Allgemeine Zeitung, Nr. 41, 10. Oktober 1914.
Diese war nicht bedroht, wir hatten sie England ausdrücklich Aber es ist begreiflich, daß ein Land, das seine Kolonialherr- So tauchte in der Phantasie der englischen Staatsmänner das Die Haltung Englands ist somit lediglich durch den rücksichts- Wenn heute auf den Schlachtfeldern des Kontinents die Söhne Von jeher ist es die englische Politik gewesen, die Völker des Vom englischen Lügenkrieg. In der englischen Presse ist von einem Tagesbefehl Das Reutersche Bureau hat an das Ritzau-Bureau in Kopen- Diese Meldung ist eine schamlose Lüge. Der Kronprinz Der Orient. Aus Konstantinopel läßt sich das Wolffsche Bureau tele- Wie der "Taswiriefkas" meldet, entsandten die kaukasi- Die türkischen Blätter veröffentlichen eine halbamtliche Aus- Obwohl die hiesige englische Botschaft dem Khedive erklärte, es Auf der russischen Gesandtschaft in Teheran wurden Drohbriefe Aus den Kolonien. Wenn man die bisher vorliegenden, zum Teil allerdings eng- Der B. Z. am Mittag wird von ihrem besonderen Bericht- Der rechte Flügel der Verbündeten wurde von dem öster- Letzte Meldung vom 7. ds.: Aus Tokio wird amtlich gemeldet: In einer offiziellen Mitteilung des britischen Kolonialministe- Der Gouverneur von Kamerun meldet siegreiche Gefechte Aus Bordeaux wird vom französischen Marineministerium Die deutschen Kreuzer "Scharnhorst" und "Gneisenau"
Dieſe war nicht bedroht, wir hatten ſie England ausdrücklich Aber es iſt begreiflich, daß ein Land, das ſeine Kolonialherr- So tauchte in der Phantaſie der engliſchen Staatsmänner das Die Haltung Englands iſt ſomit lediglich durch den rückſichts- Wenn heute auf den Schlachtfeldern des Kontinents die Söhne Von jeher iſt es die engliſche Politik geweſen, die Völker des Vom engliſchen Lügenkrieg. In der engliſchen Preſſe iſt von einem Tagesbefehl Das Reuterſche Bureau hat an das Ritzau-Bureau in Kopen- Dieſe Meldung iſt eine ſchamloſe Lüge. Der Kronprinz Der Orient. Aus Konſtantinopel läßt ſich das Wolffſche Bureau tele- Wie der „Taswiriefkas“ meldet, entſandten die kaukaſi- Die türkiſchen Blätter veröffentlichen eine halbamtliche Aus- Obwohl die hieſige engliſche Botſchaft dem Khedive erklärte, es Auf der ruſſiſchen Geſandtſchaft in Teheran wurden Drohbriefe Aus den Kolonien. Wenn man die bisher vorliegenden, zum Teil allerdings eng- Der B. Z. am Mittag wird von ihrem beſonderen Bericht- Der rechte Flügel der Verbündeten wurde von dem öſter- Letzte Meldung vom 7. ds.: Aus Tokio wird amtlich gemeldet: In einer offiziellen Mitteilung des britiſchen Kolonialminiſte- Der Gouverneur von Kamerun meldet ſiegreiche Gefechte Aus Bordeaux wird vom franzöſiſchen Marineminiſterium Die deutſchen Kreuzer „Scharnhorſt“ und „Gneiſenau“ <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <cit> <quote><pb facs="#f0004" n="600.[600]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi> 10. 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Ein deutſches Sprichwort ſagt: Man<lb/> vermutet niemand hinter einem Buſch, hinter dem man nicht ſelbſt<lb/> geſeſſen hat.</quote> </cit><lb/> <cit> <quote>So tauchte in der Phantaſie der engliſchen Staatsmänner das<lb/> Schreckgeſpenſt einer Beſetzung Antwerpens durch deutſche Truppen<lb/> auf und wie Sir Edward Grey Frankreich die engliſche Hilfe ſchon<lb/> für den Fall einer Bedrohung von Calais und Cherbourg durch<lb/> die deutſche Flotte zugeſichert hatte, ſo veranlaßte ſchließlich die Be-<lb/> ſorgnis, ein Teil der Südküſte des Kanals könne den ſchwachen<lb/> Händen Belgiens entriſſen und zu einer Operationsbaſis für die<lb/> deutſche Flotte werden, England nicht nur dazu, ſich ſelbſt am<lb/> Kriege zu beteiligen, ſondern auch zu dem furchtbaren Verbrechen,<lb/> das bedauernswerte Belgien zum Widerſtand gegen den deutſchen<lb/> Einmarſch zu ermutigen.</quote> </cit><lb/> <cit> <quote>Die Haltung Englands iſt ſomit lediglich durch den rückſichts-<lb/> loſen engliſchen Eigennutz beſtimmt worden, der überhaupt für den<lb/> ganzen furchtbaren Krieg verantwortlich iſt.</quote> </cit><lb/> <cit> <quote>Wenn heute auf den Schlachtfeldern des Kontinents die Söhne<lb/> Deutſchlands, Oeſterreichs, Frankreichs und Rußlands für das Vater-<lb/> land verbluten müſſen, ſo trifft die moraliſche Verantwortung dafür<lb/> mit in erſter Linie die engliſche Politik, die unter der Formel der<lb/> Erhaltung des europäiſchen Gleichgewichts andauernd die chauvi-<lb/> niſtiſchen Strömungen in Frankreich und Rußland gegen Deutſch-<lb/> land ermutigt und damit einen Zuſtand der Spannung auf dem<lb/> Kontinent hervorrief, der ſich im gegenwärtigen Krieg entladen hat.</quote> </cit><lb/> <cit> <quote>Von jeher iſt es die engliſche Politik geweſen, die Völker des<lb/> Kontinents gegeneinander aufzureizen, um ſelbſt ungeſtört die Welt<lb/> beherrſchen zu können.</quote> </cit> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Vom engliſchen Lügenkrieg.</hi> </hi> </head><lb/> <p>In der engliſchen Preſſe iſt von einem <hi rendition="#g">Tagesbefehl<lb/> Kaiſer Wilhelms</hi> berichtet worden, worin unter Ausdrücken<lb/> der Verachtung gegen das engliſche Heer zu deſſen Vernichtung auf-<lb/> gefordert wurde. 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September im Brennpunkt von Kämpfen und iſt in Brand<lb/> geſchoſſen worden, aber durch franzöſiſche Artillerie.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Der Orient.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p>Aus <hi rendition="#g">Konſtantinopel</hi> läßt ſich das Wolffſche Bureau tele-<lb/> graphieren:</p><lb/> <cit> <quote>Wie der „Taswiriefkas“ meldet, entſandten die <hi rendition="#g">kaukaſi-<lb/> ſchen Behörden</hi> gegen die <hi rendition="#g">Muſelmanen</hi> in der Um-<lb/> gebung von Batum, Adjora und Tſchurukſu, die ſich, indem ſie ſich<lb/> weigerten, Militärdienſte zu tun, erhoben, muſelmaniſche Truppen,<lb/> die nun mit den Aufſtändiſchen gemeinſame Sache machen. 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Rußland ſoll deshalb zum Schutze ſeiner Untertanen<lb/> und des diplomatiſchen Perſonals Truppen abſenden und verſchärfte<lb/> Maßnahmen auf den ruſſiſchen Bahnlinien ergreifen. Bedrohlich<lb/> geſtaltet ſich die Lage für die Ruſſen in Ardebil, das ziemlich befeſtigt<lb/> und geeignet iſt, den Ruſſen Ungelegenheiten zu bereiten. In<lb/> Täbris, Kaswin und Serab ſind Befreiungskomitees gebildet wor-<lb/> den, die großen Zuzug erhalten. Beim Unargebirge kam es zu<lb/> heftigen Gefechten mit ruſſiſchen Grenztruppen, in denen die<lb/> Schachſewennen die Oberhand erlangten. Die Lage in Südperſien<lb/> iſt für die Engländer bedenklich.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Aus den Kolonien.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p>Wenn man die bisher vorliegenden, zum Teil allerdings eng-<lb/> liſchen Quellen entſtammenden Nachrichten über den Angriff unſerer<lb/> Gegner auf <hi rendition="#g">Tſingtau</hi> zuſammenfaßt, ergibt ſich folgendes Bild:<lb/> Vereinigte japaniſche und engliſche Streitkräfte gelangten am Sonn-<lb/> tag, den 27. September nach unbedeutenden Scharmützeln mit vor-<lb/> geſchobenen deutſchen Streitkräften bis an den Litſunfluß. Hier<lb/> wurde ihr rechter Flügel vom Innern der Bucht aus durch drei<lb/> deutſche Schiffe beſchoſſen, bis japaniſche Flieger eingriffen. Die<lb/> Flieger wurden dabei beſchädigt. Der Geſamtverluſt des Gegners<lb/> betrug 150 Tote. Die deutſchen Verluſte ſind unbekannt. Während<lb/> der Kämpfe hat ein deutſches Kanonenboot die deutſchen Landtrup-<lb/> pen in vorzüglicher Weiſe unterſtützt. Das Kanonenboot wurde<lb/> von der japaniſchen Flotte angegriffen, ſcheint aber unbeſchädigt<lb/> geblieben zu ſein. Am 28. September, während Tſingtau zu Land<lb/> ganz abgeſchloſſen wurde, beſchoß eine japaniſche Linienſchiffsdivi-<lb/> ſion zwei deutſche Küſtenbatterien, die kräftig antworteten. Die<lb/> deutſchen Verluſte ſind unbekannt. Am folgenden Tage begann<lb/> die Heeresmacht der Verbündeten ihren Angriff auf vorgeſchobene<lb/> deutſche Stellungen. Anſcheinend ging der Angriff auf die deutſche<lb/> Hauptverteidigungslinie. Von deutſcher Seite wurde unter Ein-<lb/> ſetzung aller Kräfte geantwortet.</p><lb/> <p>Der B. Z. am Mittag wird von ihrem beſonderen Bericht-<lb/> erſtatter aus <hi rendition="#g">Rotterdam</hi> unterm 6. ds. mitgeteilt: Bei dem<lb/> erſten Sturm auf die Infanteriewerke von <hi rendition="#g">Tſingtau</hi> wurden<lb/> die vereinigten Japaner und Engländer mit einem Verluſt von<lb/> 2500 Mann zurückgeſchlagen. Die Wirkung der deutſchen Minen,<lb/> Geſchütze und Maſchinengewehre war vernichtend.</p><lb/> <p>Der rechte Flügel der Verbündeten wurde von dem <hi rendition="#g">öſter-<lb/> reichiſch-ungariſchen Kreuzer „Kaiſerin Eliſa-<lb/> beth“</hi> und dem <hi rendition="#g">deutſchen Kanonenboot „Jaguar“</hi><lb/> wirkſam beſchoſſen. Die deutſchen Verluſte ſollen gering ſein. Die<lb/> Japaner warten Verſtärkungen aus Japan ab.</p><lb/> <p>Letzte Meldung vom 7. ds.: Aus <hi rendition="#g">Tokio</hi> wird amtlich gemeldet:<lb/> Eine Maſchinengewehrabteilung beſetzte <hi rendition="#g">Jaluit,</hi> den Sitz der Re-<lb/> gierung der <hi rendition="#g">Marſchallinſeln,</hi> widerſtandslos. Für die eng-<lb/> liſchen Kaufleute wurde die Einfuhr freigegeben. Die Marinever-<lb/> waltung erklärt, die Landung ſei eine rein militäriſche Handlung<lb/> geweſen. Eine dauernde Beſetzung ſei nicht beabſichtigt.</p><lb/> <p>In einer offiziellen Mitteilung des britiſchen Kolonialminiſte-<lb/> riums heißt es: Der Feind unternahm im September zahlreiche<lb/> Verſuche, in Britiſch-Oſtafrika einzudringen, und die Uganda-Bahn<lb/> abzuſchneiden. Alle Verſuche wurden zurückgewieſen, nur eine<lb/> Grenzſtation wird von einer kleinen deutſchen Abteilung gehalten. Die<lb/> normale Truppenbeſatzung iſt durch indiſche Truppen verſtärkt worden.</p><lb/> <p>Der Gouverneur von <hi rendition="#g">Kamerun</hi> meldet ſiegreiche Gefechte<lb/> von Anfang September gegen Engländer und Franzoſen. In dieſen<lb/> Gefechten ſind Oberleutnant v. Pottkirch und Milbrat, ſowie Be-<lb/> zirksamtmann Rauſch gefallen. Die zuſtändigen Stellen nehmen<lb/> an, daß dieſe Kämpfe am Benue- und Cr<hi rendition="#aq">é</hi>ßfluß ſtattfanden.</p><lb/> <p>Aus <hi rendition="#g">Bordeaux</hi> wird vom franzöſiſchen Marineminiſterium<lb/> amtlich mitgeteilt:</p><lb/> <p>Die deutſchen Kreuzer „<hi rendition="#g">Scharnhorſt</hi>“ und „<hi rendition="#g">Gneiſenau</hi>“<lb/> ſind am 22. September vor <hi rendition="#g">Papeete</hi> auf <hi rendition="#g">Tahiti</hi> erſchienen<lb/> und haben das kleine Kanonenboot „<hi rendition="#g">Z<hi rendition="#aq">élé</hi>e</hi>“, welches ſeit 14. 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Allgemeine Zeitung 10. Oktober 1914.
nicht in einer altruiſtiſchen Fürſorge für die Unabhängigkeit und
Integrität Belgiens.
Dieſe war nicht bedroht, wir hatten ſie England ausdrücklich
zugeſichert.
Aber es iſt begreiflich, daß ein Land, das ſeine Kolonialherr-
ſchaft auf den Trümmern anderer Staaten aufgebaut hat, ein Land,
das ſich wie in jüngſter Zeit noch in Aegypten ſo oft über gegebene
Verſprechen und internationale Verträge hinweggeſetzt hat, dieſer
Zuſicherung nicht traute. Ein deutſches Sprichwort ſagt: Man
vermutet niemand hinter einem Buſch, hinter dem man nicht ſelbſt
geſeſſen hat.
So tauchte in der Phantaſie der engliſchen Staatsmänner das
Schreckgeſpenſt einer Beſetzung Antwerpens durch deutſche Truppen
auf und wie Sir Edward Grey Frankreich die engliſche Hilfe ſchon
für den Fall einer Bedrohung von Calais und Cherbourg durch
die deutſche Flotte zugeſichert hatte, ſo veranlaßte ſchließlich die Be-
ſorgnis, ein Teil der Südküſte des Kanals könne den ſchwachen
Händen Belgiens entriſſen und zu einer Operationsbaſis für die
deutſche Flotte werden, England nicht nur dazu, ſich ſelbſt am
Kriege zu beteiligen, ſondern auch zu dem furchtbaren Verbrechen,
das bedauernswerte Belgien zum Widerſtand gegen den deutſchen
Einmarſch zu ermutigen.
Die Haltung Englands iſt ſomit lediglich durch den rückſichts-
loſen engliſchen Eigennutz beſtimmt worden, der überhaupt für den
ganzen furchtbaren Krieg verantwortlich iſt.
Wenn heute auf den Schlachtfeldern des Kontinents die Söhne
Deutſchlands, Oeſterreichs, Frankreichs und Rußlands für das Vater-
land verbluten müſſen, ſo trifft die moraliſche Verantwortung dafür
mit in erſter Linie die engliſche Politik, die unter der Formel der
Erhaltung des europäiſchen Gleichgewichts andauernd die chauvi-
niſtiſchen Strömungen in Frankreich und Rußland gegen Deutſch-
land ermutigt und damit einen Zuſtand der Spannung auf dem
Kontinent hervorrief, der ſich im gegenwärtigen Krieg entladen hat.
Von jeher iſt es die engliſche Politik geweſen, die Völker des
Kontinents gegeneinander aufzureizen, um ſelbſt ungeſtört die Welt
beherrſchen zu können.
Vom engliſchen Lügenkrieg.
In der engliſchen Preſſe iſt von einem Tagesbefehl
Kaiſer Wilhelms berichtet worden, worin unter Ausdrücken
der Verachtung gegen das engliſche Heer zu deſſen Vernichtung auf-
gefordert wurde. Dieſer angebliche Tagesbefehl iſt erfunden.
Das Reuterſche Bureau hat an das Ritzau-Bureau in Kopen-
hagen ein Telegramm zur Verbreitung geſchickt, worin nach einer
Meldung des „Temps“ eine Baronin de Baye den deutſchen
Kronprinzen beſchuldigt, auf Schloß Baye bei Champaubert
Kunſtgegenſtände und Koſtbarkeiten geraubt und beim Verlaſſen des
Schloſſes Bilder des Kaiſers und der Kaiſerin von Rußland mit
Füßen getreten zu haben.
Dieſe Meldung iſt eine ſchamloſe Lüge. Der Kronprinz
iſt nach amtlicher Feſtſtellung niemals im Schloß Baye geweſen.
Auch Truppen ſeines Heeres ſind dorthin nicht gelangt. Auch die
von franzöſiſchen Blättern gemeldete Zerſtörung der dem Präſiden-
ten Poincaré gehörigen Beſitzung Ribécourt in Lothringen
durch die Deutſchen iſt eine Fabel. Ribécourt lag allerdings vom
6. bis 9. September im Brennpunkt von Kämpfen und iſt in Brand
geſchoſſen worden, aber durch franzöſiſche Artillerie.
Der Orient.
Aus Konſtantinopel läßt ſich das Wolffſche Bureau tele-
graphieren:
Wie der „Taswiriefkas“ meldet, entſandten die kaukaſi-
ſchen Behörden gegen die Muſelmanen in der Um-
gebung von Batum, Adjora und Tſchurukſu, die ſich, indem ſie ſich
weigerten, Militärdienſte zu tun, erhoben, muſelmaniſche Truppen,
die nun mit den Aufſtändiſchen gemeinſame Sache machen. Die
Behörden mußten Artillerie gegen ſie entſenden und konnten ſo
einigermaßen ernſtere Zwiſchenfälle verhüten.
Die türkiſchen Blätter veröffentlichen eine halbamtliche Aus-
laſſung, in der die Meldung des ägyptiſchen, im engliſchen Sold
ſtehenden Blattes „Al Mokattan“, daß der Khedive eine Ver-
gnügungsreiſe unternehmen werde, entſchieden dementiert
wurde. In der Auslaſſung heißt es u. a.:
Obwohl die hieſige engliſche Botſchaft dem Khedive erklärte, es
wäre angezeigt, daß er Konſtantinopel verließe und eine Ver-
gnügungsreiſe im Mittelmeer unternehme, habe der Khedive dieſes
mit dem Bemerken verweigert, ſo lange er nicht nach Aegypten
abreiſe, zöge er es vor, in Konſtantinopel, dem Sitze des Kalifats,
zu bleiben.
Auf der ruſſiſchen Geſandtſchaft in Teheran wurden Drohbriefe
gefunden. Rußland ſoll deshalb zum Schutze ſeiner Untertanen
und des diplomatiſchen Perſonals Truppen abſenden und verſchärfte
Maßnahmen auf den ruſſiſchen Bahnlinien ergreifen. Bedrohlich
geſtaltet ſich die Lage für die Ruſſen in Ardebil, das ziemlich befeſtigt
und geeignet iſt, den Ruſſen Ungelegenheiten zu bereiten. In
Täbris, Kaswin und Serab ſind Befreiungskomitees gebildet wor-
den, die großen Zuzug erhalten. Beim Unargebirge kam es zu
heftigen Gefechten mit ruſſiſchen Grenztruppen, in denen die
Schachſewennen die Oberhand erlangten. Die Lage in Südperſien
iſt für die Engländer bedenklich.
Aus den Kolonien.
Wenn man die bisher vorliegenden, zum Teil allerdings eng-
liſchen Quellen entſtammenden Nachrichten über den Angriff unſerer
Gegner auf Tſingtau zuſammenfaßt, ergibt ſich folgendes Bild:
Vereinigte japaniſche und engliſche Streitkräfte gelangten am Sonn-
tag, den 27. September nach unbedeutenden Scharmützeln mit vor-
geſchobenen deutſchen Streitkräften bis an den Litſunfluß. Hier
wurde ihr rechter Flügel vom Innern der Bucht aus durch drei
deutſche Schiffe beſchoſſen, bis japaniſche Flieger eingriffen. Die
Flieger wurden dabei beſchädigt. Der Geſamtverluſt des Gegners
betrug 150 Tote. Die deutſchen Verluſte ſind unbekannt. Während
der Kämpfe hat ein deutſches Kanonenboot die deutſchen Landtrup-
pen in vorzüglicher Weiſe unterſtützt. Das Kanonenboot wurde
von der japaniſchen Flotte angegriffen, ſcheint aber unbeſchädigt
geblieben zu ſein. Am 28. September, während Tſingtau zu Land
ganz abgeſchloſſen wurde, beſchoß eine japaniſche Linienſchiffsdivi-
ſion zwei deutſche Küſtenbatterien, die kräftig antworteten. Die
deutſchen Verluſte ſind unbekannt. Am folgenden Tage begann
die Heeresmacht der Verbündeten ihren Angriff auf vorgeſchobene
deutſche Stellungen. Anſcheinend ging der Angriff auf die deutſche
Hauptverteidigungslinie. Von deutſcher Seite wurde unter Ein-
ſetzung aller Kräfte geantwortet.
Der B. Z. am Mittag wird von ihrem beſonderen Bericht-
erſtatter aus Rotterdam unterm 6. ds. mitgeteilt: Bei dem
erſten Sturm auf die Infanteriewerke von Tſingtau wurden
die vereinigten Japaner und Engländer mit einem Verluſt von
2500 Mann zurückgeſchlagen. Die Wirkung der deutſchen Minen,
Geſchütze und Maſchinengewehre war vernichtend.
Der rechte Flügel der Verbündeten wurde von dem öſter-
reichiſch-ungariſchen Kreuzer „Kaiſerin Eliſa-
beth“ und dem deutſchen Kanonenboot „Jaguar“
wirkſam beſchoſſen. Die deutſchen Verluſte ſollen gering ſein. Die
Japaner warten Verſtärkungen aus Japan ab.
Letzte Meldung vom 7. ds.: Aus Tokio wird amtlich gemeldet:
Eine Maſchinengewehrabteilung beſetzte Jaluit, den Sitz der Re-
gierung der Marſchallinſeln, widerſtandslos. Für die eng-
liſchen Kaufleute wurde die Einfuhr freigegeben. Die Marinever-
waltung erklärt, die Landung ſei eine rein militäriſche Handlung
geweſen. Eine dauernde Beſetzung ſei nicht beabſichtigt.
In einer offiziellen Mitteilung des britiſchen Kolonialminiſte-
riums heißt es: Der Feind unternahm im September zahlreiche
Verſuche, in Britiſch-Oſtafrika einzudringen, und die Uganda-Bahn
abzuſchneiden. Alle Verſuche wurden zurückgewieſen, nur eine
Grenzſtation wird von einer kleinen deutſchen Abteilung gehalten. Die
normale Truppenbeſatzung iſt durch indiſche Truppen verſtärkt worden.
Der Gouverneur von Kamerun meldet ſiegreiche Gefechte
von Anfang September gegen Engländer und Franzoſen. In dieſen
Gefechten ſind Oberleutnant v. Pottkirch und Milbrat, ſowie Be-
zirksamtmann Rauſch gefallen. Die zuſtändigen Stellen nehmen
an, daß dieſe Kämpfe am Benue- und Créßfluß ſtattfanden.
Aus Bordeaux wird vom franzöſiſchen Marineminiſterium
amtlich mitgeteilt:
Die deutſchen Kreuzer „Scharnhorſt“ und „Gneiſenau“
ſind am 22. September vor Papeete auf Tahiti erſchienen
und haben das kleine Kanonenboot „Zélée“, welches ſeit 14. Sep-
tember abgerüſtet im Hafen lag, in den Grund geſchoſſen.
Hierauf beſchoſſen ſie die offene Stadt Papeete und fuhren weiter.
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(2023-04-27T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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