Allgemeine Zeitung, Nr. 17, 21. Januar 1929."AZ am Abend" Nr. 17 Montag, den 21. Januar Rembrandts Radierungen in der [Spaltenumbruch]
Graph. Sammlung des bayer. Staates Die Direktion der Staatlichen Graphischen Es ist ein Hochgenuß und eine überaus lebens- Rembrandt hatte an Erfolg und Lebensstellung Als Radierer nun ist Rembrandt heute wohl Es ist nun, zumal für Süddeutsche, welche mit Mit wachsender Verelendung nehmen die Die Porträtköpfe seiner engeren Familie aus Nur auf Weniges können wir noch besonders Neben den zahlreichen Selbstporträts aus allen Ferner seien noch kurz hingewiesen auf Meister- Wie überragend sicher Rembrandt den mensch- Auserlesene Proben der meisterhaften Behand- Noch vieles wäre hervorzuheben aus diesem Im ganzen erleben wir in dieser Ausstellung höchst modernen Kunstprogramm gegenüber dar- Der Nemisee und seine Geheimnisse Die beiden Vergnügungsboote des Kaisers Caligula Zu den Angelegenheiten, um die sich Die Lösung des Geheimnisses, das der See In der Nachbarschaft des Nemisees hat Weitere Hebeversuche wurden in den Inzwischen hat man die Maße genauer Die römische Gesellschaft hielt sich während War der Nemisee in ähnlicher Weise im [irrelevantes Material] „AZ am Abend“ Nr. 17 Montag, den 21. Januar Rembrandts Radierungen in der [Spaltenumbruch]
Graph. Sammlung des bayer. Staates Die Direktion der Staatlichen Graphiſchen Es iſt ein Hochgenuß und eine überaus lebens- Rembrandt hatte an Erfolg und Lebensſtellung Als Radierer nun iſt Rembrandt heute wohl Es iſt nun, zumal für Süddeutſche, welche mit Mit wachſender Verelendung nehmen die Die Porträtköpfe ſeiner engeren Familie aus Nur auf Weniges können wir noch beſonders Neben den zahlreichen Selbſtporträts aus allen Ferner ſeien noch kurz hingewieſen auf Meiſter- Wie überragend ſicher Rembrandt den menſch- Auserleſene Proben der meiſterhaften Behand- Noch vieles wäre hervorzuheben aus dieſem Im ganzen erleben wir in dieſer Ausſtellung höchſt modernen Kunſtprogramm gegenüber dar- Der Nemiſee und ſeine Geheimniſſe Die beiden Vergnügungsboote des Kaiſers Caligula Zu den Angelegenheiten, um die ſich Die Löſung des Geheimniſſes, das der See In der Nachbarſchaft des Nemiſees hat Weitere Hebeverſuche wurden in den Inzwiſchen hat man die Maße genauer Die römiſche Geſellſchaft hielt ſich während War der Nemiſee in ähnlicher Weiſe im [irrelevantes Material] <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <pb facs="#f0010" n="10"/> <fw place="top" type="header">„AZ am Abend“ Nr. 17 Montag, den 21. Januar</fw><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Rembrandts Radierungen in der<lb/> Graph. Sammlung des bayer. Staates</hi> </head><lb/> <cb/> <p>Die Direktion der Staatlichen Graphiſchen<lb/> Sammlung hat dankenswerterweiſe nunmehr auch<lb/> der breiteren Oeffentlichkeit in einer umfaſſenden<lb/> Ausſtellung Gelegenheit gegeben, ihre neulich nur<lb/> privatim zugänglich gemachte, unſchätzbar wert-<lb/> volle Sammlung von Originalradierungen Rem-<lb/> brandts in Augenſchein zu nehmen.</p><lb/> <p>Es iſt ein Hochgenuß und eine überaus lebens-<lb/> volle Quelle des Studiums hier geboten für<lb/> jeden, der dem einzigartigen Radier-Genie Rem-<lb/> brandts nähertreten möchte. Wir ſtehen hier vor<lb/> den überreichen Dokumenten des Schaffens eines<lb/> auf einſamer Höhe ſtehenden Künſtlers und durch<lb/> ſchweres Leid immer mehr verinnerlichten Men-<lb/> ſchen, den ſelbſt das bitterſte Lebensſchickſal nicht<lb/> gänzlich zu lähmen vermochte, und der bis zu<lb/> ſeinem in tiefem Elend auslaufenden Leben in<lb/> erſtaunlicher <hi rendition="#g">Ueberfülle</hi> durchgehend <hi rendition="#g">erſt-<lb/> klaſſige Werke</hi> geſchaffen hat.</p><lb/> <p>Rembrandt hatte an Erfolg und Lebensſtellung<lb/> eine in damaliger Zeit einem Künſtler ſelten er-<lb/> reichbare Höhe erklommen. Der Tod aber ſeiner<lb/> heißgeliebten reizenden erſten Frau <hi rendition="#g">Saskia,</hi><lb/> die treubeſorgt ſeine Lebenshaltung überwacht<lb/> hatte, und ſein unbändiger Trieb, wertvolle<lb/> Kunſtobjekte zu ſammeln, brachten ihn in einen<lb/> grauſamen, gründlichen Verfall ſeiner finanziellen<lb/> Verhältniſſe, ſo daß er den letzten Teil ſeines<lb/> Lebens in tiefſter Armut verbringen mußte. Das<lb/> alles hat wohl die Ausſtrömungen ſeines Genius<lb/> eingreifend beeinflußt, ſie aber durchaus nicht<lb/> verſiegen laſſen.</p><lb/> <p>Als Radierer nun iſt Rembrandt heute wohl<lb/> unbeſtritten als ein zuvor, noch nachher erreichtes<lb/> Genie anerkannt, das die techniſchen Mittel die-<lb/> ſer Kunſt wahrhaft ſouverän beherrſcht und mit<lb/> ihnen geradezu erſtaunlich lebendige und beſeelte<lb/> Wirkungen erzielt.</p><lb/> <p>Es iſt nun, zumal für Süddeutſche, welche mit<lb/> leichter beflügelten Tänzerſchritten durchs Leben<lb/> gleiten, nicht gerade leicht und bequem, ſich in<lb/> die oft ſpröde, ja derbe und fanatiſch nach un-<lb/> geſchminkter Wahrheit ſtrebende Formenſprache<lb/> dieſes knorrigen, niederdeutſchen Künſtlers einzu-<lb/> leben. Wer ſich aber in ſie eingefühlt hat, kommt<lb/> zu ganz wunderſamen, oft tief aufwühlenden Er-<lb/> lebniſſen. Rembrandt verſenkt ſich tief-ernſt hin-<lb/> gegeben in die Beobachtung der Natur, die er<lb/> niemals konventionell oder maniriert verſchönt<lb/> oder gewaltſam ummodelt, wie das heute man-<lb/> chen als alleinſeligmachend gilt. Um ſo mehr aber<lb/> belebt und beſeelt er die Naturformen. Schier<lb/> unerſchöpflich iſt die Differenziertheit ſeiner <supplied>Formen-<lb/> ſprache. Man fühlt das beſonders ſtark,<lb/> wenn man die Arbeit ſeiner Schüler und Nach-<lb/> folger zu unvollendeten Arbeiten des Meiſters<lb/> beobachtet. Seine ſchöpferiſche Phantaſie aber<lb/> lebt ſich aus in einer oft geradezu erſtaunlichen<lb/> W<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/> und Großzügigkeit, vor allem in der<lb/> wundervoll geheimnistiefen Geſtaltung von Licht<lb/> und Schatten, waſ beſonders in ſeinem heute<lb/> weltberühmten „Helldunkel“ unerreicht in Er-<lb/> ſcheinung trat. Stets auf dem Boden der Natur<lb/> ſtehend, entfaltete er eine erſtaunlich reine und<lb/> vielgeſtaltene Schöpferphantaſie.<lb/> Die in unſerer Ausſtellung vorliegenden Radie-</supplied><lb/> rungen der frühen und mittleren Schaffens-<lb/> periode, als ihm das Glück noch ungetrübt<lb/> lächelte, ſind von einer freien, lichten und hei-<lb/> teren Prägung. Und zumal die Gemälde jener<lb/> Zeit weiſen oft gleißenden Pomp auf.</p><lb/> <p>Mit wachſender Verelendung nehmen die<lb/> dämmrigen Schatten immer mehr zu, welche den<lb/> Meiſter dann zu jenem gerühmten „Helldunkel“<lb/> von tief poeſievoller, rätſelhafter Schönheit ver-<lb/> klärte. In jeder Schaffensperiode aber iſt alles,<lb/> was er geſtaltet hat, auch das Unſcheinbare und<lb/><supplied>gemeinlich</supplied> häßlich Genannte mit unendlicher<lb/> Liebe und ſeeliſcher Vertiefung aufgefaßt und<lb/> alſo in höhere Sphären gehoben. Man ſteht oft<lb/> ergriffen und tief aufgewühlt vor ſo viel Liebe<lb/> und ſeeliſcher Vornehmheit.</p><lb/> <p>Die Porträtköpfe ſeiner engeren Familie aus<lb/> der Frühzeit, dann die verſchiedenſten Selbſt-<lb/> porträts und phyſiognomiſchen Studien an ſich<lb/> ſelber vor dem Spiegel erſcheinen in kecken Stri-<lb/> chen, licht und locker. Doch immer ſchwerblütiger<lb/> und umſchatteter wird das Lebenswerk unter dem<lb/> wachſend harten Druck ſeiner Erlebniſſe.</p><lb/> <p>Nur auf Weniges können wir noch beſonders<lb/> hinweiſen. Als unſchätzbare Blüte des reifſten<lb/> Schaffens des Meiſters tritt uns vor allem das<lb/> weltberühmte „Hundertguldenblatt“: „Chriſtus<lb/> heilt die Kranken“ in zwei Faſſungen, beide in<lb/> hervorragenden Abdrucken von heute fabelhaftem<lb/> Werte entgegen Hier wie auf den Blättern „Die<lb/> drei Kreuze“, in einem herrlichen Abdrucke, „Die<lb/> Darſtellung Chriſti“, die in wundervoll trans-<lb/> parentem Helldunkel gehaltene „Verkündigung<lb/> der Hirten“, der „Tod der Maria“ uſw. tritt die<lb/> von überſprudelnder Phantaſie erfüllte geniale<lb/> Schöpferkraft Rembrandts geradezu blendend in<lb/> Erſcheinung. Welch zauberhafte Wirkung erreicht<lb/> der Künftler da vor allem durch wundervolle Be-<lb/> handlung des Lichtes!</p><lb/> <p>Neben den zahlreichen Selbſtporträts aus allen<lb/> Schaffensperioden ſtehen Bildniſſe der Zeit-<lb/> genoſſen von einer oft frappierenden Lebendigkeit<lb/> und Charakteriſtik im ſeeliſchen Ausdruck. Das<lb/> köſtlich beobachtete „Selbſtporträt zeichnend“ iſt<lb/> in einem wunderbar durchſichtigen Helldunkel<lb/> behandelt — ein erſtklaſſiger Abdruck!</p><lb/> <p>Ferner ſeien noch kurz hingewieſen auf Meiſter-<lb/> ſtücke wie „Greis in weitem Samtmantel“ (1632),<lb/> „Der Kupferſtichverleger Clement de Jonge“<lb/> (1651), „Der Maler Jan <hi rendition="#g">Aſſelyn</hi>“ um 1648,<lb/> „Der holländiſche Goldſchmied Jan <hi rendition="#g">Luime</hi>“<lb/> (1656), die alle glänzend ſcharf charakteriſtert ſind<lb/> bei wundervoll freier maleriſcher Behandlung.</p><lb/> <p>Wie überragend ſicher Rembrandt den menſch-<lb/> lichen Akt beherrſcht hat, dafür zeugen Darſtel-<lb/> lungen wie „Adam und Eva“, „Nackte Frau auf<lb/> einer Bank ſitzend“, „Jupiter und Antiope“, „Die<lb/> Frau mit dem Pfeil“, „Die Frau beim Ofen“,<lb/> köſtliche Drucke voller Leben!</p><lb/> <p>Auserleſene Proben der meiſterhaften Behand-<lb/> lung des Lichtes begegnen uns in dem ungemein<lb/> klaren, hellen Drucke „Jeſus kehrt mit ſeinen<lb/> Eltern aus dem Tempel heim“. Ferner in der<lb/> „Darbringung im Tempel“, das ganz erfüllt iſt<lb/> von einer geradezu zauberhaften, geheimnisvoll<lb/> lebendigen Erſcheinung alles Körperlichen im um-<lb/> flutenden Lichte. Und verwandte Vorzüge weiſt<lb/> der ſogenannte „Fauſt“ auf. „Der hl. Hierony-<lb/> mus in Meditation“, „Die Anbetung der Hirten<lb/><supplied>bei Laternenſchein“ ſeien noch beſonders alſ mar-<lb/> kante Beiſpiele der überragenden Meiſterſchaft in<lb/> Behandlung deſ Helldunkel hervorgehoben —<lb/> ausgezeichnete Drucke.<lb/> Nicht vergeſſen dürfen wir die <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/> Kunſt<lb/> des Meiſters in der Darſtellung landſchaftlicher<lb/> Motive. Was einem <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/><gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/> iſt die auch weltberühmte, hier in<lb/> einem prachtvollen Drucke auſgeſtellte „Landſchaft<lb/> mit den drei Bäumen“. Köſtlich iſt ſtets der<lb/> wirkungsvolle Kontraſt der allgemein <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/> hellen Fernen mit den überzeugend <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/> und<lb/> kraftvoll herausgearbeiteten Vordergründen <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/><gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/> „Die Hütten am Kanal“, „Die Windmühle;,</supplied><lb/> „Die Hütte bei dem großen Baum“, „Anſicht von<lb/> Amſterdam“, „Hütte hinter dem Plankenzaun“,<lb/> „Die Hütte und der Heuſchober“, „Die Land-<lb/> ſchaft mit der ſaufenden Kuh“, „Die drei Hütten“,<lb/> die von geradezu dramatiſchem Leben beſeelte<lb/> „Landſchaft mit dem Turm“.</p><lb/> <p>Noch vieles wäre hervorzuheben aus dieſem<lb/> wahrhaft imponierenden Lebenswerke, deſſen<lb/> Abſchluß leider ſo unglücklich war, nachdem man<lb/> begonnen hatte, elegantere Produkte geſellſchaft-<lb/> lich gewandterer Macher den urwüchſigen<lb/> Aeußerungen eines einzigartigen Genies vorzu-<lb/> ziehen. Das alte Lied! — — —</p><lb/> <p>Im ganzen erleben wir in dieſer Ausſtellung<lb/> eine geradezu ſtaunenerregende Ueberfülle höchſt-<lb/> gearteter ſchöpferiſcher Arbeit, wie ſie ſeit Dürernicht mehr erlebt wurde, die vor allem einem</p> <p>höchſt modernen Kunſtprogramm gegenüber dar-<lb/> tut, daß man durchaus nicht die Natur verleug-<lb/> nen muß, um ein höchſt <hi rendition="#g">eigenperſönlicher<lb/> Schöpfer</hi> zu werden. Und vor allem würde<lb/> es einem künſtleriſchen Nachwuchſe nicht ſchaden,<lb/> gründlich dieſes überragend große, von tiefſtem<lb/> Ernſte und leidenſchaftlichem Streben nach un-<lb/> geſchminkter Wahrheit und Echtheit ſich anzu-<lb/> ſehen. Ein Dokument ſtetiger ſtrenger Arbeit!<lb/> Eine ſehr begrüßenswerte Ergänzung würde eine<lb/> Ausſtellung von Rembrandts Handzeichnungen<lb/> darſtellen — auch wenn ſie ſo nur in guten<lb/> Nachbildungen möglich wäre.</p><lb/> <byline>W. Ehringhauſen.</byline> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Nemiſee und ſeine Geheimniſſe</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Die beiden Vergnügungsboote des Kaiſers Caligula</hi> </p> </argument><lb/> <p>Zu den Angelegenheiten, um die ſich<lb/> Muſſolini perſönlich ſehr ſtark bekümmert,<lb/> gehört auch die Trockenlegung des Nemi-<lb/> ſees, auf deſſem Boden zwei altrömiſche<lb/> Schiffe liegen. Dieſe Zeugen der Vergangen-<lb/> heit will man den Blicken der Gegenwart<lb/> wieder zugänglich machen, nachdem ſie ſich<lb/> viele Jahrhunderte lang im Boden und<lb/> unter den Waſſern des Sees verſteckt haben.<lb/> Die mächtige elektriſche Pumpanlage, die<lb/> den See allmählich leeren ſoll, iſt im Okto-<lb/> ber v. J. von Muſſolini ſelbſt feierlich in<lb/> Gang geſetzt worden. Sie hat den Waſſer-<lb/> ſpiegel inzwiſchen<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">um annähernd drei Meter geſenkt.</hi></hi></p><lb/> <p>Die Löſung des Geheimniſſes, das der See<lb/> ſo lange verſchloſſen gehalten hat, rückt<lb/> immer näher heran. Was wird ſie bringen?</p><lb/> <p>In der Nachbarſchaft des Nemiſees hat<lb/> ſich durch alle die Jahrhunderte hindurch die<lb/> Ueberlieferung lebendig erhalten, daß nicht<lb/> weit von den Ufern des Sees entfernt und<lb/> in verhältnismäßig geringer Tiefe ein Schiff<lb/> des Kaiſers <hi rendition="#g">Tiberius</hi> liege. Der Kar-<lb/> dinal Proſpero Colonna ſtellte die Lage des<lb/> Schiffes im Jahre 1446 feſt. Man machte<lb/> damals auch den Verſuch, das Schiff mit<lb/> Haken zu faſſen und mit Hilfe langer Taue<lb/> in die Höhe zu ziehen. Es kam aber nur<lb/> ein mit Blei eingefaßtes Stück des Hecks<lb/> zum Vorſchein, das vom Schiff abgebrochen<lb/> war. Das übrige blieb in der Tiefe.</p><lb/> <p>Weitere Hebeverſuche wurden in den<lb/> Jahren 1535, 1827 und 1895 gemacht. Es<lb/> wurden dabei ziemlich große Mengen von<lb/><supplied>Schiffsholz und Nägeln zutage gefördert,<lb/> ferner daſ Stück eineſ Moſaikbodens, ver-<lb/> ſchiedene Verzierungen und eine Reihe von<lb/> Bronzefiguren, auch alle&ſr Beſtandteile, wie<lb/> man ſie an Bord eine&ſr reich ausgeſtatteten<lb/> Vergnügungſboote&ſr wohl antrifft. Dann<lb/> machte man zwei ſehr wichtige Entdeckungen.<lb/> Zunächſt wurde da&ſr Stück eines Waſſer-<lb/><gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/> zutage gefördert, das ſicher zu dem<lb/> Schiff gehörte und da&ſr<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">den Namen de&ſr Kaiſers Caligula</hi></hi><lb/> trug. Damit war bewieſen</supplied> daß das Haus-<lb/> boot nicht dem Kaiſer Tiberius, ſondern ſei-<lb/> nem Nachfolger Caligula gehört hatte. Fer-<lb/> ner wurde feſtgeſtellt, daß noch ein zweites<lb/> Vergnügungsboot, etwas entfernt von dem<lb/> erſten und größer als dieſes, in tieferem<lb/> Waſſer auf dem Boden des Sees ruhte.</p><lb/> <p>Inzwiſchen hat man die Maße genauer<lb/> feſtgeſtellt. Das Caligula-Boot iſt etwa<lb/> 70 Meter lang und etwas mehr als 20<lb/> Meter breit. Es liegt in einer Tiefe von<lb/> 5 bis 13 Meter. Das zweite Boot iſt 80<lb/> Meter lang und mehr als 25 Meter breit<lb/> und liegt in einer Tiefe von 16 bis 23 Meter.<lb/><cb/> Das Bemerkenswerteſte an dieſen Maßen iſt<lb/> die ungewöhnliche Breite, die das ſonſt<lb/> übliche Verhältnis der Breite zur Länge<lb/> etwa um das Doppelte übertrifft. Auch die-<lb/> ſer Umſtand weiſt deutlich darauf hin, daß<lb/> es ſich um<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Hausboote oder Vergnügungsſchiffe</hi></hi><lb/> handelt, auf denen der Kaiſer mit ſeinem<lb/> Gefolge längere Zeit zu wohnen pflegte.<lb/> Unter dieſen Umſtänden wird man erwar-<lb/> ten können, daß man an Bord der Schiffe<lb/> ſehr viel Intereſſantes findet.</p><lb/> <p>Die römiſche Geſellſchaft hielt ſich während<lb/> des Winters in den ſonnigen Gegenden des<lb/> flachen Landes auf. In der heißen Zeit war<lb/> der Nemiſee und ſeine Umgebung eine der<lb/> beliebteſten Sommerfriſchen. Viele reiche<lb/> Römer hatten dort ihre Villen. Der See<lb/> liegt in der albaniſchen Hügellandſchaft, etwa<lb/> 350 Meter über dem Meeresſpiegel. Er füllt<lb/> die<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Oeffnung eines erloſchenen Kraters.</hi></hi><lb/> Seine eigene Schönheit und die ſeiner Um-<lb/> gebung üben heute noch eine ebenſo große<lb/> Anziehungskraft aus, wie vor 1900 Jahren.<lb/> Der Spiegel des Sees iſt faſt immer ganz<lb/> glatt und ſeine klaren Waſſer werfen das<lb/> ſchöne Bild der grünen Hänge, die rings<lb/> um den Rand des Kraters bis zu einer Höhe<lb/> von 100 Metern emporſteigen, in wunder-<lb/> barer Deutlichkeit zurück.</p><lb/> <p>War der Nemiſee in ähnlicher Weiſe im<lb/> Sommer belebt, woran wir nicht zu zweifeln<lb/> brauchen, ſo beſteht alle Ausſicht, neben den<lb/> beiden bereits feſtgeſtellten Booten noch<lb/> weitere Waſſerfahrzeuge zu finden. Nach den<lb/> oben wiedergegebenen Sätzen des Sueto-<lb/> nius zu ſchließen, ſind die im Nemiſee ruhen-<lb/> den Boote wahrſcheinlich Prachtbauten ge-<lb/> weſen. Kurz vor Suetonius hat <hi rendition="#g">Plutarch</hi><lb/> das Vergnügungsboot beſchrieben, auf dem<lb/> Cleopatra den Markus Antonius empfing.<lb/> „Der Bug,“ ſo heißt es da, „war mit Gold<lb/> bedeckt, die Segel waren von Purpur und<lb/> die<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Ruder aus Silber.</hi></hi><lb/> Die Königin lag unter einem mit Gold ver-<lb/> zierten Thronhimmel. Zu beiden Seiten<lb/> ihrer Lagerſtätte ſtanden Knaben, die ihr<lb/> Luft zufächelten.“ Wahrſcheinlich hatte Cleo-<lb/> patra für den Empfang des Markus Anto-<lb/> nius ein beſonders ſchönes Boot ausgewählt.<lb/> Aber ſicher waren die Vergnügungsboote der<lb/> Kaiſer und der reichen Römer zu jener Zeit<lb/> alle mehr oder weniger von derſelben Bau-<lb/> art und Ausſtattung, wie Plutarch ſie ſchil-<lb/> dert. Es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß mehrere<lb/> Boote dieſer Art auf dem Boden des Nemi-<lb/> ſees ruhen. Sie mögen ſtark gelitten haben,<lb/> aber ſie werden ſicher die Mühe lohnen, die<lb/> man jetzt auf ihre Freilegung verwendet.</p> </div><lb/> <div type="jAn" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0010]
„AZ am Abend“ Nr. 17 Montag, den 21. Januar
Rembrandts Radierungen in der
Graph. Sammlung des bayer. Staates
Die Direktion der Staatlichen Graphiſchen
Sammlung hat dankenswerterweiſe nunmehr auch
der breiteren Oeffentlichkeit in einer umfaſſenden
Ausſtellung Gelegenheit gegeben, ihre neulich nur
privatim zugänglich gemachte, unſchätzbar wert-
volle Sammlung von Originalradierungen Rem-
brandts in Augenſchein zu nehmen.
Es iſt ein Hochgenuß und eine überaus lebens-
volle Quelle des Studiums hier geboten für
jeden, der dem einzigartigen Radier-Genie Rem-
brandts nähertreten möchte. Wir ſtehen hier vor
den überreichen Dokumenten des Schaffens eines
auf einſamer Höhe ſtehenden Künſtlers und durch
ſchweres Leid immer mehr verinnerlichten Men-
ſchen, den ſelbſt das bitterſte Lebensſchickſal nicht
gänzlich zu lähmen vermochte, und der bis zu
ſeinem in tiefem Elend auslaufenden Leben in
erſtaunlicher Ueberfülle durchgehend erſt-
klaſſige Werke geſchaffen hat.
Rembrandt hatte an Erfolg und Lebensſtellung
eine in damaliger Zeit einem Künſtler ſelten er-
reichbare Höhe erklommen. Der Tod aber ſeiner
heißgeliebten reizenden erſten Frau Saskia,
die treubeſorgt ſeine Lebenshaltung überwacht
hatte, und ſein unbändiger Trieb, wertvolle
Kunſtobjekte zu ſammeln, brachten ihn in einen
grauſamen, gründlichen Verfall ſeiner finanziellen
Verhältniſſe, ſo daß er den letzten Teil ſeines
Lebens in tiefſter Armut verbringen mußte. Das
alles hat wohl die Ausſtrömungen ſeines Genius
eingreifend beeinflußt, ſie aber durchaus nicht
verſiegen laſſen.
Als Radierer nun iſt Rembrandt heute wohl
unbeſtritten als ein zuvor, noch nachher erreichtes
Genie anerkannt, das die techniſchen Mittel die-
ſer Kunſt wahrhaft ſouverän beherrſcht und mit
ihnen geradezu erſtaunlich lebendige und beſeelte
Wirkungen erzielt.
Es iſt nun, zumal für Süddeutſche, welche mit
leichter beflügelten Tänzerſchritten durchs Leben
gleiten, nicht gerade leicht und bequem, ſich in
die oft ſpröde, ja derbe und fanatiſch nach un-
geſchminkter Wahrheit ſtrebende Formenſprache
dieſes knorrigen, niederdeutſchen Künſtlers einzu-
leben. Wer ſich aber in ſie eingefühlt hat, kommt
zu ganz wunderſamen, oft tief aufwühlenden Er-
lebniſſen. Rembrandt verſenkt ſich tief-ernſt hin-
gegeben in die Beobachtung der Natur, die er
niemals konventionell oder maniriert verſchönt
oder gewaltſam ummodelt, wie das heute man-
chen als alleinſeligmachend gilt. Um ſo mehr aber
belebt und beſeelt er die Naturformen. Schier
unerſchöpflich iſt die Differenziertheit ſeiner Formen-
ſprache. Man fühlt das beſonders ſtark,
wenn man die Arbeit ſeiner Schüler und Nach-
folger zu unvollendeten Arbeiten des Meiſters
beobachtet. Seine ſchöpferiſche Phantaſie aber
lebt ſich aus in einer oft geradezu erſtaunlichen
W_ und Großzügigkeit, vor allem in der
wundervoll geheimnistiefen Geſtaltung von Licht
und Schatten, waſ beſonders in ſeinem heute
weltberühmten „Helldunkel“ unerreicht in Er-
ſcheinung trat. Stets auf dem Boden der Natur
ſtehend, entfaltete er eine erſtaunlich reine und
vielgeſtaltene Schöpferphantaſie.
Die in unſerer Ausſtellung vorliegenden Radie-
rungen der frühen und mittleren Schaffens-
periode, als ihm das Glück noch ungetrübt
lächelte, ſind von einer freien, lichten und hei-
teren Prägung. Und zumal die Gemälde jener
Zeit weiſen oft gleißenden Pomp auf.
Mit wachſender Verelendung nehmen die
dämmrigen Schatten immer mehr zu, welche den
Meiſter dann zu jenem gerühmten „Helldunkel“
von tief poeſievoller, rätſelhafter Schönheit ver-
klärte. In jeder Schaffensperiode aber iſt alles,
was er geſtaltet hat, auch das Unſcheinbare und
gemeinlich häßlich Genannte mit unendlicher
Liebe und ſeeliſcher Vertiefung aufgefaßt und
alſo in höhere Sphären gehoben. Man ſteht oft
ergriffen und tief aufgewühlt vor ſo viel Liebe
und ſeeliſcher Vornehmheit.
Die Porträtköpfe ſeiner engeren Familie aus
der Frühzeit, dann die verſchiedenſten Selbſt-
porträts und phyſiognomiſchen Studien an ſich
ſelber vor dem Spiegel erſcheinen in kecken Stri-
chen, licht und locker. Doch immer ſchwerblütiger
und umſchatteter wird das Lebenswerk unter dem
wachſend harten Druck ſeiner Erlebniſſe.
Nur auf Weniges können wir noch beſonders
hinweiſen. Als unſchätzbare Blüte des reifſten
Schaffens des Meiſters tritt uns vor allem das
weltberühmte „Hundertguldenblatt“: „Chriſtus
heilt die Kranken“ in zwei Faſſungen, beide in
hervorragenden Abdrucken von heute fabelhaftem
Werte entgegen Hier wie auf den Blättern „Die
drei Kreuze“, in einem herrlichen Abdrucke, „Die
Darſtellung Chriſti“, die in wundervoll trans-
parentem Helldunkel gehaltene „Verkündigung
der Hirten“, der „Tod der Maria“ uſw. tritt die
von überſprudelnder Phantaſie erfüllte geniale
Schöpferkraft Rembrandts geradezu blendend in
Erſcheinung. Welch zauberhafte Wirkung erreicht
der Künftler da vor allem durch wundervolle Be-
handlung des Lichtes!
Neben den zahlreichen Selbſtporträts aus allen
Schaffensperioden ſtehen Bildniſſe der Zeit-
genoſſen von einer oft frappierenden Lebendigkeit
und Charakteriſtik im ſeeliſchen Ausdruck. Das
köſtlich beobachtete „Selbſtporträt zeichnend“ iſt
in einem wunderbar durchſichtigen Helldunkel
behandelt — ein erſtklaſſiger Abdruck!
Ferner ſeien noch kurz hingewieſen auf Meiſter-
ſtücke wie „Greis in weitem Samtmantel“ (1632),
„Der Kupferſtichverleger Clement de Jonge“
(1651), „Der Maler Jan Aſſelyn“ um 1648,
„Der holländiſche Goldſchmied Jan Luime“
(1656), die alle glänzend ſcharf charakteriſtert ſind
bei wundervoll freier maleriſcher Behandlung.
Wie überragend ſicher Rembrandt den menſch-
lichen Akt beherrſcht hat, dafür zeugen Darſtel-
lungen wie „Adam und Eva“, „Nackte Frau auf
einer Bank ſitzend“, „Jupiter und Antiope“, „Die
Frau mit dem Pfeil“, „Die Frau beim Ofen“,
köſtliche Drucke voller Leben!
Auserleſene Proben der meiſterhaften Behand-
lung des Lichtes begegnen uns in dem ungemein
klaren, hellen Drucke „Jeſus kehrt mit ſeinen
Eltern aus dem Tempel heim“. Ferner in der
„Darbringung im Tempel“, das ganz erfüllt iſt
von einer geradezu zauberhaften, geheimnisvoll
lebendigen Erſcheinung alles Körperlichen im um-
flutenden Lichte. Und verwandte Vorzüge weiſt
der ſogenannte „Fauſt“ auf. „Der hl. Hierony-
mus in Meditation“, „Die Anbetung der Hirten
bei Laternenſchein“ ſeien noch beſonders alſ mar-
kante Beiſpiele der überragenden Meiſterſchaft in
Behandlung deſ Helldunkel hervorgehoben —
ausgezeichnete Drucke.
Nicht vergeſſen dürfen wir die _ Kunſt
des Meiſters in der Darſtellung landſchaftlicher
Motive. Was einem _
_ iſt die auch weltberühmte, hier in
einem prachtvollen Drucke auſgeſtellte „Landſchaft
mit den drei Bäumen“. Köſtlich iſt ſtets der
wirkungsvolle Kontraſt der allgemein _
hellen Fernen mit den überzeugend _ und
kraftvoll herausgearbeiteten Vordergründen _
_ „Die Hütten am Kanal“, „Die Windmühle;,
„Die Hütte bei dem großen Baum“, „Anſicht von
Amſterdam“, „Hütte hinter dem Plankenzaun“,
„Die Hütte und der Heuſchober“, „Die Land-
ſchaft mit der ſaufenden Kuh“, „Die drei Hütten“,
die von geradezu dramatiſchem Leben beſeelte
„Landſchaft mit dem Turm“.
Noch vieles wäre hervorzuheben aus dieſem
wahrhaft imponierenden Lebenswerke, deſſen
Abſchluß leider ſo unglücklich war, nachdem man
begonnen hatte, elegantere Produkte geſellſchaft-
lich gewandterer Macher den urwüchſigen
Aeußerungen eines einzigartigen Genies vorzu-
ziehen. Das alte Lied! — — —
Im ganzen erleben wir in dieſer Ausſtellung
eine geradezu ſtaunenerregende Ueberfülle höchſt-
gearteter ſchöpferiſcher Arbeit, wie ſie ſeit Dürernicht mehr erlebt wurde, die vor allem einem
höchſt modernen Kunſtprogramm gegenüber dar-
tut, daß man durchaus nicht die Natur verleug-
nen muß, um ein höchſt eigenperſönlicher
Schöpfer zu werden. Und vor allem würde
es einem künſtleriſchen Nachwuchſe nicht ſchaden,
gründlich dieſes überragend große, von tiefſtem
Ernſte und leidenſchaftlichem Streben nach un-
geſchminkter Wahrheit und Echtheit ſich anzu-
ſehen. Ein Dokument ſtetiger ſtrenger Arbeit!
Eine ſehr begrüßenswerte Ergänzung würde eine
Ausſtellung von Rembrandts Handzeichnungen
darſtellen — auch wenn ſie ſo nur in guten
Nachbildungen möglich wäre.
W. Ehringhauſen.
Der Nemiſee und ſeine Geheimniſſe
Die beiden Vergnügungsboote des Kaiſers Caligula
Zu den Angelegenheiten, um die ſich
Muſſolini perſönlich ſehr ſtark bekümmert,
gehört auch die Trockenlegung des Nemi-
ſees, auf deſſem Boden zwei altrömiſche
Schiffe liegen. Dieſe Zeugen der Vergangen-
heit will man den Blicken der Gegenwart
wieder zugänglich machen, nachdem ſie ſich
viele Jahrhunderte lang im Boden und
unter den Waſſern des Sees verſteckt haben.
Die mächtige elektriſche Pumpanlage, die
den See allmählich leeren ſoll, iſt im Okto-
ber v. J. von Muſſolini ſelbſt feierlich in
Gang geſetzt worden. Sie hat den Waſſer-
ſpiegel inzwiſchen
um annähernd drei Meter geſenkt.
Die Löſung des Geheimniſſes, das der See
ſo lange verſchloſſen gehalten hat, rückt
immer näher heran. Was wird ſie bringen?
In der Nachbarſchaft des Nemiſees hat
ſich durch alle die Jahrhunderte hindurch die
Ueberlieferung lebendig erhalten, daß nicht
weit von den Ufern des Sees entfernt und
in verhältnismäßig geringer Tiefe ein Schiff
des Kaiſers Tiberius liege. Der Kar-
dinal Proſpero Colonna ſtellte die Lage des
Schiffes im Jahre 1446 feſt. Man machte
damals auch den Verſuch, das Schiff mit
Haken zu faſſen und mit Hilfe langer Taue
in die Höhe zu ziehen. Es kam aber nur
ein mit Blei eingefaßtes Stück des Hecks
zum Vorſchein, das vom Schiff abgebrochen
war. Das übrige blieb in der Tiefe.
Weitere Hebeverſuche wurden in den
Jahren 1535, 1827 und 1895 gemacht. Es
wurden dabei ziemlich große Mengen von
Schiffsholz und Nägeln zutage gefördert,
ferner daſ Stück eineſ Moſaikbodens, ver-
ſchiedene Verzierungen und eine Reihe von
Bronzefiguren, auch alle&ſr Beſtandteile, wie
man ſie an Bord eine&ſr reich ausgeſtatteten
Vergnügungſboote&ſr wohl antrifft. Dann
machte man zwei ſehr wichtige Entdeckungen.
Zunächſt wurde da&ſr Stück eines Waſſer-
_ zutage gefördert, das ſicher zu dem
Schiff gehörte und da&ſr
den Namen de&ſr Kaiſers Caligula
trug. Damit war bewieſen daß das Haus-
boot nicht dem Kaiſer Tiberius, ſondern ſei-
nem Nachfolger Caligula gehört hatte. Fer-
ner wurde feſtgeſtellt, daß noch ein zweites
Vergnügungsboot, etwas entfernt von dem
erſten und größer als dieſes, in tieferem
Waſſer auf dem Boden des Sees ruhte.
Inzwiſchen hat man die Maße genauer
feſtgeſtellt. Das Caligula-Boot iſt etwa
70 Meter lang und etwas mehr als 20
Meter breit. Es liegt in einer Tiefe von
5 bis 13 Meter. Das zweite Boot iſt 80
Meter lang und mehr als 25 Meter breit
und liegt in einer Tiefe von 16 bis 23 Meter.
Das Bemerkenswerteſte an dieſen Maßen iſt
die ungewöhnliche Breite, die das ſonſt
übliche Verhältnis der Breite zur Länge
etwa um das Doppelte übertrifft. Auch die-
ſer Umſtand weiſt deutlich darauf hin, daß
es ſich um
Hausboote oder Vergnügungsſchiffe
handelt, auf denen der Kaiſer mit ſeinem
Gefolge längere Zeit zu wohnen pflegte.
Unter dieſen Umſtänden wird man erwar-
ten können, daß man an Bord der Schiffe
ſehr viel Intereſſantes findet.
Die römiſche Geſellſchaft hielt ſich während
des Winters in den ſonnigen Gegenden des
flachen Landes auf. In der heißen Zeit war
der Nemiſee und ſeine Umgebung eine der
beliebteſten Sommerfriſchen. Viele reiche
Römer hatten dort ihre Villen. Der See
liegt in der albaniſchen Hügellandſchaft, etwa
350 Meter über dem Meeresſpiegel. Er füllt
die
Oeffnung eines erloſchenen Kraters.
Seine eigene Schönheit und die ſeiner Um-
gebung üben heute noch eine ebenſo große
Anziehungskraft aus, wie vor 1900 Jahren.
Der Spiegel des Sees iſt faſt immer ganz
glatt und ſeine klaren Waſſer werfen das
ſchöne Bild der grünen Hänge, die rings
um den Rand des Kraters bis zu einer Höhe
von 100 Metern emporſteigen, in wunder-
barer Deutlichkeit zurück.
War der Nemiſee in ähnlicher Weiſe im
Sommer belebt, woran wir nicht zu zweifeln
brauchen, ſo beſteht alle Ausſicht, neben den
beiden bereits feſtgeſtellten Booten noch
weitere Waſſerfahrzeuge zu finden. Nach den
oben wiedergegebenen Sätzen des Sueto-
nius zu ſchließen, ſind die im Nemiſee ruhen-
den Boote wahrſcheinlich Prachtbauten ge-
weſen. Kurz vor Suetonius hat Plutarch
das Vergnügungsboot beſchrieben, auf dem
Cleopatra den Markus Antonius empfing.
„Der Bug,“ ſo heißt es da, „war mit Gold
bedeckt, die Segel waren von Purpur und
die
Ruder aus Silber.
Die Königin lag unter einem mit Gold ver-
zierten Thronhimmel. Zu beiden Seiten
ihrer Lagerſtätte ſtanden Knaben, die ihr
Luft zufächelten.“ Wahrſcheinlich hatte Cleo-
patra für den Empfang des Markus Anto-
nius ein beſonders ſchönes Boot ausgewählt.
Aber ſicher waren die Vergnügungsboote der
Kaiſer und der reichen Römer zu jener Zeit
alle mehr oder weniger von derſelben Bau-
art und Ausſtattung, wie Plutarch ſie ſchil-
dert. Es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß mehrere
Boote dieſer Art auf dem Boden des Nemi-
ſees ruhen. Sie mögen ſtark gelitten haben,
aber ſie werden ſicher die Mühe lohnen, die
man jetzt auf ihre Freilegung verwendet.
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(2023-01-02T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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