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Allgemeine Zeitung, Nr. 34, 22. August 1914.

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Allgemeine Zeitung 22. August 1914.
[Spaltenumbruch] so mehr als seit dem 3. August seine Neutralität verletzt und ein
schmerzvoller Krieg in sein Gebiet getragen worden ist und die
Garantiemächte loyal und unverzüglich seinem Hilferuf entsprochen
haben."

Vom Generalquartiermeister v. Stein wird nun nachträglich
die Situation von Lüttich gut und knapp aufgeklärt. Es heißt da.

Das Geheimnis von Lüttich kann entschleiert werden.
Uns waren Nachrichten zugegangen, daß vor Ausbruch des
Krieges französische Offiziere und vielleicht auch einige Mannschaften
entsendet worden waren, um die belgischen Truppen in der Hand-
habung des Festungsdienstes zu unterrichten. Vor Ausbruch der
Feindseligkeiten war dagegen nichts einzuwenden. Mit Beginn
des Krieges war das Neutralitätsbruch von Frankreich und Belgien.
Wir mußten schnell handeln. Nicht mobilisierte Regimenter wurden
an die Grenze geworfen und auf Lüttich in Marsch gesetzt. Sechs
schwache Friedensbrigaden mit etwas Kavallerie und Artillerie
haben Lüttich genommen. Darnach wurden sie mobil und erhielten
als erste Verstärkung ihre ersten Ergänzungsmannschaften. Zwei
weitere Regimenter konnten nachgezogen werden, die ihre Mobil-
machung schon beendet hatten. Unsere Gegner wähnten bei Lüttich
120,000 Deutsche, die den Vormarsch wegen Schwierigkeiten der
Verpflegung nicht antreten könnten. Sie haben sich geirrt! Die
Pause hatte einen anderen Grund. Jetzt erst begann der deutsche
Vormarsch. Die Gegner werden sich überzeugen, daß die deutschen
Armeen gut verpflegt und ausgerüstet sind.

Seine Majestät hat sein Wort gehalten: An die Einnahme
der Forts von Lüttich nicht einen Tropfen deutschen Blutes mehr
zu setzen! Der Feind kannte unsere schweren Angriffsmittel nicht.
Daher glaubte er sich in den Forts sicher. Doch schon die schwächsten
Geschütze unserer schweren Artillerie veranlaßten jedes durch sie
beschossene Fort nach kurzer Beschießung zur Uebergabe. Die noch
erhaltenen Teile der Besatzung retteten dadurch ihr Leben. Die
Forts aber, gegen die unsere schweren Geschütze feuerten, wurden
in allerkürzester Frist in Trümmerhausen verwandelt, unter denen
die Besatzung begraben wurde.

Jetzt werden die Forts aufgeräumt und wieder zur Ver-
teidigung eingerichtet. Die Festung Lüttich soll dem von unserem
Gegner vorbereiteten Plan nicht mehr dienen, sondern dem deut-
schen Heere ein Stützpunkt sein.



Der Feind im Osten.

Alle Versuche der Russen, wieder deutsches Gebiet zu betreten,
schlagen andauernd fehl:

"Die Deutschen bestanden eine Reihe kleinerer Gefechte sieg-
reich. Zwei russische Kavallerie-Divisionen, gefolgt von Infanterie
gingen vor und setzten das an der Grenze gelegene Städtchen Marg-
grabowa in Brand. Sie sind heute wieder über die Grenze zurück-
gegangen. Ein bei Mlawa stehendes russisches Kavalleriekorps ist
vor einer deutschen Kolonne nach Süden ausgewichen. Nicht eine
einzige feindliche Maßnahme konnte wirksam die deutschen Absichten
beeinflussen oder aufhalten."

Marggrabowa in Ostpreußen, Reg.-Bez. Gumbinnen, Kreis
Oletzko, Hauptort des Kreises mit 4878 Einwohnern, an der Linie
Insterburg--Lyck--Johannisburg--Allenstein.

Mlawa, russ. Gouvernement Plozk, Stadt mit 9600 Einwoh-
nern, an der Linie Marienburg--Mlawa und Kowal--Mlawa.
Hauptzollamt.

Von der russischen Grenze wird unterm 18. d. M. wieder ein
deutscher Sieg gemeldet:

Das Generalkommando des I. Armeekorps meldet, daß am
17. August ein Gefecht bei Stallupönen stattfand, worin die
Truppenteile des I. Armeekorps mit unvergleichlicher Tapferkeit
kämpften, so daß der Sieg erfochten wurde. Mehr als 3000 Ge-
fangene und 6 Maschinengewehre fielen in unsere Hände. Viele
weitere russische Maschinengewehre, die nicht mitgeführt werden
konnten, wurden unbrauchbar gemacht.


Von großem Interesse und von Wichtigkeit ist ein Aufruf der
Bistumsverweser von Posen und Gnesen an die Geistlichkeit und
die Gläubigen beider Diözesen, der folgende bemerkenswerte Absätze
enthält:

"Geliebte Diözesanen! Ein überaus ernster Augenblick, wie
bis daher kein anderer in der Weltgeschichte ist es, in welchem wir
unser Hirtenwort an Euch richten. Die Geschicke der Völker, also
auch unseres Volkes, harren folgenschwerer Entscheidungen. In
[Spaltenumbruch] ganz Mitteleuropa lodert die Kriegsfackel, angefacht durch die rus-
sische Regierung, unter deren Grausamkeiten unser Volk in reli-
giöser und nationaler Beziehung über hundert Jahre hindurch
schmerzlich gelitten hat. Ist es Euch doch, geliebte Diözesanen, nicht
unbekannt, wie viele Millionen der mit uns verbrüderten Uniten
mit Gewalt von der Gemeinschaft unserer heiligen Kirche losgerissen
und in barbarischer Unmenschlichkeit der russischen Orthodoxie zu-
geführt wurden und wie viele Tausende von Söhnen unserer hei-
matlichen Erde ihrer von den Vätern ererbten Habe beraubt und
nach Sibirien gebracht wurden, wo sie zum Teil der grausigen
Kälte zum Opfer fielen. Ihr wißt auch sehr gut, unter welchem
Drucke noch bis jetzt die katholische Kirche im Bereiche von Kongreß-
polen und Litauen seufzet. Die unserer Nation und unserer Kirche
feindlich gesinnte Regierung verwandelte in hinterlistiger Weise die
größere Hälfte Europas in einen feurigen Kriegsherd und zwang
unseren allergnädigsten Landesherrn und Verbündeten des greisen
Kaisers von Oesterreich, mit Waffengewalt die gerechte Sache und
sein Land zu verteidigen.
Auch Ihr, Geliebte, seid nun als Untertanen des Deutschen
Kaisers und Königs von Preußen berufen, an diesen Opfern teil-
zunehmen. Eure zu den Fahnen einberufenen Ehemänner, Brüder
und Söhne fingen schon zu kämpfen an und werden weiter fechten
gegen die verbündeten Feinde Deutschlands und Oesterreichs, be-
sonders aber gegen die Feinde jenseits unserer nahen Ostgrenze,
gegen Rußland. In diesem Kampfe wird so mancher von ihnen sein
Leben hinopfern; aber mögen sich für alle Opfer groß und klein in
dem Bewußtsein trösten, daß Ihr sie darbringt für eine gerechte
Sache. Ich weiß wohl, daß infolge der Ausnahmegesetze, deren
Wirkungen wir seit einer längeren Reihe von Jahren schmerzlich
empfinden, das Vertrauen der polnischen Bevölkerung zur staat-
lichen Regierung sich vermindert hat, aber ich weiß auch, daß unter
uns nicht das Gefühl der Pflicht gegen die uns von Gott gegebene
Obrigkeit geschwunden ist, daß wir vielmehr eingedenk bleiben der
Mahnung des Apostels Paulus: "Jegliche Seele sei vorgesetzten
Gewalten untergeben; denn es gibt keine Gewalt, außer von Gott,
die da aber sind, sie sind von Gott gesetzt." (Römer 13, 1.)
Erfüllet also als würdige Söhne der ritterlichen Nation mutig
Eure Pflicht im Kampfe. Ihr anderen aber, die Ihr am häuslichen
Herde verbleibet, verhaltet Euch ruhig und vertrauet auf Gott,
schenket insbesondere kein Gehör verdächtigen Agenten und Frie-
densstörern, vertrauet, daß, wenn Ihr in dieser großen und
überaus bedeutungsvollen Zeit treu zu Eurem Monarchen haltet,
durch Eure loyale Haltung zum Siege des tapferen Heeres beitraget,
Euer Landesherr in seinem edlen Herzen unsere gerechten Forde-
rungen erfüllen und alles das beseitigen wird, was uns bedrückt.
Vertrauet auch, daß wir durch unsere Mitarbeit zum Siege der
kaiserlichen Armee den leidenden Brüdern jenseits der Grenze zum
Erringen einer besseren Zukunft mitverhelfen werden."


Ganz so wie Frankreich und Belgien ergeht sich auch Rußland
in völkerrechtswidrigen Gewaltakten und Greueln. Nach den
Meldungen des Wolffschen Telegraphenbureaus den wir hier über-
haupt in allen positiven Angaben folgen, wurde in der Nacht vom
14. auf 15. August in Kalisch wieder auf die eingerückten deutschen
Truppen aus dem Hinterhalte geschossen. Es ist dies nunmehr auf
unserer Ostfront der dritte derartige Ueberfall. Auch hier ist der
Verlust braver deutscher Krieger zu beklagen; es wurden zwei
Mann getötet und zwanzig bis dreißig verwundet. Es unterliegt
keinem Zweifel, daß es sich um einen planmäßigen Angriff der
nichtmilitärischen Bevölkerung handelt, und der Verdacht besteht,
daß, wie in Frankreich und Belgien, so auch in Rußland diese Ban-
den mit der Regierung in Verbindung stehen. Wie in Frankreich
und Belgien, so werden auch in Rußland unsere Truppen diesem
Zustande Herr werden und rücksichtlos eingreifen.

Infolgedessen hat Deutschland nicht nur an Frankreich und
Belgien, sondern auch an Rußland eine Warnung gerichtet. Sie
lautet:

"Die Meldungen aus unserem östlichen Grenzgebiet berichten
übereinstimmend, daß die russischen Truppen, wo sie preußisches
Gebiet beireten haben, gegen die Ortschaften und deren Einwohner
sengend und plündernd vorgegangen sind. Besonders schwere Aus-
schreitungen sind aus den Gegenden von Schirwindt, Lyck und Sol-
dau gemeldet. Deutschland erhebt vor der Oeffentlichkeit Einspruch
gegen eine solche, dem Völkerrecht zuwiderlaufende Art der Krieg-
führung. Wenn durch sie die Kampfesweise einen besonders schrof-

Allgemeine Zeitung 22. Auguſt 1914.
[Spaltenumbruch] ſo mehr als ſeit dem 3. Auguſt ſeine Neutralität verletzt und ein
ſchmerzvoller Krieg in ſein Gebiet getragen worden iſt und die
Garantiemächte loyal und unverzüglich ſeinem Hilferuf entſprochen
haben.“

Vom Generalquartiermeiſter v. Stein wird nun nachträglich
die Situation von Lüttich gut und knapp aufgeklärt. Es heißt da.

Das Geheimnis von Lüttich kann entſchleiert werden.
Uns waren Nachrichten zugegangen, daß vor Ausbruch des
Krieges franzöſiſche Offiziere und vielleicht auch einige Mannſchaften
entſendet worden waren, um die belgiſchen Truppen in der Hand-
habung des Feſtungsdienſtes zu unterrichten. Vor Ausbruch der
Feindſeligkeiten war dagegen nichts einzuwenden. Mit Beginn
des Krieges war das Neutralitätsbruch von Frankreich und Belgien.
Wir mußten ſchnell handeln. Nicht mobiliſierte Regimenter wurden
an die Grenze geworfen und auf Lüttich in Marſch geſetzt. Sechs
ſchwache Friedensbrigaden mit etwas Kavallerie und Artillerie
haben Lüttich genommen. Darnach wurden ſie mobil und erhielten
als erſte Verſtärkung ihre erſten Ergänzungsmannſchaften. Zwei
weitere Regimenter konnten nachgezogen werden, die ihre Mobil-
machung ſchon beendet hatten. Unſere Gegner wähnten bei Lüttich
120,000 Deutſche, die den Vormarſch wegen Schwierigkeiten der
Verpflegung nicht antreten könnten. Sie haben ſich geirrt! Die
Pauſe hatte einen anderen Grund. Jetzt erſt begann der deutſche
Vormarſch. Die Gegner werden ſich überzeugen, daß die deutſchen
Armeen gut verpflegt und ausgerüſtet ſind.

Seine Majeſtät hat ſein Wort gehalten: An die Einnahme
der Forts von Lüttich nicht einen Tropfen deutſchen Blutes mehr
zu ſetzen! Der Feind kannte unſere ſchweren Angriffsmittel nicht.
Daher glaubte er ſich in den Forts ſicher. Doch ſchon die ſchwächſten
Geſchütze unſerer ſchweren Artillerie veranlaßten jedes durch ſie
beſchoſſene Fort nach kurzer Beſchießung zur Uebergabe. Die noch
erhaltenen Teile der Beſatzung retteten dadurch ihr Leben. Die
Forts aber, gegen die unſere ſchweren Geſchütze feuerten, wurden
in allerkürzeſter Friſt in Trümmerhauſen verwandelt, unter denen
die Beſatzung begraben wurde.

Jetzt werden die Forts aufgeräumt und wieder zur Ver-
teidigung eingerichtet. Die Feſtung Lüttich ſoll dem von unſerem
Gegner vorbereiteten Plan nicht mehr dienen, ſondern dem deut-
ſchen Heere ein Stützpunkt ſein.



Der Feind im Oſten.

Alle Verſuche der Ruſſen, wieder deutſches Gebiet zu betreten,
ſchlagen andauernd fehl:

„Die Deutſchen beſtanden eine Reihe kleinerer Gefechte ſieg-
reich. Zwei ruſſiſche Kavallerie-Diviſionen, gefolgt von Infanterie
gingen vor und ſetzten das an der Grenze gelegene Städtchen Marg-
grabowa in Brand. Sie ſind heute wieder über die Grenze zurück-
gegangen. Ein bei Mlawa ſtehendes ruſſiſches Kavalleriekorps iſt
vor einer deutſchen Kolonne nach Süden ausgewichen. Nicht eine
einzige feindliche Maßnahme konnte wirkſam die deutſchen Abſichten
beeinfluſſen oder aufhalten.“

Marggrabowa in Oſtpreußen, Reg.-Bez. Gumbinnen, Kreis
Oletzko, Hauptort des Kreiſes mit 4878 Einwohnern, an der Linie
Inſterburg—Lyck—Johannisburg—Allenſtein.

Mlawa, ruſſ. Gouvernement Plozk, Stadt mit 9600 Einwoh-
nern, an der Linie Marienburg—Mlawa und Kowal—Mlawa.
Hauptzollamt.

Von der ruſſiſchen Grenze wird unterm 18. d. M. wieder ein
deutſcher Sieg gemeldet:

Das Generalkommando des I. Armeekorps meldet, daß am
17. Auguſt ein Gefecht bei Stallupönen ſtattfand, worin die
Truppenteile des I. Armeekorps mit unvergleichlicher Tapferkeit
kämpften, ſo daß der Sieg erfochten wurde. Mehr als 3000 Ge-
fangene und 6 Maſchinengewehre fielen in unſere Hände. Viele
weitere ruſſiſche Maſchinengewehre, die nicht mitgeführt werden
konnten, wurden unbrauchbar gemacht.


Von großem Intereſſe und von Wichtigkeit iſt ein Aufruf der
Bistumsverweſer von Poſen und Gneſen an die Geiſtlichkeit und
die Gläubigen beider Diözeſen, der folgende bemerkenswerte Abſätze
enthält:

„Geliebte Diözeſanen! Ein überaus ernſter Augenblick, wie
bis daher kein anderer in der Weltgeſchichte iſt es, in welchem wir
unſer Hirtenwort an Euch richten. Die Geſchicke der Völker, alſo
auch unſeres Volkes, harren folgenſchwerer Entſcheidungen. In
[Spaltenumbruch] ganz Mitteleuropa lodert die Kriegsfackel, angefacht durch die ruſ-
ſiſche Regierung, unter deren Grauſamkeiten unſer Volk in reli-
giöſer und nationaler Beziehung über hundert Jahre hindurch
ſchmerzlich gelitten hat. Iſt es Euch doch, geliebte Diözeſanen, nicht
unbekannt, wie viele Millionen der mit uns verbrüderten Uniten
mit Gewalt von der Gemeinſchaft unſerer heiligen Kirche losgeriſſen
und in barbariſcher Unmenſchlichkeit der ruſſiſchen Orthodoxie zu-
geführt wurden und wie viele Tauſende von Söhnen unſerer hei-
matlichen Erde ihrer von den Vätern ererbten Habe beraubt und
nach Sibirien gebracht wurden, wo ſie zum Teil der grauſigen
Kälte zum Opfer fielen. Ihr wißt auch ſehr gut, unter welchem
Drucke noch bis jetzt die katholiſche Kirche im Bereiche von Kongreß-
polen und Litauen ſeufzet. Die unſerer Nation und unſerer Kirche
feindlich geſinnte Regierung verwandelte in hinterliſtiger Weiſe die
größere Hälfte Europas in einen feurigen Kriegsherd und zwang
unſeren allergnädigſten Landesherrn und Verbündeten des greiſen
Kaiſers von Oeſterreich, mit Waffengewalt die gerechte Sache und
ſein Land zu verteidigen.
Auch Ihr, Geliebte, ſeid nun als Untertanen des Deutſchen
Kaiſers und Königs von Preußen berufen, an dieſen Opfern teil-
zunehmen. Eure zu den Fahnen einberufenen Ehemänner, Brüder
und Söhne fingen ſchon zu kämpfen an und werden weiter fechten
gegen die verbündeten Feinde Deutſchlands und Oeſterreichs, be-
ſonders aber gegen die Feinde jenſeits unſerer nahen Oſtgrenze,
gegen Rußland. In dieſem Kampfe wird ſo mancher von ihnen ſein
Leben hinopfern; aber mögen ſich für alle Opfer groß und klein in
dem Bewußtſein tröſten, daß Ihr ſie darbringt für eine gerechte
Sache. Ich weiß wohl, daß infolge der Ausnahmegeſetze, deren
Wirkungen wir ſeit einer längeren Reihe von Jahren ſchmerzlich
empfinden, das Vertrauen der polniſchen Bevölkerung zur ſtaat-
lichen Regierung ſich vermindert hat, aber ich weiß auch, daß unter
uns nicht das Gefühl der Pflicht gegen die uns von Gott gegebene
Obrigkeit geſchwunden iſt, daß wir vielmehr eingedenk bleiben der
Mahnung des Apoſtels Paulus: „Jegliche Seele ſei vorgeſetzten
Gewalten untergeben; denn es gibt keine Gewalt, außer von Gott,
die da aber ſind, ſie ſind von Gott geſetzt.“ (Römer 13, 1.)
Erfüllet alſo als würdige Söhne der ritterlichen Nation mutig
Eure Pflicht im Kampfe. Ihr anderen aber, die Ihr am häuslichen
Herde verbleibet, verhaltet Euch ruhig und vertrauet auf Gott,
ſchenket insbeſondere kein Gehör verdächtigen Agenten und Frie-
densſtörern, vertrauet, daß, wenn Ihr in dieſer großen und
überaus bedeutungsvollen Zeit treu zu Eurem Monarchen haltet,
durch Eure loyale Haltung zum Siege des tapferen Heeres beitraget,
Euer Landesherr in ſeinem edlen Herzen unſere gerechten Forde-
rungen erfüllen und alles das beſeitigen wird, was uns bedrückt.
Vertrauet auch, daß wir durch unſere Mitarbeit zum Siege der
kaiſerlichen Armee den leidenden Brüdern jenſeits der Grenze zum
Erringen einer beſſeren Zukunft mitverhelfen werden.“


Ganz ſo wie Frankreich und Belgien ergeht ſich auch Rußland
in völkerrechtswidrigen Gewaltakten und Greueln. Nach den
Meldungen des Wolffſchen Telegraphenbureaus den wir hier über-
haupt in allen poſitiven Angaben folgen, wurde in der Nacht vom
14. auf 15. Auguſt in Kaliſch wieder auf die eingerückten deutſchen
Truppen aus dem Hinterhalte geſchoſſen. Es iſt dies nunmehr auf
unſerer Oſtfront der dritte derartige Ueberfall. Auch hier iſt der
Verluſt braver deutſcher Krieger zu beklagen; es wurden zwei
Mann getötet und zwanzig bis dreißig verwundet. Es unterliegt
keinem Zweifel, daß es ſich um einen planmäßigen Angriff der
nichtmilitäriſchen Bevölkerung handelt, und der Verdacht beſteht,
daß, wie in Frankreich und Belgien, ſo auch in Rußland dieſe Ban-
den mit der Regierung in Verbindung ſtehen. Wie in Frankreich
und Belgien, ſo werden auch in Rußland unſere Truppen dieſem
Zuſtande Herr werden und rückſichtlos eingreifen.

Infolgedeſſen hat Deutſchland nicht nur an Frankreich und
Belgien, ſondern auch an Rußland eine Warnung gerichtet. Sie
lautet:

„Die Meldungen aus unſerem öſtlichen Grenzgebiet berichten
übereinſtimmend, daß die ruſſiſchen Truppen, wo ſie preußiſches
Gebiet beireten haben, gegen die Ortſchaften und deren Einwohner
ſengend und plündernd vorgegangen ſind. Beſonders ſchwere Aus-
ſchreitungen ſind aus den Gegenden von Schirwindt, Lyck und Sol-
dau gemeldet. Deutſchland erhebt vor der Oeffentlichkeit Einſpruch
gegen eine ſolche, dem Völkerrecht zuwiderlaufende Art der Krieg-
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[518/0004] Allgemeine Zeitung 22. Auguſt 1914. ſo mehr als ſeit dem 3. Auguſt ſeine Neutralität verletzt und ein ſchmerzvoller Krieg in ſein Gebiet getragen worden iſt und die Garantiemächte loyal und unverzüglich ſeinem Hilferuf entſprochen haben.“ Vom Generalquartiermeiſter v. Stein wird nun nachträglich die Situation von Lüttich gut und knapp aufgeklärt. Es heißt da. Das Geheimnis von Lüttich kann entſchleiert werden. Uns waren Nachrichten zugegangen, daß vor Ausbruch des Krieges franzöſiſche Offiziere und vielleicht auch einige Mannſchaften entſendet worden waren, um die belgiſchen Truppen in der Hand- habung des Feſtungsdienſtes zu unterrichten. Vor Ausbruch der Feindſeligkeiten war dagegen nichts einzuwenden. Mit Beginn des Krieges war das Neutralitätsbruch von Frankreich und Belgien. Wir mußten ſchnell handeln. Nicht mobiliſierte Regimenter wurden an die Grenze geworfen und auf Lüttich in Marſch geſetzt. Sechs ſchwache Friedensbrigaden mit etwas Kavallerie und Artillerie haben Lüttich genommen. Darnach wurden ſie mobil und erhielten als erſte Verſtärkung ihre erſten Ergänzungsmannſchaften. Zwei weitere Regimenter konnten nachgezogen werden, die ihre Mobil- machung ſchon beendet hatten. Unſere Gegner wähnten bei Lüttich 120,000 Deutſche, die den Vormarſch wegen Schwierigkeiten der Verpflegung nicht antreten könnten. Sie haben ſich geirrt! Die Pauſe hatte einen anderen Grund. Jetzt erſt begann der deutſche Vormarſch. Die Gegner werden ſich überzeugen, daß die deutſchen Armeen gut verpflegt und ausgerüſtet ſind. Seine Majeſtät hat ſein Wort gehalten: An die Einnahme der Forts von Lüttich nicht einen Tropfen deutſchen Blutes mehr zu ſetzen! Der Feind kannte unſere ſchweren Angriffsmittel nicht. Daher glaubte er ſich in den Forts ſicher. Doch ſchon die ſchwächſten Geſchütze unſerer ſchweren Artillerie veranlaßten jedes durch ſie beſchoſſene Fort nach kurzer Beſchießung zur Uebergabe. Die noch erhaltenen Teile der Beſatzung retteten dadurch ihr Leben. Die Forts aber, gegen die unſere ſchweren Geſchütze feuerten, wurden in allerkürzeſter Friſt in Trümmerhauſen verwandelt, unter denen die Beſatzung begraben wurde. Jetzt werden die Forts aufgeräumt und wieder zur Ver- teidigung eingerichtet. Die Feſtung Lüttich ſoll dem von unſerem Gegner vorbereiteten Plan nicht mehr dienen, ſondern dem deut- ſchen Heere ein Stützpunkt ſein. Der Feind im Oſten. Alle Verſuche der Ruſſen, wieder deutſches Gebiet zu betreten, ſchlagen andauernd fehl: „Die Deutſchen beſtanden eine Reihe kleinerer Gefechte ſieg- reich. Zwei ruſſiſche Kavallerie-Diviſionen, gefolgt von Infanterie gingen vor und ſetzten das an der Grenze gelegene Städtchen Marg- grabowa in Brand. Sie ſind heute wieder über die Grenze zurück- gegangen. Ein bei Mlawa ſtehendes ruſſiſches Kavalleriekorps iſt vor einer deutſchen Kolonne nach Süden ausgewichen. Nicht eine einzige feindliche Maßnahme konnte wirkſam die deutſchen Abſichten beeinfluſſen oder aufhalten.“ Marggrabowa in Oſtpreußen, Reg.-Bez. Gumbinnen, Kreis Oletzko, Hauptort des Kreiſes mit 4878 Einwohnern, an der Linie Inſterburg—Lyck—Johannisburg—Allenſtein. Mlawa, ruſſ. Gouvernement Plozk, Stadt mit 9600 Einwoh- nern, an der Linie Marienburg—Mlawa und Kowal—Mlawa. Hauptzollamt. Von der ruſſiſchen Grenze wird unterm 18. d. M. wieder ein deutſcher Sieg gemeldet: Das Generalkommando des I. Armeekorps meldet, daß am 17. Auguſt ein Gefecht bei Stallupönen ſtattfand, worin die Truppenteile des I. Armeekorps mit unvergleichlicher Tapferkeit kämpften, ſo daß der Sieg erfochten wurde. Mehr als 3000 Ge- fangene und 6 Maſchinengewehre fielen in unſere Hände. Viele weitere ruſſiſche Maſchinengewehre, die nicht mitgeführt werden konnten, wurden unbrauchbar gemacht. Von großem Intereſſe und von Wichtigkeit iſt ein Aufruf der Bistumsverweſer von Poſen und Gneſen an die Geiſtlichkeit und die Gläubigen beider Diözeſen, der folgende bemerkenswerte Abſätze enthält: „Geliebte Diözeſanen! Ein überaus ernſter Augenblick, wie bis daher kein anderer in der Weltgeſchichte iſt es, in welchem wir unſer Hirtenwort an Euch richten. Die Geſchicke der Völker, alſo auch unſeres Volkes, harren folgenſchwerer Entſcheidungen. In ganz Mitteleuropa lodert die Kriegsfackel, angefacht durch die ruſ- ſiſche Regierung, unter deren Grauſamkeiten unſer Volk in reli- giöſer und nationaler Beziehung über hundert Jahre hindurch ſchmerzlich gelitten hat. Iſt es Euch doch, geliebte Diözeſanen, nicht unbekannt, wie viele Millionen der mit uns verbrüderten Uniten mit Gewalt von der Gemeinſchaft unſerer heiligen Kirche losgeriſſen und in barbariſcher Unmenſchlichkeit der ruſſiſchen Orthodoxie zu- geführt wurden und wie viele Tauſende von Söhnen unſerer hei- matlichen Erde ihrer von den Vätern ererbten Habe beraubt und nach Sibirien gebracht wurden, wo ſie zum Teil der grauſigen Kälte zum Opfer fielen. Ihr wißt auch ſehr gut, unter welchem Drucke noch bis jetzt die katholiſche Kirche im Bereiche von Kongreß- polen und Litauen ſeufzet. Die unſerer Nation und unſerer Kirche feindlich geſinnte Regierung verwandelte in hinterliſtiger Weiſe die größere Hälfte Europas in einen feurigen Kriegsherd und zwang unſeren allergnädigſten Landesherrn und Verbündeten des greiſen Kaiſers von Oeſterreich, mit Waffengewalt die gerechte Sache und ſein Land zu verteidigen. Auch Ihr, Geliebte, ſeid nun als Untertanen des Deutſchen Kaiſers und Königs von Preußen berufen, an dieſen Opfern teil- zunehmen. Eure zu den Fahnen einberufenen Ehemänner, Brüder und Söhne fingen ſchon zu kämpfen an und werden weiter fechten gegen die verbündeten Feinde Deutſchlands und Oeſterreichs, be- ſonders aber gegen die Feinde jenſeits unſerer nahen Oſtgrenze, gegen Rußland. In dieſem Kampfe wird ſo mancher von ihnen ſein Leben hinopfern; aber mögen ſich für alle Opfer groß und klein in dem Bewußtſein tröſten, daß Ihr ſie darbringt für eine gerechte Sache. Ich weiß wohl, daß infolge der Ausnahmegeſetze, deren Wirkungen wir ſeit einer längeren Reihe von Jahren ſchmerzlich empfinden, das Vertrauen der polniſchen Bevölkerung zur ſtaat- lichen Regierung ſich vermindert hat, aber ich weiß auch, daß unter uns nicht das Gefühl der Pflicht gegen die uns von Gott gegebene Obrigkeit geſchwunden iſt, daß wir vielmehr eingedenk bleiben der Mahnung des Apoſtels Paulus: „Jegliche Seele ſei vorgeſetzten Gewalten untergeben; denn es gibt keine Gewalt, außer von Gott, die da aber ſind, ſie ſind von Gott geſetzt.“ (Römer 13, 1.) Erfüllet alſo als würdige Söhne der ritterlichen Nation mutig Eure Pflicht im Kampfe. Ihr anderen aber, die Ihr am häuslichen Herde verbleibet, verhaltet Euch ruhig und vertrauet auf Gott, ſchenket insbeſondere kein Gehör verdächtigen Agenten und Frie- densſtörern, vertrauet, daß, wenn Ihr in dieſer großen und überaus bedeutungsvollen Zeit treu zu Eurem Monarchen haltet, durch Eure loyale Haltung zum Siege des tapferen Heeres beitraget, Euer Landesherr in ſeinem edlen Herzen unſere gerechten Forde- rungen erfüllen und alles das beſeitigen wird, was uns bedrückt. Vertrauet auch, daß wir durch unſere Mitarbeit zum Siege der kaiſerlichen Armee den leidenden Brüdern jenſeits der Grenze zum Erringen einer beſſeren Zukunft mitverhelfen werden.“ Ganz ſo wie Frankreich und Belgien ergeht ſich auch Rußland in völkerrechtswidrigen Gewaltakten und Greueln. Nach den Meldungen des Wolffſchen Telegraphenbureaus den wir hier über- haupt in allen poſitiven Angaben folgen, wurde in der Nacht vom 14. auf 15. Auguſt in Kaliſch wieder auf die eingerückten deutſchen Truppen aus dem Hinterhalte geſchoſſen. Es iſt dies nunmehr auf unſerer Oſtfront der dritte derartige Ueberfall. Auch hier iſt der Verluſt braver deutſcher Krieger zu beklagen; es wurden zwei Mann getötet und zwanzig bis dreißig verwundet. Es unterliegt keinem Zweifel, daß es ſich um einen planmäßigen Angriff der nichtmilitäriſchen Bevölkerung handelt, und der Verdacht beſteht, daß, wie in Frankreich und Belgien, ſo auch in Rußland dieſe Ban- den mit der Regierung in Verbindung ſtehen. Wie in Frankreich und Belgien, ſo werden auch in Rußland unſere Truppen dieſem Zuſtande Herr werden und rückſichtlos eingreifen. Infolgedeſſen hat Deutſchland nicht nur an Frankreich und Belgien, ſondern auch an Rußland eine Warnung gerichtet. Sie lautet: „Die Meldungen aus unſerem öſtlichen Grenzgebiet berichten übereinſtimmend, daß die ruſſiſchen Truppen, wo ſie preußiſches Gebiet beireten haben, gegen die Ortſchaften und deren Einwohner ſengend und plündernd vorgegangen ſind. Beſonders ſchwere Aus- ſchreitungen ſind aus den Gegenden von Schirwindt, Lyck und Sol- dau gemeldet. Deutſchland erhebt vor der Oeffentlichkeit Einſpruch gegen eine ſolche, dem Völkerrecht zuwiderlaufende Art der Krieg- führung. Wenn durch ſie die Kampfesweiſe einen beſonders ſchrof-

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 34, 22. August 1914, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine34_1914/4>, abgerufen am 21.11.2024.