Allgemeine Zeitung, Nr. 13, 13. Januar 1872.[Spaltenumbruch]
wärtigen Conscquenzen in Rußland einzig dadurch möglich gewesen daß der Czar eine Türkei. * Aus der Türkei, 1 Jan. Die christliche Vevölkerung der Türkei tritt Verschiedeues. (*) Jena, 10 Jan. (Von der Universität.) Der Geh. Hofrath Prof. Straßburg. Das ehemalige kaiserliche Schloß scheint noch zu @ Bern, 10 Jan. Wie die k. k. österreichisch-ungarische Gesandtschaft dem London. In der letzten Sitzung der Geographischen Gesellschaft bildete die in Aus- Atheu. Das Räuberunwesen hat aufs neue begonnen, und zwar, wie New-York, 7 Jan. (Blutiger Skandal.) Der bekannte James Telegraphische Curs- und Handelsberichte. * Frankfurt a. M., 12 Jan. Eröffnungscurse. Oesterr. Creditactien 3501/4, * Berlin, 12 Jan., 12 Uhr 10 M. Anfangsbericht. Oesterr. Creditactien 2011/4 (*) Triest, 12 Jan. Der Lloyddampfer "Venus" ist heute Vormittags mit der [Spaltenumbruch]
wärtigen Conſcquenzen in Rußland einzig dadurch möglich geweſen daß der Czar eine Türkei. * Aus der Türkei, 1 Jan. Die chriſtliche Vevölkerung der Türkei tritt Verſchiedeues. (*) Jena, 10 Jan. (Von der Univerſität.) Der Geh. Hofrath Prof. Straßburg. Das ehemalige kaiſerliche Schloß ſcheint noch zu  Bern, 10 Jan. Wie die k. k. öſterreichiſch-ungariſche Geſandtſchaft dem London. In der letzten Sitzung der Geographiſchen Geſellſchaft bildete die in Aus- Atheu. Das Räuberunweſen hat aufs neue begonnen, und zwar, wie New-York, 7 Jan. (Blutiger Skandal.) Der bekannte James Telegraphiſche Curs- und Handelsberichte. * Frankfurt a. M., 12 Jan. Eröffnungscurſe. Oeſterr. Creditactien 350¼, * Berlin, 12 Jan., 12 Uhr 10 M. Anfangsbericht. Oeſterr. Creditactien 201¼ (*) Trieſt, 12 Jan. Der Lloyddampfer „Venus“ iſt heute Vormittags mit der <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jComment" n="3"> <p><pb facs="#f0008" n="184"/><cb/> wärtigen Conſcquenzen in Rußland einzig dadurch möglich geweſen daß der Czar eine<lb/> abſolute, alles beſtimmende Gewalt beſitzt, und auch noch für die Geſinnung ſeines eben-<lb/> ſo abſoluten Thronerben Bürgſchaft zu leiſten vermochte. Wäre der Czar nicht abſo-<lb/> lut, ſo hätte er weder mit einem Toaſt die ganze öffentliche Meinung zu beherr-<lb/> ſchen und zu beſtimmen vermocht, noch hätte ſeine genaue Kenntniß von der Ge-<lb/> ſinnung des Thronfolgers irgendwelchen Werth gehabt, weil der Thronerbe in<lb/> ſeiner Politik auch nicht von ſich ſelbſt, ſondern von den Ständen und Parteien<lb/> abhängig geweſen wäre. Die Sicherung des Weltfriedens von Seite Nußlands<lb/> beruht danach vor allem darauf daß der Czar und ſein Thronerbe ſich bewußt<lb/> ſind vollkommen maßgebend über den Parteien zu ſtehen. Es iſt aber nicht in Abrede<lb/> zu ſtellen daß es eine mächtige anti-öſterreichiſche Partei im Czarenreiche wirklich gibt.<lb/> Ertheilte nun der Czar dem Land eine Conſtitution, ſo brauchte die anti-öſterrei-<lb/> chiſche Partei nicht mehr ſo zu ſchweigen wie jetzt, wo die feierlich ausgeſprochene<lb/> Anſicht des Kaiſers jeden Widerſpruch einfach unmöglich macht. Das Treiben der anti-<lb/> öſterreichiſchen Partei, mit dem gehäſſigen Tone dem unſere nationale Preſſe ſo lange<lb/> huldigte verbunden, könnte dann Complicationen nach ſich ziehen die manchem<lb/> vielleicht als Uebereilungen gelten würden, aber doch die gegenwärtige Friedens-<lb/> politik verhindern müßten. Jetzt iſt es gerade der abſolute Wille des Czaren,<lb/> der das Treiben der anti-öſterreichiſchen Partei zunichte macht; da darf man<lb/> denn wohl verlangen daß, trotz der frommen Wünſche für unſere Mündigſprechung,<lb/> die öſterreichiſche Preſſe und das öſterreichiſche Publicum ſich über die wahre Sach-<lb/> lage gehörig verſtändigten. Was die „N. F. Pr.“ jedoch dem Czaren anſinnt,<lb/> würde unfehlbar zur Verſchlechterung der ruſſiſchen Beziehungen zu Oeſterreich<lb/> führen — und das wäre genau das Gegentheil von dem was das genannte Blatt<lb/> mit ſeinem Artikel bezweckt.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Türkei.</hi> </head><lb/> <div type="jComment" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Aus der Türkei,</hi> 1 Jan.</dateline><lb/> <p>Die chriſtliche Vevölkerung der Türkei tritt<lb/> ohne neue Hoffnungen das beginnende Jahr an. Die Erfahrung hat gelehrt daß<lb/> alle ſchönen Verſprechungen der kaiſerlichen Regierung gleich Seifenblaſen ſind,<lb/> welche im Augenblick der Berührung platzen und ohne Spur verſchwinden. Seit<lb/> Raſchid Paſcha hatten meiſt Liberale das Ruder in der Hand — Fuad, Aali,<lb/> Mahmud — und doch welche radicale Aenderung iſt in den Geſchicken des Rajah<lb/> vollzogen worden? Keine. Die Formen haben wohl überall gewechſelt, die Sachen<lb/> blieben aber wie ſie waren: troſtlos und abnorm. So hat der jetzige Großweſſier<lb/> eine Maſſe wirklich ſchöner Reformen verſprochen, viele derſelben wohl auch ſchon<lb/> zur Vollziehung den Vali empfohlen — aber wo iſt die Spur derſelben im Leben<lb/> ſelbſt zu finden? Nirgends. Der Generalgouverneur von Vulgarien hat ſeinen<lb/> Untergebenen befohlen den Namen „Bulgare“ aus allen officiellen Actenſtücken<lb/> wegzulaſſen, und auch ſonſt dahin zu wirken daß die Benennung „bulgariſche<lb/> Nation“ wegfalle, und vom Bewußtſein des Volkes vertilgt werde. Dieſem edlen<lb/> Plan gemäß werden die Schulbücher überall umgeändert werden. Natürlich daß<lb/> durch die bulgariſchen, im Ausland erſcheinenden Journale ein Schrei der Ent-<lb/> rüſtung geht, und in Bulgarien ſelbſt eine tiefe Verſtimmung ſich bemerkbar macht.<lb/> Richt weiſer iſt die Politik welche die Pforte in Bosnien verfolgt. Die Gefängniſſe<lb/> find noch immer vollgepfropft mit ſogenannten „Conſpiratoren,“ deren einziges<lb/> Verbrechen aber bloß darin beſteht daß ſie patriotiſch denken, und um Verbreitung<lb/> von Büchern und Zeitungen unter ihrem Volke ſich bekümmerten. — Montenegro<lb/> gegenüber iſt man zweideutig. Die Türken von Podgoritza läßt man ungeſtraft<lb/> die Piperins verfolgen und aus Blutrache vielfache Morde begehen. Alle Vor-<lb/> ſtellungen des Fürſten Nikolo blieben fruchtlos, ſo daß derſelbe ſich bemüſſigt fand<lb/> die Intervention der ruſſiſchen Diplomatie anzurufen. Hr. Jonin, ruſſiſcher<lb/> Conſul in Raguſa, iſt nach Scutari abgereist, um den Gouverneur zu bewegen ener-<lb/> giſche Maßregeln gegen die excedirenden Mohammedaner zu ergreifen. In allen<lb/> dieſen Beziehungen iſt die Politik der Pforte eine unkluge, unwürdige und wohl<lb/> auch gefährliche.</p> </div> </div> </div><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Verſchiedeues.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>(*) <hi rendition="#b">Jena,</hi> 10 Jan.</dateline><lb/> <head> <hi rendition="#g">(Von der Univerſität.)</hi> </head><lb/> <p>Der Geh. Hofrath Prof.<lb/> Gegenbaur, dem der Lehrſtuhl für Anatomie an der in Straßburg zu gründenden deut-<lb/> ſchen Univerſität angeboten worden war, hat dieſe Berufung definitiv abgelehnt. Wenn<lb/> dieſer Fall einerſeits mit beweist daß man für Straßburg, im Gegenſatz zu manchen<lb/> andern Fächern, wenigſtens im Bereich der Naturwiſſenſchaft wirklich hervorragende<lb/> Namen, obgleich großentheils ohne Erfolg, zu gewinnen beſtrebt iſt, ſo ſpricht andrer-<lb/> ſeits für die große Lebensfähigkeit unſerer „kleinen“ Univerſität ſehr entſchieden der<lb/> Umſtand daß im Lauf eines Jahres drei hierſelbſt wirkende Gelehrte erſten Ranges,<lb/> ſämmtlich in der Blüthe ihrer Jahre ſtehend (K. Fiſcher, E. Häckel, C. Gegenbaur), von<lb/> auswärts ihnen zugekommene glänzende Berufungen abzulehnen ſich veranlaßt geſehen<lb/> haben, während ein vierter (R. A. Lipſius) neu gewonnen worden iſt. — Neuerdings hat<lb/> ſich die kaiſerl. ruſſiſche Akademie der Wiſſenſchaften in St. Petersburg um die hieſige<lb/> Univerſität ſehr verdient gemacht, indem ſie ihre ſämmtlichen Publicationen, ſoweit<lb/> dieſelben ſich nicht ſchon hier auf der Bibliothek befanden und überhaupt noch disponibel<lb/> waren, als Geſchenk überſandt hat; gegen 500 Bände theils periodiſch erſcheinender,<lb/> theils ſelbſtändig herausgegebener, durchgängig äußerſt werthvoller Werke in allen Cul-<lb/> turſprachen, während zugleich die Spendung auch der in Zukunft zu erwartenden Ver-<lb/> öffentlichungen in ſichere Ausſicht geſtellt iſt. Zum Muſter könnten ſich dieſen Act hoch-<lb/> herzigſter Liberalität die deutſchen Akademien nehmen, deren Schriften unſere Bibliothek,<lb/> falls ſie dieſelben beſitzen will, für ſchweres Geld kaufen muß.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline> <hi rendition="#b">Straßburg.</hi> </dateline><lb/> <p><hi rendition="#g">Das ehemalige kaiſerliche Schloß</hi> ſcheint noch zu<lb/> Weiterungen zwiſchen der Reichsbehörde und der Stadtbehörde Anlaß geben zu ſollen.<lb/> Das Schloß, der alte Biſchofshof auf dem Münſterplatz, vom Cardinal Rohan 1728<lb/> erbaut, zur Zeit der erſten Revolution von der Stadt angekauft, wurde von dieſer im<lb/> Jahr 1806 dem Kaiſer Napoleon I als kaiſerliche Reſidenz verehrt. Unter den Bour-<lb/> bonen hatte es als Chàteau Royal gedient. Im Jahr 1832 beanſpruchte die Stadt das<lb/> Eigenthum des Gebäudes wieder, und gewann ihren Proceß. 1852 ſchenkte es die<lb/> Stadt Napoleon III, nach deſſen Sturz und Verkündigung der Republik es am 14 Sept.<lb/> 1870 abermals zurückgefordert wurde. Die deutſche Behörde beſtritt das Recht auf Rück-<lb/> forderung, da dieſes Gebäude zur kaiſerlichen Civilliſte gehöre, und ließ ſich gegen Ende<lb/> des Jahres 1870 die von dem Maire zurückgehaltenen Schlüſſel ausliefern. Dieſer<lb/> proteſtirte, und auch die Municipalverwaltung ließ ihren Anſpruch nicht fallen. Erſt in<lb/> der letzten Zeit wurde ihr ein gütlicher Ausgleich dahin vorgeſchlagen: daß das vormals<lb/> taiſerliche Schloß als volles Eigenthum an die Stadt zurückfallen ſoll, wenn dieſe ein-<lb/> willige dasſelbe zu Univerſitäts- oder wiſſenſchaftlichen Zwecken anzuweiſen. In der<lb/><cb/> Sitzung des Municipalraths vom 3 Jan. nahm jedoch derſelbe den Antrag der betref-<lb/> fenden Commiſſion auf unbedingte Rückforderung an, indem die Stadt ſich das Recht<lb/> vorbehalte das Gebäude in Zukunft zu jeder ihr beliebigen Beſtimmung anzuweiſen.<lb/> (Schleſ. Ztg.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline> <hi rendition="#b">Bern,</hi> 10 Jan.</dateline><lb/> <p>Wie die k. k. öſterreichiſch-ungariſche Geſandtſchaft dem<lb/> Bundesrath ſo eben mitgetheilt hat, wird der dritte <hi rendition="#g">internationale Congreß für<lb/> Hebung des Seidenbaues</hi> im Laufe des nächſten Herbſtes zu Roveredo abgehalten<lb/> werden. Letztes Jahr war Udine bekanntlich ſein Verſammlungsort. Mit dem dießjähri-<lb/> gen ſoll gleichzeitig auch eine Ausſtellung von allen den Seidenbau betreffenden Gegen-<lb/> ſtänden abgehalten werden. Ein anderer internationaler Congreß, zu welchem die Initiative<lb/> ebenfalls von Oeſterreich ausgeht, und der einen Gegenſtand von ebenſo wichtigem<lb/> allgemeinem Intereſſe, die Frage gemeinſamen Vorgehens zur <hi rendition="#g">Abwehr der Rinder-<lb/> peſt,</hi> berathen ſoll, wird zu Ende des Monats Februar ſich in Wien verſammeln. Außer<lb/> auf die Betheiligung der Schweiz hofft die k. k. öſterreichiſch-ungariſche Regierung noch<lb/> auf das Erſcheinen von Vertretern Rußlands, Deutſchlands, Großbritanniens, der Do-<lb/> naufürſtenthümer und der Türkei. Der Bundesrath hat bereits den Director der Vete-<lb/> rinäranſtalt in Zürich, Hrn. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Zangger, als Delegirten der Schweiz bezeichnet. End-<lb/> lich iſt aus Wien auch die officielle Meldung eingetroffen daß das amtliche Organ für<lb/> die im Jahr 1873 daſelbſt ſtattfindende <hi rendition="#g">Weltausſtellung</hi> einzig und allein die von<lb/> deren Generaldirection herausgegebene „Weltausſtellungscorreſpondenz“ ſein wird. —<lb/> Für die Anmeldung ſchweizeriſcher Ausſteller zu der dießjährigen <hi rendition="#g">Induſtrie-Aus-<lb/> ſtellung</hi> in <hi rendition="#g">Lyon</hi> iſt der Termin bis zum 31 d. verlängert worden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline> <hi rendition="#b">London.</hi> </dateline><lb/> <p>In der letzten Sitzung der Geographiſchen Geſellſchaft bildete die in Aus-<lb/> ficht genommene Expedition zur <hi rendition="#g">Auffuchung Livingſtone’s</hi> das Hauptthema. Nach<lb/> dem bereits von uns Mitgetheilten iſt noch hervorzuheben daß die Koſten des Unternehmens<lb/> auf allermindeſtens 2500 Pf. St. veranſchlagt werden, wozu die Geographiſche Geſell-<lb/> ſchaft 500 Pf. St. aus ihrer Caſſe bewilligt hat, und wozu bis jetzt anderweitige Bei-<lb/> träge von zuſammen etwa 800 Pf. St. angemeldet worden ſind. Soweit poſitive Be-<lb/> weiſe reichen — ſagte der Vorſitzende Sir Bartle Frere — darf man vorausſetzen daß<lb/> er ſich jetzt mit einigen Ueberreſten von Geſundheit und Körperſtärke im Innern Afrika’s<lb/> befindet. Es iſt möglich daß er noch am Leben iſt, wiewohl ſeit dritthalb Jahren ohne<lb/> Mittel ſeine Arbeiten aufzuzeichnen, ohne Chinin um die brennenden Fieber des dorti-<lb/> gen Klima’s zu bannen, und ohne die Vorräthe welche allein ihn in den Stand ſetzen<lb/> könnten in Awa wie ein civiliſirter Menſch zu leben. Ein Engländer welcher in der<lb/> nämlichen Eigenſchaft reiste wie Livingſtone, würde auf wenig Hinderniſſe ſtoßen, und<lb/> könne dem großen Reiſenden ins Innere Afrika’s folgen. Um den Führer der Expedi-<lb/> tion zu erwählen, hat der Vorſtand der Geographiſchen Geſellſchaft einen Sonderaus-<lb/> ſchuß erwählt, um die Bewerbungen von vierzig Candidaten, die ſich bereits gemeldet<lb/> haben, in Erwägung zu ziehen. (E. C.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline> <hi rendition="#b">Atheu.</hi> </dateline><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">Räuberunweſen</hi> hat aufs neue begonnen, und zwar, wie<lb/> der hieſige Correſpondent der „Times“ ſchreibt, zugleich mit dem Amtsantritte des neuen<lb/> Miniſteriums (welches übrigens telegraphiſcher Meldung zufolge bereits wieder ſeine<lb/> Entlaſſung eingereicht hat), und Hr. Zaimis iſt bis jetzt ebenſo wenig in ſeinen Be-<lb/> mühungen dasſelbe zu unterdrücken mit Erfolg gekrönt worden, als es ihm früher bei<lb/> der Verwaltung des Miniſteriums des Innern gelingen wollte. Der in Athen wohl-<lb/> bekannte Räuberhauptmann Spanos, deſſen Heerden auf dem Berge Parnes weiden, iſt<lb/> der Führer der durch ſein plötzliches Wiederauftauchen in ſeinen alten Schlupfwinkeln<lb/> bei Oropos uns aus dem Traum der Sicherheit aufgeſtört hat. Die Bande ſoll aus<lb/> ſieben erfahrenen und abgehärteten Räubern beſtehen, und, wie es heißt, hat Spanos<lb/> ſelbſt ſich ſchon geraume Zeit in Griechenland verborgen gehalten und inzwiſchen ſeinen<lb/> Plan für den Winterfeldzug vorbereitet. Seine Kühnheit, welche ſich in der Thatſache<lb/> ausſpricht daß er gleich ſein Hauptquartier nach Oropos verlegte, um Attika unſicher zu<lb/> machen, iſt geradezu wunderbar, und erfordert eine gründlichere Unterſuchung über das<lb/> Weſen und die Urſache des Straßenraubs als ſie das Cabinet Zaimis nach dem Vorfall<lb/> bei Marathon veranſtaltete. Die neueſten Blätter bringen einen ſeltſamen Bericht über<lb/> den erſten Zuſammenſtoß zwiſchen den zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit<lb/> verwendeten Truppen und der Bande Spanos. Die Geſchichte ereignete ſich bei Sphen-<lb/> dale, wo der Perſerfeldherr Mardonius auf ſeinem Marſche von Megara nach Tanagra<lb/> vor der Schlacht bei Platää Raſt hielt. Die Räuber hatten in einem Schäferlager<lb/> unfern Tanagra Contributionen erhoben, und man verfolgte ſie von dort bis zu dem<lb/> Orte Paleomiliſi in Attika. Eine Abtheilung von 30 Schützen wurde ausgeſandt um die<lb/> Banditen zu umzingeln. Man fand ſie alle um ein Feuer herum ſchlafend, ohne einen<lb/> Wachtpoſten, und wie es heißt, näherten ſich die Soldaten auf 50 Schritte und gaben<lb/> dann auf die Schläfer Feuer. Auf dieſe Weiſe allarmirt, waren die Räuber im Augen-<lb/> blick auf den Füßen und gaben Ferſengeld mitten durch ihre tapferen Verfolger hin-<lb/> durch. Die Flucht gelang vollſtändig, und Hr. Zaimis hat das Nachſehen. Ein Unter-<lb/> ſuchungsgerichtshof iſt niedergeſetzt worden, um ausfindig zu machen wie es kam daß<lb/> die Schüſſe auf 50 Schritt Entfernung fehlten, und daß es den Räubern gelang ohne<lb/> Nebelkappe aus dem Kreiſe der Soldaten zu entkommen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">New-York,</hi> 7 Jan.</dateline><lb/> <head> <hi rendition="#g">(Blutiger Skandal.)</hi> </head><lb/> <p>Der bekannte <hi rendition="#g">James<lb/> Fisk</hi> jun., einer der ſchlimmſten Schwindler von New-York, was viel heißen will, und<lb/> Director der berüchtigten Erie-Bahn, war mit einem gewiſſen Eduard S. Stokes in<lb/> Streit gerathen über eine Buhlin Namens Mansfield, die ihm dieſer abgelockt hatte.<lb/> Auf Fisks Betreiben wurde Stokes verhaftet, und es entſpann ſich ein langwieriger<lb/> und anſtößiger Proceß. Am vorigen Sonnabend gab Stokes in einer von jenem Weib<lb/> angeſtellten Verleumdungsklage Zeugniß gegen Fisk ab, und drohte außerdem Briefe<lb/> des letzteren an ſeine ehemalige Geliebte zu veröffentlichen, welche verſchiedene Geheim-<lb/> niſſe aus dem Erie-Schwindel enthielten. Fisk erlangte darauf einen gerichtlichen Be-<lb/> fehl — vielleicht wieder von einem der durch Tweed, Fisk und Conſorten erkauften<lb/> Richter — wodurch die öffentliche Mittheilung jener Briefe verboten wurde, und über-<lb/> dieß gelang es ihm die große Jury dahin zu bringen daß ſie Stokes wegen böswilliger<lb/> Verabredung zu falſcher Anklage vor Gericht zu ſtellen beſchloß. Den Stokes ſcheint<lb/> dieß in Wuth verſetzt zu haben. Am Sonntag Nachmittag feuerte er in dem Corridor<lb/> des Grand Central Hôtel drei Piſtolenſchüſſe auf Fisk ab. Der Verwundete ſtarb am<lb/> folgenden Morgen, behielt aber ſein volles Bewußtſein bis zu Ende. Gould und Tweed,<lb/> langjährige Schwindelgenoſſen, wichen nicht von ſeinem Sterbelager; warum ſie bis zu<lb/> ſeinem letzten Athemzug aushielten, werden ſie wohl ſelbſt am beſten wiſſen. Der Mörder<lb/> wurde in Haft gebracht. (T. N.)</p> </div> </div><lb/> <div type="jFinancialNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Telegraphiſche Curs- und Handelsberichte.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>* <hi rendition="#b">Frankfurt a. M.,</hi> 12 Jan.</dateline><lb/> <p>Eröffnungscurſe. Oeſterr. Creditactien 350¼,<lb/> Staatsbahn 411¼, 1860er L. —, 1882er Amerikaner 96<formula notation="TeX">\frac{1}{46}</formula>, Lombarden 218½, Silber-<lb/> rente —, Galizier —, Spanier —. Tendenz: Staatsbahn ſteigend.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>* <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 12 Jan., 12 Uhr 10 M.</dateline><lb/> <p>Anfangsbericht. Oeſterr. Creditactien 201¼<lb/> 1860er L. 92, öſterr.-franz. Staatsbahn 236½, Lombarden 125½. Italiener 67, 1882er<lb/> Amerikaner 96⅞, Türken 49, Rumänier 45¼, Köln-Mindener Präm.-Anl 98½,<lb/> Disconto-Commandit 226, Galizier —. Stimmung: ſehr feſt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>(*) <hi rendition="#b">Trieſt,</hi> 12 Jan.</dateline><lb/> <p>Der Lloyddampfer „Venus“ iſt heute Vormittags mit der<lb/> oſtindiſch chineſiſchen Ueberlandpoſt hier eingetroffen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [184/0008]
wärtigen Conſcquenzen in Rußland einzig dadurch möglich geweſen daß der Czar eine
abſolute, alles beſtimmende Gewalt beſitzt, und auch noch für die Geſinnung ſeines eben-
ſo abſoluten Thronerben Bürgſchaft zu leiſten vermochte. Wäre der Czar nicht abſo-
lut, ſo hätte er weder mit einem Toaſt die ganze öffentliche Meinung zu beherr-
ſchen und zu beſtimmen vermocht, noch hätte ſeine genaue Kenntniß von der Ge-
ſinnung des Thronfolgers irgendwelchen Werth gehabt, weil der Thronerbe in
ſeiner Politik auch nicht von ſich ſelbſt, ſondern von den Ständen und Parteien
abhängig geweſen wäre. Die Sicherung des Weltfriedens von Seite Nußlands
beruht danach vor allem darauf daß der Czar und ſein Thronerbe ſich bewußt
ſind vollkommen maßgebend über den Parteien zu ſtehen. Es iſt aber nicht in Abrede
zu ſtellen daß es eine mächtige anti-öſterreichiſche Partei im Czarenreiche wirklich gibt.
Ertheilte nun der Czar dem Land eine Conſtitution, ſo brauchte die anti-öſterrei-
chiſche Partei nicht mehr ſo zu ſchweigen wie jetzt, wo die feierlich ausgeſprochene
Anſicht des Kaiſers jeden Widerſpruch einfach unmöglich macht. Das Treiben der anti-
öſterreichiſchen Partei, mit dem gehäſſigen Tone dem unſere nationale Preſſe ſo lange
huldigte verbunden, könnte dann Complicationen nach ſich ziehen die manchem
vielleicht als Uebereilungen gelten würden, aber doch die gegenwärtige Friedens-
politik verhindern müßten. Jetzt iſt es gerade der abſolute Wille des Czaren,
der das Treiben der anti-öſterreichiſchen Partei zunichte macht; da darf man
denn wohl verlangen daß, trotz der frommen Wünſche für unſere Mündigſprechung,
die öſterreichiſche Preſſe und das öſterreichiſche Publicum ſich über die wahre Sach-
lage gehörig verſtändigten. Was die „N. F. Pr.“ jedoch dem Czaren anſinnt,
würde unfehlbar zur Verſchlechterung der ruſſiſchen Beziehungen zu Oeſterreich
führen — und das wäre genau das Gegentheil von dem was das genannte Blatt
mit ſeinem Artikel bezweckt.
Türkei.
* Aus der Türkei, 1 Jan.
Die chriſtliche Vevölkerung der Türkei tritt
ohne neue Hoffnungen das beginnende Jahr an. Die Erfahrung hat gelehrt daß
alle ſchönen Verſprechungen der kaiſerlichen Regierung gleich Seifenblaſen ſind,
welche im Augenblick der Berührung platzen und ohne Spur verſchwinden. Seit
Raſchid Paſcha hatten meiſt Liberale das Ruder in der Hand — Fuad, Aali,
Mahmud — und doch welche radicale Aenderung iſt in den Geſchicken des Rajah
vollzogen worden? Keine. Die Formen haben wohl überall gewechſelt, die Sachen
blieben aber wie ſie waren: troſtlos und abnorm. So hat der jetzige Großweſſier
eine Maſſe wirklich ſchöner Reformen verſprochen, viele derſelben wohl auch ſchon
zur Vollziehung den Vali empfohlen — aber wo iſt die Spur derſelben im Leben
ſelbſt zu finden? Nirgends. Der Generalgouverneur von Vulgarien hat ſeinen
Untergebenen befohlen den Namen „Bulgare“ aus allen officiellen Actenſtücken
wegzulaſſen, und auch ſonſt dahin zu wirken daß die Benennung „bulgariſche
Nation“ wegfalle, und vom Bewußtſein des Volkes vertilgt werde. Dieſem edlen
Plan gemäß werden die Schulbücher überall umgeändert werden. Natürlich daß
durch die bulgariſchen, im Ausland erſcheinenden Journale ein Schrei der Ent-
rüſtung geht, und in Bulgarien ſelbſt eine tiefe Verſtimmung ſich bemerkbar macht.
Richt weiſer iſt die Politik welche die Pforte in Bosnien verfolgt. Die Gefängniſſe
find noch immer vollgepfropft mit ſogenannten „Conſpiratoren,“ deren einziges
Verbrechen aber bloß darin beſteht daß ſie patriotiſch denken, und um Verbreitung
von Büchern und Zeitungen unter ihrem Volke ſich bekümmerten. — Montenegro
gegenüber iſt man zweideutig. Die Türken von Podgoritza läßt man ungeſtraft
die Piperins verfolgen und aus Blutrache vielfache Morde begehen. Alle Vor-
ſtellungen des Fürſten Nikolo blieben fruchtlos, ſo daß derſelbe ſich bemüſſigt fand
die Intervention der ruſſiſchen Diplomatie anzurufen. Hr. Jonin, ruſſiſcher
Conſul in Raguſa, iſt nach Scutari abgereist, um den Gouverneur zu bewegen ener-
giſche Maßregeln gegen die excedirenden Mohammedaner zu ergreifen. In allen
dieſen Beziehungen iſt die Politik der Pforte eine unkluge, unwürdige und wohl
auch gefährliche.
Verſchiedeues.
(*) Jena, 10 Jan.
(Von der Univerſität.)
Der Geh. Hofrath Prof.
Gegenbaur, dem der Lehrſtuhl für Anatomie an der in Straßburg zu gründenden deut-
ſchen Univerſität angeboten worden war, hat dieſe Berufung definitiv abgelehnt. Wenn
dieſer Fall einerſeits mit beweist daß man für Straßburg, im Gegenſatz zu manchen
andern Fächern, wenigſtens im Bereich der Naturwiſſenſchaft wirklich hervorragende
Namen, obgleich großentheils ohne Erfolg, zu gewinnen beſtrebt iſt, ſo ſpricht andrer-
ſeits für die große Lebensfähigkeit unſerer „kleinen“ Univerſität ſehr entſchieden der
Umſtand daß im Lauf eines Jahres drei hierſelbſt wirkende Gelehrte erſten Ranges,
ſämmtlich in der Blüthe ihrer Jahre ſtehend (K. Fiſcher, E. Häckel, C. Gegenbaur), von
auswärts ihnen zugekommene glänzende Berufungen abzulehnen ſich veranlaßt geſehen
haben, während ein vierter (R. A. Lipſius) neu gewonnen worden iſt. — Neuerdings hat
ſich die kaiſerl. ruſſiſche Akademie der Wiſſenſchaften in St. Petersburg um die hieſige
Univerſität ſehr verdient gemacht, indem ſie ihre ſämmtlichen Publicationen, ſoweit
dieſelben ſich nicht ſchon hier auf der Bibliothek befanden und überhaupt noch disponibel
waren, als Geſchenk überſandt hat; gegen 500 Bände theils periodiſch erſcheinender,
theils ſelbſtändig herausgegebener, durchgängig äußerſt werthvoller Werke in allen Cul-
turſprachen, während zugleich die Spendung auch der in Zukunft zu erwartenden Ver-
öffentlichungen in ſichere Ausſicht geſtellt iſt. Zum Muſter könnten ſich dieſen Act hoch-
herzigſter Liberalität die deutſchen Akademien nehmen, deren Schriften unſere Bibliothek,
falls ſie dieſelben beſitzen will, für ſchweres Geld kaufen muß.
Straßburg.
Das ehemalige kaiſerliche Schloß ſcheint noch zu
Weiterungen zwiſchen der Reichsbehörde und der Stadtbehörde Anlaß geben zu ſollen.
Das Schloß, der alte Biſchofshof auf dem Münſterplatz, vom Cardinal Rohan 1728
erbaut, zur Zeit der erſten Revolution von der Stadt angekauft, wurde von dieſer im
Jahr 1806 dem Kaiſer Napoleon I als kaiſerliche Reſidenz verehrt. Unter den Bour-
bonen hatte es als Chàteau Royal gedient. Im Jahr 1832 beanſpruchte die Stadt das
Eigenthum des Gebäudes wieder, und gewann ihren Proceß. 1852 ſchenkte es die
Stadt Napoleon III, nach deſſen Sturz und Verkündigung der Republik es am 14 Sept.
1870 abermals zurückgefordert wurde. Die deutſche Behörde beſtritt das Recht auf Rück-
forderung, da dieſes Gebäude zur kaiſerlichen Civilliſte gehöre, und ließ ſich gegen Ende
des Jahres 1870 die von dem Maire zurückgehaltenen Schlüſſel ausliefern. Dieſer
proteſtirte, und auch die Municipalverwaltung ließ ihren Anſpruch nicht fallen. Erſt in
der letzten Zeit wurde ihr ein gütlicher Ausgleich dahin vorgeſchlagen: daß das vormals
taiſerliche Schloß als volles Eigenthum an die Stadt zurückfallen ſoll, wenn dieſe ein-
willige dasſelbe zu Univerſitäts- oder wiſſenſchaftlichen Zwecken anzuweiſen. In der
Sitzung des Municipalraths vom 3 Jan. nahm jedoch derſelbe den Antrag der betref-
fenden Commiſſion auf unbedingte Rückforderung an, indem die Stadt ſich das Recht
vorbehalte das Gebäude in Zukunft zu jeder ihr beliebigen Beſtimmung anzuweiſen.
(Schleſ. Ztg.)
 Bern, 10 Jan.
Wie die k. k. öſterreichiſch-ungariſche Geſandtſchaft dem
Bundesrath ſo eben mitgetheilt hat, wird der dritte internationale Congreß für
Hebung des Seidenbaues im Laufe des nächſten Herbſtes zu Roveredo abgehalten
werden. Letztes Jahr war Udine bekanntlich ſein Verſammlungsort. Mit dem dießjähri-
gen ſoll gleichzeitig auch eine Ausſtellung von allen den Seidenbau betreffenden Gegen-
ſtänden abgehalten werden. Ein anderer internationaler Congreß, zu welchem die Initiative
ebenfalls von Oeſterreich ausgeht, und der einen Gegenſtand von ebenſo wichtigem
allgemeinem Intereſſe, die Frage gemeinſamen Vorgehens zur Abwehr der Rinder-
peſt, berathen ſoll, wird zu Ende des Monats Februar ſich in Wien verſammeln. Außer
auf die Betheiligung der Schweiz hofft die k. k. öſterreichiſch-ungariſche Regierung noch
auf das Erſcheinen von Vertretern Rußlands, Deutſchlands, Großbritanniens, der Do-
naufürſtenthümer und der Türkei. Der Bundesrath hat bereits den Director der Vete-
rinäranſtalt in Zürich, Hrn. Dr. Zangger, als Delegirten der Schweiz bezeichnet. End-
lich iſt aus Wien auch die officielle Meldung eingetroffen daß das amtliche Organ für
die im Jahr 1873 daſelbſt ſtattfindende Weltausſtellung einzig und allein die von
deren Generaldirection herausgegebene „Weltausſtellungscorreſpondenz“ ſein wird. —
Für die Anmeldung ſchweizeriſcher Ausſteller zu der dießjährigen Induſtrie-Aus-
ſtellung in Lyon iſt der Termin bis zum 31 d. verlängert worden.
London.
In der letzten Sitzung der Geographiſchen Geſellſchaft bildete die in Aus-
ficht genommene Expedition zur Auffuchung Livingſtone’s das Hauptthema. Nach
dem bereits von uns Mitgetheilten iſt noch hervorzuheben daß die Koſten des Unternehmens
auf allermindeſtens 2500 Pf. St. veranſchlagt werden, wozu die Geographiſche Geſell-
ſchaft 500 Pf. St. aus ihrer Caſſe bewilligt hat, und wozu bis jetzt anderweitige Bei-
träge von zuſammen etwa 800 Pf. St. angemeldet worden ſind. Soweit poſitive Be-
weiſe reichen — ſagte der Vorſitzende Sir Bartle Frere — darf man vorausſetzen daß
er ſich jetzt mit einigen Ueberreſten von Geſundheit und Körperſtärke im Innern Afrika’s
befindet. Es iſt möglich daß er noch am Leben iſt, wiewohl ſeit dritthalb Jahren ohne
Mittel ſeine Arbeiten aufzuzeichnen, ohne Chinin um die brennenden Fieber des dorti-
gen Klima’s zu bannen, und ohne die Vorräthe welche allein ihn in den Stand ſetzen
könnten in Awa wie ein civiliſirter Menſch zu leben. Ein Engländer welcher in der
nämlichen Eigenſchaft reiste wie Livingſtone, würde auf wenig Hinderniſſe ſtoßen, und
könne dem großen Reiſenden ins Innere Afrika’s folgen. Um den Führer der Expedi-
tion zu erwählen, hat der Vorſtand der Geographiſchen Geſellſchaft einen Sonderaus-
ſchuß erwählt, um die Bewerbungen von vierzig Candidaten, die ſich bereits gemeldet
haben, in Erwägung zu ziehen. (E. C.)
Atheu.
Das Räuberunweſen hat aufs neue begonnen, und zwar, wie
der hieſige Correſpondent der „Times“ ſchreibt, zugleich mit dem Amtsantritte des neuen
Miniſteriums (welches übrigens telegraphiſcher Meldung zufolge bereits wieder ſeine
Entlaſſung eingereicht hat), und Hr. Zaimis iſt bis jetzt ebenſo wenig in ſeinen Be-
mühungen dasſelbe zu unterdrücken mit Erfolg gekrönt worden, als es ihm früher bei
der Verwaltung des Miniſteriums des Innern gelingen wollte. Der in Athen wohl-
bekannte Räuberhauptmann Spanos, deſſen Heerden auf dem Berge Parnes weiden, iſt
der Führer der durch ſein plötzliches Wiederauftauchen in ſeinen alten Schlupfwinkeln
bei Oropos uns aus dem Traum der Sicherheit aufgeſtört hat. Die Bande ſoll aus
ſieben erfahrenen und abgehärteten Räubern beſtehen, und, wie es heißt, hat Spanos
ſelbſt ſich ſchon geraume Zeit in Griechenland verborgen gehalten und inzwiſchen ſeinen
Plan für den Winterfeldzug vorbereitet. Seine Kühnheit, welche ſich in der Thatſache
ausſpricht daß er gleich ſein Hauptquartier nach Oropos verlegte, um Attika unſicher zu
machen, iſt geradezu wunderbar, und erfordert eine gründlichere Unterſuchung über das
Weſen und die Urſache des Straßenraubs als ſie das Cabinet Zaimis nach dem Vorfall
bei Marathon veranſtaltete. Die neueſten Blätter bringen einen ſeltſamen Bericht über
den erſten Zuſammenſtoß zwiſchen den zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit
verwendeten Truppen und der Bande Spanos. Die Geſchichte ereignete ſich bei Sphen-
dale, wo der Perſerfeldherr Mardonius auf ſeinem Marſche von Megara nach Tanagra
vor der Schlacht bei Platää Raſt hielt. Die Räuber hatten in einem Schäferlager
unfern Tanagra Contributionen erhoben, und man verfolgte ſie von dort bis zu dem
Orte Paleomiliſi in Attika. Eine Abtheilung von 30 Schützen wurde ausgeſandt um die
Banditen zu umzingeln. Man fand ſie alle um ein Feuer herum ſchlafend, ohne einen
Wachtpoſten, und wie es heißt, näherten ſich die Soldaten auf 50 Schritte und gaben
dann auf die Schläfer Feuer. Auf dieſe Weiſe allarmirt, waren die Räuber im Augen-
blick auf den Füßen und gaben Ferſengeld mitten durch ihre tapferen Verfolger hin-
durch. Die Flucht gelang vollſtändig, und Hr. Zaimis hat das Nachſehen. Ein Unter-
ſuchungsgerichtshof iſt niedergeſetzt worden, um ausfindig zu machen wie es kam daß
die Schüſſe auf 50 Schritt Entfernung fehlten, und daß es den Räubern gelang ohne
Nebelkappe aus dem Kreiſe der Soldaten zu entkommen.
New-York, 7 Jan.
(Blutiger Skandal.)
Der bekannte James
Fisk jun., einer der ſchlimmſten Schwindler von New-York, was viel heißen will, und
Director der berüchtigten Erie-Bahn, war mit einem gewiſſen Eduard S. Stokes in
Streit gerathen über eine Buhlin Namens Mansfield, die ihm dieſer abgelockt hatte.
Auf Fisks Betreiben wurde Stokes verhaftet, und es entſpann ſich ein langwieriger
und anſtößiger Proceß. Am vorigen Sonnabend gab Stokes in einer von jenem Weib
angeſtellten Verleumdungsklage Zeugniß gegen Fisk ab, und drohte außerdem Briefe
des letzteren an ſeine ehemalige Geliebte zu veröffentlichen, welche verſchiedene Geheim-
niſſe aus dem Erie-Schwindel enthielten. Fisk erlangte darauf einen gerichtlichen Be-
fehl — vielleicht wieder von einem der durch Tweed, Fisk und Conſorten erkauften
Richter — wodurch die öffentliche Mittheilung jener Briefe verboten wurde, und über-
dieß gelang es ihm die große Jury dahin zu bringen daß ſie Stokes wegen böswilliger
Verabredung zu falſcher Anklage vor Gericht zu ſtellen beſchloß. Den Stokes ſcheint
dieß in Wuth verſetzt zu haben. Am Sonntag Nachmittag feuerte er in dem Corridor
des Grand Central Hôtel drei Piſtolenſchüſſe auf Fisk ab. Der Verwundete ſtarb am
folgenden Morgen, behielt aber ſein volles Bewußtſein bis zu Ende. Gould und Tweed,
langjährige Schwindelgenoſſen, wichen nicht von ſeinem Sterbelager; warum ſie bis zu
ſeinem letzten Athemzug aushielten, werden ſie wohl ſelbſt am beſten wiſſen. Der Mörder
wurde in Haft gebracht. (T. N.)
Telegraphiſche Curs- und Handelsberichte.
* Frankfurt a. M., 12 Jan.
Eröffnungscurſe. Oeſterr. Creditactien 350¼,
Staatsbahn 411¼, 1860er L. —, 1882er Amerikaner 96[FORMEL], Lombarden 218½, Silber-
rente —, Galizier —, Spanier —. Tendenz: Staatsbahn ſteigend.
* Berlin, 12 Jan., 12 Uhr 10 M.
Anfangsbericht. Oeſterr. Creditactien 201¼
1860er L. 92, öſterr.-franz. Staatsbahn 236½, Lombarden 125½. Italiener 67, 1882er
Amerikaner 96⅞, Türken 49, Rumänier 45¼, Köln-Mindener Präm.-Anl 98½,
Disconto-Commandit 226, Galizier —. Stimmung: ſehr feſt.
(*) Trieſt, 12 Jan.
Der Lloyddampfer „Venus“ iſt heute Vormittags mit der
oſtindiſch chineſiſchen Ueberlandpoſt hier eingetroffen.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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