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Allgemeine Zeitung, Nr. 138, 24. März 1908.

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Nr. 138. München, Dienstag Allgemeine Zeitung 24. März 1908.
[Spaltenumbruch]

Anwesenheit von 40--50 Herren, die sich an großen Tagen
um das Drei- und Vierfache hebt, und der fortgesetzte
Turnuswechsel der Mitarbeiter der großen Berichterstatter-
bureaus bringt eine gewisse Unruhe mit sich, gegen die auch
dann und wann zur Erheiterung der Journalisten ein
Erstlingsbesucher der allgemeinen Tribüne Einspruch er-
hebt. In dem gewaltigen Reichstagssaal selbst gehen diese
Geräusche völlig verloren. Dazu kommt aber, daß gar nicht
zu selten der eine oder andere Volksvertreter mit einem
Anliegen auf dem Herzen oder in der Tasche sich herauf-
bemüht und sich mit bekannten Journalisten ausspricht, und
endlich der große Lärm, den das Haus selbst
macht,
wenn die Debatten und die Redner zu sachlich und
langweilig werden. Dann stehen und sitzen im Saal die
Gruppen in lautem Gespräch und mit lebhaften Gesten bei-
einander, sofern nicht der eine oder andere Herr auf einem
der Sofas ein kleines Nickerchen macht. Und in diesem
Sturmgebraus hält, auf erhöhtem Platze das bewegte Bild
überblickend, der Redner seinen Vortrag für die amtlichen
Reichstagsstenographen. Daß dabei den Berichterstattern,
namentlich wenn sie von Partei wegen "etwas bringen
müssen", mal die Galle überläuft und ein lautes Wort
zum Sitzungssaal hinunterdringt, ist doch wohl begreiflich.
Und gar zu übel darf man es den Herren auch nicht nehmen,
wenn sie, die Tag für Tag den nervenaufreibenden Par-
lamentsdienst versehen, den letzten Börsenwitz unter sich
weiter geben. Die Mitarbeiter der Zentrums-Parlaments-
Korrespondenz selbst sind auch gar nicht "so".

Wer die Reichstagstribüne kennt und weiß, wieviel
politische Gegensätze sich hier im engen Raume stoßen, wird
erstaunt sein über den kollegialen Ton und die liebens-
würdige Hilfsbereitschaft, kurz und gut: über das feste
Zusammenhalten
der Herren aller Parteien und
jeden Alters. Diese Interessengemeinschaft bürgt dafür,
daß Störenfriede sehr bald kleinlaut werden. Sollte in der
letzten Zeit der gute Ton der Journalistentribüne dem
Hause gegenüber gelitten haben, so werden die, vielfach seit
Jahren und Jahrzehnten eingesessenen, Senioren der Tri-
büne selbst für Abhilfe sorgen. Man kann nur immer
wieder den Wunsch erneuern, daß auch das Zentrum nach-
gerade die Dinge so sieht, wie sie liegen, und nicht, wie es
sie sich zurechtgelegt hat, und zum Friedensschlusse die Hand
bietet. Das ist das Zentrum nicht nur den beleidigten
Tribünenjournalisten, sondern auch dem Ansehen der
deutschen Presse im Auslande
schuldig.

Ueber den gegenwärtigen Stand der Dinge liegen fol-
gende Mitteilungen vor:

* Am gestrigen Sonntag haben, wie eine Parlaments-
korrespondenz meldet, zwischen dem Abg. Gröber und der
Dreierkommission der Journalisten Verhandlungen
stattgefunden; Abg. Gröber soll sich bereiterklärt
haben, die Beleidigung zurück zu nehmen. Beide
Seiten haben Vorschläge gemacht, die am Montag der Voll-
versammlung der Journalisten vorgelegt werden. Diese
hat sodann zu beschließen, ob der angebotene Vorschlag an-
nehmbar sein wird. Es ist anzunehmen, daß die Jour-
nalistentribüne heute ihre Arbeiten wieder aufnehmen
wird. Der Reichskanzler soll sich in diesem Sinne selbst
bemüht haben, da er vollkommen auf dem Standpunkt der
Presse stehe.

Der Vorstand des Vereins Berliner Presse hat
den Journalisten im Reichstage folgendes Schreiben gesandt:
"Der Vorstand des Vereins Berliner Presse drückt einmütig seine
Sympathien mit dem Vorgehen der Kollegen von der Jour-
nalistentribüne des Deutschen Reichstages aus. Er bedauert leb-
haft, daß die Pressevertreter vor beleidigenden Aeußerungen aus
dem Reichstage keinen wirksameren Schutz durch das Präsidium
gefunden haben. Der Vorstand erwartet, daß die Journalisten-
tribüne und die deutsche Presse die Berichterstattung über die
Reichstagsverhandlungen solange aussetzen werden, bis den be-
leidigten Journalisten eine ausreichende Genugtuung gegeben ist.
Er begrüßt mit Dankbarkeit das solidarische Verhalten der
Redaktionen und der Verleger der Presse des In- und Auslandes
in Wahrung der Standesehre."

Der Vorsitzende des Vereins Berliner Presse, Chefredakteur
Vollrath, soll übrigens aus diesem Anlaß sein Amt nieder-
gelegt haben, weil einige Herren des Vorstandes der Adresse nicht
zustimmen wollten, ohne den Wortlaut zu kennen.

[Spaltenumbruch]
Hof und Gesellschaft.

-- Se. kgl. Hoheit der Prinzregent wohnte gestern
früh der Messe in der Allerheiligenhofkirche bei und unter-
nahm mittags die übliche Spazierfahrt nach Nymphenburg.

-- Bei. Sr. kgl. Hoh. dem Prinzregenten waren
heute zur Tafel geladen: Freifrau von und zu der
Tann-Rathsamhausen-Nürnberg, Ritter von
Schneider,
Reichsrat und Präsident des Oberkonsisto-
riums, Joseph Graf v. Arco-Zinneberg, kgl. Käm-
merer und Reichsrat, Ferdinand Graf v. Arco-Zinne-
berg,
Leutnant im 1. Schweren Reiter-Regiment.

-- Se. kgl. Hoheit der Prinzregent besichtigte
heute vormittag die Wochenausstellung im Kunstverein
und besuchte hierauf die Geflügelausstellung in
den oberen Räumen der Schrannenhalle.

-- Prinzessin Ludwig mit ihren jüngeren Töchtern,
sowie Prinz und Prinzessin Rupprecht und Prinz Franz
begaben sich gestern mittag nach Leutstetten und kehrten abends
nach hier zurück.

-- Prinzessin Helmtrud erhielt gestern vormittag aus
Anlaß ihres Geburtsfestes die Gratulationsbesuche Sr. kgl. Hoh.
des Prinzregenten, der Mitglieder der kgl. Familie und zahlreiche
Glückwünsche aus Kreisen der Hofgesellschaft.

-- Herzog Franz Joseph in Bayern, Leutnant im
1. Ulanen-Regiment, feiert heute in Bamberg sein 20. Geburtsfest.

-- Infolge eines Schlaganfalles verschied gestern der Bureau-
chef der bayerischen Abgeordnetenkammer Regierungsdirektor
Dobner, Ritter des Verdienstordens vom heiligen Michael
und Ehrenbürger der Stadt Furth i. W., im Alter von 65 Jahren.
Seine Tochter, die in Straubing mit Staatsanwalt Weiß ver-
heiratet war, ist ihm bekanntlich vor drei Wochen im Tode voran-
gegangen.

Der Verstorbene war am 8. März 1843 in Furth i. W. ge-
boren, absolvierte 1864 das Gymnasium und studierte am
Lyzeum in Regensburg Philosophie; seine juristischen Studien
machte er an der Universität München. Er bestand 1871 den
Konkurs mit Auszeichnung, wurde 1872 als Hilfsarbeiter in den
Landtag einberufen und 1874 in der Eigenschaft als Bezirks-
amtsassessor definitiv als Bureauvorstand des Landtages ange-
stellt. 1903 erhielt er den Michaelsorden 4. Klasse; zum Regie-
rungsdirektor wurde er am Schlusse der Session 1905/06 befördert.

-- Der langjährige Generaladjutant des Großherzogs von
Baden General der Artillerie Eugen v. Müller, der älteste
aller Adjutanten der deutschen Fürsten, hat den Abschied ge-
nommen. Müller stand seit 1884 im persönlichen Dienst des
großherzoglichen Hauses. Zum Generaladjutanten ist der bis-
herige persönliche Adjutant Generalmajor Karl Dürr vor-
gerückt.

-- Bei dem päpstlichen Nuntius Msgr. Dr. Frühwirth
fand gestern mittag ein Diner statt, zu welchem geladen waren:
Staatsminister Graf Crailsheim, die Gesandten v. Schlözer, von
Moser, Mr. Cartwright, Staatsminister v. Brettreich, Regie-
rungspräsident v. Halder, Oberbürgermeister Dr. v. Borscht, Lega-
tionsrat v. Stolypin, der persönliche Adjutant des Herzogs Karl.
Baron Bodman, der Landtagsabgeordnete Baron Malsen, Uni-
versitätsprofessor Dr. Grauert, die Legationssekretäre Graf Hoyos
und Graf Kinski von der österreichischen Gesandtschaft, der sächsi-
sche Attache v. Montbe, Legationssekretär v. Stockhammern und
die beiden päpstlichen Uditores.



Münchener Stadtanzeiger.

Postanweisungs-Giroverfahren.

Vom 1. Mai ds. Js. ab wird an sämtlichen Orten mit
kgl. Bankanstalten die Begleichung ein- und auszuzahlen-
der Postanweisungsbeträge im Wege der Giroübertragung
zugelassen. An dem Verfahren können die Girokunden der
kgl. Bank, der Reichsbank sowie der mit der kgl. Bank in
Giroverkehr stehenden Privatbanken und unter gewissen
Voraussetzungen auch noch andere Personen oder Firmen
teilnehmen.

Die einzuzahlenden Giro-Postanweisungen sind entwe-
der bei der kgl. Bank, bezw. der örtlichen Reichsbankanstalt
oder bei der Post einzuliefern. Im Falle der Aufgabe bei
einer der erwähnten Banken hat der Teilnehmer dieser
einen roten Scheck über den Gesamtbetrag der Postan-
weisungen, sowie in einem verschlossenen Umschlag die Post-
[Spaltenumbruch] anweisungen selbst zu übergeben. Das Giro-Postamt läßt
die letzteren, mit denen die Bank keinerlei Besassung hat,
zu einer vereinbarten Stunde bei der Bankstelle abholen,
wobei die Gutschrift der Postanweisungsbeträge auf dem
Post-Girokonto sichergestellt wird. Von der Postanstalt
werden die Postanweisungen sofort gebucht und abgesandt.

Werden die Giro-Postanweisungen bei der Postanstalt
eingeliefert, so hat dies am Postschalter in gewöhnlicher
Weise zu geschehen, dabei ist vom Teilnehmer ein über den
Gesamtbetrag lautender roter Scheck in Zahlung zu geben.
Die Absendung der Postanweisungen findet nach erfolgter
Gutschrift der Schecks für das Giro-Postamt statt. Zu die-
sem Zweck werden die Schecks den Banken alsbald zuge-
führt. Die Absendung der Postanweisungen vor der er-
wähnten Gutschrift kann den Behörden unter bestimmten
Bedingungen und den übrigen Teilnehmern gegen Kau-
tionsstellung zugestanden werden. Die Einzahlung von
Postanweisungsbeträgen mittels Schecks ist in gewissen
Fällen auch bei auswärtigen Postanstalten möglich.

Die Begleichung der Beträge eingehender Post-
anweisungen geschieht durch Uebertragung von dem Post-
girokonto auf dasjenige des Empfängers bei der kgl. Bank,
bei der Reichsbank oder bei einer mit der kgl. Bank in
Giroverkehr stehenden Privatbank. Die Postanweisungen
werden in einem verschlossenen Umschlag, auf dessen Vor-
derseite Stückzahl und Gesamtbetrag angegeben sind, dem
Teilnehmer zugestellt; sie können aber auch von ihm bei der
Postanstalt abgeholt werden. Der Teilnehmer hat die
Richtigkeit der angeführten Vermerke zu prüfen, die Ab-
schnitte der Postanweisungen für sich abzutrennen und auf
dem Umschlag den Gesamtbetrag der angenommenen Post-
anweisungen anzuerkennen. Eine Quittungsleistung auf
den einzelnen Postanweisungen findet nicht statt. Der
offene Umschlag mit den Postanweisungen ist dem Zusteller
wieder einzuhändigen oder aber an den Abgabeschalter
zurückzuliefern. Im Falle der Zustellung ist für jede an-
genommene Postanweisung eine Zustellgebühr von 2 Pfg.
an den Zustellbediensteten zu bezahlen. Werktäglich ein-
bis zweimal werden die Beträge der für die Teilnehmer
eingegangenen Postanweisungen bei der kgl. Bank, bei der
Reichsbank oder bei den betreffenden Privatbanken zur
Gutschrift auf den Girokonten der Empfänger angemeldet.
Die Gutschrift erfolgt so zeitig, daß noch an demselben Tage
über die gutgeschriebenen Beträge verfügt werden kann.
Auch bei Postanstalten außerhalb des Bankplatzes können
unter Umständen die eingehenden Postanweisungen im
Girowege beglichen werden.

Die zurzeit bestehende Einrichtung, wonach Post-
anweisungen an Girokunden der kgl. Bank und der Reichs-
bank auf Antrag der Empfänger an Anstalten dieser Bank-
institute zur Gutschrift auf das Girokonto der Empfänger
bar ausbezahlt werden können, wird ab 1. Mai auf-
gehoben
.



* Eröffnung neuer staatlicher Motorwagenlinien.

In
den nächsten Monaten werden in Bayern sieben neue staat-
liche Motorwagenlinien zur Eröffnung gelangen, und zwar
am 1. April die Linie Straubing-Mengkofen.
am 15. April die Linie Regensburg-Pfatter (auf
diesen beiden Linien wird der Güterverkehr für Stückgut-
und Wagenladungssendungen eingeführt), ferner am



[irrelevantes Material]
[irrelevantes Material]


[Spaltenumbruch]

König von England, Georg der Vierte, seine Autorität für
das Projekt eines Shakespeare-Monuments großen Stils
eingesetzt, dem die Form eines Mausoleums zugedacht war.
Zu dem damaligen Denkmalskomitee gehörten überdies die
anerkannt ersten Männer der Nation, neben dem Herzog
von Wellington zum Beispiel als Vertreter des Schrift-
tums Walter Scott, Thomas Moore und Coleridge, wäh-
tend Thomas Lawrence und Henry Raeburn die bildenden
Künste, Kemble, Kean und Macready die Schauspielkunst
repräsentierten, lauter Namen, neben denen die des jetzigen
Denkmalssyndikats sich ausnehmen wie Talglichter neben
Sonnen. Dennoch scheiterte die Ausführung des Gedankens
an der Gleichgültigkeit des großen Publikums. Diese ist,
trotz aller Zeitungsreklame, über die die Promotoren des
neuen Planes verfügen, heute zweifellos so groß wie je.
Obendrein aber begegnen sie bereits entschiedenem Wider-
stande aus Kreisen, die mit größerem Rechte im Namen
Shakespeares reden und die zwar mit seiner endlichen
monumentalen Ehrung an der Stätte seines Wirkens durch-
aus einverstanden sind, jedoch anstatt eines Weltdenkmals
für ihn etwas entschieden Berechtigteres fordern, nämlich
ein Nationaltheater.

Dieselben Kreise empfinden ganz richtig, daß die
huhnenmäßige Pflege des Shakespearischen Vermächtnisses
an sein Volk eigentlich die Vorbedingung zu jeder wirklich
nationalen Ehrung seines Andenkens bildet. Die Er-
füllung dieser Vorbedingung ist, glaube ich, gar nicht so
unmöglich, wie es bisher den Anschein hatte. Die Londoner
Theaterdirektoren hielten bisher Shakespeare-Auffüh-
rungen stets für gleichbedeutend mit Bankerott -- "Shake-
speare spells bankruptcy"
. Sie haben aber wenigstens
das letzte Menschenalter über Shakespeare immer nur in
melodramatischer Verballhornung aufgeführt, von Henry
Irving an bis zu Beerbohm Tree, der im "Julius Caesar"
während der Schlacht bei Philippi das Orchester den Wal-
kürenritt spielen läßt. Seit ein paar Tagen wird im
Lyceum nach demselben Prinzip mit einer süßlichen Ver-
tonung von Edward German in einer vermeintlich "popu-
lären" Version "Romeo und Julia" gegeben, mit dem
Erfolg, daß die entscheidenden Stellen dieser Liebestragödie
par excellence vermöge larmoyanter Melodramatik
schallende Heiterkeit gerade auf den oberen Rängen erregen.
[Spaltenumbruch] Hierin liegt, scheint mir, zusammen mit dem herkömmlichen
pekuniären Fiasko dieser Art von Shakespeare-Auf-
führungen, ein beherzigenswerter Wink. Warum versucht
man es hier nicht mal mit ernsthaften Shakespeare-Vor-
stellungen, ohne die Kulissenaskese archaistischer Szenerie,
aber auch ohne geisttötende Ausstattungskünsteleien?

Ist das Volk von England dafür nicht empfänglich, so
ist wirklich nicht einzusehen, warum es bei dem Shake-
speare-Denkmal auf dem Leicester Square nicht ehrlicher-
weise sein monumentales Bewenden haben soll. Die Drei-
hundertjahrfeier des Todes Shakespeares bleibt dann wohl
besser den Nationen überlassen, die den Hort seines uner-
meßlichen Geistes ehrfürchtiger zu hüten wissen als sein
eigenes Vaterland.



Theater und Musik.
--nn.1 Kgl. Residenztheater.

Sollen wir Ibsens
"Baumeister Solneß"
heute mit der Sonde be-
rühren? Wir kennen die bleibende Stärke des Stückes:
die großartige, tief im Innern des Menschen schürfende
Charakterzeichnung der Titelfigur. Auf die Gestaltung des
Genies, mit allen seinen Höhen und Abgründen kam es
Ibsen an. Und wir erinnern uns des zwiefachen Schicksals,
das dem Leben des Solneß den Grundton gibt, des Fami-
liendramas auf der einen Seite, das ein junges Elternglück
verschlingt und eine verzweifelnde Frau aus dem seelischen
Gleichgewicht wirft, und des größeren und tieferen Künst-
lerschicksals auf der anderen Seite, das von Solneß
in Gestalt eines Dämons, schließlich für die Toll-
kühnheit seiner Pläne den Tod fordert. Das Unmögliche
wahr machen, über die eigenen Kräfte heldenhaft hinaus-
wachsen, das ist die große Parole des Stückes. Ibsens Bau-
meister erreicht die Höhe, aber als er oben, dem Himmel
näher als der Erde, siegesfroh den Hut schwingt, da zieht
ihn ein lautes Trugbild in den gähnenden Abgrund. So
wird der Sieg letzten Endes doch mit dem Tod bezahlt. ...
Es ist bekannt, daß diese komplizierte Künstlergestalt des
[Spaltenumbruch] Baumeister Solneß an den Schauspieler die allergrößten
Anforderungen stellt. Bei unserer Aufführung darf man
ein großes Lob sagen: Monnard hat sich von der Figur
Ibsens alles, auch das Geistigste, zu eigen gemacht: nie
verlor sein angeborener schauspielerischer Instinkt (der
immer das Natürliche nie anders als natürlich heraus-
stellt) den Kontakt mit den scharf umrissenen Absichten
des Dichters. Er gab den Solneß, auch den dem Mystischen
sich hingebenden Solneß, einfach und doch scharf markiert
indem er das Sprunghaft-genialische seines Wesens in
feinen Schwingungen spielen ließ. Des Baumeisters guten
Geist und Dämon, die Hypothese des ganzen Dramas, die
Hilde Wangel, verkörperte Fräulein Reubke. Die hübsche
Dame war ehrlich bemüht, ihr Bestes zu geben, aber da
niemand über die eigenen Anlagen hinaus kann, war sie
mehr -- Rautendelein als der wikingerhafte Raubvogel
Hilde Wangel. Diese wilde, auf erregte Spannungen be-
dachte "Versucherin" muß alle Register der Affekte ziehen
können; sie muß Hohes und Niederes in sich vereinigen, für
Sinnlich-starkes und Kalt-diabolisches den richtigen Ausdruck
finden. Man darf nie vergessen: sie ist Dienerin und Herr-
scherin zugleich. Dabei hat sie das Wirkliche und das
Symbolische der Rolle -- die Klippe bei der Darstellung --
geschickt auszugleichen. Fräulein Schwarz, die Frau
Solneß mit weicher Resignation spielte, rührte namentlich
im dritten Akt, im Gespräch mit Hilde, das Publikum. Sonst
verdient noch Fräulein Valerys Leistung als Kaja Fosli
hervorgehoben zu werden. Ihre sentimental geartete Emp-
findsamkeit fand in der kleinen Rolle wieder überzeugende
Töne. Stettner als Knut Brovik, Storm als Ragnar und
Gura als Hausarzt fügten sich dem Ensemble gut ein.
Heines Regie, die auch für zwei neue Dekorationen gesorgt
hatte, ist ebenfalls zu loben. Das Stück hinterließ, trotz
seiner Schwächen als Drama einen tiefen Eindruck.

-tz.Konzert des Münchener Streichquartetts.

So haben sie
denn nun ihr Ende für diese Saison erreicht, die Abonnement-
Konzerte unserer Münchener und Böhmen, die mit zu den
schönsten "ruhenden Polen" in der Erscheinungen Flucht unserer
Konzertsaison gehört haben; die Herren Kilian und Genossen
ließen es sich angelegen sein, an ihrem letzten Abend noch einmal
all ihre künstlerischen Vorzüge aufs glänzendste zu entfalten und
uns den Abschied recht schwer zu machen. Sgambatis Cis-moll-
Quartett, unter den wenigen international berühmten Instru

1 In Vertretung des durch Erkrankung verhinderten stän-
digen Msi-Referenten.
Nr. 138. München, Dienstag Allgemeine Zeitung 24. März 1908.
[Spaltenumbruch]

Anweſenheit von 40—50 Herren, die ſich an großen Tagen
um das Drei- und Vierfache hebt, und der fortgeſetzte
Turnuswechſel der Mitarbeiter der großen Berichterſtatter-
bureaus bringt eine gewiſſe Unruhe mit ſich, gegen die auch
dann und wann zur Erheiterung der Journaliſten ein
Erſtlingsbeſucher der allgemeinen Tribüne Einſpruch er-
hebt. In dem gewaltigen Reichstagsſaal ſelbſt gehen dieſe
Geräuſche völlig verloren. Dazu kommt aber, daß gar nicht
zu ſelten der eine oder andere Volksvertreter mit einem
Anliegen auf dem Herzen oder in der Taſche ſich herauf-
bemüht und ſich mit bekannten Journaliſten ausſpricht, und
endlich der große Lärm, den das Haus ſelbſt
macht,
wenn die Debatten und die Redner zu ſachlich und
langweilig werden. Dann ſtehen und ſitzen im Saal die
Gruppen in lautem Geſpräch und mit lebhaften Geſten bei-
einander, ſofern nicht der eine oder andere Herr auf einem
der Sofas ein kleines Nickerchen macht. Und in dieſem
Sturmgebraus hält, auf erhöhtem Platze das bewegte Bild
überblickend, der Redner ſeinen Vortrag für die amtlichen
Reichstagsſtenographen. Daß dabei den Berichterſtattern,
namentlich wenn ſie von Partei wegen „etwas bringen
müſſen“, mal die Galle überläuft und ein lautes Wort
zum Sitzungsſaal hinunterdringt, iſt doch wohl begreiflich.
Und gar zu übel darf man es den Herren auch nicht nehmen,
wenn ſie, die Tag für Tag den nervenaufreibenden Par-
lamentsdienſt verſehen, den letzten Börſenwitz unter ſich
weiter geben. Die Mitarbeiter der Zentrums-Parlaments-
Korreſpondenz ſelbſt ſind auch gar nicht „ſo“.

Wer die Reichstagstribüne kennt und weiß, wieviel
politiſche Gegenſätze ſich hier im engen Raume ſtoßen, wird
erſtaunt ſein über den kollegialen Ton und die liebens-
würdige Hilfsbereitſchaft, kurz und gut: über das feſte
Zuſammenhalten
der Herren aller Parteien und
jeden Alters. Dieſe Intereſſengemeinſchaft bürgt dafür,
daß Störenfriede ſehr bald kleinlaut werden. Sollte in der
letzten Zeit der gute Ton der Journaliſtentribüne dem
Hauſe gegenüber gelitten haben, ſo werden die, vielfach ſeit
Jahren und Jahrzehnten eingeſeſſenen, Senioren der Tri-
büne ſelbſt für Abhilfe ſorgen. Man kann nur immer
wieder den Wunſch erneuern, daß auch das Zentrum nach-
gerade die Dinge ſo ſieht, wie ſie liegen, und nicht, wie es
ſie ſich zurechtgelegt hat, und zum Friedensſchluſſe die Hand
bietet. Das iſt das Zentrum nicht nur den beleidigten
Tribünenjournaliſten, ſondern auch dem Anſehen der
deutſchen Preſſe im Auslande
ſchuldig.

Ueber den gegenwärtigen Stand der Dinge liegen fol-
gende Mitteilungen vor:

* Am geſtrigen Sonntag haben, wie eine Parlaments-
korreſpondenz meldet, zwiſchen dem Abg. Gröber und der
Dreierkommiſſion der Journaliſten Verhandlungen
ſtattgefunden; Abg. Gröber ſoll ſich bereiterklärt
haben, die Beleidigung zurück zu nehmen. Beide
Seiten haben Vorſchläge gemacht, die am Montag der Voll-
verſammlung der Journaliſten vorgelegt werden. Dieſe
hat ſodann zu beſchließen, ob der angebotene Vorſchlag an-
nehmbar ſein wird. Es iſt anzunehmen, daß die Jour-
naliſtentribüne heute ihre Arbeiten wieder aufnehmen
wird. Der Reichskanzler ſoll ſich in dieſem Sinne ſelbſt
bemüht haben, da er vollkommen auf dem Standpunkt der
Preſſe ſtehe.

Der Vorſtand des Vereins Berliner Preſſe hat
den Journaliſten im Reichstage folgendes Schreiben geſandt:
„Der Vorſtand des Vereins Berliner Preſſe drückt einmütig ſeine
Sympathien mit dem Vorgehen der Kollegen von der Jour-
naliſtentribüne des Deutſchen Reichstages aus. Er bedauert leb-
haft, daß die Preſſevertreter vor beleidigenden Aeußerungen aus
dem Reichstage keinen wirkſameren Schutz durch das Präſidium
gefunden haben. Der Vorſtand erwartet, daß die Journaliſten-
tribüne und die deutſche Preſſe die Berichterſtattung über die
Reichstagsverhandlungen ſolange ausſetzen werden, bis den be-
leidigten Journaliſten eine ausreichende Genugtuung gegeben iſt.
Er begrüßt mit Dankbarkeit das ſolidariſche Verhalten der
Redaktionen und der Verleger der Preſſe des In- und Auslandes
in Wahrung der Standesehre.“

Der Vorſitzende des Vereins Berliner Preſſe, Chefredakteur
Vollrath, ſoll übrigens aus dieſem Anlaß ſein Amt nieder-
gelegt haben, weil einige Herren des Vorſtandes der Adreſſe nicht
zuſtimmen wollten, ohne den Wortlaut zu kennen.

[Spaltenumbruch]
Hof und Geſellſchaft.

— Se. kgl. Hoheit der Prinzregent wohnte geſtern
früh der Meſſe in der Allerheiligenhofkirche bei und unter-
nahm mittags die übliche Spazierfahrt nach Nymphenburg.

— Bei. Sr. kgl. Hoh. dem Prinzregenten waren
heute zur Tafel geladen: Freifrau von und zu der
Tann-Rathſamhauſen-Nürnberg, Ritter von
Schneider,
Reichsrat und Präſident des Oberkonſiſto-
riums, Joſeph Graf v. Arco-Zinneberg, kgl. Käm-
merer und Reichsrat, Ferdinand Graf v. Arco-Zinne-
berg,
Leutnant im 1. Schweren Reiter-Regiment.

— Se. kgl. Hoheit der Prinzregent beſichtigte
heute vormittag die Wochenausſtellung im Kunſtverein
und beſuchte hierauf die Geflügelausſtellung in
den oberen Räumen der Schrannenhalle.

Prinzeſſin Ludwig mit ihren jüngeren Töchtern,
ſowie Prinz und Prinzeſſin Rupprecht und Prinz Franz
begaben ſich geſtern mittag nach Leutſtetten und kehrten abends
nach hier zurück.

Prinzeſſin Helmtrud erhielt geſtern vormittag aus
Anlaß ihres Geburtsfeſtes die Gratulationsbeſuche Sr. kgl. Hoh.
des Prinzregenten, der Mitglieder der kgl. Familie und zahlreiche
Glückwünſche aus Kreiſen der Hofgeſellſchaft.

— Herzog Franz Joſeph in Bayern, Leutnant im
1. Ulanen-Regiment, feiert heute in Bamberg ſein 20. Geburtsfeſt.

— Infolge eines Schlaganfalles verſchied geſtern der Bureau-
chef der bayeriſchen Abgeordnetenkammer Regierungsdirektor
Dobner, Ritter des Verdienſtordens vom heiligen Michael
und Ehrenbürger der Stadt Furth i. W., im Alter von 65 Jahren.
Seine Tochter, die in Straubing mit Staatsanwalt Weiß ver-
heiratet war, iſt ihm bekanntlich vor drei Wochen im Tode voran-
gegangen.

Der Verſtorbene war am 8. März 1843 in Furth i. W. ge-
boren, abſolvierte 1864 das Gymnaſium und ſtudierte am
Lyzeum in Regensburg Philoſophie; ſeine juriſtiſchen Studien
machte er an der Univerſität München. Er beſtand 1871 den
Konkurs mit Auszeichnung, wurde 1872 als Hilfsarbeiter in den
Landtag einberufen und 1874 in der Eigenſchaft als Bezirks-
amtsaſſeſſor definitiv als Bureauvorſtand des Landtages ange-
ſtellt. 1903 erhielt er den Michaelsorden 4. Klaſſe; zum Regie-
rungsdirektor wurde er am Schluſſe der Seſſion 1905/06 befördert.

— Der langjährige Generaladjutant des Großherzogs von
Baden General der Artillerie Eugen v. Müller, der älteſte
aller Adjutanten der deutſchen Fürſten, hat den Abſchied ge-
nommen. Müller ſtand ſeit 1884 im perſönlichen Dienſt des
großherzoglichen Hauſes. Zum Generaladjutanten iſt der bis-
herige perſönliche Adjutant Generalmajor Karl Dürr vor-
gerückt.

— Bei dem päpſtlichen Nuntius Mſgr. Dr. Frühwirth
fand geſtern mittag ein Diner ſtatt, zu welchem geladen waren:
Staatsminiſter Graf Crailsheim, die Geſandten v. Schlözer, von
Moſer, Mr. Cartwright, Staatsminiſter v. Brettreich, Regie-
rungspräſident v. Halder, Oberbürgermeiſter Dr. v. Borſcht, Lega-
tionsrat v. Stolypin, der perſönliche Adjutant des Herzogs Karl.
Baron Bodman, der Landtagsabgeordnete Baron Malſen, Uni-
verſitätsprofeſſor Dr. Grauert, die Legationsſekretäre Graf Hoyos
und Graf Kinski von der öſterreichiſchen Geſandtſchaft, der ſächſi-
ſche Attaché v. Montbé, Legationsſekretär v. Stockhammern und
die beiden päpſtlichen Uditores.



Münchener Stadtanzeiger.

Poſtanweiſungs-Giroverfahren.

Vom 1. Mai ds. Js. ab wird an ſämtlichen Orten mit
kgl. Bankanſtalten die Begleichung ein- und auszuzahlen-
der Poſtanweiſungsbeträge im Wege der Giroübertragung
zugelaſſen. An dem Verfahren können die Girokunden der
kgl. Bank, der Reichsbank ſowie der mit der kgl. Bank in
Giroverkehr ſtehenden Privatbanken und unter gewiſſen
Vorausſetzungen auch noch andere Perſonen oder Firmen
teilnehmen.

Die einzuzahlenden Giro-Poſtanweiſungen ſind entwe-
der bei der kgl. Bank, bezw. der örtlichen Reichsbankanſtalt
oder bei der Poſt einzuliefern. Im Falle der Aufgabe bei
einer der erwähnten Banken hat der Teilnehmer dieſer
einen roten Scheck über den Geſamtbetrag der Poſtan-
weiſungen, ſowie in einem verſchloſſenen Umſchlag die Poſt-
[Spaltenumbruch] anweiſungen ſelbſt zu übergeben. Das Giro-Poſtamt läßt
die letzteren, mit denen die Bank keinerlei Beſaſſung hat,
zu einer vereinbarten Stunde bei der Bankſtelle abholen,
wobei die Gutſchrift der Poſtanweiſungsbeträge auf dem
Poſt-Girokonto ſichergeſtellt wird. Von der Poſtanſtalt
werden die Poſtanweiſungen ſofort gebucht und abgeſandt.

Werden die Giro-Poſtanweiſungen bei der Poſtanſtalt
eingeliefert, ſo hat dies am Poſtſchalter in gewöhnlicher
Weiſe zu geſchehen, dabei iſt vom Teilnehmer ein über den
Geſamtbetrag lautender roter Scheck in Zahlung zu geben.
Die Abſendung der Poſtanweiſungen findet nach erfolgter
Gutſchrift der Schecks für das Giro-Poſtamt ſtatt. Zu die-
ſem Zweck werden die Schecks den Banken alsbald zuge-
führt. Die Abſendung der Poſtanweiſungen vor der er-
wähnten Gutſchrift kann den Behörden unter beſtimmten
Bedingungen und den übrigen Teilnehmern gegen Kau-
tionsſtellung zugeſtanden werden. Die Einzahlung von
Poſtanweiſungsbeträgen mittels Schecks iſt in gewiſſen
Fällen auch bei auswärtigen Poſtanſtalten möglich.

Die Begleichung der Beträge eingehender Poſt-
anweiſungen geſchieht durch Uebertragung von dem Poſt-
girokonto auf dasjenige des Empfängers bei der kgl. Bank,
bei der Reichsbank oder bei einer mit der kgl. Bank in
Giroverkehr ſtehenden Privatbank. Die Poſtanweiſungen
werden in einem verſchloſſenen Umſchlag, auf deſſen Vor-
derſeite Stückzahl und Geſamtbetrag angegeben ſind, dem
Teilnehmer zugeſtellt; ſie können aber auch von ihm bei der
Poſtanſtalt abgeholt werden. Der Teilnehmer hat die
Richtigkeit der angeführten Vermerke zu prüfen, die Ab-
ſchnitte der Poſtanweiſungen für ſich abzutrennen und auf
dem Umſchlag den Geſamtbetrag der angenommenen Poſt-
anweiſungen anzuerkennen. Eine Quittungsleiſtung auf
den einzelnen Poſtanweiſungen findet nicht ſtatt. Der
offene Umſchlag mit den Poſtanweiſungen iſt dem Zuſteller
wieder einzuhändigen oder aber an den Abgabeſchalter
zurückzuliefern. Im Falle der Zuſtellung iſt für jede an-
genommene Poſtanweiſung eine Zuſtellgebühr von 2 Pfg.
an den Zuſtellbedienſteten zu bezahlen. Werktäglich ein-
bis zweimal werden die Beträge der für die Teilnehmer
eingegangenen Poſtanweiſungen bei der kgl. Bank, bei der
Reichsbank oder bei den betreffenden Privatbanken zur
Gutſchrift auf den Girokonten der Empfänger angemeldet.
Die Gutſchrift erfolgt ſo zeitig, daß noch an demſelben Tage
über die gutgeſchriebenen Beträge verfügt werden kann.
Auch bei Poſtanſtalten außerhalb des Bankplatzes können
unter Umſtänden die eingehenden Poſtanweiſungen im
Girowege beglichen werden.

Die zurzeit beſtehende Einrichtung, wonach Poſt-
anweiſungen an Girokunden der kgl. Bank und der Reichs-
bank auf Antrag der Empfänger an Anſtalten dieſer Bank-
inſtitute zur Gutſchrift auf das Girokonto der Empfänger
bar ausbezahlt werden können, wird ab 1. Mai auf-
gehoben
.



* Eröffnung neuer ſtaatlicher Motorwagenlinien.

In
den nächſten Monaten werden in Bayern ſieben neue ſtaat-
liche Motorwagenlinien zur Eröffnung gelangen, und zwar
am 1. April die Linie Straubing-Mengkofen.
am 15. April die Linie Regensburg-Pfatter (auf
dieſen beiden Linien wird der Güterverkehr für Stückgut-
und Wagenladungsſendungen eingeführt), ferner am



[irrelevantes Material]
[irrelevantes Material]


[Spaltenumbruch]

König von England, Georg der Vierte, ſeine Autorität für
das Projekt eines Shakeſpeare-Monuments großen Stils
eingeſetzt, dem die Form eines Mauſoleums zugedacht war.
Zu dem damaligen Denkmalskomitee gehörten überdies die
anerkannt erſten Männer der Nation, neben dem Herzog
von Wellington zum Beiſpiel als Vertreter des Schrift-
tums Walter Scott, Thomas Moore und Coleridge, wäh-
tend Thomas Lawrence und Henry Raeburn die bildenden
Künſte, Kemble, Kean und Macready die Schauſpielkunſt
repräſentierten, lauter Namen, neben denen die des jetzigen
Denkmalsſyndikats ſich ausnehmen wie Talglichter neben
Sonnen. Dennoch ſcheiterte die Ausführung des Gedankens
an der Gleichgültigkeit des großen Publikums. Dieſe iſt,
trotz aller Zeitungsreklame, über die die Promotoren des
neuen Planes verfügen, heute zweifellos ſo groß wie je.
Obendrein aber begegnen ſie bereits entſchiedenem Wider-
ſtande aus Kreiſen, die mit größerem Rechte im Namen
Shakeſpeares reden und die zwar mit ſeiner endlichen
monumentalen Ehrung an der Stätte ſeines Wirkens durch-
aus einverſtanden ſind, jedoch anſtatt eines Weltdenkmals
für ihn etwas entſchieden Berechtigteres fordern, nämlich
ein Nationaltheater.

Dieſelben Kreiſe empfinden ganz richtig, daß die
huhnenmäßige Pflege des Shakeſpeariſchen Vermächtniſſes
an ſein Volk eigentlich die Vorbedingung zu jeder wirklich
nationalen Ehrung ſeines Andenkens bildet. Die Er-
füllung dieſer Vorbedingung iſt, glaube ich, gar nicht ſo
unmöglich, wie es bisher den Anſchein hatte. Die Londoner
Theaterdirektoren hielten bisher Shakeſpeare-Auffüh-
rungen ſtets für gleichbedeutend mit Bankerott — „Shake-
speare spells bankruptcy“
. Sie haben aber wenigſtens
das letzte Menſchenalter über Shakeſpeare immer nur in
melodramatiſcher Verballhornung aufgeführt, von Henry
Irving an bis zu Beerbohm Tree, der im „Julius Caeſar“
während der Schlacht bei Philippi das Orcheſter den Wal-
kürenritt ſpielen läßt. Seit ein paar Tagen wird im
Lyceum nach demſelben Prinzip mit einer ſüßlichen Ver-
tonung von Edward German in einer vermeintlich „popu-
lären“ Verſion „Romeo und Julia“ gegeben, mit dem
Erfolg, daß die entſcheidenden Stellen dieſer Liebestragödie
par excellence vermöge larmoyanter Melodramatik
ſchallende Heiterkeit gerade auf den oberen Rängen erregen.
[Spaltenumbruch] Hierin liegt, ſcheint mir, zuſammen mit dem herkömmlichen
pekuniären Fiasko dieſer Art von Shakeſpeare-Auf-
führungen, ein beherzigenswerter Wink. Warum verſucht
man es hier nicht mal mit ernſthaften Shakeſpeare-Vor-
ſtellungen, ohne die Kuliſſenaskeſe archaiſtiſcher Szenerie,
aber auch ohne geiſttötende Ausſtattungskünſteleien?

Iſt das Volk von England dafür nicht empfänglich, ſo
iſt wirklich nicht einzuſehen, warum es bei dem Shake-
ſpeare-Denkmal auf dem Leiceſter Square nicht ehrlicher-
weiſe ſein monumentales Bewenden haben ſoll. Die Drei-
hundertjahrfeier des Todes Shakeſpeares bleibt dann wohl
beſſer den Nationen überlaſſen, die den Hort ſeines uner-
meßlichen Geiſtes ehrfürchtiger zu hüten wiſſen als ſein
eigenes Vaterland.



Theater und Muſik.
—nn.1 Kgl. Reſidenztheater.

Sollen wir Ibſens
„Baumeiſter Solneß“
heute mit der Sonde be-
rühren? Wir kennen die bleibende Stärke des Stückes:
die großartige, tief im Innern des Menſchen ſchürfende
Charakterzeichnung der Titelfigur. Auf die Geſtaltung des
Genies, mit allen ſeinen Höhen und Abgründen kam es
Ibſen an. Und wir erinnern uns des zwiefachen Schickſals,
das dem Leben des Solneß den Grundton gibt, des Fami-
liendramas auf der einen Seite, das ein junges Elternglück
verſchlingt und eine verzweifelnde Frau aus dem ſeeliſchen
Gleichgewicht wirft, und des größeren und tieferen Künſt-
lerſchickſals auf der anderen Seite, das von Solneß
in Geſtalt eines Dämons, ſchließlich für die Toll-
kühnheit ſeiner Pläne den Tod fordert. Das Unmögliche
wahr machen, über die eigenen Kräfte heldenhaft hinaus-
wachſen, das iſt die große Parole des Stückes. Ibſens Bau-
meiſter erreicht die Höhe, aber als er oben, dem Himmel
näher als der Erde, ſiegesfroh den Hut ſchwingt, da zieht
ihn ein lautes Trugbild in den gähnenden Abgrund. So
wird der Sieg letzten Endes doch mit dem Tod bezahlt. ...
Es iſt bekannt, daß dieſe komplizierte Künſtlergeſtalt des
[Spaltenumbruch] Baumeiſter Solneß an den Schauſpieler die allergrößten
Anforderungen ſtellt. Bei unſerer Aufführung darf man
ein großes Lob ſagen: Monnard hat ſich von der Figur
Ibſens alles, auch das Geiſtigſte, zu eigen gemacht: nie
verlor ſein angeborener ſchauſpieleriſcher Inſtinkt (der
immer das Natürliche nie anders als natürlich heraus-
ſtellt) den Kontakt mit den ſcharf umriſſenen Abſichten
des Dichters. Er gab den Solneß, auch den dem Myſtiſchen
ſich hingebenden Solneß, einfach und doch ſcharf markiert
indem er das Sprunghaft-genialiſche ſeines Weſens in
feinen Schwingungen ſpielen ließ. Des Baumeiſters guten
Geiſt und Dämon, die Hypotheſe des ganzen Dramas, die
Hilde Wangel, verkörperte Fräulein Reubke. Die hübſche
Dame war ehrlich bemüht, ihr Beſtes zu geben, aber da
niemand über die eigenen Anlagen hinaus kann, war ſie
mehr — Rautendelein als der wikingerhafte Raubvogel
Hilde Wangel. Dieſe wilde, auf erregte Spannungen be-
dachte „Verſucherin“ muß alle Regiſter der Affekte ziehen
können; ſie muß Hohes und Niederes in ſich vereinigen, für
Sinnlich-ſtarkes und Kalt-diaboliſches den richtigen Ausdruck
finden. Man darf nie vergeſſen: ſie iſt Dienerin und Herr-
ſcherin zugleich. Dabei hat ſie das Wirkliche und das
Symboliſche der Rolle — die Klippe bei der Darſtellung —
geſchickt auszugleichen. Fräulein Schwarz, die Frau
Solneß mit weicher Reſignation ſpielte, rührte namentlich
im dritten Akt, im Geſpräch mit Hilde, das Publikum. Sonſt
verdient noch Fräulein Valérys Leiſtung als Kaja Fosli
hervorgehoben zu werden. Ihre ſentimental geartete Emp-
findſamkeit fand in der kleinen Rolle wieder überzeugende
Töne. Stettner als Knut Brovik, Storm als Ragnar und
Gura als Hausarzt fügten ſich dem Enſemble gut ein.
Heines Regie, die auch für zwei neue Dekorationen geſorgt
hatte, iſt ebenfalls zu loben. Das Stück hinterließ, trotz
ſeiner Schwächen als Drama einen tiefen Eindruck.

-tz.Konzert des Münchener Streichquartetts.

So haben ſie
denn nun ihr Ende für dieſe Saiſon erreicht, die Abonnement-
Konzerte unſerer Münchener und Böhmen, die mit zu den
ſchönſten „ruhenden Polen“ in der Erſcheinungen Flucht unſerer
Konzertſaiſon gehört haben; die Herren Kilian und Genoſſen
ließen es ſich angelegen ſein, an ihrem letzten Abend noch einmal
all ihre künſtleriſchen Vorzüge aufs glänzendſte zu entfalten und
uns den Abſchied recht ſchwer zu machen. Sgambatis Cis-moll-
Quartett, unter den wenigen international berühmten Inſtru

1 In Vertretung des durch Erkrankung verhinderten ſtän-
digen Msi-Referenten.
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Giroverkehr &#x017F;tehenden Privatbanken und unter gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
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Po&#x017F;t-Girokonto &#x017F;icherge&#x017F;tellt wird. Von der Po&#x017F;tan&#x017F;talt<lb/>
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Ge&#x017F;amtbetrag lautender roter Scheck in Zahlung zu geben.<lb/>
Die Ab&#x017F;endung der Po&#x017F;tanwei&#x017F;ungen findet nach erfolgter<lb/>
Gut&#x017F;chrift der Schecks für das Giro-Po&#x017F;tamt &#x017F;tatt. Zu die-<lb/>
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Die Gut&#x017F;chrift erfolgt &#x017F;o zeitig, daß noch an dem&#x017F;elben Tage<lb/>
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Girowege beglichen werden.</p><lb/>
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[3/0003] Nr. 138. München, Dienstag Allgemeine Zeitung 24. März 1908. Anweſenheit von 40—50 Herren, die ſich an großen Tagen um das Drei- und Vierfache hebt, und der fortgeſetzte Turnuswechſel der Mitarbeiter der großen Berichterſtatter- bureaus bringt eine gewiſſe Unruhe mit ſich, gegen die auch dann und wann zur Erheiterung der Journaliſten ein Erſtlingsbeſucher der allgemeinen Tribüne Einſpruch er- hebt. In dem gewaltigen Reichstagsſaal ſelbſt gehen dieſe Geräuſche völlig verloren. Dazu kommt aber, daß gar nicht zu ſelten der eine oder andere Volksvertreter mit einem Anliegen auf dem Herzen oder in der Taſche ſich herauf- bemüht und ſich mit bekannten Journaliſten ausſpricht, und endlich der große Lärm, den das Haus ſelbſt macht, wenn die Debatten und die Redner zu ſachlich und langweilig werden. Dann ſtehen und ſitzen im Saal die Gruppen in lautem Geſpräch und mit lebhaften Geſten bei- einander, ſofern nicht der eine oder andere Herr auf einem der Sofas ein kleines Nickerchen macht. Und in dieſem Sturmgebraus hält, auf erhöhtem Platze das bewegte Bild überblickend, der Redner ſeinen Vortrag für die amtlichen Reichstagsſtenographen. Daß dabei den Berichterſtattern, namentlich wenn ſie von Partei wegen „etwas bringen müſſen“, mal die Galle überläuft und ein lautes Wort zum Sitzungsſaal hinunterdringt, iſt doch wohl begreiflich. Und gar zu übel darf man es den Herren auch nicht nehmen, wenn ſie, die Tag für Tag den nervenaufreibenden Par- lamentsdienſt verſehen, den letzten Börſenwitz unter ſich weiter geben. Die Mitarbeiter der Zentrums-Parlaments- Korreſpondenz ſelbſt ſind auch gar nicht „ſo“. Wer die Reichstagstribüne kennt und weiß, wieviel politiſche Gegenſätze ſich hier im engen Raume ſtoßen, wird erſtaunt ſein über den kollegialen Ton und die liebens- würdige Hilfsbereitſchaft, kurz und gut: über das feſte Zuſammenhalten der Herren aller Parteien und jeden Alters. Dieſe Intereſſengemeinſchaft bürgt dafür, daß Störenfriede ſehr bald kleinlaut werden. Sollte in der letzten Zeit der gute Ton der Journaliſtentribüne dem Hauſe gegenüber gelitten haben, ſo werden die, vielfach ſeit Jahren und Jahrzehnten eingeſeſſenen, Senioren der Tri- büne ſelbſt für Abhilfe ſorgen. Man kann nur immer wieder den Wunſch erneuern, daß auch das Zentrum nach- gerade die Dinge ſo ſieht, wie ſie liegen, und nicht, wie es ſie ſich zurechtgelegt hat, und zum Friedensſchluſſe die Hand bietet. Das iſt das Zentrum nicht nur den beleidigten Tribünenjournaliſten, ſondern auch dem Anſehen der deutſchen Preſſe im Auslande ſchuldig. Ueber den gegenwärtigen Stand der Dinge liegen fol- gende Mitteilungen vor: * Am geſtrigen Sonntag haben, wie eine Parlaments- korreſpondenz meldet, zwiſchen dem Abg. Gröber und der Dreierkommiſſion der Journaliſten Verhandlungen ſtattgefunden; Abg. Gröber ſoll ſich bereiterklärt haben, die Beleidigung zurück zu nehmen. Beide Seiten haben Vorſchläge gemacht, die am Montag der Voll- verſammlung der Journaliſten vorgelegt werden. Dieſe hat ſodann zu beſchließen, ob der angebotene Vorſchlag an- nehmbar ſein wird. Es iſt anzunehmen, daß die Jour- naliſtentribüne heute ihre Arbeiten wieder aufnehmen wird. Der Reichskanzler ſoll ſich in dieſem Sinne ſelbſt bemüht haben, da er vollkommen auf dem Standpunkt der Preſſe ſtehe. Der Vorſtand des Vereins Berliner Preſſe hat den Journaliſten im Reichstage folgendes Schreiben geſandt: „Der Vorſtand des Vereins Berliner Preſſe drückt einmütig ſeine Sympathien mit dem Vorgehen der Kollegen von der Jour- naliſtentribüne des Deutſchen Reichstages aus. Er bedauert leb- haft, daß die Preſſevertreter vor beleidigenden Aeußerungen aus dem Reichstage keinen wirkſameren Schutz durch das Präſidium gefunden haben. Der Vorſtand erwartet, daß die Journaliſten- tribüne und die deutſche Preſſe die Berichterſtattung über die Reichstagsverhandlungen ſolange ausſetzen werden, bis den be- leidigten Journaliſten eine ausreichende Genugtuung gegeben iſt. Er begrüßt mit Dankbarkeit das ſolidariſche Verhalten der Redaktionen und der Verleger der Preſſe des In- und Auslandes in Wahrung der Standesehre.“ Der Vorſitzende des Vereins Berliner Preſſe, Chefredakteur Vollrath, ſoll übrigens aus dieſem Anlaß ſein Amt nieder- gelegt haben, weil einige Herren des Vorſtandes der Adreſſe nicht zuſtimmen wollten, ohne den Wortlaut zu kennen. Hof und Geſellſchaft. * München, 23. März. — Se. kgl. Hoheit der Prinzregent wohnte geſtern früh der Meſſe in der Allerheiligenhofkirche bei und unter- nahm mittags die übliche Spazierfahrt nach Nymphenburg. — Bei. Sr. kgl. Hoh. dem Prinzregenten waren heute zur Tafel geladen: Freifrau von und zu der Tann-Rathſamhauſen-Nürnberg, Ritter von Schneider, Reichsrat und Präſident des Oberkonſiſto- riums, Joſeph Graf v. Arco-Zinneberg, kgl. Käm- merer und Reichsrat, Ferdinand Graf v. Arco-Zinne- berg, Leutnant im 1. Schweren Reiter-Regiment. — Se. kgl. Hoheit der Prinzregent beſichtigte heute vormittag die Wochenausſtellung im Kunſtverein und beſuchte hierauf die Geflügelausſtellung in den oberen Räumen der Schrannenhalle. — Prinzeſſin Ludwig mit ihren jüngeren Töchtern, ſowie Prinz und Prinzeſſin Rupprecht und Prinz Franz begaben ſich geſtern mittag nach Leutſtetten und kehrten abends nach hier zurück. — Prinzeſſin Helmtrud erhielt geſtern vormittag aus Anlaß ihres Geburtsfeſtes die Gratulationsbeſuche Sr. kgl. Hoh. des Prinzregenten, der Mitglieder der kgl. Familie und zahlreiche Glückwünſche aus Kreiſen der Hofgeſellſchaft. — Herzog Franz Joſeph in Bayern, Leutnant im 1. Ulanen-Regiment, feiert heute in Bamberg ſein 20. Geburtsfeſt. — Infolge eines Schlaganfalles verſchied geſtern der Bureau- chef der bayeriſchen Abgeordnetenkammer Regierungsdirektor Dobner, Ritter des Verdienſtordens vom heiligen Michael und Ehrenbürger der Stadt Furth i. W., im Alter von 65 Jahren. Seine Tochter, die in Straubing mit Staatsanwalt Weiß ver- heiratet war, iſt ihm bekanntlich vor drei Wochen im Tode voran- gegangen. Der Verſtorbene war am 8. März 1843 in Furth i. W. ge- boren, abſolvierte 1864 das Gymnaſium und ſtudierte am Lyzeum in Regensburg Philoſophie; ſeine juriſtiſchen Studien machte er an der Univerſität München. Er beſtand 1871 den Konkurs mit Auszeichnung, wurde 1872 als Hilfsarbeiter in den Landtag einberufen und 1874 in der Eigenſchaft als Bezirks- amtsaſſeſſor definitiv als Bureauvorſtand des Landtages ange- ſtellt. 1903 erhielt er den Michaelsorden 4. Klaſſe; zum Regie- rungsdirektor wurde er am Schluſſe der Seſſion 1905/06 befördert. — Der langjährige Generaladjutant des Großherzogs von Baden General der Artillerie Eugen v. Müller, der älteſte aller Adjutanten der deutſchen Fürſten, hat den Abſchied ge- nommen. Müller ſtand ſeit 1884 im perſönlichen Dienſt des großherzoglichen Hauſes. Zum Generaladjutanten iſt der bis- herige perſönliche Adjutant Generalmajor Karl Dürr vor- gerückt. — Bei dem päpſtlichen Nuntius Mſgr. Dr. Frühwirth fand geſtern mittag ein Diner ſtatt, zu welchem geladen waren: Staatsminiſter Graf Crailsheim, die Geſandten v. Schlözer, von Moſer, Mr. Cartwright, Staatsminiſter v. Brettreich, Regie- rungspräſident v. Halder, Oberbürgermeiſter Dr. v. Borſcht, Lega- tionsrat v. Stolypin, der perſönliche Adjutant des Herzogs Karl. Baron Bodman, der Landtagsabgeordnete Baron Malſen, Uni- verſitätsprofeſſor Dr. Grauert, die Legationsſekretäre Graf Hoyos und Graf Kinski von der öſterreichiſchen Geſandtſchaft, der ſächſi- ſche Attaché v. Montbé, Legationsſekretär v. Stockhammern und die beiden päpſtlichen Uditores. Münchener Stadtanzeiger. * München, 23. März. Poſtanweiſungs-Giroverfahren. Vom 1. Mai ds. Js. ab wird an ſämtlichen Orten mit kgl. Bankanſtalten die Begleichung ein- und auszuzahlen- der Poſtanweiſungsbeträge im Wege der Giroübertragung zugelaſſen. An dem Verfahren können die Girokunden der kgl. Bank, der Reichsbank ſowie der mit der kgl. Bank in Giroverkehr ſtehenden Privatbanken und unter gewiſſen Vorausſetzungen auch noch andere Perſonen oder Firmen teilnehmen. Die einzuzahlenden Giro-Poſtanweiſungen ſind entwe- der bei der kgl. Bank, bezw. der örtlichen Reichsbankanſtalt oder bei der Poſt einzuliefern. Im Falle der Aufgabe bei einer der erwähnten Banken hat der Teilnehmer dieſer einen roten Scheck über den Geſamtbetrag der Poſtan- weiſungen, ſowie in einem verſchloſſenen Umſchlag die Poſt- anweiſungen ſelbſt zu übergeben. Das Giro-Poſtamt läßt die letzteren, mit denen die Bank keinerlei Beſaſſung hat, zu einer vereinbarten Stunde bei der Bankſtelle abholen, wobei die Gutſchrift der Poſtanweiſungsbeträge auf dem Poſt-Girokonto ſichergeſtellt wird. Von der Poſtanſtalt werden die Poſtanweiſungen ſofort gebucht und abgeſandt. Werden die Giro-Poſtanweiſungen bei der Poſtanſtalt eingeliefert, ſo hat dies am Poſtſchalter in gewöhnlicher Weiſe zu geſchehen, dabei iſt vom Teilnehmer ein über den Geſamtbetrag lautender roter Scheck in Zahlung zu geben. Die Abſendung der Poſtanweiſungen findet nach erfolgter Gutſchrift der Schecks für das Giro-Poſtamt ſtatt. Zu die- ſem Zweck werden die Schecks den Banken alsbald zuge- führt. Die Abſendung der Poſtanweiſungen vor der er- wähnten Gutſchrift kann den Behörden unter beſtimmten Bedingungen und den übrigen Teilnehmern gegen Kau- tionsſtellung zugeſtanden werden. Die Einzahlung von Poſtanweiſungsbeträgen mittels Schecks iſt in gewiſſen Fällen auch bei auswärtigen Poſtanſtalten möglich. Die Begleichung der Beträge eingehender Poſt- anweiſungen geſchieht durch Uebertragung von dem Poſt- girokonto auf dasjenige des Empfängers bei der kgl. Bank, bei der Reichsbank oder bei einer mit der kgl. Bank in Giroverkehr ſtehenden Privatbank. Die Poſtanweiſungen werden in einem verſchloſſenen Umſchlag, auf deſſen Vor- derſeite Stückzahl und Geſamtbetrag angegeben ſind, dem Teilnehmer zugeſtellt; ſie können aber auch von ihm bei der Poſtanſtalt abgeholt werden. Der Teilnehmer hat die Richtigkeit der angeführten Vermerke zu prüfen, die Ab- ſchnitte der Poſtanweiſungen für ſich abzutrennen und auf dem Umſchlag den Geſamtbetrag der angenommenen Poſt- anweiſungen anzuerkennen. Eine Quittungsleiſtung auf den einzelnen Poſtanweiſungen findet nicht ſtatt. Der offene Umſchlag mit den Poſtanweiſungen iſt dem Zuſteller wieder einzuhändigen oder aber an den Abgabeſchalter zurückzuliefern. Im Falle der Zuſtellung iſt für jede an- genommene Poſtanweiſung eine Zuſtellgebühr von 2 Pfg. an den Zuſtellbedienſteten zu bezahlen. Werktäglich ein- bis zweimal werden die Beträge der für die Teilnehmer eingegangenen Poſtanweiſungen bei der kgl. Bank, bei der Reichsbank oder bei den betreffenden Privatbanken zur Gutſchrift auf den Girokonten der Empfänger angemeldet. Die Gutſchrift erfolgt ſo zeitig, daß noch an demſelben Tage über die gutgeſchriebenen Beträge verfügt werden kann. Auch bei Poſtanſtalten außerhalb des Bankplatzes können unter Umſtänden die eingehenden Poſtanweiſungen im Girowege beglichen werden. Die zurzeit beſtehende Einrichtung, wonach Poſt- anweiſungen an Girokunden der kgl. Bank und der Reichs- bank auf Antrag der Empfänger an Anſtalten dieſer Bank- inſtitute zur Gutſchrift auf das Girokonto der Empfänger bar ausbezahlt werden können, wird ab 1. Mai auf- gehoben. * Eröffnung neuer ſtaatlicher Motorwagenlinien. In den nächſten Monaten werden in Bayern ſieben neue ſtaat- liche Motorwagenlinien zur Eröffnung gelangen, und zwar am 1. April die Linie Straubing-Mengkofen. am 15. April die Linie Regensburg-Pfatter (auf dieſen beiden Linien wird der Güterverkehr für Stückgut- und Wagenladungsſendungen eingeführt), ferner am _ _ König von England, Georg der Vierte, ſeine Autorität für das Projekt eines Shakeſpeare-Monuments großen Stils eingeſetzt, dem die Form eines Mauſoleums zugedacht war. Zu dem damaligen Denkmalskomitee gehörten überdies die anerkannt erſten Männer der Nation, neben dem Herzog von Wellington zum Beiſpiel als Vertreter des Schrift- tums Walter Scott, Thomas Moore und Coleridge, wäh- tend Thomas Lawrence und Henry Raeburn die bildenden Künſte, Kemble, Kean und Macready die Schauſpielkunſt repräſentierten, lauter Namen, neben denen die des jetzigen Denkmalsſyndikats ſich ausnehmen wie Talglichter neben Sonnen. Dennoch ſcheiterte die Ausführung des Gedankens an der Gleichgültigkeit des großen Publikums. Dieſe iſt, trotz aller Zeitungsreklame, über die die Promotoren des neuen Planes verfügen, heute zweifellos ſo groß wie je. Obendrein aber begegnen ſie bereits entſchiedenem Wider- ſtande aus Kreiſen, die mit größerem Rechte im Namen Shakeſpeares reden und die zwar mit ſeiner endlichen monumentalen Ehrung an der Stätte ſeines Wirkens durch- aus einverſtanden ſind, jedoch anſtatt eines Weltdenkmals für ihn etwas entſchieden Berechtigteres fordern, nämlich ein Nationaltheater. Dieſelben Kreiſe empfinden ganz richtig, daß die huhnenmäßige Pflege des Shakeſpeariſchen Vermächtniſſes an ſein Volk eigentlich die Vorbedingung zu jeder wirklich nationalen Ehrung ſeines Andenkens bildet. Die Er- füllung dieſer Vorbedingung iſt, glaube ich, gar nicht ſo unmöglich, wie es bisher den Anſchein hatte. Die Londoner Theaterdirektoren hielten bisher Shakeſpeare-Auffüh- rungen ſtets für gleichbedeutend mit Bankerott — „Shake- speare spells bankruptcy“. Sie haben aber wenigſtens das letzte Menſchenalter über Shakeſpeare immer nur in melodramatiſcher Verballhornung aufgeführt, von Henry Irving an bis zu Beerbohm Tree, der im „Julius Caeſar“ während der Schlacht bei Philippi das Orcheſter den Wal- kürenritt ſpielen läßt. Seit ein paar Tagen wird im Lyceum nach demſelben Prinzip mit einer ſüßlichen Ver- tonung von Edward German in einer vermeintlich „popu- lären“ Verſion „Romeo und Julia“ gegeben, mit dem Erfolg, daß die entſcheidenden Stellen dieſer Liebestragödie par excellence vermöge larmoyanter Melodramatik ſchallende Heiterkeit gerade auf den oberen Rängen erregen. Hierin liegt, ſcheint mir, zuſammen mit dem herkömmlichen pekuniären Fiasko dieſer Art von Shakeſpeare-Auf- führungen, ein beherzigenswerter Wink. Warum verſucht man es hier nicht mal mit ernſthaften Shakeſpeare-Vor- ſtellungen, ohne die Kuliſſenaskeſe archaiſtiſcher Szenerie, aber auch ohne geiſttötende Ausſtattungskünſteleien? Iſt das Volk von England dafür nicht empfänglich, ſo iſt wirklich nicht einzuſehen, warum es bei dem Shake- ſpeare-Denkmal auf dem Leiceſter Square nicht ehrlicher- weiſe ſein monumentales Bewenden haben ſoll. Die Drei- hundertjahrfeier des Todes Shakeſpeares bleibt dann wohl beſſer den Nationen überlaſſen, die den Hort ſeines uner- meßlichen Geiſtes ehrfürchtiger zu hüten wiſſen als ſein eigenes Vaterland. Konſtantin v. Zedlitz. Theater und Muſik. —nn. 1 Kgl. Reſidenztheater. Sollen wir Ibſens „Baumeiſter Solneß“ heute mit der Sonde be- rühren? Wir kennen die bleibende Stärke des Stückes: die großartige, tief im Innern des Menſchen ſchürfende Charakterzeichnung der Titelfigur. Auf die Geſtaltung des Genies, mit allen ſeinen Höhen und Abgründen kam es Ibſen an. Und wir erinnern uns des zwiefachen Schickſals, das dem Leben des Solneß den Grundton gibt, des Fami- liendramas auf der einen Seite, das ein junges Elternglück verſchlingt und eine verzweifelnde Frau aus dem ſeeliſchen Gleichgewicht wirft, und des größeren und tieferen Künſt- lerſchickſals auf der anderen Seite, das von Solneß in Geſtalt eines Dämons, ſchließlich für die Toll- kühnheit ſeiner Pläne den Tod fordert. Das Unmögliche wahr machen, über die eigenen Kräfte heldenhaft hinaus- wachſen, das iſt die große Parole des Stückes. Ibſens Bau- meiſter erreicht die Höhe, aber als er oben, dem Himmel näher als der Erde, ſiegesfroh den Hut ſchwingt, da zieht ihn ein lautes Trugbild in den gähnenden Abgrund. So wird der Sieg letzten Endes doch mit dem Tod bezahlt. ... Es iſt bekannt, daß dieſe komplizierte Künſtlergeſtalt des Baumeiſter Solneß an den Schauſpieler die allergrößten Anforderungen ſtellt. Bei unſerer Aufführung darf man ein großes Lob ſagen: Monnard hat ſich von der Figur Ibſens alles, auch das Geiſtigſte, zu eigen gemacht: nie verlor ſein angeborener ſchauſpieleriſcher Inſtinkt (der immer das Natürliche nie anders als natürlich heraus- ſtellt) den Kontakt mit den ſcharf umriſſenen Abſichten des Dichters. Er gab den Solneß, auch den dem Myſtiſchen ſich hingebenden Solneß, einfach und doch ſcharf markiert indem er das Sprunghaft-genialiſche ſeines Weſens in feinen Schwingungen ſpielen ließ. Des Baumeiſters guten Geiſt und Dämon, die Hypotheſe des ganzen Dramas, die Hilde Wangel, verkörperte Fräulein Reubke. Die hübſche Dame war ehrlich bemüht, ihr Beſtes zu geben, aber da niemand über die eigenen Anlagen hinaus kann, war ſie mehr — Rautendelein als der wikingerhafte Raubvogel Hilde Wangel. Dieſe wilde, auf erregte Spannungen be- dachte „Verſucherin“ muß alle Regiſter der Affekte ziehen können; ſie muß Hohes und Niederes in ſich vereinigen, für Sinnlich-ſtarkes und Kalt-diaboliſches den richtigen Ausdruck finden. Man darf nie vergeſſen: ſie iſt Dienerin und Herr- ſcherin zugleich. Dabei hat ſie das Wirkliche und das Symboliſche der Rolle — die Klippe bei der Darſtellung — geſchickt auszugleichen. Fräulein Schwarz, die Frau Solneß mit weicher Reſignation ſpielte, rührte namentlich im dritten Akt, im Geſpräch mit Hilde, das Publikum. Sonſt verdient noch Fräulein Valérys Leiſtung als Kaja Fosli hervorgehoben zu werden. Ihre ſentimental geartete Emp- findſamkeit fand in der kleinen Rolle wieder überzeugende Töne. Stettner als Knut Brovik, Storm als Ragnar und Gura als Hausarzt fügten ſich dem Enſemble gut ein. Heines Regie, die auch für zwei neue Dekorationen geſorgt hatte, iſt ebenfalls zu loben. Das Stück hinterließ, trotz ſeiner Schwächen als Drama einen tiefen Eindruck. -tz.Konzert des Münchener Streichquartetts. So haben ſie denn nun ihr Ende für dieſe Saiſon erreicht, die Abonnement- Konzerte unſerer Münchener und Böhmen, die mit zu den ſchönſten „ruhenden Polen“ in der Erſcheinungen Flucht unſerer Konzertſaiſon gehört haben; die Herren Kilian und Genoſſen ließen es ſich angelegen ſein, an ihrem letzten Abend noch einmal all ihre künſtleriſchen Vorzüge aufs glänzendſte zu entfalten und uns den Abſchied recht ſchwer zu machen. Sgambatis Cis-moll- Quartett, unter den wenigen international berühmten Inſtru 1 In Vertretung des durch Erkrankung verhinderten ſtän- digen Msi-Referenten.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 138, 24. März 1908, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine138_1908/3>, abgerufen am 26.12.2024.