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Allgemeine Zeitung, Nr. 168, 16. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] rung dieser Idee in passende Gränzen nicht minder von dem Wohlwollen der Re-
gierung als von dem Einfluß einer aufgeklärten öffentlichen Meinung in Ungarn
zu erwarten ist. Die Leichtigkeit mit welcher der Hr. Justizminister diese Frage
lösen zu können glaubt, scheint mir eine beneidenswerthe zu seyn. Meiner Ausicht
nach wird sie in einem Lande in welchem die verschiedenartigsten Nationalitäten un-
ter einander gemischt, wo sie nicht ethnographisch getrennt, sondern schichtenweise
übereinander gelageit sind, bei jedem einzelnen Vorgehen der Gesetzgebung und Re-
gierung, selbst wenn diese sich ernstlich bestreben allen Wünschen Genüge zu leisten,
immer eine der schwierigsten Aufgaben bleiben. Ich zweifle nicht daß sie im Geist
entgegenkommender Billigkeit, wechselseitiger Berständigung und maßvoller Würdi-
gung der Ansprüche gelöst werden kann. Doch dürste es kaum genügen diese Lö-
sung bloß in der mathematischen Berechnung der Nationasitäten suchen zu wollen, indem au-
ßer diesen noch andere wichtige, namentlich geistige Factoren in Betracht kommen." Der
erste Vicepräsident v. Szögyeny: "Wenn es feststeht daß die Einführung des Grundbu-
ches in Ungarn 3 Millionen gekostet hat, so läßt sich auch andererseits nicht läugnen daß
sie viel Mühen und Zeitaufwand verursacht hat. Wir warten bereits sechs bis sieben
Jahre, und in einem großen Theil des Landes ist man noch nicht weit über die
Vorarbeiten hinaus. Es sind dabei Uebelstände im Spiel welche noch auf einer an-
deren Seite liegen, und denen auch anders abgeholfen werden muß, als durch die
Einführung eines allgemeinen Gesetzes. Es fragt sich wie bei jedem Gesetz, ob
eine wirkliche Nothwendigkeit, ein reelles, allgemein gefühltes Bedürfniß nach Er-
lassung desselben besteht. Die Meinung der Gelehrten und Fachmänner kann hier
nicht maßgebend seyn. Würde man sie in erster Linie berücksichtigen, so käme
man in keinem Zweige der Gesetzgebung zu einem Abschluß, weil die Ideen sich
gegenseitig bekämpfen, weil immer neue Gedanken und Ausichten, immer neue Pro-
jecte emportauchen. Es kommt nur darauf an das wirkliche Vorhandenseyn eines
solchen Bedürfnisses richtig zu beurtheilen. Würden die Landtage oder Landesver-
tretungen schon activirt seyn, so dürfte kaum mehr in Abrede gestellt werden, daß
sie mehr geeignet seyn möchten sich über die Nothwendigkeit der Erlassung eines
solchen neuen Gesetzes oder die Abänderung und Modification eines bestehenden aus-
zusprechen, und daß sie auch mehr in der Lage sehn könnten dieses zu thun als
die landesfürstlichen Behörden. Eben darum ist die Durchsührung in Ungarn auf
verhältnißmäßig mindere Schwierigkeiten gestoßen, weil die Einführung sich auf
einen Wunsch der Vertreter des Landes und der Nation begründet hat; ich sage
verhältnißmäßig geringere Schwierigkeiten, was bei so vielen anderen Einrichtungen
der Neuzeit wohl nicht der Fall seyn dürfte. Meiner Meinung nach hatte daher
das Comite ohne positive Instruction sich auch mit der Frage der Opportunität,
der Nothwendigkeit und der Nützlichkeit der Erlassung dieses Gesetzes zu befassen,
und was die Hauptsache ist, mit der Frage sich zu beschäftigen: ob die Wahrneh-
mung und Erkennung der Nothwendigkeit und des Bedürfnisses eines solchen Ge-
setzes nicht besser jenen Organen zu überlassen wäre welche für die eigenen Lau-
desaugelegenheiten werden berufen werden, und deren Activirung Se. Maj. der Kai-
ser auch in neuester Zeit mit dem kaiserlichen Handschreiben vom 19 April in Aus-
sicht gestellt hat. Ich wiederhole daher meinen Antrag dahin: "daß, ohne hiefür
Instructionen zu erhalten, das Comite sich mit der Frage der Nothwendigkeit, der
Opportunität und der Nützlichkeit der Erlassung eines solchen Gesetzes zu befassen
und natürlich mit ausdrücklicher Bezugnahme auf den ganzen Umfang des Kaiser-
staats zu erörtern habe ob die Wahrnehmung und Erkennung der Nothwendigkeit
dieses Bedürfnisses nicht besser jenen Organen überlassen werden möge welche für
die Landesangelegenheiten ins Leben gerufen werden, und deren Activirung in sichere
Aussicht gestellt worden ist." Frhr. v. Lichtenfels: "Wenn ein Comite für eine
Angelegenheit berufen wird, so versteht es sich von selbst daß es alle einschlägigen
Fragen nach Bedürfniß in Erwägung zu ziehen hat. Allein ich glaube nur darauf
aufmerksam machen zu müssen daß, was auch immer die Meinung des Comite's
über die Vorfrage seyn möge, es sich niemals wird entschlagen können in das Innere der
Sache einzugehen, und den Entwurf auch in seinen Details zu prüsen. Die Vorfrage,
die hier aufgeworfen worden ist, scheint mir die wichtigste, und geht dahin: ""Soll die
ganze Angelegenheit den Landesvertretungen zugewiesen werden, oder ist sie ein Gegen-
stand der Verhandlung vor dem verstärkten Reichsrath?" Ich sage darauf: "Die Sache
gehört nicht vor die Landesvertretung, sondern sie ist Gegenstand des verftärkten Reichs-
raths, denn sie ist ein Gegenstand der allgemeinen Gesetzgebung." Das allgemeine bürger-
liche Gesetzbuch stellt den Grundsatz auf: daß überall wo öffentliche Bücher bestehen, der
rechtmäßige Besitz und andere dingliche Rechte auf unbewegliche Sachen nur durch die
ordentliche Eintragung in diese öffentlichen Bücher erlangt werden. Es stellt ebenso
gleichförmige Grundsätze für alle Kronländer, in welchen solche Bücher sich befinden,
auf, wie dingliche Rechte erworben, übertragen und verloren werden. Es weist hin-
sichtlich der Einrichtung dieser Bücher auf die sogenannten Landtafel-, Stadt- oder
Grundbuchsordnungen hin, und diese bilden daher gewissermaßen einen integrirenden
Theil und eine Ergänzung des allgemeinen bürgerlichen Gesetz buchs. So wie die
bürgerliche Gesetzgebung selbst überall von gleicher Gültigkeit seyn muß, so muß,
wenn man den Nutzen der öffentlichen Bücher anerkennt, auch das betreffende Gesetz
überall nach den gleichen Grundjätzen eingerichtet seyn. Man kann sich auch leicht
denken was es für einen Erfolg haben würde wenn Landtafeln und Grundbücher in
den verschiedenen Provinzen überall anders eingerichtet seyn würden. Wie möchte
es dann mit dem Credit aussehen wenn für jede Provinz die Einrichtung eine ver-
schiedene wäre, und jeder Gläubiger sich die einzelnen Vorschriften besonders eigen
machen müßte, und ehe er Geld herleiht sich erst zu erkundigen gezwungen wäre
was für gesetzliche Bestimmungen an den betreffenden Orten gelten? Wie sollte es
dann mit einem gemeinschaftlichen Recht vereinbar seyn wenn dieselben Streitigkeiten
in den verschiedenen Provmzen nach andern Grundsätzen anders entschieden würden?
Wenn also das Grundbuchsinstitut seinen Nutzen gewähren soll, so muß es überall
gleichmäßig beschaffen seyn. Was würde aber daraus hervorgehen wenn man die
Angelegenheit von welcher jetzt die Rede ist den Landesvertretungen übertragen wollte?
Die Fragen die hier vorkommen können sind: "Sollen Grundbücher oder sollen andere
Arten von öffentlichen Büchern bestehen? Wie sollen, wenn man Grundbücher und
Landtafeln annimmt, diese beschaffen seyn?" Nun haben wir eine Menge Provinzen
in welchen Landtafeln und Grundbücher bereits eingeführt sind. Nehmen wir an es
werde der Landesvertretung das Recht eingeräumt für jede Provinz eine besondere
Grundbuchs- und Landtafelordnung vorzuschreiben, wie wird es dann mit der Gleich-
heit und Einheit der Gesetzgebung ausseben? Ich meine wir werden noch an viel be-
denklichere Punkte kommen, wo die Erhaltung der Einheit der Gesetzgebung zwar
mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, aber gleichwohl fest im Auge behalten
werden muß. Das Grundbucheinstitut ist noch eines derjenigen wo die Einheit am
[Spaltenumbruch] leichtesten hergestellt werden kann. Wenn man jede Provinz ermächtigt ein eigenes
Grundbuchsinstitut in Vorschlag zu bringen, oder einen Antrag zu stellen das Grund-
buch abzuschaffen und etwas anderes einzuführen, so geben wir das erste Beispiel
der Zersplitterung der jetzigen Gesetzgebung, und wohin ein solcher Präcedenzfall
führt, läßt sich leicht ermessen. Allerdings gibt es Kronländer in welchen das Grund-
buchsinstitut noch nicht besteht. und wo vielleicht nuübersteigliche Hindernisse odwalten
dasselbe einzufübren. Der Zweifel in dieser Richtung wurde vorzüglich in Bezug
auf jene Kronländer angeführt wo die unendliche Theilbarkeit des Eigenthums be-
steht. Auch wo es sich um solche Ausnahmen handelt, muß darüber im verstärkten
Reichsrath entschieden werden. Es kann nicht den einzelnen Kronländern überlassen
werden sich eine eigene Gesetzgebung zu bilden, sondern der Reichsrath hat zu ur-
theilen ob Gründe zur Ausnahme vorhanden sind, oder nicht. Um jedoch nicht miß-
verstanden zu werden, muß man die Grundbuchsordnung an sich von den Vorschriften
über die Einführung des Grundbuchwesens in den einzelnen Provinzen, d. i. von
den Durchführungsverordnungen unterscheiden. Diese können allerdings nicht gleich-
mäßig seyn, denn der gegenwärtige Zustand der Kronländer ist ein sehr verschiedener.
In manchen sind noch keine Vorarbeiten gepflogen worden; in manchen andern sind
Verhältnisse und bis jetzt bestehende Vorschriften maßgebend, von welchen erst zu
dem nenen Zustande den das Grundbuchswesen herbeiführen soll, übergegangen
werden muß. Diese speciellen Vorschlisten müssen den einzelnen Landesverhälinissen
angepaßt und besonders erlassen werden. Darum ist auch im Entwurf des Kund-
machungspatents gesagt daß der Zeitpunkt wann überall die Grundbuchsordnung
einzuführen, und die Art wie zu den Borschriften derselben überzugehen sey, durch
besondere Normen zu regeln sind. Durch diese besondern Normen müssen auch die
Schwierigkeiten gehoben werden welche von einzelnen Stimmen hier geltend gemacht
wurden. Die Frage welche Graf Barkoczy aufgeworfen: "wie die Einführung des
Grundbuchs mit der Commassation zu vereinigen sey, die Sprachenftage, dann die
fernere, wie es mit dem Umfang der Landtafeln und Grundbücher zu halten sey,"
alle diese und andere Fragen müssen auf dieselbe Weise entschieden werden. Dieß
ist nicht Gegenstand des vorliegenden Eatwurfs, sondern der einer besondern für
jedes Kronland speciell zu erlassenden Verordnung. Allein die definitive Einrichtung
zur Erreichung des letzten Zwecks des Grundbuchs muß überall gleich seyn, und
daher muß, um nicht in Spaltungen und Zersplitterungen der Gesetzgebung zu ge-
rathen, Einheit in der Berathung herrschen, denn "geistige" Einheit in Beziehung
auf die Rechtsgesetzgebung gehört wesentlich zur wahren Einheit, und nicht bloß die
materielle. Um diese Einheit aber zu erlangen, muß der Gegenstand im Detail
ier im verstärkten Reichsrath verhandelt werden, und es wäre ein trauriges und
schädliches Beispiel wenn man in dem ersten Fall, in welchem diese Einheit hier zur
Sprache kommt, sogleich davon abweichen und eine Zersplitterung in Aussicht stellen
wollte. Allerdings könnte man glauben daß die Vernehmung der Landesvertretungen
aus einem andern Gesichtspunkt vielleicht nützlich seyn würde. Man könnte sagen
die Landesvertretungen geben ihr Gutachten ab, nicht um für jede Provinz ein
eigenes Grundbuchspatent zu schaffen, sondern um ihre Aeußerungen über alle Be-
stimmungen des Entwurfs entwickeln zu können, wonach dann der Reichsrath auf
Grundlage der Vorlage der Ministerien alle diese Gutachten verschmelzen und ein
gemeinsames Grundbuchspatent zu Stande bringen könnte. Die Erfahrung hat aber
gelehrt daß eine so vielfache Vernehmung von Behörden und Körperschaften in der
Regel gar keinen andern Erfolg hat als daß die Angelegenheit verzögert wird und
schließlich doch nicht zu Stande kommt."

Der Redner sucht hierauf noch das Bedürfniß einer Grundbuchsordnung,
welches in Frage gestellt wurde, nachzuweisen, und antwortet dann auf die
Bemerkung eines Vorredners, die Frage sey so wichtig daß man vorzüglich
auch die Gesetzgebungen des Auslands berücksichtigen müsse, mit folgendem:

"Für Oesterreich ist es keineswegs nothwendig sich in Beziehung der Gesetz-
gebung hinsichtlich der öffentlichen Bücher hinter die auswärtigen Staaten zu setzen,
ohne daß ich übrigens das Gewicht der ausländischen Gesetze bei der Redaction
der inländischen in Abrede stellen will. Oesterreich hat in Beziehung auf die öffent-
lichen Bücher unter vielen Staaten die ältesten, ausgebreitetsten und mannichfaltig-
sten Ersahrungen. Die böbmische, mährische und schlesische Landtafel bestehen schon
seit Jahrhunderten. Die böhmische und mährische gehen bis in den Anfang des
14. Jahrhunderts, die schlesische bis in das 15. Jahrhandert zurück. Alt sind ebenso
unsere Gesetzgebungen der hiesigen Länder. Schon im 16. Jahrhundert hat in Oester-
reich das Weisbotenamt existirt, welches später in die Landtafel übergegangen ist,
und haben für das flache Land Grundbücher bestanden. Ebenso sind weit früher
als in andern Staaten in den hiesigen Ländern Landtafel- und Grundbuchspateute
erlassen worden. Schon im Jahr 1652 hat die böhmische Landtafel eine vollstän-
dige Instruction besessen, und war bei ihrem Verfahren an die Entscheidungen
eines förmlichen Gerichts gewiesen. Und die Grundsätze der Publicität, Legalität
und Specialität waren nicht bloß dort, sondern schon überall in verschiedenen Pro-
vinzen in Kraft. Wenn man sagt: Preußen sey der erste Staat gewesen der im
Jahr 1783 ein vollständiges Landtafelgesetz erlassen hat, so ist dieß nach meiner
Ueberzeugung nicht richtig. Unsere Landtafelpatente sind viel älter. Die österrei-
chische Landtafel gründet sich in ihrem gegenwärtigen Bestand schon auf das Patent
vom Jahr 1758; die übrigen Landtafelpatente rühren von den Jahren 1730, 1745,
1750, 1765 und 1772 her, und alle sind in der Wesenheit auf die nämlichen
Grundfätze gebaut. Oesterreich hat auch insofern die größten Erfahrungen als seine
Landtaselinstitute die ausgebreitetsten sind. Die Eingaben welche sich auf Landtafel-
und Grundbnchsangelegenheiten beziehen, betragen in Oesterreich zwischen 5 bis
600,000. Ich glaube auf Grund solcher Erfahrungen ist man schon im Stand
etwas eigenes zu schaffen, und braucht eben nicht sonderlich darauf bedacht zu seyn
auswärtige Institutionen bloß ängstlich nachzuahmen. Das Justizmiuisterium und
auch das Comite des ständigen Reichsraths haben daher für besser gehalten, von
den bestehenden Vorschriften auszugehen, und dabei zu verbessern was die Erfah-
rung als verbesserungsbedürftig bezeichnete. Ob und inwieweit sie hiebei zweck-
mäßig verfahren sind, kann nur durch eine von Seite des Comite's vorzunehmende
Detailprüfung beurtheilt werden. Durch das so eben von mir Gesagte glaube ich
die Ansicht gerechtfertigt zu haben daß ein Comite bestellt werden müsse, daß es
sich weit weniger mit den Vorfragen die ausgeworfen wurden zu befassen haben
wird, daß es aber jedenfalls, obgleich es ihm freisteht die Vorfragen gleichfalls in
Erörterung zu ziehen, sich nie und keinesfalls der Nothwendigkeit wird entschlagen
können den Entwinf auch in seinem Junern zu prüfen."

(Schluß folgt.)



[Spaltenumbruch] rung dieſer Idee in paſſende Gränzen nicht minder von dem Wohlwollen der Re-
gierung als von dem Einfluß einer aufgeklärten öffentlichen Meinung in Ungarn
zu erwarten iſt. Die Leichtigkeit mit welcher der Hr. Juſtizminiſter dieſe Frage
löſen zu können glaubt, ſcheint mir eine beneidenswerthe zu ſeyn. Meiner Auſicht
nach wird ſie in einem Lande in welchem die verſchiedenartigſten Nationalitäten un-
ter einander gemiſcht, wo ſie nicht ethnographiſch getrennt, ſondern ſchichtenweiſe
übereinander gelageit ſind, bei jedem einzelnen Vorgehen der Geſetzgebung und Re-
gierung, ſelbſt wenn dieſe ſich ernſtlich beſtreben allen Wünſchen Genüge zu leiſten,
immer eine der ſchwierigſten Aufgaben bleiben. Ich zweifle nicht daß ſie im Geiſt
entgegenkommender Billigkeit, wechſelſeitiger Berſtändigung und maßvoller Würdi-
gung der Anſprüche gelöst werden kann. Doch dürſte es kaum genügen dieſe Lö-
ſung bloß in der mathematiſchen Berechnung der Nationaſitäten ſuchen zu wollen, indem au-
ßer dieſen noch andere wichtige, namentlich geiſtige Factoren in Betracht kommen.“ Der
erſte Vicepräſident v. Szögyény: „Wenn es feſtſteht daß die Einführung des Grundbu-
ches in Ungarn 3 Millionen gekoſtet hat, ſo läßt ſich auch andererſeits nicht läugnen daß
ſie viel Mühen und Zeitaufwand verurſacht hat. Wir warten bereits ſechs bis ſieben
Jahre, und in einem großen Theil des Landes iſt man noch nicht weit über die
Vorarbeiten hinaus. Es ſind dabei Uebelſtände im Spiel welche noch auf einer an-
deren Seite liegen, und denen auch anders abgeholfen werden muß, als durch die
Einführung eines allgemeinen Geſetzes. Es fragt ſich wie bei jedem Geſetz, ob
eine wirkliche Nothwendigkeit, ein reelles, allgemein gefühltes Bedürfniß nach Er-
laſſung desſelben beſteht. Die Meinung der Gelehrten und Fachmänner kann hier
nicht maßgebend ſeyn. Würde man ſie in erſter Linie berückſichtigen, ſo käme
man in keinem Zweige der Geſetzgebung zu einem Abſchluß, weil die Ideen ſich
gegenſeitig bekämpfen, weil immer neue Gedanken und Auſichten, immer neue Pro-
jecte emportauchen. Es kommt nur darauf an das wirkliche Vorhandenſeyn eines
ſolchen Bedürfniſſes richtig zu beurtheilen. Würden die Landtage oder Landesver-
tretungen ſchon activirt ſeyn, ſo dürfte kaum mehr in Abrede geſtellt werden, daß
ſie mehr geeignet ſeyn möchten ſich über die Nothwendigkeit der Erlaſſung eines
ſolchen neuen Geſetzes oder die Abänderung und Modification eines beſtehenden aus-
zuſprechen, und daß ſie auch mehr in der Lage ſehn könnten dieſes zu thun als
die landesfürſtlichen Behörden. Eben darum iſt die Durchſührung in Ungarn auf
verhältnißmäßig mindere Schwierigkeiten geſtoßen, weil die Einführung ſich auf
einen Wunſch der Vertreter des Landes und der Nation begründet hat; ich ſage
verhältnißmäßig geringere Schwierigkeiten, was bei ſo vielen anderen Einrichtungen
der Neuzeit wohl nicht der Fall ſeyn dürfte. Meiner Meinung nach hatte daher
das Comité ohne poſitive Inſtruction ſich auch mit der Frage der Opportunität,
der Nothwendigkeit und der Nützlichkeit der Erlaſſung dieſes Geſetzes zu befaſſen,
und was die Hauptſache iſt, mit der Frage ſich zu beſchäftigen: ob die Wahrneh-
mung und Erkennung der Nothwendigkeit und des Bedürfniſſes eines ſolchen Ge-
ſetzes nicht beſſer jenen Organen zu überlaſſen wäre welche für die eigenen Lau-
desaugelegenheiten werden berufen werden, und deren Activirung Se. Maj. der Kai-
ſer auch in neueſter Zeit mit dem kaiſerlichen Handſchreiben vom 19 April in Aus-
ſicht geſtellt hat. Ich wiederhole daher meinen Antrag dahin: „daß, ohne hiefür
Inſtructionen zu erhalten, das Comité ſich mit der Frage der Nothwendigkeit, der
Opportunität und der Nützlichkeit der Erlaſſung eines ſolchen Geſetzes zu befaſſen
und natürlich mit ausdrücklicher Bezugnahme auf den ganzen Umfang des Kaiſer-
ſtaats zu erörtern habe ob die Wahrnehmung und Erkennung der Nothwendigkeit
dieſes Bedürfniſſes nicht beſſer jenen Organen überlaſſen werden möge welche für
die Landesangelegenheiten ins Leben gerufen werden, und deren Activirung in ſichere
Ausſicht geſtellt worden iſt.“ Frhr. v. Lichtenfels: „Wenn ein Comité für eine
Angelegenheit berufen wird, ſo verſteht es ſich von ſelbſt daß es alle einſchlägigen
Fragen nach Bedürfniß in Erwägung zu ziehen hat. Allein ich glaube nur darauf
aufmerkſam machen zu müſſen daß, was auch immer die Meinung des Comité’s
über die Vorfrage ſeyn möge, es ſich niemals wird entſchlagen können in das Innere der
Sache einzugehen, und den Entwurf auch in ſeinen Details zu prüſen. Die Vorfrage,
die hier aufgeworfen worden iſt, ſcheint mir die wichtigſte, und geht dahin: „„Soll die
ganze Angelegenheit den Landesvertretungen zugewieſen werden, oder iſt ſie ein Gegen-
ſtand der Verhandlung vor dem verſtärkten Reichsrath?“ Ich ſage darauf: „Die Sache
gehört nicht vor die Landesvertretung, ſondern ſie iſt Gegenſtand des verftärkten Reichs-
raths, denn ſie iſt ein Gegenſtand der allgemeinen Geſetzgebung.“ Das allgemeine bürger-
liche Geſetzbuch ſtellt den Grundſatz auf: daß überall wo öffentliche Bücher beſtehen, der
rechtmäßige Beſitz und andere dingliche Rechte auf unbewegliche Sachen nur durch die
ordentliche Eintragung in dieſe öffentlichen Bücher erlangt werden. Es ſtellt ebenſo
gleichförmige Grundſätze für alle Kronländer, in welchen ſolche Bücher ſich befinden,
auf, wie dingliche Rechte erworben, übertragen und verloren werden. Es weist hin-
ſichtlich der Einrichtung dieſer Bücher auf die ſogenannten Landtafel-, Stadt- oder
Grundbuchsordnungen hin, und dieſe bilden daher gewiſſermaßen einen integrirenden
Theil und eine Ergänzung des allgemeinen bürgerlichen Geſetz buchs. So wie die
bürgerliche Geſetzgebung ſelbſt überall von gleicher Gültigkeit ſeyn muß, ſo muß,
wenn man den Nutzen der öffentlichen Bücher anerkennt, auch das betreffende Geſetz
überall nach den gleichen Grundjätzen eingerichtet ſeyn. Man kann ſich auch leicht
denken was es für einen Erfolg haben würde wenn Landtafeln und Grundbücher in
den verſchiedenen Provinzen überall anders eingerichtet ſeyn würden. Wie möchte
es dann mit dem Credit ausſehen wenn für jede Provinz die Einrichtung eine ver-
ſchiedene wäre, und jeder Gläubiger ſich die einzelnen Vorſchriften beſonders eigen
machen müßte, und ehe er Geld herleiht ſich erſt zu erkundigen gezwungen wäre
was für geſetzliche Beſtimmungen an den betreffenden Orten gelten? Wie ſollte es
dann mit einem gemeinſchaftlichen Recht vereinbar ſeyn wenn dieſelben Streitigkeiten
in den verſchiedenen Provmzen nach andern Grundſätzen anders entſchieden würden?
Wenn alſo das Grundbuchsinſtitut ſeinen Nutzen gewähren ſoll, ſo muß es überall
gleichmäßig beſchaffen ſeyn. Was würde aber daraus hervorgehen wenn man die
Angelegenheit von welcher jetzt die Rede iſt den Landesvertretungen übertragen wollte?
Die Fragen die hier vorkommen können ſind: „Sollen Grundbücher oder ſollen andere
Arten von öffentlichen Büchern beſtehen? Wie ſollen, wenn man Grundbücher und
Landtafeln annimmt, dieſe beſchaffen ſeyn?“ Nun haben wir eine Menge Provinzen
in welchen Landtafeln und Grundbücher bereits eingeführt ſind. Nehmen wir an es
werde der Landesvertretung das Recht eingeräumt für jede Provinz eine beſondere
Grundbuchs- und Landtafelordnung vorzuſchreiben, wie wird es dann mit der Gleich-
heit und Einheit der Geſetzgebung ausſeben? Ich meine wir werden noch an viel be-
denklichere Punkte kommen, wo die Erhaltung der Einheit der Geſetzgebung zwar
mit großen Schwierigkeiten verbunden iſt, aber gleichwohl feſt im Auge behalten
werden muß. Das Grundbucheinſtitut iſt noch eines derjenigen wo die Einheit am
[Spaltenumbruch] leichteſten hergeſtellt werden kann. Wenn man jede Provinz ermächtigt ein eigenes
Grundbuchsinſtitut in Vorſchlag zu bringen, oder einen Antrag zu ſtellen das Grund-
buch abzuſchaffen und etwas anderes einzuführen, ſo geben wir das erſte Beiſpiel
der Zerſplitterung der jetzigen Geſetzgebung, und wohin ein ſolcher Präcedenzfall
führt, läßt ſich leicht ermeſſen. Allerdings gibt es Kronländer in welchen das Grund-
buchsinſtitut noch nicht beſteht. und wo vielleicht nuüberſteigliche Hinderniſſe odwalten
dasſelbe einzufübren. Der Zweifel in dieſer Richtung wurde vorzüglich in Bezug
auf jene Kronländer angeführt wo die unendliche Theilbarkeit des Eigenthums be-
ſteht. Auch wo es ſich um ſolche Ausnahmen handelt, muß darüber im verſtärkten
Reichsrath entſchieden werden. Es kann nicht den einzelnen Kronländern überlaſſen
werden ſich eine eigene Geſetzgebung zu bilden, ſondern der Reichsrath hat zu ur-
theilen ob Gründe zur Ausnahme vorhanden ſind, oder nicht. Um jedoch nicht miß-
verſtanden zu werden, muß man die Grundbuchsordnung an ſich von den Vorſchriften
über die Einführung des Grundbuchweſens in den einzelnen Provinzen, d. i. von
den Durchführungsverordnungen unterſcheiden. Dieſe können allerdings nicht gleich-
mäßig ſeyn, denn der gegenwärtige Zuſtand der Kronländer iſt ein ſehr verſchiedener.
In manchen ſind noch keine Vorarbeiten gepflogen worden; in manchen andern ſind
Verhältniſſe und bis jetzt beſtehende Vorſchriften maßgebend, von welchen erſt zu
dem nenen Zuſtande den das Grundbuchsweſen herbeiführen ſoll, übergegangen
werden muß. Dieſe ſpeciellen Vorſchliſten müſſen den einzelnen Landesverhäliniſſen
angepaßt und beſonders erlaſſen werden. Darum iſt auch im Entwurf des Kund-
machungspatents geſagt daß der Zeitpunkt wann überall die Grundbuchsordnung
einzuführen, und die Art wie zu den Borſchriften derſelben überzugehen ſey, durch
beſondere Normen zu regeln ſind. Durch dieſe beſondern Normen müſſen auch die
Schwierigkeiten gehoben werden welche von einzelnen Stimmen hier geltend gemacht
wurden. Die Frage welche Graf Bárkoczy aufgeworfen: „wie die Einführung des
Grundbuchs mit der Commaſſation zu vereinigen ſey, die Sprachenftage, dann die
fernere, wie es mit dem Umfang der Landtafeln und Grundbücher zu halten ſey,“
alle dieſe und andere Fragen müſſen auf dieſelbe Weiſe entſchieden werden. Dieß
iſt nicht Gegenſtand des vorliegenden Eatwurfs, ſondern der einer beſondern für
jedes Kronland ſpeciell zu erlaſſenden Verordnung. Allein die definitive Einrichtung
zur Erreichung des letzten Zwecks des Grundbuchs muß überall gleich ſeyn, und
daher muß, um nicht in Spaltungen und Zerſplitterungen der Geſetzgebung zu ge-
rathen, Einheit in der Berathung herrſchen, denn „geiſtige“ Einheit in Beziehung
auf die Rechtsgeſetzgebung gehört weſentlich zur wahren Einheit, und nicht bloß die
materielle. Um dieſe Einheit aber zu erlangen, muß der Gegenſtand im Detail
ier im verſtärkten Reichsrath verhandelt werden, und es wäre ein trauriges und
ſchädliches Beiſpiel wenn man in dem erſten Fall, in welchem dieſe Einheit hier zur
Sprache kommt, ſogleich davon abweichen und eine Zerſplitterung in Ausſicht ſtellen
wollte. Allerdings könnte man glauben daß die Vernehmung der Landesvertretungen
aus einem andern Geſichtspunkt vielleicht nützlich ſeyn würde. Man könnte ſagen
die Landesvertretungen geben ihr Gutachten ab, nicht um für jede Provinz ein
eigenes Grundbuchspatent zu ſchaffen, ſondern um ihre Aeußerungen über alle Be-
ſtimmungen des Entwurfs entwickeln zu können, wonach dann der Reichsrath auf
Grundlage der Vorlage der Miniſterien alle dieſe Gutachten verſchmelzen und ein
gemeinſames Grundbuchspatent zu Stande bringen könnte. Die Erfahrung hat aber
gelehrt daß eine ſo vielfache Vernehmung von Behörden und Körperſchaften in der
Regel gar keinen andern Erfolg hat als daß die Angelegenheit verzögert wird und
ſchließlich doch nicht zu Stande kommt.“

Der Redner ſucht hierauf noch das Bedürfniß einer Grundbuchsordnung,
welches in Frage geſtellt wurde, nachzuweiſen, und antwortet dann auf die
Bemerkung eines Vorredners, die Frage ſey ſo wichtig daß man vorzüglich
auch die Geſetzgebungen des Auslands berückſichtigen müſſe, mit folgendem:

„Für Oeſterreich iſt es keineswegs nothwendig ſich in Beziehung der Geſetz-
gebung hinſichtlich der öffentlichen Bücher hinter die auswärtigen Staaten zu ſetzen,
ohne daß ich übrigens das Gewicht der ausländiſchen Geſetze bei der Redaction
der inländiſchen in Abrede ſtellen will. Oeſterreich hat in Beziehung auf die öffent-
lichen Bücher unter vielen Staaten die älteſten, ausgebreitetſten und mannichfaltig-
ſten Erſahrungen. Die böbmiſche, mähriſche und ſchleſiſche Landtafel beſtehen ſchon
ſeit Jahrhunderten. Die böhmiſche und mähriſche gehen bis in den Anfang des
14. Jahrhunderts, die ſchleſiſche bis in das 15. Jahrhandert zurück. Alt ſind ebenſo
unſere Geſetzgebungen der hieſigen Länder. Schon im 16. Jahrhundert hat in Oeſter-
reich das Weisbotenamt exiſtirt, welches ſpäter in die Landtafel übergegangen iſt,
und haben für das flache Land Grundbücher beſtanden. Ebenſo ſind weit früher
als in andern Staaten in den hieſigen Ländern Landtafel- und Grundbuchspateute
erlaſſen worden. Schon im Jahr 1652 hat die böhmiſche Landtafel eine vollſtän-
dige Inſtruction beſeſſen, und war bei ihrem Verfahren an die Entſcheidungen
eines förmlichen Gerichts gewieſen. Und die Grundſätze der Publicität, Legalität
und Specialität waren nicht bloß dort, ſondern ſchon überall in verſchiedenen Pro-
vinzen in Kraft. Wenn man ſagt: Preußen ſey der erſte Staat geweſen der im
Jahr 1783 ein vollſtändiges Landtafelgeſetz erlaſſen hat, ſo iſt dieß nach meiner
Ueberzeugung nicht richtig. Unſere Landtafelpatente ſind viel älter. Die öſterrei-
chiſche Landtafel gründet ſich in ihrem gegenwärtigen Beſtand ſchon auf das Patent
vom Jahr 1758; die übrigen Landtafelpatente rühren von den Jahren 1730, 1745,
1750, 1765 und 1772 her, und alle ſind in der Weſenheit auf die nämlichen
Grundfätze gebaut. Oeſterreich hat auch inſofern die größten Erfahrungen als ſeine
Landtaſelinſtitute die ausgebreitetſten ſind. Die Eingaben welche ſich auf Landtafel-
und Grundbnchsangelegenheiten beziehen, betragen in Oeſterreich zwiſchen 5 bis
600,000. Ich glaube auf Grund ſolcher Erfahrungen iſt man ſchon im Stand
etwas eigenes zu ſchaffen, und braucht eben nicht ſonderlich darauf bedacht zu ſeyn
auswärtige Inſtitutionen bloß ängſtlich nachzuahmen. Das Juſtizmiuiſterium und
auch das Comité des ſtändigen Reichsraths haben daher für beſſer gehalten, von
den beſtehenden Vorſchriften auszugehen, und dabei zu verbeſſern was die Erfah-
rung als verbeſſerungsbedürftig bezeichnete. Ob und inwieweit ſie hiebei zweck-
mäßig verfahren ſind, kann nur durch eine von Seite des Comité’s vorzunehmende
Detailprüfung beurtheilt werden. Durch das ſo eben von mir Geſagte glaube ich
die Anſicht gerechtfertigt zu haben daß ein Comité beſtellt werden müſſe, daß es
ſich weit weniger mit den Vorfragen die auſgeworfen wurden zu befaſſen haben
wird, daß es aber jedenfalls, obgleich es ihm freiſteht die Vorfragen gleichfalls in
Erörterung zu ziehen, ſich nie und keinesfalls der Nothwendigkeit wird entſchlagen
können den Entwinf auch in ſeinem Junern zu prüfen.“

(Schluß folgt.)



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Die Fragen die hier vorkommen können &#x017F;ind: &#x201E;Sollen Grundbücher oder &#x017F;ollen andere<lb/>
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</TEI>
[2807/0011] rung dieſer Idee in paſſende Gränzen nicht minder von dem Wohlwollen der Re- gierung als von dem Einfluß einer aufgeklärten öffentlichen Meinung in Ungarn zu erwarten iſt. Die Leichtigkeit mit welcher der Hr. Juſtizminiſter dieſe Frage löſen zu können glaubt, ſcheint mir eine beneidenswerthe zu ſeyn. Meiner Auſicht nach wird ſie in einem Lande in welchem die verſchiedenartigſten Nationalitäten un- ter einander gemiſcht, wo ſie nicht ethnographiſch getrennt, ſondern ſchichtenweiſe übereinander gelageit ſind, bei jedem einzelnen Vorgehen der Geſetzgebung und Re- gierung, ſelbſt wenn dieſe ſich ernſtlich beſtreben allen Wünſchen Genüge zu leiſten, immer eine der ſchwierigſten Aufgaben bleiben. Ich zweifle nicht daß ſie im Geiſt entgegenkommender Billigkeit, wechſelſeitiger Berſtändigung und maßvoller Würdi- gung der Anſprüche gelöst werden kann. Doch dürſte es kaum genügen dieſe Lö- ſung bloß in der mathematiſchen Berechnung der Nationaſitäten ſuchen zu wollen, indem au- ßer dieſen noch andere wichtige, namentlich geiſtige Factoren in Betracht kommen.“ Der erſte Vicepräſident v. Szögyény: „Wenn es feſtſteht daß die Einführung des Grundbu- ches in Ungarn 3 Millionen gekoſtet hat, ſo läßt ſich auch andererſeits nicht läugnen daß ſie viel Mühen und Zeitaufwand verurſacht hat. Wir warten bereits ſechs bis ſieben Jahre, und in einem großen Theil des Landes iſt man noch nicht weit über die Vorarbeiten hinaus. Es ſind dabei Uebelſtände im Spiel welche noch auf einer an- deren Seite liegen, und denen auch anders abgeholfen werden muß, als durch die Einführung eines allgemeinen Geſetzes. Es fragt ſich wie bei jedem Geſetz, ob eine wirkliche Nothwendigkeit, ein reelles, allgemein gefühltes Bedürfniß nach Er- laſſung desſelben beſteht. Die Meinung der Gelehrten und Fachmänner kann hier nicht maßgebend ſeyn. Würde man ſie in erſter Linie berückſichtigen, ſo käme man in keinem Zweige der Geſetzgebung zu einem Abſchluß, weil die Ideen ſich gegenſeitig bekämpfen, weil immer neue Gedanken und Auſichten, immer neue Pro- jecte emportauchen. Es kommt nur darauf an das wirkliche Vorhandenſeyn eines ſolchen Bedürfniſſes richtig zu beurtheilen. Würden die Landtage oder Landesver- tretungen ſchon activirt ſeyn, ſo dürfte kaum mehr in Abrede geſtellt werden, daß ſie mehr geeignet ſeyn möchten ſich über die Nothwendigkeit der Erlaſſung eines ſolchen neuen Geſetzes oder die Abänderung und Modification eines beſtehenden aus- zuſprechen, und daß ſie auch mehr in der Lage ſehn könnten dieſes zu thun als die landesfürſtlichen Behörden. Eben darum iſt die Durchſührung in Ungarn auf verhältnißmäßig mindere Schwierigkeiten geſtoßen, weil die Einführung ſich auf einen Wunſch der Vertreter des Landes und der Nation begründet hat; ich ſage verhältnißmäßig geringere Schwierigkeiten, was bei ſo vielen anderen Einrichtungen der Neuzeit wohl nicht der Fall ſeyn dürfte. Meiner Meinung nach hatte daher das Comité ohne poſitive Inſtruction ſich auch mit der Frage der Opportunität, der Nothwendigkeit und der Nützlichkeit der Erlaſſung dieſes Geſetzes zu befaſſen, und was die Hauptſache iſt, mit der Frage ſich zu beſchäftigen: ob die Wahrneh- mung und Erkennung der Nothwendigkeit und des Bedürfniſſes eines ſolchen Ge- ſetzes nicht beſſer jenen Organen zu überlaſſen wäre welche für die eigenen Lau- desaugelegenheiten werden berufen werden, und deren Activirung Se. Maj. der Kai- ſer auch in neueſter Zeit mit dem kaiſerlichen Handſchreiben vom 19 April in Aus- ſicht geſtellt hat. Ich wiederhole daher meinen Antrag dahin: „daß, ohne hiefür Inſtructionen zu erhalten, das Comité ſich mit der Frage der Nothwendigkeit, der Opportunität und der Nützlichkeit der Erlaſſung eines ſolchen Geſetzes zu befaſſen und natürlich mit ausdrücklicher Bezugnahme auf den ganzen Umfang des Kaiſer- ſtaats zu erörtern habe ob die Wahrnehmung und Erkennung der Nothwendigkeit dieſes Bedürfniſſes nicht beſſer jenen Organen überlaſſen werden möge welche für die Landesangelegenheiten ins Leben gerufen werden, und deren Activirung in ſichere Ausſicht geſtellt worden iſt.“ Frhr. v. Lichtenfels: „Wenn ein Comité für eine Angelegenheit berufen wird, ſo verſteht es ſich von ſelbſt daß es alle einſchlägigen Fragen nach Bedürfniß in Erwägung zu ziehen hat. Allein ich glaube nur darauf aufmerkſam machen zu müſſen daß, was auch immer die Meinung des Comité’s über die Vorfrage ſeyn möge, es ſich niemals wird entſchlagen können in das Innere der Sache einzugehen, und den Entwurf auch in ſeinen Details zu prüſen. Die Vorfrage, die hier aufgeworfen worden iſt, ſcheint mir die wichtigſte, und geht dahin: „„Soll die ganze Angelegenheit den Landesvertretungen zugewieſen werden, oder iſt ſie ein Gegen- ſtand der Verhandlung vor dem verſtärkten Reichsrath?“ Ich ſage darauf: „Die Sache gehört nicht vor die Landesvertretung, ſondern ſie iſt Gegenſtand des verftärkten Reichs- raths, denn ſie iſt ein Gegenſtand der allgemeinen Geſetzgebung.“ Das allgemeine bürger- liche Geſetzbuch ſtellt den Grundſatz auf: daß überall wo öffentliche Bücher beſtehen, der rechtmäßige Beſitz und andere dingliche Rechte auf unbewegliche Sachen nur durch die ordentliche Eintragung in dieſe öffentlichen Bücher erlangt werden. Es ſtellt ebenſo gleichförmige Grundſätze für alle Kronländer, in welchen ſolche Bücher ſich befinden, auf, wie dingliche Rechte erworben, übertragen und verloren werden. Es weist hin- ſichtlich der Einrichtung dieſer Bücher auf die ſogenannten Landtafel-, Stadt- oder Grundbuchsordnungen hin, und dieſe bilden daher gewiſſermaßen einen integrirenden Theil und eine Ergänzung des allgemeinen bürgerlichen Geſetz buchs. So wie die bürgerliche Geſetzgebung ſelbſt überall von gleicher Gültigkeit ſeyn muß, ſo muß, wenn man den Nutzen der öffentlichen Bücher anerkennt, auch das betreffende Geſetz überall nach den gleichen Grundjätzen eingerichtet ſeyn. Man kann ſich auch leicht denken was es für einen Erfolg haben würde wenn Landtafeln und Grundbücher in den verſchiedenen Provinzen überall anders eingerichtet ſeyn würden. Wie möchte es dann mit dem Credit ausſehen wenn für jede Provinz die Einrichtung eine ver- ſchiedene wäre, und jeder Gläubiger ſich die einzelnen Vorſchriften beſonders eigen machen müßte, und ehe er Geld herleiht ſich erſt zu erkundigen gezwungen wäre was für geſetzliche Beſtimmungen an den betreffenden Orten gelten? Wie ſollte es dann mit einem gemeinſchaftlichen Recht vereinbar ſeyn wenn dieſelben Streitigkeiten in den verſchiedenen Provmzen nach andern Grundſätzen anders entſchieden würden? Wenn alſo das Grundbuchsinſtitut ſeinen Nutzen gewähren ſoll, ſo muß es überall gleichmäßig beſchaffen ſeyn. Was würde aber daraus hervorgehen wenn man die Angelegenheit von welcher jetzt die Rede iſt den Landesvertretungen übertragen wollte? Die Fragen die hier vorkommen können ſind: „Sollen Grundbücher oder ſollen andere Arten von öffentlichen Büchern beſtehen? Wie ſollen, wenn man Grundbücher und Landtafeln annimmt, dieſe beſchaffen ſeyn?“ Nun haben wir eine Menge Provinzen in welchen Landtafeln und Grundbücher bereits eingeführt ſind. Nehmen wir an es werde der Landesvertretung das Recht eingeräumt für jede Provinz eine beſondere Grundbuchs- und Landtafelordnung vorzuſchreiben, wie wird es dann mit der Gleich- heit und Einheit der Geſetzgebung ausſeben? Ich meine wir werden noch an viel be- denklichere Punkte kommen, wo die Erhaltung der Einheit der Geſetzgebung zwar mit großen Schwierigkeiten verbunden iſt, aber gleichwohl feſt im Auge behalten werden muß. Das Grundbucheinſtitut iſt noch eines derjenigen wo die Einheit am leichteſten hergeſtellt werden kann. Wenn man jede Provinz ermächtigt ein eigenes Grundbuchsinſtitut in Vorſchlag zu bringen, oder einen Antrag zu ſtellen das Grund- buch abzuſchaffen und etwas anderes einzuführen, ſo geben wir das erſte Beiſpiel der Zerſplitterung der jetzigen Geſetzgebung, und wohin ein ſolcher Präcedenzfall führt, läßt ſich leicht ermeſſen. Allerdings gibt es Kronländer in welchen das Grund- buchsinſtitut noch nicht beſteht. und wo vielleicht nuüberſteigliche Hinderniſſe odwalten dasſelbe einzufübren. Der Zweifel in dieſer Richtung wurde vorzüglich in Bezug auf jene Kronländer angeführt wo die unendliche Theilbarkeit des Eigenthums be- ſteht. Auch wo es ſich um ſolche Ausnahmen handelt, muß darüber im verſtärkten Reichsrath entſchieden werden. Es kann nicht den einzelnen Kronländern überlaſſen werden ſich eine eigene Geſetzgebung zu bilden, ſondern der Reichsrath hat zu ur- theilen ob Gründe zur Ausnahme vorhanden ſind, oder nicht. Um jedoch nicht miß- verſtanden zu werden, muß man die Grundbuchsordnung an ſich von den Vorſchriften über die Einführung des Grundbuchweſens in den einzelnen Provinzen, d. i. von den Durchführungsverordnungen unterſcheiden. Dieſe können allerdings nicht gleich- mäßig ſeyn, denn der gegenwärtige Zuſtand der Kronländer iſt ein ſehr verſchiedener. In manchen ſind noch keine Vorarbeiten gepflogen worden; in manchen andern ſind Verhältniſſe und bis jetzt beſtehende Vorſchriften maßgebend, von welchen erſt zu dem nenen Zuſtande den das Grundbuchsweſen herbeiführen ſoll, übergegangen werden muß. Dieſe ſpeciellen Vorſchliſten müſſen den einzelnen Landesverhäliniſſen angepaßt und beſonders erlaſſen werden. Darum iſt auch im Entwurf des Kund- machungspatents geſagt daß der Zeitpunkt wann überall die Grundbuchsordnung einzuführen, und die Art wie zu den Borſchriften derſelben überzugehen ſey, durch beſondere Normen zu regeln ſind. Durch dieſe beſondern Normen müſſen auch die Schwierigkeiten gehoben werden welche von einzelnen Stimmen hier geltend gemacht wurden. Die Frage welche Graf Bárkoczy aufgeworfen: „wie die Einführung des Grundbuchs mit der Commaſſation zu vereinigen ſey, die Sprachenftage, dann die fernere, wie es mit dem Umfang der Landtafeln und Grundbücher zu halten ſey,“ alle dieſe und andere Fragen müſſen auf dieſelbe Weiſe entſchieden werden. Dieß iſt nicht Gegenſtand des vorliegenden Eatwurfs, ſondern der einer beſondern für jedes Kronland ſpeciell zu erlaſſenden Verordnung. Allein die definitive Einrichtung zur Erreichung des letzten Zwecks des Grundbuchs muß überall gleich ſeyn, und daher muß, um nicht in Spaltungen und Zerſplitterungen der Geſetzgebung zu ge- rathen, Einheit in der Berathung herrſchen, denn „geiſtige“ Einheit in Beziehung auf die Rechtsgeſetzgebung gehört weſentlich zur wahren Einheit, und nicht bloß die materielle. Um dieſe Einheit aber zu erlangen, muß der Gegenſtand im Detail ier im verſtärkten Reichsrath verhandelt werden, und es wäre ein trauriges und ſchädliches Beiſpiel wenn man in dem erſten Fall, in welchem dieſe Einheit hier zur Sprache kommt, ſogleich davon abweichen und eine Zerſplitterung in Ausſicht ſtellen wollte. Allerdings könnte man glauben daß die Vernehmung der Landesvertretungen aus einem andern Geſichtspunkt vielleicht nützlich ſeyn würde. Man könnte ſagen die Landesvertretungen geben ihr Gutachten ab, nicht um für jede Provinz ein eigenes Grundbuchspatent zu ſchaffen, ſondern um ihre Aeußerungen über alle Be- ſtimmungen des Entwurfs entwickeln zu können, wonach dann der Reichsrath auf Grundlage der Vorlage der Miniſterien alle dieſe Gutachten verſchmelzen und ein gemeinſames Grundbuchspatent zu Stande bringen könnte. Die Erfahrung hat aber gelehrt daß eine ſo vielfache Vernehmung von Behörden und Körperſchaften in der Regel gar keinen andern Erfolg hat als daß die Angelegenheit verzögert wird und ſchließlich doch nicht zu Stande kommt.“ Der Redner ſucht hierauf noch das Bedürfniß einer Grundbuchsordnung, welches in Frage geſtellt wurde, nachzuweiſen, und antwortet dann auf die Bemerkung eines Vorredners, die Frage ſey ſo wichtig daß man vorzüglich auch die Geſetzgebungen des Auslands berückſichtigen müſſe, mit folgendem: „Für Oeſterreich iſt es keineswegs nothwendig ſich in Beziehung der Geſetz- gebung hinſichtlich der öffentlichen Bücher hinter die auswärtigen Staaten zu ſetzen, ohne daß ich übrigens das Gewicht der ausländiſchen Geſetze bei der Redaction der inländiſchen in Abrede ſtellen will. Oeſterreich hat in Beziehung auf die öffent- lichen Bücher unter vielen Staaten die älteſten, ausgebreitetſten und mannichfaltig- ſten Erſahrungen. Die böbmiſche, mähriſche und ſchleſiſche Landtafel beſtehen ſchon ſeit Jahrhunderten. Die böhmiſche und mähriſche gehen bis in den Anfang des 14. Jahrhunderts, die ſchleſiſche bis in das 15. Jahrhandert zurück. Alt ſind ebenſo unſere Geſetzgebungen der hieſigen Länder. Schon im 16. Jahrhundert hat in Oeſter- reich das Weisbotenamt exiſtirt, welches ſpäter in die Landtafel übergegangen iſt, und haben für das flache Land Grundbücher beſtanden. Ebenſo ſind weit früher als in andern Staaten in den hieſigen Ländern Landtafel- und Grundbuchspateute erlaſſen worden. Schon im Jahr 1652 hat die böhmiſche Landtafel eine vollſtän- dige Inſtruction beſeſſen, und war bei ihrem Verfahren an die Entſcheidungen eines förmlichen Gerichts gewieſen. Und die Grundſätze der Publicität, Legalität und Specialität waren nicht bloß dort, ſondern ſchon überall in verſchiedenen Pro- vinzen in Kraft. Wenn man ſagt: Preußen ſey der erſte Staat geweſen der im Jahr 1783 ein vollſtändiges Landtafelgeſetz erlaſſen hat, ſo iſt dieß nach meiner Ueberzeugung nicht richtig. Unſere Landtafelpatente ſind viel älter. Die öſterrei- chiſche Landtafel gründet ſich in ihrem gegenwärtigen Beſtand ſchon auf das Patent vom Jahr 1758; die übrigen Landtafelpatente rühren von den Jahren 1730, 1745, 1750, 1765 und 1772 her, und alle ſind in der Weſenheit auf die nämlichen Grundfätze gebaut. Oeſterreich hat auch inſofern die größten Erfahrungen als ſeine Landtaſelinſtitute die ausgebreitetſten ſind. Die Eingaben welche ſich auf Landtafel- und Grundbnchsangelegenheiten beziehen, betragen in Oeſterreich zwiſchen 5 bis 600,000. Ich glaube auf Grund ſolcher Erfahrungen iſt man ſchon im Stand etwas eigenes zu ſchaffen, und braucht eben nicht ſonderlich darauf bedacht zu ſeyn auswärtige Inſtitutionen bloß ängſtlich nachzuahmen. Das Juſtizmiuiſterium und auch das Comité des ſtändigen Reichsraths haben daher für beſſer gehalten, von den beſtehenden Vorſchriften auszugehen, und dabei zu verbeſſern was die Erfah- rung als verbeſſerungsbedürftig bezeichnete. Ob und inwieweit ſie hiebei zweck- mäßig verfahren ſind, kann nur durch eine von Seite des Comité’s vorzunehmende Detailprüfung beurtheilt werden. Durch das ſo eben von mir Geſagte glaube ich die Anſicht gerechtfertigt zu haben daß ein Comité beſtellt werden müſſe, daß es ſich weit weniger mit den Vorfragen die auſgeworfen wurden zu befaſſen haben wird, daß es aber jedenfalls, obgleich es ihm freiſteht die Vorfragen gleichfalls in Erörterung zu ziehen, ſich nie und keinesfalls der Nothwendigkeit wird entſchlagen können den Entwinf auch in ſeinem Junern zu prüfen.“ (Schluß folgt.)

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 168, 16. Juni 1860, S. 2807. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine168_1860/11>, abgerufen am 22.11.2024.