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Allgemeine Zeitung, Nr. 34, 22. August 1914.

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[Spaltenumbruch] fen Charakter annehmen sollte, so trifft Rußland dafür allein die
Verantwortung."


Aus Konstantinopel, 19. August, wird dem WTB.
telegraphiert: Wie "Ikdam" erfährt, gewinnt der Aufstand im
Kaukasus gegen Rußland an Ausdehnung. Die Aufständischen
sprengten eine Brücke über den Araxesfluß an der einzigen Eisen-
bahnlinie, die Rußland mit Persien verbindet. Die russischen
Truppen fliehen mit den Waffen und dem Gepäck an die türkische
Grenze. Vorgestern überschritt eine große Zahl von Soldaten die
Grenze, um auf türkisches Gebiet zu flüchten. Die Preise für die
Lebensmittel im Kaukasus sind auf das Vierfache gestiegen. Es
wird immer schwieriger, den Aufstand zu unterdrücken.



England.

Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt unter der
Ueberschrift "Englische Preßlügen gegen Deutsch-
land
": Der Leiter der großen amerikanischen Zeitungsverbindung,
der Associated Preß in Newyork, Melville Stone, richtete unter dem
14. August an den Reichskanzler folgendes Telegramm:

"Exzellenz! Da die englische Regierung täglich Preßberichte
über den Fortgang des Krieges ausgibt, würden uns ähnliche
Verlautbarungen von der deutschen Regierung sehr angenehm
sein."

Der Reichskanzler antwortete darauf:

"Deutschland ist vom internationalen Nachrichtenverkehr ab-
geschnitten und kann sich gegen die Lügen nicht verteidigen. Es
vertraut, durch Taten die Falschheit seiner Feinde zu erweisen
und dankt jedem, der die Wahrheit verbreiten hilft."


Vom österreichischen Kriegsschauplatz.

Der Kaiser von Oesterreich, der bis zum letzten Augen-
blick eine kaum dagewesene Langmut besessen hat, um die Kriegs-
gefahr solange als möglich hinauszuschieben, feierte am 18. ds.
seinen 84. Geburtstag und sieht sich von allen Seiten von Frie-
densstörern umgeben. Die Nordd. Allgem. Ztg. widmete ihm zu
diesem Tage nachstehende Zeilen:

"Schweres Leid hat dieser Zeitabschnitt dem ehrwürdigen Herr-
scher gebracht. Durch ruchlose Hand wurden der nächste Thronerbe
und dessen Gemahlin dem Leben entrissen. Unter dem Zwange der
Notwendigkeit, für die Sicherheit des österreichisch-ungarischen
Reiches gegen die fortdauernden feindlichen Anschläge vom serbischen
Boden Bürgschaften zu schaffen, hat der greise Monarch, dessen
Friedensliebe selbst die schlimmsten Schmäher nicht bestreiten könn-
ten, zu den Waffen greifen müssen. Nicht nur die berechtigte, son-
dern die notwendige Abwehr sollte den Mächten des Dreiverbandes
zum Vorwand dienen, um einen Weltbrand zu entfesseln. In all
den Tagen des Leides und in den Stunden ernstester Entschließun-
gen wird es dem Kaiser und König Franz Joseph ein erhebender
Trost gewesen sein, seine Völker ohne Unterschied des Stammes sein
Leid einmütig mittragen und nun sie ebenso einmütig und in treu-
ester Hingabe in den Krieg ziehen zu sehen. Sie wissen, daß ihr
Herrscher das Schwert zog, um das Gemeinwohl aller Glieder der
habsburgischen Monarchie zu schützen, und sie werden ihre Pflicht
tun. Auch in Deutschland gedenkt man in diesen Tagen mit be-
sonderer Innigkeit des ehrwürdigen Monarchen, der, mit unserem
Kaiser in unverbrüchlicher Bundestreue verknüpft, einen gerechten
Kampf kämpft, der zum Siege führen wird. Das ist unsere feste
Zuversicht."


Vom österreichisch-russischen Kriegsschauplatz meldet das Woff-
sche Telegraphenbureau:

"Die österreichisch-ungarischen Truppen sind in Russisch-Polen
weiter vorgerückt. Ungefähr 700 russische Deserteure wurden nach
Linz, Salzburg und Innsbruck gebracht. Bezeichnend für den
Geist der österreichisch-ungarischen Truppen ist die Tatsache, daß ein
in Gefangenschaft geratener Husar am nächsten Tage auf einem
Kosakenpferde zu seiner Abteilung einrückte. -- Im Norden setzen
die österreichisch-ungarischen Truppen ihre Vorwärtsbewegung im
Raume westlich der Weichsel fort und sind auch östlich des Flusses
bereits im Vordringen begriffen."

Neuerdings haben die Oesterreicher Schabatz genommen.

Schabatz oder Sabac (12,000 Einwohner) liegt an der Mündung
des Kamitschak in die Save, die hier die serbische Nordgrenze gegen
Ungarn bildet. Vor der Stadt befindet sich eine kleine Befestigung.
[Spaltenumbruch] Es ist Sitz eines Zollamts und Untergymnasiums sowie eines
Bischofs. Seine Hauptbedeutung liegt im Handel mit einheimischen
Produkten. Die Nachricht bedeutet den Anfang der österreichisch-
ungarischen Offensive gegen Serbien. Die Möglichkeit, schon nach
17 Tagen unter den gewiß nicht leichten Verhältnissen, wie sie an
der Grenze von Serbien sind, die Operationen aufzunehmen und
dem Feinde entgegenzurücken, ist eine erstaunliche Leistung, die
nicht genug anerkannt werden kann.

Noch bedeutender scheinen die Erfolge unserer östereichischen
Bundesgenossen gegen Serbien gewesen zu sein:

Die österreichisch-ungarischen Truppen haben am 14. ds. Mts.
nach heftigen Kämpfen den Feind aus einer seit langer Zeit be-
festigten Stellung auf den östlichen Uferhöhen der Drina in der
Nähe von Loznica und Ljesnica geworfen. Dort sowohl wie bei
Sabac wurden am Nachmittag des 14. und in der Nacht zum 15.
August zahlreiche mit großer Tapferkeit geführte Gegenangriffe der
Serben abgewiesen. Am 15. August setzten die österreichisch-ungari-
schen Truppen ihre Vorwärtsbewegung fort. Die Verluste der
Serben sind schwer, auch die österreichisch-ungarischen sind nicht un-
beträchtlich. Einzelheiten darüber fehlen noch. Montenegrinische
Streitkräfte, die in das Gebiet Oesterreich-Ungarns einzudringen
versuchten, wurden allenthalben zurückgeworfen.




Die Reichspost meldet aus Semlin:

"Am Dienstag nachmittag 3 Uhr verbreitete sich die Nachricht, daß
die österreichischen Truppen bei Progra, 23 Kilometer westlich von
Semlin, die Save überschritten hätten und auf serbisches Gebiet
eingedrungen seien. Um 5 Uhr nachmittags wurde in Semlin be-
kannt, daß die österreichischen Truppen die serbische Stadt
Obrenowatsch eingenommen haben. Gestern nacht wollte eine
serbische Komitatschibande bei der Insel Ciganlija unterhalb Sem-
lins bei dem Dorfe Gezanija auf das ungarische Ufer gelangen,
wurde jedoch von unseren Truppen zurückgewiesen und erlitt
schwere Verluste."


Und unterm 17. ds. Mts. meldet das Wolffsche Telegraphen-
bureau vom montenegrinischen Kriegsschauplatz:

"Die montenegrinischen Truppen kämpfen seit zwei Tagen in
der Umgebung des Berges Lisanitz in der Gegend von Grahovo
gegen bedeutende österreichische Streitkräfte. Die Verluste der
Montenegriner in diesem Kampfe betragen bisher 45 Tote und
Verwundete. Das 16. österreichische Armeekorps greift die West-
grenze von Montenegro auf der Linie Krivaja--Grahovo an; das
15. österreichische Korps marschiert auf der Linie Cernica--Gacko.
Die österreichische Flotte bombardiert die montenegrinischen Stel-
lungen auf dem Berg Lovcen."


Auch Oesterreich hat über russische Gewaltakte zu klagen.
Auf dem Umwege über das Berliner Wolffsche Telegraphenbureau
erfährt man, daß im österreichischen Ministerium des Aeußern
durch die amerikanische Botschaft folgende Tatsache zur Kenntnis
gebracht worden ist: Am 13. August wurde der österreichisch-ungari-
sche Vizekonsul Hoffinger, der von dem österr.-ungar. Botschafter
zum Schutz des diplomatischen Archivs in Petersburg zurückgelassen
worden war und für dessen Sicherheit das russische Ministerium
des Aeußern ausdrücklich garantierte, als Kriegsgefangener ver-
haftet. Der Protest, den die amerikanische Botschaft, die bekannt-
lich in Rußland den Schutz der österreichisch-ungarischen Interessen
für die Dauer des Krieges übernommen hat, gegen diesen eklatan-
ten Bruch des Völkerrechts einlegte, blieb erfolglos. Die öster-
reichisch-ungarische Regierung sah sich veranlaßt, diesem russischen
Gewaltakt, dem übrigens bereits die willkürliche Verhaftung des
Botschaftskanzleibeamten Loster vorangegangen war, mit der völ-
kerrechtlichen Waffe der Repressalie zu bekämpfen, und verfügte
daher noch heute die Gefangennahme des russischen Kanzleibeamten
Stolkowsky, dem die diplomatischen Archive der hiesigen Botschaft
anvertraut sind, des russischen Botschaftsgeistlichen Jakubowsky und
des sich gegenwärtig in Budapest aufhaltenden russischen Konsuls
in Serajewo, von Igelström," Es ist begreiflich, daß sich Oester-
reich zu solchen Repressalien veranlaßt fühlt.

Sowohl England wie Frankreich haben inzwischen auch Oester-
reich den Krieg erklärt. Die englische Kriegserklärung erfolgte in
folgender Form: Der großbritannische Botschafter Bunsen erschien
im Ministerium des Aeußern, um zu erklären, daß sich Frankreich
als im Kriegszustand mit Oesterreich-Ungarn befindlich betrachte,

22. Auguſt 1914. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] fen Charakter annehmen ſollte, ſo trifft Rußland dafür allein die
Verantwortung.“


Aus Konſtantinopel, 19. Auguſt, wird dem WTB.
telegraphiert: Wie „Ikdam“ erfährt, gewinnt der Aufſtand im
Kaukaſus gegen Rußland an Ausdehnung. Die Aufſtändiſchen
ſprengten eine Brücke über den Araxesfluß an der einzigen Eiſen-
bahnlinie, die Rußland mit Perſien verbindet. Die ruſſiſchen
Truppen fliehen mit den Waffen und dem Gepäck an die türkiſche
Grenze. Vorgeſtern überſchritt eine große Zahl von Soldaten die
Grenze, um auf türkiſches Gebiet zu flüchten. Die Preiſe für die
Lebensmittel im Kaukaſus ſind auf das Vierfache geſtiegen. Es
wird immer ſchwieriger, den Aufſtand zu unterdrücken.



England.

Die „Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ ſchreibt unter der
Ueberſchrift „Engliſche Preßlügen gegen Deutſch-
land
“: Der Leiter der großen amerikaniſchen Zeitungsverbindung,
der Aſſociated Preß in Newyork, Melville Stone, richtete unter dem
14. Auguſt an den Reichskanzler folgendes Telegramm:

„Exzellenz! Da die engliſche Regierung täglich Preßberichte
über den Fortgang des Krieges ausgibt, würden uns ähnliche
Verlautbarungen von der deutſchen Regierung ſehr angenehm
ſein.“

Der Reichskanzler antwortete darauf:

„Deutſchland iſt vom internationalen Nachrichtenverkehr ab-
geſchnitten und kann ſich gegen die Lügen nicht verteidigen. Es
vertraut, durch Taten die Falſchheit ſeiner Feinde zu erweiſen
und dankt jedem, der die Wahrheit verbreiten hilft.“


Vom öſterreichiſchen Kriegsſchauplatz.

Der Kaiſer von Oeſterreich, der bis zum letzten Augen-
blick eine kaum dageweſene Langmut beſeſſen hat, um die Kriegs-
gefahr ſolange als möglich hinauszuſchieben, feierte am 18. ds.
ſeinen 84. Geburtstag und ſieht ſich von allen Seiten von Frie-
densſtörern umgeben. Die Nordd. Allgem. Ztg. widmete ihm zu
dieſem Tage nachſtehende Zeilen:

„Schweres Leid hat dieſer Zeitabſchnitt dem ehrwürdigen Herr-
ſcher gebracht. Durch ruchloſe Hand wurden der nächſte Thronerbe
und deſſen Gemahlin dem Leben entriſſen. Unter dem Zwange der
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Reiches gegen die fortdauernden feindlichen Anſchläge vom ſerbiſchen
Boden Bürgſchaften zu ſchaffen, hat der greiſe Monarch, deſſen
Friedensliebe ſelbſt die ſchlimmſten Schmäher nicht beſtreiten könn-
ten, zu den Waffen greifen müſſen. Nicht nur die berechtigte, ſon-
dern die notwendige Abwehr ſollte den Mächten des Dreiverbandes
zum Vorwand dienen, um einen Weltbrand zu entfeſſeln. In all
den Tagen des Leides und in den Stunden ernſteſter Entſchließun-
gen wird es dem Kaiſer und König Franz Joſeph ein erhebender
Troſt geweſen ſein, ſeine Völker ohne Unterſchied des Stammes ſein
Leid einmütig mittragen und nun ſie ebenſo einmütig und in treu-
eſter Hingabe in den Krieg ziehen zu ſehen. Sie wiſſen, daß ihr
Herrſcher das Schwert zog, um das Gemeinwohl aller Glieder der
habsburgiſchen Monarchie zu ſchützen, und ſie werden ihre Pflicht
tun. Auch in Deutſchland gedenkt man in dieſen Tagen mit be-
ſonderer Innigkeit des ehrwürdigen Monarchen, der, mit unſerem
Kaiſer in unverbrüchlicher Bundestreue verknüpft, einen gerechten
Kampf kämpft, der zum Siege führen wird. Das iſt unſere feſte
Zuverſicht.“


Vom öſterreichiſch-ruſſiſchen Kriegsſchauplatz meldet das Woff-
ſche Telegraphenbureau:

„Die öſterreichiſch-ungariſchen Truppen ſind in Ruſſiſch-Polen
weiter vorgerückt. Ungefähr 700 ruſſiſche Deſerteure wurden nach
Linz, Salzburg und Innsbruck gebracht. Bezeichnend für den
Geiſt der öſterreichiſch-ungariſchen Truppen iſt die Tatſache, daß ein
in Gefangenſchaft geratener Huſar am nächſten Tage auf einem
Koſakenpferde zu ſeiner Abteilung einrückte. — Im Norden ſetzen
die öſterreichiſch-ungariſchen Truppen ihre Vorwärtsbewegung im
Raume weſtlich der Weichſel fort und ſind auch öſtlich des Fluſſes
bereits im Vordringen begriffen.“

Neuerdings haben die Oeſterreicher Schabatz genommen.

Schabatz oder Sabac (12,000 Einwohner) liegt an der Mündung
des Kamitſchak in die Save, die hier die ſerbiſche Nordgrenze gegen
Ungarn bildet. Vor der Stadt befindet ſich eine kleine Befeſtigung.
[Spaltenumbruch] Es iſt Sitz eines Zollamts und Untergymnaſiums ſowie eines
Biſchofs. Seine Hauptbedeutung liegt im Handel mit einheimiſchen
Produkten. Die Nachricht bedeutet den Anfang der öſterreichiſch-
ungariſchen Offenſive gegen Serbien. Die Möglichkeit, ſchon nach
17 Tagen unter den gewiß nicht leichten Verhältniſſen, wie ſie an
der Grenze von Serbien ſind, die Operationen aufzunehmen und
dem Feinde entgegenzurücken, iſt eine erſtaunliche Leiſtung, die
nicht genug anerkannt werden kann.

Noch bedeutender ſcheinen die Erfolge unſerer öſtereichiſchen
Bundesgenoſſen gegen Serbien geweſen zu ſein:

Die öſterreichiſch-ungariſchen Truppen haben am 14. ds. Mts.
nach heftigen Kämpfen den Feind aus einer ſeit langer Zeit be-
feſtigten Stellung auf den öſtlichen Uferhöhen der Drina in der
Nähe von Loznica und Ljesnica geworfen. Dort ſowohl wie bei
Sabac wurden am Nachmittag des 14. und in der Nacht zum 15.
Auguſt zahlreiche mit großer Tapferkeit geführte Gegenangriffe der
Serben abgewieſen. Am 15. Auguſt ſetzten die öſterreichiſch-ungari-
ſchen Truppen ihre Vorwärtsbewegung fort. Die Verluſte der
Serben ſind ſchwer, auch die öſterreichiſch-ungariſchen ſind nicht un-
beträchtlich. Einzelheiten darüber fehlen noch. Montenegriniſche
Streitkräfte, die in das Gebiet Oeſterreich-Ungarns einzudringen
verſuchten, wurden allenthalben zurückgeworfen.




Die Reichspoſt meldet aus Semlin:

„Am Dienstag nachmittag 3 Uhr verbreitete ſich die Nachricht, daß
die öſterreichiſchen Truppen bei Progra, 23 Kilometer weſtlich von
Semlin, die Save überſchritten hätten und auf ſerbiſches Gebiet
eingedrungen ſeien. Um 5 Uhr nachmittags wurde in Semlin be-
kannt, daß die öſterreichiſchen Truppen die ſerbiſche Stadt
Obrenowatſch eingenommen haben. Geſtern nacht wollte eine
ſerbiſche Komitatſchibande bei der Inſel Ciganlija unterhalb Sem-
lins bei dem Dorfe Gezanija auf das ungariſche Ufer gelangen,
wurde jedoch von unſeren Truppen zurückgewieſen und erlitt
ſchwere Verluſte.“


Und unterm 17. ds. Mts. meldet das Wolffſche Telegraphen-
bureau vom montenegriniſchen Kriegsſchauplatz:

„Die montenegriniſchen Truppen kämpfen ſeit zwei Tagen in
der Umgebung des Berges Liſanitz in der Gegend von Grahovo
gegen bedeutende öſterreichiſche Streitkräfte. Die Verluſte der
Montenegriner in dieſem Kampfe betragen bisher 45 Tote und
Verwundete. Das 16. öſterreichiſche Armeekorps greift die Weſt-
grenze von Montenegro auf der Linie Krivaja—Grahovo an; das
15. öſterreichiſche Korps marſchiert auf der Linie Cernica—Gacko.
Die öſterreichiſche Flotte bombardiert die montenegriniſchen Stel-
lungen auf dem Berg Lovcen.“


Auch Oeſterreich hat über ruſſiſche Gewaltakte zu klagen.
Auf dem Umwege über das Berliner Wolffſche Telegraphenbureau
erfährt man, daß im öſterreichiſchen Miniſterium des Aeußern
durch die amerikaniſche Botſchaft folgende Tatſache zur Kenntnis
gebracht worden iſt: Am 13. Auguſt wurde der öſterreichiſch-ungari-
ſche Vizekonſul Hoffinger, der von dem öſterr.-ungar. Botſchafter
zum Schutz des diplomatiſchen Archivs in Petersburg zurückgelaſſen
worden war und für deſſen Sicherheit das ruſſiſche Miniſterium
des Aeußern ausdrücklich garantierte, als Kriegsgefangener ver-
haftet. Der Proteſt, den die amerikaniſche Botſchaft, die bekannt-
lich in Rußland den Schutz der öſterreichiſch-ungariſchen Intereſſen
für die Dauer des Krieges übernommen hat, gegen dieſen eklatan-
ten Bruch des Völkerrechts einlegte, blieb erfolglos. Die öſter-
reichiſch-ungariſche Regierung ſah ſich veranlaßt, dieſem ruſſiſchen
Gewaltakt, dem übrigens bereits die willkürliche Verhaftung des
Botſchaftskanzleibeamten Loſter vorangegangen war, mit der völ-
kerrechtlichen Waffe der Repreſſalie zu bekämpfen, und verfügte
daher noch heute die Gefangennahme des ruſſiſchen Kanzleibeamten
Stolkowsky, dem die diplomatiſchen Archive der hieſigen Botſchaft
anvertraut ſind, des ruſſiſchen Botſchaftsgeiſtlichen Jakubowsky und
des ſich gegenwärtig in Budapeſt aufhaltenden ruſſiſchen Konſuls
in Serajewo, von Igelſtröm,“ Es iſt begreiflich, daß ſich Oeſter-
reich zu ſolchen Repreſſalien veranlaßt fühlt.

Sowohl England wie Frankreich haben inzwiſchen auch Oeſter-
reich den Krieg erklärt. Die engliſche Kriegserklärung erfolgte in
folgender Form: Der großbritanniſche Botſchafter Bunſen erſchien
im Miniſterium des Aeußern, um zu erklären, daß ſich Frankreich
als im Kriegszuſtand mit Oeſterreich-Ungarn befindlich betrachte,

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[519/0005] 22. Auguſt 1914. Allgemeine Zeitung fen Charakter annehmen ſollte, ſo trifft Rußland dafür allein die Verantwortung.“ Aus Konſtantinopel, 19. Auguſt, wird dem WTB. telegraphiert: Wie „Ikdam“ erfährt, gewinnt der Aufſtand im Kaukaſus gegen Rußland an Ausdehnung. Die Aufſtändiſchen ſprengten eine Brücke über den Araxesfluß an der einzigen Eiſen- bahnlinie, die Rußland mit Perſien verbindet. Die ruſſiſchen Truppen fliehen mit den Waffen und dem Gepäck an die türkiſche Grenze. Vorgeſtern überſchritt eine große Zahl von Soldaten die Grenze, um auf türkiſches Gebiet zu flüchten. Die Preiſe für die Lebensmittel im Kaukaſus ſind auf das Vierfache geſtiegen. Es wird immer ſchwieriger, den Aufſtand zu unterdrücken. England. Die „Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ ſchreibt unter der Ueberſchrift „Engliſche Preßlügen gegen Deutſch- land“: Der Leiter der großen amerikaniſchen Zeitungsverbindung, der Aſſociated Preß in Newyork, Melville Stone, richtete unter dem 14. Auguſt an den Reichskanzler folgendes Telegramm: „Exzellenz! Da die engliſche Regierung täglich Preßberichte über den Fortgang des Krieges ausgibt, würden uns ähnliche Verlautbarungen von der deutſchen Regierung ſehr angenehm ſein.“ Der Reichskanzler antwortete darauf: „Deutſchland iſt vom internationalen Nachrichtenverkehr ab- geſchnitten und kann ſich gegen die Lügen nicht verteidigen. Es vertraut, durch Taten die Falſchheit ſeiner Feinde zu erweiſen und dankt jedem, der die Wahrheit verbreiten hilft.“ Vom öſterreichiſchen Kriegsſchauplatz. Der Kaiſer von Oeſterreich, der bis zum letzten Augen- blick eine kaum dageweſene Langmut beſeſſen hat, um die Kriegs- gefahr ſolange als möglich hinauszuſchieben, feierte am 18. ds. ſeinen 84. Geburtstag und ſieht ſich von allen Seiten von Frie- densſtörern umgeben. Die Nordd. Allgem. Ztg. widmete ihm zu dieſem Tage nachſtehende Zeilen: „Schweres Leid hat dieſer Zeitabſchnitt dem ehrwürdigen Herr- ſcher gebracht. Durch ruchloſe Hand wurden der nächſte Thronerbe und deſſen Gemahlin dem Leben entriſſen. Unter dem Zwange der Notwendigkeit, für die Sicherheit des öſterreichiſch-ungariſchen Reiches gegen die fortdauernden feindlichen Anſchläge vom ſerbiſchen Boden Bürgſchaften zu ſchaffen, hat der greiſe Monarch, deſſen Friedensliebe ſelbſt die ſchlimmſten Schmäher nicht beſtreiten könn- ten, zu den Waffen greifen müſſen. Nicht nur die berechtigte, ſon- dern die notwendige Abwehr ſollte den Mächten des Dreiverbandes zum Vorwand dienen, um einen Weltbrand zu entfeſſeln. In all den Tagen des Leides und in den Stunden ernſteſter Entſchließun- gen wird es dem Kaiſer und König Franz Joſeph ein erhebender Troſt geweſen ſein, ſeine Völker ohne Unterſchied des Stammes ſein Leid einmütig mittragen und nun ſie ebenſo einmütig und in treu- eſter Hingabe in den Krieg ziehen zu ſehen. Sie wiſſen, daß ihr Herrſcher das Schwert zog, um das Gemeinwohl aller Glieder der habsburgiſchen Monarchie zu ſchützen, und ſie werden ihre Pflicht tun. Auch in Deutſchland gedenkt man in dieſen Tagen mit be- ſonderer Innigkeit des ehrwürdigen Monarchen, der, mit unſerem Kaiſer in unverbrüchlicher Bundestreue verknüpft, einen gerechten Kampf kämpft, der zum Siege führen wird. Das iſt unſere feſte Zuverſicht.“ Vom öſterreichiſch-ruſſiſchen Kriegsſchauplatz meldet das Woff- ſche Telegraphenbureau: „Die öſterreichiſch-ungariſchen Truppen ſind in Ruſſiſch-Polen weiter vorgerückt. Ungefähr 700 ruſſiſche Deſerteure wurden nach Linz, Salzburg und Innsbruck gebracht. Bezeichnend für den Geiſt der öſterreichiſch-ungariſchen Truppen iſt die Tatſache, daß ein in Gefangenſchaft geratener Huſar am nächſten Tage auf einem Koſakenpferde zu ſeiner Abteilung einrückte. — Im Norden ſetzen die öſterreichiſch-ungariſchen Truppen ihre Vorwärtsbewegung im Raume weſtlich der Weichſel fort und ſind auch öſtlich des Fluſſes bereits im Vordringen begriffen.“ Neuerdings haben die Oeſterreicher Schabatz genommen. Schabatz oder Sabac (12,000 Einwohner) liegt an der Mündung des Kamitſchak in die Save, die hier die ſerbiſche Nordgrenze gegen Ungarn bildet. Vor der Stadt befindet ſich eine kleine Befeſtigung. Es iſt Sitz eines Zollamts und Untergymnaſiums ſowie eines Biſchofs. Seine Hauptbedeutung liegt im Handel mit einheimiſchen Produkten. Die Nachricht bedeutet den Anfang der öſterreichiſch- ungariſchen Offenſive gegen Serbien. Die Möglichkeit, ſchon nach 17 Tagen unter den gewiß nicht leichten Verhältniſſen, wie ſie an der Grenze von Serbien ſind, die Operationen aufzunehmen und dem Feinde entgegenzurücken, iſt eine erſtaunliche Leiſtung, die nicht genug anerkannt werden kann. Noch bedeutender ſcheinen die Erfolge unſerer öſtereichiſchen Bundesgenoſſen gegen Serbien geweſen zu ſein: Die öſterreichiſch-ungariſchen Truppen haben am 14. ds. Mts. nach heftigen Kämpfen den Feind aus einer ſeit langer Zeit be- feſtigten Stellung auf den öſtlichen Uferhöhen der Drina in der Nähe von Loznica und Ljesnica geworfen. Dort ſowohl wie bei Sabac wurden am Nachmittag des 14. und in der Nacht zum 15. Auguſt zahlreiche mit großer Tapferkeit geführte Gegenangriffe der Serben abgewieſen. Am 15. Auguſt ſetzten die öſterreichiſch-ungari- ſchen Truppen ihre Vorwärtsbewegung fort. Die Verluſte der Serben ſind ſchwer, auch die öſterreichiſch-ungariſchen ſind nicht un- beträchtlich. Einzelheiten darüber fehlen noch. Montenegriniſche Streitkräfte, die in das Gebiet Oeſterreich-Ungarns einzudringen verſuchten, wurden allenthalben zurückgeworfen. WTB. Wien, 20. Aug. Die Reichspoſt meldet aus Semlin: „Am Dienstag nachmittag 3 Uhr verbreitete ſich die Nachricht, daß die öſterreichiſchen Truppen bei Progra, 23 Kilometer weſtlich von Semlin, die Save überſchritten hätten und auf ſerbiſches Gebiet eingedrungen ſeien. Um 5 Uhr nachmittags wurde in Semlin be- kannt, daß die öſterreichiſchen Truppen die ſerbiſche Stadt Obrenowatſch eingenommen haben. Geſtern nacht wollte eine ſerbiſche Komitatſchibande bei der Inſel Ciganlija unterhalb Sem- lins bei dem Dorfe Gezanija auf das ungariſche Ufer gelangen, wurde jedoch von unſeren Truppen zurückgewieſen und erlitt ſchwere Verluſte.“ Und unterm 17. ds. Mts. meldet das Wolffſche Telegraphen- bureau vom montenegriniſchen Kriegsſchauplatz: „Die montenegriniſchen Truppen kämpfen ſeit zwei Tagen in der Umgebung des Berges Liſanitz in der Gegend von Grahovo gegen bedeutende öſterreichiſche Streitkräfte. Die Verluſte der Montenegriner in dieſem Kampfe betragen bisher 45 Tote und Verwundete. Das 16. öſterreichiſche Armeekorps greift die Weſt- grenze von Montenegro auf der Linie Krivaja—Grahovo an; das 15. öſterreichiſche Korps marſchiert auf der Linie Cernica—Gacko. Die öſterreichiſche Flotte bombardiert die montenegriniſchen Stel- lungen auf dem Berg Lovcen.“ Auch Oeſterreich hat über ruſſiſche Gewaltakte zu klagen. Auf dem Umwege über das Berliner Wolffſche Telegraphenbureau erfährt man, daß im öſterreichiſchen Miniſterium des Aeußern durch die amerikaniſche Botſchaft folgende Tatſache zur Kenntnis gebracht worden iſt: Am 13. Auguſt wurde der öſterreichiſch-ungari- ſche Vizekonſul Hoffinger, der von dem öſterr.-ungar. 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Die öſter- reichiſch-ungariſche Regierung ſah ſich veranlaßt, dieſem ruſſiſchen Gewaltakt, dem übrigens bereits die willkürliche Verhaftung des Botſchaftskanzleibeamten Loſter vorangegangen war, mit der völ- kerrechtlichen Waffe der Repreſſalie zu bekämpfen, und verfügte daher noch heute die Gefangennahme des ruſſiſchen Kanzleibeamten Stolkowsky, dem die diplomatiſchen Archive der hieſigen Botſchaft anvertraut ſind, des ruſſiſchen Botſchaftsgeiſtlichen Jakubowsky und des ſich gegenwärtig in Budapeſt aufhaltenden ruſſiſchen Konſuls in Serajewo, von Igelſtröm,“ Es iſt begreiflich, daß ſich Oeſter- reich zu ſolchen Repreſſalien veranlaßt fühlt. Sowohl England wie Frankreich haben inzwiſchen auch Oeſter- reich den Krieg erklärt. Die engliſche Kriegserklärung erfolgte in folgender Form: Der großbritanniſche Botſchafter Bunſen erſchien im Miniſterium des Aeußern, um zu erklären, daß ſich Frankreich als im Kriegszuſtand mit Oeſterreich-Ungarn befindlich betrachte,

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Susanne Haaf, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 34, 22. August 1914, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine34_1914/5>, abgerufen am 21.11.2024.