Allgemeine Zeitung, Nr. 166, 14. Juni 1860.[Spaltenumbruch]
Zelten auf ein Regiment von vier Schwadronen kommen, die Schwadron zu Die Reiter haben wenig Liebe zu ihren Pferden, und behandeln sie im Trotz seines losen Sitzes reitet übrigens der französische Husar und Schritt ist ein Tempo das man sehr selten, fast nie, weder von Einzelnen Wie Sie wissen, ist Marschall Mac Mahon vor einigen Tagen im Lager Den Kaiser erwartet man nicht vor einigen Wochen, man sagt nicht vor Daß das Lager von Chalons den Eindruck eines großen und bequemen Nächstens gebe ich Ihnen ein Bild der gegenwärtigen Gruppirung der Aus dem Lager von Chalons, 10 Jun. Es hatte die ganze Deutschland. Wien, 7 Jun. Man erwartete das Erscheinen der vielbesprochenen @ Wien, 9 Jun. Von der Reise des Großwesirs durch die türkischen ^ Wien, 9 Jun. Von dem Gesichtspunkt ausgehend daß die [Spaltenumbruch]
Zelten auf ein Regiment von vier Schwadronen kommen, die Schwadron zu Die Reiter haben wenig Liebe zu ihren Pferden, und behandeln ſie im Trotz ſeines loſen Sitzes reitet übrigens der franzöſiſche Huſar und Schritt iſt ein Tempo das man ſehr ſelten, faſt nie, weder von Einzelnen Wie Sie wiſſen, iſt Marſchall Mac Mahon vor einigen Tagen im Lager Den Kaiſer erwartet man nicht vor einigen Wochen, man ſagt nicht vor Daß das Lager von Châlons den Eindruck eines großen und bequemen Nächſtens gebe ich Ihnen ein Bild der gegenwärtigen Gruppirung der ⋌ Aus dem Lager von Châlons, 10 Jun. Es hatte die ganze Deutſchland. ≚ Wien, 7 Jun. Man erwartete das Erſcheinen der vielbeſprochenen  Wien, 9 Jun. Von der Reiſe des Großweſirs durch die türkiſchen △ Wien, 9 Jun. Von dem Geſichtspunkt ausgehend daß die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0018" n="2778"/><cb/> Zelten auf ein Regiment von vier Schwadronen kommen, die Schwadron zu<lb/> 120 Pferden gerechnet.</p><lb/> <p>Die Reiter haben wenig Liebe zu ihren Pferden, und behandeln ſie im<lb/> allgemeinen ſchlecht; doch ſind böſe Pferde — obgleich es Hengſte ſind — eine<lb/> Seltenheit; die Pferde, welche übrigens reichliches Futter bekommen, ſehen<lb/> durchaus ſehr gut aus, Satteldrücke gibt es 18 bis 20 in der Schwadron,<lb/> was theils an den deutſchen Sätteln, theils an dem loſen Sitz der Reiter<lb/> liegen mag.</p><lb/> <p>Trotz ſeines loſen Sitzes reitet übrigens der franzöſiſche Huſar und<lb/> Chaſſeur ſehr ſchneidig, und ſchreckt nicht leicht vor einem Hinderniß zurück.<lb/> Auch die rechte Taille haben dieſe Leute nicht für ihre Pferde, ſie ſind im all-<lb/> gemeinen zu groß und zu ſchwer. 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Es wird im letzten<lb/> Augenblick vom Kaiſer ſelbſt angeordnet.</p><lb/> <p>Daß das Lager von Ch<hi rendition="#aq">â</hi>lons den Eindruck eines großen und bequemen<lb/> Depot- und Sammelplatzes macht, welcher, durch die vorliegenden Feſtungen<lb/> gedeckt, einer eigenen Befeſtigung wohl entrathen kann, werden Sie aus der<lb/> Beſchreibung die ich Ihnen von der Ausdehnung und den Anordnungen des<lb/> Ganzen gegeben habe — mag dieſelbe auch noch ſo mangelhaft ſeyn — ent<lb/> nehmen können. Hier würden ſich die Colonnen ohne Zweifel ſammeln, und<lb/> von hier aus vorwärts ſchieben wenn es zum Losſchlagen kommt — ob <hi rendition="#g">und</hi><lb/> namentlich <hi rendition="#g">wann</hi> dieß geſchieht, wer kann das mit Zuverläſſigkeit vorher-<lb/> beſtimmen?</p><lb/> <p>Nächſtens gebe ich Ihnen ein Bild der gegenwärtigen Gruppirung der<lb/> franzöſiſchen Streitkräfte in den belgiſchen und den deutſchen Gränzdeparte-<lb/> ments.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>⋌ <hi rendition="#b">Aus dem Lager von Ch<hi rendition="#aq">â</hi>lons,</hi> 10 Jun.</dateline> <p>Es hatte die ganze<lb/> Nacht vorher geregnet, und der Tag war grau und neblicht angebrochen, ſo-<lb/> mit wenig Ausſicht daß die auf 10 Uhr beſtimmte Feldmeſſe und Parade<lb/> ſtattfinden könne. Doch nach und nach heiterte ſich der Himmel etwas auf,<lb/> und die Meſſe wurde demzufolge nicht abgeſagt, ſondern nur auf 11½ Uhr<lb/> verſchoben. Langes Warten auf dem Paradeplatz iſt in der franzöſiſchen<lb/> Armee nicht eingeführt. Alles erſcheint knapp zur Stunde die beſtimmt iſt,<lb/> nicht ſpäter, aber auch kaum früher. Deßhalb geht es vor dem Ausrücken<lb/> um ſo lebhafter her. Das Antreiben der Unterofficiere, das Durcheinander-<lb/> wiehern der Pferde, die Zurufe der Leute, das alles gab namentlich dem Ca-<lb/> vallerielager ein ſehr belebtes Ausſehen; der eine oder der andere Hengſt, der beim<lb/> Satteln ſeinem ſorgloſen Reiter entkam und nun zu ſeinem Privatvergnügen<lb/> eine Jagdpartie allein oder mit einem andern Genoſſen dieſer zufälligen Frei-<lb/> heit in dem weiten Lagerraum anſtellte, macht das Bild vollſtändig. End-<lb/> lich waren die Infanteriebataillone raillirt, die Cavallerie aufgeſeſſen, die<lb/> Namen verleſen, und alles ſetzte ſich nach dem <hi rendition="#aq">Pavillon de l’Empereur,</hi> vor<lb/> welchem das Capellenzelt aufgerichtet iſt, in Bewegung. Die Truppen ſtell-<lb/> ten ſich in folgender Art auf. In nächſter Nähe des Capellenzeltes, mit der<lb/> Front gegen deſſen Seiten, ſtanden einander gegenüber die zwei Reihen der<lb/> Fahnenträger mit den Adlern und die Sappeure der ausgerückten Regimenter.<lb/> In zweiter Reihe hinter den Fahnenträgern ſtand auf jeder Seite des Zeltes<lb/> eine Compagnie Genietruppen. Dem Zelte gegenüber, wo zunächſt der<lb/> Raum für den Marſchall Mac-Mahon und deſſen Gefolge gelaſſen war, zu-<lb/> erſt zwei Muſikbanden, welche während des Gottesdienſtes abwechſelnd zu<lb/> ſpielen hatten, dann ſämmtliche Tambours und Horniſten der Infanterieregi-<lb/> menter und der Jägerbataillone in erſter, die übrigen Muſikbanden in zwei-<lb/> ter Reihe. Das Gros der Truppen ſchloß in weitem Viereck das Capellen-<lb/> zelt von drei Seiten ein; und es waren gegenüber dem Altar die vier Regi-<lb/> menter Cavallerie in Regimentscolonnen, auf den beiden andern Seiten zwölf<lb/> Infanterieregimenter und drei Jägerbataillone in dreifach geſchloſſenen Ba-<lb/> taillonscolonnen aufmarſchirt. Der Marſchall Mac-Mahon und ſein Stab<lb/> erſchienen zu Fuß, und wohnten ſtehend der Meſſe bei. Nach der Meſſe<lb/> marſchirten der rechte und der linke Flügel der Aufftellung — die Infanterie<lb/> und die Jäger, wie auch die Geniecompagnien — ab; die Cavallerie mar-<lb/> ſchirte in Linie auf; der Marſchall und ſein Gefolge ſetzten ſich zu Pferd und<lb/> ritten die Linie ab; zum Schluß defilirten die Regimenter im Trab. Um<lb/><cb/> 12½ Uhr war die Revue beendet. 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Vorlän-<lb/> fig hört man daß jenes ſonderbare „Programm,“ welches durch alle Blätter<lb/> gelaufen iſt, keineswegs als Programm der Zeitung betrachtet werden dürfe;<lb/> dasſelbe ſoll nur ein erſter Entwurf geweſen ſeyn, auf Grundlage deſſen erſt eine<lb/> Verſtändigung unter den Standes- und Parteigenoſſen erzielt werden ſollte,<lb/> und auch erzielt worden zu ſeyn ſcheint. Die Zeitung ſelbſt wird wohl „ſtändiſche<lb/> Freiheit und Autonomie vertreten, ohne vorwiegend confeſſionelle Färbung, ſomit<lb/> die Anſichten der Majorität des jetzigen Reichsraths ausſprechen. Die Lage der<lb/> „Donauzeitung,“ welche ohnehin ſo ziemlich in der Luft ſchwebt, dürfte durch<lb/> das neue Organ noch mehr bedrängt werden, und man ſpricht auch ſchon von<lb/> dem Plan dieſelbe mit der „Oeſterreichiſchen Zeitung,“ welche über kurz oder<lb/> lang doch in andern Beſitz übergehen wird, zu vereinigen. „Die Gegenwart“<lb/> des Hrn. Chowanetz ſieht ſich durch die Großmuth eines Hrn. Breiter, Be-<lb/> ſitzers des „Volksfreundes,“ wieder in den Stand geſetzt zu erſcheinen. Dieſe<lb/> Großmuth erſcheint in Wahrheit ganz außerordentlich, wenn man bedenkt daß<lb/> beide Zeitungen Abendblätter, auf ganz dasſelbe, nicht große, Publicum an-<lb/> gewieſen ſind, und die „Gegenwart“ während ihrer kurzen Lebensdauer alle<lb/> Mittel verſuchte den concurrirenden „Volksfreund“ zu verdrängen und zu<lb/> discreditiren.</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="3"> <dateline> <hi rendition="#b">Wien,</hi> 9 Jun.</dateline> <p>Von der Reiſe des Großweſirs durch die türkiſchen<lb/> Provinzen bebufs Inſpicirung der Zuſtände der dortigen chriſtlichen Bevöl-<lb/> kerung verſpricht man ſich in den maßgebenden Kreiſen keinen erwünſchten<lb/> Eifolg; aber ſo viel iſt gewonnen daß die orientaliſche Frage nicht wieder mit<lb/> allen ihren Uebeln im Gefolge zu Tage getreten iſt. Möglich hat es Ruß-<lb/> land auch nicht ſo ernſt gemeint, und nur die Abſicht gehegt ſich den Süd-<lb/> ſlaven, deren Aufregung in letzter Zeit merklich zugenommen hat, gefällig zu<lb/> bezeugen. Rußland hat noch dieles im Innern zu ſchaffen ehe es ſeine lange<lb/> gehegten Plane nach außen hin ins Werk wird ſetzen wollen. Allenfalls hat<lb/> die Türkei Zeit gewonnen, und bis dahin können ſich ihre Verhältniſſe ſowohl<lb/> im Innern als nach außen bedeutend gebeſſert haben. Man kann es als ein<lb/> Glück für den Weltfrieden bezeichnen daß Louis Napoleon mit der neapolita-<lb/> niſchen Frage vollauf beſchäftigt iſt; denn ſonſt hätten wir ganz zuverläſſig<lb/> eine andere Frage zur Löſung erhalten, die uns möglich näher angegangen<lb/> wäre. — Nach Berichten von der montenegriniſchen Gränze verhält ſich die<lb/> dortige Bevölkerung ſeit einiger Zeit ruhig, und ſcheint einem Wink aus dem<lb/> Norden und Weſten Folge zu leiſten. Auch hier liegt noch eine kleine Frage<lb/> unbeantwortet, auf deren Loſung ein kleiner Fürſt ſeit lange ungeduldig harrt.<lb/> Die Correſpondenz zwiſchen Cetinje, St. Petersburg und Paris war ſehr leb-<lb/> haft zur Zeit als der ruſſiſche Premier den bekannten Antrag wegen der chriſt-<lb/> lichen Unterthanen in der Türkei ſtellte, und hat ſeither bedeutend nachgelaſſen.<lb/> Fürſt Danilo iſt bei der einſtigen Löſung der türkiſchen Frage die adäquate<lb/> Rolle Garibaldi’s beſtimmt. Mit andern Worten, Danilo iſt der Garibaldi<lb/> der Türkei. Nicht umſonſt hat daher der Fürſt von Montenegro unlängſt das<lb/> Porträt des vielgenannten Revolutionsgenerals ſich verſchrieben, um dasſelbe<lb/> in ſeinem Cabinet aufzuhängen. <hi rendition="#aq">&Sr;imile simili gaudet.</hi> — Während des jüng-<lb/> ſten italieniſchen Kriegs fühlte man beſonders die Ueberlegenheit des franzö-<lb/> ſiſchen Soldaten im Einzelkampf. Dieſer Umſtand wird von Fachmännern<lb/> hauptſächlich den gymnaſtiſchen Uebungen zugeſchreiben die bei der franzö-<lb/> ſiſchen Armee ſeit lange beſtehen. Man geht nun in den maßgebenden Kreiſen<lb/> ernſtlich mit dem Gedanken um die Gymnaſtik beim k. k. Militär einzuführen.<lb/> Das Turnen ſoll bei den Truppenerercitien nächſtens ins Leben treten. Auch<lb/> die öffentlichen Civilturnanſtalten werden einer militäriſchen Inſpicirung<lb/> unterzogen werden, um wo möglich die betreffenden Zöglinge auch für den<lb/> Soldatenſtand vorbereitend heranzubilden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>△ <hi rendition="#b">Wien,</hi> 9 Jun.</dateline> <p>Von dem Geſichtspunkt ausgehend daß die<lb/> zum großen Theil mit ausländiſchen Capitalien gebauten jungen Bahnen<lb/> den ausländiſchen Actionären auch die größmögliche Erleichterung bieten<lb/> müſſen, hat Frh. v. Bruck den Eiſenbahngründern die Conceſſion gemacht<lb/> bei ihren Eiſenbezügen aus dem Ausland nur den halben Eingangszoll zahlen<lb/> zu dürfen. Dieſe Erleichterung iſt ſo weſentlicher Natur, daß die bis zum<lb/> Jahr 1853 durch das Prohibitivſyſtem genügend geſchützten heimiſchen In-<lb/> duſtriellen ſeitdem gezwungen wurden einen Theil ihrer Arbeiter zu entlaſſen,<lb/> weil ſie mit dem engliſchen Eiſen nicht concurriren konnten, und den Verfall<lb/> ihrer Etabliſſements in naher Zukunft erblickten, wenn die Zollbegünſtigun-<lb/> gen der „Gründer“ nicht aufgehoben werden. Wie viel an dieſen Klagen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [2778/0018]
Zelten auf ein Regiment von vier Schwadronen kommen, die Schwadron zu
120 Pferden gerechnet.
Die Reiter haben wenig Liebe zu ihren Pferden, und behandeln ſie im
allgemeinen ſchlecht; doch ſind böſe Pferde — obgleich es Hengſte ſind — eine
Seltenheit; die Pferde, welche übrigens reichliches Futter bekommen, ſehen
durchaus ſehr gut aus, Satteldrücke gibt es 18 bis 20 in der Schwadron,
was theils an den deutſchen Sätteln, theils an dem loſen Sitz der Reiter
liegen mag.
Trotz ſeines loſen Sitzes reitet übrigens der franzöſiſche Huſar und
Chaſſeur ſehr ſchneidig, und ſchreckt nicht leicht vor einem Hinderniß zurück.
Auch die rechte Taille haben dieſe Leute nicht für ihre Pferde, ſie ſind im all-
gemeinen zu groß und zu ſchwer. An kleinern geſchmeidigen Leuten iſt doch
kein Mangel in Frankreich; allein man liebt es allen ausgeſuchten Truppen
Leute von großer Statur zu geben.
Schritt iſt ein Tempo das man ſehr ſelten, faſt nie, weder von Einzelnen
noch von Abtheilungen reiten ſieht; alles reitet in ſcharfen Gängen.
Wie Sie wiſſen, iſt Marſchall Mac Mahon vor einigen Tagen im Lager
eingetroffen; vorgeſtern war ſeiner Ankunft zu Ehren große Parade, geſtern
hat er die Pferde der Cavallerie, des Trains und des Genieparks viſitirt;
morgen, als am Fronleichnamsſonntag, ſoll große Feldmeſſe und Revue ſtatt-
finden, über deren Details ich Ihnen berichten werde.
Den Kaiſer erwartet man nicht vor einigen Wochen, man ſagt nicht vor
dem Monat Auguſt; es heißt daß zur Zeit ſeiner Ankunft auch die kaiſerliche
Garde — oder doch ein Theil derſelben — das Lager beziehen werde. Es iſt
ſchwer über dergleichen etwas beſtimmtes zu erfahren. Es wird im letzten
Augenblick vom Kaiſer ſelbſt angeordnet.
Daß das Lager von Châlons den Eindruck eines großen und bequemen
Depot- und Sammelplatzes macht, welcher, durch die vorliegenden Feſtungen
gedeckt, einer eigenen Befeſtigung wohl entrathen kann, werden Sie aus der
Beſchreibung die ich Ihnen von der Ausdehnung und den Anordnungen des
Ganzen gegeben habe — mag dieſelbe auch noch ſo mangelhaft ſeyn — ent
nehmen können. Hier würden ſich die Colonnen ohne Zweifel ſammeln, und
von hier aus vorwärts ſchieben wenn es zum Losſchlagen kommt — ob und
namentlich wann dieß geſchieht, wer kann das mit Zuverläſſigkeit vorher-
beſtimmen?
Nächſtens gebe ich Ihnen ein Bild der gegenwärtigen Gruppirung der
franzöſiſchen Streitkräfte in den belgiſchen und den deutſchen Gränzdeparte-
ments.
⋌ Aus dem Lager von Châlons, 10 Jun. Es hatte die ganze
Nacht vorher geregnet, und der Tag war grau und neblicht angebrochen, ſo-
mit wenig Ausſicht daß die auf 10 Uhr beſtimmte Feldmeſſe und Parade
ſtattfinden könne. Doch nach und nach heiterte ſich der Himmel etwas auf,
und die Meſſe wurde demzufolge nicht abgeſagt, ſondern nur auf 11½ Uhr
verſchoben. Langes Warten auf dem Paradeplatz iſt in der franzöſiſchen
Armee nicht eingeführt. Alles erſcheint knapp zur Stunde die beſtimmt iſt,
nicht ſpäter, aber auch kaum früher. Deßhalb geht es vor dem Ausrücken
um ſo lebhafter her. Das Antreiben der Unterofficiere, das Durcheinander-
wiehern der Pferde, die Zurufe der Leute, das alles gab namentlich dem Ca-
vallerielager ein ſehr belebtes Ausſehen; der eine oder der andere Hengſt, der beim
Satteln ſeinem ſorgloſen Reiter entkam und nun zu ſeinem Privatvergnügen
eine Jagdpartie allein oder mit einem andern Genoſſen dieſer zufälligen Frei-
heit in dem weiten Lagerraum anſtellte, macht das Bild vollſtändig. End-
lich waren die Infanteriebataillone raillirt, die Cavallerie aufgeſeſſen, die
Namen verleſen, und alles ſetzte ſich nach dem Pavillon de l’Empereur, vor
welchem das Capellenzelt aufgerichtet iſt, in Bewegung. Die Truppen ſtell-
ten ſich in folgender Art auf. In nächſter Nähe des Capellenzeltes, mit der
Front gegen deſſen Seiten, ſtanden einander gegenüber die zwei Reihen der
Fahnenträger mit den Adlern und die Sappeure der ausgerückten Regimenter.
In zweiter Reihe hinter den Fahnenträgern ſtand auf jeder Seite des Zeltes
eine Compagnie Genietruppen. Dem Zelte gegenüber, wo zunächſt der
Raum für den Marſchall Mac-Mahon und deſſen Gefolge gelaſſen war, zu-
erſt zwei Muſikbanden, welche während des Gottesdienſtes abwechſelnd zu
ſpielen hatten, dann ſämmtliche Tambours und Horniſten der Infanterieregi-
menter und der Jägerbataillone in erſter, die übrigen Muſikbanden in zwei-
ter Reihe. Das Gros der Truppen ſchloß in weitem Viereck das Capellen-
zelt von drei Seiten ein; und es waren gegenüber dem Altar die vier Regi-
menter Cavallerie in Regimentscolonnen, auf den beiden andern Seiten zwölf
Infanterieregimenter und drei Jägerbataillone in dreifach geſchloſſenen Ba-
taillonscolonnen aufmarſchirt. Der Marſchall Mac-Mahon und ſein Stab
erſchienen zu Fuß, und wohnten ſtehend der Meſſe bei. Nach der Meſſe
marſchirten der rechte und der linke Flügel der Aufftellung — die Infanterie
und die Jäger, wie auch die Geniecompagnien — ab; die Cavallerie mar-
ſchirte in Linie auf; der Marſchall und ſein Gefolge ſetzten ſich zu Pferd und
ritten die Linie ab; zum Schluß defilirten die Regimenter im Trab. Um
12½ Uhr war die Revue beendet. Am Abend iſt großes Feſtmahl beim Mar-
ſchall Mac-Mahon, zu welchem alle Commandanten geladen wurden.
Deutſchland.
≚ Wien, 7 Jun. Man erwartete das Erſcheinen der vielbeſprochenen
„Adelszeitung“ am 1 Juli um ſo ſicherer, als die Ankunft des Hauptredacteurs
derſelben, des bekannten Schriftſtellers Dr. Moriz Brühl aus Münſter, uns
ſchon vor Wochen angekündigt wurde, und die Protectoren des zu gründenden
Organs der Mehrzahl nach durch den Zuſammentritt des Reichsraths in
Wien zuſammengeführt worden ſind. Dr. Brühl iſt nun in der That hier einge-
troffen, das Zuſtandekommen der Zeitung ſoll ſich jedoch noch verzögern. Vorlän-
fig hört man daß jenes ſonderbare „Programm,“ welches durch alle Blätter
gelaufen iſt, keineswegs als Programm der Zeitung betrachtet werden dürfe;
dasſelbe ſoll nur ein erſter Entwurf geweſen ſeyn, auf Grundlage deſſen erſt eine
Verſtändigung unter den Standes- und Parteigenoſſen erzielt werden ſollte,
und auch erzielt worden zu ſeyn ſcheint. Die Zeitung ſelbſt wird wohl „ſtändiſche
Freiheit und Autonomie vertreten, ohne vorwiegend confeſſionelle Färbung, ſomit
die Anſichten der Majorität des jetzigen Reichsraths ausſprechen. Die Lage der
„Donauzeitung,“ welche ohnehin ſo ziemlich in der Luft ſchwebt, dürfte durch
das neue Organ noch mehr bedrängt werden, und man ſpricht auch ſchon von
dem Plan dieſelbe mit der „Oeſterreichiſchen Zeitung,“ welche über kurz oder
lang doch in andern Beſitz übergehen wird, zu vereinigen. „Die Gegenwart“
des Hrn. Chowanetz ſieht ſich durch die Großmuth eines Hrn. Breiter, Be-
ſitzers des „Volksfreundes,“ wieder in den Stand geſetzt zu erſcheinen. Dieſe
Großmuth erſcheint in Wahrheit ganz außerordentlich, wenn man bedenkt daß
beide Zeitungen Abendblätter, auf ganz dasſelbe, nicht große, Publicum an-
gewieſen ſind, und die „Gegenwart“ während ihrer kurzen Lebensdauer alle
Mittel verſuchte den concurrirenden „Volksfreund“ zu verdrängen und zu
discreditiren.
 Wien, 9 Jun. Von der Reiſe des Großweſirs durch die türkiſchen
Provinzen bebufs Inſpicirung der Zuſtände der dortigen chriſtlichen Bevöl-
kerung verſpricht man ſich in den maßgebenden Kreiſen keinen erwünſchten
Eifolg; aber ſo viel iſt gewonnen daß die orientaliſche Frage nicht wieder mit
allen ihren Uebeln im Gefolge zu Tage getreten iſt. Möglich hat es Ruß-
land auch nicht ſo ernſt gemeint, und nur die Abſicht gehegt ſich den Süd-
ſlaven, deren Aufregung in letzter Zeit merklich zugenommen hat, gefällig zu
bezeugen. Rußland hat noch dieles im Innern zu ſchaffen ehe es ſeine lange
gehegten Plane nach außen hin ins Werk wird ſetzen wollen. Allenfalls hat
die Türkei Zeit gewonnen, und bis dahin können ſich ihre Verhältniſſe ſowohl
im Innern als nach außen bedeutend gebeſſert haben. Man kann es als ein
Glück für den Weltfrieden bezeichnen daß Louis Napoleon mit der neapolita-
niſchen Frage vollauf beſchäftigt iſt; denn ſonſt hätten wir ganz zuverläſſig
eine andere Frage zur Löſung erhalten, die uns möglich näher angegangen
wäre. — Nach Berichten von der montenegriniſchen Gränze verhält ſich die
dortige Bevölkerung ſeit einiger Zeit ruhig, und ſcheint einem Wink aus dem
Norden und Weſten Folge zu leiſten. Auch hier liegt noch eine kleine Frage
unbeantwortet, auf deren Loſung ein kleiner Fürſt ſeit lange ungeduldig harrt.
Die Correſpondenz zwiſchen Cetinje, St. Petersburg und Paris war ſehr leb-
haft zur Zeit als der ruſſiſche Premier den bekannten Antrag wegen der chriſt-
lichen Unterthanen in der Türkei ſtellte, und hat ſeither bedeutend nachgelaſſen.
Fürſt Danilo iſt bei der einſtigen Löſung der türkiſchen Frage die adäquate
Rolle Garibaldi’s beſtimmt. Mit andern Worten, Danilo iſt der Garibaldi
der Türkei. Nicht umſonſt hat daher der Fürſt von Montenegro unlängſt das
Porträt des vielgenannten Revolutionsgenerals ſich verſchrieben, um dasſelbe
in ſeinem Cabinet aufzuhängen. &Sr;imile simili gaudet. — Während des jüng-
ſten italieniſchen Kriegs fühlte man beſonders die Ueberlegenheit des franzö-
ſiſchen Soldaten im Einzelkampf. Dieſer Umſtand wird von Fachmännern
hauptſächlich den gymnaſtiſchen Uebungen zugeſchreiben die bei der franzö-
ſiſchen Armee ſeit lange beſtehen. Man geht nun in den maßgebenden Kreiſen
ernſtlich mit dem Gedanken um die Gymnaſtik beim k. k. Militär einzuführen.
Das Turnen ſoll bei den Truppenerercitien nächſtens ins Leben treten. Auch
die öffentlichen Civilturnanſtalten werden einer militäriſchen Inſpicirung
unterzogen werden, um wo möglich die betreffenden Zöglinge auch für den
Soldatenſtand vorbereitend heranzubilden.
△ Wien, 9 Jun. Von dem Geſichtspunkt ausgehend daß die
zum großen Theil mit ausländiſchen Capitalien gebauten jungen Bahnen
den ausländiſchen Actionären auch die größmögliche Erleichterung bieten
müſſen, hat Frh. v. Bruck den Eiſenbahngründern die Conceſſion gemacht
bei ihren Eiſenbezügen aus dem Ausland nur den halben Eingangszoll zahlen
zu dürfen. Dieſe Erleichterung iſt ſo weſentlicher Natur, daß die bis zum
Jahr 1853 durch das Prohibitivſyſtem genügend geſchützten heimiſchen In-
duſtriellen ſeitdem gezwungen wurden einen Theil ihrer Arbeiter zu entlaſſen,
weil ſie mit dem engliſchen Eiſen nicht concurriren konnten, und den Verfall
ihrer Etabliſſements in naher Zukunft erblickten, wenn die Zollbegünſtigun-
gen der „Gründer“ nicht aufgehoben werden. Wie viel an dieſen Klagen
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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