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Allgemeine Zeitung, Nr. 142, 26. März 1908.

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Donnerstag. 26. März 1908. München. Einzige Tagesausgabe. -- Nr. 142
Allgemeine Zeitung.
Erscheint täglich 2 mal. -- Einhundertelfter Jahrgang.

Bezugspreis: Ausgabe B mit Wissenschaftlicher Beilage und Internationaler Wochenschrift in
München 1.50 Mark monatlich frei ins Haus; durch die Post: 2. -- Mark monatlich Ausgabe A (ohne
Beilage) in München 1. -- Mark, durch die Post bezogen 1.50 Mark monatlich. Abonnements für
München: Expedition Bayerstraße 57, deren Filialen und sämtliche Zeitungs-Expeditionen; für
das Ausland: England: A. Siegle, 30 Lime Str und The Anglo-Foreign Publishing Syndicate,
Ltd., 88 Coleman Str., in London; Frankreich. Portugal und Spanien: A. Ammel u C. Kliencksieck
in Paris; das übrige Europa: die Postämter; Orient: das k. k. Postamt in Wien oder in Triest; Nord-
amerika: F. W. Christern. E. Steiger & Co., Gust E. Stechert. Westermann & Co., sämtlich in New York.

[Abbildung]

Insertionspreis: für die 7 gespaltene Kolonelzeile oder deren Raum im Morgenblatt
40 Pfennig, im Abendblatt 30 Pfennig, Lokale Anzeigen nach Tarif. Stellen-Gesuche 10 Pfennig.
Inseraten-Annahme in München: Expedition Bayerstraße 57, die Filialen der Allgemeinen
Zeitung und alle Annoncen-Expeditionen. -- Generalvertretungen: für Oesterreich-Ungarn
in Wien V/I, Schönbrunner Str. 48 (Richard Jahn); Frankreich: John F. Jones & Co.,
31 bis Rue du Faubourg Montmartre in Paris; England: John F. Jones & Co.,
1 & 2 Snow Hill, Holborn-Viadukt, London; Rußland: L & E. Metzl & Co., Moskau.
Mjasnitzkaja Haus Systow, St. Petersburg, Morskaja 11; Warschau: Kral-Vorstadt 53.

Chefredakteur: Dr. Hermann Diez.

Verantwortlich: für den politischen Teil mit Ausnahme der bayerischen Politik Dr. Rudolf Dammert; für den bayerischen Teil Dr. Paul Busching; für das Feuilleton und den "Sonntag" Alfred Frhr. v. Mensi;
für die Wissenschaftliche Beilage Dr. Oskar Bulle; für den Handelsteil Leo Jolles, sämtlich in München.
Redaktion: Bayerstraße 57 Telephon 8432, 8433. = Druck und Verlag: Bayerische Druckerei & Verlagsanstalt, G. m. b. H., in München. = Expedition: Bayerstraße 57. Telephon 8430, 8431.

[Spaltenumbruch] Des Feiertags wegen erscheint die
nächste Nummer der Allgemeinen Zeitung
Donnerstag Nachmitlag.


Das Neueste vom Tage.

Der Erzbischof von Bamberg hat den Domkapitular
Wagner zum Generalvikar ernannt.



Im Budgetausschuß des österreichischen Abgeord-
netenhauses
sind interessante und befriedigende Erklärun-
gen über den Fall Wahrmund abgegeben worden.



Der König von Italien ist in Venedig eingetroffen.



Der spanische Minister des Aeußern erklärt die Mel-
dung ausländischer Blätter, daß Spanien in Marokko
Truppen gelandet habe, um den Prätendenten einzuschließen,
für unrichtig.



Deutschland und Frankreich in der
Marokkofrage.

* Die Erklärungen zur Marokkopolitik, die gestern vom
Reichskanzler wie von dem neuen Staatssekre-
tär des Auswärtigen
abgegeben worden sind, ent-
halten einige wertvolle Feststellungen. Einmal, daß die Er-
örterung der Marokkofrage zwischen Deutschland und Frank-
reich bisher ihren durchaus freundschaftlichen Charakter be-
währt hat, zweitens, daß die deutsche Regierung das be-
waffnete Vorgehen Frankreichs in Marokko als neben
der Algecirasakte herlaufend,
d. h. als Aus-
fluß der allgemeinen Befugnis jedes Staates, für flagrante
Verletzungen seiner Rechte oder Interessen sich Genugtuung
zu verschaffen, betrachtet und drittens, daß sie auch heute
noch an der Hoffnung festhält, das Vorgehen Frankreichs
werde auch in seinen Zielen und Ergebnissen nicht in Wider-
spruch mit den Grundsätzen der Algecirasakte treten. Daß
diese Hoffnung nicht den Charakter einer unbedingten Zu-
versicht hat, ist zwischen den einzelnen Sätzen der Reichs-
kanzlerrede deutlich genug herauszuhören, und man darf
erwarten, daß man auch in Frankreich Verständnis für diese
vorsichtige Art der Warnung haben wird. Daß die Lösung
der Marokkofrage, wie sie den französischen Expansionisten
vorschwebt, mit der Algecirasakte sich nicht verträgt, dar-
über kann ein Zweifel nicht bestehen, und das gilt speziell
auch von dem neuesten Lösungsversuch, über den unser
Pariser Korrespondent uns berichtet:
sch. Paris, 23. März.

Während die französische Aktion im Westen Marokkos
allen militärischen "Triumphen" zum Trotz noch immer
kein bestimmtes Ergebnis absehen läßt, das die Ansprüche
und Wünsche der Expansionisten befriedigen könnte, sind
diese im Osten dank der Initiative Liauteys und Baillouds
ihrem Ziele fast geräuschlos näher gerückt und haben die
stark übertriebenen Gerüchte von der Bedrohung der algeri-
schen Grenze geschickt für ihre Zwecke auszunutzen ver-
standen. Nachdem das provisorisch besetzte marokkanische
Adschda zu einer ständigen französischen Militärstation um-
geschaffen und das gebirgige Gelände der als Aufrührer
behandelten Beni Snassen durch französische Posten dauernd
in Okkupationsgebiet umgewandelt worden ist, zielen die
französischen Wünsche nunmehr auch auf eine dauernde
Besetzung der Oase Tafilelt, wozu die angeblichen Rüstun-
gen und Drohungen der Berberstämme, sowie die gespen-
stische Harha, die das Grenzgebiet unsicher machen soll, den
willkommenen Vorwand abgeben.

Welche Bedeutung diese Annexion für die Franzosen
haben würde, geht sehr charakteristisch aus einem heute er-
schienenen Artikel des Senators Gaudin de Villaine her-
vor, der in der Besetzung jener schönsten Oase Nordafrikas
die beste Entschädigung für die französischen Kriegskosten
erblickt, die um so leichter zu erhalten wäre, als sie die
Eifersucht der europäischen Mächte nicht wecken könnte, da
das Gebiet einzig von Algerien aus oder durch die Sahara
zugänglich ist. Das Tal von Tafilelt ist die alte Kara-
wanenstraße zwischen Fez und Timbuktu, die seit alters-
her infolge der Fruchtbarkeit des Gebietes von den Han-
delskarawanen bevorzugt wurde. Der Geograph Elysee
Reclus vergleicht das zum Tafilelt gehörige Hochtal von
Qued-Ziz einem Italien wegen der Ergiebigkeit des
Bodens und der Milde des Klimas. Die Ufer des Flusses,
der das Tal durchströmt, bilden einen einzigen langgestreck-
ten Garten. Weiter unterhalb zieht sich von Oase zu Oase
bis an den Rand der Wüste ein Palmenwald. Die Datteln
von Tafilelt gehören zu den geschätztesten Nordafrikas,
ebenso die anderen Früchte, Trauben, Oliven, Pfirsiche,
Aprikosen, Pflaumen; die Oase von Tafilelt stellt also
ein kleines Paradies dar. Die Bevölkerung dieses Ge-
bietes zählt über 100,000 Köpfe, die in 150 Dorfschaften
[Spaltenumbruch] (Ksurs) verteilt sind; die Hauptdorfschaft Tafilelt selbst,
aus zwei Ksurs zusammengesetzt, ist Sitz eines Statthalters
und der Hauptmarkt der ganzen Sahara.

Selbstverständlich werden die Bewohner dieses Para-
dieses nicht ohne weiteres geneigt sein, sich von den Fran-
zosen annektieren zu lassen; sie sind völlig unschuldig an
der Ermordung der sechs Hafenarbeiter von Casablanca
und werden wahrscheinlich von den "Pazifikations" bestre-
bungen des Generals d'Amade nur unklare Vorstellungen
haben, da sie durch die Kette des Atlas vom übrigen Ma-
rokko vollständig abgetrennt sind. Nur wenige werden ge-
bildet genug sein, einzusehen, daß die Franzosen durch ihre
rühmliche Friedensarbeit im Auftrage Europas diese Oase
als Trinkgeld verdient haben und sie brauchen, um ihre
südoranischen Besitzungen sicher zu stellen, abzurunden und
den Ausbau der Bahn von Igli nach Tuat zu ermöglichen.
Sie müßten also gewaltsam zu dieser Einsicht gebracht wer-
den, wozu Senator Gaudin die jetzt bei Casablanca stehen-
den Streitkräfte für hinreichend hält. In der Durchfüh-
rung dieses neuen zivilisatorischen Unternehmens erblickt
der Senator die für Frankreich ehrenvollste (und auch ein-
träglichste) Lösung der marokkanischen Frage. Einmal im
Besitz des "Kleinods von Nordafrika", könnte Frankreich
die gezüchtigten Schauja ihrem wohlverdienten traurigen
Schicksal und die Sultansbrüder Abd ul Asis und Muley
Hafid ihren Gläubigern überlassen.



Zur bayerischen Berggesetzgebung.

Aus bergbaulichen Kreisen schreibt man uns:

Nachdem mehrere deutsche Staaten zur Abwehr der
spekulativen Bestrebungen der Bohrgesellschaften die offene
Türe des Bergbaues durch die Errichtung des Monopols
auf Stein- und Kalisalz und auf Kohlen mehr oder weniger
zugemacht haben, glaubte auch die bayerische Staatsregie-
rung eine Aenderung des Berggesetzes1) herbeiführen zu
müssen, obschon der Bergbau in Bayern seit Jahrzehnten
über das Anfangsstadium nicht hinausgekommen ist. Da
sich die Staatsregierung jedoch darüber klar ist, daß sie
nicht imstande ist, in kurzer Zeit einen großen Bergbau
ins Leben zu rufen, so hat sie im Landtag einen Gesetz-
entwurf eingebracht, der die Mutungsfreiheit der Privaten
angeblich nicht einschränken, aber dem Staate zugleich
wertvolles Bergwerkseigentum zuführen soll. Das Mo-
nopol ist nicht beabsichtigt. Dieser Zweck, den Privaten
für den Staat arbeiten zu lassen, soll durch die An-
schlußmutung
erreicht werden, d. h. der Staat soll be-
rechtigt sein, anschließend an das Grubenfeld des Privaten
ohne Fundesnachweis ein Grubenfeld zu begehren.

Der Gesetzentwurf ist von der Kammer der Abgeord-
neten angenommen worden. Es fehlt in weiten Kreisen
der Abgeordneten an einem tiefen Verständnis für die
Bedürfnisse des Bergbaues, so daß es eigentlich nur der
Abgeordnete Abresch war, der dem Gesetzentwurf mit
Sachkenntnis entgegengetreten ist.

Der wichtigste Teil des Gesetzes ist der Art. 22a: "Der
Staat ist berechtigt, anschließend an das
Feld des Muters ein Feld zu begehren (An-
schlußmutung).
Für welche Mineralien die Anschluß-
mutung gelten soll, das ist nicht gesagt. Im Absatz vorher
ist nur angegeben: "Wird eine Mutung auf Eisen, Mangan,
Schwefel, gediegen oder als Erz, Alaun- oder Vitriolerz,
Stein- oder Braunkohlen eingelegt, so hat das Oberberg-
amt dem Staatsärar von der Feldesstreckung durch Zustel-
lung eines Exemplars der Steuerkatasterpläne Kenntnis
zu geben." Wahrscheinlich soll die Anschlußmutung für
diese Mineralien gelten.

Wirklich wertvolle Grubenfelder könnte der Staat
durch die Anschlußmutung nur bei einer Mutung auf Stein-
oder Braunkohlen erlangen, da im allgemeinen nur diese
Mineralien in mächtigen Flötzen eine weit größere Ver-
breitung besitzen, als einem bayerischen Maximalgruben-
feld von selbst 800 Hektar Größe entspricht. Wertvolle
Eisen-, Mangan- und Schwefelerze kommen in Bayern
selten in solcher Verbreitung vor, daß sie nicht mit einem
Grubenfeld von 200 Hektar völlig überdeckt werden könn-
ten. Und wenn der Private seine Sache etwas versteht,
so wird ihm dies auch stets gelingen. Der Staat erhält
dann durch die Anschlußmutung wohl ein Grubenfeld, aber
ein wertloses. Vernünftigerweise hätte sich daher der Ge-
setzentwurf auf Stein- und Braunkohlen beschränken sollen.

In welchem Maße künftig die seitherige Mutungs-
freiheit des Privaten durch die Anschlußmutung des
Staates eingeschränkt werden wird, ergibt sich aus anderen
Zusätzen im Gesetzentwurfe. Während bisher die die
Mutung abnehmenden Beamten verpflichtet waren, über
die Ergebnisse des Fundes Stillschweigen zu beobachten,
muß künstig das Staatsärar, der schärfste Konkurrent des
Privatmuters, zu der Fundesbesichtigung eingeladen wer-
den. Er muß die etwa beabsichtigten Konkurrenzarbeiten
[Spaltenumbruch] des Staates geradezu unterstützen. Da es hierdurch dem
Privaten unmöglich gemacht werden kann, anschließend an
das eine Grubenfeld noch ein zweites zu gewinnen, so hat,
um jegliches Bedenken der Abgeordneten zu zerstreuen, die
Staatsregierung den Zusatz gemacht: "Das Anschluß-
feld ist sozustrecken, daß das Feld des Muters
bis zur Hälfte der Gesamtausdehnung
seiner Grenzen vom Anschluß frei bleibt.
"
Das liest sich sehr schön, in Wirklichkeit ist diese Zusage
wertlos. Denn wenn der Muter, um ein zweites Gruben-
feld zu gewinnen, nach Einlegung der ersten Mutung mit
einer zweiten Bohrung beginnt, so hat der Staat das Recht,
diese Bohrung mit seiner Anschlußmutung zu überdecken
Außerdem kann der Staat selbst mit einer Bohrung be-
ginnen, und wird er fündig, so erhält er gleich zwei Gruben-
felder, mit denen er die andere Hälfte des Privatgruben-
feldes umschließen kann, die von der ersten Anschlußmutung
frei geblieben ist. Hat der Private sein erstes Grubenfeld
gestreckt, so ist er außerstande, die Konkurrenzbohrung des
Staates zu verhindern. Selbst aber kann er vernünftiger-
weise mit einer zweiten Bohrung erst beginnen, wenn der
Staat das Feld der Anschlußmutung gestreckt hat. Und das
kann nach dem neuen Gesetze sehr lange hinausgezogen
werden.

Der erste Muter ist also durch die Anschlußmutung des
Staates behindert, anschließend an sein erstes Grubenfeld
ein zweites zu gewinnen. Das ist aber nach der Auffassung
der Regierung gar nicht nötig, daß er anschließend ein
zweites Grubenfeld erhält, denn nach den Erklärungen des
Finanzministers ist ein bayerisches Grubenfeld von 800
Hektar Größe in allen Fällen für einen rentablen Bergbau
völlig ausreichend. Daß sich der Minister damit im Irr-
tum befindet, ist ihm von bergbaulicher Seite dargelegt
worden. Wenn Kohlenflötze sehr tief liegen, so werden die
Schachtanlagen teuer; es kann eine einzige 6--10 Mill. M
kosten. Soll eine solche Anlage sich dann rentieren, so muß
der Bergbau eine bedeutende Nachhaltigkeit besitzen. Sind
die Flötze aber nicht sehr zahlreich und mächtig, so ist ein
Grubenfeld von 800 Hektar Größe, auch wenn es in allen
Teilen Kohlen enthält, für einen nachhaltigen und ren-
tablen Bergbau unzureichend.

Bei dem ersten Fund, auf den Mutung eingelegt wird,
kann man bei den in Bayern herrschenden Lagerungs-
verhältnissen des Kohlengebirges nicht wissen, ob das auf
den einen Fund gestreckte Grubenfeld wirklich in allen
Teilen ausbeutungsfähige Kohlenflötze enthält; es kann
nur ein kleiner Bruchteil des Feldes Kohlen enthalten.
Ergeben dann die weiteren Aufschlüsse, daß sich ein ren-
tabler Bergbau nicht einrichten läßt, so kann dem Pri-
vaten nach Art. 66 und 192 des bayerischen Berggesetzes
das gemutete Bergwerkseigentum auch noch entzogen wer-
den. Bedenkt man, daß der Private in einem neuen Ge-
biete, in dem Kohlen noch nicht nachgewiesen sind -- und
in Bayern fehlen bekanntlich noch fast alle Funde, an die
ein Anschluß möglich wäre --, erst eine Reihe von kost-
spieligen Versuchsbohrungen machen muß, um einen guten
Fund überhaupt zu ermöglichen, und daß ein Grubenfeld
oft kaum die Kosten der Versuchsbohrungen zu decken ver-
mag, daß man aber ein Unternehmen doch erst beginnt.
wenn Aussicht besteht, dabei etwas zu gewinnen, so läßt
sich sagen, daß in Bayern nach dem Inkrafttreten des Ge-
setzes sich schwerlich noch Private finden werden, die Versuchs-
bohrungen machen werden. Der Wettbewerb der Bohr-
gesellschaften wird aber ausbleiben, denn die Bohrgesell-
schaften gehen mit ihren Apparaten dahin, wo sie sich an
bekannte Funde anschließen können. Versuchsbohrungen
wollen sie nicht machen, auch die Internationale Bohr-
gesellschaft nicht; dazu haben sie kein Geld; deshalb sind
sie auch früher nicht nach Bayern gekommen.

Daß das Gesetz der Anschlußmutung auf die Entwick-
lung des Privatbergbaues lähmend wirken wird, hat sich
schon an der Gesellschaft erwiesen, die vor einigen Jahren
mit einem Aufwand von über einer halben Million Mark
bei Nürnberg Bohrversuche auf Kohlen vorgenommen hat.
Sowie bekannt wurde, daß der Staat das Mutungsrecht
zu seinen Gunsten ändern wolle, hat sie ihre Arbeiten
eingestellt.
Die bedenklichste Seite des Gesetzentwurfes
aber ist die, daß das Recht zur Ausübung der Anschluß-
mutung dem Staatsärar übertragen werden soll, das zu-
gleich der schärfste Konkurrent des Privatmuters ist. Das
Staatsärar kann von der Anschlußmutung beliebigen Ge-
brauch machen. Es kann dem einen Muter schon bei der
Fundesbesichtigung wissen lassen, daß ihm gegenüber von
der Anschlußmutung kein Gebrauch gemacht werden wird,
während es dem anderen die Fortsetzung seiner Arbeiten
unmöglich machen kann.

Wenn in Bayern künftig noch ein Privater Versuchs-
bohrungen auf Kohlen vornehmen soll, so wird ihm der
Staat Vergünstigungen einräumen müssen, die er nicht zu-
gleich einem anderen bieten kann. Er wird die Arbeiten
des Schürfers mit der Anschlußmutung nicht hindern dür-
fen, sondern anderen Schürfern gegenüber fördern müssen.
Damit aber ist das gleiche Recht für alle aufgehoben. Der
Staat wird seinem Bevorzugten gegenüber Abmachungen

1) Das Gesetz beschäftigt zurzeit die Reichsratskammer, von
der die bergbaulichen Kreise Bayerns Berücksichtigung ihrer bis-
her wirkungslosen Proteste erhoffen.
Donnerstag. 26. März 1908. München. Einzige Tagesausgabe. — Nr. 142
Allgemeine Zeitung.
Erſcheint täglich 2 mal. — Einhundertelfter Jahrgang.

Bezugspreis: Ausgabe B mit Wiſſenſchaftlicher Beilage und Internationaler Wochenſchrift in
München 1.50 Mark monatlich frei ins Haus; durch die Poſt: 2. — Mark monatlich Ausgabe A (ohne
Beilage) in München 1. — Mark, durch die Poſt bezogen 1.50 Mark monatlich. Abonnements für
München: Expedition Bayerſtraße 57, deren Filialen und ſämtliche Zeitungs-Expeditionen; für
das Ausland: England: A. Siegle, 30 Lime Str und The Anglo-Foreign Publiſhing Syndicate,
Ltd., 88 Coleman Str., in London; Frankreich. Portugal und Spanien: A. Ammel u C. Klienckſieck
in Paris; das übrige Europa: die Poſtämter; Orient: das k. k. Poſtamt in Wien oder in Trieſt; Nord-
amerika: F. W. Chriſtern. E. Steiger & Co., Guſt E. Stechert. Weſtermann & Co., ſämtlich in New York.

[Abbildung]

Inſertionspreis: für die 7 geſpaltene Kolonelzeile oder deren Raum im Morgenblatt
40 Pfennig, im Abendblatt 30 Pfennig, Lokale Anzeigen nach Tarif. Stellen-Geſuche 10 Pfennig.
Inſeraten-Annahme in München: Expedition Bayerſtraße 57, die Filialen der Allgemeinen
Zeitung und alle Annoncen-Expeditionen. — Generalvertretungen: für Oeſterreich-Ungarn
in Wien V/I, Schönbrunner Str. 48 (Richard Jahn); Frankreich: John F. Jones & Co.,
31 bis Rue du Faubourg Montmartre in Paris; England: John F. Jones & Co.,
1 & 2 Snow Hill, Holborn-Viadukt, London; Rußland: L & E. Metzl & Co., Moskau.
Mjasnitzkaja Haus Syſtow, St. Petersburg, Morskaja 11; Warſchau: Kral-Vorſtadt 53.

Chefredakteur: Dr. Hermann Diez.

Verantwortlich: für den politiſchen Teil mit Ausnahme der bayeriſchen Politik Dr. Rudolf Dammert; für den bayeriſchen Teil Dr. Paul Buſching; für das Feuilleton und den „Sonntag“ Alfred Frhr. v. Menſi;
für die Wiſſenſchaftliche Beilage Dr. Oskar Bulle; für den Handelsteil Leo Jolles, ſämtlich in München.
Redaktion: Bayerſtraße 57 Telephon 8432, 8433. = Druck und Verlag: Bayeriſche Druckerei & Verlagsanſtalt, G. m. b. H., in München. = Expedition: Bayerſtraße 57. Telephon 8430, 8431.

[Spaltenumbruch] Des Feiertags wegen erſcheint die
nächſte Nummer der Allgemeinen Zeitung
Donnerstag Nachmitlag.


Das Neueſte vom Tage.

Der Erzbiſchof von Bamberg hat den Domkapitular
Wagner zum Generalvikar ernannt.



Im Budgetausſchuß des öſterreichiſchen Abgeord-
netenhauſes
ſind intereſſante und befriedigende Erklärun-
gen über den Fall Wahrmund abgegeben worden.



Der König von Italien iſt in Venedig eingetroffen.



Der ſpaniſche Miniſter des Aeußern erklärt die Mel-
dung ausländiſcher Blätter, daß Spanien in Marokko
Truppen gelandet habe, um den Prätendenten einzuſchließen,
für unrichtig.



Deutſchland und Frankreich in der
Marokkofrage.

* Die Erklärungen zur Marokkopolitik, die geſtern vom
Reichskanzler wie von dem neuen Staatsſekre-
tär des Auswärtigen
abgegeben worden ſind, ent-
halten einige wertvolle Feſtſtellungen. Einmal, daß die Er-
örterung der Marokkofrage zwiſchen Deutſchland und Frank-
reich bisher ihren durchaus freundſchaftlichen Charakter be-
währt hat, zweitens, daß die deutſche Regierung das be-
waffnete Vorgehen Frankreichs in Marokko als neben
der Algecirasakte herlaufend,
d. h. als Aus-
fluß der allgemeinen Befugnis jedes Staates, für flagrante
Verletzungen ſeiner Rechte oder Intereſſen ſich Genugtuung
zu verſchaffen, betrachtet und drittens, daß ſie auch heute
noch an der Hoffnung feſthält, das Vorgehen Frankreichs
werde auch in ſeinen Zielen und Ergebniſſen nicht in Wider-
ſpruch mit den Grundſätzen der Algecirasakte treten. Daß
dieſe Hoffnung nicht den Charakter einer unbedingten Zu-
verſicht hat, iſt zwiſchen den einzelnen Sätzen der Reichs-
kanzlerrede deutlich genug herauszuhören, und man darf
erwarten, daß man auch in Frankreich Verſtändnis für dieſe
vorſichtige Art der Warnung haben wird. Daß die Löſung
der Marokkofrage, wie ſie den franzöſiſchen Expanſioniſten
vorſchwebt, mit der Algecirasakte ſich nicht verträgt, dar-
über kann ein Zweifel nicht beſtehen, und das gilt ſpeziell
auch von dem neueſten Löſungsverſuch, über den unſer
Pariſer Korreſpondent uns berichtet:
sch. Paris, 23. März.

Während die franzöſiſche Aktion im Weſten Marokkos
allen militäriſchen „Triumphen“ zum Trotz noch immer
kein beſtimmtes Ergebnis abſehen läßt, das die Anſprüche
und Wünſche der Expanſioniſten befriedigen könnte, ſind
dieſe im Oſten dank der Initiative Liauteys und Baillouds
ihrem Ziele faſt geräuſchlos näher gerückt und haben die
ſtark übertriebenen Gerüchte von der Bedrohung der algeri-
ſchen Grenze geſchickt für ihre Zwecke auszunutzen ver-
ſtanden. Nachdem das proviſoriſch beſetzte marokkaniſche
Adſchda zu einer ſtändigen franzöſiſchen Militärſtation um-
geſchaffen und das gebirgige Gelände der als Aufrührer
behandelten Beni Snaſſen durch franzöſiſche Poſten dauernd
in Okkupationsgebiet umgewandelt worden iſt, zielen die
franzöſiſchen Wünſche nunmehr auch auf eine dauernde
Beſetzung der Oaſe Tafilelt, wozu die angeblichen Rüſtun-
gen und Drohungen der Berberſtämme, ſowie die geſpen-
ſtiſche Harha, die das Grenzgebiet unſicher machen ſoll, den
willkommenen Vorwand abgeben.

Welche Bedeutung dieſe Annexion für die Franzoſen
haben würde, geht ſehr charakteriſtiſch aus einem heute er-
ſchienenen Artikel des Senators Gaudin de Villaine her-
vor, der in der Beſetzung jener ſchönſten Oaſe Nordafrikas
die beſte Entſchädigung für die franzöſiſchen Kriegskoſten
erblickt, die um ſo leichter zu erhalten wäre, als ſie die
Eiferſucht der europäiſchen Mächte nicht wecken könnte, da
das Gebiet einzig von Algerien aus oder durch die Sahara
zugänglich iſt. Das Tal von Tafilelt iſt die alte Kara-
wanenſtraße zwiſchen Fez und Timbuktu, die ſeit alters-
her infolge der Fruchtbarkeit des Gebietes von den Han-
delskarawanen bevorzugt wurde. Der Geograph Elyſée
Reclus vergleicht das zum Tafilelt gehörige Hochtal von
Qued-Ziz einem Italien wegen der Ergiebigkeit des
Bodens und der Milde des Klimas. Die Ufer des Fluſſes,
der das Tal durchſtrömt, bilden einen einzigen langgeſtreck-
ten Garten. Weiter unterhalb zieht ſich von Oaſe zu Oaſe
bis an den Rand der Wüſte ein Palmenwald. Die Datteln
von Tafilelt gehören zu den geſchätzteſten Nordafrikas,
ebenſo die anderen Früchte, Trauben, Oliven, Pfirſiche,
Aprikoſen, Pflaumen; die Oaſe von Tafilelt ſtellt alſo
ein kleines Paradies dar. Die Bevölkerung dieſes Ge-
bietes zählt über 100,000 Köpfe, die in 150 Dorfſchaften
[Spaltenumbruch] (Kſurs) verteilt ſind; die Hauptdorfſchaft Tafilelt ſelbſt,
aus zwei Kſurs zuſammengeſetzt, iſt Sitz eines Statthalters
und der Hauptmarkt der ganzen Sahara.

Selbſtverſtändlich werden die Bewohner dieſes Para-
dieſes nicht ohne weiteres geneigt ſein, ſich von den Fran-
zoſen annektieren zu laſſen; ſie ſind völlig unſchuldig an
der Ermordung der ſechs Hafenarbeiter von Caſablanca
und werden wahrſcheinlich von den „Pazifikations“ beſtre-
bungen des Generals d’Amade nur unklare Vorſtellungen
haben, da ſie durch die Kette des Atlas vom übrigen Ma-
rokko vollſtändig abgetrennt ſind. Nur wenige werden ge-
bildet genug ſein, einzuſehen, daß die Franzoſen durch ihre
rühmliche Friedensarbeit im Auftrage Europas dieſe Oaſe
als Trinkgeld verdient haben und ſie brauchen, um ihre
ſüdoraniſchen Beſitzungen ſicher zu ſtellen, abzurunden und
den Ausbau der Bahn von Igli nach Tuat zu ermöglichen.
Sie müßten alſo gewaltſam zu dieſer Einſicht gebracht wer-
den, wozu Senator Gaudin die jetzt bei Caſablanca ſtehen-
den Streitkräfte für hinreichend hält. In der Durchfüh-
rung dieſes neuen ziviliſatoriſchen Unternehmens erblickt
der Senator die für Frankreich ehrenvollſte (und auch ein-
träglichſte) Löſung der marokkaniſchen Frage. Einmal im
Beſitz des „Kleinods von Nordafrika“, könnte Frankreich
die gezüchtigten Schauja ihrem wohlverdienten traurigen
Schickſal und die Sultansbrüder Abd ul Aſis und Muley
Hafid ihren Gläubigern überlaſſen.



Zur bayeriſchen Berggeſetzgebung.

Aus bergbaulichen Kreiſen ſchreibt man uns:

Nachdem mehrere deutſche Staaten zur Abwehr der
ſpekulativen Beſtrebungen der Bohrgeſellſchaften die offene
Türe des Bergbaues durch die Errichtung des Monopols
auf Stein- und Kaliſalz und auf Kohlen mehr oder weniger
zugemacht haben, glaubte auch die bayeriſche Staatsregie-
rung eine Aenderung des Berggeſetzes1) herbeiführen zu
müſſen, obſchon der Bergbau in Bayern ſeit Jahrzehnten
über das Anfangsſtadium nicht hinausgekommen iſt. Da
ſich die Staatsregierung jedoch darüber klar iſt, daß ſie
nicht imſtande iſt, in kurzer Zeit einen großen Bergbau
ins Leben zu rufen, ſo hat ſie im Landtag einen Geſetz-
entwurf eingebracht, der die Mutungsfreiheit der Privaten
angeblich nicht einſchränken, aber dem Staate zugleich
wertvolles Bergwerkseigentum zuführen ſoll. Das Mo-
nopol iſt nicht beabſichtigt. Dieſer Zweck, den Privaten
für den Staat arbeiten zu laſſen, ſoll durch die An-
ſchlußmutung
erreicht werden, d. h. der Staat ſoll be-
rechtigt ſein, anſchließend an das Grubenfeld des Privaten
ohne Fundesnachweis ein Grubenfeld zu begehren.

Der Geſetzentwurf iſt von der Kammer der Abgeord-
neten angenommen worden. Es fehlt in weiten Kreiſen
der Abgeordneten an einem tiefen Verſtändnis für die
Bedürfniſſe des Bergbaues, ſo daß es eigentlich nur der
Abgeordnete Abreſch war, der dem Geſetzentwurf mit
Sachkenntnis entgegengetreten iſt.

Der wichtigſte Teil des Geſetzes iſt der Art. 22a: „Der
Staat iſt berechtigt, anſchließend an das
Feld des Muters ein Feld zu begehren (An-
ſchlußmutung).
Für welche Mineralien die Anſchluß-
mutung gelten ſoll, das iſt nicht geſagt. Im Abſatz vorher
iſt nur angegeben: „Wird eine Mutung auf Eiſen, Mangan,
Schwefel, gediegen oder als Erz, Alaun- oder Vitriolerz,
Stein- oder Braunkohlen eingelegt, ſo hat das Oberberg-
amt dem Staatsärar von der Feldesſtreckung durch Zuſtel-
lung eines Exemplars der Steuerkataſterpläne Kenntnis
zu geben.“ Wahrſcheinlich ſoll die Anſchlußmutung für
dieſe Mineralien gelten.

Wirklich wertvolle Grubenfelder könnte der Staat
durch die Anſchlußmutung nur bei einer Mutung auf Stein-
oder Braunkohlen erlangen, da im allgemeinen nur dieſe
Mineralien in mächtigen Flötzen eine weit größere Ver-
breitung beſitzen, als einem bayeriſchen Maximalgruben-
feld von ſelbſt 800 Hektar Größe entſpricht. Wertvolle
Eiſen-, Mangan- und Schwefelerze kommen in Bayern
ſelten in ſolcher Verbreitung vor, daß ſie nicht mit einem
Grubenfeld von 200 Hektar völlig überdeckt werden könn-
ten. Und wenn der Private ſeine Sache etwas verſteht,
ſo wird ihm dies auch ſtets gelingen. Der Staat erhält
dann durch die Anſchlußmutung wohl ein Grubenfeld, aber
ein wertloſes. Vernünftigerweiſe hätte ſich daher der Ge-
ſetzentwurf auf Stein- und Braunkohlen beſchränken ſollen.

In welchem Maße künftig die ſeitherige Mutungs-
freiheit des Privaten durch die Anſchlußmutung des
Staates eingeſchränkt werden wird, ergibt ſich aus anderen
Zuſätzen im Geſetzentwurfe. Während bisher die die
Mutung abnehmenden Beamten verpflichtet waren, über
die Ergebniſſe des Fundes Stillſchweigen zu beobachten,
muß künſtig das Staatsärar, der ſchärfſte Konkurrent des
Privatmuters, zu der Fundesbeſichtigung eingeladen wer-
den. Er muß die etwa beabſichtigten Konkurrenzarbeiten
[Spaltenumbruch] des Staates geradezu unterſtützen. Da es hierdurch dem
Privaten unmöglich gemacht werden kann, anſchließend an
das eine Grubenfeld noch ein zweites zu gewinnen, ſo hat,
um jegliches Bedenken der Abgeordneten zu zerſtreuen, die
Staatsregierung den Zuſatz gemacht: „Das Anſchluß-
feld iſt ſozuſtrecken, daß das Feld des Muters
bis zur Hälfte der Geſamtausdehnung
ſeiner Grenzen vom Anſchluß frei bleibt.

Das lieſt ſich ſehr ſchön, in Wirklichkeit iſt dieſe Zuſage
wertlos. Denn wenn der Muter, um ein zweites Gruben-
feld zu gewinnen, nach Einlegung der erſten Mutung mit
einer zweiten Bohrung beginnt, ſo hat der Staat das Recht,
dieſe Bohrung mit ſeiner Anſchlußmutung zu überdecken
Außerdem kann der Staat ſelbſt mit einer Bohrung be-
ginnen, und wird er fündig, ſo erhält er gleich zwei Gruben-
felder, mit denen er die andere Hälfte des Privatgruben-
feldes umſchließen kann, die von der erſten Anſchlußmutung
frei geblieben iſt. Hat der Private ſein erſtes Grubenfeld
geſtreckt, ſo iſt er außerſtande, die Konkurrenzbohrung des
Staates zu verhindern. Selbſt aber kann er vernünftiger-
weiſe mit einer zweiten Bohrung erſt beginnen, wenn der
Staat das Feld der Anſchlußmutung geſtreckt hat. Und das
kann nach dem neuen Geſetze ſehr lange hinausgezogen
werden.

Der erſte Muter iſt alſo durch die Anſchlußmutung des
Staates behindert, anſchließend an ſein erſtes Grubenfeld
ein zweites zu gewinnen. Das iſt aber nach der Auffaſſung
der Regierung gar nicht nötig, daß er anſchließend ein
zweites Grubenfeld erhält, denn nach den Erklärungen des
Finanzminiſters iſt ein bayeriſches Grubenfeld von 800
Hektar Größe in allen Fällen für einen rentablen Bergbau
völlig ausreichend. Daß ſich der Miniſter damit im Irr-
tum befindet, iſt ihm von bergbaulicher Seite dargelegt
worden. Wenn Kohlenflötze ſehr tief liegen, ſo werden die
Schachtanlagen teuer; es kann eine einzige 6—10 Mill. M
koſten. Soll eine ſolche Anlage ſich dann rentieren, ſo muß
der Bergbau eine bedeutende Nachhaltigkeit beſitzen. Sind
die Flötze aber nicht ſehr zahlreich und mächtig, ſo iſt ein
Grubenfeld von 800 Hektar Größe, auch wenn es in allen
Teilen Kohlen enthält, für einen nachhaltigen und ren-
tablen Bergbau unzureichend.

Bei dem erſten Fund, auf den Mutung eingelegt wird,
kann man bei den in Bayern herrſchenden Lagerungs-
verhältniſſen des Kohlengebirges nicht wiſſen, ob das auf
den einen Fund geſtreckte Grubenfeld wirklich in allen
Teilen ausbeutungsfähige Kohlenflötze enthält; es kann
nur ein kleiner Bruchteil des Feldes Kohlen enthalten.
Ergeben dann die weiteren Aufſchlüſſe, daß ſich ein ren-
tabler Bergbau nicht einrichten läßt, ſo kann dem Pri-
vaten nach Art. 66 und 192 des bayeriſchen Berggeſetzes
das gemutete Bergwerkseigentum auch noch entzogen wer-
den. Bedenkt man, daß der Private in einem neuen Ge-
biete, in dem Kohlen noch nicht nachgewieſen ſind — und
in Bayern fehlen bekanntlich noch faſt alle Funde, an die
ein Anſchluß möglich wäre —, erſt eine Reihe von koſt-
ſpieligen Verſuchsbohrungen machen muß, um einen guten
Fund überhaupt zu ermöglichen, und daß ein Grubenfeld
oft kaum die Koſten der Verſuchsbohrungen zu decken ver-
mag, daß man aber ein Unternehmen doch erſt beginnt.
wenn Ausſicht beſteht, dabei etwas zu gewinnen, ſo läßt
ſich ſagen, daß in Bayern nach dem Inkrafttreten des Ge-
ſetzes ſich ſchwerlich noch Private finden werden, die Verſuchs-
bohrungen machen werden. Der Wettbewerb der Bohr-
geſellſchaften wird aber ausbleiben, denn die Bohrgeſell-
ſchaften gehen mit ihren Apparaten dahin, wo ſie ſich an
bekannte Funde anſchließen können. Verſuchsbohrungen
wollen ſie nicht machen, auch die Internationale Bohr-
geſellſchaft nicht; dazu haben ſie kein Geld; deshalb ſind
ſie auch früher nicht nach Bayern gekommen.

Daß das Geſetz der Anſchlußmutung auf die Entwick-
lung des Privatbergbaues lähmend wirken wird, hat ſich
ſchon an der Geſellſchaft erwieſen, die vor einigen Jahren
mit einem Aufwand von über einer halben Million Mark
bei Nürnberg Bohrverſuche auf Kohlen vorgenommen hat.
Sowie bekannt wurde, daß der Staat das Mutungsrecht
zu ſeinen Gunſten ändern wolle, hat ſie ihre Arbeiten
eingeſtellt.
Die bedenklichſte Seite des Geſetzentwurfes
aber iſt die, daß das Recht zur Ausübung der Anſchluß-
mutung dem Staatsärar übertragen werden ſoll, das zu-
gleich der ſchärfſte Konkurrent des Privatmuters iſt. Das
Staatsärar kann von der Anſchlußmutung beliebigen Ge-
brauch machen. Es kann dem einen Muter ſchon bei der
Fundesbeſichtigung wiſſen laſſen, daß ihm gegenüber von
der Anſchlußmutung kein Gebrauch gemacht werden wird,
während es dem anderen die Fortſetzung ſeiner Arbeiten
unmöglich machen kann.

Wenn in Bayern künftig noch ein Privater Verſuchs-
bohrungen auf Kohlen vornehmen ſoll, ſo wird ihm der
Staat Vergünſtigungen einräumen müſſen, die er nicht zu-
gleich einem anderen bieten kann. Er wird die Arbeiten
des Schürfers mit der Anſchlußmutung nicht hindern dür-
fen, ſondern anderen Schürfern gegenüber fördern müſſen.
Damit aber iſt das gleiche Recht für alle aufgehoben. Der
Staat wird ſeinem Bevorzugten gegenüber Abmachungen

1) Das Geſetz beſchäftigt zurzeit die Reichsratskammer, von
der die bergbaulichen Kreiſe Bayerns Berückſichtigung ihrer bis-
her wirkungsloſen Proteſte erhoffen.
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[0001] Donnerstag. 26. März 1908. München. Einzige Tagesausgabe. — Nr. 142 Allgemeine Zeitung. Erſcheint täglich 2 mal. — Einhundertelfter Jahrgang. Bezugspreis: Ausgabe B mit Wiſſenſchaftlicher Beilage und Internationaler Wochenſchrift in München 1.50 Mark monatlich frei ins Haus; durch die Poſt: 2. — Mark monatlich Ausgabe A (ohne Beilage) in München 1. — Mark, durch die Poſt bezogen 1.50 Mark monatlich. Abonnements für München: Expedition Bayerſtraße 57, deren Filialen und ſämtliche Zeitungs-Expeditionen; für das Ausland: England: A. Siegle, 30 Lime Str und The Anglo-Foreign Publiſhing Syndicate, Ltd., 88 Coleman Str., in London; Frankreich. Portugal und Spanien: A. Ammel u C. Klienckſieck in Paris; das übrige Europa: die Poſtämter; Orient: das k. k. Poſtamt in Wien oder in Trieſt; Nord- amerika: F. W. Chriſtern. E. Steiger & Co., Guſt E. Stechert. Weſtermann & Co., ſämtlich in New York. [Abbildung] Inſertionspreis: für die 7 geſpaltene Kolonelzeile oder deren Raum im Morgenblatt 40 Pfennig, im Abendblatt 30 Pfennig, Lokale Anzeigen nach Tarif. Stellen-Geſuche 10 Pfennig. Inſeraten-Annahme in München: Expedition Bayerſtraße 57, die Filialen der Allgemeinen Zeitung und alle Annoncen-Expeditionen. — Generalvertretungen: für Oeſterreich-Ungarn in Wien V/I, Schönbrunner Str. 48 (Richard Jahn); Frankreich: John F. Jones & Co., 31 bis Rue du Faubourg Montmartre in Paris; England: John F. Jones & Co., 1 & 2 Snow Hill, Holborn-Viadukt, London; Rußland: L & E. Metzl & Co., Moskau. Mjasnitzkaja Haus Syſtow, St. Petersburg, Morskaja 11; Warſchau: Kral-Vorſtadt 53. Chefredakteur: Dr. Hermann Diez. Verantwortlich: für den politiſchen Teil mit Ausnahme der bayeriſchen Politik Dr. Rudolf Dammert; für den bayeriſchen Teil Dr. Paul Buſching; für das Feuilleton und den „Sonntag“ Alfred Frhr. v. Menſi; für die Wiſſenſchaftliche Beilage Dr. Oskar Bulle; für den Handelsteil Leo Jolles, ſämtlich in München. Redaktion: Bayerſtraße 57 Telephon 8432, 8433. = Druck und Verlag: Bayeriſche Druckerei & Verlagsanſtalt, G. m. b. H., in München. = Expedition: Bayerſtraße 57. Telephon 8430, 8431. Des Feiertags wegen erſcheint die nächſte Nummer der Allgemeinen Zeitung Donnerstag Nachmitlag. Das Neueſte vom Tage. Der Erzbiſchof von Bamberg hat den Domkapitular Wagner zum Generalvikar ernannt. Im Budgetausſchuß des öſterreichiſchen Abgeord- netenhauſes ſind intereſſante und befriedigende Erklärun- gen über den Fall Wahrmund abgegeben worden. Der König von Italien iſt in Venedig eingetroffen. Der ſpaniſche Miniſter des Aeußern erklärt die Mel- dung ausländiſcher Blätter, daß Spanien in Marokko Truppen gelandet habe, um den Prätendenten einzuſchließen, für unrichtig. Deutſchland und Frankreich in der Marokkofrage. * Die Erklärungen zur Marokkopolitik, die geſtern vom Reichskanzler wie von dem neuen Staatsſekre- tär des Auswärtigen abgegeben worden ſind, ent- halten einige wertvolle Feſtſtellungen. Einmal, daß die Er- örterung der Marokkofrage zwiſchen Deutſchland und Frank- reich bisher ihren durchaus freundſchaftlichen Charakter be- währt hat, zweitens, daß die deutſche Regierung das be- waffnete Vorgehen Frankreichs in Marokko als neben der Algecirasakte herlaufend, d. h. als Aus- fluß der allgemeinen Befugnis jedes Staates, für flagrante Verletzungen ſeiner Rechte oder Intereſſen ſich Genugtuung zu verſchaffen, betrachtet und drittens, daß ſie auch heute noch an der Hoffnung feſthält, das Vorgehen Frankreichs werde auch in ſeinen Zielen und Ergebniſſen nicht in Wider- ſpruch mit den Grundſätzen der Algecirasakte treten. Daß dieſe Hoffnung nicht den Charakter einer unbedingten Zu- verſicht hat, iſt zwiſchen den einzelnen Sätzen der Reichs- kanzlerrede deutlich genug herauszuhören, und man darf erwarten, daß man auch in Frankreich Verſtändnis für dieſe vorſichtige Art der Warnung haben wird. Daß die Löſung der Marokkofrage, wie ſie den franzöſiſchen Expanſioniſten vorſchwebt, mit der Algecirasakte ſich nicht verträgt, dar- über kann ein Zweifel nicht beſtehen, und das gilt ſpeziell auch von dem neueſten Löſungsverſuch, über den unſer Pariſer Korreſpondent uns berichtet: sch. Paris, 23. März. Während die franzöſiſche Aktion im Weſten Marokkos allen militäriſchen „Triumphen“ zum Trotz noch immer kein beſtimmtes Ergebnis abſehen läßt, das die Anſprüche und Wünſche der Expanſioniſten befriedigen könnte, ſind dieſe im Oſten dank der Initiative Liauteys und Baillouds ihrem Ziele faſt geräuſchlos näher gerückt und haben die ſtark übertriebenen Gerüchte von der Bedrohung der algeri- ſchen Grenze geſchickt für ihre Zwecke auszunutzen ver- ſtanden. Nachdem das proviſoriſch beſetzte marokkaniſche Adſchda zu einer ſtändigen franzöſiſchen Militärſtation um- geſchaffen und das gebirgige Gelände der als Aufrührer behandelten Beni Snaſſen durch franzöſiſche Poſten dauernd in Okkupationsgebiet umgewandelt worden iſt, zielen die franzöſiſchen Wünſche nunmehr auch auf eine dauernde Beſetzung der Oaſe Tafilelt, wozu die angeblichen Rüſtun- gen und Drohungen der Berberſtämme, ſowie die geſpen- ſtiſche Harha, die das Grenzgebiet unſicher machen ſoll, den willkommenen Vorwand abgeben. Welche Bedeutung dieſe Annexion für die Franzoſen haben würde, geht ſehr charakteriſtiſch aus einem heute er- ſchienenen Artikel des Senators Gaudin de Villaine her- vor, der in der Beſetzung jener ſchönſten Oaſe Nordafrikas die beſte Entſchädigung für die franzöſiſchen Kriegskoſten erblickt, die um ſo leichter zu erhalten wäre, als ſie die Eiferſucht der europäiſchen Mächte nicht wecken könnte, da das Gebiet einzig von Algerien aus oder durch die Sahara zugänglich iſt. Das Tal von Tafilelt iſt die alte Kara- wanenſtraße zwiſchen Fez und Timbuktu, die ſeit alters- her infolge der Fruchtbarkeit des Gebietes von den Han- delskarawanen bevorzugt wurde. Der Geograph Elyſée Reclus vergleicht das zum Tafilelt gehörige Hochtal von Qued-Ziz einem Italien wegen der Ergiebigkeit des Bodens und der Milde des Klimas. Die Ufer des Fluſſes, der das Tal durchſtrömt, bilden einen einzigen langgeſtreck- ten Garten. Weiter unterhalb zieht ſich von Oaſe zu Oaſe bis an den Rand der Wüſte ein Palmenwald. Die Datteln von Tafilelt gehören zu den geſchätzteſten Nordafrikas, ebenſo die anderen Früchte, Trauben, Oliven, Pfirſiche, Aprikoſen, Pflaumen; die Oaſe von Tafilelt ſtellt alſo ein kleines Paradies dar. Die Bevölkerung dieſes Ge- bietes zählt über 100,000 Köpfe, die in 150 Dorfſchaften (Kſurs) verteilt ſind; die Hauptdorfſchaft Tafilelt ſelbſt, aus zwei Kſurs zuſammengeſetzt, iſt Sitz eines Statthalters und der Hauptmarkt der ganzen Sahara. Selbſtverſtändlich werden die Bewohner dieſes Para- dieſes nicht ohne weiteres geneigt ſein, ſich von den Fran- zoſen annektieren zu laſſen; ſie ſind völlig unſchuldig an der Ermordung der ſechs Hafenarbeiter von Caſablanca und werden wahrſcheinlich von den „Pazifikations“ beſtre- bungen des Generals d’Amade nur unklare Vorſtellungen haben, da ſie durch die Kette des Atlas vom übrigen Ma- rokko vollſtändig abgetrennt ſind. Nur wenige werden ge- bildet genug ſein, einzuſehen, daß die Franzoſen durch ihre rühmliche Friedensarbeit im Auftrage Europas dieſe Oaſe als Trinkgeld verdient haben und ſie brauchen, um ihre ſüdoraniſchen Beſitzungen ſicher zu ſtellen, abzurunden und den Ausbau der Bahn von Igli nach Tuat zu ermöglichen. Sie müßten alſo gewaltſam zu dieſer Einſicht gebracht wer- den, wozu Senator Gaudin die jetzt bei Caſablanca ſtehen- den Streitkräfte für hinreichend hält. In der Durchfüh- rung dieſes neuen ziviliſatoriſchen Unternehmens erblickt der Senator die für Frankreich ehrenvollſte (und auch ein- träglichſte) Löſung der marokkaniſchen Frage. Einmal im Beſitz des „Kleinods von Nordafrika“, könnte Frankreich die gezüchtigten Schauja ihrem wohlverdienten traurigen Schickſal und die Sultansbrüder Abd ul Aſis und Muley Hafid ihren Gläubigern überlaſſen. Zur bayeriſchen Berggeſetzgebung. Aus bergbaulichen Kreiſen ſchreibt man uns: Nachdem mehrere deutſche Staaten zur Abwehr der ſpekulativen Beſtrebungen der Bohrgeſellſchaften die offene Türe des Bergbaues durch die Errichtung des Monopols auf Stein- und Kaliſalz und auf Kohlen mehr oder weniger zugemacht haben, glaubte auch die bayeriſche Staatsregie- rung eine Aenderung des Berggeſetzes 1) herbeiführen zu müſſen, obſchon der Bergbau in Bayern ſeit Jahrzehnten über das Anfangsſtadium nicht hinausgekommen iſt. Da ſich die Staatsregierung jedoch darüber klar iſt, daß ſie nicht imſtande iſt, in kurzer Zeit einen großen Bergbau ins Leben zu rufen, ſo hat ſie im Landtag einen Geſetz- entwurf eingebracht, der die Mutungsfreiheit der Privaten angeblich nicht einſchränken, aber dem Staate zugleich wertvolles Bergwerkseigentum zuführen ſoll. Das Mo- nopol iſt nicht beabſichtigt. Dieſer Zweck, den Privaten für den Staat arbeiten zu laſſen, ſoll durch die An- ſchlußmutung erreicht werden, d. h. der Staat ſoll be- rechtigt ſein, anſchließend an das Grubenfeld des Privaten ohne Fundesnachweis ein Grubenfeld zu begehren. Der Geſetzentwurf iſt von der Kammer der Abgeord- neten angenommen worden. Es fehlt in weiten Kreiſen der Abgeordneten an einem tiefen Verſtändnis für die Bedürfniſſe des Bergbaues, ſo daß es eigentlich nur der Abgeordnete Abreſch war, der dem Geſetzentwurf mit Sachkenntnis entgegengetreten iſt. Der wichtigſte Teil des Geſetzes iſt der Art. 22a: „Der Staat iſt berechtigt, anſchließend an das Feld des Muters ein Feld zu begehren (An- ſchlußmutung). Für welche Mineralien die Anſchluß- mutung gelten ſoll, das iſt nicht geſagt. Im Abſatz vorher iſt nur angegeben: „Wird eine Mutung auf Eiſen, Mangan, Schwefel, gediegen oder als Erz, Alaun- oder Vitriolerz, Stein- oder Braunkohlen eingelegt, ſo hat das Oberberg- amt dem Staatsärar von der Feldesſtreckung durch Zuſtel- lung eines Exemplars der Steuerkataſterpläne Kenntnis zu geben.“ Wahrſcheinlich ſoll die Anſchlußmutung für dieſe Mineralien gelten. Wirklich wertvolle Grubenfelder könnte der Staat durch die Anſchlußmutung nur bei einer Mutung auf Stein- oder Braunkohlen erlangen, da im allgemeinen nur dieſe Mineralien in mächtigen Flötzen eine weit größere Ver- breitung beſitzen, als einem bayeriſchen Maximalgruben- feld von ſelbſt 800 Hektar Größe entſpricht. Wertvolle Eiſen-, Mangan- und Schwefelerze kommen in Bayern ſelten in ſolcher Verbreitung vor, daß ſie nicht mit einem Grubenfeld von 200 Hektar völlig überdeckt werden könn- ten. Und wenn der Private ſeine Sache etwas verſteht, ſo wird ihm dies auch ſtets gelingen. Der Staat erhält dann durch die Anſchlußmutung wohl ein Grubenfeld, aber ein wertloſes. Vernünftigerweiſe hätte ſich daher der Ge- ſetzentwurf auf Stein- und Braunkohlen beſchränken ſollen. In welchem Maße künftig die ſeitherige Mutungs- freiheit des Privaten durch die Anſchlußmutung des Staates eingeſchränkt werden wird, ergibt ſich aus anderen Zuſätzen im Geſetzentwurfe. Während bisher die die Mutung abnehmenden Beamten verpflichtet waren, über die Ergebniſſe des Fundes Stillſchweigen zu beobachten, muß künſtig das Staatsärar, der ſchärfſte Konkurrent des Privatmuters, zu der Fundesbeſichtigung eingeladen wer- den. Er muß die etwa beabſichtigten Konkurrenzarbeiten des Staates geradezu unterſtützen. Da es hierdurch dem Privaten unmöglich gemacht werden kann, anſchließend an das eine Grubenfeld noch ein zweites zu gewinnen, ſo hat, um jegliches Bedenken der Abgeordneten zu zerſtreuen, die Staatsregierung den Zuſatz gemacht: „Das Anſchluß- feld iſt ſozuſtrecken, daß das Feld des Muters bis zur Hälfte der Geſamtausdehnung ſeiner Grenzen vom Anſchluß frei bleibt.“ Das lieſt ſich ſehr ſchön, in Wirklichkeit iſt dieſe Zuſage wertlos. Denn wenn der Muter, um ein zweites Gruben- feld zu gewinnen, nach Einlegung der erſten Mutung mit einer zweiten Bohrung beginnt, ſo hat der Staat das Recht, dieſe Bohrung mit ſeiner Anſchlußmutung zu überdecken Außerdem kann der Staat ſelbſt mit einer Bohrung be- ginnen, und wird er fündig, ſo erhält er gleich zwei Gruben- felder, mit denen er die andere Hälfte des Privatgruben- feldes umſchließen kann, die von der erſten Anſchlußmutung frei geblieben iſt. Hat der Private ſein erſtes Grubenfeld geſtreckt, ſo iſt er außerſtande, die Konkurrenzbohrung des Staates zu verhindern. Selbſt aber kann er vernünftiger- weiſe mit einer zweiten Bohrung erſt beginnen, wenn der Staat das Feld der Anſchlußmutung geſtreckt hat. Und das kann nach dem neuen Geſetze ſehr lange hinausgezogen werden. Der erſte Muter iſt alſo durch die Anſchlußmutung des Staates behindert, anſchließend an ſein erſtes Grubenfeld ein zweites zu gewinnen. Das iſt aber nach der Auffaſſung der Regierung gar nicht nötig, daß er anſchließend ein zweites Grubenfeld erhält, denn nach den Erklärungen des Finanzminiſters iſt ein bayeriſches Grubenfeld von 800 Hektar Größe in allen Fällen für einen rentablen Bergbau völlig ausreichend. Daß ſich der Miniſter damit im Irr- tum befindet, iſt ihm von bergbaulicher Seite dargelegt worden. Wenn Kohlenflötze ſehr tief liegen, ſo werden die Schachtanlagen teuer; es kann eine einzige 6—10 Mill. M koſten. Soll eine ſolche Anlage ſich dann rentieren, ſo muß der Bergbau eine bedeutende Nachhaltigkeit beſitzen. Sind die Flötze aber nicht ſehr zahlreich und mächtig, ſo iſt ein Grubenfeld von 800 Hektar Größe, auch wenn es in allen Teilen Kohlen enthält, für einen nachhaltigen und ren- tablen Bergbau unzureichend. Bei dem erſten Fund, auf den Mutung eingelegt wird, kann man bei den in Bayern herrſchenden Lagerungs- verhältniſſen des Kohlengebirges nicht wiſſen, ob das auf den einen Fund geſtreckte Grubenfeld wirklich in allen Teilen ausbeutungsfähige Kohlenflötze enthält; es kann nur ein kleiner Bruchteil des Feldes Kohlen enthalten. Ergeben dann die weiteren Aufſchlüſſe, daß ſich ein ren- tabler Bergbau nicht einrichten läßt, ſo kann dem Pri- vaten nach Art. 66 und 192 des bayeriſchen Berggeſetzes das gemutete Bergwerkseigentum auch noch entzogen wer- den. Bedenkt man, daß der Private in einem neuen Ge- biete, in dem Kohlen noch nicht nachgewieſen ſind — und in Bayern fehlen bekanntlich noch faſt alle Funde, an die ein Anſchluß möglich wäre —, erſt eine Reihe von koſt- ſpieligen Verſuchsbohrungen machen muß, um einen guten Fund überhaupt zu ermöglichen, und daß ein Grubenfeld oft kaum die Koſten der Verſuchsbohrungen zu decken ver- mag, daß man aber ein Unternehmen doch erſt beginnt. wenn Ausſicht beſteht, dabei etwas zu gewinnen, ſo läßt ſich ſagen, daß in Bayern nach dem Inkrafttreten des Ge- ſetzes ſich ſchwerlich noch Private finden werden, die Verſuchs- bohrungen machen werden. Der Wettbewerb der Bohr- geſellſchaften wird aber ausbleiben, denn die Bohrgeſell- ſchaften gehen mit ihren Apparaten dahin, wo ſie ſich an bekannte Funde anſchließen können. Verſuchsbohrungen wollen ſie nicht machen, auch die Internationale Bohr- geſellſchaft nicht; dazu haben ſie kein Geld; deshalb ſind ſie auch früher nicht nach Bayern gekommen. Daß das Geſetz der Anſchlußmutung auf die Entwick- lung des Privatbergbaues lähmend wirken wird, hat ſich ſchon an der Geſellſchaft erwieſen, die vor einigen Jahren mit einem Aufwand von über einer halben Million Mark bei Nürnberg Bohrverſuche auf Kohlen vorgenommen hat. Sowie bekannt wurde, daß der Staat das Mutungsrecht zu ſeinen Gunſten ändern wolle, hat ſie ihre Arbeiten eingeſtellt. Die bedenklichſte Seite des Geſetzentwurfes aber iſt die, daß das Recht zur Ausübung der Anſchluß- mutung dem Staatsärar übertragen werden ſoll, das zu- gleich der ſchärfſte Konkurrent des Privatmuters iſt. Das Staatsärar kann von der Anſchlußmutung beliebigen Ge- brauch machen. Es kann dem einen Muter ſchon bei der Fundesbeſichtigung wiſſen laſſen, daß ihm gegenüber von der Anſchlußmutung kein Gebrauch gemacht werden wird, während es dem anderen die Fortſetzung ſeiner Arbeiten unmöglich machen kann. Wenn in Bayern künftig noch ein Privater Verſuchs- bohrungen auf Kohlen vornehmen ſoll, ſo wird ihm der Staat Vergünſtigungen einräumen müſſen, die er nicht zu- gleich einem anderen bieten kann. Er wird die Arbeiten des Schürfers mit der Anſchlußmutung nicht hindern dür- fen, ſondern anderen Schürfern gegenüber fördern müſſen. Damit aber iſt das gleiche Recht für alle aufgehoben. Der Staat wird ſeinem Bevorzugten gegenüber Abmachungen 1) Das Geſetz beſchäftigt zurzeit die Reichsratskammer, von der die bergbaulichen Kreiſe Bayerns Berückſichtigung ihrer bis- her wirkungsloſen Proteſte erhoffen.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine142_1908
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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 142, 26. März 1908, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine142_1908/1>, abgerufen am 23.11.2024.