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Allgemeine Zeitung, Nr. 158, 6. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] Worte einzuschalten: "Compact zusammen im Westen und Centrum des Staats,
in breiter Anlehnung an das übrige Deutschland, durchzieht und verflicht
das deutsche Element die ganze Monarchie, bildet den Kern des Mittelstan-
des, der Städte in fast allen Gebieten, der Industrie und der Intelligenz,
und zieht aus dem reichen Quell einer mächtigen Nationalcultur, wie die
deutsche, immer neue Nahrung.

"Die übrigen Stämme -- mit Ausnahme Italiens -- können auf einen
solchen nahen frischen Lebensquell nicht zurückgreifen, vielmehr sind sie mit
ihren höheren Bildungsbedürfnissen eben selbst nur wieder auf die deutsche
Cultur hingewiesen. Und eben weil diese das wesentliche Bildungsferment
auch für die andern Stämme bildet, darum liegt die Ausbreitung und Stär-
kung der deutschen Cultur auch in ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse.
Für sie alle gibt es nur eine Quelle höherer Civilisation, und es kommt nur
darauf an, diese Quelle so reichlich fließen, mit Beihülfe der anderen Ver-
kehrsmittel und der Schule für alle Glieder Oesterreichs so zugänglich und so
fruchtbar wie immer möglich zu machen.

"Es wäre das ärgste Mißverständniß zu meinen hiemit solle einer Miß-
achtung, Kränkung, Maßregelung der landschaftlich nationellen Besonderhei-
ten -- dem sogenannten Germanistreu -- das Wort geredt werden. Im Ge-
gentheil! Wir wünschen allen Volksstämmen in Oesterreich die vollste Ent-
faltung und Geltendmachung ihrer Kräfte, ein Ausbilden ihrer Eigenheiten
in jeder Richtung, und so gut sie es vermögen, innerhalb der nothwendigen
gesammtstaatlichen Zwecke. Für das deutsche Wesen, im Vertrauen auf seine
Wissenschaft, Arbeits- und sittliche Kraft wünschen wir gar nichts als einen
unbeengten Spielraum, volle Freiheit der Bewegung im Interesse der verschie-
denen Stämme selbst.

"Ueberhaupt ist das Germanisiren an der Donau, wie an der Moldau
und Weichsel, oft sehr engherzig aufgefaßt worden. Es ist thöricht zu meinen
der dentsche Einfluß könne sich nur in dem Maß ausdehnen, als die einheimi-
schen Idiome der deutschen Sprache der Platz einräumen. Ungleich wichtiger
ist die Durchbildung der Bevölkerung den deutschen Ideen und Auschauun-
gen, und hiezu kann gerade die Ausbildung in provinciellen Landessprachen
die geeignetste Handhabe darbieten. Schon als wesentliches Mittel der Volks-
bildung müssen die Landessprachen bebaut werden. Durch die Pflege ihres
eigenen Idioms dringen die Volksstämme der Donauwelt nur um so bälder
und leichter in den deutschen Ideenkreis ein, durchdringen sich mit deutschen
Anschauungen, und werden heimisch in deutscher Gesittung."

Damit ist bezeichnet was die Deutschen in Oesterreich zu leisten haben. Es ist
nicht nationale Ueberschätzung deutscher Kraft wenn wir sagen daß, wie Oester-
reichs Leben und Gedeihen eine Grundbedingung zur Entwicklung Deutschlands
zu einer wahren Weltmacht ist, um seine Gegenwart wie seine Zukunft zu sichern,
wiederum auch das deutsche Element im Donaureich vor allem berufen ist der
Träger der Entfaltung Oesterreichs zu seyn; daß somit derjenige nicht bloß
Deutschlands, sondern auch Oesterreichs größter Feind ist der die Bewegung
des deutschen Elements zu beschränken droht, der es in irgen deiner Richtung
unter dem Vorwande absperrt daß dadurch sonst die Rechte der andern Na-
tionalitäten beschränkt würden. Die Deutschen verlangen keine Unterstützung,
sondern nur das freie Spiel der Kräfte; aus diesem allein kann sich "das
neue Oesterreich" gestalten, von ihm hängt sein Fortschritt und seine Ge-
sundheit ab. Wir sagen wohl mit Recht, gestützt auf jene Autorität, daß
an der Spitze der Berwaltung Oesterreichs der Gedanke stehen muß daß das
Donaureich ein integrirender Bestandtheil Deutschlands ist.

"Die Einigung mit Deutschland muß der unabänderliche Gedanke der
österreichischen Politik seyn," war die Grundmaxime des Frhrn. v. Bruck.
Wir suchen diese Einigung um unserer Wohlfahrt willen; wir dürfen, ver-
weisend auf die Hinterlassenschaft des großen Todten, hinzufügen daß sie
Oesterreich nicht minder um seiner Wohlfahrt willen bedarf. Wir werden
nicht müde werden die Bedeutung darzuthun die Oesterreich im deutschen
Leben hat, jeden Schritt den es vorwärts thut auf der Bahn des Fortschritts
und der Freiheit jubelnd zu begrüßen und zu verkünden; was wir aber dafür
von Oesterreich, namentlich von den Deutschen im Donaureich, erwarten
dürfen, ist daß sie umgekehrt im innigen Anschluß an das deutsche Volk ihren
Stolz, ihre Stärke und ihre Stütze suchen, dieses als den sichern Hort für ihre
Gegenwart wie für ihre Zukunft erkennen, daß sie mit aller Macht danach
streben diesen Anschluß im Geist und Wesen immer inniger zu machen, daß
sie rastlos "arbeiten und sparen," damit die kommende Generation auf die
Schultern der alten treten kann.

Mögen die Deutschen in Oesterreich nie vergessen daß alle Macht und
alle Freiheit nur auf dieser Basis ruht, daß es eben der Stolz des deutscheu
Volks ist dieses von je erkannt zu haben. Kampf ist die Aufgabe des Lebens,
sey es gegen den Menschen oder die Natur; und es gibt nur eine Weise dauernd
zu siegen, diese ist: "arbeiten und sparen."



Der Sturm an Pfingsten.

Ganz merkwürdig in natur-
wissenschaftlicher Hinsicht ist der sehr heftige, rotatorische Donnersturm welcher
in den letzten Pfingstragen unsere norddeutschen Länder, die Nordsee, Holland
und England heimgesucht, doch in Westeuropa mit weit größerer Gewalt und
Zerstörung als dahier gewüthet hat. Die Bahn dieses Sturms sowohl als
ihr Durchmesser hat eine ungeheure Ausdehnung gehabt. Man hat schwerlich
in unserm Jahrhundert zu dieser Jahreszeit seines Gleichen erlebt. Es wird
für jeden Leser, insbesondere für Naturforscher, von Intereffe seyn die Be-
schaffenheit der Witterung zu erfahren die dem besagten Cyklon vorhergegangen
ist. Auf eine Hitze von 23° R. im Schatten in unsern Breiten, welche
von ungewöhnlich schweren Gewittern begleitet war, folgte ein zweitägiger
Höhenrauch, worauf am 26 die Wettergläser stark sanken. Schon Morgens
früh den 27 wehte der Wind recht heftig aus S.-W. z. W. durch bei starkem
Regen, welcher bis Morgens um 8 Uhr dauerte. Doch war es nur erst ein
halber Sturm. Vormittags um 11 Uhr kam eine ziemlich bestige Wind-
und Regenböe, und die Windmühlen giengen fortan an allen Flügeln gerecht.
Es wehte also noch kein ganzer Sturm. Mitten am Nachmittag stillte es
eine Stunde lang ab. Danach brach ein völliger Sturm aus W.-N.-W.
herein mit unablässigem Regenguß welcher bis Abends nach 9 Uhr fort-
dauerte. Der Wind wehte mit winterlicher Sturmgewalt. In der folgenden
Nacht war besseres Wetter. Am 28 Mai -- kein Sturm wehte mehr -- wor
der Wind Morgens steif aus S.-W., später zunehmend und Mittags mit einem
Rezenschauer nach S.-S.-O. hinaufgehend. Fast den ganzen Tag goß der
Regen herab bei steifem Winde, der um reichlich 4 Uhr Nachmittags wieder
nach S.-W. umgieng. Ein Sturm von solcher Stärke wie am 27 Mai 1860
ist etwas seltenes. Der Temperaturwechsel von der Hitze zur Kälte wies
einen Unterschied von 16 bis 18 R. auf! Es war so kalt geworden daß
viele einheizten. In Holland und England wehte der Pfingststurm orkan-
artig, und zwar aus N.-W., in einigen Gegenden Englands aus N. z. W.,
und richtete in beiden Ländern an Bäumen, Garten- und Feldgewächsen, Ge-
bäuden und Schiffen große Verwüstungen an. In Holland sowohl als in
England wehte er am zweiten Pfingsltag am stärksten. Bei Arnheim und
Rotterdam wurden manche Bäume entwurzelt, zu Rotterdam war hohes
Wasser, im Haag wurden viele Dächer und Schornsteine arg beschädigt, und
im Haag'schen Bosch, im langen Vorholz und auf dem Ryswyk'schen Wege
waren die Verherrungen fürchterlich. Die stärksten und schönsten Bäume
wurden hier mit den Wurzeln aus dem Boden gerissen. Der schwere N.-W.-
Sturm hielt im Haag am 28 Mai den ganzen Tag bis spät Abends an. Alte
Lente, schreibt man aus Arnheim, können sich nicht erinnern je um Pfingsten
einen so schweren Sturm erlebt zu haben. Zu Scheveningen ward der
Dampfer "Theresia" auf seiner Fahrt von Glasgow nach Rotterdam auf
den Strand geworfen. Auch aus England schreibt man daß man dort viel-
leicht nie an Pfingsten einen solchen Sturm erlebt habe. In Nordengland
(zu Liverpool und Scarborough) wehte er noch heftiger als in Südengland.
Die Temperatur war auch in England jannarartig. Der Schaden an der
Vegetation, besonders am Obst, ist unberechenbar. Schlossen, Schnee und
Hagel begleiteten außer Regengüssen den Sturm. Die Hagelsteine waren in
einigen Gegenden Englands von ungeheurer Größe. In London wehte es
schon am 27 stark, viel stärker aber am 28. In Nordengland begann der
Sturm in der Nacht zum 28. In Liverpool dauerte er von Sonntag Nachts
an den ganzen Montag, wehte mit ungewöhnlicher Gewalt und richtete viel
Haoarie unter den Schiffen an. Zu Scarborough in Yorkshire regnete es
am 28 von 2 bis 9 Uhr Morgens Dachziegel und Schornsteine, und die
Straßen lagen voll Trümmer. Zwei neue Häuser wehten nieder, und an
der Nordseite der Stadt blieb kaum ein Fenster ganz. An dem Fischerplatz
Filey bei Bridlington in Yorkshire wurden von 22 Seejollen 13 zertrümmert,
wodurch der Ort einen Schaden von 10,000 Pf. St. erlitt. Nach fast
völliger Windstille brach dort aus N. z. W. der Sturm plötzlich herein. In
Northumberland geschah dieß bei Tagesanbruch am 28, und der Sturm
wüthete in schweren Stößen bis 9 Uhr. Das Wetter war äußerst kalt und
winterlich. In Plymouth wehte es schon am Sonntag Nachmittag (wie an der
Niederelbe) sehr hart aus der westlichen Gegend. Der am 26 d. von Ham-
burg nach London abgegangene englische Dampfer "Harburg" gieng beim
Texel gänzlich verloren, jedoch die Mannschaft wurde gerettet. Wer weiß wie
viele Seeunglücke in der Nordsee geschehen sind! In Norwegen ist der Pfingst-
sturm nicht gewesen. "Morgenbladet" (Christiania) vom 29 Mai meldet:
Nachts zum ersten Pfingsttage regnete es bis Morgens fast unablässig. Weiter
wird nichts gesagt. Auch die dänischen Blätter (Kopenhagen) vom 30 Mai
theilen nichts von Sturm an Psingsten mit, nur eines spricht von unbestän-
digem Wetter. Der von Rotterdam nach Capelle fahrende Dampfer schlug
am 28 auf dem Merwede um, und vierzig bis fünzig Menschen ertranken.
Nach dem "Nienwe Rotter damer Cour." vom 30 wehte der Sturm im Haag
aus S.-W. Obgleich auf der Landstraße nach Scheveniugen die Passage für
Fuhrwerke an vielen Stellen durch umgewehte Bäume gehemmt war, begaben

[Spaltenumbruch] Worte einzuſchalten: „Compact zuſammen im Weſten und Centrum des Staats,
in breiter Anlehnung an das übrige Deutſchland, durchzieht und verflicht
das deutſche Element die ganze Monarchie, bildet den Kern des Mittelſtan-
des, der Städte in faſt allen Gebieten, der Induſtrie und der Intelligenz,
und zieht aus dem reichen Quell einer mächtigen Nationalcultur, wie die
deutſche, immer neue Nahrung.

„Die übrigen Stämme — mit Ausnahme Italiens — können auf einen
ſolchen nahen friſchen Lebensquell nicht zurückgreifen, vielmehr ſind ſie mit
ihren höheren Bildungsbedürfniſſen eben ſelbſt nur wieder auf die deutſche
Cultur hingewieſen. Und eben weil dieſe das weſentliche Bildungsferment
auch für die andern Stämme bildet, darum liegt die Ausbreitung und Stär-
kung der deutſchen Cultur auch in ihrem eigenen wohlverſtandenen Intereſſe.
Für ſie alle gibt es nur eine Quelle höherer Civiliſation, und es kommt nur
darauf an, dieſe Quelle ſo reichlich fließen, mit Beihülfe der anderen Ver-
kehrsmittel und der Schule für alle Glieder Oeſterreichs ſo zugänglich und ſo
fruchtbar wie immer möglich zu machen.

„Es wäre das ärgſte Mißverſtändniß zu meinen hiemit ſolle einer Miß-
achtung, Kränkung, Maßregelung der landſchaftlich nationellen Beſonderhei-
ten — dem ſogenannten Germaniſtreu — das Wort geredt werden. Im Ge-
gentheil! Wir wünſchen allen Volksſtämmen in Oeſterreich die vollſte Ent-
faltung und Geltendmachung ihrer Kräfte, ein Ausbilden ihrer Eigenheiten
in jeder Richtung, und ſo gut ſie es vermögen, innerhalb der nothwendigen
geſammtſtaatlichen Zwecke. Für das deutſche Weſen, im Vertrauen auf ſeine
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unbeengten Spielraum, volle Freiheit der Bewegung im Intereſſe der verſchie-
denen Stämme ſelbſt.

„Ueberhaupt iſt das Germaniſiren an der Donau, wie an der Moldau
und Weichſel, oft ſehr engherzig aufgefaßt worden. Es iſt thöricht zu meinen
der dentſche Einfluß könne ſich nur in dem Maß ausdehnen, als die einheimi-
ſchen Idiome der deutſchen Sprache der Platz einräumen. Ungleich wichtiger
iſt die Durchbildung der Bevölkerung den deutſchen Ideen und Auſchauun-
gen, und hiezu kann gerade die Ausbildung in provinciellen Landesſprachen
die geeignetſte Handhabe darbieten. Schon als weſentliches Mittel der Volks-
bildung müſſen die Landesſprachen bebaut werden. Durch die Pflege ihres
eigenen Idioms dringen die Volksſtämme der Donauwelt nur um ſo bälder
und leichter in den deutſchen Ideenkreis ein, durchdringen ſich mit deutſchen
Anſchauungen, und werden heimiſch in deutſcher Geſittung.“

Damit iſt bezeichnet was die Deutſchen in Oeſterreich zu leiſten haben. Es iſt
nicht nationale Ueberſchätzung deutſcher Kraft wenn wir ſagen daß, wie Oeſter-
reichs Leben und Gedeihen eine Grundbedingung zur Entwicklung Deutſchlands
zu einer wahren Weltmacht iſt, um ſeine Gegenwart wie ſeine Zukunft zu ſichern,
wiederum auch das deutſche Element im Donaureich vor allem berufen iſt der
Träger der Entfaltung Oeſterreichs zu ſeyn; daß ſomit derjenige nicht bloß
Deutſchlands, ſondern auch Oeſterreichs größter Feind iſt der die Bewegung
des deutſchen Elements zu beſchränken droht, der es in irgen deiner Richtung
unter dem Vorwande abſperrt daß dadurch ſonſt die Rechte der andern Na-
tionalitäten beſchränkt würden. Die Deutſchen verlangen keine Unterſtützung,
ſondern nur das freie Spiel der Kräfte; aus dieſem allein kann ſich „das
neue Oeſterreich“ geſtalten, von ihm hängt ſein Fortſchritt und ſeine Ge-
ſundheit ab. Wir ſagen wohl mit Recht, geſtützt auf jene Autorität, daß
an der Spitze der Berwaltung Oeſterreichs der Gedanke ſtehen muß daß das
Donaureich ein integrirender Beſtandtheil Deutſchlands iſt.

„Die Einigung mit Deutſchland muß der unabänderliche Gedanke der
öſterreichiſchen Politik ſeyn,“ war die Grundmaxime des Frhrn. v. Bruck.
Wir ſuchen dieſe Einigung um unſerer Wohlfahrt willen; wir dürfen, ver-
weiſend auf die Hinterlaſſenſchaft des großen Todten, hinzufügen daß ſie
Oeſterreich nicht minder um ſeiner Wohlfahrt willen bedarf. Wir werden
nicht müde werden die Bedeutung darzuthun die Oeſterreich im deutſchen
Leben hat, jeden Schritt den es vorwärts thut auf der Bahn des Fortſchritts
und der Freiheit jubelnd zu begrüßen und zu verkünden; was wir aber dafür
von Oeſterreich, namentlich von den Deutſchen im Donaureich, erwarten
dürfen, iſt daß ſie umgekehrt im innigen Anſchluß an das deutſche Volk ihren
Stolz, ihre Stärke und ihre Stütze ſuchen, dieſes als den ſichern Hort für ihre
Gegenwart wie für ihre Zukunft erkennen, daß ſie mit aller Macht danach
ſtreben dieſen Anſchluß im Geiſt und Weſen immer inniger zu machen, daß
ſie raſtlos „arbeiten und ſparen,“ damit die kommende Generation auf die
Schultern der alten treten kann.

Mögen die Deutſchen in Oeſterreich nie vergeſſen daß alle Macht und
alle Freiheit nur auf dieſer Baſis ruht, daß es eben der Stolz des deutſcheu
Volks iſt dieſes von je erkannt zu haben. Kampf iſt die Aufgabe des Lebens,
ſey es gegen den Menſchen oder die Natur; und es gibt nur eine Weiſe dauernd
zu ſiegen, dieſe iſt: „arbeiten und ſparen.“



Der Sturm an Pfingsten.

Ganz merkwürdig in natur-
wiſſenſchaftlicher Hinſicht iſt der ſehr heftige, rotatoriſche Donnerſturm welcher
in den letzten Pfingſtragen unſere norddeutſchen Länder, die Nordſee, Holland
und England heimgeſucht, doch in Weſteuropa mit weit größerer Gewalt und
Zerſtörung als dahier gewüthet hat. Die Bahn dieſes Sturms ſowohl als
ihr Durchmeſſer hat eine ungeheure Ausdehnung gehabt. Man hat ſchwerlich
in unſerm Jahrhundert zu dieſer Jahreszeit ſeines Gleichen erlebt. Es wird
für jeden Leſer, insbeſondere für Naturforſcher, von Intereffe ſeyn die Be-
ſchaffenheit der Witterung zu erfahren die dem beſagten Cyklon vorhergegangen
iſt. Auf eine Hitze von 23° R. im Schatten in unſern Breiten, welche
von ungewöhnlich ſchweren Gewittern begleitet war, folgte ein zweitägiger
Höhenrauch, worauf am 26 die Wettergläſer ſtark ſanken. Schon Morgens
früh den 27 wehte der Wind recht heftig aus S.-W. z. W. durch bei ſtarkem
Regen, welcher bis Morgens um 8 Uhr dauerte. Doch war es nur erſt ein
halber Sturm. Vormittags um 11 Uhr kam eine ziemlich beſtige Wind-
und Regenböe, und die Windmühlen giengen fortan an allen Flügeln gerecht.
Es wehte alſo noch kein ganzer Sturm. Mitten am Nachmittag ſtillte es
eine Stunde lang ab. Danach brach ein völliger Sturm aus W.-N.-W.
herein mit unabläſſigem Regenguß welcher bis Abends nach 9 Uhr fort-
dauerte. Der Wind wehte mit winterlicher Sturmgewalt. In der folgenden
Nacht war beſſeres Wetter. Am 28 Mai — kein Sturm wehte mehr — wor
der Wind Morgens ſteif aus S.-W., ſpäter zunehmend und Mittags mit einem
Rezenſchauer nach S.-S.-O. hinaufgehend. Faſt den ganzen Tag goß der
Regen herab bei ſteifem Winde, der um reichlich 4 Uhr Nachmittags wieder
nach S.-W. umgieng. Ein Sturm von ſolcher Stärke wie am 27 Mai 1860
iſt etwas ſeltenes. Der Temperaturwechſel von der Hitze zur Kälte wies
einen Unterſchied von 16 bis 18 R. auf! Es war ſo kalt geworden daß
viele einheizten. In Holland und England wehte der Pfingſtſturm orkan-
artig, und zwar aus N.-W., in einigen Gegenden Englands aus N. z. W.,
und richtete in beiden Ländern an Bäumen, Garten- und Feldgewächſen, Ge-
bäuden und Schiffen große Verwüſtungen an. In Holland ſowohl als in
England wehte er am zweiten Pfingſltag am ſtärkſten. Bei Arnheim und
Rotterdam wurden manche Bäume entwurzelt, zu Rotterdam war hohes
Waſſer, im Haag wurden viele Dächer und Schornſteine arg beſchädigt, und
im Haag’ſchen Boſch, im langen Vorholz und auf dem Ryswyk’ſchen Wege
waren die Verherrungen fürchterlich. Die ſtärkſten und ſchönſten Bäume
wurden hier mit den Wurzeln aus dem Boden geriſſen. Der ſchwere N.-W.-
Sturm hielt im Haag am 28 Mai den ganzen Tag bis ſpät Abends an. Alte
Lente, ſchreibt man aus Arnheim, können ſich nicht erinnern je um Pfingſten
einen ſo ſchweren Sturm erlebt zu haben. Zu Scheveningen ward der
Dampfer „Thereſia“ auf ſeiner Fahrt von Glasgow nach Rotterdam auf
den Strand geworfen. Auch aus England ſchreibt man daß man dort viel-
leicht nie an Pfingſten einen ſolchen Sturm erlebt habe. In Nordengland
(zu Liverpool und Scarborough) wehte er noch heftiger als in Südengland.
Die Temperatur war auch in England jannarartig. Der Schaden an der
Vegetation, beſonders am Obſt, iſt unberechenbar. Schloſſen, Schnee und
Hagel begleiteten außer Regengüſſen den Sturm. Die Hagelſteine waren in
einigen Gegenden Englands von ungeheurer Größe. In London wehte es
ſchon am 27 ſtark, viel ſtärker aber am 28. In Nordengland begann der
Sturm in der Nacht zum 28. In Liverpool dauerte er von Sonntag Nachts
an den ganzen Montag, wehte mit ungewöhnlicher Gewalt und richtete viel
Haoarie unter den Schiffen an. Zu Scarborough in Yorkſhire regnete es
am 28 von 2 bis 9 Uhr Morgens Dachziegel und Schornſteine, und die
Straßen lagen voll Trümmer. Zwei neue Häuſer wehten nieder, und an
der Nordſeite der Stadt blieb kaum ein Fenſter ganz. An dem Fiſcherplatz
Filey bei Bridlington in Yorkſhire wurden von 22 Seejollen 13 zertrümmert,
wodurch der Ort einen Schaden von 10,000 Pf. St. erlitt. Nach faſt
völliger Windſtille brach dort aus N. z. W. der Sturm plötzlich herein. In
Northumberland geſchah dieß bei Tagesanbruch am 28, und der Sturm
wüthete in ſchweren Stößen bis 9 Uhr. Das Wetter war äußerſt kalt und
winterlich. In Plymouth wehte es ſchon am Sonntag Nachmittag (wie an der
Niederelbe) ſehr hart aus der weſtlichen Gegend. Der am 26 d. von Ham-
burg nach London abgegangene engliſche Dampfer „Harburg“ gieng beim
Texel gänzlich verloren, jedoch die Mannſchaft wurde gerettet. Wer weiß wie
viele Seeunglücke in der Nordſee geſchehen ſind! In Norwegen iſt der Pfingſt-
ſturm nicht geweſen. „Morgenbladet“ (Chriſtiania) vom 29 Mai meldet:
Nachts zum erſten Pfingſttage regnete es bis Morgens faſt unabläſſig. Weiter
wird nichts geſagt. Auch die däniſchen Blätter (Kopenhagen) vom 30 Mai
theilen nichts von Sturm an Pſingſten mit, nur eines ſpricht von unbeſtän-
digem Wetter. Der von Rotterdam nach Capelle fahrende Dampfer ſchlug
am 28 auf dem Merwede um, und vierzig bis fünzig Menſchen ertranken.
Nach dem „Nienwe Rotter damer Cour.“ vom 30 wehte der Sturm im Haag
aus S.-W. Obgleich auf der Landſtraße nach Scheveniugen die Paſſage für
Fuhrwerke an vielen Stellen durch umgewehte Bäume gehemmt war, begaben

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[2639/0011] Worte einzuſchalten: „Compact zuſammen im Weſten und Centrum des Staats, in breiter Anlehnung an das übrige Deutſchland, durchzieht und verflicht das deutſche Element die ganze Monarchie, bildet den Kern des Mittelſtan- des, der Städte in faſt allen Gebieten, der Induſtrie und der Intelligenz, und zieht aus dem reichen Quell einer mächtigen Nationalcultur, wie die deutſche, immer neue Nahrung. „Die übrigen Stämme — mit Ausnahme Italiens — können auf einen ſolchen nahen friſchen Lebensquell nicht zurückgreifen, vielmehr ſind ſie mit ihren höheren Bildungsbedürfniſſen eben ſelbſt nur wieder auf die deutſche Cultur hingewieſen. Und eben weil dieſe das weſentliche Bildungsferment auch für die andern Stämme bildet, darum liegt die Ausbreitung und Stär- kung der deutſchen Cultur auch in ihrem eigenen wohlverſtandenen Intereſſe. Für ſie alle gibt es nur eine Quelle höherer Civiliſation, und es kommt nur darauf an, dieſe Quelle ſo reichlich fließen, mit Beihülfe der anderen Ver- kehrsmittel und der Schule für alle Glieder Oeſterreichs ſo zugänglich und ſo fruchtbar wie immer möglich zu machen. „Es wäre das ärgſte Mißverſtändniß zu meinen hiemit ſolle einer Miß- achtung, Kränkung, Maßregelung der landſchaftlich nationellen Beſonderhei- ten — dem ſogenannten Germaniſtreu — das Wort geredt werden. Im Ge- gentheil! Wir wünſchen allen Volksſtämmen in Oeſterreich die vollſte Ent- faltung und Geltendmachung ihrer Kräfte, ein Ausbilden ihrer Eigenheiten in jeder Richtung, und ſo gut ſie es vermögen, innerhalb der nothwendigen geſammtſtaatlichen Zwecke. Für das deutſche Weſen, im Vertrauen auf ſeine Wiſſenſchaft, Arbeits- und ſittliche Kraft wünſchen wir gar nichts als einen unbeengten Spielraum, volle Freiheit der Bewegung im Intereſſe der verſchie- denen Stämme ſelbſt. „Ueberhaupt iſt das Germaniſiren an der Donau, wie an der Moldau und Weichſel, oft ſehr engherzig aufgefaßt worden. Es iſt thöricht zu meinen der dentſche Einfluß könne ſich nur in dem Maß ausdehnen, als die einheimi- ſchen Idiome der deutſchen Sprache der Platz einräumen. Ungleich wichtiger iſt die Durchbildung der Bevölkerung den deutſchen Ideen und Auſchauun- gen, und hiezu kann gerade die Ausbildung in provinciellen Landesſprachen die geeignetſte Handhabe darbieten. Schon als weſentliches Mittel der Volks- bildung müſſen die Landesſprachen bebaut werden. Durch die Pflege ihres eigenen Idioms dringen die Volksſtämme der Donauwelt nur um ſo bälder und leichter in den deutſchen Ideenkreis ein, durchdringen ſich mit deutſchen Anſchauungen, und werden heimiſch in deutſcher Geſittung.“ Damit iſt bezeichnet was die Deutſchen in Oeſterreich zu leiſten haben. Es iſt nicht nationale Ueberſchätzung deutſcher Kraft wenn wir ſagen daß, wie Oeſter- reichs Leben und Gedeihen eine Grundbedingung zur Entwicklung Deutſchlands zu einer wahren Weltmacht iſt, um ſeine Gegenwart wie ſeine Zukunft zu ſichern, wiederum auch das deutſche Element im Donaureich vor allem berufen iſt der Träger der Entfaltung Oeſterreichs zu ſeyn; daß ſomit derjenige nicht bloß Deutſchlands, ſondern auch Oeſterreichs größter Feind iſt der die Bewegung des deutſchen Elements zu beſchränken droht, der es in irgen deiner Richtung unter dem Vorwande abſperrt daß dadurch ſonſt die Rechte der andern Na- tionalitäten beſchränkt würden. Die Deutſchen verlangen keine Unterſtützung, ſondern nur das freie Spiel der Kräfte; aus dieſem allein kann ſich „das neue Oeſterreich“ geſtalten, von ihm hängt ſein Fortſchritt und ſeine Ge- ſundheit ab. Wir ſagen wohl mit Recht, geſtützt auf jene Autorität, daß an der Spitze der Berwaltung Oeſterreichs der Gedanke ſtehen muß daß das Donaureich ein integrirender Beſtandtheil Deutſchlands iſt. „Die Einigung mit Deutſchland muß der unabänderliche Gedanke der öſterreichiſchen Politik ſeyn,“ war die Grundmaxime des Frhrn. v. Bruck. Wir ſuchen dieſe Einigung um unſerer Wohlfahrt willen; wir dürfen, ver- weiſend auf die Hinterlaſſenſchaft des großen Todten, hinzufügen daß ſie Oeſterreich nicht minder um ſeiner Wohlfahrt willen bedarf. Wir werden nicht müde werden die Bedeutung darzuthun die Oeſterreich im deutſchen Leben hat, jeden Schritt den es vorwärts thut auf der Bahn des Fortſchritts und der Freiheit jubelnd zu begrüßen und zu verkünden; was wir aber dafür von Oeſterreich, namentlich von den Deutſchen im Donaureich, erwarten dürfen, iſt daß ſie umgekehrt im innigen Anſchluß an das deutſche Volk ihren Stolz, ihre Stärke und ihre Stütze ſuchen, dieſes als den ſichern Hort für ihre Gegenwart wie für ihre Zukunft erkennen, daß ſie mit aller Macht danach ſtreben dieſen Anſchluß im Geiſt und Weſen immer inniger zu machen, daß ſie raſtlos „arbeiten und ſparen,“ damit die kommende Generation auf die Schultern der alten treten kann. Mögen die Deutſchen in Oeſterreich nie vergeſſen daß alle Macht und alle Freiheit nur auf dieſer Baſis ruht, daß es eben der Stolz des deutſcheu Volks iſt dieſes von je erkannt zu haben. Kampf iſt die Aufgabe des Lebens, ſey es gegen den Menſchen oder die Natur; und es gibt nur eine Weiſe dauernd zu ſiegen, dieſe iſt: „arbeiten und ſparen.“ Der Sturm an Pfingsten. * Von der Niederelbe, 31 Mai. Ganz merkwürdig in natur- wiſſenſchaftlicher Hinſicht iſt der ſehr heftige, rotatoriſche Donnerſturm welcher in den letzten Pfingſtragen unſere norddeutſchen Länder, die Nordſee, Holland und England heimgeſucht, doch in Weſteuropa mit weit größerer Gewalt und Zerſtörung als dahier gewüthet hat. Die Bahn dieſes Sturms ſowohl als ihr Durchmeſſer hat eine ungeheure Ausdehnung gehabt. Man hat ſchwerlich in unſerm Jahrhundert zu dieſer Jahreszeit ſeines Gleichen erlebt. Es wird für jeden Leſer, insbeſondere für Naturforſcher, von Intereffe ſeyn die Be- ſchaffenheit der Witterung zu erfahren die dem beſagten Cyklon vorhergegangen iſt. Auf eine Hitze von 23° R. im Schatten in unſern Breiten, welche von ungewöhnlich ſchweren Gewittern begleitet war, folgte ein zweitägiger Höhenrauch, worauf am 26 die Wettergläſer ſtark ſanken. Schon Morgens früh den 27 wehte der Wind recht heftig aus S.-W. z. W. durch bei ſtarkem Regen, welcher bis Morgens um 8 Uhr dauerte. Doch war es nur erſt ein halber Sturm. Vormittags um 11 Uhr kam eine ziemlich beſtige Wind- und Regenböe, und die Windmühlen giengen fortan an allen Flügeln gerecht. Es wehte alſo noch kein ganzer Sturm. Mitten am Nachmittag ſtillte es eine Stunde lang ab. Danach brach ein völliger Sturm aus W.-N.-W. herein mit unabläſſigem Regenguß welcher bis Abends nach 9 Uhr fort- dauerte. Der Wind wehte mit winterlicher Sturmgewalt. In der folgenden Nacht war beſſeres Wetter. Am 28 Mai — kein Sturm wehte mehr — wor der Wind Morgens ſteif aus S.-W., ſpäter zunehmend und Mittags mit einem Rezenſchauer nach S.-S.-O. hinaufgehend. Faſt den ganzen Tag goß der Regen herab bei ſteifem Winde, der um reichlich 4 Uhr Nachmittags wieder nach S.-W. umgieng. Ein Sturm von ſolcher Stärke wie am 27 Mai 1860 iſt etwas ſeltenes. Der Temperaturwechſel von der Hitze zur Kälte wies einen Unterſchied von 16 bis 18 R. auf! Es war ſo kalt geworden daß viele einheizten. In Holland und England wehte der Pfingſtſturm orkan- artig, und zwar aus N.-W., in einigen Gegenden Englands aus N. z. W., und richtete in beiden Ländern an Bäumen, Garten- und Feldgewächſen, Ge- bäuden und Schiffen große Verwüſtungen an. In Holland ſowohl als in England wehte er am zweiten Pfingſltag am ſtärkſten. Bei Arnheim und Rotterdam wurden manche Bäume entwurzelt, zu Rotterdam war hohes Waſſer, im Haag wurden viele Dächer und Schornſteine arg beſchädigt, und im Haag’ſchen Boſch, im langen Vorholz und auf dem Ryswyk’ſchen Wege waren die Verherrungen fürchterlich. Die ſtärkſten und ſchönſten Bäume wurden hier mit den Wurzeln aus dem Boden geriſſen. Der ſchwere N.-W.- Sturm hielt im Haag am 28 Mai den ganzen Tag bis ſpät Abends an. Alte Lente, ſchreibt man aus Arnheim, können ſich nicht erinnern je um Pfingſten einen ſo ſchweren Sturm erlebt zu haben. Zu Scheveningen ward der Dampfer „Thereſia“ auf ſeiner Fahrt von Glasgow nach Rotterdam auf den Strand geworfen. Auch aus England ſchreibt man daß man dort viel- leicht nie an Pfingſten einen ſolchen Sturm erlebt habe. In Nordengland (zu Liverpool und Scarborough) wehte er noch heftiger als in Südengland. Die Temperatur war auch in England jannarartig. Der Schaden an der Vegetation, beſonders am Obſt, iſt unberechenbar. Schloſſen, Schnee und Hagel begleiteten außer Regengüſſen den Sturm. Die Hagelſteine waren in einigen Gegenden Englands von ungeheurer Größe. In London wehte es ſchon am 27 ſtark, viel ſtärker aber am 28. In Nordengland begann der Sturm in der Nacht zum 28. In Liverpool dauerte er von Sonntag Nachts an den ganzen Montag, wehte mit ungewöhnlicher Gewalt und richtete viel Haoarie unter den Schiffen an. Zu Scarborough in Yorkſhire regnete es am 28 von 2 bis 9 Uhr Morgens Dachziegel und Schornſteine, und die Straßen lagen voll Trümmer. Zwei neue Häuſer wehten nieder, und an der Nordſeite der Stadt blieb kaum ein Fenſter ganz. An dem Fiſcherplatz Filey bei Bridlington in Yorkſhire wurden von 22 Seejollen 13 zertrümmert, wodurch der Ort einen Schaden von 10,000 Pf. St. erlitt. Nach faſt völliger Windſtille brach dort aus N. z. W. der Sturm plötzlich herein. In Northumberland geſchah dieß bei Tagesanbruch am 28, und der Sturm wüthete in ſchweren Stößen bis 9 Uhr. Das Wetter war äußerſt kalt und winterlich. In Plymouth wehte es ſchon am Sonntag Nachmittag (wie an der Niederelbe) ſehr hart aus der weſtlichen Gegend. Der am 26 d. von Ham- burg nach London abgegangene engliſche Dampfer „Harburg“ gieng beim Texel gänzlich verloren, jedoch die Mannſchaft wurde gerettet. Wer weiß wie viele Seeunglücke in der Nordſee geſchehen ſind! In Norwegen iſt der Pfingſt- ſturm nicht geweſen. „Morgenbladet“ (Chriſtiania) vom 29 Mai meldet: Nachts zum erſten Pfingſttage regnete es bis Morgens faſt unabläſſig. Weiter wird nichts geſagt. Auch die däniſchen Blätter (Kopenhagen) vom 30 Mai theilen nichts von Sturm an Pſingſten mit, nur eines ſpricht von unbeſtän- digem Wetter. Der von Rotterdam nach Capelle fahrende Dampfer ſchlug am 28 auf dem Merwede um, und vierzig bis fünzig Menſchen ertranken. Nach dem „Nienwe Rotter damer Cour.“ vom 30 wehte der Sturm im Haag aus S.-W. Obgleich auf der Landſtraße nach Scheveniugen die Paſſage für Fuhrwerke an vielen Stellen durch umgewehte Bäume gehemmt war, begaben

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2021-11-18T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 158, 6. Juni 1860, S. 2639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine158_1860/11>, abgerufen am 08.07.2024.