Allgemeine Zeitung, Nr. 37, 6. Februar 1850.[Spaltenumbruch]
Privatlustbarkeiten. Das Theater hat die seit zehn Jahren gleichsam verpönt In der Deutschen Zeitung finden wir über die Verhandlungen Bayern. ||München. (Beschluß der Verhandlungen der Kam- Nach allem dem was [Spaltenumbruch]
Privatluſtbarkeiten. Das Theater hat die ſeit zehn Jahren gleichſam verpönt In der Deutſchen Zeitung finden wir über die Verhandlungen Bayern. ‖München. (Beſchluß der Verhandlungen der Kam- Nach allem dem was <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jCulturalNews" n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0002" n="578"/><cb/> Privatluſtbarkeiten. Das Theater hat die ſeit zehn Jahren gleichſam verpönt<lb/> geweſenen Maskenbälle wieder in Aufnahme gebracht, und ſcheint ſeine<lb/> Rechnung dabei zu finden. Das Bühnenreportoire brachte manches neue<lb/> in Schauſpiel ſowohl als Oper. Wir erwähnen u. a. die Oper unſers<lb/> Theatercapellmeiſters Schindelmeißer, die (bis jetzt in vier Aufführungen)<lb/> bei dem Publicum ſehr günſtige Aufnahme fand, und auch von der<lb/> Kritik anerkennend beſprochen wird. Demnächſt ſoll Meyerbeers „Pro-<lb/> phet“ in Scene gehen. Unter den muſikaliſchen Leiſtungen behaupten,<lb/> neben Muſeum, Cäcilien-Verein ꝛc., die Welff’ſchen Quartette auch dieß-<lb/> mal ihre ehrenvolle Stellung. Die Theilnahme für dieſelben zeigte ſich<lb/> ſo lebendig daß auf vielſeitigen Wunſch demnächſt ein zweiter Cyclus für<lb/> dieſen Winter eröffnet wird. — Durch das anhaltende Thau- und Regen-<lb/> wetter welches die Eismaſſen zum Schmelzen brachte, iſt heute der Main<lb/> über ſeine Ufer getrieben worden, ſo daß der untere Mainkai und die<lb/> anliegenden Straßen, ſowie die Main-Inſeln auf der Sachſenhäuſer Seite,<lb/> unter Waſſer ſtehen. Gegenwärtig (6 Uhr Abends) iſt die Waſſerhöhe<lb/> 14 Fuß, und noch kein Sinken bemerkbar.</p> </div> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p>In der <hi rendition="#g">Deutſchen Zeitung</hi> finden wir über die Verhandlungen<lb/> unter den vier königlichen Cabinetten über eine Verfaſſung für Deutſch-<lb/> land folgende intereſſante Andeutungen: Sachſen und Hannover hatten<lb/> bei den in München ſchwebenden Verhandlungen den Entwurf vom<lb/> 28 Mai 1849 zu Grund legen wollen; Württemberg aber erklärte auf<lb/> dieſer Grundlage nicht verhandeln zu können. Nun kam die bayeriſche<lb/> Aufſtellung an die Reihe, deren Grundzüge allmählich an die Oeffent-<lb/> lichkeit gelangen. Die Bundesregierung, ohne Miniſterium, ſoll durch<lb/> ſieben von Inſtructionen abhängige Bevollmächtigte von Oeſterreich,<lb/> Preußen, Bayern, Württemberg, Sachſen und beiden Heſſen geführt<lb/> werden. (Beide Heſſen ſind, wie Hr. v. Bl. (*‖*) meint, darum den<lb/> Königen beigeſellt um ſie von dem Bundesſtaat abzuziehen.) Jeder von<lb/> dieſen ſieben Einzel- (beziehungsweiſe Collectiv-) Staaten ſoll das Recht<lb/> der Repräſentation im Ausland haben; ihre Repräſentanten ſind aber<lb/> den diplomatiſchen Agenten der Bundesregierung untergeordnet, wenn<lb/> dieſe von ihrem Geſandtſchaftsrecht Gebrauch macht. (Hier ſetzt die Deut-<lb/> ſche Ztg. bei: „Sie wird dieß natürlich unterlaſſen, wie der Bundestag<lb/> es unterließ, weil es unmöglich iſt, eine öſterreichiſch-preußiſch-bayeriſche<lb/> u. ſ. w. Politik zu erfinden, und weil, wenn dieß möglich wäre und Ge-<lb/> ſandte gefunden werden könnten die ſie begriffen, doch weder Oeſterreich<lb/> noch Preußen ſich derſelben unterwerfen würden.“) Das Volkshaus ſoll<lb/> durch die Ständeverſammlungen der einzelnen Staaten gewählt und von<lb/> Oeſterreich mit 100, von Preußen mit 100, von dem übrigen Deutſchland<lb/> ebenfalls mit 100 Mitgliedern beſchickt werden. Das Staatenhaus würde<lb/> aus 70 Bevollmächtigten der Regierungen gebildet, welche an Inſtruc-<lb/> tionen gebunden ſind und abberufen werden können. In dieſem Staaten-<lb/> haus ſollen die Staaten welche in der Bundesregierung nicht ver-<lb/> treten ſind, die Mehrheit haben. In Bezug auf die Finanzen und<lb/> die Geſetzgebung ſoll die Bundesregierung, welche mit nicht ſehr<lb/> weiten Befugniſſen ausgeſtattet würde, an die Beſchlüſſe des Par-<lb/> laments gebunden ſeyn. Sie ernennt auch die Mitglieder des Reichs-<lb/> gerichts, 3 für jede Stimme, alſo 21. Zu den ſtreitigen Fragen<lb/> gehört eben das Staatenhaus, in welchem Bayern den Standes-<lb/> herren Curiatſtimmen einräumen will, was aber auf Widerſpruch<lb/> ſtößt. Ferner will Bayern die Bundesregierung als einen Ausſchuß aus<lb/> dem Staatenhauſe hervorgehen laſſen, während Hannover dieſelbe als<lb/> einen beſondern Körper hinſtellt. Die öſterreichiſche Frage ſpielt bei den<lb/> Verhandlungen eine Hauptrolle. Nach dem bayeriſchen Vorſchlag würde<lb/> Oeſterreich nur mit ſeinem früheren Bundesgebiet eintreten; allein<lb/> Oeſterreich kann und will dieß nicht, ſondern verlangt die Aufnahme der<lb/> Geſammtmonarchie, mit alleiniger Ausnahme des lombardiſch-venetiani-<lb/> ſchen Königreichs. Hannover und Sachſen haben das Auskunftsmittel<lb/> vorgeſchlagen es möge einer Verſtändigung zwiſchen Preußen und Oeſter-<lb/> reich die Entſcheidung der Frage überlaſſen bleiben, mit welchen Gebiets-<lb/> theilen letzteres in den Bund eintreten ſoll. Ob viel oder wenig, in je-<lb/> dem Fall bleiben ihm die 100 Mitglieder im Volkshauſe, und es wird<lb/> ihm überlaſſen die Wahlen durch ſeinen Reichstag oder durch ſeine Ein-<lb/> zellandtage vorzunehmen. Die Verhandlungen mit Preußen über dieſen<lb/> Verfaſſungsentwurf ſind bis jetzt noch nicht eingeleitet, weil weder die<lb/> vier Könige noch Oeſterreich die Initiative ergreifen wollen, und man<lb/> vernimmt daher daß man ſich jetzt mit dem Gedanken trage die vier kö-<lb/> niglichen Cabinette ſollten die Bundes-Centralcommiſſion mit dem Erſu-<lb/> chen angehen die Regierungen zur Reviſion der Bundesacte aufzufordern,<lb/> welche mit einer auf den Grund eines zu octropirenden Wahlgeſetzes ge-<lb/> bildeten, aus zwei Kammern beſtehenden Nationalverſammlung zu ver-<lb/> einbaren wäre.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Bayern.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>‖<hi rendition="#b">München.</hi></dateline> <argument> <p>(Beſchluß der Verhandlungen der Kam-<lb/> mer der Reichsräthe über die Gerichtsverfaſſung.)</p> </argument> <p>Nach allem dem was<lb/><cb/> hier geſagt und auch in kürzeren Berichten dieſer Blätter bereits mit-<lb/> getheilt wurde, iſt es nicht nöthig die ſpeciellen Beſchlüſſe des Ausſchuſſes<lb/> oder die allgemeine Discuſſion der Reichsrathsſitzung vom 16 d. weitläuf-<lb/> tig vorzuführen, ſondern es wird um ſo mehr genügen die Ergebniſſe der<lb/> ſpeciellen Berathung mitzutheilen, als das Miniſterium denſelben keinen<lb/> entſchiedenen Widerſpruch entgegenſetzte, und dieſelben hoffentlich bald der<lb/> Berathung der zweiten Kammer unterſtellt werden. Hienach beſtimmt<lb/> das Geſetz im weſentlichen: die erſte Abtheilung von der Beſtellung der<lb/> Gerichte creirt: das <hi rendition="#g">Bezirksgericht</hi> als Einzelgericht mit einem erſten<lb/> und zweiten Bezirksrichter und einem oder mehreren Adjuncten; ferner<lb/> drei Collegialgerichte, nämlich 1) das <hi rendition="#g">Landgericht,</hi> beſtehend aus einem<lb/> Director, der nöthigen Anzahl Räthe und Secretäre nebſt einem erſten<lb/> und zweiten Staatsanwalt; 3) das <hi rendition="#g">Kreisgericht,</hi> mit einem Präſiden-<lb/> ten, einem Director, den erforderlichen Räthen und Secretären, einem<lb/> Generalſtaatsanwalt und einem Staatsanwalt; 3) das <hi rendition="#g">Oberlandes-<lb/> gericht,</hi> mit einem Präſidenten, der erforderlichen Zahl von Directoren,<lb/> Räthen und Secretären, dann einem Generalſtaatsanwalt und der nöthigen<lb/> Zahl Staatsanwälte. Die Beſtimmungen über Zahl, Sprengel und Sitz<lb/> der Gerichte werden im Verordnungswege getroffen. Entſcheidet ein<lb/> Land- oder Kreisgericht als Handelsgericht, ſo ſollen Beiſitzer aus dem<lb/> Handelsſtande beigezogen werden. Für die Stadt Nürnberg wird das bis-<lb/> herige Mercantil-, Friedens- und Schiedsgericht beibehalten, auch in an-<lb/> dern Städten können ſolche Gerichte auf Antrag der betreffenden Han-<lb/> delsinnungen errichtet werden. Die zweite Abtheilung ſetzt den Wir-<lb/> kungskreis der Bezirksgerichte feſt; dieſelben haben in allen Fällen das<lb/> Vermittlungsamt, auch in denjenigen deren Aburtheilung nicht in ihrer Com-<lb/> petenz liegt, wenn der Kläger, bevor zur Klage beim Landgericht geſchritten<lb/> wird, die Vermittlung anruft. In bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten er-<lb/> ſtreckt ſich die Zuſtändigkeit des Bezirksrichters auf alle Klagen, welche in<lb/> der Hauptſache nicht über 200 fl. an Geld oder Geldeswerth betragen,<lb/> Wechſel- und Handelsſachen ausgenommen; dann ohne Rückſicht auf den<lb/> Werth des Streitgegenſtandes Streitigkeiten des gewöhnlichen Lebens<lb/> wie z. B. zwiſchen Meiſtern und Geſellen, Vermiethern und Miethern,<lb/> Dienſtherren und Dienſtboten, Reiſenden und Wirthen, dann die Klagen<lb/> über Ehrenverletzung, die Entſcheidung über Paternität u. dgl., Klagen<lb/> wegen Minderung des Werthes eines hypothekariſirten Objectes, Strei-<lb/> tigkeiten in Ewiggeldfachen, Klagen wegen Wildſchaden, dann alle die<lb/> nachbarlichen Differenzen als: Verrückung der Markſteine, Beſchädigungen<lb/> an Einfriedungen, Waſſerleitungen u. ſ. f., und endlich noch die Streitig-<lb/> keiten über Expropriationen. Mit Uebereinſtimmung der Parteien kann<lb/> jede Streitſache die auch außer ſeiner Competenz liegt, vor den Bezirksrichter<lb/> gebracht werden, mit Ausnahme der vor die Ehegerichte gehörigen Fälle.<lb/> Dem erſten Bezirksrichter ſteht die Aburtheilung derjenigen Uebertretun-<lb/> gen zu welche weder Verbrechen noch Vergehen ſind. In Criminal-<lb/> ſachen hat der Bezirksrichter Anzeigen anzunehmen und dem Staats-<lb/> anwalt des betreffenden Landgerichts anzuzeigen, für unverrückte Erhal-<lb/> tung der Spuren eines Verbrechens zu ſorgen, die Verfolgung des Thä-<lb/> ters zu betreiben, im Fall der Unterſuchungsrichter zu weit entfernt und<lb/> Gefahr auf dem Verzuge iſt, ſelbſt den Beſtand zu conſtatiren und dem<lb/> Staatsanwalt darüber zu berichten. Der zweite Bezirksrichter erhält<lb/> das Hypotheken-, Vormundſchafts- und Curatelweſen ſowie dieß bisher<lb/> zu den Untergerichten reſſortirte, dann die Geſchäfte der nichtſtreitigen<lb/> Gerichtsbarkeit, welche einer gerichtlichen Prüfung oder Beſtätigung bedür-<lb/> fen, die Ausſcheidung dieſer Geſchäfte von denen der Notare beſtimmt das<lb/> Notariatsgeſetz. Das <hi rendition="#g">Landgericht</hi> entſcheidet in den Fällen welche zur<lb/> Competenz des Bezirksrichters gehören als zweite, in den andern als<lb/> erſte Inſtanz. In jedem Kreiſe wird durch Verordnung die entſprechende<lb/> Anzahl Landgerichte beſtimmt, welche an die Stelle der bisherigen Wech-<lb/> ſel- und Mercantilgerichte treten, mit der oben angeführten Ausnahme der<lb/> Stadt Nürnberg. Ueber die von dem Bezirksgerichte abgeurtheilten<lb/> Uebertretungen ſprechen die Landgerichte in zweiter und letzter Inſtanz.<lb/> Das Kreisgericht ernennt aus den Landgerichtsräthen die nöthige Anzahl<lb/> von ſtändigen Unterſuchungsrichtern, welche das Recht haben nach zwei<lb/> Jahren die Enthebung von dieſer Function anzuſprechen. Unterſuchungs-<lb/> handlungen außer dem Landgerichtsſitze ſollen nur in beſonderen Fällen<lb/> vom Unterſuchungsrichter ſelbſt, in der Regel auf deſſen Requiſition vom<lb/> einſchlägigen Bezirksrichter vorgenommen werden. Der Senat des Land-<lb/> gerichts beſteht aus drei und in Verbrechensſachen aus fünf Mitgliedern;<lb/> in Handels- und Mercantilſachen werden zwei techniſche Beiſitzer beigezo-<lb/> gen, welche gleiches Stimmrecht mit den Räthen haben; ſollte ausnahms-<lb/> weiſe die zur Aburtheilung eines Verbrechens nöthige Anzahl von Räthen<lb/> nicht vorhanden ſeyn, ſo können die im Landgerichtsſitz wohnenden Be-<lb/> zirksrichter beigezogen werden. Der Director führt den Vorſitz in den<lb/> Senaten, fertigt die Decrete aus u. ſ. w. Die <hi rendition="#g">Kreisgerichte</hi> treten in<lb/> den Wirkungskreis der bisherigen Appellationsgerichte. Sie ſind für die<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [578/0002]
Privatluſtbarkeiten. Das Theater hat die ſeit zehn Jahren gleichſam verpönt
geweſenen Maskenbälle wieder in Aufnahme gebracht, und ſcheint ſeine
Rechnung dabei zu finden. Das Bühnenreportoire brachte manches neue
in Schauſpiel ſowohl als Oper. Wir erwähnen u. a. die Oper unſers
Theatercapellmeiſters Schindelmeißer, die (bis jetzt in vier Aufführungen)
bei dem Publicum ſehr günſtige Aufnahme fand, und auch von der
Kritik anerkennend beſprochen wird. Demnächſt ſoll Meyerbeers „Pro-
phet“ in Scene gehen. Unter den muſikaliſchen Leiſtungen behaupten,
neben Muſeum, Cäcilien-Verein ꝛc., die Welff’ſchen Quartette auch dieß-
mal ihre ehrenvolle Stellung. Die Theilnahme für dieſelben zeigte ſich
ſo lebendig daß auf vielſeitigen Wunſch demnächſt ein zweiter Cyclus für
dieſen Winter eröffnet wird. — Durch das anhaltende Thau- und Regen-
wetter welches die Eismaſſen zum Schmelzen brachte, iſt heute der Main
über ſeine Ufer getrieben worden, ſo daß der untere Mainkai und die
anliegenden Straßen, ſowie die Main-Inſeln auf der Sachſenhäuſer Seite,
unter Waſſer ſtehen. Gegenwärtig (6 Uhr Abends) iſt die Waſſerhöhe
14 Fuß, und noch kein Sinken bemerkbar.
In der Deutſchen Zeitung finden wir über die Verhandlungen
unter den vier königlichen Cabinetten über eine Verfaſſung für Deutſch-
land folgende intereſſante Andeutungen: Sachſen und Hannover hatten
bei den in München ſchwebenden Verhandlungen den Entwurf vom
28 Mai 1849 zu Grund legen wollen; Württemberg aber erklärte auf
dieſer Grundlage nicht verhandeln zu können. Nun kam die bayeriſche
Aufſtellung an die Reihe, deren Grundzüge allmählich an die Oeffent-
lichkeit gelangen. Die Bundesregierung, ohne Miniſterium, ſoll durch
ſieben von Inſtructionen abhängige Bevollmächtigte von Oeſterreich,
Preußen, Bayern, Württemberg, Sachſen und beiden Heſſen geführt
werden. (Beide Heſſen ſind, wie Hr. v. Bl. (*‖*) meint, darum den
Königen beigeſellt um ſie von dem Bundesſtaat abzuziehen.) Jeder von
dieſen ſieben Einzel- (beziehungsweiſe Collectiv-) Staaten ſoll das Recht
der Repräſentation im Ausland haben; ihre Repräſentanten ſind aber
den diplomatiſchen Agenten der Bundesregierung untergeordnet, wenn
dieſe von ihrem Geſandtſchaftsrecht Gebrauch macht. (Hier ſetzt die Deut-
ſche Ztg. bei: „Sie wird dieß natürlich unterlaſſen, wie der Bundestag
es unterließ, weil es unmöglich iſt, eine öſterreichiſch-preußiſch-bayeriſche
u. ſ. w. Politik zu erfinden, und weil, wenn dieß möglich wäre und Ge-
ſandte gefunden werden könnten die ſie begriffen, doch weder Oeſterreich
noch Preußen ſich derſelben unterwerfen würden.“) Das Volkshaus ſoll
durch die Ständeverſammlungen der einzelnen Staaten gewählt und von
Oeſterreich mit 100, von Preußen mit 100, von dem übrigen Deutſchland
ebenfalls mit 100 Mitgliedern beſchickt werden. Das Staatenhaus würde
aus 70 Bevollmächtigten der Regierungen gebildet, welche an Inſtruc-
tionen gebunden ſind und abberufen werden können. In dieſem Staaten-
haus ſollen die Staaten welche in der Bundesregierung nicht ver-
treten ſind, die Mehrheit haben. In Bezug auf die Finanzen und
die Geſetzgebung ſoll die Bundesregierung, welche mit nicht ſehr
weiten Befugniſſen ausgeſtattet würde, an die Beſchlüſſe des Par-
laments gebunden ſeyn. Sie ernennt auch die Mitglieder des Reichs-
gerichts, 3 für jede Stimme, alſo 21. Zu den ſtreitigen Fragen
gehört eben das Staatenhaus, in welchem Bayern den Standes-
herren Curiatſtimmen einräumen will, was aber auf Widerſpruch
ſtößt. Ferner will Bayern die Bundesregierung als einen Ausſchuß aus
dem Staatenhauſe hervorgehen laſſen, während Hannover dieſelbe als
einen beſondern Körper hinſtellt. Die öſterreichiſche Frage ſpielt bei den
Verhandlungen eine Hauptrolle. Nach dem bayeriſchen Vorſchlag würde
Oeſterreich nur mit ſeinem früheren Bundesgebiet eintreten; allein
Oeſterreich kann und will dieß nicht, ſondern verlangt die Aufnahme der
Geſammtmonarchie, mit alleiniger Ausnahme des lombardiſch-venetiani-
ſchen Königreichs. Hannover und Sachſen haben das Auskunftsmittel
vorgeſchlagen es möge einer Verſtändigung zwiſchen Preußen und Oeſter-
reich die Entſcheidung der Frage überlaſſen bleiben, mit welchen Gebiets-
theilen letzteres in den Bund eintreten ſoll. Ob viel oder wenig, in je-
dem Fall bleiben ihm die 100 Mitglieder im Volkshauſe, und es wird
ihm überlaſſen die Wahlen durch ſeinen Reichstag oder durch ſeine Ein-
zellandtage vorzunehmen. Die Verhandlungen mit Preußen über dieſen
Verfaſſungsentwurf ſind bis jetzt noch nicht eingeleitet, weil weder die
vier Könige noch Oeſterreich die Initiative ergreifen wollen, und man
vernimmt daher daß man ſich jetzt mit dem Gedanken trage die vier kö-
niglichen Cabinette ſollten die Bundes-Centralcommiſſion mit dem Erſu-
chen angehen die Regierungen zur Reviſion der Bundesacte aufzufordern,
welche mit einer auf den Grund eines zu octropirenden Wahlgeſetzes ge-
bildeten, aus zwei Kammern beſtehenden Nationalverſammlung zu ver-
einbaren wäre.
Bayern.
‖München. (Beſchluß der Verhandlungen der Kam-
mer der Reichsräthe über die Gerichtsverfaſſung.)
Nach allem dem was
hier geſagt und auch in kürzeren Berichten dieſer Blätter bereits mit-
getheilt wurde, iſt es nicht nöthig die ſpeciellen Beſchlüſſe des Ausſchuſſes
oder die allgemeine Discuſſion der Reichsrathsſitzung vom 16 d. weitläuf-
tig vorzuführen, ſondern es wird um ſo mehr genügen die Ergebniſſe der
ſpeciellen Berathung mitzutheilen, als das Miniſterium denſelben keinen
entſchiedenen Widerſpruch entgegenſetzte, und dieſelben hoffentlich bald der
Berathung der zweiten Kammer unterſtellt werden. Hienach beſtimmt
das Geſetz im weſentlichen: die erſte Abtheilung von der Beſtellung der
Gerichte creirt: das Bezirksgericht als Einzelgericht mit einem erſten
und zweiten Bezirksrichter und einem oder mehreren Adjuncten; ferner
drei Collegialgerichte, nämlich 1) das Landgericht, beſtehend aus einem
Director, der nöthigen Anzahl Räthe und Secretäre nebſt einem erſten
und zweiten Staatsanwalt; 3) das Kreisgericht, mit einem Präſiden-
ten, einem Director, den erforderlichen Räthen und Secretären, einem
Generalſtaatsanwalt und einem Staatsanwalt; 3) das Oberlandes-
gericht, mit einem Präſidenten, der erforderlichen Zahl von Directoren,
Räthen und Secretären, dann einem Generalſtaatsanwalt und der nöthigen
Zahl Staatsanwälte. Die Beſtimmungen über Zahl, Sprengel und Sitz
der Gerichte werden im Verordnungswege getroffen. Entſcheidet ein
Land- oder Kreisgericht als Handelsgericht, ſo ſollen Beiſitzer aus dem
Handelsſtande beigezogen werden. Für die Stadt Nürnberg wird das bis-
herige Mercantil-, Friedens- und Schiedsgericht beibehalten, auch in an-
dern Städten können ſolche Gerichte auf Antrag der betreffenden Han-
delsinnungen errichtet werden. Die zweite Abtheilung ſetzt den Wir-
kungskreis der Bezirksgerichte feſt; dieſelben haben in allen Fällen das
Vermittlungsamt, auch in denjenigen deren Aburtheilung nicht in ihrer Com-
petenz liegt, wenn der Kläger, bevor zur Klage beim Landgericht geſchritten
wird, die Vermittlung anruft. In bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten er-
ſtreckt ſich die Zuſtändigkeit des Bezirksrichters auf alle Klagen, welche in
der Hauptſache nicht über 200 fl. an Geld oder Geldeswerth betragen,
Wechſel- und Handelsſachen ausgenommen; dann ohne Rückſicht auf den
Werth des Streitgegenſtandes Streitigkeiten des gewöhnlichen Lebens
wie z. B. zwiſchen Meiſtern und Geſellen, Vermiethern und Miethern,
Dienſtherren und Dienſtboten, Reiſenden und Wirthen, dann die Klagen
über Ehrenverletzung, die Entſcheidung über Paternität u. dgl., Klagen
wegen Minderung des Werthes eines hypothekariſirten Objectes, Strei-
tigkeiten in Ewiggeldfachen, Klagen wegen Wildſchaden, dann alle die
nachbarlichen Differenzen als: Verrückung der Markſteine, Beſchädigungen
an Einfriedungen, Waſſerleitungen u. ſ. f., und endlich noch die Streitig-
keiten über Expropriationen. Mit Uebereinſtimmung der Parteien kann
jede Streitſache die auch außer ſeiner Competenz liegt, vor den Bezirksrichter
gebracht werden, mit Ausnahme der vor die Ehegerichte gehörigen Fälle.
Dem erſten Bezirksrichter ſteht die Aburtheilung derjenigen Uebertretun-
gen zu welche weder Verbrechen noch Vergehen ſind. In Criminal-
ſachen hat der Bezirksrichter Anzeigen anzunehmen und dem Staats-
anwalt des betreffenden Landgerichts anzuzeigen, für unverrückte Erhal-
tung der Spuren eines Verbrechens zu ſorgen, die Verfolgung des Thä-
ters zu betreiben, im Fall der Unterſuchungsrichter zu weit entfernt und
Gefahr auf dem Verzuge iſt, ſelbſt den Beſtand zu conſtatiren und dem
Staatsanwalt darüber zu berichten. Der zweite Bezirksrichter erhält
das Hypotheken-, Vormundſchafts- und Curatelweſen ſowie dieß bisher
zu den Untergerichten reſſortirte, dann die Geſchäfte der nichtſtreitigen
Gerichtsbarkeit, welche einer gerichtlichen Prüfung oder Beſtätigung bedür-
fen, die Ausſcheidung dieſer Geſchäfte von denen der Notare beſtimmt das
Notariatsgeſetz. Das Landgericht entſcheidet in den Fällen welche zur
Competenz des Bezirksrichters gehören als zweite, in den andern als
erſte Inſtanz. In jedem Kreiſe wird durch Verordnung die entſprechende
Anzahl Landgerichte beſtimmt, welche an die Stelle der bisherigen Wech-
ſel- und Mercantilgerichte treten, mit der oben angeführten Ausnahme der
Stadt Nürnberg. Ueber die von dem Bezirksgerichte abgeurtheilten
Uebertretungen ſprechen die Landgerichte in zweiter und letzter Inſtanz.
Das Kreisgericht ernennt aus den Landgerichtsräthen die nöthige Anzahl
von ſtändigen Unterſuchungsrichtern, welche das Recht haben nach zwei
Jahren die Enthebung von dieſer Function anzuſprechen. Unterſuchungs-
handlungen außer dem Landgerichtsſitze ſollen nur in beſonderen Fällen
vom Unterſuchungsrichter ſelbſt, in der Regel auf deſſen Requiſition vom
einſchlägigen Bezirksrichter vorgenommen werden. Der Senat des Land-
gerichts beſteht aus drei und in Verbrechensſachen aus fünf Mitgliedern;
in Handels- und Mercantilſachen werden zwei techniſche Beiſitzer beigezo-
gen, welche gleiches Stimmrecht mit den Räthen haben; ſollte ausnahms-
weiſe die zur Aburtheilung eines Verbrechens nöthige Anzahl von Räthen
nicht vorhanden ſeyn, ſo können die im Landgerichtsſitz wohnenden Be-
zirksrichter beigezogen werden. Der Director führt den Vorſitz in den
Senaten, fertigt die Decrete aus u. ſ. w. Die Kreisgerichte treten in
den Wirkungskreis der bisherigen Appellationsgerichte. Sie ſind für die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |