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Allgemeine Zeitung, Nr. 42, 17. Oktober 1914.

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17. Oktober 1914. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] Persönlichkeit und dem Grafen Benkendorff eine englisch-russische
Marine- und Militärkonvention unterzeichnet. Wie uns mitgeteilt
wird, ist dieselbe nicht nur defensiv, sondern sieht auch eine Landung
der Engländer in Holland vor. Kraft der Konvention tritt die rus-
sisch-baltische Flotte im Kriege unter das Kommando des englischen
Geschwaders, dessen Aufenthalt in Norwegen vorgesehen ist. Diese
englische Flotte soll dann, gestützt auf die freundschaftliche Neutrali-
tät Dänemarks, sofort nach Eröffnung der militärischen Operationen,
oder genauer: vor diesen, in den Baltischen Gewässern erscheinen,
um gemeinsam mit der russischen Flotte unsere vorläufig noch unge-
schützten Ufer zu verteidigen.

Das ungeheuere, erstklassige Verdienst gebührt dem Botschafter
von Benkendorff, dessen Autorität und Popularität in England und
Rußland der Entente diesen unvergleichlichen Erfolg eintrugen. Jetzt
können wir, gestützt auf die englische Flotte und unsere endlich voll-
kommen bereite Armee, das Ende jener Politik der Abhängigkeit
von Berlin fordern, die unvereinbar ist sowohl mit unserer Würde,
als auch mit unserer internationalen Geltung.

Die Wiener Allgemeine Zeitung bemerkt dazu: Die Ausführun-
gen Brantschaninows, der erklärt, kein Dementi zu fürchten, sind
wohl geeignet, nicht bloß die englische Politik in die richtige Be-
leuchtung zu rücken, sondern auch den Neutralen, um deren Seele
jetzt von der Triple-Entente so eifrig gekämpft wird, die Augen zu
öffnen.
Unsere Kolonien.

Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung bringt einen ausführ-
lichen, vom Wolffschen Bureau weiter verbreiteten Situationsbericht
über die Lage unserer Kolonien in der Südsee:

Dem jetzt hierher gelangten australischen Blatte "The British-
Austral-Asians" vom 17. und 24. September entnehmen wir nach-
stehende Mitteilungen über das Vorgehen der Engländer in Neu-
Guinea und Samoa. Es handelt sich dabei ausschließlich um Reuter-
meldungen.

Die Besetzung von Samoa.
Nach dem Bericht des nach Australien zurückgekehrten Trans-
portschiffes lief ein englisches Kriegsschiff, das die weiße Flagge (!)
führte, gleichzeitig mit dem Transportschiff in den Hafen von Apia
ein. Der Gouverneur war nicht anwesend. Sein Stellvertreter
verweigerte trotz der englischen Ueberlegenheit, den Hafen zu über-
geben. Der Gouverneur befand sich während dieser Zeit im Ge-
bäude der drahtlosen Telegraphenstation. Die britischen Truppen
wurden an Land gebracht und besetzten die Stadt Apia, von den
Eingeborenen angeblich freundlich begrüßt.

Nach einem weiteren Berichte war den Soldaten der Expedi-
tionsabteilung bei ihrer Abfahrt über das Ziel ihrer Fahrt nichts
bekannt. Lediglich die Anwesenheit verschiedener ehemaliger Samoa-
Bewohner ließ sie darauf schließen, daß es nach Samoa ging. In
Noumea (Neu-Kaledonien) wurden am 21. August begeisterte Be-
grüßungen mit den dort anlässigen Franzosen ausgetauscht, die der
Expedition einen wahrhaft "königlichen" Empfang bereiteten. Am
Sonntag darauf landete man in Apia und am 30. August erfolgte
die feierliche Proklamation der Besitzergreifung Samoas durch die
Engländer in Gegenwart des Offizierskorps der Land- und See-
macht, der eingeborenen Häuptlinge und der Residenten. Zum
Gouverneur wurde Colonel Logan ernannt.

Der Gouverneur Dr. Schultz, sein Sekretär, ein Beamter der
Telegraphenstation und ein deutscher Kaufmann wurden nach Auck-
land gebracht. Sie wurden in guten Quartieren in Quarantäne Is-
land untergebracht. Während ihrer Reise wurden ihnen keinerlei
Beschränkungen auferlegt. Gouverneur Schultz erwartete, auf
Ehrenwort freigelassen zu werden. Doch wurde ihm eröffnet, daß
er seinen Wohnsitz auf der genannten Insel zu nehmen habe.

Ueber die Besitzergreifung der
Station Nauro (Marshallinseln)
durch stärkere Abteilungen australischer Streitkräfte wird unterm
1. September folgendes berichtet: Der Gouverneur (gemeint ist der
Stationschef) leistete keinen Widerstand. Es wurde auch kein Ver-
such zur Verteidigung der drahtlosen Station unternommen. Diese
wurde zerstört. Zwei deutsche Zivilbeamte wurden nach Sydney
gebracht. Mit der Zerstörung der drahtlosen Station auf den Karo-
[Spaltenumbruch] lineninseln haben die Deutschen nunmehr ihren letzten Telegraphen-
Stützpunkt im Stillen Ozean verloren.

Nicht ganz so leichtes Spiel hatten nach derselben Quelle die
Operationen gegen
Neu-Guinea.

Zwar sollte nach einer Reutermeldung vom 12. September
Herbertshöhe von dem australischen Expeditionskorps ohne Kampf
besetzt worden sein. Hiemit steht jedoch eine weitere Reutermeldung
vom gleichen Tage in Widerspruch, wonach das Kampffeld bei Her-
bertshöhe sich über ein Gebiet von sechs englischen Meilen erstreckte.
Die Station für drahtlose Telegraphie wurde von einem Landungs-
korps zerstört und die britische Flagge auf Herbertshöhe gehißt.

Die Eroberung von Simpenhafen (Finschhafen?) wurde für den
nächsten Tag vorgenommen. Eine Abteilung Marinetruppen, die
an Land ging, in der Absicht, die Telegraphenstation zu zerstören,
war auf kräftigen Widerstand gestoßen. Bei Tagesanbruch rückten
die Landungskorps vor, und es entwickelte sich nun auf einem Ge-
fechtsfelde in der Ausdehnung von vier englischen Meilen ein er-
bitterter Buschkrieg. Die Wege waren teilweise mit Minen besetzt
und die Station war durch Schützengräben gesichert. Nach einer
Reutermeldung ergab sich der befehlshabende deutsche Offizier der
ersten Verteidigungslinie -- 500 Yards seewärts von der Station --
bedingungslos. Die Engländer begannen darauf die Rekognos-
zierung der deutschen Streitkräfte und brachten Zwölfpfünder-Ge-
schütze an Land, um die deutschen Stellungen unter Feuer zu neh-
men, falls sie nicht vorziehen sollten, sich zu übergeben. Ueber das
Ergebnis des Kampfes läßt sich der Bericht nicht aus.

Die Verluste der Engländer sind nach Reuter: Tot 2 Offiziere,
1 Arzt und 4 Matrosen der Marine-Reserve, verwundet 1 Leutnant
und 3 Matrosen. Die Verluste der Deutschen sollen sein: Tot 20
bis 30 Mann, an Gefangenen 2 Offiziere, einschließlich des Kom-
mandanten, 15 Unteroffiziere und 56 eingeborene Polizisten. Die
australische Regierung beglückwünschte ihre heldenhaften Offiziere zu
diesem ersten großen Erfolg der australischen Waffen.

Endlich wird auch hier die Lüge aufgetischt, daß die Deutschen
in Herbertshöhe mit gezähnten Bajonetten und Dum-Dum-Geschossen
gekämpft hätten.

Daß mit dem zeitweiligen Verluste unserer Südsee-Besitzungen
zu rechnen war, ist bei der geringen Anzahl der dort verfügbaren
Streitkräfte ohne weiteres klar. Es gilt hier das Gleiche, was neuer-
dings auch von englischer Seite zugegeben wird: daß nämlich das
endgültige Schicksal unserer Kolonien auf dem Kriegsschauplatze
Europas entschieden werden wird.

Einem Briefe eines in Pago-Pago auf der amerikanischen
Samoa-Insel Tutuila ansässigen Agenten der Deutschen Handels-
und Plantagen-Gesellschaften der Südsee-Inseln zu Hamburg vom
4. September ist noch folgendes zu entnehmen: Die englische Flotte
mit fünf Kreuzern und zwei Transportschiffen hat am 1. September
Apia besetzt und 1500 Mann Besatzung gelandet. Die Kriegsschiffe
sind inzwischen wieder abgefahren, und die Transportschiffe sind
weggesandt worden, um Proviant zu holen. Die Engländer sollen
den Gouverneur Dr. Schultz schlecht behandelt haben, was sich jedoch
nach einem Protest der englischen Bevölkerung in Apia besserte.
Hirsch, der Leiter der Funkenstation, ist gleichfalls weggeführt wor-
den. Hirsch hat verschiedene Teile der Anlage versteckt, und es ist
ihm mit Erschießen gedroht worden, falls er die fehlenden Teile
nicht herausgebe. Ferner soll ihm eine hohe Summe für die Her-
ausgabe angeboten worden sein. Er hat jedoch geantwortet, daß
er ein Deutscher sei und auf die Herausgabe nicht zu rechnen sei.
Sämtliche Fahrzeuge und Boote sind beschlagnahmt und alle Pferde
im Umkreise von zehn Meilen um Apia sind requiriert worden. Die
Besatzungstruppen bestehen durchweg aus jungen, in Australien aus-
gemusterten Burschen. Am Strande sind acht Kanonen aufgestellt
worden. Der Gouverneur hat gegen die Besetzung Samoas prote-
stiert.

Schwedischen Blättern wird aus New-York gemeldet:

Fast die ganze Flotte der Vereinigten Staaten im
Stillen Ozean ist nach den Philippinen abgegangen. Seit der
Besetzung der Marschallinseln durch die Japaner fand ein sehr leb-
hafter Depeschenwechsel zwischen den Regierungen in Washington,
London und Tokio statt.

17. Oktober 1914. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] Perſönlichkeit und dem Grafen Benkendorff eine engliſch-ruſſiſche
Marine- und Militärkonvention unterzeichnet. Wie uns mitgeteilt
wird, iſt dieſelbe nicht nur defenſiv, ſondern ſieht auch eine Landung
der Engländer in Holland vor. Kraft der Konvention tritt die ruſ-
ſiſch-baltiſche Flotte im Kriege unter das Kommando des engliſchen
Geſchwaders, deſſen Aufenthalt in Norwegen vorgeſehen iſt. Dieſe
engliſche Flotte ſoll dann, geſtützt auf die freundſchaftliche Neutrali-
tät Dänemarks, ſofort nach Eröffnung der militäriſchen Operationen,
oder genauer: vor dieſen, in den Baltiſchen Gewäſſern erſcheinen,
um gemeinſam mit der ruſſiſchen Flotte unſere vorläufig noch unge-
ſchützten Ufer zu verteidigen.

Das ungeheuere, erſtklaſſige Verdienſt gebührt dem Botſchafter
von Benkendorff, deſſen Autorität und Popularität in England und
Rußland der Entente dieſen unvergleichlichen Erfolg eintrugen. Jetzt
können wir, geſtützt auf die engliſche Flotte und unſere endlich voll-
kommen bereite Armee, das Ende jener Politik der Abhängigkeit
von Berlin fordern, die unvereinbar iſt ſowohl mit unſerer Würde,
als auch mit unſerer internationalen Geltung.

Die Wiener Allgemeine Zeitung bemerkt dazu: Die Ausführun-
gen Brantſchaninows, der erklärt, kein Dementi zu fürchten, ſind
wohl geeignet, nicht bloß die engliſche Politik in die richtige Be-
leuchtung zu rücken, ſondern auch den Neutralen, um deren Seele
jetzt von der Triple-Entente ſo eifrig gekämpft wird, die Augen zu
öffnen.
Unſere Kolonien.

Die Norddeutſche Allgemeine Zeitung bringt einen ausführ-
lichen, vom Wolffſchen Bureau weiter verbreiteten Situationsbericht
über die Lage unſerer Kolonien in der Südſee:

Dem jetzt hierher gelangten auſtraliſchen Blatte „The Britiſh-
Auſtral-Aſians“ vom 17. und 24. September entnehmen wir nach-
ſtehende Mitteilungen über das Vorgehen der Engländer in Neu-
Guinea und Samoa. Es handelt ſich dabei ausſchließlich um Reuter-
meldungen.

Die Beſetzung von Samoa.
Nach dem Bericht des nach Auſtralien zurückgekehrten Trans-
portſchiffes lief ein engliſches Kriegsſchiff, das die weiße Flagge (!)
führte, gleichzeitig mit dem Transportſchiff in den Hafen von Apia
ein. Der Gouverneur war nicht anweſend. Sein Stellvertreter
verweigerte trotz der engliſchen Ueberlegenheit, den Hafen zu über-
geben. Der Gouverneur befand ſich während dieſer Zeit im Ge-
bäude der drahtloſen Telegraphenſtation. Die britiſchen Truppen
wurden an Land gebracht und beſetzten die Stadt Apia, von den
Eingeborenen angeblich freundlich begrüßt.

Nach einem weiteren Berichte war den Soldaten der Expedi-
tionsabteilung bei ihrer Abfahrt über das Ziel ihrer Fahrt nichts
bekannt. Lediglich die Anweſenheit verſchiedener ehemaliger Samoa-
Bewohner ließ ſie darauf ſchließen, daß es nach Samoa ging. In
Noumea (Neu-Kaledonien) wurden am 21. Auguſt begeiſterte Be-
grüßungen mit den dort anläſſigen Franzoſen ausgetauſcht, die der
Expedition einen wahrhaft „königlichen“ Empfang bereiteten. Am
Sonntag darauf landete man in Apia und am 30. Auguſt erfolgte
die feierliche Proklamation der Beſitzergreifung Samoas durch die
Engländer in Gegenwart des Offizierskorps der Land- und See-
macht, der eingeborenen Häuptlinge und der Reſidenten. Zum
Gouverneur wurde Colonel Logan ernannt.

Der Gouverneur Dr. Schultz, ſein Sekretär, ein Beamter der
Telegraphenſtation und ein deutſcher Kaufmann wurden nach Auck-
land gebracht. Sie wurden in guten Quartieren in Quarantäne Is-
land untergebracht. Während ihrer Reiſe wurden ihnen keinerlei
Beſchränkungen auferlegt. Gouverneur Schultz erwartete, auf
Ehrenwort freigelaſſen zu werden. Doch wurde ihm eröffnet, daß
er ſeinen Wohnſitz auf der genannten Inſel zu nehmen habe.

Ueber die Beſitzergreifung der
Station Nauro (Marſhallinſeln)
durch ſtärkere Abteilungen auſtraliſcher Streitkräfte wird unterm
1. September folgendes berichtet: Der Gouverneur (gemeint iſt der
Stationschef) leiſtete keinen Widerſtand. Es wurde auch kein Ver-
ſuch zur Verteidigung der drahtloſen Station unternommen. Dieſe
wurde zerſtört. Zwei deutſche Zivilbeamte wurden nach Sydney
gebracht. Mit der Zerſtörung der drahtloſen Station auf den Karo-
[Spaltenumbruch] lineninſeln haben die Deutſchen nunmehr ihren letzten Telegraphen-
Stützpunkt im Stillen Ozean verloren.

Nicht ganz ſo leichtes Spiel hatten nach derſelben Quelle die
Operationen gegen
Neu-Guinea.

Zwar ſollte nach einer Reutermeldung vom 12. September
Herbertshöhe von dem auſtraliſchen Expeditionskorps ohne Kampf
beſetzt worden ſein. Hiemit ſteht jedoch eine weitere Reutermeldung
vom gleichen Tage in Widerſpruch, wonach das Kampffeld bei Her-
bertshöhe ſich über ein Gebiet von ſechs engliſchen Meilen erſtreckte.
Die Station für drahtloſe Telegraphie wurde von einem Landungs-
korps zerſtört und die britiſche Flagge auf Herbertshöhe gehißt.

Die Eroberung von Simpenhafen (Finſchhafen?) wurde für den
nächſten Tag vorgenommen. Eine Abteilung Marinetruppen, die
an Land ging, in der Abſicht, die Telegraphenſtation zu zerſtören,
war auf kräftigen Widerſtand geſtoßen. Bei Tagesanbruch rückten
die Landungskorps vor, und es entwickelte ſich nun auf einem Ge-
fechtsfelde in der Ausdehnung von vier engliſchen Meilen ein er-
bitterter Buſchkrieg. Die Wege waren teilweiſe mit Minen beſetzt
und die Station war durch Schützengräben geſichert. Nach einer
Reutermeldung ergab ſich der befehlshabende deutſche Offizier der
erſten Verteidigungslinie — 500 Yards ſeewärts von der Station —
bedingungslos. Die Engländer begannen darauf die Rekognos-
zierung der deutſchen Streitkräfte und brachten Zwölfpfünder-Ge-
ſchütze an Land, um die deutſchen Stellungen unter Feuer zu neh-
men, falls ſie nicht vorziehen ſollten, ſich zu übergeben. Ueber das
Ergebnis des Kampfes läßt ſich der Bericht nicht aus.

Die Verluſte der Engländer ſind nach Reuter: Tot 2 Offiziere,
1 Arzt und 4 Matroſen der Marine-Reſerve, verwundet 1 Leutnant
und 3 Matroſen. Die Verluſte der Deutſchen ſollen ſein: Tot 20
bis 30 Mann, an Gefangenen 2 Offiziere, einſchließlich des Kom-
mandanten, 15 Unteroffiziere und 56 eingeborene Poliziſten. Die
auſtraliſche Regierung beglückwünſchte ihre heldenhaften Offiziere zu
dieſem erſten großen Erfolg der auſtraliſchen Waffen.

Endlich wird auch hier die Lüge aufgetiſcht, daß die Deutſchen
in Herbertshöhe mit gezähnten Bajonetten und Dum-Dum-Geſchoſſen
gekämpft hätten.

Daß mit dem zeitweiligen Verluſte unſerer Südſee-Beſitzungen
zu rechnen war, iſt bei der geringen Anzahl der dort verfügbaren
Streitkräfte ohne weiteres klar. Es gilt hier das Gleiche, was neuer-
dings auch von engliſcher Seite zugegeben wird: daß nämlich das
endgültige Schickſal unſerer Kolonien auf dem Kriegsſchauplatze
Europas entſchieden werden wird.

Einem Briefe eines in Pago-Pago auf der amerikaniſchen
Samoa-Inſel Tutuila anſäſſigen Agenten der Deutſchen Handels-
und Plantagen-Geſellſchaften der Südſee-Inſeln zu Hamburg vom
4. September iſt noch folgendes zu entnehmen: Die engliſche Flotte
mit fünf Kreuzern und zwei Transportſchiffen hat am 1. September
Apia beſetzt und 1500 Mann Beſatzung gelandet. Die Kriegsſchiffe
ſind inzwiſchen wieder abgefahren, und die Transportſchiffe ſind
weggeſandt worden, um Proviant zu holen. Die Engländer ſollen
den Gouverneur Dr. Schultz ſchlecht behandelt haben, was ſich jedoch
nach einem Proteſt der engliſchen Bevölkerung in Apia beſſerte.
Hirſch, der Leiter der Funkenſtation, iſt gleichfalls weggeführt wor-
den. Hirſch hat verſchiedene Teile der Anlage verſteckt, und es iſt
ihm mit Erſchießen gedroht worden, falls er die fehlenden Teile
nicht herausgebe. Ferner ſoll ihm eine hohe Summe für die Her-
ausgabe angeboten worden ſein. Er hat jedoch geantwortet, daß
er ein Deutſcher ſei und auf die Herausgabe nicht zu rechnen ſei.
Sämtliche Fahrzeuge und Boote ſind beſchlagnahmt und alle Pferde
im Umkreiſe von zehn Meilen um Apia ſind requiriert worden. Die
Beſatzungstruppen beſtehen durchweg aus jungen, in Auſtralien aus-
gemuſterten Burſchen. Am Strande ſind acht Kanonen aufgeſtellt
worden. Der Gouverneur hat gegen die Beſetzung Samoas prote-
ſtiert.

Schwediſchen Blättern wird aus New-York gemeldet:

Faſt die ganze Flotte der Vereinigten Staaten im
Stillen Ozean iſt nach den Philippinen abgegangen. Seit der
Beſetzung der Marſchallinſeln durch die Japaner fand ein ſehr leb-
hafter Depeſchenwechſel zwiſchen den Regierungen in Waſhington,
London und Tokio ſtatt.

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[611/0007] 17. Oktober 1914. Allgemeine Zeitung Perſönlichkeit und dem Grafen Benkendorff eine engliſch-ruſſiſche Marine- und Militärkonvention unterzeichnet. Wie uns mitgeteilt wird, iſt dieſelbe nicht nur defenſiv, ſondern ſieht auch eine Landung der Engländer in Holland vor. Kraft der Konvention tritt die ruſ- ſiſch-baltiſche Flotte im Kriege unter das Kommando des engliſchen Geſchwaders, deſſen Aufenthalt in Norwegen vorgeſehen iſt. Dieſe engliſche Flotte ſoll dann, geſtützt auf die freundſchaftliche Neutrali- tät Dänemarks, ſofort nach Eröffnung der militäriſchen Operationen, oder genauer: vor dieſen, in den Baltiſchen Gewäſſern erſcheinen, um gemeinſam mit der ruſſiſchen Flotte unſere vorläufig noch unge- ſchützten Ufer zu verteidigen. Das ungeheuere, erſtklaſſige Verdienſt gebührt dem Botſchafter von Benkendorff, deſſen Autorität und Popularität in England und Rußland der Entente dieſen unvergleichlichen Erfolg eintrugen. Jetzt können wir, geſtützt auf die engliſche Flotte und unſere endlich voll- kommen bereite Armee, das Ende jener Politik der Abhängigkeit von Berlin fordern, die unvereinbar iſt ſowohl mit unſerer Würde, als auch mit unſerer internationalen Geltung. Die Wiener Allgemeine Zeitung bemerkt dazu: Die Ausführun- gen Brantſchaninows, der erklärt, kein Dementi zu fürchten, ſind wohl geeignet, nicht bloß die engliſche Politik in die richtige Be- leuchtung zu rücken, ſondern auch den Neutralen, um deren Seele jetzt von der Triple-Entente ſo eifrig gekämpft wird, die Augen zu öffnen. Unſere Kolonien. Die Norddeutſche Allgemeine Zeitung bringt einen ausführ- lichen, vom Wolffſchen Bureau weiter verbreiteten Situationsbericht über die Lage unſerer Kolonien in der Südſee: Dem jetzt hierher gelangten auſtraliſchen Blatte „The Britiſh- Auſtral-Aſians“ vom 17. und 24. September entnehmen wir nach- ſtehende Mitteilungen über das Vorgehen der Engländer in Neu- Guinea und Samoa. Es handelt ſich dabei ausſchließlich um Reuter- meldungen. Die Beſetzung von Samoa. Nach dem Bericht des nach Auſtralien zurückgekehrten Trans- portſchiffes lief ein engliſches Kriegsſchiff, das die weiße Flagge (!) führte, gleichzeitig mit dem Transportſchiff in den Hafen von Apia ein. Der Gouverneur war nicht anweſend. Sein Stellvertreter verweigerte trotz der engliſchen Ueberlegenheit, den Hafen zu über- geben. Der Gouverneur befand ſich während dieſer Zeit im Ge- bäude der drahtloſen Telegraphenſtation. Die britiſchen Truppen wurden an Land gebracht und beſetzten die Stadt Apia, von den Eingeborenen angeblich freundlich begrüßt. Nach einem weiteren Berichte war den Soldaten der Expedi- tionsabteilung bei ihrer Abfahrt über das Ziel ihrer Fahrt nichts bekannt. Lediglich die Anweſenheit verſchiedener ehemaliger Samoa- Bewohner ließ ſie darauf ſchließen, daß es nach Samoa ging. In Noumea (Neu-Kaledonien) wurden am 21. Auguſt begeiſterte Be- grüßungen mit den dort anläſſigen Franzoſen ausgetauſcht, die der Expedition einen wahrhaft „königlichen“ Empfang bereiteten. Am Sonntag darauf landete man in Apia und am 30. Auguſt erfolgte die feierliche Proklamation der Beſitzergreifung Samoas durch die Engländer in Gegenwart des Offizierskorps der Land- und See- macht, der eingeborenen Häuptlinge und der Reſidenten. Zum Gouverneur wurde Colonel Logan ernannt. Der Gouverneur Dr. Schultz, ſein Sekretär, ein Beamter der Telegraphenſtation und ein deutſcher Kaufmann wurden nach Auck- land gebracht. Sie wurden in guten Quartieren in Quarantäne Is- land untergebracht. Während ihrer Reiſe wurden ihnen keinerlei Beſchränkungen auferlegt. Gouverneur Schultz erwartete, auf Ehrenwort freigelaſſen zu werden. Doch wurde ihm eröffnet, daß er ſeinen Wohnſitz auf der genannten Inſel zu nehmen habe. Ueber die Beſitzergreifung der Station Nauro (Marſhallinſeln) durch ſtärkere Abteilungen auſtraliſcher Streitkräfte wird unterm 1. September folgendes berichtet: Der Gouverneur (gemeint iſt der Stationschef) leiſtete keinen Widerſtand. Es wurde auch kein Ver- ſuch zur Verteidigung der drahtloſen Station unternommen. Dieſe wurde zerſtört. Zwei deutſche Zivilbeamte wurden nach Sydney gebracht. Mit der Zerſtörung der drahtloſen Station auf den Karo- lineninſeln haben die Deutſchen nunmehr ihren letzten Telegraphen- Stützpunkt im Stillen Ozean verloren. Nicht ganz ſo leichtes Spiel hatten nach derſelben Quelle die Operationen gegen Neu-Guinea. Zwar ſollte nach einer Reutermeldung vom 12. September Herbertshöhe von dem auſtraliſchen Expeditionskorps ohne Kampf beſetzt worden ſein. Hiemit ſteht jedoch eine weitere Reutermeldung vom gleichen Tage in Widerſpruch, wonach das Kampffeld bei Her- bertshöhe ſich über ein Gebiet von ſechs engliſchen Meilen erſtreckte. Die Station für drahtloſe Telegraphie wurde von einem Landungs- korps zerſtört und die britiſche Flagge auf Herbertshöhe gehißt. Die Eroberung von Simpenhafen (Finſchhafen?) wurde für den nächſten Tag vorgenommen. Eine Abteilung Marinetruppen, die an Land ging, in der Abſicht, die Telegraphenſtation zu zerſtören, war auf kräftigen Widerſtand geſtoßen. Bei Tagesanbruch rückten die Landungskorps vor, und es entwickelte ſich nun auf einem Ge- fechtsfelde in der Ausdehnung von vier engliſchen Meilen ein er- bitterter Buſchkrieg. Die Wege waren teilweiſe mit Minen beſetzt und die Station war durch Schützengräben geſichert. Nach einer Reutermeldung ergab ſich der befehlshabende deutſche Offizier der erſten Verteidigungslinie — 500 Yards ſeewärts von der Station — bedingungslos. Die Engländer begannen darauf die Rekognos- zierung der deutſchen Streitkräfte und brachten Zwölfpfünder-Ge- ſchütze an Land, um die deutſchen Stellungen unter Feuer zu neh- men, falls ſie nicht vorziehen ſollten, ſich zu übergeben. Ueber das Ergebnis des Kampfes läßt ſich der Bericht nicht aus. Die Verluſte der Engländer ſind nach Reuter: Tot 2 Offiziere, 1 Arzt und 4 Matroſen der Marine-Reſerve, verwundet 1 Leutnant und 3 Matroſen. Die Verluſte der Deutſchen ſollen ſein: Tot 20 bis 30 Mann, an Gefangenen 2 Offiziere, einſchließlich des Kom- mandanten, 15 Unteroffiziere und 56 eingeborene Poliziſten. Die auſtraliſche Regierung beglückwünſchte ihre heldenhaften Offiziere zu dieſem erſten großen Erfolg der auſtraliſchen Waffen. Endlich wird auch hier die Lüge aufgetiſcht, daß die Deutſchen in Herbertshöhe mit gezähnten Bajonetten und Dum-Dum-Geſchoſſen gekämpft hätten. Daß mit dem zeitweiligen Verluſte unſerer Südſee-Beſitzungen zu rechnen war, iſt bei der geringen Anzahl der dort verfügbaren Streitkräfte ohne weiteres klar. Es gilt hier das Gleiche, was neuer- dings auch von engliſcher Seite zugegeben wird: daß nämlich das endgültige Schickſal unſerer Kolonien auf dem Kriegsſchauplatze Europas entſchieden werden wird. Einem Briefe eines in Pago-Pago auf der amerikaniſchen Samoa-Inſel Tutuila anſäſſigen Agenten der Deutſchen Handels- und Plantagen-Geſellſchaften der Südſee-Inſeln zu Hamburg vom 4. September iſt noch folgendes zu entnehmen: Die engliſche Flotte mit fünf Kreuzern und zwei Transportſchiffen hat am 1. September Apia beſetzt und 1500 Mann Beſatzung gelandet. Die Kriegsſchiffe ſind inzwiſchen wieder abgefahren, und die Transportſchiffe ſind weggeſandt worden, um Proviant zu holen. Die Engländer ſollen den Gouverneur Dr. Schultz ſchlecht behandelt haben, was ſich jedoch nach einem Proteſt der engliſchen Bevölkerung in Apia beſſerte. Hirſch, der Leiter der Funkenſtation, iſt gleichfalls weggeführt wor- den. Hirſch hat verſchiedene Teile der Anlage verſteckt, und es iſt ihm mit Erſchießen gedroht worden, falls er die fehlenden Teile nicht herausgebe. Ferner ſoll ihm eine hohe Summe für die Her- ausgabe angeboten worden ſein. Er hat jedoch geantwortet, daß er ein Deutſcher ſei und auf die Herausgabe nicht zu rechnen ſei. Sämtliche Fahrzeuge und Boote ſind beſchlagnahmt und alle Pferde im Umkreiſe von zehn Meilen um Apia ſind requiriert worden. Die Beſatzungstruppen beſtehen durchweg aus jungen, in Auſtralien aus- gemuſterten Burſchen. Am Strande ſind acht Kanonen aufgeſtellt worden. Der Gouverneur hat gegen die Beſetzung Samoas prote- ſtiert. Schwediſchen Blättern wird aus New-York gemeldet: Faſt die ganze Flotte der Vereinigten Staaten im Stillen Ozean iſt nach den Philippinen abgegangen. Seit der Beſetzung der Marſchallinſeln durch die Japaner fand ein ſehr leb- hafter Depeſchenwechſel zwiſchen den Regierungen in Waſhington, London und Tokio ſtatt.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 42, 17. Oktober 1914, S. 611. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine42_1914/7>, abgerufen am 22.11.2024.