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Allgemeine Zeitung, Nr. 166, 14. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] macht um die berühmte Fronleichnamsprocession auszuführen, bei welcher
dieses Jahr der Prinz von Carignan die Stelle des Großherzogs einnehmen
sollte. Das Militär war schon in Reih und Glied aufgestellt, und die Musik-
banden waren bereit aufzuspielen, als plötzlich Gegenbefehl kam, und Militär
und Behörden wieder nach Hause marschirten. Es begann leise vom Himmel
zu tröpfeln, aber wenn man eine halbe Stunde Geduld gehabt hätte, konnte
man die Procession ohne Gefahr für den kostbaren Kirchen- und Priester-
schmuck ausführen. Das Volk hatte sich übrigens noch von keiner Seite ein-
gefunden. Ob bloß der Regen oder etwa wieder eine plötzlich aufgestiegene
Frage der kirchlichen Disciplin die Unterlassung dieser jährlichen Feierlichkeit
bewirke, wissen wir noch nicht. Uebrigens ist das officielle und nichtofficielle
Volk jetzt nur mit Sicilien und den Sammlungen für die Revolution be-
schäftigt, wozu es trotz aller Lobeserhebungen im Verhältniß zu dem in Florenz
steckenden Reichthum nur höchst winzige Opfer bringt. "La Nazione" kündigt
an daß neun Frauen das heilige Amt auf sich genommen haben für Sicilien
ia der Stadt Beiträge zu sammeln, und zu dieser Rührung des Herzens
kommt für die Geber noch die Aussicht auf die Ehre ihre Namen in dem offi-
ciösen Blatt gedruckt zu sehen. Wie das Municipium von Florenz hat auch
dasjenige von Lucca bewiesen daß mit dem Anfang des Geldes die Sympathie
für Sicilien aufhört. Der Bürgermeister von Lucca machte im dortigen Ge-
meinderath den Vorschlag für den Aufstand von Sicilien 5000 Lire zu
votiren, und fiel damit durch. In diesem Sinn wenigstens bewahren die
meisten Gemeinden ihre toscanische Autonomie. -- Den hier stehenden Sol-
daten wurde streng verboten fich bei der am 4 Jun. in Sta. Croce abge-
haltenen Gedenkfeier des Tags von Curtatone zu betheiligen. Sie durften
während der Feier auch ihre Caserne nicht verlassen. -- Der Oberst Graf
Fardella von Trapani ist mit 50 Freiwilligen, 3000 Gewehren und Muni-
tion in großen Massen in Marsala gelandet. Aus dem hier angekommenen
officiellen Journal von Neapel lesen wir sehr schön entwickelt wie man das
elektrische Licht auch auf die Leuchtthürme anwenden kann, aber von Sicilien
findet man nicht einmal den Namen in diesem friedlichen Blatt. -- Aus
Perugia schreibt man daß nun so ziemlich alle auswärtigen Blätter, selbst die
bedächtige "Gazzetta di Genova," verbannt sind. Trotz aller Präventivcensur
und dreifacher Revision ist auch der inländische "Offervatore del Trasimeno"
streng verwarnt worden, ja die "Gazzetta di Fuligno" soll sogar suspendirt
worden seyn, weil sie von Sicilien gesprochen, was Sie wohl näher aus Rom
erfahren.



Griechenland.

Kammer und Senat haben in den letzten acht
Tagen wirklich das unmögliche geleistet; alle ministeriellen Vorlagen wurden
erledigt und angenommen, nur das Budget für 1861, zwar von der Kammer
votirt, konnte nicht mehr in den Senat gelangen. Es wird demnach in den
ersten Tagen der Herbstsitzung vorgenommen werden. Der Schluß der Kam-
mer hat nicht stattgefunden ohne sich mit einem Ereigniß zu verknüpfen. Der
Finanzminister Kumunduros suchte, in Folge eines kleinen Zerwürfnisses
in der vorletzten Kammersitzung, beim Ministerpräsidenten um die Enthebung
von seinem Posten nach. Die Veranlassung war folgende. Kriegsminister
Botzaris beschäftigt sich seit seinem Amtsantritt, also seit Jahr und Tag, mit
der Organisation der Landwehr. Zu diesem Zweck wurde schon im vorigen Herbst
die Dienstzeit des Militärs von vier Jahren auf drei herabgesetzt, so daß die
seit einigen Monaten ausdienenden Soldaten schon die Verbindlichkeit mit
sich nach Hause tragen Landwehrmänner zu seyn. Früher verstand man in
Griechenland unter Landwehr freilich etwas ganz anderes. Die Palikaren-
häuptlinge sammelten einen Haufen kriegs- und beutelustiger, aber arbeit-
scheuer Bursche um sich, und zogen dahin wo einflußreichere Häuptlinge
ihnen größere Versprechungen machten. Dieser Landwehr gieng gewöhnlich
ein allgemeiner Schrecken vorher. Dem ist aber heute nicht so. Da wir
keine Art irregulärer Truppen mehr besitzen, so war es folgerichtig daß auch
die Landwehr aus diesem Element bestehe. Nur wer seine Militärpflichtig-
keit erfüllt hat und mit regelmäßigem Abschied versehen ist, kann Landwehr-
mann seyn. Da nun schon eine Anzahl so geeigneter Individuen vorhanden
ist, und täglich neue hinzukommen, so mußte der Finanzminister auch Sorge
tragen für ihre einstige Bewaffnung. Zu diesem Zweck verlangte er in der
vorletzten Kammersitzung einen Credit von 200,000 Drachmen. Einige
Deputirte machten die Bemerkung daß man mit dieser Summe die gesammte
Landwehr nicht bewaffnen könne, und glaubten daß es zweckdienlicher sey so-
gleich eine Million Drachmen zu bewilligen, als noch einmal auf diesen
Gegenstand zurückzukommen. Als nun der Präsident den Kriegsminister
fragte ob er nichts dagegen einzuwenden habe, und dieser erklärte daß ein so
großmüthiger Entschluß der Kammer ihn um so mehr freue, wurde die
Million einstimmig angenommen. Darüber erhob sich der Finanzminister
Kumunduros, und machte der Kammer begreiflich daß man doch zuerst ihn
fragen sollte, ehe man über eine Million verfüge die nicht im Budget auf-
genommen sey; allein seine Worte verhallten. Gereizt durch diesen Vorgang
[Spaltenumbruch] schrieb er sein Entlassungsgesuch, und überbrachte es dem Ministerpräsiden-
ten, welcher indeß noch keinen officiellen Gebrauch davon gemacht zu haben
scheint, sondern wohl die momentane Aufregung beruhigen wird. Indeß
glaubt man allgemein daß die Stunde gekommen ist wo eine Ergänzung des
Ministeriums, die Besetzung des Ministeriums des Aeußern sowie die des
Cultus, stattfinden wird. Dadurch würde freilich wieder manche Sehnsucht
gestillt und manche Hoffnung vereitelt. -- Was Ihnen unterm 16 Mai von
Triest aus im Hauptblatt vom 20 Mai, die griechisch-türkische Gränze be-
treffend, mitgetheilt worden, ist für uns eine Neuigkeit; wir haben keine Kunde
von irgend andern Ruhestörungen in Epirus und Thessalien als denen welche
immerfort durch Räuber stattgefunden haben. Ebenso verhält es sich mit der
Nachricht die de dato Marseille 17 Mai in dem Beiblatt vom 20 Mai aufge-
nommen ist, wo es heißt: "daß die Unruhen die in Thessalien ausgebrochen
waren unterdrückt seyen. Die Regierung Griechenlands selbst ließ die Führer
der Bewegung festnehmen." Die griechische Regierung hat leider in Thessa-
lien nichts zu befehlen, denn solange es Gott gefällt gehört eben Thessalien
noch der türkischen Herrschaft an. Wir in Athen wissen weder von einer
Agitation und Ruhestörung in Epirus, noch von der in Thessalien; was
aber begründet ist, ist daß in diesen wie gewiß auch in den übrigen Provinzen
der Türkei die größte Besorgniß herrscht. Nach Briefen aus Salonichi,
die ich gelesen, sprechen die Türken unverhohlen die größte Furcht aus; sie
sprechen und prophezeien selbst von dem Ende der türkischen Herrschaft in
Europa. Die türkischen Truppen an der griechischen Gränze, ja in ganz
Thessalien und Epirus, werden täglich vermehrt, nicht weil es Unruhen ge-
geben hat, sondern um solche die ausbrechen könnten schnell zu unterdrücken.
-- Ich habe schon in einem frühern Bericht der von dem Franzosen Lenor-
mand, Sohn, begonnenen Ausgrabungen in Eleusis berichtet, zu deren Be-
sichtigung der französische Admiral die königlichen Majestäten eingeladen hatte.
Heute kann ich ergänzend hinzufügen daß die französischen Ausgrabungen
da stattgefunden wo schon im Jahr 1814 die Engländer gegraben, aber
nichts zu Tage gefördert haben. Der junge Lenormand war so glücklich bis
jetzt vier neue Tempel ganz in der Nähe des Tempels des Triptolemos zu
entdecken, und von ihrer Schuttdecke zu befreien. Die Regierung hat in An-
betracht des günstigen Resultats der Ausgrabungen vier Häuser dort ange-
kauft zum Einreißen, um die Ausgrabungen noch weiter fortzusetzen. -- Aus
Kreta kommen schon wieder unangenehme Nachrichten. Der neue Gouver-
neur Ismail Pascha verläugnet eben auch wieder den fanatischen Türken
nicht. Er verlangte daß ein gewisser Psilakis, griechischer Unterthan, ein
geplagter Schullehrer, die Insel verlassen solle. Der Mann weigerte sich
diesem unmotivirten Befehl Folge zu leisten, und da der Pascha drohte ihn
packen und in eine Barke bringen zu lassen, wo ihn dann der Wind hintrei-
ben könne wohin er wolle, flüchtete sich der Schullehrer in das griechische
Consulat. Aber auch hier sollte er nicht sicher seyn. Ein Dolmetscher mit
Kawassen kam an und wollte ihn mit Gewalt wegführen, welchem sich der
griechische Generalconsul energisch entgegensetzte. Darauf ließ der Pascha
dem Generalconsul mündlich sagen daß er sechs Tage lang jede Verbindung
mit dem Consulat abbreche, und auf das Ansuchen des letztern um die schrist-
liche Mittheilung dieses Abbruchs antwortete der Pascha verneinend. Der
griechische Generalconsul lud hierauf die Consuln Englands, Rußlands und
Frankreichs zu einer Versammlung, und trug die Angelegenheit vor. Die
drei Generalconsuln ertheilten seinem Benehmen ihre Zustimmung und tadel-
ten das des Pascha. Dieser reclamirte an seine Regierung in Kostantinopel,
die ihm aber befahl sogleich seine Beziehungen mit dem griechischen Consul
wieder anzuknüpfen, und den Lehrer Pfilakis so lange unbehelligt zu lassen
bis die Angelegenheit untersucht ist. Wessen er angeklagt ist, weiß man bis
jetzt nicht; so will es die türkische Justizpflege. Von Seiten der griechischen
Regierung ist das Benehmen des Generalconsuls vollständig gebilligt und
belobt worden.



Handels- und Börsennachrichten.

Ueber die Kauffahrteischifffahrt im J. 1859 ist eine amtliche sta-
tistische Tabelle erschienen. Am intereffantesten darans ist eine Vergleichung der brit-
tischen und ausländischen Fahrzeuge die im Küsten-, Colonial- oder auswärtigen
Handel in englischen Häfen eingelaufen sind. Wir stellen vorerst die Segelschiffe zu-
sammen. Von diesen waren

BrittischeFremde
FahrzeugeTonnengehaltFahrzeugeTonnengehalt
Küstenhandel123,2289,300,08444671 554
Colonialhandel46121,803,808689387,396
Ausw. Handel16,7742,841,50120,7043,876,581.
Dampfschiffe
Küstenhandel30,0217,245,073----
Colonialhandel747173,020----
Ausw. Handel56421,838,7301253391,523.

Im Londoner Hafen betrug die eingelaufene Kauffahrteischifffahrt im vergauge-
nen Jahr 5,934,996 Tonnen, im Hafen von Liverpool 3,915,714 Tonnen. Wenn
man den Gesammtgehalt ein- und ausgelaufener Segel- und Dampfkauffahrer, die
mit Ladung oder in Ballaft alle Häfen des Vereinigten Königreichs besuchten, zu-
sammenrechnet, so erhält man 13,311,843 Tonnen brittischer und 9,592,416 Ton-
nen fremder Schifffahrt, was gegen das Jahr 1858 einer Zunahme um 420,438
Tonnen brittischer und 173,840 Tonnen fremder Schifffahrt gleichkommt.



Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhofer. Dr. H. Orges.

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

[Spaltenumbruch] macht um die berühmte Fronleichnamsproceſſion auszuführen, bei welcher
dieſes Jahr der Prinz von Carignan die Stelle des Großherzogs einnehmen
ſollte. Das Militär war ſchon in Reih und Glied aufgeſtellt, und die Muſik-
banden waren bereit aufzuſpielen, als plötzlich Gegenbefehl kam, und Militär
und Behörden wieder nach Hauſe marſchirten. Es begann leiſe vom Himmel
zu tröpfeln, aber wenn man eine halbe Stunde Geduld gehabt hätte, konnte
man die Proceſſion ohne Gefahr für den koſtbaren Kirchen- und Prieſter-
ſchmuck ausführen. Das Volk hatte ſich übrigens noch von keiner Seite ein-
gefunden. Ob bloß der Regen oder etwa wieder eine plötzlich aufgeſtiegene
Frage der kirchlichen Disciplin die Unterlaſſung dieſer jährlichen Feierlichkeit
bewirke, wiſſen wir noch nicht. Uebrigens iſt das officielle und nichtofficielle
Volk jetzt nur mit Sicilien und den Sammlungen für die Revolution be-
ſchäftigt, wozu es trotz aller Lobeserhebungen im Verhältniß zu dem in Florenz
ſteckenden Reichthum nur höchſt winzige Opfer bringt. „La Nazione“ kündigt
an daß neun Frauen das heilige Amt auf ſich genommen haben für Sicilien
ia der Stadt Beiträge zu ſammeln, und zu dieſer Rührung des Herzens
kommt für die Geber noch die Ausſicht auf die Ehre ihre Namen in dem offi-
ciöſen Blatt gedruckt zu ſehen. Wie das Municipium von Florenz hat auch
dasjenige von Lucca bewieſen daß mit dem Anfang des Geldes die Sympathie
für Sicilien aufhört. Der Bürgermeiſter von Lucca machte im dortigen Ge-
meinderath den Vorſchlag für den Aufſtand von Sicilien 5000 Lire zu
votiren, und fiel damit durch. In dieſem Sinn wenigſtens bewahren die
meiſten Gemeinden ihre toscaniſche Autonomie. — Den hier ſtehenden Sol-
daten wurde ſtreng verboten fich bei der am 4 Jun. in Sta. Croce abge-
haltenen Gedenkfeier des Tags von Curtatone zu betheiligen. Sie durften
während der Feier auch ihre Caſerne nicht verlaſſen. — Der Oberſt Graf
Fardella von Trapani iſt mit 50 Freiwilligen, 3000 Gewehren und Muni-
tion in großen Maſſen in Marſala gelandet. Aus dem hier angekommenen
officiellen Journal von Neapel leſen wir ſehr ſchön entwickelt wie man das
elektriſche Licht auch auf die Leuchtthürme anwenden kann, aber von Sicilien
findet man nicht einmal den Namen in dieſem friedlichen Blatt. — Aus
Perugia ſchreibt man daß nun ſo ziemlich alle auswärtigen Blätter, ſelbſt die
bedächtige „Gazzetta di Genova,“ verbannt ſind. Trotz aller Präventivcenſur
und dreifacher Reviſion iſt auch der inländiſche „Offervatore del Traſimeno“
ſtreng verwarnt worden, ja die „Gazzetta di Fuligno“ ſoll ſogar ſuspendirt
worden ſeyn, weil ſie von Sicilien geſprochen, was Sie wohl näher aus Rom
erfahren.



Griechenland.

Kammer und Senat haben in den letzten acht
Tagen wirklich das unmögliche geleiſtet; alle miniſteriellen Vorlagen wurden
erledigt und angenommen, nur das Budget für 1861, zwar von der Kammer
votirt, konnte nicht mehr in den Senat gelangen. Es wird demnach in den
erſten Tagen der Herbſtſitzung vorgenommen werden. Der Schluß der Kam-
mer hat nicht ſtattgefunden ohne ſich mit einem Ereigniß zu verknüpfen. Der
Finanzminiſter Kumunduros ſuchte, in Folge eines kleinen Zerwürfniſſes
in der vorletzten Kammerſitzung, beim Miniſterpräſidenten um die Enthebung
von ſeinem Poſten nach. Die Veranlaſſung war folgende. Kriegsminiſter
Botzaris beſchäftigt ſich ſeit ſeinem Amtsantritt, alſo ſeit Jahr und Tag, mit
der Organiſation der Landwehr. Zu dieſem Zweck wurde ſchon im vorigen Herbſt
die Dienſtzeit des Militärs von vier Jahren auf drei herabgeſetzt, ſo daß die
ſeit einigen Monaten ausdienenden Soldaten ſchon die Verbindlichkeit mit
ſich nach Hauſe tragen Landwehrmänner zu ſeyn. Früher verſtand man in
Griechenland unter Landwehr freilich etwas ganz anderes. Die Palikaren-
häuptlinge ſammelten einen Haufen kriegs- und beuteluſtiger, aber arbeit-
ſcheuer Burſche um ſich, und zogen dahin wo einflußreichere Häuptlinge
ihnen größere Verſprechungen machten. Dieſer Landwehr gieng gewöhnlich
ein allgemeiner Schrecken vorher. Dem iſt aber heute nicht ſo. Da wir
keine Art irregulärer Truppen mehr beſitzen, ſo war es folgerichtig daß auch
die Landwehr aus dieſem Element beſtehe. Nur wer ſeine Militärpflichtig-
keit erfüllt hat und mit regelmäßigem Abſchied verſehen iſt, kann Landwehr-
mann ſeyn. Da nun ſchon eine Anzahl ſo geeigneter Individuen vorhanden
iſt, und täglich neue hinzukommen, ſo mußte der Finanzminiſter auch Sorge
tragen für ihre einſtige Bewaffnung. Zu dieſem Zweck verlangte er in der
vorletzten Kammerſitzung einen Credit von 200,000 Drachmen. Einige
Deputirte machten die Bemerkung daß man mit dieſer Summe die geſammte
Landwehr nicht bewaffnen könne, und glaubten daß es zweckdienlicher ſey ſo-
gleich eine Million Drachmen zu bewilligen, als noch einmal auf dieſen
Gegenſtand zurückzukommen. Als nun der Präſident den Kriegsminiſter
fragte ob er nichts dagegen einzuwenden habe, und dieſer erklärte daß ein ſo
großmüthiger Entſchluß der Kammer ihn um ſo mehr freue, wurde die
Million einſtimmig angenommen. Darüber erhob ſich der Finanzminiſter
Kumunduros, und machte der Kammer begreiflich daß man doch zuerſt ihn
fragen ſollte, ehe man über eine Million verfüge die nicht im Budget auf-
genommen ſey; allein ſeine Worte verhallten. Gereizt durch dieſen Vorgang
[Spaltenumbruch] ſchrieb er ſein Entlaſſungsgeſuch, und überbrachte es dem Miniſterpräſiden-
ten, welcher indeß noch keinen officiellen Gebrauch davon gemacht zu haben
ſcheint, ſondern wohl die momentane Aufregung beruhigen wird. Indeß
glaubt man allgemein daß die Stunde gekommen iſt wo eine Ergänzung des
Miniſteriums, die Beſetzung des Miniſteriums des Aeußern ſowie die des
Cultus, ſtattfinden wird. Dadurch würde freilich wieder manche Sehnſucht
geſtillt und manche Hoffnung vereitelt. — Was Ihnen unterm 16 Mai von
Trieſt aus im Hauptblatt vom 20 Mai, die griechiſch-türkiſche Gränze be-
treffend, mitgetheilt worden, iſt für uns eine Neuigkeit; wir haben keine Kunde
von irgend andern Ruheſtörungen in Epirus und Theſſalien als denen welche
immerfort durch Räuber ſtattgefunden haben. Ebenſo verhält es ſich mit der
Nachricht die de dato Marſeille 17 Mai in dem Beiblatt vom 20 Mai aufge-
nommen iſt, wo es heißt: „daß die Unruhen die in Theſſalien ausgebrochen
waren unterdrückt ſeyen. Die Regierung Griechenlands ſelbſt ließ die Führer
der Bewegung feſtnehmen.“ Die griechiſche Regierung hat leider in Theſſa-
lien nichts zu befehlen, denn ſolange es Gott gefällt gehört eben Theſſalien
noch der türkiſchen Herrſchaft an. Wir in Athen wiſſen weder von einer
Agitation und Ruheſtörung in Epirus, noch von der in Theſſalien; was
aber begründet iſt, iſt daß in dieſen wie gewiß auch in den übrigen Provinzen
der Türkei die größte Beſorgniß herrſcht. Nach Briefen aus Salonichi,
die ich geleſen, ſprechen die Türken unverhohlen die größte Furcht aus; ſie
ſprechen und prophezeien ſelbſt von dem Ende der türkiſchen Herrſchaft in
Europa. Die türkiſchen Truppen an der griechiſchen Gränze, ja in ganz
Theſſalien und Epirus, werden täglich vermehrt, nicht weil es Unruhen ge-
geben hat, ſondern um ſolche die ausbrechen könnten ſchnell zu unterdrücken.
— Ich habe ſchon in einem frühern Bericht der von dem Franzoſen Lenor-
mand, Sohn, begonnenen Ausgrabungen in Eleuſis berichtet, zu deren Be-
ſichtigung der franzöſiſche Admiral die königlichen Majeſtäten eingeladen hatte.
Heute kann ich ergänzend hinzufügen daß die franzöſiſchen Ausgrabungen
da ſtattgefunden wo ſchon im Jahr 1814 die Engländer gegraben, aber
nichts zu Tage gefördert haben. Der junge Lenormand war ſo glücklich bis
jetzt vier neue Tempel ganz in der Nähe des Tempels des Triptolemos zu
entdecken, und von ihrer Schuttdecke zu befreien. Die Regierung hat in An-
betracht des günſtigen Reſultats der Ausgrabungen vier Häuſer dort ange-
kauft zum Einreißen, um die Ausgrabungen noch weiter fortzuſetzen. — Aus
Kreta kommen ſchon wieder unangenehme Nachrichten. Der neue Gouver-
neur Ismail Paſcha verläugnet eben auch wieder den fanatiſchen Türken
nicht. Er verlangte daß ein gewiſſer Pſilakis, griechiſcher Unterthan, ein
geplagter Schullehrer, die Inſel verlaſſen ſolle. Der Mann weigerte ſich
dieſem unmotivirten Befehl Folge zu leiſten, und da der Paſcha drohte ihn
packen und in eine Barke bringen zu laſſen, wo ihn dann der Wind hintrei-
ben könne wohin er wolle, flüchtete ſich der Schullehrer in das griechiſche
Conſulat. Aber auch hier ſollte er nicht ſicher ſeyn. Ein Dolmetſcher mit
Kawaſſen kam an und wollte ihn mit Gewalt wegführen, welchem ſich der
griechiſche Generalconſul energiſch entgegenſetzte. Darauf ließ der Paſcha
dem Generalconſul mündlich ſagen daß er ſechs Tage lang jede Verbindung
mit dem Conſulat abbreche, und auf das Anſuchen des letztern um die ſchriſt-
liche Mittheilung dieſes Abbruchs antwortete der Paſcha verneinend. Der
griechiſche Generalconſul lud hierauf die Conſuln Englands, Rußlands und
Frankreichs zu einer Verſammlung, und trug die Angelegenheit vor. Die
drei Generalconſuln ertheilten ſeinem Benehmen ihre Zuſtimmung und tadel-
ten das des Paſcha. Dieſer reclamirte an ſeine Regierung in Koſtantinopel,
die ihm aber befahl ſogleich ſeine Beziehungen mit dem griechiſchen Conſul
wieder anzuknüpfen, und den Lehrer Pfilakis ſo lange unbehelligt zu laſſen
bis die Angelegenheit unterſucht iſt. Weſſen er angeklagt iſt, weiß man bis
jetzt nicht; ſo will es die türkiſche Juſtizpflege. Von Seiten der griechiſchen
Regierung iſt das Benehmen des Generalconſuls vollſtändig gebilligt und
belobt worden.



Handels- und Börſennachrichten.

Ueber die Kauffahrteiſchifffahrt im J. 1859 iſt eine amtliche ſta-
tiſtiſche Tabelle erſchienen. Am intereffanteſten darans iſt eine Vergleichung der brit-
tiſchen und ausländiſchen Fahrzeuge die im Küſten-, Colonial- oder auswärtigen
Handel in engliſchen Häfen eingelaufen ſind. Wir ſtellen vorerſt die Segelſchiffe zu-
ſammen. Von dieſen waren

BrittiſcheFremde
FahrzeugeTonnengehaltFahrzeugeTonnengehalt
Küſtenhandel123,2289,300,08444671 554
Colonialhandel46121,803,808689387,396
Ausw. Handel16,7742,841,50120,7043,876,581.
Dampfſchiffe
Küſtenhandel30,0217,245,073
Colonialhandel747173,020
Ausw. Handel56421,838,7301253391,523.

Im Londoner Hafen betrug die eingelaufene Kauffahrteiſchifffahrt im vergauge-
nen Jahr 5,934,996 Tonnen, im Hafen von Liverpool 3,915,714 Tonnen. Wenn
man den Geſammtgehalt ein- und ausgelaufener Segel- und Dampfkauffahrer, die
mit Ladung oder in Ballaft alle Häfen des Vereinigten Königreichs beſuchten, zu-
ſammenrechnet, ſo erhält man 13,311,843 Tonnen brittiſcher und 9,592,416 Ton-
nen fremder Schifffahrt, was gegen das Jahr 1858 einer Zunahme um 420,438
Tonnen brittiſcher und 173,840 Tonnen fremder Schifffahrt gleichkommt.



Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhofer. Dr. H. Orges.

Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.

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[2780/0020] macht um die berühmte Fronleichnamsproceſſion auszuführen, bei welcher dieſes Jahr der Prinz von Carignan die Stelle des Großherzogs einnehmen ſollte. Das Militär war ſchon in Reih und Glied aufgeſtellt, und die Muſik- banden waren bereit aufzuſpielen, als plötzlich Gegenbefehl kam, und Militär und Behörden wieder nach Hauſe marſchirten. Es begann leiſe vom Himmel zu tröpfeln, aber wenn man eine halbe Stunde Geduld gehabt hätte, konnte man die Proceſſion ohne Gefahr für den koſtbaren Kirchen- und Prieſter- ſchmuck ausführen. Das Volk hatte ſich übrigens noch von keiner Seite ein- gefunden. Ob bloß der Regen oder etwa wieder eine plötzlich aufgeſtiegene Frage der kirchlichen Disciplin die Unterlaſſung dieſer jährlichen Feierlichkeit bewirke, wiſſen wir noch nicht. Uebrigens iſt das officielle und nichtofficielle Volk jetzt nur mit Sicilien und den Sammlungen für die Revolution be- ſchäftigt, wozu es trotz aller Lobeserhebungen im Verhältniß zu dem in Florenz ſteckenden Reichthum nur höchſt winzige Opfer bringt. „La Nazione“ kündigt an daß neun Frauen das heilige Amt auf ſich genommen haben für Sicilien ia der Stadt Beiträge zu ſammeln, und zu dieſer Rührung des Herzens kommt für die Geber noch die Ausſicht auf die Ehre ihre Namen in dem offi- ciöſen Blatt gedruckt zu ſehen. Wie das Municipium von Florenz hat auch dasjenige von Lucca bewieſen daß mit dem Anfang des Geldes die Sympathie für Sicilien aufhört. Der Bürgermeiſter von Lucca machte im dortigen Ge- meinderath den Vorſchlag für den Aufſtand von Sicilien 5000 Lire zu votiren, und fiel damit durch. In dieſem Sinn wenigſtens bewahren die meiſten Gemeinden ihre toscaniſche Autonomie. — Den hier ſtehenden Sol- daten wurde ſtreng verboten fich bei der am 4 Jun. in Sta. Croce abge- haltenen Gedenkfeier des Tags von Curtatone zu betheiligen. Sie durften während der Feier auch ihre Caſerne nicht verlaſſen. — Der Oberſt Graf Fardella von Trapani iſt mit 50 Freiwilligen, 3000 Gewehren und Muni- tion in großen Maſſen in Marſala gelandet. Aus dem hier angekommenen officiellen Journal von Neapel leſen wir ſehr ſchön entwickelt wie man das elektriſche Licht auch auf die Leuchtthürme anwenden kann, aber von Sicilien findet man nicht einmal den Namen in dieſem friedlichen Blatt. — Aus Perugia ſchreibt man daß nun ſo ziemlich alle auswärtigen Blätter, ſelbſt die bedächtige „Gazzetta di Genova,“ verbannt ſind. Trotz aller Präventivcenſur und dreifacher Reviſion iſt auch der inländiſche „Offervatore del Traſimeno“ ſtreng verwarnt worden, ja die „Gazzetta di Fuligno“ ſoll ſogar ſuspendirt worden ſeyn, weil ſie von Sicilien geſprochen, was Sie wohl näher aus Rom erfahren. Griechenland. Б Athen, 2 Jun. Kammer und Senat haben in den letzten acht Tagen wirklich das unmögliche geleiſtet; alle miniſteriellen Vorlagen wurden erledigt und angenommen, nur das Budget für 1861, zwar von der Kammer votirt, konnte nicht mehr in den Senat gelangen. Es wird demnach in den erſten Tagen der Herbſtſitzung vorgenommen werden. Der Schluß der Kam- mer hat nicht ſtattgefunden ohne ſich mit einem Ereigniß zu verknüpfen. Der Finanzminiſter Kumunduros ſuchte, in Folge eines kleinen Zerwürfniſſes in der vorletzten Kammerſitzung, beim Miniſterpräſidenten um die Enthebung von ſeinem Poſten nach. Die Veranlaſſung war folgende. Kriegsminiſter Botzaris beſchäftigt ſich ſeit ſeinem Amtsantritt, alſo ſeit Jahr und Tag, mit der Organiſation der Landwehr. Zu dieſem Zweck wurde ſchon im vorigen Herbſt die Dienſtzeit des Militärs von vier Jahren auf drei herabgeſetzt, ſo daß die ſeit einigen Monaten ausdienenden Soldaten ſchon die Verbindlichkeit mit ſich nach Hauſe tragen Landwehrmänner zu ſeyn. Früher verſtand man in Griechenland unter Landwehr freilich etwas ganz anderes. Die Palikaren- häuptlinge ſammelten einen Haufen kriegs- und beuteluſtiger, aber arbeit- ſcheuer Burſche um ſich, und zogen dahin wo einflußreichere Häuptlinge ihnen größere Verſprechungen machten. Dieſer Landwehr gieng gewöhnlich ein allgemeiner Schrecken vorher. Dem iſt aber heute nicht ſo. Da wir keine Art irregulärer Truppen mehr beſitzen, ſo war es folgerichtig daß auch die Landwehr aus dieſem Element beſtehe. Nur wer ſeine Militärpflichtig- keit erfüllt hat und mit regelmäßigem Abſchied verſehen iſt, kann Landwehr- mann ſeyn. Da nun ſchon eine Anzahl ſo geeigneter Individuen vorhanden iſt, und täglich neue hinzukommen, ſo mußte der Finanzminiſter auch Sorge tragen für ihre einſtige Bewaffnung. Zu dieſem Zweck verlangte er in der vorletzten Kammerſitzung einen Credit von 200,000 Drachmen. Einige Deputirte machten die Bemerkung daß man mit dieſer Summe die geſammte Landwehr nicht bewaffnen könne, und glaubten daß es zweckdienlicher ſey ſo- gleich eine Million Drachmen zu bewilligen, als noch einmal auf dieſen Gegenſtand zurückzukommen. Als nun der Präſident den Kriegsminiſter fragte ob er nichts dagegen einzuwenden habe, und dieſer erklärte daß ein ſo großmüthiger Entſchluß der Kammer ihn um ſo mehr freue, wurde die Million einſtimmig angenommen. Darüber erhob ſich der Finanzminiſter Kumunduros, und machte der Kammer begreiflich daß man doch zuerſt ihn fragen ſollte, ehe man über eine Million verfüge die nicht im Budget auf- genommen ſey; allein ſeine Worte verhallten. Gereizt durch dieſen Vorgang ſchrieb er ſein Entlaſſungsgeſuch, und überbrachte es dem Miniſterpräſiden- ten, welcher indeß noch keinen officiellen Gebrauch davon gemacht zu haben ſcheint, ſondern wohl die momentane Aufregung beruhigen wird. Indeß glaubt man allgemein daß die Stunde gekommen iſt wo eine Ergänzung des Miniſteriums, die Beſetzung des Miniſteriums des Aeußern ſowie die des Cultus, ſtattfinden wird. Dadurch würde freilich wieder manche Sehnſucht geſtillt und manche Hoffnung vereitelt. — Was Ihnen unterm 16 Mai von Trieſt aus im Hauptblatt vom 20 Mai, die griechiſch-türkiſche Gränze be- treffend, mitgetheilt worden, iſt für uns eine Neuigkeit; wir haben keine Kunde von irgend andern Ruheſtörungen in Epirus und Theſſalien als denen welche immerfort durch Räuber ſtattgefunden haben. Ebenſo verhält es ſich mit der Nachricht die de dato Marſeille 17 Mai in dem Beiblatt vom 20 Mai aufge- nommen iſt, wo es heißt: „daß die Unruhen die in Theſſalien ausgebrochen waren unterdrückt ſeyen. Die Regierung Griechenlands ſelbſt ließ die Führer der Bewegung feſtnehmen.“ Die griechiſche Regierung hat leider in Theſſa- lien nichts zu befehlen, denn ſolange es Gott gefällt gehört eben Theſſalien noch der türkiſchen Herrſchaft an. Wir in Athen wiſſen weder von einer Agitation und Ruheſtörung in Epirus, noch von der in Theſſalien; was aber begründet iſt, iſt daß in dieſen wie gewiß auch in den übrigen Provinzen der Türkei die größte Beſorgniß herrſcht. Nach Briefen aus Salonichi, die ich geleſen, ſprechen die Türken unverhohlen die größte Furcht aus; ſie ſprechen und prophezeien ſelbſt von dem Ende der türkiſchen Herrſchaft in Europa. Die türkiſchen Truppen an der griechiſchen Gränze, ja in ganz Theſſalien und Epirus, werden täglich vermehrt, nicht weil es Unruhen ge- geben hat, ſondern um ſolche die ausbrechen könnten ſchnell zu unterdrücken. — Ich habe ſchon in einem frühern Bericht der von dem Franzoſen Lenor- mand, Sohn, begonnenen Ausgrabungen in Eleuſis berichtet, zu deren Be- ſichtigung der franzöſiſche Admiral die königlichen Majeſtäten eingeladen hatte. Heute kann ich ergänzend hinzufügen daß die franzöſiſchen Ausgrabungen da ſtattgefunden wo ſchon im Jahr 1814 die Engländer gegraben, aber nichts zu Tage gefördert haben. Der junge Lenormand war ſo glücklich bis jetzt vier neue Tempel ganz in der Nähe des Tempels des Triptolemos zu entdecken, und von ihrer Schuttdecke zu befreien. Die Regierung hat in An- betracht des günſtigen Reſultats der Ausgrabungen vier Häuſer dort ange- kauft zum Einreißen, um die Ausgrabungen noch weiter fortzuſetzen. — Aus Kreta kommen ſchon wieder unangenehme Nachrichten. Der neue Gouver- neur Ismail Paſcha verläugnet eben auch wieder den fanatiſchen Türken nicht. Er verlangte daß ein gewiſſer Pſilakis, griechiſcher Unterthan, ein geplagter Schullehrer, die Inſel verlaſſen ſolle. Der Mann weigerte ſich dieſem unmotivirten Befehl Folge zu leiſten, und da der Paſcha drohte ihn packen und in eine Barke bringen zu laſſen, wo ihn dann der Wind hintrei- ben könne wohin er wolle, flüchtete ſich der Schullehrer in das griechiſche Conſulat. Aber auch hier ſollte er nicht ſicher ſeyn. Ein Dolmetſcher mit Kawaſſen kam an und wollte ihn mit Gewalt wegführen, welchem ſich der griechiſche Generalconſul energiſch entgegenſetzte. Darauf ließ der Paſcha dem Generalconſul mündlich ſagen daß er ſechs Tage lang jede Verbindung mit dem Conſulat abbreche, und auf das Anſuchen des letztern um die ſchriſt- liche Mittheilung dieſes Abbruchs antwortete der Paſcha verneinend. Der griechiſche Generalconſul lud hierauf die Conſuln Englands, Rußlands und Frankreichs zu einer Verſammlung, und trug die Angelegenheit vor. Die drei Generalconſuln ertheilten ſeinem Benehmen ihre Zuſtimmung und tadel- ten das des Paſcha. Dieſer reclamirte an ſeine Regierung in Koſtantinopel, die ihm aber befahl ſogleich ſeine Beziehungen mit dem griechiſchen Conſul wieder anzuknüpfen, und den Lehrer Pfilakis ſo lange unbehelligt zu laſſen bis die Angelegenheit unterſucht iſt. Weſſen er angeklagt iſt, weiß man bis jetzt nicht; ſo will es die türkiſche Juſtizpflege. Von Seiten der griechiſchen Regierung iſt das Benehmen des Generalconſuls vollſtändig gebilligt und belobt worden. Handels- und Börſennachrichten. London. Ueber die Kauffahrteiſchifffahrt im J. 1859 iſt eine amtliche ſta- tiſtiſche Tabelle erſchienen. Am intereffanteſten darans iſt eine Vergleichung der brit- tiſchen und ausländiſchen Fahrzeuge die im Küſten-, Colonial- oder auswärtigen Handel in engliſchen Häfen eingelaufen ſind. Wir ſtellen vorerſt die Segelſchiffe zu- ſammen. Von dieſen waren Brittiſche Fremde Fahrzeuge Tonnengehalt Fahrzeuge Tonnengehalt Küſtenhandel 123,228 9,300,084 446 71 554 Colonialhandel 4612 1,803,808 689 387,396 Ausw. Handel 16,774 2,841,501 20,704 3,876,581. Dampfſchiffe Küſtenhandel 30,021 7,245,073 — — Colonialhandel 747 173,020 — — Ausw. Handel 5642 1,838,730 1253 391,523. Im Londoner Hafen betrug die eingelaufene Kauffahrteiſchifffahrt im vergauge- nen Jahr 5,934,996 Tonnen, im Hafen von Liverpool 3,915,714 Tonnen. Wenn man den Geſammtgehalt ein- und ausgelaufener Segel- und Dampfkauffahrer, die mit Ladung oder in Ballaft alle Häfen des Vereinigten Königreichs beſuchten, zu- ſammenrechnet, ſo erhält man 13,311,843 Tonnen brittiſcher und 9,592,416 Ton- nen fremder Schifffahrt, was gegen das Jahr 1858 einer Zunahme um 420,438 Tonnen brittiſcher und 173,840 Tonnen fremder Schifffahrt gleichkommt. Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhofer. Dr. H. Orges. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 166, 14. Juni 1860, S. 2780. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine166_1860/20>, abgerufen am 21.11.2024.