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Allgemeine Zeitung, Nr. 170, 18. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] Sachen, sondern nach den Personen bemessen, nicht nach dem Friedensbedürf-
niß des Volks, sondern nach dem Kriegsbedürfniß der Regierung. Wenn man
das thut, dann wird man zur Ueberzeugung kommen daß der Krieg näher
und gefährlicher denn je droht, und es nur ein Mittel gibt ihn abzuwenden:
eine Wehrhaftigkeit die dem zweiten December jede Aussicht auf Erfolg be-
nimmt. Gerade weil er nur um persönlicher Bedürfniffe willen Krieg führt,
darf er niemals einen unglücklichen Krieg führen.

Ueber den außerordentlichen neapolitanischen Botschafter, Hrn. v. Mar-
tino, erlaubt sich der Correspondent der M. Post folgende Bemerkungen:
"Dieser Gentleman war ein Günftling des vorigen Königs von Neapel; wir
können uns also denken was für einen Botschafter er machen, und was für
Unsinn er dem Kaiser Napoleon vorschwatzen wird. Ferdinand II pflegte zu
sagen: "Ich mag keine Gelehrte und Männer der Wissenschaft um mich,
denn diese Kerle find alle liberal." Franz II scheint nicht besser bedient zu
seyn als die Souveräne von Mittelitalien, deren Botschafter den Kaiser nicht
wenig zu beluftigen pflegten. Einer derselben, den ich nicht nennen mag,
bemühte sich dem Erwählten der franzöfischen Nation auseinanderzusetzen
wie ein "conservativer Monarch" gleich Sr. Majestät doch unmöglich die Er-
gebnisse des allgemeinen Stimmrechts in Mittelitalien gutheißen könne. Erst
als dieser gescheidte Kopf einem Freund von seiner Unterredung mit dem
Kaiser erzählte, merkte er daß er nicht das passendste Argument gewählt
hatte."

Der Commendatore Martino verließ erst heute
Morgens Paris, und wird sich morgen in Marseille nach Neapel einschiffen.
Es ist positiv daß seine Mission sich darauf beschränkte von Frankreich und
England zu erwirken daß sie sich zwischen Garibaldi und der neapolitanischen
Regierung neutral verhalten, und Sardinien zu demselben Benehmen veran-
lassen. Das Mißlingen seiner Mission kann nicht mehr bezweifelt werden.
Die ununterbrochene Ruhe in Neapel und die Energie womit die Regierung
die neuesten militärischen Vorkehrungen auf Sicilien, dann zwischen der
Insel und dem Festland traf, würden ihren hiesigen Freunden einige Hoff-
nung einflößen, wenn sie nicht wüßten daß Palmerston-Russell bei hellem
Tageslicht und Frankreich halb aus dem Versteck den Umsturz aufs äußerste
zu treiben entschlossen sind. Das schlechte Wetter, mithin die schlechten
Ernteaussichten, die bedenkliche Geschäftsstockung und die Finanzlage, welche
zusammen den Curs der 3procentigen Rente zu 60 vollkommen rechtfertigen
würden, interessiren das Publicum und die Baissiers bedeutend mehr als die
Zusammenkünfte in Baden, von welchen selbst die Haussiers sich nichts mehr
versprechen. Daß daraus nicht sofort der Krieg hervorgehen werde, konnte
ein Kind voraussehen, und daß die inneren Zustände auch in der nächsten
Zeit dem Kaiser einen Krieg kaum gestatten werden, begreift jeder Geschäfts-
mann. Bloß das Gerücht oder das Anzeichen eines Kriegsanlehens würde
dem Handel, der Industrie und der Vörse Februartage bereiten. Zeit muß
gewonnen werden; es ist dieß eine absolute Nothwendigkeit. Doch wird die
Bedeutung von Baden-Baden nicht unterschätzt. Die Broschüre von About
ist ein Wegweiser. Das Verbot an die Journale sie nicht zu besprechen und
aus ihr keine Auszüge zu veröffentlichen, täuscht niemanden über ihre officiöse
Mache, da sogar heute noch Exemplare mit dem Titel: Napoleon III et la
Prusse
im Umlauf waren. So wie der Titel über Nacht auf den Wunsch
der Regierung an einer Anzahl von Exemplaren verändert wurde, so würde
auch die Broschüre auf einen Wink unterdrückt worden seyn, wenn nicht gerade
die Regierung ihr Erscheinen gewünscht, bestellt und bezahlt hätte. Auch die
(Eichhorn) Horn'sche Broschüre wurde den Journalen verboten. Die öffent-
iche Meinung über die süßliche und drohende Broschüre Abouts hat sich
ebenfalls über Nacht geändert. Gestern hieß es: c'est la guerre, heute
sagt man bloß noch: c'est du chantage. Wenn aus Baden-Baden nicht
sofort neue Wirren hervorgehen, wird es doch die Wiege bedeutender Ereig-
nisse gewesen seyn, die schon jetzt einen Schatten über England werfen, auf
welches alle Besorgnisse übergehen die im Augenblick in Deutschland ausge-
rottet werden. Auf die Stimmung, die Geschäfte und die Börse bringt Baden-
Baden nicht im entferntesten den Eindruck der Zusammenkunft in Cherbourg
hervor, es bewirkt überhaupt keinen Eindruck. Die politische Lage wird doch
nicht besser, und die Besserung der ökonomischen ist noch lange abzuwarten.

Italien.

Die Nachricht von der Wegnahme zweier
Dampfer mit Truppen und Munition durch die neapolitanische Flotte hat
hier einen sehr peinlichen Eindruck gemacht, da man vermuthet es seyen die
Dampfer der dritten von Medici, Cosenz und Malenchini geleiteten Gari-
baldi-Expedition, die aus nahezu 2000 Mann besteht, und mit vielen Waffen
und noch mehr Geld belastet ist. Die hiesigen Abendblätter versuchen dieses
Telegramm als eine Erfindung zu bezeichnen, zu dem Zweck weitere im Werk
begriffene Expeditioneu zu verhindern; allein wer zwischen den Zeilen zu
lesen versteht, dem wird die Bange nicht entgehen die diese Blätter bei der
Nachricht befallen hat. Nicht weniger unangenehm ist es der Regierung den
unermüdlichen Agitator Mazzini auf Sicilien zu wissen, der von Malta her-
[Spaltenumbruch] übergekommen ist. Die Regierungsjournale versuchen auch hier zu dem bösen
Spiel eine gute Miene zu machen, indem sie Mazzini's Einfluß für gänzlich
erloschen erklären, was wir in dieser Fassung nimmer unterschreiben werden.
Endlich ist auch Lafarina, der Präsident des italienischen Nationalvereins, in
Palermo angekommen. Während die meisten unabhängigen Blätter die Re-
gierung angreifen daß sie diesen in Sicilien höchst ungern gesehenen, und von
Garibaldi verachteten Emigrirten nach der Insel gesandt habe, läßt die Re-
gierung durch die "Opinione" erklären daß Lafarina nicht von ihr dahin ge-
sandt sey und keinerlei officielle oder officiöse Mission habe, was natürlich
niemand glaubt; denn die intimen Beziehungen Lafarina's zu Cavour und
seine vielfache Verwendung in gouvermentalen Angelegenheiten sind allzube-
kannt als daß man sich einen solchen Bären aufbinden ließe. Diese Behaup-
tung ist gerade so wahr als die andere, wo die Regierung behauptet von
der Expedition Garibaldi's und den nachfolgenden Expeditionen keine Kennt-
nisse gehabt zu haben. -- Heute ist der Tag der Einverleibung Savoyens und
Nizza's mit Frankreich. Die zahlreichen hier lebenden Nizzarden hatten beschlossen
einen Trauergottesdienst in der Kirche San Francesco abhalten zu lassen; allein
der Umstand daß heute als dem letzten Tage der Frohnleichnamsoctav keine Tod-
tenmesse abgehalten werden kann, verhinderte diese Demonstration. Man sagt:
es soll an deren Stelle eine andere treten, bei welcher die Nizzarden vereint
mit den Savoyarden heute Abend einen Umzug mit schwarzen Fahnen und
Trauermusik halten wollen; doch scheint auch diese durch den strömenden Re-
gen unterbleiben zu müssen. Desto lustiger wird es in Paris und in den officiellen
Kreisen von Chambery, Annecy und Nizza zugehen, wo die HH. Senatoren,
Präfecten, Unterpräfecten, Maires und der ganze Troß der Unterbeamten
und der Stellenjäger ihre ungeschlachte Freude in Champagner ersäufen, und
ihr obligates Vive l'empereur erschallen lassen werden, während in den
stillen Alpendörfern manches Herz blutet ob so viel Undank für so viel hun-
dertjährige Hingebung und Treue. Es ist ein trüber, trauriger Tag, der heu-
tige, und die Geschichte wird ihn auch als solchen einzeichnen.

Kaum hatte ich mein gestriges Schreiben zur
Post gegeben, so brachte ich in Erfahrung daß der sardinische Dampfer "Febo"
im hiesigen Hafen eingelaufen sey um Verstärkungen für Garibaldi zu holen.
Das Schiff verließ auch wirklich gestern Nachts mit ungefähr 250 Freiwilli-
gen die Rhede, und nahm seinen Weg nach Genua, wo sich die Angeworbenen,
welche größtentheils aus Nizzarden bestehen, mit andern Garibaldi'schen
Schaaren vereinigen sollen. Da sich die hiesigen Freiwilligen waffenlos und
in bürgerlicher Kleidung einschifften, so konnten die Behörden wohl nicht leicht
etwas dagegen haben, ja ein franzöfischer Consulatsbeamter äußerte heute in
meiner Gegenwart: man sey eigentlich froh daß man diese turbulenten Ele-
mente los werde. Wahrscheinlich betheiligten sich auch einige dieser Leute bei
den Auftritten die ich Ihnen gestern mitgetheilt. Die "Gazette de Nice" fragt
heute den französischen "Messager:" ob das eben abgegangene Garibaldi'sche
Contingent etwa wieder ein Beweis von der anti-italienischen Gesinnung Nizza's
sey? Auch in den bedeutenderen Städten an der Riviera di Ponente -- in S.
Remo, Oneglia, Albenga und Savona -- soll für Garibaldi geworben werden.
Der "Pensiero" sagt daß die Jugend an der ganzen Küste mit Enthusiasmus
zu den Fahnen des "unvergleichlichen Helden" eile. Auch in dem benachbarten
Marseille wird für Garibaldi sehr thätig gearbeitet. Ich kann Ihnen aus guter
Quelle versichern daß die dortige Dampfschifffahrtscompagnie Frayssinet sechs
Dampfer an eine anonyme Gesellschaft für den Betrag von 4 Mill. Fr. ver-
kaufte. Es befinden sich darunter die Schiffe "l'Huveaune," "l'Helvetie,"
"la Provence" und "le Belzunce." -- Hr. Pietri ist zum kaiserl. Commissär
ernannt worden, in welcher Eigenschaft er im Namen L. Napoleons von Nizza
Besitz ergreifen wird. Von piemontesischer Seite ist der Cav. Pirinole, In-
tendant der Provinz Novara, zur officiellen Uebergabe Nizza's beauftragt
worden. Man glaubt daß diese letzte Formalität im Laufe der künftigen
Woche vollzogen werden dürfte, und dann werden Sie leider meine Berichte
unter die Rubrik "Frankreich" reihen müssen. Indessen gedenke ich das "neue
gelobte Land" bald zu verlassen, um mich irgendwo in Italien hinzuwenden
wo ich vor "Annexionen" sicher bin. -- Der Präfect des neuen Departement
des Alpes maritimes, Hr. Paulze d'Ivoy, ist bereits hier angekommen. Der
"Messager" entwirft von seinen Eigenschaften eine pompöse Schilderung, nennt
ihn einen "höchst talentvollen, umsichtigen Beamten," einen Mann von "gro-
ßen Verdiensten," "ausgezeichneten Manieren," "zärtlichen Familienvater"
und "Besitzer eines großen Vermögens!" Die letztere Bemerkung mag
wohl den hiefigen geldhungerigen Krämern und Bontiquiers gelten, damit
sie der Frau des Gewaltigen ihre Waarenlisten senden, mit welchen hier die
Fremden jeden Tag gequält werden. -- Inzwischen ist im Laufe der letzten
Wochen in die guten Nizzarden ein panischer Schrecken gefahren. Es ver-
breitete sich nämlich das Gerücht daß der bisher hier bestandene Appellgerichts-
hof nach Aix verlegt werde. Sofort wurde von dem Gemeinderath eine
Bittschrift nebst einer Adresse der Einwohner an den Kaiser geschickt, worin
man um die "gnädige" Abwendung dieser Maßnahme bittet, welche die "In-
teressen Nizza's auf das tiefste verletzen" würde. Auch der hiesige Bischof

[Spaltenumbruch] Sachen, ſondern nach den Perſonen bemeſſen, nicht nach dem Friedensbedürf-
niß des Volks, ſondern nach dem Kriegsbedürfniß der Regierung. Wenn man
das thut, dann wird man zur Ueberzeugung kommen daß der Krieg näher
und gefährlicher denn je droht, und es nur ein Mittel gibt ihn abzuwenden:
eine Wehrhaftigkeit die dem zweiten December jede Ausſicht auf Erfolg be-
nimmt. Gerade weil er nur um perſönlicher Bedürfniffe willen Krieg führt,
darf er niemals einen unglücklichen Krieg führen.

Ueber den außerordentlichen neapolitaniſchen Botſchafter, Hrn. v. Mar-
tino, erlaubt ſich der Correſpondent der M. Poſt folgende Bemerkungen:
„Dieſer Gentleman war ein Günftling des vorigen Königs von Neapel; wir
können uns alſo denken was für einen Botſchafter er machen, und was für
Unſinn er dem Kaiſer Napoleon vorſchwatzen wird. Ferdinand II pflegte zu
ſagen: „Ich mag keine Gelehrte und Männer der Wiſſenſchaft um mich,
denn dieſe Kerle find alle liberal.“ Franz II ſcheint nicht beſſer bedient zu
ſeyn als die Souveräne von Mittelitalien, deren Botſchafter den Kaiſer nicht
wenig zu beluftigen pflegten. Einer derſelben, den ich nicht nennen mag,
bemühte ſich dem Erwählten der franzöfiſchen Nation auseinanderzuſetzen
wie ein „conſervativer Monarch“ gleich Sr. Majeſtät doch unmöglich die Er-
gebniſſe des allgemeinen Stimmrechts in Mittelitalien gutheißen könne. Erſt
als dieſer geſcheidte Kopf einem Freund von ſeiner Unterredung mit dem
Kaiſer erzählte, merkte er daß er nicht das paſſendſte Argument gewählt
hatte.“

Der Commendatore Martino verließ erſt heute
Morgens Paris, und wird ſich morgen in Marſeille nach Neapel einſchiffen.
Es iſt poſitiv daß ſeine Miſſion ſich darauf beſchränkte von Frankreich und
England zu erwirken daß ſie ſich zwiſchen Garibaldi und der neapolitaniſchen
Regierung neutral verhalten, und Sardinien zu demſelben Benehmen veran-
laſſen. Das Mißlingen ſeiner Miſſion kann nicht mehr bezweifelt werden.
Die ununterbrochene Ruhe in Neapel und die Energie womit die Regierung
die neueſten militäriſchen Vorkehrungen auf Sicilien, dann zwiſchen der
Inſel und dem Feſtland traf, würden ihren hieſigen Freunden einige Hoff-
nung einflößen, wenn ſie nicht wüßten daß Palmerſton-Ruſſell bei hellem
Tageslicht und Frankreich halb aus dem Verſteck den Umſturz aufs äußerſte
zu treiben entſchloſſen ſind. Das ſchlechte Wetter, mithin die ſchlechten
Ernteausſichten, die bedenkliche Geſchäftsſtockung und die Finanzlage, welche
zuſammen den Curs der 3procentigen Rente zu 60 vollkommen rechtfertigen
würden, intereſſiren das Publicum und die Baiſſiers bedeutend mehr als die
Zuſammenkünfte in Baden, von welchen ſelbſt die Hauſſiers ſich nichts mehr
verſprechen. Daß daraus nicht ſofort der Krieg hervorgehen werde, konnte
ein Kind vorausſehen, und daß die inneren Zuſtände auch in der nächſten
Zeit dem Kaiſer einen Krieg kaum geſtatten werden, begreift jeder Geſchäfts-
mann. Bloß das Gerücht oder das Anzeichen eines Kriegsanlehens würde
dem Handel, der Induſtrie und der Vörſe Februartage bereiten. Zeit muß
gewonnen werden; es iſt dieß eine abſolute Nothwendigkeit. Doch wird die
Bedeutung von Baden-Baden nicht unterſchätzt. Die Broſchüre von About
iſt ein Wegweiſer. Das Verbot an die Journale ſie nicht zu beſprechen und
aus ihr keine Auszüge zu veröffentlichen, täuſcht niemanden über ihre officiöſe
Mache, da ſogar heute noch Exemplare mit dem Titel: Napoléon III et la
Prusse
im Umlauf waren. So wie der Titel über Nacht auf den Wunſch
der Regierung an einer Anzahl von Exemplaren verändert wurde, ſo würde
auch die Broſchüre auf einen Wink unterdrückt worden ſeyn, wenn nicht gerade
die Regierung ihr Erſcheinen gewünſcht, beſtellt und bezahlt hätte. Auch die
(Eichhorn) Horn’ſche Broſchüre wurde den Journalen verboten. Die öffent-
iche Meinung über die ſüßliche und drohende Broſchüre Abouts hat ſich
ebenfalls über Nacht geändert. Geſtern hieß es: c’est la guerre, heute
ſagt man bloß noch: c’est du chantage. Wenn aus Baden-Baden nicht
ſofort neue Wirren hervorgehen, wird es doch die Wiege bedeutender Ereig-
niſſe geweſen ſeyn, die ſchon jetzt einen Schatten über England werfen, auf
welches alle Beſorgniſſe übergehen die im Augenblick in Deutſchland ausge-
rottet werden. Auf die Stimmung, die Geſchäfte und die Börſe bringt Baden-
Baden nicht im entfernteſten den Eindruck der Zuſammenkunft in Cherbourg
hervor, es bewirkt überhaupt keinen Eindruck. Die politiſche Lage wird doch
nicht beſſer, und die Beſſerung der ökonomiſchen iſt noch lange abzuwarten.

Italien.

Die Nachricht von der Wegnahme zweier
Dampfer mit Truppen und Munition durch die neapolitaniſche Flotte hat
hier einen ſehr peinlichen Eindruck gemacht, da man vermuthet es ſeyen die
Dampfer der dritten von Medici, Coſenz und Malenchini geleiteten Gari-
baldi-Expedition, die aus nahezu 2000 Mann beſteht, und mit vielen Waffen
und noch mehr Geld belaſtet iſt. Die hieſigen Abendblätter verſuchen dieſes
Telegramm als eine Erfindung zu bezeichnen, zu dem Zweck weitere im Werk
begriffene Expeditioneu zu verhindern; allein wer zwiſchen den Zeilen zu
leſen verſteht, dem wird die Bange nicht entgehen die dieſe Blätter bei der
Nachricht befallen hat. Nicht weniger unangenehm iſt es der Regierung den
unermüdlichen Agitator Mazzini auf Sicilien zu wiſſen, der von Malta her-
[Spaltenumbruch] übergekommen iſt. Die Regierungsjournale verſuchen auch hier zu dem böſen
Spiel eine gute Miene zu machen, indem ſie Mazzini’s Einfluß für gänzlich
erloſchen erklären, was wir in dieſer Faſſung nimmer unterſchreiben werden.
Endlich iſt auch Lafarina, der Präſident des italieniſchen Nationalvereins, in
Palermo angekommen. Während die meiſten unabhängigen Blätter die Re-
gierung angreifen daß ſie dieſen in Sicilien höchſt ungern geſehenen, und von
Garibaldi verachteten Emigrirten nach der Inſel geſandt habe, läßt die Re-
gierung durch die „Opinione“ erklären daß Lafarina nicht von ihr dahin ge-
ſandt ſey und keinerlei officielle oder officiöſe Miſſion habe, was natürlich
niemand glaubt; denn die intimen Beziehungen Lafarina’s zu Cavour und
ſeine vielfache Verwendung in gouvermentalen Angelegenheiten ſind allzube-
kannt als daß man ſich einen ſolchen Bären aufbinden ließe. Dieſe Behaup-
tung iſt gerade ſo wahr als die andere, wo die Regierung behauptet von
der Expedition Garibaldi’s und den nachfolgenden Expeditionen keine Kennt-
niſſe gehabt zu haben. — Heute iſt der Tag der Einverleibung Savoyens und
Nizza’s mit Frankreich. Die zahlreichen hier lebenden Nizzarden hatten beſchloſſen
einen Trauergottesdienſt in der Kirche San Francesco abhalten zu laſſen; allein
der Umſtand daß heute als dem letzten Tage der Frohnleichnamsoctav keine Tod-
tenmeſſe abgehalten werden kann, verhinderte dieſe Demonſtration. Man ſagt:
es ſoll an deren Stelle eine andere treten, bei welcher die Nizzarden vereint
mit den Savoyarden heute Abend einen Umzug mit ſchwarzen Fahnen und
Trauermuſik halten wollen; doch ſcheint auch dieſe durch den ſtrömenden Re-
gen unterbleiben zu müſſen. Deſto luſtiger wird es in Paris und in den officiellen
Kreiſen von Chambery, Annecy und Nizza zugehen, wo die HH. Senatoren,
Präfecten, Unterpräfecten, Maires und der ganze Troß der Unterbeamten
und der Stellenjäger ihre ungeſchlachte Freude in Champagner erſäufen, und
ihr obligates Vive l’empereur erſchallen laſſen werden, während in den
ſtillen Alpendörfern manches Herz blutet ob ſo viel Undank für ſo viel hun-
dertjährige Hingebung und Treue. Es iſt ein trüber, trauriger Tag, der heu-
tige, und die Geſchichte wird ihn auch als ſolchen einzeichnen.

Kaum hatte ich mein geſtriges Schreiben zur
Poſt gegeben, ſo brachte ich in Erfahrung daß der ſardiniſche Dampfer „Febo“
im hieſigen Hafen eingelaufen ſey um Verſtärkungen für Garibaldi zu holen.
Das Schiff verließ auch wirklich geſtern Nachts mit ungefähr 250 Freiwilli-
gen die Rhede, und nahm ſeinen Weg nach Genua, wo ſich die Angeworbenen,
welche größtentheils aus Nizzarden beſtehen, mit andern Garibaldi’ſchen
Schaaren vereinigen ſollen. Da ſich die hieſigen Freiwilligen waffenlos und
in bürgerlicher Kleidung einſchifften, ſo konnten die Behörden wohl nicht leicht
etwas dagegen haben, ja ein franzöfiſcher Conſulatsbeamter äußerte heute in
meiner Gegenwart: man ſey eigentlich froh daß man dieſe turbulenten Ele-
mente los werde. Wahrſcheinlich betheiligten ſich auch einige dieſer Leute bei
den Auftritten die ich Ihnen geſtern mitgetheilt. Die „Gazette de Nice“ fragt
heute den franzöſiſchen „Meſſager:“ ob das eben abgegangene Garibaldi’ſche
Contingent etwa wieder ein Beweis von der anti-italieniſchen Geſinnung Nizza’s
ſey? Auch in den bedeutenderen Städten an der Riviera di Ponente — in S.
Remo, Oneglia, Albenga und Savona — ſoll für Garibaldi geworben werden.
Der „Penſiero“ ſagt daß die Jugend an der ganzen Küſte mit Enthuſiasmus
zu den Fahnen des „unvergleichlichen Helden“ eile. Auch in dem benachbarten
Marſeille wird für Garibaldi ſehr thätig gearbeitet. Ich kann Ihnen aus guter
Quelle verſichern daß die dortige Dampfſchifffahrtscompagnie Frayſſinet ſechs
Dampfer an eine anonyme Geſellſchaft für den Betrag von 4 Mill. Fr. ver-
kaufte. Es befinden ſich darunter die Schiffe „l’Huveaune,“ „l’Helvétie,“
„la Provence“ und „le Belzunce.“ — Hr. Pietri iſt zum kaiſerl. Commiſſär
ernannt worden, in welcher Eigenſchaft er im Namen L. Napoleons von Nizza
Beſitz ergreifen wird. Von piemonteſiſcher Seite iſt der Cav. Pirinole, In-
tendant der Provinz Novara, zur officiellen Uebergabe Nizza’s beauftragt
worden. Man glaubt daß dieſe letzte Formalität im Laufe der künftigen
Woche vollzogen werden dürfte, und dann werden Sie leider meine Berichte
unter die Rubrik „Frankreich“ reihen müſſen. Indeſſen gedenke ich das „neue
gelobte Land“ bald zu verlaſſen, um mich irgendwo in Italien hinzuwenden
wo ich vor „Annexionen“ ſicher bin. — Der Präfect des neuen Département
des Alpes maritimes, Hr. Paulze d’Ivoy, iſt bereits hier angekommen. Der
„Meſſager“ entwirft von ſeinen Eigenſchaften eine pompöſe Schilderung, nennt
ihn einen „höchſt talentvollen, umſichtigen Beamten,“ einen Mann von „gro-
ßen Verdienſten,“ „ausgezeichneten Manieren,“ „zärtlichen Familienvater“
und „Beſitzer eines großen Vermögens!“ Die letztere Bemerkung mag
wohl den hiefigen geldhungerigen Krämern und Bontiquiers gelten, damit
ſie der Frau des Gewaltigen ihre Waarenliſten ſenden, mit welchen hier die
Fremden jeden Tag gequält werden. — Inzwiſchen iſt im Laufe der letzten
Wochen in die guten Nizzarden ein paniſcher Schrecken gefahren. Es ver-
breitete ſich nämlich das Gerücht daß der bisher hier beſtandene Appellgerichts-
hof nach Aix verlegt werde. Sofort wurde von dem Gemeinderath eine
Bittſchrift nebſt einer Adreſſe der Einwohner an den Kaiſer geſchickt, worin
man um die „gnädige“ Abwendung dieſer Maßnahme bittet, welche die „In-
tereſſen Nizza’s auf das tiefſte verletzen“ würde. Auch der hieſige Biſchof

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[2835/0007] Sachen, ſondern nach den Perſonen bemeſſen, nicht nach dem Friedensbedürf- niß des Volks, ſondern nach dem Kriegsbedürfniß der Regierung. Wenn man das thut, dann wird man zur Ueberzeugung kommen daß der Krieg näher und gefährlicher denn je droht, und es nur ein Mittel gibt ihn abzuwenden: eine Wehrhaftigkeit die dem zweiten December jede Ausſicht auf Erfolg be- nimmt. Gerade weil er nur um perſönlicher Bedürfniffe willen Krieg führt, darf er niemals einen unglücklichen Krieg führen. Ueber den außerordentlichen neapolitaniſchen Botſchafter, Hrn. v. Mar- tino, erlaubt ſich der Correſpondent der M. Poſt folgende Bemerkungen: „Dieſer Gentleman war ein Günftling des vorigen Königs von Neapel; wir können uns alſo denken was für einen Botſchafter er machen, und was für Unſinn er dem Kaiſer Napoleon vorſchwatzen wird. Ferdinand II pflegte zu ſagen: „Ich mag keine Gelehrte und Männer der Wiſſenſchaft um mich, denn dieſe Kerle find alle liberal.“ Franz II ſcheint nicht beſſer bedient zu ſeyn als die Souveräne von Mittelitalien, deren Botſchafter den Kaiſer nicht wenig zu beluftigen pflegten. Einer derſelben, den ich nicht nennen mag, bemühte ſich dem Erwählten der franzöfiſchen Nation auseinanderzuſetzen wie ein „conſervativer Monarch“ gleich Sr. Majeſtät doch unmöglich die Er- gebniſſe des allgemeinen Stimmrechts in Mittelitalien gutheißen könne. Erſt als dieſer geſcheidte Kopf einem Freund von ſeiner Unterredung mit dem Kaiſer erzählte, merkte er daß er nicht das paſſendſte Argument gewählt hatte.“ . Paris, 16 Jun. Der Commendatore Martino verließ erſt heute Morgens Paris, und wird ſich morgen in Marſeille nach Neapel einſchiffen. Es iſt poſitiv daß ſeine Miſſion ſich darauf beſchränkte von Frankreich und England zu erwirken daß ſie ſich zwiſchen Garibaldi und der neapolitaniſchen Regierung neutral verhalten, und Sardinien zu demſelben Benehmen veran- laſſen. Das Mißlingen ſeiner Miſſion kann nicht mehr bezweifelt werden. Die ununterbrochene Ruhe in Neapel und die Energie womit die Regierung die neueſten militäriſchen Vorkehrungen auf Sicilien, dann zwiſchen der Inſel und dem Feſtland traf, würden ihren hieſigen Freunden einige Hoff- nung einflößen, wenn ſie nicht wüßten daß Palmerſton-Ruſſell bei hellem Tageslicht und Frankreich halb aus dem Verſteck den Umſturz aufs äußerſte zu treiben entſchloſſen ſind. Das ſchlechte Wetter, mithin die ſchlechten Ernteausſichten, die bedenkliche Geſchäftsſtockung und die Finanzlage, welche zuſammen den Curs der 3procentigen Rente zu 60 vollkommen rechtfertigen würden, intereſſiren das Publicum und die Baiſſiers bedeutend mehr als die Zuſammenkünfte in Baden, von welchen ſelbſt die Hauſſiers ſich nichts mehr verſprechen. Daß daraus nicht ſofort der Krieg hervorgehen werde, konnte ein Kind vorausſehen, und daß die inneren Zuſtände auch in der nächſten Zeit dem Kaiſer einen Krieg kaum geſtatten werden, begreift jeder Geſchäfts- mann. Bloß das Gerücht oder das Anzeichen eines Kriegsanlehens würde dem Handel, der Induſtrie und der Vörſe Februartage bereiten. Zeit muß gewonnen werden; es iſt dieß eine abſolute Nothwendigkeit. Doch wird die Bedeutung von Baden-Baden nicht unterſchätzt. Die Broſchüre von About iſt ein Wegweiſer. Das Verbot an die Journale ſie nicht zu beſprechen und aus ihr keine Auszüge zu veröffentlichen, täuſcht niemanden über ihre officiöſe Mache, da ſogar heute noch Exemplare mit dem Titel: Napoléon III et la Prusse im Umlauf waren. So wie der Titel über Nacht auf den Wunſch der Regierung an einer Anzahl von Exemplaren verändert wurde, ſo würde auch die Broſchüre auf einen Wink unterdrückt worden ſeyn, wenn nicht gerade die Regierung ihr Erſcheinen gewünſcht, beſtellt und bezahlt hätte. Auch die (Eichhorn) Horn’ſche Broſchüre wurde den Journalen verboten. Die öffent- iche Meinung über die ſüßliche und drohende Broſchüre Abouts hat ſich ebenfalls über Nacht geändert. Geſtern hieß es: c’est la guerre, heute ſagt man bloß noch: c’est du chantage. Wenn aus Baden-Baden nicht ſofort neue Wirren hervorgehen, wird es doch die Wiege bedeutender Ereig- niſſe geweſen ſeyn, die ſchon jetzt einen Schatten über England werfen, auf welches alle Beſorgniſſe übergehen die im Augenblick in Deutſchland ausge- rottet werden. Auf die Stimmung, die Geſchäfte und die Börſe bringt Baden- Baden nicht im entfernteſten den Eindruck der Zuſammenkunft in Cherbourg hervor, es bewirkt überhaupt keinen Eindruck. Die politiſche Lage wird doch nicht beſſer, und die Beſſerung der ökonomiſchen iſt noch lange abzuwarten. Italien. ↓ Turin, 14 Jun. Die Nachricht von der Wegnahme zweier Dampfer mit Truppen und Munition durch die neapolitaniſche Flotte hat hier einen ſehr peinlichen Eindruck gemacht, da man vermuthet es ſeyen die Dampfer der dritten von Medici, Coſenz und Malenchini geleiteten Gari- baldi-Expedition, die aus nahezu 2000 Mann beſteht, und mit vielen Waffen und noch mehr Geld belaſtet iſt. Die hieſigen Abendblätter verſuchen dieſes Telegramm als eine Erfindung zu bezeichnen, zu dem Zweck weitere im Werk begriffene Expeditioneu zu verhindern; allein wer zwiſchen den Zeilen zu leſen verſteht, dem wird die Bange nicht entgehen die dieſe Blätter bei der Nachricht befallen hat. Nicht weniger unangenehm iſt es der Regierung den unermüdlichen Agitator Mazzini auf Sicilien zu wiſſen, der von Malta her- übergekommen iſt. Die Regierungsjournale verſuchen auch hier zu dem böſen Spiel eine gute Miene zu machen, indem ſie Mazzini’s Einfluß für gänzlich erloſchen erklären, was wir in dieſer Faſſung nimmer unterſchreiben werden. Endlich iſt auch Lafarina, der Präſident des italieniſchen Nationalvereins, in Palermo angekommen. Während die meiſten unabhängigen Blätter die Re- gierung angreifen daß ſie dieſen in Sicilien höchſt ungern geſehenen, und von Garibaldi verachteten Emigrirten nach der Inſel geſandt habe, läßt die Re- gierung durch die „Opinione“ erklären daß Lafarina nicht von ihr dahin ge- ſandt ſey und keinerlei officielle oder officiöſe Miſſion habe, was natürlich niemand glaubt; denn die intimen Beziehungen Lafarina’s zu Cavour und ſeine vielfache Verwendung in gouvermentalen Angelegenheiten ſind allzube- kannt als daß man ſich einen ſolchen Bären aufbinden ließe. Dieſe Behaup- tung iſt gerade ſo wahr als die andere, wo die Regierung behauptet von der Expedition Garibaldi’s und den nachfolgenden Expeditionen keine Kennt- niſſe gehabt zu haben. — Heute iſt der Tag der Einverleibung Savoyens und Nizza’s mit Frankreich. Die zahlreichen hier lebenden Nizzarden hatten beſchloſſen einen Trauergottesdienſt in der Kirche San Francesco abhalten zu laſſen; allein der Umſtand daß heute als dem letzten Tage der Frohnleichnamsoctav keine Tod- tenmeſſe abgehalten werden kann, verhinderte dieſe Demonſtration. Man ſagt: es ſoll an deren Stelle eine andere treten, bei welcher die Nizzarden vereint mit den Savoyarden heute Abend einen Umzug mit ſchwarzen Fahnen und Trauermuſik halten wollen; doch ſcheint auch dieſe durch den ſtrömenden Re- gen unterbleiben zu müſſen. Deſto luſtiger wird es in Paris und in den officiellen Kreiſen von Chambery, Annecy und Nizza zugehen, wo die HH. Senatoren, Präfecten, Unterpräfecten, Maires und der ganze Troß der Unterbeamten und der Stellenjäger ihre ungeſchlachte Freude in Champagner erſäufen, und ihr obligates Vive l’empereur erſchallen laſſen werden, während in den ſtillen Alpendörfern manches Herz blutet ob ſo viel Undank für ſo viel hun- dertjährige Hingebung und Treue. Es iſt ein trüber, trauriger Tag, der heu- tige, und die Geſchichte wird ihn auch als ſolchen einzeichnen. ⊙ Nizza, 11 Jun. Kaum hatte ich mein geſtriges Schreiben zur Poſt gegeben, ſo brachte ich in Erfahrung daß der ſardiniſche Dampfer „Febo“ im hieſigen Hafen eingelaufen ſey um Verſtärkungen für Garibaldi zu holen. Das Schiff verließ auch wirklich geſtern Nachts mit ungefähr 250 Freiwilli- gen die Rhede, und nahm ſeinen Weg nach Genua, wo ſich die Angeworbenen, welche größtentheils aus Nizzarden beſtehen, mit andern Garibaldi’ſchen Schaaren vereinigen ſollen. Da ſich die hieſigen Freiwilligen waffenlos und in bürgerlicher Kleidung einſchifften, ſo konnten die Behörden wohl nicht leicht etwas dagegen haben, ja ein franzöfiſcher Conſulatsbeamter äußerte heute in meiner Gegenwart: man ſey eigentlich froh daß man dieſe turbulenten Ele- mente los werde. Wahrſcheinlich betheiligten ſich auch einige dieſer Leute bei den Auftritten die ich Ihnen geſtern mitgetheilt. Die „Gazette de Nice“ fragt heute den franzöſiſchen „Meſſager:“ ob das eben abgegangene Garibaldi’ſche Contingent etwa wieder ein Beweis von der anti-italieniſchen Geſinnung Nizza’s ſey? Auch in den bedeutenderen Städten an der Riviera di Ponente — in S. Remo, Oneglia, Albenga und Savona — ſoll für Garibaldi geworben werden. Der „Penſiero“ ſagt daß die Jugend an der ganzen Küſte mit Enthuſiasmus zu den Fahnen des „unvergleichlichen Helden“ eile. Auch in dem benachbarten Marſeille wird für Garibaldi ſehr thätig gearbeitet. Ich kann Ihnen aus guter Quelle verſichern daß die dortige Dampfſchifffahrtscompagnie Frayſſinet ſechs Dampfer an eine anonyme Geſellſchaft für den Betrag von 4 Mill. Fr. ver- kaufte. Es befinden ſich darunter die Schiffe „l’Huveaune,“ „l’Helvétie,“ „la Provence“ und „le Belzunce.“ — Hr. Pietri iſt zum kaiſerl. Commiſſär ernannt worden, in welcher Eigenſchaft er im Namen L. Napoleons von Nizza Beſitz ergreifen wird. Von piemonteſiſcher Seite iſt der Cav. Pirinole, In- tendant der Provinz Novara, zur officiellen Uebergabe Nizza’s beauftragt worden. Man glaubt daß dieſe letzte Formalität im Laufe der künftigen Woche vollzogen werden dürfte, und dann werden Sie leider meine Berichte unter die Rubrik „Frankreich“ reihen müſſen. Indeſſen gedenke ich das „neue gelobte Land“ bald zu verlaſſen, um mich irgendwo in Italien hinzuwenden wo ich vor „Annexionen“ ſicher bin. — Der Präfect des neuen Département des Alpes maritimes, Hr. Paulze d’Ivoy, iſt bereits hier angekommen. Der „Meſſager“ entwirft von ſeinen Eigenſchaften eine pompöſe Schilderung, nennt ihn einen „höchſt talentvollen, umſichtigen Beamten,“ einen Mann von „gro- ßen Verdienſten,“ „ausgezeichneten Manieren,“ „zärtlichen Familienvater“ und „Beſitzer eines großen Vermögens!“ Die letztere Bemerkung mag wohl den hiefigen geldhungerigen Krämern und Bontiquiers gelten, damit ſie der Frau des Gewaltigen ihre Waarenliſten ſenden, mit welchen hier die Fremden jeden Tag gequält werden. — Inzwiſchen iſt im Laufe der letzten Wochen in die guten Nizzarden ein paniſcher Schrecken gefahren. Es ver- breitete ſich nämlich das Gerücht daß der bisher hier beſtandene Appellgerichts- hof nach Aix verlegt werde. Sofort wurde von dem Gemeinderath eine Bittſchrift nebſt einer Adreſſe der Einwohner an den Kaiſer geſchickt, worin man um die „gnädige“ Abwendung dieſer Maßnahme bittet, welche die „In- tereſſen Nizza’s auf das tiefſte verletzen“ würde. Auch der hieſige Biſchof

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 170, 18. Juni 1860, S. 2835. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine170_1860/7>, abgerufen am 23.11.2024.