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Allgemeine Zeitung, Nr. 17, 2. Mai 1920.

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Allgemeine Zeitung 2. Mai 1920
[Spaltenumbruch] der Kantschen Ethik (1875); "Schelling" (1875); Predigten vom
Reiche Gottes" (1880); "Kirche und Reich Gottes" (1883); Mensch-
liches Erkennen" (1887); "Das menschliche Handeln" (1895); "Grund-
riß der Dogmengeschichte" (1899); "Grundriß der Enzyklepädie der
Theologie" (1901); "Zur Geschichte des sittlichen Denkens und
Lebens" (1901); "Grundriß der Religionsphilosophie (1903);
"Vorträge über die Grundprobleme der Religionsphilosophie"
(1903); "Die christliche Lehre" (1904); "Heilsglaube und Dogma"
(1905); Individuelle und soziale Ethik" (1906); "Die Entstehung
der christlichen Glaubenslehre" (1901); "Augustinus" (1908);
"Die Einheit der Wissenschaften im Organismus der Universi-
tät" (1909); "Johannes Calvin" (1910); Enzyklopädie der Phi-
losophie" (1910); "Pessimismus, Nietzsche und Naturalismus"
(1911); "Philosophie und Theologie im 19. Jahrhundert" (1912).

In Frankfurte a. M. starb der seit 1912 im Ruhestand
lebende langjährige Vertreter der englischen Philologie an der
Universität Bonn, Geh. Regierungsrat, ordentlicher Professor
Dr. Moritz Trautmann. Er wurde am 24. März 1842 zu
Klöden geboren. Von seinen Werken seien genannt: "Bildung
der Tempora und Modi in dem "Chanson de Roland" (1871);
"Versasser und Entstehungszeit einiger stabreimender Gedichte
des Altenglischen" (1876); Lachmanns Betonungsgesetze und
Otfrieds Vers" (1877); "Sprachlaute im allgemeinen und die
Laute des Englischen, Französischen und Deutschen im besonderen"
(1884/86); "Kynewulf, Untersuchung über seine Werke und sein
Leben" (1898); "Kleine Lautlehre des Deutschen, Französischen
und Englischen" (1901); "Finn und Hildebrand" (1903); "Der
Staat und die deutsche Sprache" (1911); "Die altenglischen
Rätsel" (1912). Außerdem gab er das Beowulflied mit Ueber-
setzung (1904) und die "Bonner Beiträge zur Anglistik" heraus.

Aus Vorträgen und Vereinen
Münchener Altertumsperein e. V. (Allgemeiner Abend.)

Bei der von 45 Herren besuchten Wochenversammlung legte
der 1. Vorsitzende Franz Wolter mehrere literarische Einläufe vor
und begrüßte die neuen Mitglieder: Herrn Kentrup, Julius Heß
und Ernst Zech.

Zahlreiche alte, zum Teil sehr beachtenswerte Gegenstände
lagen auf dem Schaupodium. Unter den vorgezeigten Kunst-
objekten wären vor allem eine Reihe seltener Ausgrabungen zu
erwähnen, wie eine kleine, schreitende, ägyptische Göttin aus
Blei, frühe Oellampen, byzantinische Kupfermünzen mit christ-
lichen Symbolen, eine aus dem 11. Jahrhundert stammende,
deutsche Schwertklinge mit der Inschrift: + BANTINO (Ban-
dulf) ME FECIT, 6 bemalte Wandfliesen, 14. Jahrhundert, aus
Gent stammend; aus gleicher Gegend ein Herdziegel um 1500,
der in Pressung "Susanna im Bade" zeigt. Ein Spitzkelchglas
mit beweglichen Fußringen, wohl böhmisch, um 1600, eine mit
Streublumen sein bemalte Nymphenburger-Porzellan-Teebüchse,
zopfige Meißener Tassen, eine stilvolle französische Reiseuhr,
Bronze in Originaletuis, um 1790, ein niederländisches, gutge-
maltes Madonnenbild, ein Oelbildchen, Auffindung des hl. Franz
Xaver durch die Heiden, 1750), zwei messinggetriebene, ver-
silberte Blacker aus einer Nürnberger Puppenstube um 1750,
ein Augenglas (gestieltes Monokel) in Goldemailfassung um
1830, mehrere feine Miniaturen auf Elfenbein und Porzellan
(Porträt König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen), eine Silber-
stift-Zeichnung von C. Kehrer 1794, eine schöngeschweiste, goldene
Biedermeier-Tabaksdose, ein spätes Schieferstein-Relief (Maria
Magdalena), eine prächtige Hartholzgruppe, Maria von Engeln
in den Himmel getragen, 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, ein
dunter Wienerschal, osteuropäische Webereien und alte Zinnteller,
eine Rembrandtradierung und als Gegenstück: Nachahmungen
dazu, wären noch besonders zu erwähnen.

In der nächsten Versammlung wird Dr. Lill einen Licht-
bildervortrag über "Münchener Trachten von 1500--1800" halten.

[Spaltenumbruch]
Bücher-Anzeigen
Janssens Briefe. Herausgegeben von Ludwig Frhru. v. Pa-
stor.
Verlag Herder & Co., Freiburg i Br. I. Band: XL und
441 Seiten. 8° mit Bildnis Janssens. II. Band: XXXV und
336 Seiten. 8°. Preis gebunden 30 M.

Der wissenschaftliche Erbe Janisens erwirbt sich mit der
Herausgabe der Bücher seines Lehrers ein wesentliches Verdienst
um die rechte Wurdigung dieses viel gerühmten und viel ange-
seindeten Mannes. Wie Janssen es liebte, in seinen Geschichts-
[d]arlegungen die Personen sprechend enzuführen, und wie er da-
durch um so lebendigere Wirkung erzielte, so tritt er uns auch
in dieser Zusammenstellung seines brieflichen Nachlasses unmit-
telbar, ja fast persönlich nahe. Die vom Herausgeber beigefügte
tabellarische Uebersicht des Lebens und wissenschaftlichen Wirkens
des großen Gelehrten gibt den festen Halt für die an sich lockere
Reihe der Briefe, die aus der Zahl aller von Janssen überblie-
benen nur eine Auswahl bilden. Immerhin ist letztere so ge-
troffen, daß nichts Wichtiges fehlt und nur überflüssige Wieder-
holungen vermieden werden. So stellen sich z. B. Janssens Erleb-
nisse und Eindrücke während seines Aufenthaltes in Italien, zu-
mal in Rom (Dezember 1863 bis Mai 1864) fast ganz nur in
den überaus fesselnden Berichten dar, die er zusammenhängend
an Frau Marie von Sydow, die Gemahlin des preußischen Bun-
destagsabgeordneten in Frankfurt, sandte. Hell spiegeln sich in
diesen wie überhaupt in allen Briefen Janssens der Lauf seines
äußeren, die Leitgedanken seines inneren Lebens, sein flecken-
loser, nämlich fester Charakter, seine edle Bescheidenheit, sein
gewaltiger Geist und unglaublicher Fleiß, als deren gemein-
same Früchte eine staunenswert große Zahl historischer, biogra-
phischer, publizistischer Arbeiten hervorging, umfänglich betrachtet
vom kurzen Essay bis zu dem Monumentalwerke seines Lebens,
der Geschichte des deutschen Volkes, von der er sechs Bände noch
selbst veröffentlichen konnte (1876--1888; Band 7 und 8 wurden
erst nach Janssens Tode durch L. v. Pastor herausgegeben). Die-
sem reichen Dasein, das zumal in den letzten fünfzehn Jahren
durch die bekannten schweren Anseindungen und Verdächtigungen
Janssens Kraft aufs härteste, oft fast bis zur Erschöpfung in
Anspruch nahmen, bis die Riesenlast der Arbeit ihn erdrückte,
dienen die Ereignisse der Jahre von 1847--1891 zum wechsel-
vollen Hintergrunde. Besonders interessant sind natürlich vor
allem die Jahre des Kulturkampfes, währenddessen Janssen auch
einmal auf kurze Zeit als Mitglied der Zentrumspartei dem
Parlament angehörte. Aeußerst interessant ist es auch, in diesen
Briefen die Beziehungen Janssens zu bedeutendsten Geistesmän-
nern zu verfolgen: zu Böhmer, Onno Klopp, Reichensperger, dem
Grafen Hertling und viele andere. So ist diese Briefsammlung
ein ausgezeichnetes, wichtiges Quellenwerk für die Geschichte der
Wissenschaft, der Politik und Kultur Deutschlands vor und nach
der Gründung des Deutschen Reiches.

Verschiedenes
Germanisches Museum.

Das germanische Museum hat in
jüngster Zeit die Grabsigur des 1246 verstorbenen Grafen Hein-
rich III. von Sayn erworben, eines der hervorragendsten Werke
deutscher Kunst, welche seit Jahrzehnten in den Handel kamen
und unter den Werken der Plastik des hohen Mittelalters das
bedeutendste. Der Verstorbene ist nach Art der mittelalterlichen
Grabfiguren in der unbestimmten Stellung zwischen Stehen und
Liegen dargestellt, doch so, daß in der gesamten Haltung wie in
den Faltenzügen, die aufrechte Richtung stärker betont ist. Ihm
zur Seite steht sein Söhnchen. Aus dieser Darstellung hat sich
die Sage entwickelt, der Graf habe das Kind durch einen un-
vorsichtigen Schlag getötet.

Das Grabmal ist in Eichenholz ausgeführt, wohl nicht allzu-
lange nach dem Tode des Grafen. Die Erhaltung ist nicht voll-
kommen, aber für das hohe Alter doch gut. Die Figur ist ein
spätes Werk aus der klassischen Epoche der deutschen Kunst im
13. Jahrhundert, welche ihre Höhe in den Skulpturen der Dome
zu Bamberg und Naumburg und in einigen niedersächsischen
Grabmälern erreicht. Es ist eine hohe und ernste Kunst. Auch
Heinrich III. von Sayn ist sehr altertümlich, von einer Strenge
der Stilisierung, welche uns fremd anmutet, aber auch von einer
Größe der Auffassung, welche spätere Zeiten nicht mehr erreicht

[irrelevantes Material]

Allgemeine Zeitung 2. Mai 1920
[Spaltenumbruch] der Kantſchen Ethik (1875); „Schelling“ (1875); Predigten vom
Reiche Gottes“ (1880); „Kirche und Reich Gottes“ (1883); Menſch-
liches Erkennen“ (1887); „Das menſchliche Handeln“ (1895); „Grund-
riß der Dogmengeſchichte“ (1899); „Grundriß der Enzyklepädie der
Theologie“ (1901); „Zur Geſchichte des ſittlichen Denkens und
Lebens“ (1901); „Grundriß der Religionsphiloſophie (1903);
„Vorträge über die Grundprobleme der Religionsphiloſophie“
(1903); „Die chriſtliche Lehre“ (1904); „Heilsglaube und Dogma“
(1905); Individuelle und ſoziale Ethik“ (1906); „Die Entſtehung
der chriſtlichen Glaubenslehre“ (1901); „Auguſtinus“ (1908);
„Die Einheit der Wiſſenſchaften im Organismus der Univerſi-
tät“ (1909); „Johannes Calvin“ (1910); Enzyklopädie der Phi-
loſophie“ (1910); „Peſſimismus, Nietzſche und Naturalismus“
(1911); „Philoſophie und Theologie im 19. Jahrhundert“ (1912).

In Frankfurte a. M. ſtarb der ſeit 1912 im Ruheſtand
lebende langjährige Vertreter der engliſchen Philologie an der
Univerſität Bonn, Geh. Regierungsrat, ordentlicher Profeſſor
Dr. Moritz Trautmann. Er wurde am 24. März 1842 zu
Klöden geboren. Von ſeinen Werken ſeien genannt: „Bildung
der Tempora und Modi in dem „Chanson de Roland“ (1871);
„Verſaſſer und Entſtehungszeit einiger ſtabreimender Gedichte
des Altengliſchen“ (1876); Lachmanns Betonungsgeſetze und
Otfrieds Vers“ (1877); „Sprachlaute im allgemeinen und die
Laute des Engliſchen, Franzöſiſchen und Deutſchen im beſonderen“
(1884/86); „Kynewulf, Unterſuchung über ſeine Werke und ſein
Leben“ (1898); „Kleine Lautlehre des Deutſchen, Franzöſiſchen
und Engliſchen“ (1901); „Finn und Hildebrand“ (1903); „Der
Staat und die deutſche Sprache“ (1911); „Die altengliſchen
Rätſel“ (1912). Außerdem gab er das Beowulflied mit Ueber-
ſetzung (1904) und die „Bonner Beiträge zur Angliſtik“ heraus.

Aus Vorträgen und Vereinen
Münchener Altertumsperein e. V. (Allgemeiner Abend.)

Bei der von 45 Herren beſuchten Wochenverſammlung legte
der 1. Vorſitzende Franz Wolter mehrere literariſche Einläufe vor
und begrüßte die neuen Mitglieder: Herrn Kentrup, Julius Heß
und Ernſt Zech.

Zahlreiche alte, zum Teil ſehr beachtenswerte Gegenſtände
lagen auf dem Schaupodium. Unter den vorgezeigten Kunſt-
objekten wären vor allem eine Reihe ſeltener Ausgrabungen zu
erwähnen, wie eine kleine, ſchreitende, ägyptiſche Göttin aus
Blei, frühe Oellampen, byzantiniſche Kupfermünzen mit chriſt-
lichen Symbolen, eine aus dem 11. Jahrhundert ſtammende,
deutſche Schwertklinge mit der Inſchrift: † BANTINO (Ban-
dulf) ME FECIT, 6 bemalte Wandflieſen, 14. Jahrhundert, aus
Gent ſtammend; aus gleicher Gegend ein Herdziegel um 1500,
der in Preſſung „Suſanna im Bade“ zeigt. Ein Spitzkelchglas
mit beweglichen Fußringen, wohl böhmiſch, um 1600, eine mit
Streublumen ſein bemalte Nymphenburger-Porzellan-Teebüchſe,
zopfige Meißener Taſſen, eine ſtilvolle franzöſiſche Reiſeuhr,
Bronze in Originaletuis, um 1790, ein niederländiſches, gutge-
maltes Madonnenbild, ein Oelbildchen, Auffindung des hl. Franz
Xaver durch die Heiden, 1750), zwei meſſinggetriebene, ver-
ſilberte Blacker aus einer Nürnberger Puppenſtube um 1750,
ein Augenglas (geſtieltes Monokel) in Goldemailfaſſung um
1830, mehrere feine Miniaturen auf Elfenbein und Porzellan
(Porträt König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen), eine Silber-
ſtift-Zeichnung von C. Kehrer 1794, eine ſchöngeſchweiſte, goldene
Biedermeier-Tabaksdoſe, ein ſpätes Schieferſtein-Relief (Maria
Magdalena), eine prächtige Hartholzgruppe, Maria von Engeln
in den Himmel getragen, 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, ein
dunter Wienerſchal, oſteuropäiſche Webereien und alte Zinnteller,
eine Rembrandtradierung und als Gegenſtück: Nachahmungen
dazu, wären noch beſonders zu erwähnen.

In der nächſten Verſammlung wird Dr. Lill einen Licht-
bildervortrag über „Münchener Trachten von 1500—1800“ halten.

[Spaltenumbruch]
Bücher-Anzeigen
Janſſens Briefe. Herausgegeben von Ludwig Frhru. v. Pa-
ſtor.
Verlag Herder & Co., Freiburg i Br. I. Band: XL und
441 Seiten. 8° mit Bildnis Janſſens. II. Band: XXXV und
336 Seiten. 8°. Preis gebunden 30 M.

Der wiſſenſchaftliche Erbe Janiſens erwirbt ſich mit der
Herausgabe der Bücher ſeines Lehrers ein weſentliches Verdienſt
um die rechte Wurdigung dieſes viel gerühmten und viel ange-
ſeindeten Mannes. Wie Janſſen es liebte, in ſeinen Geſchichts-
[d]arlegungen die Perſonen ſprechend enzuführen, und wie er da-
durch um ſo lebendigere Wirkung erzielte, ſo tritt er uns auch
in dieſer Zuſammenſtellung ſeines brieflichen Nachlaſſes unmit-
telbar, ja faſt perſönlich nahe. Die vom Herausgeber beigefügte
tabellariſche Ueberſicht des Lebens und wiſſenſchaftlichen Wirkens
des großen Gelehrten gibt den feſten Halt für die an ſich lockere
Reihe der Briefe, die aus der Zahl aller von Janſſen überblie-
benen nur eine Auswahl bilden. Immerhin iſt letztere ſo ge-
troffen, daß nichts Wichtiges fehlt und nur überflüſſige Wieder-
holungen vermieden werden. So ſtellen ſich z. B. Janſſens Erleb-
niſſe und Eindrücke während ſeines Aufenthaltes in Italien, zu-
mal in Rom (Dezember 1863 bis Mai 1864) faſt ganz nur in
den überaus feſſelnden Berichten dar, die er zuſammenhängend
an Frau Marie von Sydow, die Gemahlin des preußiſchen Bun-
destagsabgeordneten in Frankfurt, ſandte. Hell ſpiegeln ſich in
dieſen wie überhaupt in allen Briefen Janſſens der Lauf ſeines
äußeren, die Leitgedanken ſeines inneren Lebens, ſein flecken-
loſer, nämlich feſter Charakter, ſeine edle Beſcheidenheit, ſein
gewaltiger Geiſt und unglaublicher Fleiß, als deren gemein-
ſame Früchte eine ſtaunenswert große Zahl hiſtoriſcher, biogra-
phiſcher, publiziſtiſcher Arbeiten hervorging, umfänglich betrachtet
vom kurzen Eſſay bis zu dem Monumentalwerke ſeines Lebens,
der Geſchichte des deutſchen Volkes, von der er ſechs Bände noch
ſelbſt veröffentlichen konnte (1876—1888; Band 7 und 8 wurden
erſt nach Janſſens Tode durch L. v. Paſtor herausgegeben). Die-
ſem reichen Daſein, das zumal in den letzten fünfzehn Jahren
durch die bekannten ſchweren Anſeindungen und Verdächtigungen
Janſſens Kraft aufs härteſte, oft faſt bis zur Erſchöpfung in
Anſpruch nahmen, bis die Rieſenlaſt der Arbeit ihn erdrückte,
dienen die Ereigniſſe der Jahre von 1847—1891 zum wechſel-
vollen Hintergrunde. Beſonders intereſſant ſind natürlich vor
allem die Jahre des Kulturkampfes, währenddeſſen Janſſen auch
einmal auf kurze Zeit als Mitglied der Zentrumspartei dem
Parlament angehörte. Aeußerſt intereſſant iſt es auch, in dieſen
Briefen die Beziehungen Janſſens zu bedeutendſten Geiſtesmän-
nern zu verfolgen: zu Böhmer, Onno Klopp, Reichenſperger, dem
Grafen Hertling und viele andere. So iſt dieſe Briefſammlung
ein ausgezeichnetes, wichtiges Quellenwerk für die Geſchichte der
Wiſſenſchaft, der Politik und Kultur Deutſchlands vor und nach
der Gründung des Deutſchen Reiches.

Verſchiedenes
Germaniſches Muſeum.

Das germaniſche Muſeum hat in
jüngſter Zeit die Grabſigur des 1246 verſtorbenen Grafen Hein-
rich III. von Sayn erworben, eines der hervorragendſten Werke
deutſcher Kunſt, welche ſeit Jahrzehnten in den Handel kamen
und unter den Werken der Plaſtik des hohen Mittelalters das
bedeutendſte. Der Verſtorbene iſt nach Art der mittelalterlichen
Grabfiguren in der unbeſtimmten Stellung zwiſchen Stehen und
Liegen dargeſtellt, doch ſo, daß in der geſamten Haltung wie in
den Faltenzügen, die aufrechte Richtung ſtärker betont iſt. Ihm
zur Seite ſteht ſein Söhnchen. Aus dieſer Darſtellung hat ſich
die Sage entwickelt, der Graf habe das Kind durch einen un-
vorſichtigen Schlag getötet.

Das Grabmal iſt in Eichenholz ausgeführt, wohl nicht allzu-
lange nach dem Tode des Grafen. Die Erhaltung iſt nicht voll-
kommen, aber für das hohe Alter doch gut. Die Figur iſt ein
ſpätes Werk aus der klaſſiſchen Epoche der deutſchen Kunſt im
13. Jahrhundert, welche ihre Höhe in den Skulpturen der Dome
zu Bamberg und Naumburg und in einigen niederſächſiſchen
Grabmälern erreicht. Es iſt eine hohe und ernſte Kunſt. Auch
Heinrich III. von Sayn iſt ſehr altertümlich, von einer Strenge
der Stiliſierung, welche uns fremd anmutet, aber auch von einer
Größe der Auffaſſung, welche ſpätere Zeiten nicht mehr erreicht

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[Seite 172[172]/0014] Allgemeine Zeitung 2. Mai 1920 der Kantſchen Ethik (1875); „Schelling“ (1875); Predigten vom Reiche Gottes“ (1880); „Kirche und Reich Gottes“ (1883); Menſch- liches Erkennen“ (1887); „Das menſchliche Handeln“ (1895); „Grund- riß der Dogmengeſchichte“ (1899); „Grundriß der Enzyklepädie der Theologie“ (1901); „Zur Geſchichte des ſittlichen Denkens und Lebens“ (1901); „Grundriß der Religionsphiloſophie (1903); „Vorträge über die Grundprobleme der Religionsphiloſophie“ (1903); „Die chriſtliche Lehre“ (1904); „Heilsglaube und Dogma“ (1905); Individuelle und ſoziale Ethik“ (1906); „Die Entſtehung der chriſtlichen Glaubenslehre“ (1901); „Auguſtinus“ (1908); „Die Einheit der Wiſſenſchaften im Organismus der Univerſi- tät“ (1909); „Johannes Calvin“ (1910); Enzyklopädie der Phi- loſophie“ (1910); „Peſſimismus, Nietzſche und Naturalismus“ (1911); „Philoſophie und Theologie im 19. Jahrhundert“ (1912). In Frankfurte a. M. ſtarb der ſeit 1912 im Ruheſtand lebende langjährige Vertreter der engliſchen Philologie an der Univerſität Bonn, Geh. Regierungsrat, ordentlicher Profeſſor Dr. Moritz Trautmann. Er wurde am 24. März 1842 zu Klöden geboren. Von ſeinen Werken ſeien genannt: „Bildung der Tempora und Modi in dem „Chanson de Roland“ (1871); „Verſaſſer und Entſtehungszeit einiger ſtabreimender Gedichte des Altengliſchen“ (1876); Lachmanns Betonungsgeſetze und Otfrieds Vers“ (1877); „Sprachlaute im allgemeinen und die Laute des Engliſchen, Franzöſiſchen und Deutſchen im beſonderen“ (1884/86); „Kynewulf, Unterſuchung über ſeine Werke und ſein Leben“ (1898); „Kleine Lautlehre des Deutſchen, Franzöſiſchen und Engliſchen“ (1901); „Finn und Hildebrand“ (1903); „Der Staat und die deutſche Sprache“ (1911); „Die altengliſchen Rätſel“ (1912). Außerdem gab er das Beowulflied mit Ueber- ſetzung (1904) und die „Bonner Beiträge zur Angliſtik“ heraus. Aus Vorträgen und Vereinen Münchener Altertumsperein e. V. (Allgemeiner Abend.) Sitzung vom 29. März 1920. Bei der von 45 Herren beſuchten Wochenverſammlung legte der 1. Vorſitzende Franz Wolter mehrere literariſche Einläufe vor und begrüßte die neuen Mitglieder: Herrn Kentrup, Julius Heß und Ernſt Zech. Zahlreiche alte, zum Teil ſehr beachtenswerte Gegenſtände lagen auf dem Schaupodium. Unter den vorgezeigten Kunſt- objekten wären vor allem eine Reihe ſeltener Ausgrabungen zu erwähnen, wie eine kleine, ſchreitende, ägyptiſche Göttin aus Blei, frühe Oellampen, byzantiniſche Kupfermünzen mit chriſt- lichen Symbolen, eine aus dem 11. Jahrhundert ſtammende, deutſche Schwertklinge mit der Inſchrift: † BANTINO (Ban- dulf) ME FECIT, 6 bemalte Wandflieſen, 14. Jahrhundert, aus Gent ſtammend; aus gleicher Gegend ein Herdziegel um 1500, der in Preſſung „Suſanna im Bade“ zeigt. Ein Spitzkelchglas mit beweglichen Fußringen, wohl böhmiſch, um 1600, eine mit Streublumen ſein bemalte Nymphenburger-Porzellan-Teebüchſe, zopfige Meißener Taſſen, eine ſtilvolle franzöſiſche Reiſeuhr, Bronze in Originaletuis, um 1790, ein niederländiſches, gutge- maltes Madonnenbild, ein Oelbildchen, Auffindung des hl. Franz Xaver durch die Heiden, 1750), zwei meſſinggetriebene, ver- ſilberte Blacker aus einer Nürnberger Puppenſtube um 1750, ein Augenglas (geſtieltes Monokel) in Goldemailfaſſung um 1830, mehrere feine Miniaturen auf Elfenbein und Porzellan (Porträt König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen), eine Silber- ſtift-Zeichnung von C. Kehrer 1794, eine ſchöngeſchweiſte, goldene Biedermeier-Tabaksdoſe, ein ſpätes Schieferſtein-Relief (Maria Magdalena), eine prächtige Hartholzgruppe, Maria von Engeln in den Himmel getragen, 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, ein dunter Wienerſchal, oſteuropäiſche Webereien und alte Zinnteller, eine Rembrandtradierung und als Gegenſtück: Nachahmungen dazu, wären noch beſonders zu erwähnen. In der nächſten Verſammlung wird Dr. Lill einen Licht- bildervortrag über „Münchener Trachten von 1500—1800“ halten. Bücher-Anzeigen Janſſens Briefe. Herausgegeben von Ludwig Frhru. v. Pa- ſtor. Verlag Herder & Co., Freiburg i Br. I. Band: XL und 441 Seiten. 8° mit Bildnis Janſſens. II. Band: XXXV und 336 Seiten. 8°. Preis gebunden 30 M. Der wiſſenſchaftliche Erbe Janiſens erwirbt ſich mit der Herausgabe der Bücher ſeines Lehrers ein weſentliches Verdienſt um die rechte Wurdigung dieſes viel gerühmten und viel ange- ſeindeten Mannes. Wie Janſſen es liebte, in ſeinen Geſchichts- darlegungen die Perſonen ſprechend enzuführen, und wie er da- durch um ſo lebendigere Wirkung erzielte, ſo tritt er uns auch in dieſer Zuſammenſtellung ſeines brieflichen Nachlaſſes unmit- telbar, ja faſt perſönlich nahe. Die vom Herausgeber beigefügte tabellariſche Ueberſicht des Lebens und wiſſenſchaftlichen Wirkens des großen Gelehrten gibt den feſten Halt für die an ſich lockere Reihe der Briefe, die aus der Zahl aller von Janſſen überblie- benen nur eine Auswahl bilden. Immerhin iſt letztere ſo ge- troffen, daß nichts Wichtiges fehlt und nur überflüſſige Wieder- holungen vermieden werden. So ſtellen ſich z. B. Janſſens Erleb- niſſe und Eindrücke während ſeines Aufenthaltes in Italien, zu- mal in Rom (Dezember 1863 bis Mai 1864) faſt ganz nur in den überaus feſſelnden Berichten dar, die er zuſammenhängend an Frau Marie von Sydow, die Gemahlin des preußiſchen Bun- destagsabgeordneten in Frankfurt, ſandte. Hell ſpiegeln ſich in dieſen wie überhaupt in allen Briefen Janſſens der Lauf ſeines äußeren, die Leitgedanken ſeines inneren Lebens, ſein flecken- loſer, nämlich feſter Charakter, ſeine edle Beſcheidenheit, ſein gewaltiger Geiſt und unglaublicher Fleiß, als deren gemein- ſame Früchte eine ſtaunenswert große Zahl hiſtoriſcher, biogra- phiſcher, publiziſtiſcher Arbeiten hervorging, umfänglich betrachtet vom kurzen Eſſay bis zu dem Monumentalwerke ſeines Lebens, der Geſchichte des deutſchen Volkes, von der er ſechs Bände noch ſelbſt veröffentlichen konnte (1876—1888; Band 7 und 8 wurden erſt nach Janſſens Tode durch L. v. Paſtor herausgegeben). Die- ſem reichen Daſein, das zumal in den letzten fünfzehn Jahren durch die bekannten ſchweren Anſeindungen und Verdächtigungen Janſſens Kraft aufs härteſte, oft faſt bis zur Erſchöpfung in Anſpruch nahmen, bis die Rieſenlaſt der Arbeit ihn erdrückte, dienen die Ereigniſſe der Jahre von 1847—1891 zum wechſel- vollen Hintergrunde. Beſonders intereſſant ſind natürlich vor allem die Jahre des Kulturkampfes, währenddeſſen Janſſen auch einmal auf kurze Zeit als Mitglied der Zentrumspartei dem Parlament angehörte. Aeußerſt intereſſant iſt es auch, in dieſen Briefen die Beziehungen Janſſens zu bedeutendſten Geiſtesmän- nern zu verfolgen: zu Böhmer, Onno Klopp, Reichenſperger, dem Grafen Hertling und viele andere. So iſt dieſe Briefſammlung ein ausgezeichnetes, wichtiges Quellenwerk für die Geſchichte der Wiſſenſchaft, der Politik und Kultur Deutſchlands vor und nach der Gründung des Deutſchen Reiches. Dr. O. Doering. Verſchiedenes Germaniſches Muſeum.Das germaniſche Muſeum hat in jüngſter Zeit die Grabſigur des 1246 verſtorbenen Grafen Hein- rich III. von Sayn erworben, eines der hervorragendſten Werke deutſcher Kunſt, welche ſeit Jahrzehnten in den Handel kamen und unter den Werken der Plaſtik des hohen Mittelalters das bedeutendſte. 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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2020-10-02T09:49:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 17, 2. Mai 1920, S. Seite 172[172]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine17_1920/14>, abgerufen am 24.11.2024.