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Allgemeine Zeitung, Nr. 18, 1. Mai 1915.

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1. Mai 1915. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] deutschen Unterseeboot am Mittwoch abend an der Ostküste be-
schossen wurde. Es ist unbekannt, ob der "Envoy" versenkt wurde.

Nach einer Reutermeldung wurde der schwedische Dampfer
"Ruth" aus Gothenburg am Mittwoch 100 Meilen östlich vom
Firth of Forth von einem deutschen Unterseeboot torpediert und
versenkt. Die Besatzung ist in Leith gelandet worden.

Im englischen Unterhaus frug Lord Charles Beres-
ford,
ob die Regierung für jedes von deutschen Unterseebooten
versenkte englische Schiff ein intermertes deutsches Schiff mit
Beschlag
belegen werde. Premierminister Asquith erwiderte,
die Regierung habe die Frage erwogen. Sie habe beschlossen, dies
vorläufig nicht zu tun. Diese Entscheidung schließe aber nicht
eine neue Erwägung aus, wenn die Umstände es erheischen.



Das britische Auswärtige Amt veröffentlicht die vom ameri-
kanischen Botschafter übermittelte Liste der 39 englischen
Offiziere,
die, in deutscher Gefangenschaft befindlich,
zur Vergeltung für die unehrenhafte Behandlung deutscher
U-Bootsmanschaften in England ins Militärgefängnis
übergeführt worden sind. Die Liste enthält u. a. folgende Namen:
Kapitän Grey, einen Verwandten von Sir Eduard Grey, Kapitän
Coke, einen Halbbruder des Lord Leicester, Lutnant Goschen,
einen Sohn des früheren britischen Botschafters in Berlin, ferner
Söhne des Earl of Errol, des Earl of Albemarle, Earl of
Galloway,
Lord Clanmorris, Lord Milton, nahe Ver-
wandte des Lord Saltourn und des Herzogs von Grafton.
Die englischen Blätter bemerken in ihrem Kommentar zu dieser
Liste, daß die Deutschen anscheinend die in ihren Händen befindlichen
Mitglieder der vornehmsten englischen Familien und die Ange-
hörigen der berühmtesten britischen Regimenter ausgesucht haben.
"Daily Telegraph" meint, daß durch die deutschen Repressalien eine
schwierige Situation geschaffen worden sei. (Bravo!)

Der amerikanische Botschafter Gerard besichtigte
gestern in Magdeburg und Burg die Kriegsgefangenen-
Arrestanstalten, in denen die englischen Offiziere zur Ver-
geltung für die Behandlung der deutschen Unterseebootsleute unter-
gebracht wurden, sowie die Gefangenenlager. Er sprach sich äußerst
befriedigt aus. Die Gefangenen äußerten unumwunden ihre
Zufriedenheit. (Man sieht, den Herren geschieht auch jetzt
noch nicht zu viel.)

Türkei.

Auch auf dem türkischen Kriegsschauplatz, insbesondere in den
Dardanellen, hat eine neue Offensive eingesetzt. Die
Türken haben sich dabei außerordentlich tapfer gehalten und über-
all geradezu überraschend schöne Erfolge erreicht. Wir lassen den
Berichten über diese Erfolge zwei kleine, über russische und eng-
lische Grausamkeit und Rücksichtslosigkeit vorgehen:



Der "Tanin" veröffentlicht genaue Angaben seines Kriegs-
korrespondenten in Erzerum über die von den Russen gegen
die muselmanische Bevölkerung in den Grenzortschaften
des Kaukasus und der türkischen Gebiete, insbesondere in Ardi,
Alaguenz, Kepenk und Velibaba, verübten Grausamkeiten
und knüpft daran die Bemerkung: Die Schilderung dieser Grausam-
keiten bildet ein Seitenstück zu der in Oesterreich-Ungarn und
Deutschland veröffentlichten Zusammenstellung ähnlicher Grausam-
keiten, die von den Russen an den deutschen Grenzen, in Galizien
und der Bukowina begangen worden sind.



Die "Agence Milli" meldet:

Das englische Schlachtschiff
"Agamemnon" bombardierte und zerstörte geflissentlich
die in Bulair auf Gallipoli befindliche Grabstätte Sulerman
Paschas,
des ersten türkischen Fürsten, welcher die Dardanellen
überschritten hat. Die Grabstätte, welche Gegenstand nationaler Ver-
ehrung war, wurde nicht zu militärischen Zwecken be-
nützt.
In dem angrenzenden Orte befanden sich keine Soldaten.

Die Engländer verletzten durch ihr Vorgehen die Haager Kon-
vention und die von der Türkei und England unterzeichnete Kon-
vention, nach welcher Tempel und andere Heiligtümer während
eines Krieges geachtet werden sollen. In dieser Hinsicht erinnern
wir daran, daß während des Balkankrieges die Serben das Grab
des Sultans Murad schonten. Wir protestieren gegen den englischen
Anschlag auf das Grab Suleiman Paschas und unterbreiten diese
Handlungsweise dem Urteil der zivilisierten Welt.

[Spaltenumbruch]

27. April:

Das Hauptquartier teilt mit:

Die Ufer von Sighindere
und westlich Sedul Bahir sind vom Feinde gesäubert. Der
Feind, der in der Nähe von Kabatepe gelandet war, bemühte sich
unter dem Schutze des Feuers seiner Schiffe, sich in seinen Ver-
teidigungsstellungen zu halten. Heute früh nahmen unsere Truppen
die Stellungen im Sturm und zwangen den Feind, sich auf der
ganzen Front zurückzuziehen. Sie fügten ihm außerordentlich
schwere Verluste bei. Ein Teil des Feindes, der nach
dem Meer zu flieht, flüchtet sich in seine Schaluppen und ent-
fernt sich schleunigst.
Diejenigen, die nicht fliehen können,
entfalten weiße Fahnen und ergeben sich in Massen.

Wir stellten fest, daß ein feindlicher Transportdampfer, von Ge-
schossen unserer Artillerie getroffen, vor Ari Burum sank. Eine in
letzter Stunde um 4 Uhr 30 Min. nachmittags eingetroffene Mel-
dung besagt, daß die feindlichen Streitkräfte, die auf vier Brigaden
geschätzt werden, an der Küste von Kabatepe ins Meer getrieben
worden sind. Ein feindlicher Kreuzer wurde mit zerbrochenem Mast
und havariertem Hinterschiff nach Tenedos geschleppt.

28. April:

Bei dem gestrigen Empfang aus Anlaß des 7. Jahrestages der
Thronbesteigung des Sultans teilte der Kriegsminister
ein Telegramm des Befehlshabers der 5. Armee, Liman Pascha,
mit, daß das Zentrum und der rechte Flügel des Feindes voll-
ständiggeschlagen
und Hoffnung vorhanden sei, daß auch der
linke Flügel geschlagen werde.



Anläßlich des siebenten Jahrestages der Thronbesteigung
des Sultans
ist die ganze Stadt reich beflaggt. Die festliche
Stimmung wird noch gesteigert durch Nachrichten von äußerst
wichtigen Erfolgen gegenüber dem neuerlichen Versuch der Alli-
ierten, die Dardanellen zu forcieren. Die Blätter heben hervor,
daß die Regierung des Sultans, die mit der Festigung des ver-
fassungsmäßigen Regimes begann, in diesem Jahr durch die Kund-
gebung der Lebenskraft und Einigkeit der Ottomanen und Musel-
manen gekennzeichnet sei, die sich in den bisher von den türkischen
Truppen errungenen Erfolgen zeige.

Die Blätter drücken ihre Ueberzeugung aus, daß der neuerliche
Dardanellenangriff die äußerste Anstrengung der Alliierten bedeute,
aber ebenso jämmerlich scheitern werde, wie die vorhergehenden An-
griffe und daß der von der Türkei unternommene Kampf um ihre
Existenz zum siegreichen Abschluß gelangt.

Der Erfolg vom 27. April reiht sich würdig dem vom
18. März an. Vielleicht übertrifft er ihn noch an Glanz. Die Aktion
der Engländer und Franzosen war auf das sorgsamste vorbereitet.
Das vernichtende Fiasko, das ihnen von der ruhmreichen
türkischen Armee bereitet wurde, ist von weittragender militärischer
und geschichtlicher Bedeutung. Die vier englischen Brigaden, die bei
Kaba Tepe im Sturm durch türkische Bajonette ins Meer ge-
worfen
wurden, und die übrigen Truppen, die mit weißer
Flagge dem Sturm sich bedingungslos ergaben, werden zu einer
anderen Bewertung türkischer Kraft kommen.

Der Empfang erhielt ein besonderes Gepräge durch die Zere-
monie der Annahme des Titels "Ghazi". Der Großwesir
richtete an den Sultan die Bitte, diesen Titel anzunehmen, worauf der
Sultan sichtlich gerührt seine Zustimmung dazu erteilte. Die Feier-
lichkeit der Uebertragung des Titels "Ghazi" findet am nächsten
Freitag statt.

Der deutsche Botschafter Frhr. v. Wangenheim wurde heute
nachmittag vom Sultan in Audienz empfangen. Er unterbreitete
ihm die Glückwünsche des Kaisers.



Nach einer Meldung der "Agenzia Stefani". 20 Meilen vom
Cap Santa Maria di Leuca ist der französische Panzer-
kreuzer "Leon Gambetta"
heute nacht von einem öster-
reichischen U-Boot torpediert
worden; ein Teil der Be-
satzung wurde gerettet.

Diese aus italienischer Quelle vorliegende Nachricht von der
Versenkung des französischen Panzerkreuzers "Leon Gambetta" durch
ein österreichisch-ungarisches Unterseeboot wird jetzt auch von amt-
licher Wiener Stelle bestätigt.

Das Flottenkommando veröffentlicht folgenden Bericht: Das
Unterseeboot "5", Kommandant Linienschiffsleutnant Georg Ritter
v. Trapp, torpedierte und versenkte im Jonischen Meer den fran-
zösischen Panzerkreuzer "Leon Gambetta".

1. Mai 1915. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] deutſchen Unterſeeboot am Mittwoch abend an der Oſtküſte be-
ſchoſſen wurde. Es iſt unbekannt, ob der „Envoy“ verſenkt wurde.

Nach einer Reutermeldung wurde der ſchwediſche Dampfer
„Ruth“ aus Gothenburg am Mittwoch 100 Meilen öſtlich vom
Firth of Forth von einem deutſchen Unterſeeboot torpediert und
verſenkt. Die Beſatzung iſt in Leith gelandet worden.

Im engliſchen Unterhaus frug Lord Charles Beres-
ford,
ob die Regierung für jedes von deutſchen Unterſeebooten
verſenkte engliſche Schiff ein intermertes deutſches Schiff mit
Beſchlag
belegen werde. Premierminiſter Asquith erwiderte,
die Regierung habe die Frage erwogen. Sie habe beſchloſſen, dies
vorläufig nicht zu tun. Dieſe Entſcheidung ſchließe aber nicht
eine neue Erwägung aus, wenn die Umſtände es erheiſchen.



Das britiſche Auswärtige Amt veröffentlicht die vom ameri-
kaniſchen Botſchafter übermittelte Liſte der 39 engliſchen
Offiziere,
die, in deutſcher Gefangenſchaft befindlich,
zur Vergeltung für die unehrenhafte Behandlung deutſcher
U-Bootsmanſchaften in England ins Militärgefängnis
übergeführt worden ſind. Die Liſte enthält u. a. folgende Namen:
Kapitän Grey, einen Verwandten von Sir Eduard Grey, Kapitän
Coke, einen Halbbruder des Lord Leiceſter, Lutnant Goſchen,
einen Sohn des früheren britiſchen Botſchafters in Berlin, ferner
Söhne des Earl of Errol, des Earl of Albemarle, Earl of
Galloway,
Lord Clanmorris, Lord Milton, nahe Ver-
wandte des Lord Saltourn und des Herzogs von Grafton.
Die engliſchen Blätter bemerken in ihrem Kommentar zu dieſer
Liſte, daß die Deutſchen anſcheinend die in ihren Händen befindlichen
Mitglieder der vornehmſten engliſchen Familien und die Ange-
hörigen der berühmteſten britiſchen Regimenter ausgeſucht haben.
„Daily Telegraph“ meint, daß durch die deutſchen Repreſſalien eine
ſchwierige Situation geſchaffen worden ſei. (Bravo!)

Der amerikaniſche Botſchafter Gerard beſichtigte
geſtern in Magdeburg und Burg die Kriegsgefangenen-
Arreſtanſtalten, in denen die engliſchen Offiziere zur Ver-
geltung für die Behandlung der deutſchen Unterſeebootsleute unter-
gebracht wurden, ſowie die Gefangenenlager. Er ſprach ſich äußerſt
befriedigt aus. Die Gefangenen äußerten unumwunden ihre
Zufriedenheit. (Man ſieht, den Herren geſchieht auch jetzt
noch nicht zu viel.)

Türkei.

Auch auf dem türkiſchen Kriegsſchauplatz, insbeſondere in den
Dardanellen, hat eine neue Offenſive eingeſetzt. Die
Türken haben ſich dabei außerordentlich tapfer gehalten und über-
all geradezu überraſchend ſchöne Erfolge erreicht. Wir laſſen den
Berichten über dieſe Erfolge zwei kleine, über ruſſiſche und eng-
liſche Grauſamkeit und Rückſichtsloſigkeit vorgehen:



Der „Tanin“ veröffentlicht genaue Angaben ſeines Kriegs-
korreſpondenten in Erzerum über die von den Ruſſen gegen
die muſelmaniſche Bevölkerung in den Grenzortſchaften
des Kaukaſus und der türkiſchen Gebiete, insbeſondere in Ardi,
Alaguenz, Kepenk und Velibaba, verübten Grauſamkeiten
und knüpft daran die Bemerkung: Die Schilderung dieſer Grauſam-
keiten bildet ein Seitenſtück zu der in Oeſterreich-Ungarn und
Deutſchland veröffentlichten Zuſammenſtellung ähnlicher Grauſam-
keiten, die von den Ruſſen an den deutſchen Grenzen, in Galizien
und der Bukowina begangen worden ſind.



Die „Agence Milli“ meldet:

Das engliſche Schlachtſchiff
„Agamemnon“ bombardierte und zerſtörte gefliſſentlich
die in Bulair auf Gallipoli befindliche Grabſtätte Sulerman
Paſchas,
des erſten türkiſchen Fürſten, welcher die Dardanellen
überſchritten hat. Die Grabſtätte, welche Gegenſtand nationaler Ver-
ehrung war, wurde nicht zu militäriſchen Zwecken be-
nützt.
In dem angrenzenden Orte befanden ſich keine Soldaten.

Die Engländer verletzten durch ihr Vorgehen die Haager Kon-
vention und die von der Türkei und England unterzeichnete Kon-
vention, nach welcher Tempel und andere Heiligtümer während
eines Krieges geachtet werden ſollen. In dieſer Hinſicht erinnern
wir daran, daß während des Balkankrieges die Serben das Grab
des Sultans Murad ſchonten. Wir proteſtieren gegen den engliſchen
Anſchlag auf das Grab Suleiman Paſchas und unterbreiten dieſe
Handlungsweiſe dem Urteil der ziviliſierten Welt.

[Spaltenumbruch]

27. April:

Das Hauptquartier teilt mit:

Die Ufer von Sighindere
und weſtlich Sedul Bahir ſind vom Feinde geſäubert. Der
Feind, der in der Nähe von Kabatepe gelandet war, bemühte ſich
unter dem Schutze des Feuers ſeiner Schiffe, ſich in ſeinen Ver-
teidigungsſtellungen zu halten. Heute früh nahmen unſere Truppen
die Stellungen im Sturm und zwangen den Feind, ſich auf der
ganzen Front zurückzuziehen. Sie fügten ihm außerordentlich
ſchwere Verluſte bei. Ein Teil des Feindes, der nach
dem Meer zu flieht, flüchtet ſich in ſeine Schaluppen und ent-
fernt ſich ſchleunigſt.
Diejenigen, die nicht fliehen können,
entfalten weiße Fahnen und ergeben ſich in Maſſen.

Wir ſtellten feſt, daß ein feindlicher Transportdampfer, von Ge-
ſchoſſen unſerer Artillerie getroffen, vor Ari Burum ſank. Eine in
letzter Stunde um 4 Uhr 30 Min. nachmittags eingetroffene Mel-
dung beſagt, daß die feindlichen Streitkräfte, die auf vier Brigaden
geſchätzt werden, an der Küſte von Kabatepe ins Meer getrieben
worden ſind. Ein feindlicher Kreuzer wurde mit zerbrochenem Maſt
und havariertem Hinterſchiff nach Tenedos geſchleppt.

28. April:

Bei dem geſtrigen Empfang aus Anlaß des 7. Jahrestages der
Thronbeſteigung des Sultans teilte der Kriegsminiſter
ein Telegramm des Befehlshabers der 5. Armee, Liman Paſcha,
mit, daß das Zentrum und der rechte Flügel des Feindes voll-
ſtändiggeſchlagen
und Hoffnung vorhanden ſei, daß auch der
linke Flügel geſchlagen werde.



Anläßlich des ſiebenten Jahrestages der Thronbeſteigung
des Sultans
iſt die ganze Stadt reich beflaggt. Die feſtliche
Stimmung wird noch geſteigert durch Nachrichten von äußerſt
wichtigen Erfolgen gegenüber dem neuerlichen Verſuch der Alli-
ierten, die Dardanellen zu forcieren. Die Blätter heben hervor,
daß die Regierung des Sultans, die mit der Feſtigung des ver-
faſſungsmäßigen Regimes begann, in dieſem Jahr durch die Kund-
gebung der Lebenskraft und Einigkeit der Ottomanen und Muſel-
manen gekennzeichnet ſei, die ſich in den bisher von den türkiſchen
Truppen errungenen Erfolgen zeige.

Die Blätter drücken ihre Ueberzeugung aus, daß der neuerliche
Dardanellenangriff die äußerſte Anſtrengung der Alliierten bedeute,
aber ebenſo jämmerlich ſcheitern werde, wie die vorhergehenden An-
griffe und daß der von der Türkei unternommene Kampf um ihre
Exiſtenz zum ſiegreichen Abſchluß gelangt.

Der Erfolg vom 27. April reiht ſich würdig dem vom
18. März an. Vielleicht übertrifft er ihn noch an Glanz. Die Aktion
der Engländer und Franzoſen war auf das ſorgſamſte vorbereitet.
Das vernichtende Fiasko, das ihnen von der ruhmreichen
türkiſchen Armee bereitet wurde, iſt von weittragender militäriſcher
und geſchichtlicher Bedeutung. Die vier engliſchen Brigaden, die bei
Kaba Tepe im Sturm durch türkiſche Bajonette ins Meer ge-
worfen
wurden, und die übrigen Truppen, die mit weißer
Flagge dem Sturm ſich bedingungslos ergaben, werden zu einer
anderen Bewertung türkiſcher Kraft kommen.

Der Empfang erhielt ein beſonderes Gepräge durch die Zere-
monie der Annahme des Titels „Ghazi“. Der Großweſir
richtete an den Sultan die Bitte, dieſen Titel anzunehmen, worauf der
Sultan ſichtlich gerührt ſeine Zuſtimmung dazu erteilte. Die Feier-
lichkeit der Uebertragung des Titels „Ghazi“ findet am nächſten
Freitag ſtatt.

Der deutſche Botſchafter Frhr. v. Wangenheim wurde heute
nachmittag vom Sultan in Audienz empfangen. Er unterbreitete
ihm die Glückwünſche des Kaiſers.



Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“. 20 Meilen vom
Cap Santa Maria di Leuca iſt der franzöſiſche Panzer-
kreuzer „Lėon Gambetta“
heute nacht von einem öſter-
reichiſchen U-Boot torpediert
worden; ein Teil der Be-
ſatzung wurde gerettet.

Dieſe aus italieniſcher Quelle vorliegende Nachricht von der
Verſenkung des franzöſiſchen Panzerkreuzers „Léon Gambetta“ durch
ein öſterreichiſch-ungariſches Unterſeeboot wird jetzt auch von amt-
licher Wiener Stelle beſtätigt.

Das Flottenkommando veröffentlicht folgenden Bericht: Das
Unterſeeboot „5“, Kommandant Linienſchiffsleutnant Georg Ritter
v. Trapp, torpedierte und verſenkte im Joniſchen Meer den fran-
zöſiſchen Panzerkreuzer „Lėon Gambetta“.

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[Seite 269.[269]/0007] 1. Mai 1915. Allgemeine Zeitung deutſchen Unterſeeboot am Mittwoch abend an der Oſtküſte be- ſchoſſen wurde. Es iſt unbekannt, ob der „Envoy“ verſenkt wurde. Nach einer Reutermeldung wurde der ſchwediſche Dampfer „Ruth“ aus Gothenburg am Mittwoch 100 Meilen öſtlich vom Firth of Forth von einem deutſchen Unterſeeboot torpediert und verſenkt. Die Beſatzung iſt in Leith gelandet worden. Im engliſchen Unterhaus frug Lord Charles Beres- ford, ob die Regierung für jedes von deutſchen Unterſeebooten verſenkte engliſche Schiff ein intermertes deutſches Schiff mit Beſchlag belegen werde. Premierminiſter Asquith erwiderte, die Regierung habe die Frage erwogen. Sie habe beſchloſſen, dies vorläufig nicht zu tun. Dieſe Entſcheidung ſchließe aber nicht eine neue Erwägung aus, wenn die Umſtände es erheiſchen. Das britiſche Auswärtige Amt veröffentlicht die vom ameri- kaniſchen Botſchafter übermittelte Liſte der 39 engliſchen Offiziere, die, in deutſcher Gefangenſchaft befindlich, zur Vergeltung für die unehrenhafte Behandlung deutſcher U-Bootsmanſchaften in England ins Militärgefängnis übergeführt worden ſind. Die Liſte enthält u. a. folgende Namen: Kapitän Grey, einen Verwandten von Sir Eduard Grey, Kapitän Coke, einen Halbbruder des Lord Leiceſter, Lutnant Goſchen, einen Sohn des früheren britiſchen Botſchafters in Berlin, ferner Söhne des Earl of Errol, des Earl of Albemarle, Earl of Galloway, Lord Clanmorris, Lord Milton, nahe Ver- wandte des Lord Saltourn und des Herzogs von Grafton. Die engliſchen Blätter bemerken in ihrem Kommentar zu dieſer Liſte, daß die Deutſchen anſcheinend die in ihren Händen befindlichen Mitglieder der vornehmſten engliſchen Familien und die Ange- hörigen der berühmteſten britiſchen Regimenter ausgeſucht haben. „Daily Telegraph“ meint, daß durch die deutſchen Repreſſalien eine ſchwierige Situation geſchaffen worden ſei. (Bravo!) Der amerikaniſche Botſchafter Gerard beſichtigte geſtern in Magdeburg und Burg die Kriegsgefangenen- Arreſtanſtalten, in denen die engliſchen Offiziere zur Ver- geltung für die Behandlung der deutſchen Unterſeebootsleute unter- gebracht wurden, ſowie die Gefangenenlager. Er ſprach ſich äußerſt befriedigt aus. Die Gefangenen äußerten unumwunden ihre Zufriedenheit. (Man ſieht, den Herren geſchieht auch jetzt noch nicht zu viel.) Türkei. Auch auf dem türkiſchen Kriegsſchauplatz, insbeſondere in den Dardanellen, hat eine neue Offenſive eingeſetzt. Die Türken haben ſich dabei außerordentlich tapfer gehalten und über- all geradezu überraſchend ſchöne Erfolge erreicht. Wir laſſen den Berichten über dieſe Erfolge zwei kleine, über ruſſiſche und eng- liſche Grauſamkeit und Rückſichtsloſigkeit vorgehen: Der „Tanin“ veröffentlicht genaue Angaben ſeines Kriegs- korreſpondenten in Erzerum über die von den Ruſſen gegen die muſelmaniſche Bevölkerung in den Grenzortſchaften des Kaukaſus und der türkiſchen Gebiete, insbeſondere in Ardi, Alaguenz, Kepenk und Velibaba, verübten Grauſamkeiten und knüpft daran die Bemerkung: Die Schilderung dieſer Grauſam- keiten bildet ein Seitenſtück zu der in Oeſterreich-Ungarn und Deutſchland veröffentlichten Zuſammenſtellung ähnlicher Grauſam- keiten, die von den Ruſſen an den deutſchen Grenzen, in Galizien und der Bukowina begangen worden ſind. Die „Agence Milli“ meldet: Das engliſche Schlachtſchiff „Agamemnon“ bombardierte und zerſtörte gefliſſentlich die in Bulair auf Gallipoli befindliche Grabſtätte Sulerman Paſchas, des erſten türkiſchen Fürſten, welcher die Dardanellen überſchritten hat. Die Grabſtätte, welche Gegenſtand nationaler Ver- ehrung war, wurde nicht zu militäriſchen Zwecken be- nützt. In dem angrenzenden Orte befanden ſich keine Soldaten. Die Engländer verletzten durch ihr Vorgehen die Haager Kon- vention und die von der Türkei und England unterzeichnete Kon- vention, nach welcher Tempel und andere Heiligtümer während eines Krieges geachtet werden ſollen. In dieſer Hinſicht erinnern wir daran, daß während des Balkankrieges die Serben das Grab des Sultans Murad ſchonten. Wir proteſtieren gegen den engliſchen Anſchlag auf das Grab Suleiman Paſchas und unterbreiten dieſe Handlungsweiſe dem Urteil der ziviliſierten Welt. 27. April: Das Hauptquartier teilt mit: Die Ufer von Sighindere und weſtlich Sedul Bahir ſind vom Feinde geſäubert. Der Feind, der in der Nähe von Kabatepe gelandet war, bemühte ſich unter dem Schutze des Feuers ſeiner Schiffe, ſich in ſeinen Ver- teidigungsſtellungen zu halten. Heute früh nahmen unſere Truppen die Stellungen im Sturm und zwangen den Feind, ſich auf der ganzen Front zurückzuziehen. Sie fügten ihm außerordentlich ſchwere Verluſte bei. Ein Teil des Feindes, der nach dem Meer zu flieht, flüchtet ſich in ſeine Schaluppen und ent- fernt ſich ſchleunigſt. Diejenigen, die nicht fliehen können, entfalten weiße Fahnen und ergeben ſich in Maſſen. Wir ſtellten feſt, daß ein feindlicher Transportdampfer, von Ge- ſchoſſen unſerer Artillerie getroffen, vor Ari Burum ſank. Eine in letzter Stunde um 4 Uhr 30 Min. nachmittags eingetroffene Mel- dung beſagt, daß die feindlichen Streitkräfte, die auf vier Brigaden geſchätzt werden, an der Küſte von Kabatepe ins Meer getrieben worden ſind. Ein feindlicher Kreuzer wurde mit zerbrochenem Maſt und havariertem Hinterſchiff nach Tenedos geſchleppt. 28. April: Bei dem geſtrigen Empfang aus Anlaß des 7. Jahrestages der Thronbeſteigung des Sultans teilte der Kriegsminiſter ein Telegramm des Befehlshabers der 5. Armee, Liman Paſcha, mit, daß das Zentrum und der rechte Flügel des Feindes voll- ſtändiggeſchlagen und Hoffnung vorhanden ſei, daß auch der linke Flügel geſchlagen werde. Anläßlich des ſiebenten Jahrestages der Thronbeſteigung des Sultans iſt die ganze Stadt reich beflaggt. Die feſtliche Stimmung wird noch geſteigert durch Nachrichten von äußerſt wichtigen Erfolgen gegenüber dem neuerlichen Verſuch der Alli- ierten, die Dardanellen zu forcieren. Die Blätter heben hervor, daß die Regierung des Sultans, die mit der Feſtigung des ver- faſſungsmäßigen Regimes begann, in dieſem Jahr durch die Kund- gebung der Lebenskraft und Einigkeit der Ottomanen und Muſel- manen gekennzeichnet ſei, die ſich in den bisher von den türkiſchen Truppen errungenen Erfolgen zeige. Die Blätter drücken ihre Ueberzeugung aus, daß der neuerliche Dardanellenangriff die äußerſte Anſtrengung der Alliierten bedeute, aber ebenſo jämmerlich ſcheitern werde, wie die vorhergehenden An- griffe und daß der von der Türkei unternommene Kampf um ihre Exiſtenz zum ſiegreichen Abſchluß gelangt. Der Erfolg vom 27. April reiht ſich würdig dem vom 18. März an. Vielleicht übertrifft er ihn noch an Glanz. Die Aktion der Engländer und Franzoſen war auf das ſorgſamſte vorbereitet. Das vernichtende Fiasko, das ihnen von der ruhmreichen türkiſchen Armee bereitet wurde, iſt von weittragender militäriſcher und geſchichtlicher Bedeutung. Die vier engliſchen Brigaden, die bei Kaba Tepe im Sturm durch türkiſche Bajonette ins Meer ge- worfen wurden, und die übrigen Truppen, die mit weißer Flagge dem Sturm ſich bedingungslos ergaben, werden zu einer anderen Bewertung türkiſcher Kraft kommen. Der Empfang erhielt ein beſonderes Gepräge durch die Zere- monie der Annahme des Titels „Ghazi“. Der Großweſir richtete an den Sultan die Bitte, dieſen Titel anzunehmen, worauf der Sultan ſichtlich gerührt ſeine Zuſtimmung dazu erteilte. Die Feier- lichkeit der Uebertragung des Titels „Ghazi“ findet am nächſten Freitag ſtatt. Der deutſche Botſchafter Frhr. v. Wangenheim wurde heute nachmittag vom Sultan in Audienz empfangen. Er unterbreitete ihm die Glückwünſche des Kaiſers. Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“. 20 Meilen vom Cap Santa Maria di Leuca iſt der franzöſiſche Panzer- kreuzer „Lėon Gambetta“ heute nacht von einem öſter- reichiſchen U-Boot torpediert worden; ein Teil der Be- ſatzung wurde gerettet. Dieſe aus italieniſcher Quelle vorliegende Nachricht von der Verſenkung des franzöſiſchen Panzerkreuzers „Léon Gambetta“ durch ein öſterreichiſch-ungariſches Unterſeeboot wird jetzt auch von amt- licher Wiener Stelle beſtätigt. Das Flottenkommando veröffentlicht folgenden Bericht: Das Unterſeeboot „5“, Kommandant Linienſchiffsleutnant Georg Ritter v. Trapp, torpedierte und verſenkte im Joniſchen Meer den fran- zöſiſchen Panzerkreuzer „Lėon Gambetta“.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 18, 1. Mai 1915, S. Seite 269.[269]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine18_1915/7>, abgerufen am 28.11.2024.