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Allgemeine Zeitung, Nr. 158, 6. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] welchem man hier die Broschüre La Hongrie et la Crise europeenne von
Hrn. Horn losläßt, welche die Patrie aufs wärmste empfiehlt. Die Haltung
Rußlands zu Oesterreich ist fortwährend der Art daß das Dreikaiserbündniß
zu den Unmöglichkeiten gehört. Davon kann sich jeder überzeugen der Gele-
genheit hat hierüber einen russischen Diplomaten oder Russen aus den höhern
Ständen zu vernehmen. Die russische Allianz wird in Paris zur Schau ge-
stellt, auch an Artigkeiten gegen Oesterreich läßt man es nicht fehlen; aber
ein Einvernehmen mit ihm wird an maßgebender Stelle und durch eine Reihe
von Thatsachen dementirt. Sie werden bemerkt haben daß die Opinion
nationale, Siecle
und le Monde bereits den ersten Schmerzensschrei
aus Posen zur Kenntniß der mitfühlenden Franzosen bringen. Es wird bald
noch anderes nachkommen. Die Nachricht von einer bevorstehenden Zusam-
menkunft des Prinz-Regenten von Preußen mit dem König von Bayern, und
das Anerbieten eines deutschen Londoner Hauses Deutschland mit Armstrong-
kanonen billig und prompt zu bedienen, verursachen einigen Rumor. Alle
Regierungsorgane versichern Graf Cavour wandle mit größerer Pünktlichkeit
als je die Wege der kaiserlichen Politik, welcher er mit Leib und Seele zugethan ist.
Die auf sechs Monate beurlaubten Matrosen werden einberufen, was zu der Frie-
densnote im Moniteur wie die Faust aufs Auge paßt. -- Die Handelskam-
mern der Hafenstädte haben ein Gutachten abgegeben welches sich gegen die Auf-
hebung der Differentialschifffahrtsabgaben, also gegen den von England ge-
wünschten Schifffahrtsvertrag ausspricht. Die Regierung wird sich an das Gut-
achten halten, da sie ohnehin mit der Zollreform vollauf beschäftigt ist. Ein noch
nie vorhanden gewesenes Preßvergehen ist erfunden worden. Aus Anlaß der
Broschüre "Die alten Parteien" wird Graf d'Haussonville als Mitschuldiger
des Verfassers, Hrn. Prevost Paradol, und des Druckers verfolgt, weil er sich
bei letzterm verbürgt hat ihn für eine etwaige Geldstrafe schadlos zu halten. --
Ein anständiger Demokrat hat Hrn. Gueroult, den gemäßigten Tambour
major der Opinion nationale, schriftlich darüber interpellirt daß er als angeb-
licher Demokrat die Freiheit und die Discussion denunciirt, und die Gewalt
anbetet. Hr. Gueroult kann es sich selbst nicht länger mehr verhehlen was
man allgemein von ihm denkt und spricht. Sehr verlegen entgegnet er: wenn
ich einen Mann finde welcher, wie Columbus und Galilei, allein gegen die
ganze Welt Recht hat, so unterwerfe ich mich ihm. Diejenigen welche dieß
mißbilligen, mögen mir immerhin den Rücken kehren.

Belgien.

Wie man mir mittheilt gedenkt die Regierung,
fobald das Gesetzproject über die Aufhebung der Octrois zur Annahme ge-
kommen seyn wird, der Kammer das Project zu einer Banque communale
vorzulegen, die bestimmt seyn würde den Gemeinden Darleihen zu machen.
Auch ist die Rede daß die Idee einer Kriegsmarine wieder aufs Tapet ge-
bracht werden soll, und daß dießmal der Kriegsmin ster vor der Kammer die
Vertheidigung des Projects übernehmen würde.

Italien.

Die "Gazz. di Torino" von gestern meldet daß
am 30 Mai aus unbekannter Ursache die Po Linie längs der modenesischen
Gränze allarmirt war. Alle in der Nähe befindlichen Truppen wurden ge-
gen die Gränze gesandt. Diese Bewegung rief auch auf österreichischer Seite
eine starke Truppenconcentrirung hervor. -- Der bekannte Gallenga, Cor-
respondent der Times, Exmazzinist, Exdeputirter u. s. w., richtete einen
Brief an den Redacteur der "Gazz. di Torino," mit welchem er ihm 2575
Franken als Ergebniß einer Sammlung im Athenäum Club zu London für
die sicilische Revolution übersendet. Zugleich meldet er daß er von Hrn.
Fra's Mowalt, dem Uebermittler obiger Summe, die Nachricht empfangen
habe daß man in England so eben zwei sehr schnelle Schiffe ausrüste, und
mit 200 Matrosen, theils Engländer, theils Nordamerikaner, bemannen und
unter die Befehle eines Sicilianers stellen werde. -- Das Entlassungsge-
such des Kriegsministers Fanti ist, wie es scheint, noch nicht genehmigt wor-
den, da man bisher noch keinen Stellvertreter finden konnte. -- Der Bri-
gade Savoyen wurde am 30 in einem Tagsbefehl kundgegeben daß sie nach
den Bestimmungen des Cessionsvertrags aufgehoben sey, und durch die Bri-
gade des Königs werde ersetzt werden. Diejenigen welche noch unter italie-
nischer Fahne dienen wollten, könnten sich in letztgenaunte Brigade aufneh-
men lassen. Eine nicht unbedeutende Anzahl soll von dieser Erlaubniß Ge-
brauch gemacht haben. -- Der sardinische Gesandte in Neapel, Marchese
Billamarina, soll daselbst Gegenstand einer feindlichen Demonstration von
Seite der Lazzaroni gewesen seyn. Da dieselben ihn mit Insulten bedroh-
ten, so soll er sich in den Palast des englischen Gesandten geflüchtet haben.
So erzählen wenigstens unsere ministeriellen Blätter. -- Hr. Prati aus Trient
veröffentlichte ein Gedicht: "La Marsigliese degli Italiani." Der Ertrag
gehört für Sicilien. Hiefür wurde er vom Ritter des Mauritius Ordens
zum Officier desselben befördert, und ihm der Lehrstuhl der Beredsamkeit auf
der Hochschule zu Bologna übertragen.


Frankreich geht, nach der officiellen Genueser
Zeitung, mit der Absicht um den Prinzen Napoleon mit der sicilischen Krone
zu beehren. -- Die von den Ministern dictirte Perseveranza beschenkt uns
schon seit drei Tagen in großen und breiten Leitartikeln mit ihrer Ansicht über
das mittelländische Meer. Mit Bezug auf Italien sagt sie:

"Italien will von jeder Seite frei seyn. Bis es diesen Zweck erreicht, wird
es Europa keine Ruhe lassen. Es wird Feind seyn allen denjenigen die diese Un-
abhängigkeit hassen. Es wird Revolution treiben in und außer seinem Hause. Es
wird Feuer legen im Hause anderer, bis diese vom Schmerz geplagt aufhören es
in Sklaverei zu halten Hingegen das unabhängige, einige und selbstherrliche Italien
[Spaltenumbruch] wird Freund aller Nationen, friedfertig und zusrieden seyn die eigenen Wunden, die
ihm Bürgerkrieg und Sklaverei geschlagen, zu heilen, seine eigene Civilisation zu pfle-
gen, und andere Nationen seiner Fortschritte theilhaftig zu machen."

So spricht dieses Blatt, so gibt das piemontesische Cabinet seine Ansich-
ten und Absichten kund. Wozu noch weitere Muthmaßungen? Seine innern
und äußern Feinde müssen zu Boden gestreckt werden, dann wird Italien
zum Eldorado! -- Daß die Mailänder von ihrem letztjährigen Freiheits-
taumel zurückkommen, ist ganz gewiß; eine Correspondenz in der Parmesaner
Zeitung bezeichnet Mailand als eine Provinzialstadt ohne Handel und Leben,
und langweilig, weil auch keine Spur des Hoflebens mehr dort sey. Dessen-
ungeachtet lebt noch genug Oesterreicherhaß in den Großen des Landes. -- Der
Stadtrath, natürlich ganz nach dem Geschmack Cavours, hat beschlossen den
Jahrestag von Magenta, 4 Juni, mit Feierlichkeiten zu begehen. -- In Folge
der vielen Desertionen der Brigaden Ravenna und Ferrara wurden drei Ge-
nerale, viele Oberste und Majore entsetzt. -- Von Savoyen vernehmen wir
daß die dortigen Bischöfe nach Paris berufen wurden um die administrativen
Angelegenheiten zu ordnen, namentlich in Bezug auf die Ehegesetze. Die vier
Bisthümer sollen auf zwei reducirt werden. Chambery und Annecy würden
fortbestehen, die Bischöfe von San Giov. di Mariana und Moutiers würden
sich in das Capitel St. Denis zurückziehen.


Man beschäftigt das Publicum seit fünf
Tagen mit den düstersten Nachrichten aus Wien: Es sind angeblich öffent-
liche Gebete für die Erhaltung des Kaisers angeordnet; seine Gesundheit sey
sehr gefährdet; die kaiserliche Burg, mit Hofgendarmen umgeben, sey für
niemand zugänglich; es herrsche ein geheimnißvolles Stillschweigen, eine un-
heimliche sehr gedrückte Stimmung, wie vor dem Ausbruch eines gewaltigen
Staatsstreichs. Mit solchen widersinnigen Exclamationen und andern ähn-
lichen Betrachtungen über die mißliche Lage Oesterreichs weiß die Regierung
die augenblickliche Leere der Nachrichten aus beiden Sicilien und die Guerrazzi'-
schen Philippiken, welche, nach Briefen aus Turin, die Massen gegen die
Minister und gegen den König aufgeregt haben, abzuleiten. Als aber gestern
die Abendblätter Garibaldi's Ankunft vor den Thoren von Palermo gemeldet
hatten, wurde sogleich kund gemacht: das Monument für den Erzherzog Karl
sey am 22 enthüllt worden, und der Kaiser und die Kaiserin hätten der Feier-
lichkeit beigewohnt. -- Gestern wurde mittelst Maueranschlags, welchen sechs
ansehnliche Magistratspersonen unterschrieben hatten, die Mildthätigkeit der
Mailänder für die Revolution von Sicilien in sehr eindringenden Ausdrücken
in Anspruch genommen. Bedeutende Summen sind bereits gesammelt und über
Genua nach Sicilien befördert worden; auch dauern die Anwerbungen mit rei-
chen Erfolgen fort. Da nach dem Beispiel der Schuhmacher und Schneider nun-
mehr auch die Schmied- und Schlossergesellen, um höheren Lohn zu erpressen, die
Werkstätten verlassen haben, so läßt man das Gerücht verbreiten: die Aufhetzereien
kämen von Leuten deren Beruf es sey Frieden und Sanftmuth zu predigen.
Die eingeleiteten Untersuchungen sind so gestellt, daß man deutlich erkennt man
wolle diese überhandnehmenden Unordnungen der Geistlichkeit in die Schuhe
schieben. So sehr Garibaldi die italienische Geistlichkeit als antinational-
gesinnt tadelt, so sehr belobt er die sicilische, "die sich überall an die
Spitze des Volkes stellt um die Unterdrücker zu bekämpfen." Erstere
wird deßwegen verflucht, letztere aber als die Lehrerin der wahren Religion
Christi gepriesen! Man steht die christliche Religion wird von allen Partein
gebraucht und mißbraucht. -- Die Franzosen gehen nun in größeren
Massen als bisher nach Frankreich. Gestern ist das 93ste Infanterieregiment,
auf 150 Wagen vertheilt, nach Genua abgegangen. Die beinahe ohne Trup-
pen hier gebliebenen Generale, worunter Marschall Vaillant und der Divistons-
general Rochefort, sind vorgestern sammt ihren Familien über Verona nach
Venedig abgereist. Sie werden am 5, spätestens am 8, Juni hier erwartet,
um dann sofort nach Frankreich zurückzukehren.



Neueste Posten.

Auf nächsten Montag ist eine neue Sitzung
des Gesetzgebungsausschusses der Abgeordnetenkammer anberaumt, zu welcher
auch die für den Augenblick nach Hause zurückgekehrten Mitglieder desselben
hieher zurückkehren werden.


Man will hier wissen daß Appellations-
gerichtsrath Boye aus Zweibrücken, für welchen wegen seiner von der Kam-
mer noch nicht geprüfter Neuwahl der Ersatzmann für den Gesetzgebungs-
ausschuß Oberappellationsgerichtsrath Dr. Lauk einberufen wurde, Einsprache
erhoben habe. -- Die Ernennung des k. Kämmerers und Generalmajors a
la Suite, Joseph Grafen v. Deym, Frhrn. v. Strzitetz zu Arnstorf, zum erb-
lichen Reichsrath der Krone Bayern wird im nächsten Regierungsblatt ange-
kündigt werden. König Ludwigs Majestät wird morgen von Wien hier zurück-
erwartet, um über das Fronleichnamsfest hier zu verweilen. -- Das Ober-
post- und Bahnamt kündigt für dieses von Fremden so zahlreich besuchte Kir-
chenfest einen von Augsburg nach München Morgens 5 Uhr 30 Minuten
gehenden Sonderzug an. -- Der Hr. Kriegsminister wird fürs erste seinen
Urlaub noch nicht antreten. -- Noch immer füllen Beschreibungen des sonn-
tägigen Hagelwetters und seiner Verwüstungen die Spalten unserer Blätter.
Heute noch und wahrscheinlich die ganze Woche hindurch sieht man die wie
von den Kugeln eines Pelotonfeuers durchlöcherten Fensterscheiben, deren An-
zahl in der Stadt 40,000 seyn soll.



Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

[Spaltenumbruch] welchem man hier die Broſchüre La Hongrie et la Crise européenne von
Hrn. Horn losläßt, welche die Patrie aufs wärmſte empfiehlt. Die Haltung
Rußlands zu Oeſterreich iſt fortwährend der Art daß das Dreikaiſerbündniß
zu den Unmöglichkeiten gehört. Davon kann ſich jeder überzeugen der Gele-
genheit hat hierüber einen ruſſiſchen Diplomaten oder Ruſſen aus den höhern
Ständen zu vernehmen. Die ruſſiſche Allianz wird in Paris zur Schau ge-
ſtellt, auch an Artigkeiten gegen Oeſterreich läßt man es nicht fehlen; aber
ein Einvernehmen mit ihm wird an maßgebender Stelle und durch eine Reihe
von Thatſachen dementirt. Sie werden bemerkt haben daß die Opinion
nationale, Siècle
und le Monde bereits den erſten Schmerzensſchrei
aus Poſen zur Kenntniß der mitfühlenden Franzoſen bringen. Es wird bald
noch anderes nachkommen. Die Nachricht von einer bevorſtehenden Zuſam-
menkunft des Prinz-Regenten von Preußen mit dem König von Bayern, und
das Anerbieten eines deutſchen Londoner Hauſes Deutſchland mit Armſtrong-
kanonen billig und prompt zu bedienen, verurſachen einigen Rumor. Alle
Regierungsorgane verſichern Graf Cavour wandle mit größerer Pünktlichkeit
als je die Wege der kaiſerlichen Politik, welcher er mit Leib und Seele zugethan iſt.
Die auf ſechs Monate beurlaubten Matroſen werden einberufen, was zu der Frie-
densnote im Moniteur wie die Fauſt aufs Auge paßt. — Die Handelskam-
mern der Hafenſtädte haben ein Gutachten abgegeben welches ſich gegen die Auf-
hebung der Differentialſchifffahrtsabgaben, alſo gegen den von England ge-
wünſchten Schifffahrtsvertrag ausſpricht. Die Regierung wird ſich an das Gut-
achten halten, da ſie ohnehin mit der Zollreform vollauf beſchäftigt iſt. Ein noch
nie vorhanden geweſenes Preßvergehen iſt erfunden worden. Aus Anlaß der
Broſchüre „Die alten Parteien“ wird Graf d’Hauſſonville als Mitſchuldiger
des Verfaſſers, Hrn. Prevoſt Paradol, und des Druckers verfolgt, weil er ſich
bei letzterm verbürgt hat ihn für eine etwaige Geldſtrafe ſchadlos zu halten. —
Ein anſtändiger Demokrat hat Hrn. Guéroult, den gemäßigten Tambour
major der Opinion nationale, ſchriftlich darüber interpellirt daß er als angeb-
licher Demokrat die Freiheit und die Discuſſion denunciirt, und die Gewalt
anbetet. Hr. Guéroult kann es ſich ſelbſt nicht länger mehr verhehlen was
man allgemein von ihm denkt und ſpricht. Sehr verlegen entgegnet er: wenn
ich einen Mann finde welcher, wie Columbus und Galilei, allein gegen die
ganze Welt Recht hat, ſo unterwerfe ich mich ihm. Diejenigen welche dieß
mißbilligen, mögen mir immerhin den Rücken kehren.

Belgien.

Wie man mir mittheilt gedenkt die Regierung,
fobald das Geſetzproject über die Aufhebung der Octrois zur Annahme ge-
kommen ſeyn wird, der Kammer das Project zu einer Banque communale
vorzulegen, die beſtimmt ſeyn würde den Gemeinden Darleihen zu machen.
Auch iſt die Rede daß die Idee einer Kriegsmarine wieder aufs Tapet ge-
bracht werden ſoll, und daß dießmal der Kriegsmin ſter vor der Kammer die
Vertheidigung des Projects übernehmen würde.

Italien.

Die „Gazz. di Torino“ von geſtern meldet daß
am 30 Mai aus unbekannter Urſache die Po Linie längs der modeneſiſchen
Gränze allarmirt war. Alle in der Nähe befindlichen Truppen wurden ge-
gen die Gränze geſandt. Dieſe Bewegung rief auch auf öſterreichiſcher Seite
eine ſtarke Truppenconcentrirung hervor. — Der bekannte Gallenga, Cor-
reſpondent der Times, Exmazziniſt, Exdeputirter u. ſ. w., richtete einen
Brief an den Redacteur der „Gazz. di Torino,“ mit welchem er ihm 2575
Franken als Ergebniß einer Sammlung im Athenäum Club zu London für
die ſiciliſche Revolution überſendet. Zugleich meldet er daß er von Hrn.
Fra’s Mowalt, dem Uebermittler obiger Summe, die Nachricht empfangen
habe daß man in England ſo eben zwei ſehr ſchnelle Schiffe ausrüſte, und
mit 200 Matroſen, theils Engländer, theils Nordamerikaner, bemannen und
unter die Befehle eines Sicilianers ſtellen werde. — Das Entlaſſungsge-
ſuch des Kriegsminiſters Fanti iſt, wie es ſcheint, noch nicht genehmigt wor-
den, da man bisher noch keinen Stellvertreter finden konnte. — Der Bri-
gade Savoyen wurde am 30 in einem Tagsbefehl kundgegeben daß ſie nach
den Beſtimmungen des Ceſſionsvertrags aufgehoben ſey, und durch die Bri-
gade des Königs werde erſetzt werden. Diejenigen welche noch unter italie-
niſcher Fahne dienen wollten, könnten ſich in letztgenaunte Brigade aufneh-
men laſſen. Eine nicht unbedeutende Anzahl ſoll von dieſer Erlaubniß Ge-
brauch gemacht haben. — Der ſardiniſche Geſandte in Neapel, Marcheſe
Billamarina, ſoll daſelbſt Gegenſtand einer feindlichen Demonſtration von
Seite der Lazzaroni geweſen ſeyn. Da dieſelben ihn mit Inſulten bedroh-
ten, ſo ſoll er ſich in den Palaſt des engliſchen Geſandten geflüchtet haben.
So erzählen wenigſtens unſere miniſteriellen Blätter. — Hr. Prati aus Trient
veröffentlichte ein Gedicht: „La Marsigliese degli Italiani.“ Der Ertrag
gehört für Sicilien. Hiefür wurde er vom Ritter des Mauritius Ordens
zum Officier desſelben befördert, und ihm der Lehrſtuhl der Beredſamkeit auf
der Hochſchule zu Bologna übertragen.


Frankreich geht, nach der officiellen Genueſer
Zeitung, mit der Abſicht um den Prinzen Napoleon mit der ſiciliſchen Krone
zu beehren. — Die von den Miniſtern dictirte Perſeveranza beſchenkt uns
ſchon ſeit drei Tagen in großen und breiten Leitartikeln mit ihrer Anſicht über
das mittelländiſche Meer. Mit Bezug auf Italien ſagt ſie:

„Italien will von jeder Seite frei ſeyn. Bis es dieſen Zweck erreicht, wird
es Europa keine Ruhe laſſen. Es wird Feind ſeyn allen denjenigen die dieſe Un-
abhängigkeit haſſen. Es wird Revolution treiben in und außer ſeinem Hauſe. Es
wird Feuer legen im Hauſe anderer, bis dieſe vom Schmerz geplagt aufhören es
in Sklaverei zu halten Hingegen das unabhängige, einige und ſelbſtherrliche Italien
[Spaltenumbruch] wird Freund aller Nationen, friedfertig und zuſrieden ſeyn die eigenen Wunden, die
ihm Bürgerkrieg und Sklaverei geſchlagen, zu heilen, ſeine eigene Civiliſation zu pfle-
gen, und andere Nationen ſeiner Fortſchritte theilhaftig zu machen.“

So ſpricht dieſes Blatt, ſo gibt das piemonteſiſche Cabinet ſeine Anſich-
ten und Abſichten kund. Wozu noch weitere Muthmaßungen? Seine innern
und äußern Feinde müſſen zu Boden geſtreckt werden, dann wird Italien
zum Eldorado! — Daß die Mailänder von ihrem letztjährigen Freiheits-
taumel zurückkommen, iſt ganz gewiß; eine Correſpondenz in der Parmeſaner
Zeitung bezeichnet Mailand als eine Provinzialſtadt ohne Handel und Leben,
und langweilig, weil auch keine Spur des Hoflebens mehr dort ſey. Deſſen-
ungeachtet lebt noch genug Oeſterreicherhaß in den Großen des Landes. — Der
Stadtrath, natürlich ganz nach dem Geſchmack Cavours, hat beſchloſſen den
Jahrestag von Magenta, 4 Juni, mit Feierlichkeiten zu begehen. — In Folge
der vielen Deſertionen der Brigaden Ravenna und Ferrara wurden drei Ge-
nerale, viele Oberſte und Majore entſetzt. — Von Savoyen vernehmen wir
daß die dortigen Biſchöfe nach Paris berufen wurden um die adminiſtrativen
Angelegenheiten zu ordnen, namentlich in Bezug auf die Ehegeſetze. Die vier
Bisthümer ſollen auf zwei reducirt werden. Chambery und Annecy würden
fortbeſtehen, die Biſchöfe von San Giov. di Mariana und Moutiers würden
ſich in das Capitel St. Denis zurückziehen.


Man beſchäftigt das Publicum ſeit fünf
Tagen mit den düſterſten Nachrichten aus Wien: Es ſind angeblich öffent-
liche Gebete für die Erhaltung des Kaiſers angeordnet; ſeine Geſundheit ſey
ſehr gefährdet; die kaiſerliche Burg, mit Hofgendarmen umgeben, ſey für
niemand zugänglich; es herrſche ein geheimnißvolles Stillſchweigen, eine un-
heimliche ſehr gedrückte Stimmung, wie vor dem Ausbruch eines gewaltigen
Staatsſtreichs. Mit ſolchen widerſinnigen Exclamationen und andern ähn-
lichen Betrachtungen über die mißliche Lage Oeſterreichs weiß die Regierung
die augenblickliche Leere der Nachrichten aus beiden Sicilien und die Guerrazzi’-
ſchen Philippiken, welche, nach Briefen aus Turin, die Maſſen gegen die
Miniſter und gegen den König aufgeregt haben, abzuleiten. Als aber geſtern
die Abendblätter Garibaldi’s Ankunft vor den Thoren von Palermo gemeldet
hatten, wurde ſogleich kund gemacht: das Monument für den Erzherzog Karl
ſey am 22 enthüllt worden, und der Kaiſer und die Kaiſerin hätten der Feier-
lichkeit beigewohnt. — Geſtern wurde mittelſt Maueranſchlags, welchen ſechs
anſehnliche Magiſtratsperſonen unterſchrieben hatten, die Mildthätigkeit der
Mailänder für die Revolution von Sicilien in ſehr eindringenden Ausdrücken
in Anſpruch genommen. Bedeutende Summen ſind bereits geſammelt und über
Genua nach Sicilien befördert worden; auch dauern die Anwerbungen mit rei-
chen Erfolgen fort. Da nach dem Beiſpiel der Schuhmacher und Schneider nun-
mehr auch die Schmied- und Schloſſergeſellen, um höheren Lohn zu erpreſſen, die
Werkſtätten verlaſſen haben, ſo läßt man das Gerücht verbreiten: die Aufhetzereien
kämen von Leuten deren Beruf es ſey Frieden und Sanftmuth zu predigen.
Die eingeleiteten Unterſuchungen ſind ſo geſtellt, daß man deutlich erkennt man
wolle dieſe überhandnehmenden Unordnungen der Geiſtlichkeit in die Schuhe
ſchieben. So ſehr Garibaldi die italieniſche Geiſtlichkeit als antinational-
geſinnt tadelt, ſo ſehr belobt er die ſiciliſche, „die ſich überall an die
Spitze des Volkes ſtellt um die Unterdrücker zu bekämpfen.“ Erſtere
wird deßwegen verflucht, letztere aber als die Lehrerin der wahren Religion
Chriſti geprieſen! Man ſteht die chriſtliche Religion wird von allen Partein
gebraucht und mißbraucht. — Die Franzoſen gehen nun in größeren
Maſſen als bisher nach Frankreich. Geſtern iſt das 93ſte Infanterieregiment,
auf 150 Wagen vertheilt, nach Genua abgegangen. Die beinahe ohne Trup-
pen hier gebliebenen Generale, worunter Marſchall Vaillant und der Diviſtons-
general Rochefort, ſind vorgeſtern ſammt ihren Familien über Verona nach
Venedig abgereist. Sie werden am 5, ſpäteſtens am 8, Juni hier erwartet,
um dann ſofort nach Frankreich zurückzukehren.



Neueſte Poſten.

Auf nächſten Montag iſt eine neue Sitzung
des Geſetzgebungsausſchuſſes der Abgeordnetenkammer anberaumt, zu welcher
auch die für den Augenblick nach Hauſe zurückgekehrten Mitglieder desſelben
hieher zurückkehren werden.


Man will hier wiſſen daß Appellations-
gerichtsrath Boyé aus Zweibrücken, für welchen wegen ſeiner von der Kam-
mer noch nicht geprüfter Neuwahl der Erſatzmann für den Geſetzgebungs-
ausſchuß Oberappellationsgerichtsrath Dr. Lauk einberufen wurde, Einſprache
erhoben habe. — Die Ernennung des k. Kämmerers und Generalmajors à
la Suite, Joſeph Grafen v. Deym, Frhrn. v. Strzitetz zu Arnſtorf, zum erb-
lichen Reichsrath der Krone Bayern wird im nächſten Regierungsblatt ange-
kündigt werden. König Ludwigs Majeſtät wird morgen von Wien hier zurück-
erwartet, um über das Fronleichnamsfeſt hier zu verweilen. — Das Ober-
poſt- und Bahnamt kündigt für dieſes von Fremden ſo zahlreich beſuchte Kir-
chenfeſt einen von Augsburg nach München Morgens 5 Uhr 30 Minuten
gehenden Sonderzug an. — Der Hr. Kriegsminiſter wird fürs erſte ſeinen
Urlaub noch nicht antreten. — Noch immer füllen Beſchreibungen des ſonn-
tägigen Hagelwetters und ſeiner Verwüſtungen die Spalten unſerer Blätter.
Heute noch und wahrſcheinlich die ganze Woche hindurch ſieht man die wie
von den Kugeln eines Pelotonfeuers durchlöcherten Fenſterſcheiben, deren An-
zahl in der Stadt 40,000 ſeyn ſoll.



Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.
Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.
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[2636/0008] welchem man hier die Broſchüre La Hongrie et la Crise européenne von Hrn. Horn losläßt, welche die Patrie aufs wärmſte empfiehlt. Die Haltung Rußlands zu Oeſterreich iſt fortwährend der Art daß das Dreikaiſerbündniß zu den Unmöglichkeiten gehört. Davon kann ſich jeder überzeugen der Gele- genheit hat hierüber einen ruſſiſchen Diplomaten oder Ruſſen aus den höhern Ständen zu vernehmen. Die ruſſiſche Allianz wird in Paris zur Schau ge- ſtellt, auch an Artigkeiten gegen Oeſterreich läßt man es nicht fehlen; aber ein Einvernehmen mit ihm wird an maßgebender Stelle und durch eine Reihe von Thatſachen dementirt. Sie werden bemerkt haben daß die Opinion nationale, Siècle und le Monde bereits den erſten Schmerzensſchrei aus Poſen zur Kenntniß der mitfühlenden Franzoſen bringen. Es wird bald noch anderes nachkommen. Die Nachricht von einer bevorſtehenden Zuſam- menkunft des Prinz-Regenten von Preußen mit dem König von Bayern, und das Anerbieten eines deutſchen Londoner Hauſes Deutſchland mit Armſtrong- kanonen billig und prompt zu bedienen, verurſachen einigen Rumor. Alle Regierungsorgane verſichern Graf Cavour wandle mit größerer Pünktlichkeit als je die Wege der kaiſerlichen Politik, welcher er mit Leib und Seele zugethan iſt. Die auf ſechs Monate beurlaubten Matroſen werden einberufen, was zu der Frie- densnote im Moniteur wie die Fauſt aufs Auge paßt. — Die Handelskam- mern der Hafenſtädte haben ein Gutachten abgegeben welches ſich gegen die Auf- hebung der Differentialſchifffahrtsabgaben, alſo gegen den von England ge- wünſchten Schifffahrtsvertrag ausſpricht. Die Regierung wird ſich an das Gut- achten halten, da ſie ohnehin mit der Zollreform vollauf beſchäftigt iſt. Ein noch nie vorhanden geweſenes Preßvergehen iſt erfunden worden. Aus Anlaß der Broſchüre „Die alten Parteien“ wird Graf d’Hauſſonville als Mitſchuldiger des Verfaſſers, Hrn. Prevoſt Paradol, und des Druckers verfolgt, weil er ſich bei letzterm verbürgt hat ihn für eine etwaige Geldſtrafe ſchadlos zu halten. — Ein anſtändiger Demokrat hat Hrn. Guéroult, den gemäßigten Tambour major der Opinion nationale, ſchriftlich darüber interpellirt daß er als angeb- licher Demokrat die Freiheit und die Discuſſion denunciirt, und die Gewalt anbetet. Hr. Guéroult kann es ſich ſelbſt nicht länger mehr verhehlen was man allgemein von ihm denkt und ſpricht. Sehr verlegen entgegnet er: wenn ich einen Mann finde welcher, wie Columbus und Galilei, allein gegen die ganze Welt Recht hat, ſo unterwerfe ich mich ihm. Diejenigen welche dieß mißbilligen, mögen mir immerhin den Rücken kehren. Belgien. &#xfffc; Brüſſel, 3 Juni. Wie man mir mittheilt gedenkt die Regierung, fobald das Geſetzproject über die Aufhebung der Octrois zur Annahme ge- kommen ſeyn wird, der Kammer das Project zu einer Banque communale vorzulegen, die beſtimmt ſeyn würde den Gemeinden Darleihen zu machen. Auch iſt die Rede daß die Idee einer Kriegsmarine wieder aufs Tapet ge- bracht werden ſoll, und daß dießmal der Kriegsmin ſter vor der Kammer die Vertheidigung des Projects übernehmen würde. Italien. ⨉ Turin, 2 Jun. Die „Gazz. di Torino“ von geſtern meldet daß am 30 Mai aus unbekannter Urſache die Po Linie längs der modeneſiſchen Gränze allarmirt war. Alle in der Nähe befindlichen Truppen wurden ge- gen die Gränze geſandt. Dieſe Bewegung rief auch auf öſterreichiſcher Seite eine ſtarke Truppenconcentrirung hervor. — Der bekannte Gallenga, Cor- reſpondent der Times, Exmazziniſt, Exdeputirter u. ſ. w., richtete einen Brief an den Redacteur der „Gazz. di Torino,“ mit welchem er ihm 2575 Franken als Ergebniß einer Sammlung im Athenäum Club zu London für die ſiciliſche Revolution überſendet. Zugleich meldet er daß er von Hrn. Fra’s Mowalt, dem Uebermittler obiger Summe, die Nachricht empfangen habe daß man in England ſo eben zwei ſehr ſchnelle Schiffe ausrüſte, und mit 200 Matroſen, theils Engländer, theils Nordamerikaner, bemannen und unter die Befehle eines Sicilianers ſtellen werde. — Das Entlaſſungsge- ſuch des Kriegsminiſters Fanti iſt, wie es ſcheint, noch nicht genehmigt wor- den, da man bisher noch keinen Stellvertreter finden konnte. — Der Bri- gade Savoyen wurde am 30 in einem Tagsbefehl kundgegeben daß ſie nach den Beſtimmungen des Ceſſionsvertrags aufgehoben ſey, und durch die Bri- gade des Königs werde erſetzt werden. Diejenigen welche noch unter italie- niſcher Fahne dienen wollten, könnten ſich in letztgenaunte Brigade aufneh- men laſſen. Eine nicht unbedeutende Anzahl ſoll von dieſer Erlaubniß Ge- brauch gemacht haben. — Der ſardiniſche Geſandte in Neapel, Marcheſe Billamarina, ſoll daſelbſt Gegenſtand einer feindlichen Demonſtration von Seite der Lazzaroni geweſen ſeyn. 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Es wird Revolution treiben in und außer ſeinem Hauſe. Es wird Feuer legen im Hauſe anderer, bis dieſe vom Schmerz geplagt aufhören es in Sklaverei zu halten Hingegen das unabhängige, einige und ſelbſtherrliche Italien wird Freund aller Nationen, friedfertig und zuſrieden ſeyn die eigenen Wunden, die ihm Bürgerkrieg und Sklaverei geſchlagen, zu heilen, ſeine eigene Civiliſation zu pfle- gen, und andere Nationen ſeiner Fortſchritte theilhaftig zu machen.“ So ſpricht dieſes Blatt, ſo gibt das piemonteſiſche Cabinet ſeine Anſich- ten und Abſichten kund. Wozu noch weitere Muthmaßungen? Seine innern und äußern Feinde müſſen zu Boden geſtreckt werden, dann wird Italien zum Eldorado! — Daß die Mailänder von ihrem letztjährigen Freiheits- taumel zurückkommen, iſt ganz gewiß; eine Correſpondenz in der Parmeſaner Zeitung bezeichnet Mailand als eine Provinzialſtadt ohne Handel und Leben, und langweilig, weil auch keine Spur des Hoflebens mehr dort ſey. Deſſen- ungeachtet lebt noch genug Oeſterreicherhaß in den Großen des Landes. — Der Stadtrath, natürlich ganz nach dem Geſchmack Cavours, hat beſchloſſen den Jahrestag von Magenta, 4 Juni, mit Feierlichkeiten zu begehen. — In Folge der vielen Deſertionen der Brigaden Ravenna und Ferrara wurden drei Ge- nerale, viele Oberſte und Majore entſetzt. — Von Savoyen vernehmen wir daß die dortigen Biſchöfe nach Paris berufen wurden um die adminiſtrativen Angelegenheiten zu ordnen, namentlich in Bezug auf die Ehegeſetze. Die vier Bisthümer ſollen auf zwei reducirt werden. Chambery und Annecy würden fortbeſtehen, die Biſchöfe von San Giov. di Mariana und Moutiers würden ſich in das Capitel St. Denis zurückziehen. &#xfffc; Mailand, 30 Mai. Man beſchäftigt das Publicum ſeit fünf Tagen mit den düſterſten Nachrichten aus Wien: Es ſind angeblich öffent- liche Gebete für die Erhaltung des Kaiſers angeordnet; ſeine Geſundheit ſey ſehr gefährdet; die kaiſerliche Burg, mit Hofgendarmen umgeben, ſey für niemand zugänglich; es herrſche ein geheimnißvolles Stillſchweigen, eine un- heimliche ſehr gedrückte Stimmung, wie vor dem Ausbruch eines gewaltigen Staatsſtreichs. Mit ſolchen widerſinnigen Exclamationen und andern ähn- lichen Betrachtungen über die mißliche Lage Oeſterreichs weiß die Regierung die augenblickliche Leere der Nachrichten aus beiden Sicilien und die Guerrazzi’- ſchen Philippiken, welche, nach Briefen aus Turin, die Maſſen gegen die Miniſter und gegen den König aufgeregt haben, abzuleiten. Als aber geſtern die Abendblätter Garibaldi’s Ankunft vor den Thoren von Palermo gemeldet hatten, wurde ſogleich kund gemacht: das Monument für den Erzherzog Karl ſey am 22 enthüllt worden, und der Kaiſer und die Kaiſerin hätten der Feier- lichkeit beigewohnt. — Geſtern wurde mittelſt Maueranſchlags, welchen ſechs anſehnliche Magiſtratsperſonen unterſchrieben hatten, die Mildthätigkeit der Mailänder für die Revolution von Sicilien in ſehr eindringenden Ausdrücken in Anſpruch genommen. Bedeutende Summen ſind bereits geſammelt und über Genua nach Sicilien befördert worden; auch dauern die Anwerbungen mit rei- chen Erfolgen fort. Da nach dem Beiſpiel der Schuhmacher und Schneider nun- mehr auch die Schmied- und Schloſſergeſellen, um höheren Lohn zu erpreſſen, die Werkſtätten verlaſſen haben, ſo läßt man das Gerücht verbreiten: die Aufhetzereien kämen von Leuten deren Beruf es ſey Frieden und Sanftmuth zu predigen. Die eingeleiteten Unterſuchungen ſind ſo geſtellt, daß man deutlich erkennt man wolle dieſe überhandnehmenden Unordnungen der Geiſtlichkeit in die Schuhe ſchieben. So ſehr Garibaldi die italieniſche Geiſtlichkeit als antinational- geſinnt tadelt, ſo ſehr belobt er die ſiciliſche, „die ſich überall an die Spitze des Volkes ſtellt um die Unterdrücker zu bekämpfen.“ Erſtere wird deßwegen verflucht, letztere aber als die Lehrerin der wahren Religion Chriſti geprieſen! Man ſteht die chriſtliche Religion wird von allen Partein gebraucht und mißbraucht. — Die Franzoſen gehen nun in größeren Maſſen als bisher nach Frankreich. Geſtern iſt das 93ſte Infanterieregiment, auf 150 Wagen vertheilt, nach Genua abgegangen. Die beinahe ohne Trup- pen hier gebliebenen Generale, worunter Marſchall Vaillant und der Diviſtons- general Rochefort, ſind vorgeſtern ſammt ihren Familien über Verona nach Venedig abgereist. Sie werden am 5, ſpäteſtens am 8, Juni hier erwartet, um dann ſofort nach Frankreich zurückzukehren. Neueſte Poſten. ☉ München, 5 Jun. Auf nächſten Montag iſt eine neue Sitzung des Geſetzgebungsausſchuſſes der Abgeordnetenkammer anberaumt, zu welcher auch die für den Augenblick nach Hauſe zurückgekehrten Mitglieder desſelben hieher zurückkehren werden. ⨉ München, 5 Jun. Man will hier wiſſen daß Appellations- gerichtsrath Boyé aus Zweibrücken, für welchen wegen ſeiner von der Kam- mer noch nicht geprüfter Neuwahl der Erſatzmann für den Geſetzgebungs- ausſchuß Oberappellationsgerichtsrath Dr. Lauk einberufen wurde, Einſprache erhoben habe. — Die Ernennung des k. Kämmerers und Generalmajors à la Suite, Joſeph Grafen v. Deym, Frhrn. v. Strzitetz zu Arnſtorf, zum erb- lichen Reichsrath der Krone Bayern wird im nächſten Regierungsblatt ange- kündigt werden. König Ludwigs Majeſtät wird morgen von Wien hier zurück- erwartet, um über das Fronleichnamsfeſt hier zu verweilen. — Das Ober- poſt- und Bahnamt kündigt für dieſes von Fremden ſo zahlreich beſuchte Kir- chenfeſt einen von Augsburg nach München Morgens 5 Uhr 30 Minuten gehenden Sonderzug an. — Der Hr. Kriegsminiſter wird fürs erſte ſeinen Urlaub noch nicht antreten. — Noch immer füllen Beſchreibungen des ſonn- tägigen Hagelwetters und ſeiner Verwüſtungen die Spalten unſerer Blätter. Heute noch und wahrſcheinlich die ganze Woche hindurch ſieht man die wie von den Kugeln eines Pelotonfeuers durchlöcherten Fenſterſcheiben, deren An- zahl in der Stadt 40,000 ſeyn ſoll. Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2021-11-18T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 158, 6. Juni 1860, S. 2636. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine158_1860/8>, abgerufen am 08.07.2024.