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Allgemeine Zeitung, Nr. 165, 13. Juni 1860.

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Mittwoch
Beilage zu Nr. 165 der Allg. Zeitung.
13 Junius 1860.


[Spaltenumbruch]
Uebersicht.
Die Gräfin Dora d'Istria über die Frauen im Orient. (I. Schluß.)
Italien. (Florenz: Officielle Unterstützung Siciliens. Die Mazzinisten.
Siena: Städtische Zustände. Turin: Furcht vor Oesterreich. Neapels Heer.
Broschüre: "Die Revolution und die Excommunication. Ein Artikel der
Unita Italiana.)
Neueste Posten. München. (Prinzessin Luitpold noch nicht ab-
gereist. Peterspfennig aus Münster. Knabenseminar. Marchese Ceva.)
-- Kassel. (Verwahrung gegen die neue Verfassung.) -- Berlin. (Die
Zusammenkunft des Prinz-Regenten mit Louis Napoleon. Tagesbericht.) --
Wien. (Vereinigung der geologischen Reichsanstalt mit der Akademie der
Wissenschaften. Tagesbericht.) -- Madrid. (Aus den Cortes.) -- Paris.
(Inhalt der Tagesblätter.) -- Straßburg. (Zur Zusammkunft in Baden.)
-- Palermo. (Tagesbericht.) -- Turin. (Eine Berichtigung.) -- Kopen-
hagen.
(Die Reise des Königs von Schweden.) -- Handels- und
Börsennachrichten.
(London: Handelsübersicht der Woche.)
Türkei. (Pera: Die Reise des Großwesirs. Die Lage der Christen.
Das Ministerium.) -- Ostindien. (Eine Erörterung über den Wilson'schen
Finanzplan. Gerüchte von bedenklichen Bewegungen unter den Eingeborenen.
Die Wu[unleserliches Material - Zeichen fehlt]s. Die Cholera.)


Telegraphische Berichte.

Oesterr. 5proc. National-Anleihe 58 5/8 ;
5proc. Metall. 511/2; Bankactien 763; Lotterie-Anlehensloose von 1854 74 P.; von
1858 941/2; von 1860 723/4; Ludwigshafen-Berbacher E.-B.-A. 124; bayer.
Ostbahn-Actien 1011/4 P.; voll eingezahlt 1011/2; österr. Credit-Mobilier-Actien 168.
Wechselcurse: Paris 93; London 1163/4; Wien 88 5/8 bez.

Oesterr. 5proc. National-Anleihe 79.70; 5proc. Metall.
69.70; Lotterie-Anleh. von 1854 99.50; von 1858 106; von 1860 95.75; Bank-
actien 862; österr. Credit-Mobilieractien 187; Donaudampfschifffahrtsactien 438;
Staatsbahnactien 267.50; Nordbahnactien 187.10. Wechselcurse: Augsburg 3 M.
111.75; London 130.50.

Weitere Depeschen s. Neueste Posten.


Die Gräfin Dora d'Istria über die Frauen im Orient.

Les femmes en Orient, par Madame la Comtesse Dora d'Istria, 2 vol.,
pag. VII. 1008. Zürich 1860.
I.

(Beschluß.)

++ Mit dem intensiven Studium der altgriechischen Classiker hat die erlauchte
Gräfin auch die Begeisterung für den hochadeligen Stammbaum der Neu-
Hellenen eingesogen, und in unzähligen Stellen ihres Buches mit einer Andacht
und Entschiedenheit zur Geltung gebracht die man respectiren muß. Man
kann wohl begreifen daß die in Europa aufgestellten Ansichten über das grie-
chische Mittelalter bei der hochgeborenen Enthusiastin sich keines wesentlichen
Credits zu erfreuen haben. Doch fällt die Mißbilligung und das verdam-
mende Urtheil der strengen Gräfin nicht auf diese Thesen allein herab, das
Unglück trifft, zwar nicht ganz aus demselben Grunde, halb Europa, über
welches von der unerbittlichen Zelotin des lateinischen Bekenntnisses wegen
ohne Barmherzigkeit der Stab gebrochen wird. Denn die geistvolle Tochter
von Parga ist strengorthodoxe Anhängerin der anatolischen Kirche, und ihr
neuestes Werk ist, wenn man die Sache beim Namen nennen soll, eine fort-
laufende Philippika gegen den lateinischen Katholicismus im allgemeinen, und
gegen den Pontifex von Rom und gegen den "apostolischen Cäsar von Wien"
insbesondere.*) Vorzüglich scharf nimmt die edle Gräfin in ihrem ortho-
doxen Grimm die Jesuiten, die apostolischen Missionäre, und die heilige,
Mohammeds grüne Farbe tragende Inquisition aufs Korn. Gewiß wird
sich die edle Gräfin im Herzen freuen, wenn man den Geist und den Grund-
gedanken ihrer Schrift herauszufinden und in das rechte Licht zu stellen weiß.
Denn diese hochgeborene Dame ist mit allen anatolischen Glaubensgenossen
auf das innigste überzeugt daß die Grundlage humaner Bildung und die
wahre Quelle der politischen Glückseligkeit nur in der orthodoxen Kirche des
Orients zu finden sey. Im Papst dagegen und im "apostolischen Cäsar von
Wien" erkennt die erlauchte Dame einen Bund übelwollender Geister um die
Freiheit, die Tugend und den Fortschritt in der ganzen Welt zu erdrücken und
auszutilgen. Um das Project dieses Dunmvirats ganz durchzuführen fehle
nur noch daß der Czar von Rußland den Zudringlichkeiten der römischen
Propaganda erliege, und römisch-katholisch werde. Die reformirten Staaten
[Spaltenumbruch] würden nach der Romanistrung Rußlands um so leichter unterliegen, als die
protestantischen Fürsten die heilige Sache der religiösen Freiheit ohnehin nur
lau vertheidigen, und mehrere dieser protestantischen Machthaber sich sogar nach
dem Absolutismus zurücksehnen, welchem das Papstthum überall wo es herrscht
den Triumph bereitet. Nach der Meinung der edlen Gräfin liegt es aber in
der Oekonomie der Weltordnung daß diese gräßliche Apostasie des rechtgläu-
bigen Autokraten der Moskowiter auf einige Zeit unmöglich sey. Wenn also
heute noch christliche Tugend, bürgerliche Freiheit und sittlicher Fortschritt in
der Welt existirt, so verdanke man es nur den orthodoxen Russen und der
Standhaftigkeit mit welcher der fromme Czar den Verführungskünsten der
römischen Kirche und ihrer Jesuiten widerstehe. Was das pontificale Rom
für die Humanisirung des barbarischen Occidents geschaffen und geleistet hat,
scheint unsere edle Feindin ganz zu ignoriren. Wie hätte sie sonst Islam und
Papstthum für natürliche Alliirte und für die beiden "unversöhnlichsten"
Feinde aller geistigen Güter erklären können, die das irdische Daseyn ver-
schönern und erträglich machen? (Buch II, S. 43). Offenbar liegt der
orthodoxen Verfasserin die Antwort des Pontifex an die hülfeflehen-
den Insurgenten Griechenlands noch tief im Sinn. Nur in dieser
Voraussetzung konnte sie die abenteuerliche Thesis aufstellen: das was
man in Europa Katholicismus nenne, sey im Grunde nichts anderes als jener
christliche Islam den einst die grausame Isabelle von Spanien in ihren besondern
Schutz genommen hat (I, S. 84, Note 4). Mekka und Rom haben in der erhitzten
Vorstellung der erlauchten Gräfin die gleichen politischen Tendenzen, und weil
dieser Satz in ihrer Adoptivheimath, im katholischen Frankreich, mißfallen
könnte, fügt sie bei: La France est philosophe, et non pas catholique (I,
S. 274). Nebenher ist die Heldin des Byzantinismus doch billig genug ein-
zugestehen daß auch bei den orthodoxen Gräco-Slaven noch nicht alles tadel-
los und vollendet sey. Unter anderm hätten diese Völker das Unglück überall
nur das Ganze zu fördern, das Individuum aber für nichts zu achten. Allein
unter allen christlichen Kirchen, meint sie, sey die römische am wenigsten fähig
diesen fatalen Hang zu bekämpfen und nach und nach zu ersticken, weil die
römische Kirche selber das "Selfgovernment" mit souveräuer Verachtung be-
handle. Weit entfernt die Natur der ihr unterworfenen Völker zu verbessern
und zu veredeln, sey diese Kirche unermüdlich bestrebt die Fehler dieser Völker
incurabel zu machen (I, S. 237) -- eine Behauptung die wahrscheinlich nicht
jedermann begreifen wird. *) Den meisten Lesern wahrscheinlich neu und un-
erwartet ist sicher die Anklage daß durch "die Intriguen und durch die Hab-
sucht" der mit römischen Ideen getränkten ausländischen Königinnen Polen
zu Grunde gegangen sey, -- daß die inquisitor sche Grausamkeit und die Com-
plotte der römischen Missionäre an der bis heute dauernden islamitischen
Knechtschaft Bosniens Schuld seyen, -- ferner daß Albanien durch römisch-
angezettelte Parteiwuth allmählich veröde, und daß selbst der Ruin Italiens
auf Rechnung der römischen Kirche und ihrer Priester zu stellen sey.

Wie der Leser sieht, hat die erlauchte Gräfin mit besonderer Nachhaltig-
keit die katholischen Mönche aller Farben auf dem Strich. Aus Bosnien
z. B. läßt die strenge Verfasserin die römischen Mönche wie "des ignobles
vautours"
vor den Janitscharen Mohammeds II. die Flucht ergreifen
(I, S. 212).

Die Unthaten der polnischen Jesuiten beim Versuch die orthodoxen Ko-
saken für die römische Kirche zu gewinnen (II, S. 230), sind mit so viel Ernst
gruppirt, daß man sich mit Abscheu von diesen Scenen wegwenden müßte,
wenn im Lande der orthodoxen Anatoliker mehr christliche Duldung und
weniger Blut und Barbarei zu entdecken wäre. Die Jahrbücher des recht-
gläubigen Byzanz sind aber voll von kirchlichen Gräuelscenen jeder Art, die
mit dem ärgsten was hierin geleistet wurde wohl sich messen können. Oder
hat etwa nicht die orthodoxe Kirche von Byzanz dem Mitregenten Michae[l]
des Trunkenboldes -- dem slavischen Bauernjungen Basilius -- die Ermor-
dung seines Herrn und Wohlthäters verziehen, und ihm die Kaiserkrone unter
der Bedingung aufgesetzt daß er die im nordöstlichen Theil Kleinasiens um-
sichgreifenden Reformationsideen niederschlage und vertilge? Der kirchlich
absolvirte Kaisermörder hat sein Gelöbniß so gründlich erfüllt daß in kurzer
Zeit über hunderttausend Reformirte ohne Unterschied des Geschlechts und
des Alters durch Schwert, Galgen, Feuer und Pfahl ausgerottet wurden.

*) Ost versteigt sich der fanatische Grimm so weit, daß er einer Ironie gleich
sieht, wie das "Ausland" neulich bemerkte. A. d. R.
*) Man vergleiche doch die heutigen Völker des protestantischen und katholischen Europa
und Amerika mit den Russen und dem übrigen Völkergewimmel des griechischen
Glaubensbekenntnisses. Man vergleiche, um von Tausenden nur eines an-
zuführen, Arndts Wanderungen mit Frhrn. v. Stein, um von der Civilisation
der russischer Herrschaft unterworfenen slavischen Stämme einen Begriff zu be-
kommen. Doch wir brauchen nicht auf Arndt, Gagern etc. zu verweisen, nur
auf den zweiten Theil der Gräfin Dora d'Istria selbst, worin sie die Glück-
seligkeit in Rußland zu leben auseinandersetzt. Und jetzt eben auf das Wert
des Fürsten Dolgorukow. R. d. A. Z.
Mittwoch
Beilage zu Nr. 165 der Allg. Zeitung.
13 Junius 1860.


[Spaltenumbruch]
Ueberſicht.
Die Gräfin Dora d’Iſtria über die Frauen im Orient. (I. Schluß.)
Italien. (Florenz: Officielle Unterſtützung Siciliens. Die Mazziniſten.
Siena: Städtiſche Zuſtände. Turin: Furcht vor Oeſterreich. Neapels Heer.
Broſchüre: „Die Revolution und die Excommunication. Ein Artikel der
Unità Italiana.)
Neueſte Poſten. München. (Prinzeſſin Luitpold noch nicht ab-
gereist. Peterspfennig aus Münſter. Knabenſeminar. Marcheſe Ceva.)
Kaſſel. (Verwahrung gegen die neue Verfaſſung.) — Berlin. (Die
Zuſammenkunft des Prinz-Regenten mit Louis Napoleon. Tagesbericht.) —
Wien. (Vereinigung der geologiſchen Reichsanſtalt mit der Akademie der
Wiſſenſchaften. Tagesbericht.) — Madrid. (Aus den Cortes.) — Paris.
(Inhalt der Tagesblätter.) — Straßburg. (Zur Zuſammkunft in Baden.)
Palermo. (Tagesbericht.) — Turin. (Eine Berichtigung.) — Kopen-
hagen.
(Die Reiſe des Königs von Schweden.) — Handels- und
Börſennachrichten.
(London: Handelsüberſicht der Woche.)
Türkei. (Pera: Die Reiſe des Großweſirs. Die Lage der Chriſten.
Das Miniſterium.) — Oſtindien. (Eine Erörterung über den Wilſon’ſchen
Finanzplan. Gerüchte von bedenklichen Bewegungen unter den Eingeborenen.
Die Wu[unleserliches Material – Zeichen fehlt]s. Die Cholera.)


Telegraphiſche Berichte.

Oeſterr. 5proc. National-Anleihe 58⅝;
5proc. Metall. 51½; Bankactien 763; Lotterie-Anlehenslooſe von 1854 74 P.; von
1858 94½; von 1860 72¾; Ludwigshafen-Berbacher E.-B.-A. 124; bayer.
Oſtbahn-Actien 101¼ P.; voll eingezahlt 101½; öſterr. Credit-Mobilier-Actien 168.
Wechſelcurſe: Paris 93; London 116¾; Wien 88⅝ bez.

Oeſterr. 5proc. National-Anleihe 79.70; 5proc. Metall.
69.70; Lotterie-Anleh. von 1854 99.50; von 1858 106; von 1860 95.75; Bank-
actien 862; öſterr. Credit-Mobilieractien 187; Donaudampfſchifffahrtsactien 438;
Staatsbahnactien 267.50; Nordbahnactien 187.10. Wechſelcurſe: Augsburg 3 M.
111.75; London 130.50.

Weitere Depeſchen ſ. Neueſte Poſten.


Die Gräfin Dora d’Iſtria über die Frauen im Orient.

Les femmes en Orient, par Madame la Comtesse Dora d’Istria, 2 vol.,
pag. VII. 1008. Zürich 1860.
I.

(Beſchluß.)

‡ Mit dem intenſiven Studium der altgriechiſchen Claſſiker hat die erlauchte
Gräfin auch die Begeiſterung für den hochadeligen Stammbaum der Neu-
Hellenen eingeſogen, und in unzähligen Stellen ihres Buches mit einer Andacht
und Entſchiedenheit zur Geltung gebracht die man reſpectiren muß. Man
kann wohl begreifen daß die in Europa aufgeſtellten Anſichten über das grie-
chiſche Mittelalter bei der hochgeborenen Enthuſiaſtin ſich keines weſentlichen
Credits zu erfreuen haben. Doch fällt die Mißbilligung und das verdam-
mende Urtheil der ſtrengen Gräfin nicht auf dieſe Theſen allein herab, das
Unglück trifft, zwar nicht ganz aus demſelben Grunde, halb Europa, über
welches von der unerbittlichen Zelotin des lateiniſchen Bekenntniſſes wegen
ohne Barmherzigkeit der Stab gebrochen wird. Denn die geiſtvolle Tochter
von Parga iſt ſtrengorthodoxe Anhängerin der anatoliſchen Kirche, und ihr
neueſtes Werk iſt, wenn man die Sache beim Namen nennen ſoll, eine fort-
laufende Philippika gegen den lateiniſchen Katholicismus im allgemeinen, und
gegen den Pontifex von Rom und gegen den „apoſtoliſchen Cäſar von Wien“
insbeſondere.*) Vorzüglich ſcharf nimmt die edle Gräfin in ihrem ortho-
doxen Grimm die Jeſuiten, die apoſtoliſchen Miſſionäre, und die heilige,
Mohammeds grüne Farbe tragende Inquiſition aufs Korn. Gewiß wird
ſich die edle Gräfin im Herzen freuen, wenn man den Geiſt und den Grund-
gedanken ihrer Schrift herauszufinden und in das rechte Licht zu ſtellen weiß.
Denn dieſe hochgeborene Dame iſt mit allen anatoliſchen Glaubensgenoſſen
auf das innigſte überzeugt daß die Grundlage humaner Bildung und die
wahre Quelle der politiſchen Glückſeligkeit nur in der orthodoxen Kirche des
Orients zu finden ſey. Im Papſt dagegen und im „apoſtoliſchen Cäſar von
Wien“ erkennt die erlauchte Dame einen Bund übelwollender Geiſter um die
Freiheit, die Tugend und den Fortſchritt in der ganzen Welt zu erdrücken und
auszutilgen. Um das Project dieſes Dunmvirats ganz durchzuführen fehle
nur noch daß der Czar von Rußland den Zudringlichkeiten der römiſchen
Propaganda erliege, und römiſch-katholiſch werde. Die reformirten Staaten
[Spaltenumbruch] würden nach der Romaniſtrung Rußlands um ſo leichter unterliegen, als die
proteſtantiſchen Fürſten die heilige Sache der religiöſen Freiheit ohnehin nur
lau vertheidigen, und mehrere dieſer proteſtantiſchen Machthaber ſich ſogar nach
dem Abſolutismus zurückſehnen, welchem das Papſtthum überall wo es herrſcht
den Triumph bereitet. Nach der Meinung der edlen Gräfin liegt es aber in
der Oekonomie der Weltordnung daß dieſe gräßliche Apoſtaſie des rechtgläu-
bigen Autokraten der Moskowiter auf einige Zeit unmöglich ſey. Wenn alſo
heute noch chriſtliche Tugend, bürgerliche Freiheit und ſittlicher Fortſchritt in
der Welt exiſtirt, ſo verdanke man es nur den orthodoxen Ruſſen und der
Standhaftigkeit mit welcher der fromme Czar den Verführungskünſten der
römiſchen Kirche und ihrer Jeſuiten widerſtehe. Was das pontificale Rom
für die Humaniſirung des barbariſchen Occidents geſchaffen und geleiſtet hat,
ſcheint unſere edle Feindin ganz zu ignoriren. Wie hätte ſie ſonſt Islam und
Papſtthum für natürliche Alliirte und für die beiden „unverſöhnlichſten“
Feinde aller geiſtigen Güter erklären können, die das irdiſche Daſeyn ver-
ſchönern und erträglich machen? (Buch II, S. 43). Offenbar liegt der
orthodoxen Verfaſſerin die Antwort des Pontifex an die hülfeflehen-
den Inſurgenten Griechenlands noch tief im Sinn. Nur in dieſer
Vorausſetzung konnte ſie die abenteuerliche Theſis aufſtellen: das was
man in Europa Katholicismus nenne, ſey im Grunde nichts anderes als jener
chriſtliche Islam den einſt die grauſame Iſabelle von Spanien in ihren beſondern
Schutz genommen hat (I, S. 84, Note 4). Mekka und Rom haben in der erhitzten
Vorſtellung der erlauchten Gräfin die gleichen politiſchen Tendenzen, und weil
dieſer Satz in ihrer Adoptivheimath, im katholiſchen Frankreich, mißfallen
könnte, fügt ſie bei: La France est philosophe, et non pas catholique (I,
S. 274). Nebenher iſt die Heldin des Byzantinismus doch billig genug ein-
zugeſtehen daß auch bei den orthodoxen Gräco-Slaven noch nicht alles tadel-
los und vollendet ſey. Unter anderm hätten dieſe Völker das Unglück überall
nur das Ganze zu fördern, das Individuum aber für nichts zu achten. Allein
unter allen chriſtlichen Kirchen, meint ſie, ſey die römiſche am wenigſten fähig
dieſen fatalen Hang zu bekämpfen und nach und nach zu erſticken, weil die
römiſche Kirche ſelber das „Selfgovernment“ mit ſouveräuer Verachtung be-
handle. Weit entfernt die Natur der ihr unterworfenen Völker zu verbeſſern
und zu veredeln, ſey dieſe Kirche unermüdlich beſtrebt die Fehler dieſer Völker
incurabel zu machen (I, S. 237) — eine Behauptung die wahrſcheinlich nicht
jedermann begreifen wird. *) Den meiſten Leſern wahrſcheinlich neu und un-
erwartet iſt ſicher die Anklage daß durch „die Intriguen und durch die Hab-
ſucht“ der mit römiſchen Ideen getränkten ausländiſchen Königinnen Polen
zu Grunde gegangen ſey, — daß die inquiſitor ſche Grauſamkeit und die Com-
plotte der römiſchen Miſſionäre an der bis heute dauernden islamitiſchen
Knechtſchaft Bosniens Schuld ſeyen, — ferner daß Albanien durch römiſch-
angezettelte Parteiwuth allmählich veröde, und daß ſelbſt der Ruin Italiens
auf Rechnung der römiſchen Kirche und ihrer Prieſter zu ſtellen ſey.

Wie der Leſer ſieht, hat die erlauchte Gräfin mit beſonderer Nachhaltig-
keit die katholiſchen Mönche aller Farben auf dem Strich. Aus Bosnien
z. B. läßt die ſtrenge Verfaſſerin die römiſchen Mönche wie „des ignobles
vautours“
vor den Janitſcharen Mohammeds II. die Flucht ergreifen
(I, S. 212).

Die Unthaten der polniſchen Jeſuiten beim Verſuch die orthodoxen Ko-
ſaken für die römiſche Kirche zu gewinnen (II, S. 230), ſind mit ſo viel Ernſt
gruppirt, daß man ſich mit Abſcheu von dieſen Scenen wegwenden müßte,
wenn im Lande der orthodoxen Anatoliker mehr chriſtliche Duldung und
weniger Blut und Barbarei zu entdecken wäre. Die Jahrbücher des recht-
gläubigen Byzanz ſind aber voll von kirchlichen Gräuelſcenen jeder Art, die
mit dem ärgſten was hierin geleiſtet wurde wohl ſich meſſen können. Oder
hat etwa nicht die orthodoxe Kirche von Byzanz dem Mitregenten Michae[l]
des Trunkenboldes — dem ſlaviſchen Bauernjungen Baſilius — die Ermor-
dung ſeines Herrn und Wohlthäters verziehen, und ihm die Kaiſerkrone unter
der Bedingung aufgeſetzt daß er die im nordöſtlichen Theil Kleinaſiens um-
ſichgreifenden Reformationsideen niederſchlage und vertilge? Der kirchlich
abſolvirte Kaiſermörder hat ſein Gelöbniß ſo gründlich erfüllt daß in kurzer
Zeit über hunderttauſend Reformirte ohne Unterſchied des Geſchlechts und
des Alters durch Schwert, Galgen, Feuer und Pfahl ausgerottet wurden.

*) Oſt verſteigt ſich der fanatiſche Grimm ſo weit, daß er einer Ironie gleich
ſieht, wie das „Ausland“ neulich bemerkte. A. d. R.
*) Man vergleiche doch die heutigen Völker des proteſtantiſchen und katholiſchen Europa
und Amerika mit den Ruſſen und dem übrigen Völkergewimmel des griechiſchen
Glaubensbekenntniſſes. Man vergleiche, um von Tauſenden nur eines an-
zuführen, Arndts Wanderungen mit Frhrn. v. Stein, um von der Civiliſation
der ruſſiſcher Herrſchaft unterworfenen ſlaviſchen Stämme einen Begriff zu be-
kommen. Doch wir brauchen nicht auf Arndt, Gagern ꝛc. zu verweiſen, nur
auf den zweiten Theil der Gräfin Dora d’Iſtria ſelbſt, worin ſie die Glück-
ſeligkeit in Rußland zu leben auseinanderſetzt. Und jetzt eben auf das Wert
des Fürſten Dolgorukow. R. d. A. Z.
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[0009] Mittwoch Beilage zu Nr. 165 der Allg. Zeitung. 13 Junius 1860. Ueberſicht. Die Gräfin Dora d’Iſtria über die Frauen im Orient. (I. Schluß.) Italien. (Florenz: Officielle Unterſtützung Siciliens. Die Mazziniſten. Siena: Städtiſche Zuſtände. Turin: Furcht vor Oeſterreich. Neapels Heer. Broſchüre: „Die Revolution und die Excommunication. Ein Artikel der Unità Italiana.) Neueſte Poſten. München. (Prinzeſſin Luitpold noch nicht ab- gereist. Peterspfennig aus Münſter. Knabenſeminar. Marcheſe Ceva.) — Kaſſel. (Verwahrung gegen die neue Verfaſſung.) — Berlin. (Die Zuſammenkunft des Prinz-Regenten mit Louis Napoleon. Tagesbericht.) — Wien. (Vereinigung der geologiſchen Reichsanſtalt mit der Akademie der Wiſſenſchaften. Tagesbericht.) — Madrid. (Aus den Cortes.) — Paris. (Inhalt der Tagesblätter.) — Straßburg. (Zur Zuſammkunft in Baden.) — Palermo. (Tagesbericht.) — Turin. (Eine Berichtigung.) — Kopen- hagen. (Die Reiſe des Königs von Schweden.) — Handels- und Börſennachrichten. (London: Handelsüberſicht der Woche.) Türkei. (Pera: Die Reiſe des Großweſirs. Die Lage der Chriſten. Das Miniſterium.) — Oſtindien. (Eine Erörterung über den Wilſon’ſchen Finanzplan. Gerüchte von bedenklichen Bewegungen unter den Eingeborenen. Die Wu_ s. Die Cholera.) Telegraphiſche Berichte. • Frankfurt a. M., 12 Jun. Oeſterr. 5proc. National-Anleihe 58⅝; 5proc. Metall. 51½; Bankactien 763; Lotterie-Anlehenslooſe von 1854 74 P.; von 1858 94½; von 1860 72¾; Ludwigshafen-Berbacher E.-B.-A. 124; bayer. Oſtbahn-Actien 101¼ P.; voll eingezahlt 101½; öſterr. Credit-Mobilier-Actien 168. Wechſelcurſe: Paris 93; London 116¾; Wien 88⅝ bez. * Wien, 12 Jun. Oeſterr. 5proc. National-Anleihe 79.70; 5proc. Metall. 69.70; Lotterie-Anleh. von 1854 99.50; von 1858 106; von 1860 95.75; Bank- actien 862; öſterr. Credit-Mobilieractien 187; Donaudampfſchifffahrtsactien 438; Staatsbahnactien 267.50; Nordbahnactien 187.10. Wechſelcurſe: Augsburg 3 M. 111.75; London 130.50. Weitere Depeſchen ſ. Neueſte Poſten. Die Gräfin Dora d’Iſtria über die Frauen im Orient. Les femmes en Orient, par Madame la Comtesse Dora d’Istria, 2 vol., pag. VII. 1008. Zürich 1860. I. (Beſchluß.) ‡ Mit dem intenſiven Studium der altgriechiſchen Claſſiker hat die erlauchte Gräfin auch die Begeiſterung für den hochadeligen Stammbaum der Neu- Hellenen eingeſogen, und in unzähligen Stellen ihres Buches mit einer Andacht und Entſchiedenheit zur Geltung gebracht die man reſpectiren muß. Man kann wohl begreifen daß die in Europa aufgeſtellten Anſichten über das grie- chiſche Mittelalter bei der hochgeborenen Enthuſiaſtin ſich keines weſentlichen Credits zu erfreuen haben. Doch fällt die Mißbilligung und das verdam- mende Urtheil der ſtrengen Gräfin nicht auf dieſe Theſen allein herab, das Unglück trifft, zwar nicht ganz aus demſelben Grunde, halb Europa, über welches von der unerbittlichen Zelotin des lateiniſchen Bekenntniſſes wegen ohne Barmherzigkeit der Stab gebrochen wird. Denn die geiſtvolle Tochter von Parga iſt ſtrengorthodoxe Anhängerin der anatoliſchen Kirche, und ihr neueſtes Werk iſt, wenn man die Sache beim Namen nennen ſoll, eine fort- laufende Philippika gegen den lateiniſchen Katholicismus im allgemeinen, und gegen den Pontifex von Rom und gegen den „apoſtoliſchen Cäſar von Wien“ insbeſondere. *) Vorzüglich ſcharf nimmt die edle Gräfin in ihrem ortho- doxen Grimm die Jeſuiten, die apoſtoliſchen Miſſionäre, und die heilige, Mohammeds grüne Farbe tragende Inquiſition aufs Korn. Gewiß wird ſich die edle Gräfin im Herzen freuen, wenn man den Geiſt und den Grund- gedanken ihrer Schrift herauszufinden und in das rechte Licht zu ſtellen weiß. Denn dieſe hochgeborene Dame iſt mit allen anatoliſchen Glaubensgenoſſen auf das innigſte überzeugt daß die Grundlage humaner Bildung und die wahre Quelle der politiſchen Glückſeligkeit nur in der orthodoxen Kirche des Orients zu finden ſey. 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Nur in dieſer Vorausſetzung konnte ſie die abenteuerliche Theſis aufſtellen: das was man in Europa Katholicismus nenne, ſey im Grunde nichts anderes als jener chriſtliche Islam den einſt die grauſame Iſabelle von Spanien in ihren beſondern Schutz genommen hat (I, S. 84, Note 4). Mekka und Rom haben in der erhitzten Vorſtellung der erlauchten Gräfin die gleichen politiſchen Tendenzen, und weil dieſer Satz in ihrer Adoptivheimath, im katholiſchen Frankreich, mißfallen könnte, fügt ſie bei: La France est philosophe, et non pas catholique (I, S. 274). Nebenher iſt die Heldin des Byzantinismus doch billig genug ein- zugeſtehen daß auch bei den orthodoxen Gräco-Slaven noch nicht alles tadel- los und vollendet ſey. Unter anderm hätten dieſe Völker das Unglück überall nur das Ganze zu fördern, das Individuum aber für nichts zu achten. Allein unter allen chriſtlichen Kirchen, meint ſie, ſey die römiſche am wenigſten fähig dieſen fatalen Hang zu bekämpfen und nach und nach zu erſticken, weil die römiſche Kirche ſelber das „Selfgovernment“ mit ſouveräuer Verachtung be- handle. Weit entfernt die Natur der ihr unterworfenen Völker zu verbeſſern und zu veredeln, ſey dieſe Kirche unermüdlich beſtrebt die Fehler dieſer Völker incurabel zu machen (I, S. 237) — eine Behauptung die wahrſcheinlich nicht jedermann begreifen wird. *) Den meiſten Leſern wahrſcheinlich neu und un- erwartet iſt ſicher die Anklage daß durch „die Intriguen und durch die Hab- ſucht“ der mit römiſchen Ideen getränkten ausländiſchen Königinnen Polen zu Grunde gegangen ſey, — daß die inquiſitor ſche Grauſamkeit und die Com- plotte der römiſchen Miſſionäre an der bis heute dauernden islamitiſchen Knechtſchaft Bosniens Schuld ſeyen, — ferner daß Albanien durch römiſch- angezettelte Parteiwuth allmählich veröde, und daß ſelbſt der Ruin Italiens auf Rechnung der römiſchen Kirche und ihrer Prieſter zu ſtellen ſey. Wie der Leſer ſieht, hat die erlauchte Gräfin mit beſonderer Nachhaltig- keit die katholiſchen Mönche aller Farben auf dem Strich. Aus Bosnien z. 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Stein, um von der Civiliſation der ruſſiſcher Herrſchaft unterworfenen ſlaviſchen Stämme einen Begriff zu be- kommen. Doch wir brauchen nicht auf Arndt, Gagern ꝛc. zu verweiſen, nur auf den zweiten Theil der Gräfin Dora d’Iſtria ſelbſt, worin ſie die Glück- ſeligkeit in Rußland zu leben auseinanderſetzt. Und jetzt eben auf das Wert des Fürſten Dolgorukow. R. d. A. Z.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 165, 13. Juni 1860, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine165_1860/9>, abgerufen am 21.11.2024.