben sich.
Ich besichtigte gestern, so schreibt der Kriegsberichterstatter, ein
nördlich der Stadt gelegenes Außenfort, das vom 5.--8. Oktober
ununterbrochen beschossen wurde. Die Russen waren bereits auf
700 Schritte herangerückt, wurden aber zurückgetrieben. Die Be-
lagerer dieses Forts hatten 5000 Tote, die jetzt sukzessive von der
Besatzung begraben werden, während die Besatzung einen einzigen
Toten und fünf Verwundete zu beklagen hatte. Vom Fort aus
sah ich, wie eine nördlich Radymno gegen Przemysl vormarschie-
rende Kolonne unserer Truppe von russischer Artillerie, die jenseits
des San postiert war, überfallen wurde. Unsere Truppen ent-
wickelten sich sofort zum Gefechte und es begann ein lebhafter
Artilleriekampf. Während ich dies schreibe, donnern die Geschütze
ununterbrochen fort, was den Vormarsch unserer Armeen und den
Rückzug der Russen bedeutet.

24. Oktober 1914. Allgemeine Zeitung Seite 619.


[Spaltenumbruch] der Genfer Konvention vom 6. Juli 1906, die von Deutſchland und
Frankreich ratifiziert worden iſt, in flagranter Weiſe verletzt.
Aus der großen Zahl bekanntgewordener Fälle werden in den
Anlagen diejenigen aufgeführt, die bereits durch gerichtliche Ver-
nehmungen oder dienſtliche Meldungen einwandfrei feſtgeſtellt
wurden.
An der Spitze der Genfer Konvention ſteht einer der erſten
Grundſätze der Kriegsrechte, daß nämlich die Verwundeten und
Kranken des feindlichen Heeres ebenſo wie die Verwundeten und
Kranken des eigenen Heeres geachtet und verſorgt werden ſollen.
(Art. 1, Abſ. 1.) Dieſem Grundſatz haben die franzöſiſchen Truppen
und Freiſchärler ins Geſicht geſchlagen, indem ſie deutſche Ver-
wundete, die in ihre Hände gefallen ſind, nicht nur roh behandelt
haben. ſondern auch beraubt, ja ſogar teilweiſe in beſtialiſcher
Weiſe verſtümmelt und ermordet haben.

Die Denkſchrift ſchließt mit den Worten:

Die kaiſerliche Regierung bringt mit Entrüſtung dieſe dem
Völkerrecht und der Menſchlichkeit hohnſprechende Behandlung deut-
ſcher Verwundeter, deutſcher Sanitätsformationen und des deut-
ſchen Sanitätsperſonals zur öffentlichen Kenntnis und legt hiermit
feierlich Verwahrung gegen die unerhörten Verletzungen des von
allen Kulturſtaaten geſchloſſenen Weltvertrages ein.
Hoffentlich hat dieſer geharniſchte Proteſt eine fühlbare Wir-
kung im geſamten Auslande, vor allem aber bei unſeren Feinden.
Hoffentlich aber zögert man, wenn die unſagbaren Scheußlich-
keiten noch fortdauern, keinen Augenblick auch von unſerer Seite,
rückſichtslos die ſtärkſten Repreſſalien zu nehmen.
Der Feind im Oſten.

Reichlicher ſind die folgenden Mitteilungen aus dem Oſten.
Am 16. d. M. meldet das Große Hauptquartier:

Die Ruſſen verſuchten am 14. Oktober ſich wieder in den Beſitz
von Lyck zu ſetzen. Die Angriffe wurden zurückgewieſen. 800 Ge-
fangene, 1 Geſchütz und 3 Maſchinengewehre fielen in unſere
Hände. Unſere Truppen ſind in der Gegend von Lyck im Vor-
gehen. Der Kampf bei und ſüdlich Warſchau dauert an.

Die Zahl der bei Schirwindt eingebrachten Gefangenen
erhöhte ſich auf 4000, ebenſo wurden noch einige Geſchütze ab-
genommen.

Ueber die Kämpfe öſtlich von Przemysl.

läßt ſich das Wolffſche Bureau unterm 19. d. M. aus Wien melden:

Der Spezialberichterſtatter des Blattes „Morgen“ meldet: Das
Kriegspreſſequartier befindet ſich ſeit einer Woche in dem befreiten
Przemysl. Wir ſind Zeugen des Kampfes, der vor den äußerſten
Forts im Oſten der Feſtung zwiſchen der Erſatzarmee und der
Nachhut der zurückweichenden ruſſiſchen Belagerungsarmee tobt,
die ungeheuer verſchanzt iſt. Meiner Anſicht nach ſprechen alle
Anzeichen dafür, daß der Kampf für uns einen günſtigen Fort-
gang nehmen wird. In Przemysl herrſcht eine gehobene Stim-
mung. Geſtern traf das erſte Poſtautomobil ein, das von der Be-
völkerung und der Armee jubelnd begrüßt wurde. An einzelnen
Gegenſtänden iſt vorläufig Mangel, doch iſt die Wiederkehr nor-
maler Zuſtände unmittelbar nach der Eröffnung des Bahnverkehrs
zu erwarten. Die ſanitären Verhältniſſe der Bevölkerung und der
Beſatzung ſind außerordentlich zufriedenſtellend.

Die bisherigen Berichte des öſterreichiſchen Generalſtabes
lauten:

Am 17. Oktober:

Sowohl die in der Linie Stary, Sambor-Medyka und
am San entbrannte Schlacht als auch unſere Operationen gegen
den Dnjeſtr nehmen einen guten Verlauf.
Südöſtlich Wyszkow wurden die Ruſſen abermals ange-
griffen und geworfen. Bei Synowucki forcierten unſere Truppen
den Stryj-Fluß, gewannen die Höhen nördlich des Ortes und
nahmen die Verfolgung des Feindes auf. Ebenſo gelangten die
Höhen nördlich Podbuz und ſüdöſtlich von Stary-Sambor
nach hartnäckigen Kämpfen in unſeren Beſitz. Auch nördlich des
Strwiazfluſſes ſchreitet unſer Angriff vorwärts.
Nördlich Przemysl begannen wir bereits auf dem öſtlichen
Sanufer feſten Fuß zu faſſen. Die Zahl der während unſerer
jetzigen Operationen gemachten Gefangenen läßt ſich natürlich noch
[Spaltenumbruch] nicht annähernd überſehen. Nach den bisherigen Meldungen ſind
es ſchon mehr als 15,000.

Am 19. Oktober:

Die Verluſte der Ruſſen bei ihrem Angriff auf Przemysl wer-
den auf 40,000 Tote und Verwundete geſchätzt.

Am 20. Oktober:

Amtlich wird verlautbart: Die Schlacht in Galizien hat nament-
lich nördlich des Strwiazfluſſes an Heftigkeit noch zugenommen.
Unſere Angriffe gewinnen ſtetig Raum nach Oſten. Um einzelne
wichtige Höhen wurde von beiden Seiten mit der äußerſten Er-
bitterung gekämpft. Alle Verſuche des Feindes, uns die Magiera
wieder zu entreißen, ſcheiterten. Dagegen eroberten unſere Trup-
pen die viel umſtrittenen Baumhöhen im Nordoſten von Tyszko-
wize. Südöſtlich der Magiera wurde der Gegner aus mehreren
Ortſchaften geworfen. In dieſen Kämpfen wurden wieder viele
Ruſſen gefangen genommen, darunter ein General. Auch wurden
Maſchinengewehre erbeutet. Gefangene berichten von der furcht-
baren Wirkung unſeres Artilleriefeuers.

In Ruſſiſch-Polen ſchlug vereinigte deutſche und öſterreichiſch-
ungariſche Kavallerie einen großen feindlichen Kavalleriekörper, der
weſtlich von Warſchau vorzudringen verſuchte.

Ueber die gegenwärtige Verteidigung von
Przemysl

verbreitet das Wolffſche Bureau nun nähere höchſt intereſſante
Nachrichten, die ihm aus Wien telegraphiſch zugehen und die be-
weiſen, daß dieſe Verteidigung der galiziſchen Feſtung durch die
Oeſterreicher eine ähnlich entſcheidende Kriegstat geweſen iſt, wie
die Einnahme von Antwerpen. Der Bericht lautet alſo:

Der Kriegsberichterſtatter des „Neuen Wiener Journal“ meldet
über die Einſchließung von Przemysl: Am 27. September war
die Stadt vollſtändig zerniert. Während der Belagerung er-
ſchienen drei Zeitungen, welche die eintreffenden Funkentelegramme
in deutſcher, polniſcher und ungariſcher Sprache veröffentlichten.
Am 2. Oktober brachte ein ruſſiſcher Parlamentär das bekannte
Schreiben des ruſſiſchen Generals Dimitrieff, worauf Feldmarſchall-
leutnant Kusmanek erwiderte, er halte es für unwürdig, ein ſolch
ſchimpfliches Anfinnen zu beantworten. Am nächſten Tag begann
die Beſchießung. Das Ziel der Ruſſen war das Verpflegungs-
magazin, das jedoch nicht getroffen wurde, nur mehrere umliegende
Häuſer wurden zerſtört. Die Beſchießung wurde vom 7. Oktober
ab ſchwächer. Die Bevölkerung wußte bereits, daß die Ruſſen aus
Furcht vor einem öſterreichiſch-ungariſchen Entſatzheer den Abzug
begannen. Während der Belagerung war die Stadt ſehr gut ver-
proviantiert. Der Feſtungskommandant empfing eine Abordnung
der Bürgerſchaft, der gegenüber er ſich folgendermaßen äußerte:
Wir haben ſehr ſchwere und gefährliche Tage gehabt. Die
Ruſſen hatten den Befehl, ohne Rückſicht auf Verluſte die Feſtung
bis zum 8. Oktober zu ſtürmen. Die Ruſſen verloren vor Przemysl
40,000 Mann. (Neuerdings heißt es — 70,000! D. Red.) Die
öſterreichiſch-ungariſchen Verluſte betragen nur 500 Mann! Viele
Ruſſen gaben ſich gefangen. Hier iſt aus allen Richtungen das
Geſchützfeuer hörbar. Die Kämpfe dauern an, insbeſondere bei
dem öſtlich der Stadt Siedlicka gelegenen Fort. Das Fort war das
einzige, in das während der Belagerung in der Nacht vom
8. Oktober eine kleinere ruſſiſche Abteilung durch Ueberfall eindrang.
Es entwickelte ſich ein wilder dreiſtündiger Kampf. In den finſteren
unterirdiſchen Gängen des Forts wurde mit Bajonett und Kolben
gearbeitet. Die heldenmütige Beſatzung tötete den größten Teil
der Angreifer. Die übrigen ergaben ſich.
Ich beſichtigte geſtern, ſo ſchreibt der Kriegsberichterſtatter, ein
nördlich der Stadt gelegenes Außenfort, das vom 5.—8. Oktober
ununterbrochen beſchoſſen wurde. Die Ruſſen waren bereits auf
700 Schritte herangerückt, wurden aber zurückgetrieben. Die Be-
lagerer dieſes Forts hatten 5000 Tote, die jetzt ſukzeſſive von der
Beſatzung begraben werden, während die Beſatzung einen einzigen
Toten und fünf Verwundete zu beklagen hatte. Vom Fort aus
ſah ich, wie eine nördlich Radymno gegen Przemysl vormarſchie-
rende Kolonne unſerer Truppe von ruſſiſcher Artillerie, die jenſeits
des San poſtiert war, überfallen wurde. Unſere Truppen ent-
wickelten ſich ſofort zum Gefechte und es begann ein lebhafter
Artilleriekampf. Während ich dies ſchreibe, donnern die Geſchütze
ununterbrochen fort, was den Vormarſch unſerer Armeen und den
Rückzug der Ruſſen bedeutet.

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[619/0003] 24. Oktober 1914. Allgemeine Zeitung Seite 619. der Genfer Konvention vom 6. Juli 1906, die von Deutſchland und Frankreich ratifiziert worden iſt, in flagranter Weiſe verletzt. Aus der großen Zahl bekanntgewordener Fälle werden in den Anlagen diejenigen aufgeführt, die bereits durch gerichtliche Ver- nehmungen oder dienſtliche Meldungen einwandfrei feſtgeſtellt wurden. An der Spitze der Genfer Konvention ſteht einer der erſten Grundſätze der Kriegsrechte, daß nämlich die Verwundeten und Kranken des feindlichen Heeres ebenſo wie die Verwundeten und Kranken des eigenen Heeres geachtet und verſorgt werden ſollen. (Art. 1, Abſ. 1.) Dieſem Grundſatz haben die franzöſiſchen Truppen und Freiſchärler ins Geſicht geſchlagen, indem ſie deutſche Ver- wundete, die in ihre Hände gefallen ſind, nicht nur roh behandelt haben. ſondern auch beraubt, ja ſogar teilweiſe in beſtialiſcher Weiſe verſtümmelt und ermordet haben. Die Denkſchrift ſchließt mit den Worten: Die kaiſerliche Regierung bringt mit Entrüſtung dieſe dem Völkerrecht und der Menſchlichkeit hohnſprechende Behandlung deut- ſcher Verwundeter, deutſcher Sanitätsformationen und des deut- ſchen Sanitätsperſonals zur öffentlichen Kenntnis und legt hiermit feierlich Verwahrung gegen die unerhörten Verletzungen des von allen Kulturſtaaten geſchloſſenen Weltvertrages ein. Hoffentlich hat dieſer geharniſchte Proteſt eine fühlbare Wir- kung im geſamten Auslande, vor allem aber bei unſeren Feinden. Hoffentlich aber zögert man, wenn die unſagbaren Scheußlich- keiten noch fortdauern, keinen Augenblick auch von unſerer Seite, rückſichtslos die ſtärkſten Repreſſalien zu nehmen. Der Feind im Oſten. Reichlicher ſind die folgenden Mitteilungen aus dem Oſten. Am 16. d. M. meldet das Große Hauptquartier: Die Ruſſen verſuchten am 14. Oktober ſich wieder in den Beſitz von Lyck zu ſetzen. Die Angriffe wurden zurückgewieſen. 800 Ge- fangene, 1 Geſchütz und 3 Maſchinengewehre fielen in unſere Hände. Unſere Truppen ſind in der Gegend von Lyck im Vor- gehen. Der Kampf bei und ſüdlich Warſchau dauert an. Die Zahl der bei Schirwindt eingebrachten Gefangenen erhöhte ſich auf 4000, ebenſo wurden noch einige Geſchütze ab- genommen. Ueber die Kämpfe öſtlich von Przemysl. läßt ſich das Wolffſche Bureau unterm 19. d. M. aus Wien melden: Der Spezialberichterſtatter des Blattes „Morgen“ meldet: Das Kriegspreſſequartier befindet ſich ſeit einer Woche in dem befreiten Przemysl. Wir ſind Zeugen des Kampfes, der vor den äußerſten Forts im Oſten der Feſtung zwiſchen der Erſatzarmee und der Nachhut der zurückweichenden ruſſiſchen Belagerungsarmee tobt, die ungeheuer verſchanzt iſt. Meiner Anſicht nach ſprechen alle Anzeichen dafür, daß der Kampf für uns einen günſtigen Fort- gang nehmen wird. In Przemysl herrſcht eine gehobene Stim- mung. Geſtern traf das erſte Poſtautomobil ein, das von der Be- völkerung und der Armee jubelnd begrüßt wurde. An einzelnen Gegenſtänden iſt vorläufig Mangel, doch iſt die Wiederkehr nor- maler Zuſtände unmittelbar nach der Eröffnung des Bahnverkehrs zu erwarten. Die ſanitären Verhältniſſe der Bevölkerung und der Beſatzung ſind außerordentlich zufriedenſtellend. Die bisherigen Berichte des öſterreichiſchen Generalſtabes lauten: Am 17. Oktober: Sowohl die in der Linie Stary, Sambor-Medyka und am San entbrannte Schlacht als auch unſere Operationen gegen den Dnjeſtr nehmen einen guten Verlauf. Südöſtlich Wyszkow wurden die Ruſſen abermals ange- griffen und geworfen. Bei Synowucki forcierten unſere Truppen den Stryj-Fluß, gewannen die Höhen nördlich des Ortes und nahmen die Verfolgung des Feindes auf. Ebenſo gelangten die Höhen nördlich Podbuz und ſüdöſtlich von Stary-Sambor nach hartnäckigen Kämpfen in unſeren Beſitz. Auch nördlich des Strwiazfluſſes ſchreitet unſer Angriff vorwärts. Nördlich Przemysl begannen wir bereits auf dem öſtlichen Sanufer feſten Fuß zu faſſen. Die Zahl der während unſerer jetzigen Operationen gemachten Gefangenen läßt ſich natürlich noch nicht annähernd überſehen. Nach den bisherigen Meldungen ſind es ſchon mehr als 15,000. Am 19. Oktober: Die Verluſte der Ruſſen bei ihrem Angriff auf Przemysl wer- den auf 40,000 Tote und Verwundete geſchätzt. Am 20. Oktober: Amtlich wird verlautbart: Die Schlacht in Galizien hat nament- lich nördlich des Strwiazfluſſes an Heftigkeit noch zugenommen. Unſere Angriffe gewinnen ſtetig Raum nach Oſten. Um einzelne wichtige Höhen wurde von beiden Seiten mit der äußerſten Er- bitterung gekämpft. Alle Verſuche des Feindes, uns die Magiera wieder zu entreißen, ſcheiterten. Dagegen eroberten unſere Trup- pen die viel umſtrittenen Baumhöhen im Nordoſten von Tyszko- wize. Südöſtlich der Magiera wurde der Gegner aus mehreren Ortſchaften geworfen. In dieſen Kämpfen wurden wieder viele Ruſſen gefangen genommen, darunter ein General. Auch wurden Maſchinengewehre erbeutet. Gefangene berichten von der furcht- baren Wirkung unſeres Artilleriefeuers. In Ruſſiſch-Polen ſchlug vereinigte deutſche und öſterreichiſch- ungariſche Kavallerie einen großen feindlichen Kavalleriekörper, der weſtlich von Warſchau vorzudringen verſuchte. Ueber die gegenwärtige Verteidigung von Przemysl verbreitet das Wolffſche Bureau nun nähere höchſt intereſſante Nachrichten, die ihm aus Wien telegraphiſch zugehen und die be- weiſen, daß dieſe Verteidigung der galiziſchen Feſtung durch die Oeſterreicher eine ähnlich entſcheidende Kriegstat geweſen iſt, wie die Einnahme von Antwerpen. Der Bericht lautet alſo: Der Kriegsberichterſtatter des „Neuen Wiener Journal“ meldet über die Einſchließung von Przemysl: Am 27. September war die Stadt vollſtändig zerniert. Während der Belagerung er- ſchienen drei Zeitungen, welche die eintreffenden Funkentelegramme in deutſcher, polniſcher und ungariſcher Sprache veröffentlichten. Am 2. Oktober brachte ein ruſſiſcher Parlamentär das bekannte Schreiben des ruſſiſchen Generals Dimitrieff, worauf Feldmarſchall- leutnant Kusmanek erwiderte, er halte es für unwürdig, ein ſolch ſchimpfliches Anfinnen zu beantworten. Am nächſten Tag begann die Beſchießung. Das Ziel der Ruſſen war das Verpflegungs- magazin, das jedoch nicht getroffen wurde, nur mehrere umliegende Häuſer wurden zerſtört. Die Beſchießung wurde vom 7. Oktober ab ſchwächer. Die Bevölkerung wußte bereits, daß die Ruſſen aus Furcht vor einem öſterreichiſch-ungariſchen Entſatzheer den Abzug begannen. Während der Belagerung war die Stadt ſehr gut ver- proviantiert. Der Feſtungskommandant empfing eine Abordnung der Bürgerſchaft, der gegenüber er ſich folgendermaßen äußerte: Wir haben ſehr ſchwere und gefährliche Tage gehabt. Die Ruſſen hatten den Befehl, ohne Rückſicht auf Verluſte die Feſtung bis zum 8. Oktober zu ſtürmen. Die Ruſſen verloren vor Przemysl 40,000 Mann. (Neuerdings heißt es — 70,000! D. Red.) Die öſterreichiſch-ungariſchen Verluſte betragen nur 500 Mann! Viele Ruſſen gaben ſich gefangen. Hier iſt aus allen Richtungen das Geſchützfeuer hörbar. Die Kämpfe dauern an, insbeſondere bei dem öſtlich der Stadt Siedlicka gelegenen Fort. Das Fort war das einzige, in das während der Belagerung in der Nacht vom 8. Oktober eine kleinere ruſſiſche Abteilung durch Ueberfall eindrang. Es entwickelte ſich ein wilder dreiſtündiger Kampf. In den finſteren unterirdiſchen Gängen des Forts wurde mit Bajonett und Kolben gearbeitet. Die heldenmütige Beſatzung tötete den größten Teil der Angreifer. Die übrigen ergaben ſich. Ich beſichtigte geſtern, ſo ſchreibt der Kriegsberichterſtatter, ein nördlich der Stadt gelegenes Außenfort, das vom 5.—8. Oktober ununterbrochen beſchoſſen wurde. Die Ruſſen waren bereits auf 700 Schritte herangerückt, wurden aber zurückgetrieben. Die Be- lagerer dieſes Forts hatten 5000 Tote, die jetzt ſukzeſſive von der Beſatzung begraben werden, während die Beſatzung einen einzigen Toten und fünf Verwundete zu beklagen hatte. Vom Fort aus ſah ich, wie eine nördlich Radymno gegen Przemysl vormarſchie- rende Kolonne unſerer Truppe von ruſſiſcher Artillerie, die jenſeits des San poſtiert war, überfallen wurde. Unſere Truppen ent- wickelten ſich ſofort zum Gefechte und es begann ein lebhafter Artilleriekampf. Während ich dies ſchreibe, donnern die Geſchütze ununterbrochen fort, was den Vormarſch unſerer Armeen und den Rückzug der Ruſſen bedeutet.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 43, 24. Oktober 1914, S. 619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine43_1914/3>, abgerufen am 27.11.2024.