Allgemeine Zeitung, Nr. 166, 14. Juni 1860.
H. Nassau. Wiesbaden, 11 Jun. Der Abg. Dr. Zais trug den Gr. Hessen. Darmstadt, 11 Jun. Bei Eröffnung der heutigen Kurhessen. Kassel, 11 Jun. Ueber die von den Stadtverordne- Was die Unterzeichner dazu antreibe eine Rechtsverwahrung gegen die neue Die "Hessische Morgenzeitung" meldet heute daß die Nummern 183, Ueber die neue Verfassung sagt die "Hessische Morgenzeitung": "daß K. Sachsen. Leipzig, 10 Jun. Diejenigen Mitglieder des Leipziger Preußen. Berlin, 11 Jun. Der sicilianische Aufstand, der so
H. Naſſau. Wiesbaden, 11 Jun. Der Abg. Dr. Zais trug den Gr. Heſſen. Darmſtadt, 11 Jun. Bei Eröffnung der heutigen Kurheſſen. Kaſſel, 11 Jun. Ueber die von den Stadtverordne- Was die Unterzeichner dazu antreibe eine Rechtsverwahrung gegen die neue Die „Heſſiſche Morgenzeitung“ meldet heute daß die Nummern 183, Ueber die neue Verfaſſung ſagt die „Heſſiſche Morgenzeitung“: „daß K. Sachſen. Leipzig, 10 Jun. Diejenigen Mitglieder des Leipziger Preußen. ⫠ Berlin, 11 Jun. Der ſicilianiſche Aufſtand, der ſo <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <p> <cit> <quote><pb facs="#f0003" n="2763"/><cb/> Synodalausſchuſſes angewieſen. 9) Kirchliche Geſetzentwürfe von allgemeiner Wich-<lb/> tigkeit ſollen vor ihrer Berathung durch die Generalſynode den Kirchen-Gemeinde-<lb/> räthen und Diöceſanſynoden zur Kenntniß und Aeußerung mitgetheilt werden.<lb/> 10) Für die Verhandlungen der Diöceſan- und Generalſynoden beſteht der Grundſatz<lb/> beſchränkter Oeffentlichkeit. Diejenigen der Generalſynode ſollen mit möglichſter Be-<lb/> ſchleunigung und Ausſührlichkeit dem Druck übergeben werden.</quote> </cit> </p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>H. <hi rendition="#g">Naſſau.</hi></head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Wiesbaden,</hi> 11 Jun.</dateline> <p>Der Abg. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Zais</hi> trug den<lb/> ſehr ausführlichen Bericht des aus ihm und den Abgg. <hi rendition="#g">König</hi> und <hi rendition="#g">Knapp</hi><lb/> beſtehenden Ausſchuſſes über den Antrag des Abg. <hi rendition="#g">Giebeler</hi> in Betreff der<lb/> kurheſſiſchen Verfaſſung vor. Derſelbe gibt eine ausführliche Darſtellung<lb/> der kurheſſiſchen Verfaſſungsgeſchichte ſeit Anfang des Jahrhunderts, und<lb/> verbreitet ſich ſodann über die Competenz des Bundestags zu Eingriffen in zu<lb/> Recht beſtehende Verfaſſungen der deutſchen Einzelſtaaten, welche Competenz<lb/> er beſtreitet, und endlich über den Inhalt der Verfaſſungen von 1831, von<lb/> 1852 und vom 30 Mai 1860, indem er nachweist daß die Verfaſſung von<lb/> 1831 nichts enthalte was bundeswidrig wäre oder was nicht auch in andern<lb/> deutſchen Verfaſſungen ſtünde, daß die Verfaſſung von 1852 im Vergleich zu<lb/> der von 1831 ein ungeheurer Rückſchritt ſey, und endlich daß die am 30 Mai<lb/> 1860 veröſſentlichte Verfaſſungsurkunde faſt ganz mit der von 1852 überein-<lb/> ſtimme, und der Vorzüge derjenigen von 1831 faſt gänzlich entbehre. Auf<lb/> den Grund dieſer Ausführungen gelangt der Bericht zu folgenden Anträgen:<lb/> 1) die hohe Kammer wolle ſich dahin ausſprechen: 1) daß nach Art. 26 der<lb/> Wiener Schlußacte ein Eingreifen des Bundestags in das kurheſſiſche Ber-<lb/> faſſungsrecht nicht gerechtfertigt ſey, ſowie daß 2) der Bundesbeſchluß vom<lb/> 27 März 1852 und der daraus hervorgegangene vom 24 März 1860 mit der<lb/> Bundesacte (Art. 56 und 61) in Widerſpruch ſtehen, und daher eine Ver-<lb/> letzung und Bedrohung der Verfaſſungsrechte der Einzelſtaaten enthielten;<lb/><hi rendition="#aq">II</hi>) die herzogliche Regierung erſuchen daß ſie bei dem Bundestag auf Wieder-<lb/> herſtellung der Verfaſſung von 1831 nach Möglichkeit hinwirke, und verhin-<lb/> dere daß der am 30 Mai 1860 von der kurheſſiſchen Regierung veröffentlich-<lb/> ten ſogenannten „Verfaſſung“ die Garantie des Bundes ertheilt werde.<lb/> (<hi rendition="#g">Rh.-L.-Ztg.</hi>)</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Gr. 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Der Großherzog habe ſeine Befriedigung über den<lb/> im Lande herrſchenden geſetzlichen Sinn ausgeſprochen, zugleich auch die poli-<lb/> tiſche Lage des Vaterlandes berührt, und mit der Aeußerung geſchloſſen:<lb/> „Muth und Eintracht ſeyen die einzigen Mittel den von außen drohenden<lb/> Gefahren zu begegnen.“ (<hi rendition="#g">Frkf.</hi> J.)</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Kurheſſen.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Kaſſel,</hi> 11 Jun.</dateline> <p>Ueber die von den Stadtverordne-<lb/> ten beſchloſſenene Proteſtationseingabe an den Bundestag berichtet eine<lb/> Correſpondenz des <hi rendition="#g">Schw.</hi> M. Im Eingang wird geſagt:</p><lb/> <p>Was die Unterzeichner dazu antreibe eine Rechtsverwahrung gegen die neue<lb/> Berfaſſung einzuleiten, ſey vor allen Dingen die unverbrüchliche Anhänglichkeit welche<lb/> ſie der beſchworenen Verfaſſung von 1831 auch jetzt noch widmen, wo die kurf.<lb/> Regierung ſie des auf dieſelbe geleiſteten Eides entbinden wolle. Dieſe Verfaſſung<lb/> ſey ſo recht eigentlich ein Werk des Friedens geweſen, das unter günſtigen Um-<lb/> ſtänden das Glück des Landes hätte machen müſſen, und das auch in den Jahren<lb/> 1848 und 1849 ſeine ſittliche Kraft bewährt habe. „Allen,“ heißt es in der Ein-<lb/> gabe, „die damals Gut und Blut an die Vertheidigung dieſer Verfaſſung geſetzt,<lb/> muß ihr Verluſt ſchwer aufs Herz ſallen; uns aber insbeſondere, die wir, ſeitdem<lb/> dieſelbe außer Wirkſamkeit geſetzt worden war, Dinge erlebten welche zur Zeit ihrer<lb/> Geltung nicht hätten geſchehen können.“ Beiſpielsweiſe werden nun einige geſetzwi-<lb/> drige Borgänge gegen die Stadtgemeinde Kaſſel und die Gemeinde-Ordnung über-<lb/> haupt angeführt. Hierauf wird die Beſeuigung der Verfaſſung von 1831 als eine<lb/> rechtswidrige dargeſtellt, und von dem neuen Verſuch der Regierung folgendes ge-<lb/> ſagt: „Die jüngſt bekanntgemachte Verfaſſung vermag die Ueberzeugung, daß eine<lb/> ungeſühnte, bald unſühnbar gewordene Rechtsverletzung vorliegt, in keiner Weiſe zu<lb/> deuren; das verletzte Rechtsbewußtſeyn kann nicht einmal aus dem Inhalt der neuen<lb/> Berfaſſung Troſt entlehnen. Nur zu ſehr fällt es in die Augen, daß während bei<lb/> der Verfaſſung von 1831 alle Stäude ſich die Hand reichten, die bisher verbunde-<lb/> nen jetzt gefliſſentlich geſchieden und einander gegenüber geſtellt worden, und das<lb/> vollends zu einer Zeit wo, nach längſt erfolgter Aufhebung der Patrimomalgerichts-<lb/> herrſchaft, des privilegirten Gerichtsſtandes und des Lehensverdandes, der niedere<lb/> Adel gar „„kein Stand mehr, ſondern lediglich ein Rang““ iſt. Aber auch abge-<lb/> ſehen hievon, zeigt die neue Verfaſſung noch an vielen anderen Stellen ſolche Grund-<lb/> ſätze welche einer zeitgemäßen Entwicklung des öffentlichen ſowohl als des bürger-<lb/> lichen Lebens entgegen ſtehen, und ſtatt des Gemeingeiſtes und der vaterlandslieben-<lb/> den Opferſreudigkeit nur ſtarre Selbſtſucht der Berufs- und Erwerbsclaſſen erzeu-<lb/> gen können.“ Statt des gehofften Friedens und einer wenigſtens einigermaßen zu-<lb/> länglichen Verſöhnung des Rechtsbewußtſeyns, heißt es weiter, „beſteht nicht nur<lb/> der Zwieſpalt zwiſchen der Regierung und dem Lande fort, ſondern es wird ſich<lb/> auch noch ein anderer zwiſchen den verſchiedenen Claſſen der Emwohnerſchaft hin-<lb/> zugeſellen und, wie in einem der kleineren norddeutſchen Staaten, ſich auch hier zei-<lb/> gen daß die Regierung, der Adel, die Städte und das platte Land die Bedin-<lb/> gungen der Co<hi rendition="#aq">ë</hi>xiſtenz nicht anders als im Verharren bei Zuſtänden finden können,<lb/> welche jeder Theil gern verdammen möchte wenn er ſich nicht ſelbſt damit auf-<lb/> zugeben fürchtete. Der Schlußſatz lautet: „Müſſen wir trotz alledem der auf-<lb/> gedrungenen neuen Ordnung uns fügen, ſo wollen wir auf alle Fälle durch<lb/> gegenwärtige Erklärung unſer wohlerworbenes und unvergängliches Recht auf die Ver-<lb/> faſſung vom 5 Jan. 1831 feierlichſt verwahrt haben.“ Unterzeichnet iſt die Eingabe<lb/> ſolgendermaßen: „Als ꝛc. der hohen deutſchen Bundesverſammlung gehorſamſte:<lb/> Der Oberbürgermeiſter, Stadtrath und Bürgerausſchuß der Refidenzſtadt Kaſſel:<lb/><cb/> (Unterz.) Hartwig, Oberbürgermeiſter; Nebelthan, G. Egena, Fehrenberg, Grebe,<lb/> Grimmel, Herzog, Knappe, Nolte, Prevot, Sallmann, Schreiber, Wagner. Der<lb/> Bürgerausſchuß der Reſidenz: (Unterz.) Zuſchlag, C. Stück, F. Pinhardt, Reichel,<lb/> J. Loſch, E. W. Knetſch, A. Hölke, G. Wagner, J. Lücken, C. Schell, G. Sauer,<lb/> H. J. Hauſer, J. D. Lippe, C. H. Kümmel, E. Müller, C. Bähr. Kaſſel 9 Jun.<lb/> 1860.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <p>Die „Heſſiſche Morgenzeitung“ meldet heute daß die Nummern 183,<lb/> 184, 185 und 186 ihres Blattes, angeblich wegen wörtlichen Abdrucks einer<lb/> Rechtsverwahrung des hieſigen Stadtrathes und Bürgerausſchuſſes an die<lb/> Bundesverſammlung in der Verfaſſungsangelegenheit, polizeilich mit Beſchlag<lb/> belegt worden ſeyen. Da die Morgenzeitung letzten Samſtag die Nummer<lb/> 182 trug, ſo ergibt ſich aus obigem daß das Blatt viermal ihren „wörtlichen“<lb/> Abdruck variirt haben muß, um ihn veröffentlichen zu können. Die ſchließ-<lb/> lich um Mittag ausgegebene Nummer 187 iſt auf der erſten Seite weiß ge-<lb/> blieben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <p>Ueber die neue Verfaſſung ſagt die „Heſſiſche Morgenzeitung“: „daß<lb/> alle Gerichte des Landes dieſelbe als ein formell vollziehbares Geſetz zur An-<lb/> wendung bringen würden, womit denn auch für die ſonſtigen Behörden, für<lb/> die Gemeindevertretungen, für Körperſchaften, für jedermann die Nothwen-<lb/> digkeit gegeben ſey das neue Staatsgrundgeſetz vorkommenden Falls, ſey es<lb/> mit, ſey es ohne Verwahrung zu befolgen, wenn er nicht mit der Juſtiz in<lb/> Zwieſpalt gerathen will.“</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>K. <hi rendition="#g">Sachſen.</hi></head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Leipzig,</hi> 10 Jun.</dateline> <p>Diejenigen Mitglieder des Leipziger<lb/> Stadtraths welche die bekannte Heidelberger Erklärung unterzeichnet haben,<lb/> ſind von der Kreisdirection zur Verantwortung aufgefordert worden. Es<lb/> wird in dieſer Aufforderung der Satz hervorgehoben: „Immer tiefer und<lb/> weiter verbreitet ſich die Erkenntniß daß nur die einheitliche Leitung der mili-<lb/> täriſchen Kräfte und der auswärtigen Politik die drohende Gefahr erfolgreich<lb/> zu bekämpfen vermag.“ Darin liege die Forderung daß auch der König von<lb/> Sachſen die beiden wichtigſten Souveränetätsrechte aufgeben ſoll. Auch an-<lb/> dere Beamte ſind wegen Unterſchrift der Heidelberger Erklärung zur Ver-<lb/> antwortung gezogen worden. (D. <hi rendition="#g">Bl.</hi>)</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Preußen.</hi> </head><lb/> <div type="jComment" n="4"> <dateline>⫠ <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 11 Jun.</dateline> <p>Der ſicilianiſche Aufſtand, der ſo<lb/> ziemlich alle Kreiſe unſerer Hauptſtadt in zwei feindliche Lager geſpalten hat,<lb/> gibt einem der größten militäriſchen Talente der Neuzeit Recht, ich meine<lb/> Schönhals, welcher in ſeiner vortrefflichen Schrift über den italieniſchen Feld-<lb/> zug von 1848 und 1849 zuerſt auf Garibaldi als denjenigen aufmerkſam<lb/> machte der das Zeug zu einem tüchtigen Heerführer beſitze. Die Art und<lb/> Weiſe wie er in Palermo eindrang war ein Meiſterſtück: den nach Monreale<lb/> vorgeſchobenen Poſten und Lanza ſelbſt glauben machen, er operire auf ſeiner<lb/> natürlichen Baſis in nördlicher Richtung um den Stier bei den Hörnern zu<lb/> faſſen; ſodann ſeine Seitenbewegung gegen Oſten nicht bloß maskiren, ſon-<lb/> dern durch ein kleines Corps einen beträchtlichen Theil der Garniſon von<lb/> Palermo von ihrer feſten Stellung hinweg und ins Weite locken; endlich, un-<lb/> bekümmert um die Möglichkeit von drei Seiten zugleich angegriffen zu werden,<lb/> mit aller Macht die Hauptpoſition des Gegners auf ihrem ſchwächſten Punkt<lb/> anfallen — das war ein trefflicher Gedanke, wenn auch nicht geläugnet werden<lb/> ſoll daß er ſelbſt für die Alpenjäger unausführbar geweſen wäre, wenn Gari-<lb/> baldi zu ſeinen Gunſten nicht auf die geſammte Bevölkerung von Palermo<lb/> hätte mit Sicherheit zählen können. Seinen beſten Bundesgenoſſen hat er<lb/> an der niedern Geiſtlichkeit, vornehmlich an den Mönchen, deren Verhalten<lb/> der ſtrengkirchlichen Partei reichlich Stoff zum Nachdenken gibt. Das Mönch-<lb/> thum in ſeiner jetzigen Geſtalt iſt nicht nur keine Stütze für das Papſtthum<lb/> und deſſen weltliche Machtſtellung, vielmehr eine fortwährend drohende Ge-<lb/> fahr, weil demſelben, wenigſtens bei den romaniſchen Völkern, auch der letzte<lb/> Reſt einer idealen Weltanſchauung abhanden gekommen iſt. Der Mönch<lb/> ſieht ſeine kirchliche Thätigkeit als ein Handwerk wie jedes andere an: um<lb/> leben zu können, treibt er es, wirft aber mit Bergnügen ſein Handwerkszeug<lb/> weg wenn eine Idee wie Volksfreiheit und Vaterland unmittelbar an ihn<lb/> herantritt. Meiner Meinung nach werden die Klöſter im Kirchenſtaat, wenn<lb/> ein Garibaldi kommt, genau ebenſo ſich benehmen wie die ficilianiſchen. Schon<lb/> als Garibaldi Rom gegen den Papſt und die Franzoſen vertheidigte, fuhr ein<lb/> Mönch in einer Staatskutſche mit einem herrlich herausgeputzten Chriſtkind-<lb/> lein (<hi rendition="#aq">bambino</hi>) durch die Straßen der Stadt, und rief: „o Jeſulein, befreie<lb/> uns von den Mördern von Ga<hi rendition="#aq">ë</hi>ta!“ Die Sachen ſtehen nicht mehr wie zur Zeit<lb/> Metternichs: die Garibaldi haben ſich fühlen gelernt, und wiſſen recht wohl<lb/> wo ſie ihre Freunde zu ſuchen haben. Mit Läſtern und Schmähen iſt nicht<lb/> viel geholfen: man muß von innen heraus heilen, anſtatt zu flicken und hin-<lb/> zuhalten, wenn die Wiederkehr ſo betrübender Ereigniſſe unmöglich gemacht<lb/> werden ſoll. — So gewiſſenlos wie die braſiliſchen Auswanderungsagenten,<lb/> benehmen ſich ſeit einiger Zeit auch die auftraliſchen. Es kann nicht ernſtlich<lb/> genug vor dieſen Seelenverkäufern gewarnt werden, die in Auftralien wieder<lb/> einmal viele Deutſche ins Unglück geſtürzt haben. Gegen die Auswanderung<lb/> nach Auſtralien ſpricht als gewichtigſtes Bedenken die völlige Unregelmäßig-<lb/> keit und Unſicherheit des dortigen Klima’s, das allein der Schafzucht ſichere<lb/> Ausſichten läßt. — Die Frage über die zweckmäßigſte Organiſation des<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2763/0003]
Synodalausſchuſſes angewieſen. 9) Kirchliche Geſetzentwürfe von allgemeiner Wich-
tigkeit ſollen vor ihrer Berathung durch die Generalſynode den Kirchen-Gemeinde-
räthen und Diöceſanſynoden zur Kenntniß und Aeußerung mitgetheilt werden.
10) Für die Verhandlungen der Diöceſan- und Generalſynoden beſteht der Grundſatz
beſchränkter Oeffentlichkeit. Diejenigen der Generalſynode ſollen mit möglichſter Be-
ſchleunigung und Ausſührlichkeit dem Druck übergeben werden.
H. Naſſau.
Wiesbaden, 11 Jun. Der Abg. Dr. Zais trug den
ſehr ausführlichen Bericht des aus ihm und den Abgg. König und Knapp
beſtehenden Ausſchuſſes über den Antrag des Abg. Giebeler in Betreff der
kurheſſiſchen Verfaſſung vor. Derſelbe gibt eine ausführliche Darſtellung
der kurheſſiſchen Verfaſſungsgeſchichte ſeit Anfang des Jahrhunderts, und
verbreitet ſich ſodann über die Competenz des Bundestags zu Eingriffen in zu
Recht beſtehende Verfaſſungen der deutſchen Einzelſtaaten, welche Competenz
er beſtreitet, und endlich über den Inhalt der Verfaſſungen von 1831, von
1852 und vom 30 Mai 1860, indem er nachweist daß die Verfaſſung von
1831 nichts enthalte was bundeswidrig wäre oder was nicht auch in andern
deutſchen Verfaſſungen ſtünde, daß die Verfaſſung von 1852 im Vergleich zu
der von 1831 ein ungeheurer Rückſchritt ſey, und endlich daß die am 30 Mai
1860 veröſſentlichte Verfaſſungsurkunde faſt ganz mit der von 1852 überein-
ſtimme, und der Vorzüge derjenigen von 1831 faſt gänzlich entbehre. Auf
den Grund dieſer Ausführungen gelangt der Bericht zu folgenden Anträgen:
1) die hohe Kammer wolle ſich dahin ausſprechen: 1) daß nach Art. 26 der
Wiener Schlußacte ein Eingreifen des Bundestags in das kurheſſiſche Ber-
faſſungsrecht nicht gerechtfertigt ſey, ſowie daß 2) der Bundesbeſchluß vom
27 März 1852 und der daraus hervorgegangene vom 24 März 1860 mit der
Bundesacte (Art. 56 und 61) in Widerſpruch ſtehen, und daher eine Ver-
letzung und Bedrohung der Verfaſſungsrechte der Einzelſtaaten enthielten;
II) die herzogliche Regierung erſuchen daß ſie bei dem Bundestag auf Wieder-
herſtellung der Verfaſſung von 1831 nach Möglichkeit hinwirke, und verhin-
dere daß der am 30 Mai 1860 von der kurheſſiſchen Regierung veröffentlich-
ten ſogenannten „Verfaſſung“ die Garantie des Bundes ertheilt werde.
(Rh.-L.-Ztg.)
Gr. Heſſen.
Darmſtadt, 11 Jun. Bei Eröffnung der heutigen
Sitzung der zweiten Kammer berichtete der Präſident über die huldvolle Auf-
nahme der Deputation zur Beglückwünſchung des Großherzogs an ſeinem
Geburtstag (9 Jun.). Der Großherzog habe ſeine Befriedigung über den
im Lande herrſchenden geſetzlichen Sinn ausgeſprochen, zugleich auch die poli-
tiſche Lage des Vaterlandes berührt, und mit der Aeußerung geſchloſſen:
„Muth und Eintracht ſeyen die einzigen Mittel den von außen drohenden
Gefahren zu begegnen.“ (Frkf. J.)
Kurheſſen.
Kaſſel, 11 Jun. Ueber die von den Stadtverordne-
ten beſchloſſenene Proteſtationseingabe an den Bundestag berichtet eine
Correſpondenz des Schw. M. Im Eingang wird geſagt:
Was die Unterzeichner dazu antreibe eine Rechtsverwahrung gegen die neue
Berfaſſung einzuleiten, ſey vor allen Dingen die unverbrüchliche Anhänglichkeit welche
ſie der beſchworenen Verfaſſung von 1831 auch jetzt noch widmen, wo die kurf.
Regierung ſie des auf dieſelbe geleiſteten Eides entbinden wolle. Dieſe Verfaſſung
ſey ſo recht eigentlich ein Werk des Friedens geweſen, das unter günſtigen Um-
ſtänden das Glück des Landes hätte machen müſſen, und das auch in den Jahren
1848 und 1849 ſeine ſittliche Kraft bewährt habe. „Allen,“ heißt es in der Ein-
gabe, „die damals Gut und Blut an die Vertheidigung dieſer Verfaſſung geſetzt,
muß ihr Verluſt ſchwer aufs Herz ſallen; uns aber insbeſondere, die wir, ſeitdem
dieſelbe außer Wirkſamkeit geſetzt worden war, Dinge erlebten welche zur Zeit ihrer
Geltung nicht hätten geſchehen können.“ Beiſpielsweiſe werden nun einige geſetzwi-
drige Borgänge gegen die Stadtgemeinde Kaſſel und die Gemeinde-Ordnung über-
haupt angeführt. Hierauf wird die Beſeuigung der Verfaſſung von 1831 als eine
rechtswidrige dargeſtellt, und von dem neuen Verſuch der Regierung folgendes ge-
ſagt: „Die jüngſt bekanntgemachte Verfaſſung vermag die Ueberzeugung, daß eine
ungeſühnte, bald unſühnbar gewordene Rechtsverletzung vorliegt, in keiner Weiſe zu
deuren; das verletzte Rechtsbewußtſeyn kann nicht einmal aus dem Inhalt der neuen
Berfaſſung Troſt entlehnen. Nur zu ſehr fällt es in die Augen, daß während bei
der Verfaſſung von 1831 alle Stäude ſich die Hand reichten, die bisher verbunde-
nen jetzt gefliſſentlich geſchieden und einander gegenüber geſtellt worden, und das
vollends zu einer Zeit wo, nach längſt erfolgter Aufhebung der Patrimomalgerichts-
herrſchaft, des privilegirten Gerichtsſtandes und des Lehensverdandes, der niedere
Adel gar „„kein Stand mehr, ſondern lediglich ein Rang““ iſt. Aber auch abge-
ſehen hievon, zeigt die neue Verfaſſung noch an vielen anderen Stellen ſolche Grund-
ſätze welche einer zeitgemäßen Entwicklung des öffentlichen ſowohl als des bürger-
lichen Lebens entgegen ſtehen, und ſtatt des Gemeingeiſtes und der vaterlandslieben-
den Opferſreudigkeit nur ſtarre Selbſtſucht der Berufs- und Erwerbsclaſſen erzeu-
gen können.“ Statt des gehofften Friedens und einer wenigſtens einigermaßen zu-
länglichen Verſöhnung des Rechtsbewußtſeyns, heißt es weiter, „beſteht nicht nur
der Zwieſpalt zwiſchen der Regierung und dem Lande fort, ſondern es wird ſich
auch noch ein anderer zwiſchen den verſchiedenen Claſſen der Emwohnerſchaft hin-
zugeſellen und, wie in einem der kleineren norddeutſchen Staaten, ſich auch hier zei-
gen daß die Regierung, der Adel, die Städte und das platte Land die Bedin-
gungen der Coëxiſtenz nicht anders als im Verharren bei Zuſtänden finden können,
welche jeder Theil gern verdammen möchte wenn er ſich nicht ſelbſt damit auf-
zugeben fürchtete. Der Schlußſatz lautet: „Müſſen wir trotz alledem der auf-
gedrungenen neuen Ordnung uns fügen, ſo wollen wir auf alle Fälle durch
gegenwärtige Erklärung unſer wohlerworbenes und unvergängliches Recht auf die Ver-
faſſung vom 5 Jan. 1831 feierlichſt verwahrt haben.“ Unterzeichnet iſt die Eingabe
ſolgendermaßen: „Als ꝛc. der hohen deutſchen Bundesverſammlung gehorſamſte:
Der Oberbürgermeiſter, Stadtrath und Bürgerausſchuß der Refidenzſtadt Kaſſel:
(Unterz.) Hartwig, Oberbürgermeiſter; Nebelthan, G. Egena, Fehrenberg, Grebe,
Grimmel, Herzog, Knappe, Nolte, Prevot, Sallmann, Schreiber, Wagner. Der
Bürgerausſchuß der Reſidenz: (Unterz.) Zuſchlag, C. Stück, F. Pinhardt, Reichel,
J. Loſch, E. W. Knetſch, A. Hölke, G. Wagner, J. Lücken, C. Schell, G. Sauer,
H. J. Hauſer, J. D. Lippe, C. H. Kümmel, E. Müller, C. Bähr. Kaſſel 9 Jun.
1860.“
Die „Heſſiſche Morgenzeitung“ meldet heute daß die Nummern 183,
184, 185 und 186 ihres Blattes, angeblich wegen wörtlichen Abdrucks einer
Rechtsverwahrung des hieſigen Stadtrathes und Bürgerausſchuſſes an die
Bundesverſammlung in der Verfaſſungsangelegenheit, polizeilich mit Beſchlag
belegt worden ſeyen. Da die Morgenzeitung letzten Samſtag die Nummer
182 trug, ſo ergibt ſich aus obigem daß das Blatt viermal ihren „wörtlichen“
Abdruck variirt haben muß, um ihn veröffentlichen zu können. Die ſchließ-
lich um Mittag ausgegebene Nummer 187 iſt auf der erſten Seite weiß ge-
blieben.
Ueber die neue Verfaſſung ſagt die „Heſſiſche Morgenzeitung“: „daß
alle Gerichte des Landes dieſelbe als ein formell vollziehbares Geſetz zur An-
wendung bringen würden, womit denn auch für die ſonſtigen Behörden, für
die Gemeindevertretungen, für Körperſchaften, für jedermann die Nothwen-
digkeit gegeben ſey das neue Staatsgrundgeſetz vorkommenden Falls, ſey es
mit, ſey es ohne Verwahrung zu befolgen, wenn er nicht mit der Juſtiz in
Zwieſpalt gerathen will.“
K. Sachſen.
Leipzig, 10 Jun. Diejenigen Mitglieder des Leipziger
Stadtraths welche die bekannte Heidelberger Erklärung unterzeichnet haben,
ſind von der Kreisdirection zur Verantwortung aufgefordert worden. Es
wird in dieſer Aufforderung der Satz hervorgehoben: „Immer tiefer und
weiter verbreitet ſich die Erkenntniß daß nur die einheitliche Leitung der mili-
täriſchen Kräfte und der auswärtigen Politik die drohende Gefahr erfolgreich
zu bekämpfen vermag.“ Darin liege die Forderung daß auch der König von
Sachſen die beiden wichtigſten Souveränetätsrechte aufgeben ſoll. Auch an-
dere Beamte ſind wegen Unterſchrift der Heidelberger Erklärung zur Ver-
antwortung gezogen worden. (D. Bl.)
Preußen.
⫠ Berlin, 11 Jun. Der ſicilianiſche Aufſtand, der ſo
ziemlich alle Kreiſe unſerer Hauptſtadt in zwei feindliche Lager geſpalten hat,
gibt einem der größten militäriſchen Talente der Neuzeit Recht, ich meine
Schönhals, welcher in ſeiner vortrefflichen Schrift über den italieniſchen Feld-
zug von 1848 und 1849 zuerſt auf Garibaldi als denjenigen aufmerkſam
machte der das Zeug zu einem tüchtigen Heerführer beſitze. Die Art und
Weiſe wie er in Palermo eindrang war ein Meiſterſtück: den nach Monreale
vorgeſchobenen Poſten und Lanza ſelbſt glauben machen, er operire auf ſeiner
natürlichen Baſis in nördlicher Richtung um den Stier bei den Hörnern zu
faſſen; ſodann ſeine Seitenbewegung gegen Oſten nicht bloß maskiren, ſon-
dern durch ein kleines Corps einen beträchtlichen Theil der Garniſon von
Palermo von ihrer feſten Stellung hinweg und ins Weite locken; endlich, un-
bekümmert um die Möglichkeit von drei Seiten zugleich angegriffen zu werden,
mit aller Macht die Hauptpoſition des Gegners auf ihrem ſchwächſten Punkt
anfallen — das war ein trefflicher Gedanke, wenn auch nicht geläugnet werden
ſoll daß er ſelbſt für die Alpenjäger unausführbar geweſen wäre, wenn Gari-
baldi zu ſeinen Gunſten nicht auf die geſammte Bevölkerung von Palermo
hätte mit Sicherheit zählen können. Seinen beſten Bundesgenoſſen hat er
an der niedern Geiſtlichkeit, vornehmlich an den Mönchen, deren Verhalten
der ſtrengkirchlichen Partei reichlich Stoff zum Nachdenken gibt. Das Mönch-
thum in ſeiner jetzigen Geſtalt iſt nicht nur keine Stütze für das Papſtthum
und deſſen weltliche Machtſtellung, vielmehr eine fortwährend drohende Ge-
fahr, weil demſelben, wenigſtens bei den romaniſchen Völkern, auch der letzte
Reſt einer idealen Weltanſchauung abhanden gekommen iſt. Der Mönch
ſieht ſeine kirchliche Thätigkeit als ein Handwerk wie jedes andere an: um
leben zu können, treibt er es, wirft aber mit Bergnügen ſein Handwerkszeug
weg wenn eine Idee wie Volksfreiheit und Vaterland unmittelbar an ihn
herantritt. Meiner Meinung nach werden die Klöſter im Kirchenſtaat, wenn
ein Garibaldi kommt, genau ebenſo ſich benehmen wie die ficilianiſchen. Schon
als Garibaldi Rom gegen den Papſt und die Franzoſen vertheidigte, fuhr ein
Mönch in einer Staatskutſche mit einem herrlich herausgeputzten Chriſtkind-
lein (bambino) durch die Straßen der Stadt, und rief: „o Jeſulein, befreie
uns von den Mördern von Gaëta!“ Die Sachen ſtehen nicht mehr wie zur Zeit
Metternichs: die Garibaldi haben ſich fühlen gelernt, und wiſſen recht wohl
wo ſie ihre Freunde zu ſuchen haben. Mit Läſtern und Schmähen iſt nicht
viel geholfen: man muß von innen heraus heilen, anſtatt zu flicken und hin-
zuhalten, wenn die Wiederkehr ſo betrübender Ereigniſſe unmöglich gemacht
werden ſoll. — So gewiſſenlos wie die braſiliſchen Auswanderungsagenten,
benehmen ſich ſeit einiger Zeit auch die auftraliſchen. Es kann nicht ernſtlich
genug vor dieſen Seelenverkäufern gewarnt werden, die in Auftralien wieder
einmal viele Deutſche ins Unglück geſtürzt haben. Gegen die Auswanderung
nach Auſtralien ſpricht als gewichtigſtes Bedenken die völlige Unregelmäßig-
keit und Unſicherheit des dortigen Klima’s, das allein der Schafzucht ſichere
Ausſichten läßt. — Die Frage über die zweckmäßigſte Organiſation des
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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