Allgemeine Zeitung, Nr. 18, 1. Mai 1915.
27. April:
28. April:
29. April:
Ueber die wachsende Teuerung in Rußland ent- Am 20. April herrschte in den meisten Fleischerläden eine sehr Die Petersburger Stadtverwaltung hat sich ge- England. Die Meldungen aus England geben immer dasselbe Bild: 23. April:
25. April:
26. April:
Ueber den deutschen Unterseekrieg wird aus eng-
27. April:
28. April:
29. April:
Ueber die wachſende Teuerung in Rußland ent- Am 20. April herrſchte in den meiſten Fleiſcherläden eine ſehr Die Petersburger Stadtverwaltung hat ſich ge- England. Die Meldungen aus England geben immer dasſelbe Bild: 23. April:
25. April:
26. April:
Ueber den deutſchen Unterſeekrieg wird aus eng-
<TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <cit> <quote> <p><pb facs="#f0006" n="Seite 268.[268]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi> 1. Mat 1915.</fw><lb/><cb/> ners wurden hierbei faſt gänzlich vernichtet und einige hundert<lb/> Mann gefangen.</p><lb/> <p>Die ſofort einſetzende <hi rendition="#g">Verfolgungsaktion</hi> brachte uns<lb/> in den Beſitz von 26 Schützengräben und vielem Kriegsmaterial.<lb/> Auch in den übrigen Abſchnitten wurden die Nachtangriffe des Fein-<lb/> des blutig abgewieſen.</p><lb/> <p>Vor den Stellungen des <hi rendition="#g">Uzſoker Paſſes</hi> ging der Geg-<lb/> ner nach abgeſchlagenem Angriff <hi rendition="#g">fluchtartig</hi> zurück. In den<lb/> geſtrigen Kämpfen wurde das bisher gewonnene Gebiet trotz ver-<lb/> zweifelter Gegenangriffe der Ruſſen nicht nur behauptet, ſondern<lb/> ſüdöſtlich von Koziowa noch erweitert. An der Front weſtlich des<lb/> Uzſoker Paſſes, in Galizien und Polen, ſowie auch am Dnjeſtr und<lb/> in der Bukowina Geſchützkampf, ſonſt Ruhe.</p> </quote> </cit><lb/> <p>27. April:</p><lb/> <cit> <quote> <p>An der ganzen Front keine beſonderen Ereigniſſe. In manchen<lb/> Abſchnitten heftige Geſchützkämpfe.</p><lb/> <p>In den <hi rendition="#g">Karpathen</hi> haben die Ruſſen ihre verluſtreichen<lb/> Angriffe gegen unſere Stellungen am Uzſoker Paß und in den öſt-<lb/> lich anſchließenden Frontabſchnitten wieder eingeſtellt.</p> </quote> </cit><lb/> <p>28. April:</p><lb/> <cit> <quote> <p>Durch Angriff ſetzten wir uns nordöſtlich und öſtlich von<lb/><hi rendition="#g">Suwalki</hi> in den Beſitz ruſſiſcher Stellungen auf einer Front-<lb/> breite von 20 Kilometer. Nördlich von <hi rendition="#g">Prasnysz</hi> wurden<lb/> geſtern zwei Offiziere und 470 Ruſſen gefangen genommen und<lb/> drei Maſchinengewehre erbeutet.</p><lb/> <p>In den <hi rendition="#g">Karpathen</hi> ſowie in <hi rendition="#g">Ruſſiſch-Polen</hi> ver-<lb/> einzelt heftigere Geſchützkämpfe. Unſere Artillerie brachte zwei<lb/> Munitionsdepots der Ruſſen durch Volltreffer zur Exploſion. Wie-<lb/> derholte Nachtangriffe des Feindes im Abſchnitte öſtlich der Höhe<lb/> Oſtry wurden abgewieſen.</p><lb/> <p>In <hi rendition="#g">Südoſtgalizien</hi> und in der <hi rendition="#g">Bukowina</hi> keine be-<lb/> ſonderen Ereigniſſe.</p> </quote> </cit><lb/> <p>29. April:</p><lb/> <cit> <quote> <p>Die allgemeine Lage iſt unverändert.</p><lb/> <p>An der Front in <hi rendition="#g">Ruſſiſch-Polen</hi> und in den <hi rendition="#g">Kar-<lb/> pathen</hi> in mehreren Abſchnitten heftige Geſchützkämpfe. Unſere<lb/> Artillerie feuerte mit ſehr guter Wirkung gegen eine ruſſiſche Unter-<lb/> kunft der Munitionsobjekte. Im <hi rendition="#g">Oportale</hi> verſuchte der Feind<lb/> nach mehrſtündigem erfolgloſen Artilleriefeuer nachts einen Vorſtoß<lb/> gegen die Höhenſtellungen unſerer Infanterie. Er wurde jedoch<lb/> nach einem kurzen Kampfe an der ganzen Front abgewieſen.</p> </quote> </cit><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Ueber die <hi rendition="#g">wachſende Teuerung in Rußland</hi> ent-<lb/> halten Petersburger Blätter folgende für uns intereſſante Einzel-<lb/> heiten:</p><lb/> <p>Am 20. April herrſchte in den meiſten Fleiſcherläden eine ſehr<lb/> große Aufregung. Das Publikum verlangte polizeiliches Einſchrei-<lb/> ten. Die Polizei ſtellte feſt, daß tatſächlich Fleiſch nicht mehr vor-<lb/> handen ſei und keine Verheimlichung ſtattfinde. Die Stadtverwal-<lb/> tung verſorgte die Bevölkerung mit Fleiſch aus den Gefrierhallen.<lb/> Für vorhandenes friſches-Fleiſch wurden Wucherpreiſe gefordert.<lb/> Am nächſten Tage brachen aus dieſem Grunde ganz <hi rendition="#g">erheb-<lb/> liche Unruhen</hi> aus, wobei eine Reihe von Läden vollſtändig<lb/> verwüſtet wurde. Der Polizei gelang es erſt nach längerer Zeit,<lb/> die Ruhe wieder herzuſtellen. Der Gehilfe des Stadthauptmanns<lb/> Oberſt Model, der Polizeimeiſter Solotareff und der Revierauf-<lb/> ſeher Woitzik ſind durch Steinwürfe ſchwer am Kopfe verletzt<lb/> worden.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Petersburger Stadtverwaltung</hi> hat ſich ge-<lb/> zwungen geſehen, um das Publikum mit Brot zu verſorgen, ſtädti-<lb/> ſche Bäckereien zu eröffnen. Es wurde feſtgeſtellt, daß am 14. April<lb/> in Petersburg von dem Jahresbedarf an Tee nur 25 Prozent,<lb/> an Fiſchen nur noch 17½ Prozent, an Zucker nur noch 8 Prozent<lb/> vorhanden waren. Die Zufuhr von raffiniertem Zucker iſt außer-<lb/> ordentlich erſchwert. Tafelbutter iſt in <hi rendition="#g">Moskau</hi> nur noch für<lb/> eine Woche vorhanden. In <hi rendition="#g">Wilna</hi> iſt wegen Kohlenmangels<lb/> der Betrieb des Elektrizitätswerkes eingeſtellt worden; nur einzelne<lb/> entlegene Straßen der Stadt, wo der Aufenthalt ſonſt gefährdet<lb/> wäre, werden noch beleuchtet.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">England.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <p>Die Meldungen aus England geben immer dasſelbe Bild:<lb/> Lügen und Verleumdungen über die Feinde, Verkleinerungen<lb/> deren Erfolge und Hinwegſetzung über Verträge und Völkerrecht.<lb/> Die engliſche Schiffahrt zeigt ſich durch unſeren glücklichen Unter-<lb/><cb/> ſeekrieg immer mehr gehindert, und die Nervoſität in der engliſchen<lb/> Handelswelt und beim Publikum iſt infolgedeſſen in ſtändigem<lb/> Steigen begriffen. Die amtlichen und außeramtlichen Telegramme<lb/> über die letzten Vorgänge lauten:</p><lb/> <p>23. April:</p><lb/> <cit> <quote> <p>Die <hi rendition="#g">deutſche Hochſeeflotte</hi> hat in letzter Zeit mehr-<lb/> fach <hi rendition="#g">Kreuzfahrten</hi> in der Nordſee ausgeführt und iſt dabei<lb/> bis in die engliſchen Gewäſſer vorgeſtoßen. <hi rendition="#g">Auf keiner der<lb/> Fahrten wurden engliſche Streitkräfte ange-<lb/> troffen.</hi></p><lb/> <p>Nachdem England geſtern erneut die <hi rendition="#g">Einſtellung des<lb/> Paſſagierverkehrs</hi> mit Holland verfügt hat, gibt jetzt der<lb/> engliſche Generalkonſul auch die Einſtellung allen Schiffsverkehrs<lb/> zwiſchen Holland und Belgien bekannt. Der Generaldirektor des<lb/> holländiſchen Poſt- und Telegraphenweſens gibt bekannt, daß auch<lb/> der Poſtverkehr mit England bis auf weiteres eingeſtellt iſt.</p><lb/> <p>Nachdem eine größere Anzahl <hi rendition="#g">ſchwediſcher Dampfer</hi><lb/> von den Engländern beſchlagnahmt worden iſt, haben die ſchwedi-<lb/> ſchen Staatsbahnen den <hi rendition="#g">Verkauf von direkten Fahr-<lb/> karten nach England eingeſtellt.</hi></p> </quote> </cit><lb/> <p>25. April:</p><lb/> <cit> <quote> <p>Die Engländer ſtehen im Begriff, außer den bisher beſetzten<lb/> Inſeln Lemnos, Imbros und Tenedos auch <hi rendition="#g">Mythilene</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Chios</hi> zu beſetzen. Sämtliche für <hi rendition="#g">Truppenlandungen</hi><lb/> notwendigen Vorbereitungen wurden auf den letztgenannten beiden<lb/> Inſeln getroffen. In Begleitung des engliſchen Generalkonſuls in<lb/> Smyrna beſichtigte Oberſt Dawley eingehend Mythilene und Chios<lb/> Dawley behandelte dabei die griechiſchen Behörden vollkommen<lb/> als Luft.</p><lb/> <p>Genau die gleiche Taktik befolgten die Engländer ſchon auf<lb/><hi rendition="#g">Tenedos.</hi> Der griechiſche Gendarmeriehauptmann, der um Auf-<lb/> klärung über die Landung der Engländer auf griechiſchem Terri-<lb/> torium erſuchte, wurde aus der von den Engländern beſetzten Zone<lb/> weggeführt mit dem höflichen, aber beſtimmten Erſuchen, ſich künf-<lb/> tig um ſeine, aber nicht um engliſche Angelegenheiten zu kümmern.</p> </quote> </cit><lb/> <p>26. April:</p><lb/> <cit> <quote> <p>Der Kriegsberichterſtatter der „B. Z.“ ſchreibt über den<lb/><hi rendition="#g">völkerrechtswidrigen Mißbrauch deutſcher Uni-<lb/> formen</hi> durch engliſche Soldaten: Während eines Gefechtes<lb/> ſahen unſere Truppen plötzlich etwa 100 Meter von ſich eine Gruppe<lb/> deutſcher Soldaten, die ein Maſchinengewehr bei ſich hatten. Sie<lb/> glaubten natürlich, es mit Kameraden zu tun zu haben, denn die<lb/> Leute trugen ganz vorſchriftsmäßige deutſche Uniformen und Helme.<lb/> Da ſahen ſie das Gewehr gegen die eigenen Reihen gerichtet.<lb/><hi rendition="#g">„Nicht ſchießen! Deutſche!“</hi> riefen ſie den vermeintlichen<lb/> Kameraden zu. Aber dieſe hatten inzwiſchen das Maſchinen-<lb/> gewehr in Stellung gebracht und begannen auf uns ein mörderiſches<lb/> Feuer zu richten. Dieſe hinterliſtige Tat wurde ſofort gerächt.<lb/> Nicht einer der Engländer entging dem Feuer, das nun auf ſie ge-<lb/> richtet wurde. Alle bis auf den letzten Mann wurden niedergemacht.</p><lb/> <p>Auf einer anderen Stelle der Front griffen die Engländer in<lb/> dichten Gruppenkolonnen an. Man fah eine deutſche Schützenlinie<lb/> ſich gegen unſere Stellungen bewegen. Die Engländer trugen auch<lb/> hier <hi rendition="#g">deutſche Uniformen.</hi> Man ſieht alſo, es handelt ſich<lb/> nicht um einen von einigen Uebereifrigen begangenen Verſtoß gegen<lb/> das Völkerrecht und gegen den ehrlichen Kriegsbrauch, ſondern um<lb/> ein mit Wiſſen und Willen der engliſchen Führer begangenes Ver-<lb/> brechen.</p> </quote> </cit><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Ueber den <hi rendition="#g">deutſchen Unterſeekrieg</hi> wird aus eng-<lb/> liſchen, holländiſchen und däniſchen Quellen nachſtehendes unterm<lb/> 25. April berichtet:</p><lb/> <cit> <quote> <p>Die „Times“ berichten: Der Fiſchdampfer <hi rendition="#g">„Queenstown“</hi><lb/> landete geſtern in Grimsby fünf Mann von dem Fiſchdampfer <hi rendition="#g">„St.<lb/> Lawrenz“,</hi> der (wie gemeldet) von einem deutſchen Unterſeeboot<lb/> am Donnerstag an der Doggerbank verſenkt wurde. Das Unterſee-<lb/> boot beſchoß das Schiff mittag 11.30 Uhr, worauf beſchloſſen wurde,<lb/> es aufzugeben. Zwei Mann ertranken. Die Deutſchen ſprengten den<lb/> Fiſchdampfer durch hineingelegte Minen in die Luft.</p><lb/> <p>Nach einer Meldung von Lloyd iſt der norwegiſche Dampfer<lb/> „Caprioi“ aus Bergen auf der Reiſe von Baltimore nach Chriſtiania<lb/> geſtern abend bei <hi rendition="#g">Tory Island</hi> an der iriſchen Nordküſte auf<lb/> eine Mine geſtoßen und geſunken. Die Mannſchaft wurde gerettet.</p><lb/> <p>Der Fiſchdampfer <hi rendition="#g">„Fuchia“</hi> traf geſtern in Aberdeen ein mit<lb/> der Mannſchaft des Fiſchdampfers „Envoy“ an Bord, der von einem<lb/></p> </quote> </cit> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [Seite 268.[268]/0006]
Allgemeine Zeitung 1. Mat 1915.
ners wurden hierbei faſt gänzlich vernichtet und einige hundert
Mann gefangen.
Die ſofort einſetzende Verfolgungsaktion brachte uns
in den Beſitz von 26 Schützengräben und vielem Kriegsmaterial.
Auch in den übrigen Abſchnitten wurden die Nachtangriffe des Fein-
des blutig abgewieſen.
Vor den Stellungen des Uzſoker Paſſes ging der Geg-
ner nach abgeſchlagenem Angriff fluchtartig zurück. In den
geſtrigen Kämpfen wurde das bisher gewonnene Gebiet trotz ver-
zweifelter Gegenangriffe der Ruſſen nicht nur behauptet, ſondern
ſüdöſtlich von Koziowa noch erweitert. An der Front weſtlich des
Uzſoker Paſſes, in Galizien und Polen, ſowie auch am Dnjeſtr und
in der Bukowina Geſchützkampf, ſonſt Ruhe.
27. April:
An der ganzen Front keine beſonderen Ereigniſſe. In manchen
Abſchnitten heftige Geſchützkämpfe.
In den Karpathen haben die Ruſſen ihre verluſtreichen
Angriffe gegen unſere Stellungen am Uzſoker Paß und in den öſt-
lich anſchließenden Frontabſchnitten wieder eingeſtellt.
28. April:
Durch Angriff ſetzten wir uns nordöſtlich und öſtlich von
Suwalki in den Beſitz ruſſiſcher Stellungen auf einer Front-
breite von 20 Kilometer. Nördlich von Prasnysz wurden
geſtern zwei Offiziere und 470 Ruſſen gefangen genommen und
drei Maſchinengewehre erbeutet.
In den Karpathen ſowie in Ruſſiſch-Polen ver-
einzelt heftigere Geſchützkämpfe. Unſere Artillerie brachte zwei
Munitionsdepots der Ruſſen durch Volltreffer zur Exploſion. Wie-
derholte Nachtangriffe des Feindes im Abſchnitte öſtlich der Höhe
Oſtry wurden abgewieſen.
In Südoſtgalizien und in der Bukowina keine be-
ſonderen Ereigniſſe.
29. April:
Die allgemeine Lage iſt unverändert.
An der Front in Ruſſiſch-Polen und in den Kar-
pathen in mehreren Abſchnitten heftige Geſchützkämpfe. Unſere
Artillerie feuerte mit ſehr guter Wirkung gegen eine ruſſiſche Unter-
kunft der Munitionsobjekte. Im Oportale verſuchte der Feind
nach mehrſtündigem erfolgloſen Artilleriefeuer nachts einen Vorſtoß
gegen die Höhenſtellungen unſerer Infanterie. Er wurde jedoch
nach einem kurzen Kampfe an der ganzen Front abgewieſen.
Ueber die wachſende Teuerung in Rußland ent-
halten Petersburger Blätter folgende für uns intereſſante Einzel-
heiten:
Am 20. April herrſchte in den meiſten Fleiſcherläden eine ſehr
große Aufregung. Das Publikum verlangte polizeiliches Einſchrei-
ten. Die Polizei ſtellte feſt, daß tatſächlich Fleiſch nicht mehr vor-
handen ſei und keine Verheimlichung ſtattfinde. Die Stadtverwal-
tung verſorgte die Bevölkerung mit Fleiſch aus den Gefrierhallen.
Für vorhandenes friſches-Fleiſch wurden Wucherpreiſe gefordert.
Am nächſten Tage brachen aus dieſem Grunde ganz erheb-
liche Unruhen aus, wobei eine Reihe von Läden vollſtändig
verwüſtet wurde. Der Polizei gelang es erſt nach längerer Zeit,
die Ruhe wieder herzuſtellen. Der Gehilfe des Stadthauptmanns
Oberſt Model, der Polizeimeiſter Solotareff und der Revierauf-
ſeher Woitzik ſind durch Steinwürfe ſchwer am Kopfe verletzt
worden.
Die Petersburger Stadtverwaltung hat ſich ge-
zwungen geſehen, um das Publikum mit Brot zu verſorgen, ſtädti-
ſche Bäckereien zu eröffnen. Es wurde feſtgeſtellt, daß am 14. April
in Petersburg von dem Jahresbedarf an Tee nur 25 Prozent,
an Fiſchen nur noch 17½ Prozent, an Zucker nur noch 8 Prozent
vorhanden waren. Die Zufuhr von raffiniertem Zucker iſt außer-
ordentlich erſchwert. Tafelbutter iſt in Moskau nur noch für
eine Woche vorhanden. In Wilna iſt wegen Kohlenmangels
der Betrieb des Elektrizitätswerkes eingeſtellt worden; nur einzelne
entlegene Straßen der Stadt, wo der Aufenthalt ſonſt gefährdet
wäre, werden noch beleuchtet.
England.
Die Meldungen aus England geben immer dasſelbe Bild:
Lügen und Verleumdungen über die Feinde, Verkleinerungen
deren Erfolge und Hinwegſetzung über Verträge und Völkerrecht.
Die engliſche Schiffahrt zeigt ſich durch unſeren glücklichen Unter-
ſeekrieg immer mehr gehindert, und die Nervoſität in der engliſchen
Handelswelt und beim Publikum iſt infolgedeſſen in ſtändigem
Steigen begriffen. Die amtlichen und außeramtlichen Telegramme
über die letzten Vorgänge lauten:
23. April:
Die deutſche Hochſeeflotte hat in letzter Zeit mehr-
fach Kreuzfahrten in der Nordſee ausgeführt und iſt dabei
bis in die engliſchen Gewäſſer vorgeſtoßen. Auf keiner der
Fahrten wurden engliſche Streitkräfte ange-
troffen.
Nachdem England geſtern erneut die Einſtellung des
Paſſagierverkehrs mit Holland verfügt hat, gibt jetzt der
engliſche Generalkonſul auch die Einſtellung allen Schiffsverkehrs
zwiſchen Holland und Belgien bekannt. Der Generaldirektor des
holländiſchen Poſt- und Telegraphenweſens gibt bekannt, daß auch
der Poſtverkehr mit England bis auf weiteres eingeſtellt iſt.
Nachdem eine größere Anzahl ſchwediſcher Dampfer
von den Engländern beſchlagnahmt worden iſt, haben die ſchwedi-
ſchen Staatsbahnen den Verkauf von direkten Fahr-
karten nach England eingeſtellt.
25. April:
Die Engländer ſtehen im Begriff, außer den bisher beſetzten
Inſeln Lemnos, Imbros und Tenedos auch Mythilene und
Chios zu beſetzen. Sämtliche für Truppenlandungen
notwendigen Vorbereitungen wurden auf den letztgenannten beiden
Inſeln getroffen. In Begleitung des engliſchen Generalkonſuls in
Smyrna beſichtigte Oberſt Dawley eingehend Mythilene und Chios
Dawley behandelte dabei die griechiſchen Behörden vollkommen
als Luft.
Genau die gleiche Taktik befolgten die Engländer ſchon auf
Tenedos. Der griechiſche Gendarmeriehauptmann, der um Auf-
klärung über die Landung der Engländer auf griechiſchem Terri-
torium erſuchte, wurde aus der von den Engländern beſetzten Zone
weggeführt mit dem höflichen, aber beſtimmten Erſuchen, ſich künf-
tig um ſeine, aber nicht um engliſche Angelegenheiten zu kümmern.
26. April:
Der Kriegsberichterſtatter der „B. Z.“ ſchreibt über den
völkerrechtswidrigen Mißbrauch deutſcher Uni-
formen durch engliſche Soldaten: Während eines Gefechtes
ſahen unſere Truppen plötzlich etwa 100 Meter von ſich eine Gruppe
deutſcher Soldaten, die ein Maſchinengewehr bei ſich hatten. Sie
glaubten natürlich, es mit Kameraden zu tun zu haben, denn die
Leute trugen ganz vorſchriftsmäßige deutſche Uniformen und Helme.
Da ſahen ſie das Gewehr gegen die eigenen Reihen gerichtet.
„Nicht ſchießen! Deutſche!“ riefen ſie den vermeintlichen
Kameraden zu. Aber dieſe hatten inzwiſchen das Maſchinen-
gewehr in Stellung gebracht und begannen auf uns ein mörderiſches
Feuer zu richten. Dieſe hinterliſtige Tat wurde ſofort gerächt.
Nicht einer der Engländer entging dem Feuer, das nun auf ſie ge-
richtet wurde. Alle bis auf den letzten Mann wurden niedergemacht.
Auf einer anderen Stelle der Front griffen die Engländer in
dichten Gruppenkolonnen an. Man fah eine deutſche Schützenlinie
ſich gegen unſere Stellungen bewegen. Die Engländer trugen auch
hier deutſche Uniformen. Man ſieht alſo, es handelt ſich
nicht um einen von einigen Uebereifrigen begangenen Verſtoß gegen
das Völkerrecht und gegen den ehrlichen Kriegsbrauch, ſondern um
ein mit Wiſſen und Willen der engliſchen Führer begangenes Ver-
brechen.
Ueber den deutſchen Unterſeekrieg wird aus eng-
liſchen, holländiſchen und däniſchen Quellen nachſtehendes unterm
25. April berichtet:
Die „Times“ berichten: Der Fiſchdampfer „Queenstown“
landete geſtern in Grimsby fünf Mann von dem Fiſchdampfer „St.
Lawrenz“, der (wie gemeldet) von einem deutſchen Unterſeeboot
am Donnerstag an der Doggerbank verſenkt wurde. Das Unterſee-
boot beſchoß das Schiff mittag 11.30 Uhr, worauf beſchloſſen wurde,
es aufzugeben. Zwei Mann ertranken. Die Deutſchen ſprengten den
Fiſchdampfer durch hineingelegte Minen in die Luft.
Nach einer Meldung von Lloyd iſt der norwegiſche Dampfer
„Caprioi“ aus Bergen auf der Reiſe von Baltimore nach Chriſtiania
geſtern abend bei Tory Island an der iriſchen Nordküſte auf
eine Mine geſtoßen und geſunken. Die Mannſchaft wurde gerettet.
Der Fiſchdampfer „Fuchia“ traf geſtern in Aberdeen ein mit
der Mannſchaft des Fiſchdampfers „Envoy“ an Bord, der von einem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-04-24T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |