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Allgemeine Zeitung, Nr. 140, 25. März 1908.

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München, Mittwoch Allgemeine Zeitung 25. März 1908. Nr. 140.
[Spaltenumbruch]

von Publikum und Kritik zerzaust, in Armut darben, während
dieser, von der Menge bejubelt, von den Theaterdirektoren ver-
hätschelt, im Golde schwimmt, so daß es ihm auch ein Leichtes ist,
der Freundin des bedrängten Kollegen, einer Schauspielerin,
ihren Fächer auszulösen, der wegen Mangel an Ueberfluß ins
Pfandhaus hatte wandern müssen. Dafür folgt ihm die Schöne
zum -- Ball, indes der Dichter mit seinem Leid daheim bleibt.
-- Der Gegensatz ist gut herausgearbeitet, der Autor bleibt aber
den Beweis schuldig, daß in dem Schriftsteller die heilige Flamme
der Kunst stark genug ist, um ihn durch seine Werke den
Schmarotzern des Lebens überlegen erscheinen zu lassen. -- Die
Herren Scherzer, Fischer und Steiner sowie Frl. Morro traten
dem Verfasser wacker zur Seite und halfen ihm, einen freund-
lichen Erfolg zu erringen.



Bayerische Chronik.
* Staatsratssitzung.

Heute mittag fand unter dem
Vorsitz Sr. kgl. Hoh. des Prinzregenten in der Resi-
denz eine Staatsratssitzung statt. Zur Beratung stand das
provisorische Steuergesetz.




Drei Grandinger-Versamm-
lungen
brachte uns der heutige Sonntag. Nachmittags 2 Uhr
hielt bei zahlreichem Besuch der liberale Verein Schwarzenbach
am Wald seine Generalversammlung ab, wobei der
Abgeordnete Pfarrer Grandinger mit großem Erfolg sprach. Für
51/2 Uhr und 8 Uhr waren zwei Versammlungen hier in Naila
angesetzt, erstere für Fremde, die zweite für Naila. Gegen
400 liberale Mannen hatten sich von auswärts zur Nachmittags-
versammlung eingefunden, zum Teil aus weiterer Entfernung, so
daß der Kammerersaal "gesteckt" voll war. Der Vorsitzende des
Wahlkreisausschusses, Fabrikbesitzer Klöber, wies hin auf die
schwere Stellung, die der Pfarrerabgeordnete habe, besprach die
Erklärung des Wahlkreisausschusses, die auf das Eingreifen in
die politische Tätigkeit des Abg. Grandinger von bekannter Seite
hin gefaßt und veröffentlicht wurde. Er dankte dem Ab-
geordneten
für sein eifriges und vielseitiges Wirken für
die Partei und den Wahlkreis und erteilte ihm dann das Wort
zu seinem Vortrag über die politische Lage. Grandinger,
wie beim Eintritt so auch jetzt stürmisch begrüßt, sprach in der ihm
eigenen gewinnenden und überzeugenden, mit gesundem Humor
gewürzten Weise, ausgehend von der früher nicht für möglich
gehaltenen Tatsache, daß ein katholischer Geistlicher liberaler
Abgeordneter sein könne, eine Tatsache, die feststehe als ein Mark-
stein, an dem sich manche die Köpfe einstößen, die versuchen, diesen
Markstein zu beseitigen, umzuwerfen, "aber ich liege immer noch
nicht, ich stehe, und das ist meine Lage." (Heiterkeit.) Seine
parlamentarische Lage erscheine gesichert, da seine Wähler ihn
stützten. Zur politischen Lage führte er aus, daß leider jetzt viel
geklagt werde im Volk und bei seinen Vertretern über die lange
Zeitdauer der Sessionen
, erklärte dann, wodurch diese
bedingt seien. Vieles ist neugeboren, die Arbeit eine viel inten-
sivere, allein 18 Ausschüsse leisten eine Unsumme von Arbeit und
sind oft wichtiger als die Vollversammlungen. Obwohl wirklich
intensiv gearbeitet werden müsse, müsse doch das Körgesetz, das
Zwangsenteignungsgesetz und vielleicht auch die Kirchen-
gemeindeordnung
auf die nächste Session verschoben wer-
den. Die Möglichkeiten zur Verkürzung der Sessionen fanden ein-
gehende Besprechung, dann das unglückselige Verhältnis des
Stimmenverhältnisses im Landtage und die von der Mehrheits-
partei geübte Praxis der Ablehnung selbst der besten
Anträge,
die wegen ihrer Vaterschaft nicht genehmigt werden,
um dann mit anderen Antragstellern, anderen Worten, aber nicht
anderem Sinne einstimmig Annahme zu finden. Versprechen vor
den Wahlen und Halten derselben nachher sei Nebensache. Deut-
licher Beweis sei die Aufbesserung der staatlichen
Arbeiter
, denen 20prozentige Aufbesserung versprochen worden
sei von derselben Zentrumspartei, die nach den Wahlen die von
den Sozialdemokraten und Liberalen beantragte Aufbesserung
um 20 oder doch wenigstens 15 Prozent abgelehnt und lediglich
20 Pfennig tägliche Zulage genehmigt hat. Die Minderheit muß
sich der Politik der Mehrheit fügen. Aber es wird und muß
anders kommen. Ueberall erkennt man, selbst in den schwärzesten
Winkeln bricht sich die Aufklärung Bahn, man erkennt, daß das
stets verkündete Wort, der Liberalismus sei ein Feind der
Kirche, Schule, der Religion und des Glaubens Entstellung sei.
Ueberall, auch in den Kreisen der Geistlichen, der evangelischen
und vieler katholischen, erkennt man ihn als Beschützer dieser



nußreiche Stunden. Die Rednerin führte in schöner, fesselnder
und fließender Form aus, daß Isolde Kurz, die keiner Schule noch
Richtung angehört, zu der kleinen Zahl zeitloser Menschen gehört,
die still abwärts stehen und ruhig warten bis der Erfolg zu ihnen
kommt. 1853, zur Zeit der Wintersonnenwende, erblickte sie das
Licht der Welt als Tochter des schwäbischen Dichters Hermann
Kurz und einer dichterisch beanlagten Mutter, als einziges Mäd-
chen von 4 Geschwistern empfing sie ihre geistige Bildung zu
Hause, sie lernte vier Sprachen und wurde früh mit dem klassischen
Altertum und seinen Dichtungen vertraut gemacht. Nach dem
Tode des Vaters, der zuletzt Bibliothekar in Tübingen war, zog
sie mit Mutter und Bruder nach Florenz, das ihr zur zweiten Hei-
mat und für ihre Entwicklung ausschlaggebend wurde. Als sie
1888 ihre erste Gedichtsammlung herausgab, war sie keine Wer-
dende mehr, sondern eine Gewordene, die zweite erschien erst 1903;
herrscht in der ersten Lenzesstimmung, so findet man dagegen in
der letzteren mehr die ernste Farbenpracht des Herbstes. Erst
spät wurde die Dichterin auch der erzählenden Begabung bewußt,
1890 erschien ihr erster Novellenband "Die Florentiner Novel-
len", reifere, tiefgehendere Erzählungskunst birgt das kleine
Bändchen "Frutti di Mare", ihre Meisternovelle ist "Unsere Car-
lotta", die 1897 erschien und in feinster Weise und Auffassung das
seitdem so oft behandelte und verzerrte Problem "die Sehnsucht
des Weibes nach der Mutterschaft" behandelt. In der "Stadt
des Lebens" betritt Isolde Kurz das kulturhistorische Gebiet, 1905
erschienen Aphorismen unter dem Titel "Im Zeichen des Stein-
bocks", denn "unterm Steinbock stand auch meine Wiege", vor zwei
Jahren erschien die Lebensbeschreibung ihres Vaters, die man, da
sie auch das Bild seiner geistesverwandten Tochter gibt, auch als
Autobiographie bezeichnen kann; ihr letztes Werk "Lebensfluten"
ist Weihnachten erschienen. Nach dem mit enthusiastischem Beifall
aufgenommenen Vortrag trug die Rednerin in feiner Auffassung
noch einige Gedichte Isoldens vor. Ika Freudenberg bewies aus
einer Anzahl Aphorismen, daß Isolde Kurz zu den Freunden der
Frauenbewegung zu rechnen ist, Frau Beutel-Keller, die von früher
bekannte Schauspielerin, errang mit dem Vortrag des Weltge-
richts großen Erfolg.

* Ein weiblicher Gefängnisinspektor.

Dr. Louise Gordon,
eine Dame, die auf den Universitäten Edinburg und Glasgow
studiert hat, ist zum Gefängnisinspektor und zum Hilfsinspektor
der staatlichen Besserungsanstalten für trunksüchtige Frauen in
London ernannt worden. Es ist dies eine Folge der von ver-
schiedenen Seiten in der letzten Parlamentssession zur Erörterung
gebrachten Vorschläge zum Zwecke der Reform des Gefängnis-
wesens.

[Spaltenumbruch]

Güter an. Der Geist der Aufklärung bricht sich in Stadt und
Land Bahn, man stellt sich auf den Standpunkt, ob das wahr ist,
was die Presse schreibt; und wer da selbst prüft, weiß, daß das
wahr ist. So entstehen überall die Organisationen, liberale Ver-
eine, die zeigen werden, daß der Liberalismus erstarkt. In
diesem Sinne arbeiten, das schreibt uns die politische Lage vor.
Die Verbindung muß fest sein, und nicht soll man nörgeln; die
Liberalen stimmen und handeln, wie es ihnen ihr Eid vor-
schreibt, Fraktionszwang gibt es nicht.

Der Ausblick in die Zukunft sagt, daß wir gerüstet sein
müssen, und darum muß draußen immer gearbeitet werden,
nicht nur vor den Wahlen, es muß gebaut werden, damit die
Unbill des Wahlgesetzes uns nichts mehr antun kann. Gründung
von Organisationen und Zusammenschluß zu Kreisverbänden ist
Bedingung. "Treudeutsch und freibayerisch allewege!" schloß
Grandinger seine oftmals von Beifall unterbrochene Rede, der
ein langdauernder Beifallssturm folgte. Bäckermeister Schrep-
fer
-Hof, der vorzügliche Vorsitzende des dortigen jungliberalen
Vereins, dankte dem Abg. Grandinger für sein freimütiges Ein-
treten für liberale Grundsätze und Ideen, worauf der Vorsitzende
mit nochmaligem Danke schloß.

Bayerischer Landtag.
108. öffentliche Sitzung der Kammer der Abgeordneten.
München, 24. März.
Am Ministertisch: Staatsminister v. Brettreich.
Es gelangt der
Entwurf eines Fischereigesetzentwurfes
zur Beratung.

In seinem Referat zur Generaldiskussion bemerkt Referent
Frhr. v. Malsen (Zentr.) u. a., daß die meisten deutschen Staaten
Bayern mit Fischereigesetzen vorangegangen sind, daß aber das
vorliegende bayerische Gesetz in seinen Bestimmungen erschöp-
fend sei.

Ueber die Beratung des Gesetzes im 7. (besonderen) Ausschuß
liegt ein ausführliches Referat des Referenten und ein Kor-
referat des Abg. Berdel vor.

Abg. Berdel (lib.) erwartet sich von manchen vom Ausschuß
vorgenommenen Aenderungen am Entwurf eine bessere Wirkung
des Fischereigesetzes. Die Erhöhung der Gebühr für die Fisch-
karten auf 5 M ist im Interesse der Fischerei und des Fisch-
schutzes sehr zu begrüßen. Im Interesse der Grundstückseigen-
tümer ist auch die Aenderung am Platze, daß im Fall der Ueber-
schwemmung dem Fischberechtigten das Recht, sich die Fische an-
zueignen, die außerhalb des Fischwassers gekommen sind, nur
innerhalb einer bestimmten Frist von 8 Tagen zusteht. Nach
dieser Zeit gehören die Fische dem Grundeigentümer. Diese
Bestimmungen werden zwar zu Streitigkeiten zwischen Fischerei-
berechtigten und Grundeigentümern führen, allein diese Bedenken
dürfen nicht abhalten, diese Bestimmung aufrecht zu erhalten.
Auch die Vorschriften über die Vernichtung von der Fischerei
schädlichen Tieren sind sympathisch, denn sie gewähren der Fischerei
genügend Schutz, ohne in die Jagdrechte einzugreifen. Der vor-
liegende Gesetzentwurf wird eine Hebung und Förderung der
Fischzucht herbeiführen; namens seiner politischen Freunde gibt
er die Zustimmung zu dem Entwurf.

Abg. Deininger (Fr. Vgg.) erklärt die Zustimmung zu dem
vorliegenden Entwurf, wenn auch einige pfälzische Kollegen
Bedenken gegen manche seiner Bestimmungen haben.

Abg. Cronauer (lib.) bedauert den Rückgang der Fischerei
am Rhein, der neben anderen Ursachen wie Dampfschiffahrt,
Seuchen und Raubfischerei vor allem auf die Mißstände am
Frankenthaler Kanal zurückzuführen sei. Die Regierung möge hier
Abhilfe schaffen.

Abg. Beckh (Fr. Vgg.) erklärt seine Zustimmung zu dem
Entwurf und erwartet von dessen striktem Vollzug eine Besserung
in der Klärung der Abwässer der industriellen Betriebe. Es
sollten an allen industriellen Anlagen Klärungsvorrichtungen
angebracht werden.

Abg. Ehrhart (Soz.): Bedauerlich sei es, daß das Angel-
fischrecht
am Rhein aufgehoben werden soll. Mehr Schäden
als die Angelfischer stiften der Frankenthaler Kanal und die
Frankenthaler Zuckerfabrik, sowie die Petroleumtanks auf dem
Rhein. Der Redner kündigt zum Schluß einen sozialdemokrati-
schen Antrag auf Herabsetzung der Gebühr für die Angelberech-
tigung auf 3 M an.

Abg. Gebhart (Fr. Vgg.) bringt Wünsche und Anträge von
Ufergrundbesitzern vor. Er verwahrt sich dabei gegen eine neue
Art von "Bodenzinsen", die durch den Gesetzentwurf festgelegt
würden, und beantragt, daß die Fabrikabwässer vor Einleitung
in die Fischwässer gereinigt werden. Er könne dem vorliegenden
Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Staatsminister v. Brettreich:

Bayern hat seinerzeit als ein Eldorado der Fischerei ge-
golten. In den letzten Jahrzehnten ist jedoch ein starker Rück-
gang der Fischerei eingetreten. Nachteilig für die Fischerei wir-
ken besonders die Flußkorrektionen, wodurch die Fluß-
bette eine Gestaltung annehmen, die für das Gehege und die
Fortpflanzung der Fische nicht mehr günstig sind, ferner die
Verunreinigung der Fischwässer. In letzterer Beziehung
ist eine Besserung vom Vollzug des neuen Wasser-
gesetzes
zu erwarten. Eine wesentliche Schuld an dem Rück-
gange tragen die Fischereibesitzer selbst; sehr nachteilig
erweist sich namentlich der Raubbau in den kleineren
Gewässern
, der großgezogen wurde durch die vielfach dort
bestehenden zahlreichen Fischereirechte und das Steigen der Fisch-
preise. Der neue Fischereigesetzentwurf bessert die Verhältnisse
durch eine genaue Präzision der rechtlichen Stellung der Fi-
scherei, die Einschränkung der Ausübung der Fischerei,
namentlich der Adjazentenfischerei, sowie durch eine genaue
polizeiliche Regelung. Grundsatz wird sein, daß die
Fischerei tunlichste Berücksichtigung findet; das ist der rote Faden,
der sich durch das ganze Gesetz zieht. Wenn unsere Gebirgsflüsse
für Kraftanlagen ausgenützt werden, dann wird das auch
wieder einen wesentlichen Einfluß auf die Fischerei haben; des-
halb muß die Fischerei in den kleinen Gewässern wirtschaftlich
ausgenützt werden. Das Gesetz bringt ja manchen Eingriff in
bestehende Rechte; aber ohne das geht es nicht ab. Das allgemeine
Interesse geht dem des einzelnen vor. Der Uebergang darf aber
nicht zu hart werden; mit der Zeit, wenn das Gesetz erreichen
will, was es anstrebt, muß die Fischerei vom größeren Stand-
punkt aus ins Auge gefaßt werden als vom Interesse des ein-
zelnen aus.
Das freie Fischereirecht am Rhein läßt sich nicht
aufrecht erhalten; für die Angelfischerei werden Erlaubnis-
scheine zu ermäßigten Preisen ausgestellt werden. Die Ad-
jazentenfischerei
ist ein Krebsschaden für die Fischerei;
wenn wir diese nicht einschränken könnten, würde das ganze Gesetz
vom wirtschaftlichen Standpunkt aus überhaupt keinen Wert
haben. Das Recht als solches wird dem Grundbesitzer gar nicht
genommen, es wird nur seine Ausübung eingeschränkt. Das
Uferbetretungsrecht wird im Entwurf eingeschränkt.
Durch den Entwurf wird außerdem eine Reihe von Streitigkeiten
ausgeschaltet werden.

Das Haus tritt in die Spezialdiskussion ein.
(Schluß folgt.)

[Spaltenumbruch]
Handels-Zeitung.
(Der Nachdruck der nicht mit einem * gezeichneten Originalartikel, Notizen und
Telegramme ist nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)

Fiskus Kontra Hibernia.

ff. Der erneuerte Streit um den Besitz der Bergwerks-
Aktiengesellschaft Hibernia, der zwischen der kgl. preußi-
schen Staatsregierung und der derzeitigen Mehrheit der
Aktionäre, die ihren Besitz in der Herne, G. m. b. H., kon-
solidiert haben, entstanden ist, wird am Mittwoch vor
dem Reichsgericht zum endgültigen Austrag
gebracht werden. Es ist bereits das zweite Mal, daß der
oberste Gerichtshof sein Urteil in diesem von beiden Par-
teien mit Hartnäckigkeit geführten Streit spricht. Nachdem
in zweijährigem Prozessieren durch die Entscheidung des
Reichsgerichts vom 2. resp. 13. Juni 1906 die Hibernia-
Gesellschaft ein obsiegendes Urteil erzielt und damit zu-
gleich die Position der Verstaatlichungsgegner infolge Gül-
tigkeitserklärung der durch Generalversammlungsbeschlüsse
vom 27. August resp. 22. Oktober 1904 geschaffenen 61/2
Millionen Mark junger Aktien die ausschlaggebende Mehr-
heit erfahren hatte, boten die Beschlüsse einer außer-
ordentlichen Generalversammlung vom 4. Dezember
1906 Veranlassung zu neuen Prozessen. Zur Deckung
der weiteren Geldbedürfnisse der Gesellschaft, insbesondere
für Neuanlagen, beschloß diese Generalversammlung die
Erhöhung des Aktienkapitals um 10 Millionen Mark auf
70 Millionen Mark durch Ausgabe von 10,000 Vorzugs-
aktien zu je 1000 Mark, die eine Vorrechtsdividende von
41/2 Prozent genießen sollen. Das Bezugsrecht der Aktio-
näre sollte hierbei ausgeschlossen sein, die Aktien vielmehr
zu Pari an ein Bankenkonsortium fest begeben werden.

Der Antrag des Fiskus, diese Aktien zu 120
Prozent ihm zu überlassen, indem er gleichzeitig die Ver-
pflichtung eingehen wollte, den Aktionären den gesamten
Betrag zum Bezuge nach Maßgabe ihres Aktienbesitzes an-
zubieten, wurde abgelehnt. Der Fiskus reichte dann die
Nichtigkeitsklage gegen diese Beschlüsse ein. Die Kammer
für Handelssachen des Landgerichts Bochum hat in ihrer
Sitzung vom 25. Februar 1907 die Klage kostenpflichtig
abgewiesen, und das gleiche Schicksal widerfuhr der Be-
rufungsklage des Fiskus seitens des Oberlandesgerichtes
Hamm am 26. September 1907. Gegen diese abweisenden
Bescheide richtet sich die Berufung des Fiskus nicht allein;
er ist der Auffassung, daß auch das Urteil in dem Prozeß
über die Gültigkeit der 61/2 Millionen Mark Aktien zu Un-
recht ergangen ist und beabsichtigt an Hand des jetzigen
Prozesses, das damalige Urteil des Reichsgerichts einer
Nachprüfung unterziehen zu lassen. Vor allem aber meint
der Fiskus, und seiner Ansicht sind hervorragende Rechts-
gelehrte beigetreten, daß die Behandlung der Minorität
der Aktionäre -- in diesem Falle ist es eben der Fiskus --
dem Geist des Aktienrechtes einfach widerspreche.

Insbesondere wird seitens des Fiskus auch gegen die
Verquickung des jetzigen Prozesses mit dem ersten Streit

[irrelevantes Material]

München, Mittwoch Allgemeine Zeitung 25. März 1908. Nr. 140.
[Spaltenumbruch]

von Publikum und Kritik zerzauſt, in Armut darben, während
dieſer, von der Menge bejubelt, von den Theaterdirektoren ver-
hätſchelt, im Golde ſchwimmt, ſo daß es ihm auch ein Leichtes iſt,
der Freundin des bedrängten Kollegen, einer Schauſpielerin,
ihren Fächer auszulöſen, der wegen Mangel an Ueberfluß ins
Pfandhaus hatte wandern müſſen. Dafür folgt ihm die Schöne
zum — Ball, indes der Dichter mit ſeinem Leid daheim bleibt.
— Der Gegenſatz iſt gut herausgearbeitet, der Autor bleibt aber
den Beweis ſchuldig, daß in dem Schriftſteller die heilige Flamme
der Kunſt ſtark genug iſt, um ihn durch ſeine Werke den
Schmarotzern des Lebens überlegen erſcheinen zu laſſen. — Die
Herren Scherzer, Fiſcher und Steiner ſowie Frl. Morro traten
dem Verfaſſer wacker zur Seite und halfen ihm, einen freund-
lichen Erfolg zu erringen.



Bayeriſche Chronik.
* Staatsratsſitzung.

Heute mittag fand unter dem
Vorſitz Sr. kgl. Hoh. des Prinzregenten in der Reſi-
denz eine Staatsratsſitzung ſtatt. Zur Beratung ſtand das
proviſoriſche Steuergeſetz.




Drei Grandinger-Verſamm-
lungen
brachte uns der heutige Sonntag. Nachmittags 2 Uhr
hielt bei zahlreichem Beſuch der liberale Verein Schwarzenbach
am Wald ſeine Generalverſammlung ab, wobei der
Abgeordnete Pfarrer Grandinger mit großem Erfolg ſprach. Für
5½ Uhr und 8 Uhr waren zwei Verſammlungen hier in Naila
angeſetzt, erſtere für Fremde, die zweite für Naila. Gegen
400 liberale Mannen hatten ſich von auswärts zur Nachmittags-
verſammlung eingefunden, zum Teil aus weiterer Entfernung, ſo
daß der Kammererſaal „geſteckt“ voll war. Der Vorſitzende des
Wahlkreisausſchuſſes, Fabrikbeſitzer Klöber, wies hin auf die
ſchwere Stellung, die der Pfarrerabgeordnete habe, beſprach die
Erklärung des Wahlkreisausſchuſſes, die auf das Eingreifen in
die politiſche Tätigkeit des Abg. Grandinger von bekannter Seite
hin gefaßt und veröffentlicht wurde. Er dankte dem Ab-
geordneten
für ſein eifriges und vielſeitiges Wirken für
die Partei und den Wahlkreis und erteilte ihm dann das Wort
zu ſeinem Vortrag über die politiſche Lage. Grandinger,
wie beim Eintritt ſo auch jetzt ſtürmiſch begrüßt, ſprach in der ihm
eigenen gewinnenden und überzeugenden, mit geſundem Humor
gewürzten Weiſe, ausgehend von der früher nicht für möglich
gehaltenen Tatſache, daß ein katholiſcher Geiſtlicher liberaler
Abgeordneter ſein könne, eine Tatſache, die feſtſtehe als ein Mark-
ſtein, an dem ſich manche die Köpfe einſtößen, die verſuchen, dieſen
Markſtein zu beſeitigen, umzuwerfen, „aber ich liege immer noch
nicht, ich ſtehe, und das iſt meine Lage.“ (Heiterkeit.) Seine
parlamentariſche Lage erſcheine geſichert, da ſeine Wähler ihn
ſtützten. Zur politiſchen Lage führte er aus, daß leider jetzt viel
geklagt werde im Volk und bei ſeinen Vertretern über die lange
Zeitdauer der Seſſionen
, erklärte dann, wodurch dieſe
bedingt ſeien. Vieles iſt neugeboren, die Arbeit eine viel inten-
ſivere, allein 18 Ausſchüſſe leiſten eine Unſumme von Arbeit und
ſind oft wichtiger als die Vollverſammlungen. Obwohl wirklich
intenſiv gearbeitet werden müſſe, müſſe doch das Körgeſetz, das
Zwangsenteignungsgeſetz und vielleicht auch die Kirchen-
gemeindeordnung
auf die nächſte Seſſion verſchoben wer-
den. Die Möglichkeiten zur Verkürzung der Seſſionen fanden ein-
gehende Beſprechung, dann das unglückſelige Verhältnis des
Stimmenverhältniſſes im Landtage und die von der Mehrheits-
partei geübte Praxis der Ablehnung ſelbſt der beſten
Anträge,
die wegen ihrer Vaterſchaft nicht genehmigt werden,
um dann mit anderen Antragſtellern, anderen Worten, aber nicht
anderem Sinne einſtimmig Annahme zu finden. Verſprechen vor
den Wahlen und Halten derſelben nachher ſei Nebenſache. Deut-
licher Beweis ſei die Aufbeſſerung der ſtaatlichen
Arbeiter
, denen 20prozentige Aufbeſſerung verſprochen worden
ſei von derſelben Zentrumspartei, die nach den Wahlen die von
den Sozialdemokraten und Liberalen beantragte Aufbeſſerung
um 20 oder doch wenigſtens 15 Prozent abgelehnt und lediglich
20 Pfennig tägliche Zulage genehmigt hat. Die Minderheit muß
ſich der Politik der Mehrheit fügen. Aber es wird und muß
anders kommen. Ueberall erkennt man, ſelbſt in den ſchwärzeſten
Winkeln bricht ſich die Aufklärung Bahn, man erkennt, daß das
ſtets verkündete Wort, der Liberalismus ſei ein Feind der
Kirche, Schule, der Religion und des Glaubens Entſtellung ſei.
Ueberall, auch in den Kreiſen der Geiſtlichen, der evangeliſchen
und vieler katholiſchen, erkennt man ihn als Beſchützer dieſer



nußreiche Stunden. Die Rednerin führte in ſchöner, feſſelnder
und fließender Form aus, daß Iſolde Kurz, die keiner Schule noch
Richtung angehört, zu der kleinen Zahl zeitloſer Menſchen gehört,
die ſtill abwärts ſtehen und ruhig warten bis der Erfolg zu ihnen
kommt. 1853, zur Zeit der Winterſonnenwende, erblickte ſie das
Licht der Welt als Tochter des ſchwäbiſchen Dichters Hermann
Kurz und einer dichteriſch beanlagten Mutter, als einziges Mäd-
chen von 4 Geſchwiſtern empfing ſie ihre geiſtige Bildung zu
Hauſe, ſie lernte vier Sprachen und wurde früh mit dem klaſſiſchen
Altertum und ſeinen Dichtungen vertraut gemacht. Nach dem
Tode des Vaters, der zuletzt Bibliothekar in Tübingen war, zog
ſie mit Mutter und Bruder nach Florenz, das ihr zur zweiten Hei-
mat und für ihre Entwicklung ausſchlaggebend wurde. Als ſie
1888 ihre erſte Gedichtſammlung herausgab, war ſie keine Wer-
dende mehr, ſondern eine Gewordene, die zweite erſchien erſt 1903;
herrſcht in der erſten Lenzesſtimmung, ſo findet man dagegen in
der letzteren mehr die ernſte Farbenpracht des Herbſtes. Erſt
ſpät wurde die Dichterin auch der erzählenden Begabung bewußt,
1890 erſchien ihr erſter Novellenband „Die Florentiner Novel-
len“, reifere, tiefgehendere Erzählungskunſt birgt das kleine
Bändchen „Frutti di Mare“, ihre Meiſternovelle iſt „Unſere Car-
lotta“, die 1897 erſchien und in feinſter Weiſe und Auffaſſung das
ſeitdem ſo oft behandelte und verzerrte Problem „die Sehnſucht
des Weibes nach der Mutterſchaft“ behandelt. In der „Stadt
des Lebens“ betritt Iſolde Kurz das kulturhiſtoriſche Gebiet, 1905
erſchienen Aphorismen unter dem Titel „Im Zeichen des Stein-
bocks“, denn „unterm Steinbock ſtand auch meine Wiege“, vor zwei
Jahren erſchien die Lebensbeſchreibung ihres Vaters, die man, da
ſie auch das Bild ſeiner geiſtesverwandten Tochter gibt, auch als
Autobiographie bezeichnen kann; ihr letztes Werk „Lebensfluten“
iſt Weihnachten erſchienen. Nach dem mit enthuſiaſtiſchem Beifall
aufgenommenen Vortrag trug die Rednerin in feiner Auffaſſung
noch einige Gedichte Iſoldens vor. Ika Freudenberg bewies aus
einer Anzahl Aphorismen, daß Iſolde Kurz zu den Freunden der
Frauenbewegung zu rechnen iſt, Frau Beutel-Keller, die von früher
bekannte Schauſpielerin, errang mit dem Vortrag des Weltge-
richts großen Erfolg.

* Ein weiblicher Gefängnisinſpektor.

Dr. Louiſe Gordon,
eine Dame, die auf den Univerſitäten Edinburg und Glasgow
ſtudiert hat, iſt zum Gefängnisinſpektor und zum Hilfsinſpektor
der ſtaatlichen Beſſerungsanſtalten für trunkſüchtige Frauen in
London ernannt worden. Es iſt dies eine Folge der von ver-
ſchiedenen Seiten in der letzten Parlamentsſeſſion zur Erörterung
gebrachten Vorſchläge zum Zwecke der Reform des Gefängnis-
weſens.

[Spaltenumbruch]

Güter an. Der Geiſt der Aufklärung bricht ſich in Stadt und
Land Bahn, man ſtellt ſich auf den Standpunkt, ob das wahr iſt,
was die Preſſe ſchreibt; und wer da ſelbſt prüft, weiß, daß das
wahr iſt. So entſtehen überall die Organiſationen, liberale Ver-
eine, die zeigen werden, daß der Liberalismus erſtarkt. In
dieſem Sinne arbeiten, das ſchreibt uns die politiſche Lage vor.
Die Verbindung muß feſt ſein, und nicht ſoll man nörgeln; die
Liberalen ſtimmen und handeln, wie es ihnen ihr Eid vor-
ſchreibt, Fraktionszwang gibt es nicht.

Der Ausblick in die Zukunft ſagt, daß wir gerüſtet ſein
müſſen, und darum muß draußen immer gearbeitet werden,
nicht nur vor den Wahlen, es muß gebaut werden, damit die
Unbill des Wahlgeſetzes uns nichts mehr antun kann. Gründung
von Organiſationen und Zuſammenſchluß zu Kreisverbänden iſt
Bedingung. „Treudeutſch und freibayeriſch allewege!“ ſchloß
Grandinger ſeine oftmals von Beifall unterbrochene Rede, der
ein langdauernder Beifallsſturm folgte. Bäckermeiſter Schrep-
fer
-Hof, der vorzügliche Vorſitzende des dortigen jungliberalen
Vereins, dankte dem Abg. Grandinger für ſein freimütiges Ein-
treten für liberale Grundſätze und Ideen, worauf der Vorſitzende
mit nochmaligem Danke ſchloß.

Bayeriſcher Landtag.
108. öffentliche Sitzung der Kammer der Abgeordneten.
München, 24. März.
Am Miniſtertiſch: Staatsminiſter v. Brettreich.
Es gelangt der
Entwurf eines Fiſchereigeſetzentwurfes
zur Beratung.

In ſeinem Referat zur Generaldiskuſſion bemerkt Referent
Frhr. v. Malſen (Zentr.) u. a., daß die meiſten deutſchen Staaten
Bayern mit Fiſchereigeſetzen vorangegangen ſind, daß aber das
vorliegende bayeriſche Geſetz in ſeinen Beſtimmungen erſchöp-
fend ſei.

Ueber die Beratung des Geſetzes im 7. (beſonderen) Ausſchuß
liegt ein ausführliches Referat des Referenten und ein Kor-
referat des Abg. Berdel vor.

Abg. Berdel (lib.) erwartet ſich von manchen vom Ausſchuß
vorgenommenen Aenderungen am Entwurf eine beſſere Wirkung
des Fiſchereigeſetzes. Die Erhöhung der Gebühr für die Fiſch-
karten auf 5 M iſt im Intereſſe der Fiſcherei und des Fiſch-
ſchutzes ſehr zu begrüßen. Im Intereſſe der Grundſtückseigen-
tümer iſt auch die Aenderung am Platze, daß im Fall der Ueber-
ſchwemmung dem Fiſchberechtigten das Recht, ſich die Fiſche an-
zueignen, die außerhalb des Fiſchwaſſers gekommen ſind, nur
innerhalb einer beſtimmten Friſt von 8 Tagen zuſteht. Nach
dieſer Zeit gehören die Fiſche dem Grundeigentümer. Dieſe
Beſtimmungen werden zwar zu Streitigkeiten zwiſchen Fiſcherei-
berechtigten und Grundeigentümern führen, allein dieſe Bedenken
dürfen nicht abhalten, dieſe Beſtimmung aufrecht zu erhalten.
Auch die Vorſchriften über die Vernichtung von der Fiſcherei
ſchädlichen Tieren ſind ſympathiſch, denn ſie gewähren der Fiſcherei
genügend Schutz, ohne in die Jagdrechte einzugreifen. Der vor-
liegende Geſetzentwurf wird eine Hebung und Förderung der
Fiſchzucht herbeiführen; namens ſeiner politiſchen Freunde gibt
er die Zuſtimmung zu dem Entwurf.

Abg. Deininger (Fr. Vgg.) erklärt die Zuſtimmung zu dem
vorliegenden Entwurf, wenn auch einige pfälziſche Kollegen
Bedenken gegen manche ſeiner Beſtimmungen haben.

Abg. Cronauer (lib.) bedauert den Rückgang der Fiſcherei
am Rhein, der neben anderen Urſachen wie Dampfſchiffahrt,
Seuchen und Raubfiſcherei vor allem auf die Mißſtände am
Frankenthaler Kanal zurückzuführen ſei. Die Regierung möge hier
Abhilfe ſchaffen.

Abg. Beckh (Fr. Vgg.) erklärt ſeine Zuſtimmung zu dem
Entwurf und erwartet von deſſen ſtriktem Vollzug eine Beſſerung
in der Klärung der Abwäſſer der induſtriellen Betriebe. Es
ſollten an allen induſtriellen Anlagen Klärungsvorrichtungen
angebracht werden.

Abg. Ehrhart (Soz.): Bedauerlich ſei es, daß das Angel-
fiſchrecht
am Rhein aufgehoben werden ſoll. Mehr Schäden
als die Angelfiſcher ſtiften der Frankenthaler Kanal und die
Frankenthaler Zuckerfabrik, ſowie die Petroleumtanks auf dem
Rhein. Der Redner kündigt zum Schluß einen ſozialdemokrati-
ſchen Antrag auf Herabſetzung der Gebühr für die Angelberech-
tigung auf 3 M an.

Abg. Gebhart (Fr. Vgg.) bringt Wünſche und Anträge von
Ufergrundbeſitzern vor. Er verwahrt ſich dabei gegen eine neue
Art von „Bodenzinſen“, die durch den Geſetzentwurf feſtgelegt
würden, und beantragt, daß die Fabrikabwäſſer vor Einleitung
in die Fiſchwäſſer gereinigt werden. Er könne dem vorliegenden
Geſetzentwurf nicht zuſtimmen.

Staatsminiſter v. Brettreich:

Bayern hat ſeinerzeit als ein Eldorado der Fiſcherei ge-
golten. In den letzten Jahrzehnten iſt jedoch ein ſtarker Rück-
gang der Fiſcherei eingetreten. Nachteilig für die Fiſcherei wir-
ken beſonders die Flußkorrektionen, wodurch die Fluß-
bette eine Geſtaltung annehmen, die für das Gehege und die
Fortpflanzung der Fiſche nicht mehr günſtig ſind, ferner die
Verunreinigung der Fiſchwäſſer. In letzterer Beziehung
iſt eine Beſſerung vom Vollzug des neuen Waſſer-
geſetzes
zu erwarten. Eine weſentliche Schuld an dem Rück-
gange tragen die Fiſchereibeſitzer ſelbſt; ſehr nachteilig
erweiſt ſich namentlich der Raubbau in den kleineren
Gewäſſern
, der großgezogen wurde durch die vielfach dort
beſtehenden zahlreichen Fiſchereirechte und das Steigen der Fiſch-
preiſe. Der neue Fiſchereigeſetzentwurf beſſert die Verhältniſſe
durch eine genaue Präziſion der rechtlichen Stellung der Fi-
ſcherei, die Einſchränkung der Ausübung der Fiſcherei,
namentlich der Adjazentenfiſcherei, ſowie durch eine genaue
polizeiliche Regelung. Grundſatz wird ſein, daß die
Fiſcherei tunlichſte Berückſichtigung findet; das iſt der rote Faden,
der ſich durch das ganze Geſetz zieht. Wenn unſere Gebirgsflüſſe
für Kraftanlagen ausgenützt werden, dann wird das auch
wieder einen weſentlichen Einfluß auf die Fiſcherei haben; des-
halb muß die Fiſcherei in den kleinen Gewäſſern wirtſchaftlich
ausgenützt werden. Das Geſetz bringt ja manchen Eingriff in
beſtehende Rechte; aber ohne das geht es nicht ab. Das allgemeine
Intereſſe geht dem des einzelnen vor. Der Uebergang darf aber
nicht zu hart werden; mit der Zeit, wenn das Geſetz erreichen
will, was es anſtrebt, muß die Fiſcherei vom größeren Stand-
punkt aus ins Auge gefaßt werden als vom Intereſſe des ein-
zelnen aus.
Das freie Fiſchereirecht am Rhein läßt ſich nicht
aufrecht erhalten; für die Angelfiſcherei werden Erlaubnis-
ſcheine zu ermäßigten Preiſen ausgeſtellt werden. Die Ad-
jazentenfiſcherei
iſt ein Krebsſchaden für die Fiſcherei;
wenn wir dieſe nicht einſchränken könnten, würde das ganze Geſetz
vom wirtſchaftlichen Standpunkt aus überhaupt keinen Wert
haben. Das Recht als ſolches wird dem Grundbeſitzer gar nicht
genommen, es wird nur ſeine Ausübung eingeſchränkt. Das
Uferbetretungsrecht wird im Entwurf eingeſchränkt.
Durch den Entwurf wird außerdem eine Reihe von Streitigkeiten
ausgeſchaltet werden.

Das Haus tritt in die Spezialdiskuſſion ein.
(Schluß folgt.)

[Spaltenumbruch]
Handels-Zeitung.
(Der Nachdruck der nicht mit einem * gezeichneten Originalartikel, Notizen und
Telegramme iſt nur mit genauer Quellenangabe geſtattet.)

Fiskus Kontra Hibernia.

ff. Der erneuerte Streit um den Beſitz der Bergwerks-
Aktiengeſellſchaft Hibernia, der zwiſchen der kgl. preußi-
ſchen Staatsregierung und der derzeitigen Mehrheit der
Aktionäre, die ihren Beſitz in der Herne, G. m. b. H., kon-
ſolidiert haben, entſtanden iſt, wird am Mittwoch vor
dem Reichsgericht zum endgültigen Austrag
gebracht werden. Es iſt bereits das zweite Mal, daß der
oberſte Gerichtshof ſein Urteil in dieſem von beiden Par-
teien mit Hartnäckigkeit geführten Streit ſpricht. Nachdem
in zweijährigem Prozeſſieren durch die Entſcheidung des
Reichsgerichts vom 2. reſp. 13. Juni 1906 die Hibernia-
Geſellſchaft ein obſiegendes Urteil erzielt und damit zu-
gleich die Poſition der Verſtaatlichungsgegner infolge Gül-
tigkeitserklärung der durch Generalverſammlungsbeſchlüſſe
vom 27. Auguſt reſp. 22. Oktober 1904 geſchaffenen 6½
Millionen Mark junger Aktien die ausſchlaggebende Mehr-
heit erfahren hatte, boten die Beſchlüſſe einer außer-
ordentlichen Generalverſammlung vom 4. Dezember
1906 Veranlaſſung zu neuen Prozeſſen. Zur Deckung
der weiteren Geldbedürfniſſe der Geſellſchaft, insbeſondere
für Neuanlagen, beſchloß dieſe Generalverſammlung die
Erhöhung des Aktienkapitals um 10 Millionen Mark auf
70 Millionen Mark durch Ausgabe von 10,000 Vorzugs-
aktien zu je 1000 Mark, die eine Vorrechtsdividende von
4½ Prozent genießen ſollen. Das Bezugsrecht der Aktio-
näre ſollte hierbei ausgeſchloſſen ſein, die Aktien vielmehr
zu Pari an ein Bankenkonſortium feſt begeben werden.

Der Antrag des Fiskus, dieſe Aktien zu 120
Prozent ihm zu überlaſſen, indem er gleichzeitig die Ver-
pflichtung eingehen wollte, den Aktionären den geſamten
Betrag zum Bezuge nach Maßgabe ihres Aktienbeſitzes an-
zubieten, wurde abgelehnt. Der Fiskus reichte dann die
Nichtigkeitsklage gegen dieſe Beſchlüſſe ein. Die Kammer
für Handelsſachen des Landgerichts Bochum hat in ihrer
Sitzung vom 25. Februar 1907 die Klage koſtenpflichtig
abgewieſen, und das gleiche Schickſal widerfuhr der Be-
rufungsklage des Fiskus ſeitens des Oberlandesgerichtes
Hamm am 26. September 1907. Gegen dieſe abweiſenden
Beſcheide richtet ſich die Berufung des Fiskus nicht allein;
er iſt der Auffaſſung, daß auch das Urteil in dem Prozeß
über die Gültigkeit der 6½ Millionen Mark Aktien zu Un-
recht ergangen iſt und beabſichtigt an Hand des jetzigen
Prozeſſes, das damalige Urteil des Reichsgerichts einer
Nachprüfung unterziehen zu laſſen. Vor allem aber meint
der Fiskus, und ſeiner Anſicht ſind hervorragende Rechts-
gelehrte beigetreten, daß die Behandlung der Minorität
der Aktionäre — in dieſem Falle iſt es eben der Fiskus —
dem Geiſt des Aktienrechtes einfach widerſpreche.

Insbeſondere wird ſeitens des Fiskus auch gegen die
Verquickung des jetzigen Prozeſſes mit dem erſten Streit

[irrelevantes Material]

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[4/0004] München, Mittwoch Allgemeine Zeitung 25. März 1908. Nr. 140. von Publikum und Kritik zerzauſt, in Armut darben, während dieſer, von der Menge bejubelt, von den Theaterdirektoren ver- hätſchelt, im Golde ſchwimmt, ſo daß es ihm auch ein Leichtes iſt, der Freundin des bedrängten Kollegen, einer Schauſpielerin, ihren Fächer auszulöſen, der wegen Mangel an Ueberfluß ins Pfandhaus hatte wandern müſſen. Dafür folgt ihm die Schöne zum — Ball, indes der Dichter mit ſeinem Leid daheim bleibt. — Der Gegenſatz iſt gut herausgearbeitet, der Autor bleibt aber den Beweis ſchuldig, daß in dem Schriftſteller die heilige Flamme der Kunſt ſtark genug iſt, um ihn durch ſeine Werke den Schmarotzern des Lebens überlegen erſcheinen zu laſſen. — Die Herren Scherzer, Fiſcher und Steiner ſowie Frl. Morro traten dem Verfaſſer wacker zur Seite und halfen ihm, einen freund- lichen Erfolg zu erringen. Bayeriſche Chronik. * Staatsratsſitzung. Heute mittag fand unter dem Vorſitz Sr. kgl. Hoh. des Prinzregenten in der Reſi- denz eine Staatsratsſitzung ſtatt. Zur Beratung ſtand das proviſoriſche Steuergeſetz. ls. Naila, 22. März. Drei Grandinger-Verſamm- lungen brachte uns der heutige Sonntag. Nachmittags 2 Uhr hielt bei zahlreichem Beſuch der liberale Verein Schwarzenbach am Wald ſeine Generalverſammlung ab, wobei der Abgeordnete Pfarrer Grandinger mit großem Erfolg ſprach. Für 5½ Uhr und 8 Uhr waren zwei Verſammlungen hier in Naila angeſetzt, erſtere für Fremde, die zweite für Naila. Gegen 400 liberale Mannen hatten ſich von auswärts zur Nachmittags- verſammlung eingefunden, zum Teil aus weiterer Entfernung, ſo daß der Kammererſaal „geſteckt“ voll war. Der Vorſitzende des Wahlkreisausſchuſſes, Fabrikbeſitzer Klöber, wies hin auf die ſchwere Stellung, die der Pfarrerabgeordnete habe, beſprach die Erklärung des Wahlkreisausſchuſſes, die auf das Eingreifen in die politiſche Tätigkeit des Abg. Grandinger von bekannter Seite hin gefaßt und veröffentlicht wurde. Er dankte dem Ab- geordneten für ſein eifriges und vielſeitiges Wirken für die Partei und den Wahlkreis und erteilte ihm dann das Wort zu ſeinem Vortrag über die politiſche Lage. Grandinger, wie beim Eintritt ſo auch jetzt ſtürmiſch begrüßt, ſprach in der ihm eigenen gewinnenden und überzeugenden, mit geſundem Humor gewürzten Weiſe, ausgehend von der früher nicht für möglich gehaltenen Tatſache, daß ein katholiſcher Geiſtlicher liberaler Abgeordneter ſein könne, eine Tatſache, die feſtſtehe als ein Mark- ſtein, an dem ſich manche die Köpfe einſtößen, die verſuchen, dieſen Markſtein zu beſeitigen, umzuwerfen, „aber ich liege immer noch nicht, ich ſtehe, und das iſt meine Lage.“ (Heiterkeit.) Seine parlamentariſche Lage erſcheine geſichert, da ſeine Wähler ihn ſtützten. Zur politiſchen Lage führte er aus, daß leider jetzt viel geklagt werde im Volk und bei ſeinen Vertretern über die lange Zeitdauer der Seſſionen, erklärte dann, wodurch dieſe bedingt ſeien. Vieles iſt neugeboren, die Arbeit eine viel inten- ſivere, allein 18 Ausſchüſſe leiſten eine Unſumme von Arbeit und ſind oft wichtiger als die Vollverſammlungen. Obwohl wirklich intenſiv gearbeitet werden müſſe, müſſe doch das Körgeſetz, das Zwangsenteignungsgeſetz und vielleicht auch die Kirchen- gemeindeordnung auf die nächſte Seſſion verſchoben wer- den. Die Möglichkeiten zur Verkürzung der Seſſionen fanden ein- gehende Beſprechung, dann das unglückſelige Verhältnis des Stimmenverhältniſſes im Landtage und die von der Mehrheits- partei geübte Praxis der Ablehnung ſelbſt der beſten Anträge, die wegen ihrer Vaterſchaft nicht genehmigt werden, um dann mit anderen Antragſtellern, anderen Worten, aber nicht anderem Sinne einſtimmig Annahme zu finden. Verſprechen vor den Wahlen und Halten derſelben nachher ſei Nebenſache. Deut- licher Beweis ſei die Aufbeſſerung der ſtaatlichen Arbeiter, denen 20prozentige Aufbeſſerung verſprochen worden ſei von derſelben Zentrumspartei, die nach den Wahlen die von den Sozialdemokraten und Liberalen beantragte Aufbeſſerung um 20 oder doch wenigſtens 15 Prozent abgelehnt und lediglich 20 Pfennig tägliche Zulage genehmigt hat. Die Minderheit muß ſich der Politik der Mehrheit fügen. Aber es wird und muß anders kommen. Ueberall erkennt man, ſelbſt in den ſchwärzeſten Winkeln bricht ſich die Aufklärung Bahn, man erkennt, daß das ſtets verkündete Wort, der Liberalismus ſei ein Feind der Kirche, Schule, der Religion und des Glaubens Entſtellung ſei. Ueberall, auch in den Kreiſen der Geiſtlichen, der evangeliſchen und vieler katholiſchen, erkennt man ihn als Beſchützer dieſer nußreiche Stunden. Die Rednerin führte in ſchöner, feſſelnder und fließender Form aus, daß Iſolde Kurz, die keiner Schule noch Richtung angehört, zu der kleinen Zahl zeitloſer Menſchen gehört, die ſtill abwärts ſtehen und ruhig warten bis der Erfolg zu ihnen kommt. 1853, zur Zeit der Winterſonnenwende, erblickte ſie das Licht der Welt als Tochter des ſchwäbiſchen Dichters Hermann Kurz und einer dichteriſch beanlagten Mutter, als einziges Mäd- chen von 4 Geſchwiſtern empfing ſie ihre geiſtige Bildung zu Hauſe, ſie lernte vier Sprachen und wurde früh mit dem klaſſiſchen Altertum und ſeinen Dichtungen vertraut gemacht. Nach dem Tode des Vaters, der zuletzt Bibliothekar in Tübingen war, zog ſie mit Mutter und Bruder nach Florenz, das ihr zur zweiten Hei- mat und für ihre Entwicklung ausſchlaggebend wurde. Als ſie 1888 ihre erſte Gedichtſammlung herausgab, war ſie keine Wer- dende mehr, ſondern eine Gewordene, die zweite erſchien erſt 1903; herrſcht in der erſten Lenzesſtimmung, ſo findet man dagegen in der letzteren mehr die ernſte Farbenpracht des Herbſtes. Erſt ſpät wurde die Dichterin auch der erzählenden Begabung bewußt, 1890 erſchien ihr erſter Novellenband „Die Florentiner Novel- len“, reifere, tiefgehendere Erzählungskunſt birgt das kleine Bändchen „Frutti di Mare“, ihre Meiſternovelle iſt „Unſere Car- lotta“, die 1897 erſchien und in feinſter Weiſe und Auffaſſung das ſeitdem ſo oft behandelte und verzerrte Problem „die Sehnſucht des Weibes nach der Mutterſchaft“ behandelt. In der „Stadt des Lebens“ betritt Iſolde Kurz das kulturhiſtoriſche Gebiet, 1905 erſchienen Aphorismen unter dem Titel „Im Zeichen des Stein- bocks“, denn „unterm Steinbock ſtand auch meine Wiege“, vor zwei Jahren erſchien die Lebensbeſchreibung ihres Vaters, die man, da ſie auch das Bild ſeiner geiſtesverwandten Tochter gibt, auch als Autobiographie bezeichnen kann; ihr letztes Werk „Lebensfluten“ iſt Weihnachten erſchienen. Nach dem mit enthuſiaſtiſchem Beifall aufgenommenen Vortrag trug die Rednerin in feiner Auffaſſung noch einige Gedichte Iſoldens vor. Ika Freudenberg bewies aus einer Anzahl Aphorismen, daß Iſolde Kurz zu den Freunden der Frauenbewegung zu rechnen iſt, Frau Beutel-Keller, die von früher bekannte Schauſpielerin, errang mit dem Vortrag des Weltge- richts großen Erfolg. * Ein weiblicher Gefängnisinſpektor. Dr. Louiſe Gordon, eine Dame, die auf den Univerſitäten Edinburg und Glasgow ſtudiert hat, iſt zum Gefängnisinſpektor und zum Hilfsinſpektor der ſtaatlichen Beſſerungsanſtalten für trunkſüchtige Frauen in London ernannt worden. Es iſt dies eine Folge der von ver- ſchiedenen Seiten in der letzten Parlamentsſeſſion zur Erörterung gebrachten Vorſchläge zum Zwecke der Reform des Gefängnis- weſens. Güter an. Der Geiſt der Aufklärung bricht ſich in Stadt und Land Bahn, man ſtellt ſich auf den Standpunkt, ob das wahr iſt, was die Preſſe ſchreibt; und wer da ſelbſt prüft, weiß, daß das wahr iſt. So entſtehen überall die Organiſationen, liberale Ver- eine, die zeigen werden, daß der Liberalismus erſtarkt. In dieſem Sinne arbeiten, das ſchreibt uns die politiſche Lage vor. Die Verbindung muß feſt ſein, und nicht ſoll man nörgeln; die Liberalen ſtimmen und handeln, wie es ihnen ihr Eid vor- ſchreibt, Fraktionszwang gibt es nicht. Der Ausblick in die Zukunft ſagt, daß wir gerüſtet ſein müſſen, und darum muß draußen immer gearbeitet werden, nicht nur vor den Wahlen, es muß gebaut werden, damit die Unbill des Wahlgeſetzes uns nichts mehr antun kann. Gründung von Organiſationen und Zuſammenſchluß zu Kreisverbänden iſt Bedingung. „Treudeutſch und freibayeriſch allewege!“ ſchloß Grandinger ſeine oftmals von Beifall unterbrochene Rede, der ein langdauernder Beifallsſturm folgte. Bäckermeiſter Schrep- fer-Hof, der vorzügliche Vorſitzende des dortigen jungliberalen Vereins, dankte dem Abg. Grandinger für ſein freimütiges Ein- treten für liberale Grundſätze und Ideen, worauf der Vorſitzende mit nochmaligem Danke ſchloß. Bayeriſcher Landtag. 108. öffentliche Sitzung der Kammer der Abgeordneten. München, 24. März. Am Miniſtertiſch: Staatsminiſter v. Brettreich. Es gelangt der Entwurf eines Fiſchereigeſetzentwurfes zur Beratung. In ſeinem Referat zur Generaldiskuſſion bemerkt Referent Frhr. v. Malſen (Zentr.) u. a., daß die meiſten deutſchen Staaten Bayern mit Fiſchereigeſetzen vorangegangen ſind, daß aber das vorliegende bayeriſche Geſetz in ſeinen Beſtimmungen erſchöp- fend ſei. Ueber die Beratung des Geſetzes im 7. (beſonderen) Ausſchuß liegt ein ausführliches Referat des Referenten und ein Kor- referat des Abg. Berdel vor. Abg. Berdel (lib.) erwartet ſich von manchen vom Ausſchuß vorgenommenen Aenderungen am Entwurf eine beſſere Wirkung des Fiſchereigeſetzes. Die Erhöhung der Gebühr für die Fiſch- karten auf 5 M iſt im Intereſſe der Fiſcherei und des Fiſch- ſchutzes ſehr zu begrüßen. Im Intereſſe der Grundſtückseigen- tümer iſt auch die Aenderung am Platze, daß im Fall der Ueber- ſchwemmung dem Fiſchberechtigten das Recht, ſich die Fiſche an- zueignen, die außerhalb des Fiſchwaſſers gekommen ſind, nur innerhalb einer beſtimmten Friſt von 8 Tagen zuſteht. Nach dieſer Zeit gehören die Fiſche dem Grundeigentümer. Dieſe Beſtimmungen werden zwar zu Streitigkeiten zwiſchen Fiſcherei- berechtigten und Grundeigentümern führen, allein dieſe Bedenken dürfen nicht abhalten, dieſe Beſtimmung aufrecht zu erhalten. Auch die Vorſchriften über die Vernichtung von der Fiſcherei ſchädlichen Tieren ſind ſympathiſch, denn ſie gewähren der Fiſcherei genügend Schutz, ohne in die Jagdrechte einzugreifen. Der vor- liegende Geſetzentwurf wird eine Hebung und Förderung der Fiſchzucht herbeiführen; namens ſeiner politiſchen Freunde gibt er die Zuſtimmung zu dem Entwurf. Abg. Deininger (Fr. Vgg.) erklärt die Zuſtimmung zu dem vorliegenden Entwurf, wenn auch einige pfälziſche Kollegen Bedenken gegen manche ſeiner Beſtimmungen haben. Abg. Cronauer (lib.) bedauert den Rückgang der Fiſcherei am Rhein, der neben anderen Urſachen wie Dampfſchiffahrt, Seuchen und Raubfiſcherei vor allem auf die Mißſtände am Frankenthaler Kanal zurückzuführen ſei. Die Regierung möge hier Abhilfe ſchaffen. Abg. Beckh (Fr. Vgg.) erklärt ſeine Zuſtimmung zu dem Entwurf und erwartet von deſſen ſtriktem Vollzug eine Beſſerung in der Klärung der Abwäſſer der induſtriellen Betriebe. Es ſollten an allen induſtriellen Anlagen Klärungsvorrichtungen angebracht werden. Abg. Ehrhart (Soz.): Bedauerlich ſei es, daß das Angel- fiſchrecht am Rhein aufgehoben werden ſoll. Mehr Schäden als die Angelfiſcher ſtiften der Frankenthaler Kanal und die Frankenthaler Zuckerfabrik, ſowie die Petroleumtanks auf dem Rhein. Der Redner kündigt zum Schluß einen ſozialdemokrati- ſchen Antrag auf Herabſetzung der Gebühr für die Angelberech- tigung auf 3 M an. Abg. Gebhart (Fr. Vgg.) bringt Wünſche und Anträge von Ufergrundbeſitzern vor. Er verwahrt ſich dabei gegen eine neue Art von „Bodenzinſen“, die durch den Geſetzentwurf feſtgelegt würden, und beantragt, daß die Fabrikabwäſſer vor Einleitung in die Fiſchwäſſer gereinigt werden. Er könne dem vorliegenden Geſetzentwurf nicht zuſtimmen. Staatsminiſter v. Brettreich: Bayern hat ſeinerzeit als ein Eldorado der Fiſcherei ge- golten. In den letzten Jahrzehnten iſt jedoch ein ſtarker Rück- gang der Fiſcherei eingetreten. Nachteilig für die Fiſcherei wir- ken beſonders die Flußkorrektionen, wodurch die Fluß- bette eine Geſtaltung annehmen, die für das Gehege und die Fortpflanzung der Fiſche nicht mehr günſtig ſind, ferner die Verunreinigung der Fiſchwäſſer. In letzterer Beziehung iſt eine Beſſerung vom Vollzug des neuen Waſſer- geſetzes zu erwarten. Eine weſentliche Schuld an dem Rück- gange tragen die Fiſchereibeſitzer ſelbſt; ſehr nachteilig erweiſt ſich namentlich der Raubbau in den kleineren Gewäſſern, der großgezogen wurde durch die vielfach dort beſtehenden zahlreichen Fiſchereirechte und das Steigen der Fiſch- preiſe. Der neue Fiſchereigeſetzentwurf beſſert die Verhältniſſe durch eine genaue Präziſion der rechtlichen Stellung der Fi- ſcherei, die Einſchränkung der Ausübung der Fiſcherei, namentlich der Adjazentenfiſcherei, ſowie durch eine genaue polizeiliche Regelung. Grundſatz wird ſein, daß die Fiſcherei tunlichſte Berückſichtigung findet; das iſt der rote Faden, der ſich durch das ganze Geſetz zieht. Wenn unſere Gebirgsflüſſe für Kraftanlagen ausgenützt werden, dann wird das auch wieder einen weſentlichen Einfluß auf die Fiſcherei haben; des- halb muß die Fiſcherei in den kleinen Gewäſſern wirtſchaftlich ausgenützt werden. Das Geſetz bringt ja manchen Eingriff in beſtehende Rechte; aber ohne das geht es nicht ab. Das allgemeine Intereſſe geht dem des einzelnen vor. Der Uebergang darf aber nicht zu hart werden; mit der Zeit, wenn das Geſetz erreichen will, was es anſtrebt, muß die Fiſcherei vom größeren Stand- punkt aus ins Auge gefaßt werden als vom Intereſſe des ein- zelnen aus. Das freie Fiſchereirecht am Rhein läßt ſich nicht aufrecht erhalten; für die Angelfiſcherei werden Erlaubnis- ſcheine zu ermäßigten Preiſen ausgeſtellt werden. Die Ad- jazentenfiſcherei iſt ein Krebsſchaden für die Fiſcherei; wenn wir dieſe nicht einſchränken könnten, würde das ganze Geſetz vom wirtſchaftlichen Standpunkt aus überhaupt keinen Wert haben. Das Recht als ſolches wird dem Grundbeſitzer gar nicht genommen, es wird nur ſeine Ausübung eingeſchränkt. Das Uferbetretungsrecht wird im Entwurf eingeſchränkt. Durch den Entwurf wird außerdem eine Reihe von Streitigkeiten ausgeſchaltet werden. Das Haus tritt in die Spezialdiskuſſion ein. (Schluß folgt.) Handels-Zeitung. (Der Nachdruck der nicht mit einem * gezeichneten Originalartikel, Notizen und Telegramme iſt nur mit genauer Quellenangabe geſtattet.) * München, 24. März. Fiskus Kontra Hibernia. ff. Der erneuerte Streit um den Beſitz der Bergwerks- Aktiengeſellſchaft Hibernia, der zwiſchen der kgl. preußi- ſchen Staatsregierung und der derzeitigen Mehrheit der Aktionäre, die ihren Beſitz in der Herne, G. m. b. H., kon- ſolidiert haben, entſtanden iſt, wird am Mittwoch vor dem Reichsgericht zum endgültigen Austrag gebracht werden. Es iſt bereits das zweite Mal, daß der oberſte Gerichtshof ſein Urteil in dieſem von beiden Par- teien mit Hartnäckigkeit geführten Streit ſpricht. Nachdem in zweijährigem Prozeſſieren durch die Entſcheidung des Reichsgerichts vom 2. reſp. 13. Juni 1906 die Hibernia- Geſellſchaft ein obſiegendes Urteil erzielt und damit zu- gleich die Poſition der Verſtaatlichungsgegner infolge Gül- tigkeitserklärung der durch Generalverſammlungsbeſchlüſſe vom 27. Auguſt reſp. 22. Oktober 1904 geſchaffenen 6½ Millionen Mark junger Aktien die ausſchlaggebende Mehr- heit erfahren hatte, boten die Beſchlüſſe einer außer- ordentlichen Generalverſammlung vom 4. Dezember 1906 Veranlaſſung zu neuen Prozeſſen. Zur Deckung der weiteren Geldbedürfniſſe der Geſellſchaft, insbeſondere für Neuanlagen, beſchloß dieſe Generalverſammlung die Erhöhung des Aktienkapitals um 10 Millionen Mark auf 70 Millionen Mark durch Ausgabe von 10,000 Vorzugs- aktien zu je 1000 Mark, die eine Vorrechtsdividende von 4½ Prozent genießen ſollen. Das Bezugsrecht der Aktio- näre ſollte hierbei ausgeſchloſſen ſein, die Aktien vielmehr zu Pari an ein Bankenkonſortium feſt begeben werden. Der Antrag des Fiskus, dieſe Aktien zu 120 Prozent ihm zu überlaſſen, indem er gleichzeitig die Ver- pflichtung eingehen wollte, den Aktionären den geſamten Betrag zum Bezuge nach Maßgabe ihres Aktienbeſitzes an- zubieten, wurde abgelehnt. Der Fiskus reichte dann die Nichtigkeitsklage gegen dieſe Beſchlüſſe ein. Die Kammer für Handelsſachen des Landgerichts Bochum hat in ihrer Sitzung vom 25. Februar 1907 die Klage koſtenpflichtig abgewieſen, und das gleiche Schickſal widerfuhr der Be- rufungsklage des Fiskus ſeitens des Oberlandesgerichtes Hamm am 26. September 1907. Gegen dieſe abweiſenden Beſcheide richtet ſich die Berufung des Fiskus nicht allein; er iſt der Auffaſſung, daß auch das Urteil in dem Prozeß über die Gültigkeit der 6½ Millionen Mark Aktien zu Un- recht ergangen iſt und beabſichtigt an Hand des jetzigen Prozeſſes, das damalige Urteil des Reichsgerichts einer Nachprüfung unterziehen zu laſſen. Vor allem aber meint der Fiskus, und ſeiner Anſicht ſind hervorragende Rechts- gelehrte beigetreten, daß die Behandlung der Minorität der Aktionäre — in dieſem Falle iſt es eben der Fiskus — dem Geiſt des Aktienrechtes einfach widerſpreche. Insbeſondere wird ſeitens des Fiskus auch gegen die Verquickung des jetzigen Prozeſſes mit dem erſten Streit _

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 140, 25. März 1908, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine140_1908/4>, abgerufen am 24.11.2024.