Allgemeine Zeitung, Nr. 12, 12. Januar 1872.[Spaltenumbruch]
trag der Commissarien: "Die Gehalte für die Dirigenten der königlichen Polizeiver- - Berlin, 8 Jan. Es ist bekannt daß die Ausrüstung des Evolu- (--) Berlin, 9 Jan. In unsern conservativen Kreisen wächst die Unzu- Oesterreichisch-ungarische Monarchie. * Aus Oesterreich, 10 Jan. Am meisten von sich reden macht im In den Gang der croatischen Verhandlungen scheint nun Deak mit eigener Die gestern erwähnte Nachricht des "N. W. Tgbl." über die Ungültigkeits- Großbritannien. London, 9 Jan. * Die Genesung des Prinzen von Wales schreitet den Umständen gemäß [Spaltenumbruch]
trag der Commiſſarien: „Die Gehalte für die Dirigenten der königlichen Polizeiver- → Berlin, 8 Jan. Es iſt bekannt daß die Ausrüſtung des Evolu- (—) Berlin, 9 Jan. In unſern conſervativen Kreiſen wächst die Unzu- Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie. * Aus Oeſterreich, 10 Jan. Am meiſten von ſich reden macht im In den Gang der croatiſchen Verhandlungen ſcheint nun Deak mit eigener Die geſtern erwähnte Nachricht des „N. W. Tgbl.“ über die Ungültigkeits- Großbritannien. London, 9 Jan. * Die Geneſung des Prinzen von Wales ſchreitet den Umſtänden gemäß <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0004" n="164"/><cb/> trag der Commiſſarien: „Die Gehalte für die Dirigenten der königlichen Polizeiver-<lb/> waltungen in den Städten Danzig, Stettin, Köln, Magdeburg und Aachen in die<lb/> Colonne „„künftig wegfallend““ zu ſetzen,“ wird dann auch angenommen, und<lb/> die Regierung aufgefordert auf die möglichſte Einſchränkung der königlichen Polizei-<lb/> verwaltungen in dieſen Städten und in Königsberg i. Pr. Bedacht zu nehmen.<lb/> Mit der angegebenen Maßgabe werden die Etatspoſten für die Localpolizeiverwaltungen<lb/> in den Provinzen bewilligt, und es geſchieht ſchließlich dasſelbe auch mit dem Etat des<lb/><hi rendition="#g">Polizeipräſidiums zu Berlin.</hi> Die Abgg. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Eberty</hi> und <hi rendition="#g">Virchow</hi> bringen<lb/> hier zu ſehr ungünſtiger Stunde (nach 4 Uhr) noch die vielfachen Beſchwerden über die<lb/> Mängel der hieſigen Polizei zur Sprache. Während erſterer mehr die gefährdete öffent-<lb/> liche Sicherheit, die Sittenpolizei und die Geſundheitspolizei ins Auge faßt, erörtert<lb/> Abg. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Virchow eingehend das nachgerade zu einer öffentlichen Calamität gewordene<lb/> Verhältniß der hieſigen königl. Polizei zur ſtädtiſchen Behörde, und bringt dabei nach<lb/> einander die Straßenpflaſterung, die Verfügung über die Straßen durch Conceſſionen<lb/> namentlich zu Pferde-Eiſenbahnen, das Privilegium der Litfaß-Säulen und das der eng-<lb/> liſchen Waſſerwerke zur Sprache. In Bezug auf letzteres theilt er aus dem Protokoll der<lb/> Generalverſammlung der engliſchen Actionäre den Beſchluß derſelben mit: einen Theil<lb/> der bei Erweiterung der Werke neu zu emittirenden Actien zu reſerviren, „um officielle<lb/> Perſonen in Berlin für das Unternehmen zu intereſſiren,“ und deducirt daraus daß ein<lb/> gewiſſes Mißtrauen der Berliner Bevölkerung gegen die Integrität der Polizei berech-<lb/> tigt ſei. Der <hi rendition="#g">Miniſter des Innern</hi> gibt das letztere höchſtens gegenüber den Nacht-<lb/> wächtern zu, welche ſo ſchlecht beſoldet ſeien, daß man allenfalls glauben könnte ſie ſeien<lb/> beſtrebt auch auf unerlaubtem Weg ihre Einnahmen zu vermehren; im übrigen nimmt<lb/> er die Polizeiverwaltung in Schutz, wenn er auch nicht behaupten will daß dieſelbe ſtets<lb/> die rechte Form gegenüber den Stadtbehörden beobachtet habe. Er ſucht die Virchow’-<lb/> ſchen Vorwürfe im einzelnen zu widerlegen, und macht dabei einige Mittheilungen die<lb/> allerdings überraſchen werden: ſo daß er, der Miniſter, die vom Polizeipräſidenten mit<lb/> Hrn. Litfaß vereinbarte Verlängerung deſſen Säulen-Privilegiums als ungeſetzlich für<lb/> null und nichtig erklärt hat, und daß die für die Pferde-Eiſenbahnen ertheilte Conceſſion<lb/> nur polizeiliche Wirkung habe, zu ihrer ſonſtigen Durchführung aber erheiſche daß die<lb/> Unternehmer ſich noch erſt mit der Commune und den ſonſtigen Eigenthümern des<lb/> Straßenbodens, auf welchem die Einrichtung hergeſtellt werden ſoll, über die Bedin-<lb/> gungen einigten. Die Abgg. Virchow und Eberty reſumirten ihre Ausführungen in<lb/> dem Antrage: die Regierung aufzufordern „ſich wegen Uebertragung einzelner Zweige<lb/> der Polizeiverwaltung der Stadt Berlin an die Commune mit dem Magiſtrat zu Berlin<lb/> ins Einvernehmen zu ſetzen,“ und dieſen Antrag nahm das Haus an. Damit ſchloß die<lb/> Sitzung nach 5 Uhr. Nächſte Sitzung Donnerſtag, Vormittags 11 Uhr. Tagesordnung:<lb/> Schluß über die geſchäftliche Behandlung der Kreisordnung und Fortſetzung der Budget-<lb/> berathung.</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="3"> <dateline>→ <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 8 Jan.</dateline> <p>Es iſt bekannt daß die Ausrüſtung des Evolu-<lb/> tionsgeſchwaders mit großer Lebhaftigkeit betrieben ward, auch nachdem die ent-<lb/> gegenkommenden Erklärungen der braſiliſchen Regierung hinſichtlich der unlieb-<lb/> ſamen Vorfälle mit Rio de Janeiro die Ausſicht auf einen Conflict glücklich beſei-<lb/> tigt war. Es war offenbar die Abſicht in den transatlantiſchen Gewäſſern, na-<lb/> mentlich auch wohl in Oſtaſien, durch das Erſcheinen eines impoſanten Geſchwa-<lb/> ders der neuen Größe des Deutſchen Reiches für Freund und Feind einen hand-<lb/> greiflichen Ausdruck zu geben, und zu dem Ende ſcheute man ſich nicht die von den<lb/> erſt vor kurzem entlaſſenen Reſerven der Flotten-Stamm-Diviſion Mannſchaften<lb/> wieder einzuberufen. Plötzlich heißt es nun: die ganze Expedition ſei aufgegeben<lb/> und die Einberufenen würden demnächſt nach Hauſe gehen können. Was der<lb/> eigentliche Grund dieſer unvermutheten Wendung ſein kann, iſt noch nicht klar, da<lb/> der Reichstag die nöthigen außerordentlichen Mittel für die Expedition um ſo<lb/> leichter bewilligt haben würde, als ſie das Marine-Ordinarium keineswegs über-<lb/> mäßig vergrößert hätten. Auch iſt kaum anzunehmen daß Furcht vor etwai-<lb/> gen neuen Verwicklungen mit Frankreich das Motiv ſei, denn eventuell würde<lb/> das Geſchwader ſich doch immer in einen ſichern neutralen Hafen zurückziehen kön-<lb/> nen, während wir zu Hauſe mit oder ohne dasſelbe doch weſentlich auf die Küſten-<lb/> vertheidigung, einer Flotte wie der franzöſiſchen gegenüber, angewieſen ſind. Wie<lb/> dem indeß auch ſei, ſicher iſt daß man der Entwicklung der franzöſiſchen Verhält-<lb/> niſſe hier mit aufmerkſamer Sorge zuſieht. Der Neujahrswunſch des Grafen<lb/> Arnim war unzweifelhaft aufrichtig gemeint, denn die Fortdauer und Befeſtigung<lb/> des Thiers’ſchen Regiments iſt für Deutſchland verhältnißmäßig das günſtigſte,<lb/> zumal da Pouyer-Quertier die ehrliche Abſicht hat Frankreichs finanziellen Ver-<lb/> pflichtungen nachzukommen; mag auch gerade der Präſident mit den geſteigerten<lb/> Ausgaben für Heer und Flotte das Revanche-Fieber nähren, ſo hat er doch wenig-<lb/> ſtens ſo viel ſtaatsmänniſchen Sinn um die Verkehrtheit der Einführung der all-<lb/> gemeinen Dienſtpflicht in Frankreich, zumal mit einer fünfjährigen Dienſtzeit, ein-<lb/> zuſehen, weil die erſtere nur bei ausgebildetem Sinne der Mittelclaſſen für Self-<lb/> government durchführbar, welcher unſern Nachbarn fehlt, und weil eine auf dieſer<lb/> Grundlage organiſirte Armee mit fünfjähriger Dienſtzeit einen Koſtenaufwand<lb/> erfordern würde der die Kräfte Frankreichs weit überſteigen müßte. Auch iſt<lb/> Thiers doch zu ſehr Staatsmann, um den Gedanken zu hegen daß Frankreich<lb/> ſchon in nächſter Zukunft, und ohne Allianzen, daran denken könnte wieder einen<lb/> Kampf mit Deutſchland zu wagen. Anders freilich würden ſich die Sachen ſtellen<lb/> wenn Thiers’ Regiment geſtürzt und ſein Nachfolger getrieben würde eine<lb/> Diverſion nach außen zu ſuchen, um ſich zu halten. Indeß für ſehr drohend ver-<lb/> mag ich doch auch in dieſem Falle die Gefährdung des Friedens nicht zu halten.<lb/> Gambetta trägt unſtreitig ſehr dazu bei den Boden zu unterwühlen, und es jedem an-<lb/> dern Regiment ſchwer zu machen ſich zu halten; aber die Ausſicht ans Ruder zu kom-<lb/> men iſt für ihn vorläufig noch gering. Die Monarchiſten haben die ungeheure Mehr-<lb/> heit des Landes hinter ſich, aber ſie ſind in drei Parteien geſpalten. Die Legitimi-<lb/> ſten haben durch Reichthum und Verbindungen bedeutende Macht, welche in der<lb/> bedeutenden Zahl ihrer Vertreter in der Nationalverſammlung wie in den General-<lb/> räthen Ausdruck findet; auch hat ſich der einzige bedeutendere General welchen der<lb/> Krieg hervorgebracht, Chanzy, zu ihnen geſchlagen; aber der Eigenſinn Chambords,<lb/> der an der unmöglichen weißen Fahne feſthält und jede Fuſion zurückweist, legt ihnen<lb/> eine nothgedrungene Enthaltſamkeit auf. Die Orleaniſten ihrerſeits ſind, ſolange<lb/> die Fuſion unmöglich, zu wenig zahlreich, um aus eigener Kraft nach der Staats-<lb/> gewalt zu greifen. Ich glaube nicht zu irren wenn ich annehme daß Thiers am<lb/> meiſten die Bonapartiſten fürchtet; dafür ſpricht ſchon die ängſtliche Ueberwachung<lb/> derſelben; ihr Anhang ſteigt in Paris, wo die Bourgeoiſie aus Furcht vor der<lb/> Anarchie nach einer ſtarken Regierung ſeufzt; auf dem Lande, wo der Bauer ſich<lb/><cb/> nach der Proſperität des Kaiſerthums zurückſehnt; in der Armee, welche die Aus-<lb/> wetzung ihrer Scharten unter einem militäriſchen Regiment hofft; vor allem aber<lb/> im Klerus. Derſelbe iſt klug genug einzuſehen daß die Legitimiſten mit Chambords<lb/> Grundſätzen keine Ausſicht haben wieder ans Ruder zu kommen, daß ſie aber im<lb/> Falle der Fuſion zu viel liberales Blut von den orleaniſtiſchen Elementen empfan-<lb/> gen würden um den Intereſſen des Ultramontanismus dienen zu können. Der<lb/> Bonapartismus dagegen würde, wie 1850, weſentlich darauf angewieſen ſein ſich<lb/> den Intereſſen des Klerus dienſtbar zu zeigen, um ſo mehr als er in der Kaiſerin,<lb/> die zunächſt als Regentin in Frage käme, ein ebenſo ergebenes als entſchloſſenes<lb/> Werkzeug finden würde. Es kann daher nicht überraſchen wenn kürzlich einer der<lb/> franzöſiſchen Kirchenfürſten gegen einen deutſchen General äußerte: <hi rendition="#aq">„C’est la<lb/> femme qu’il nous faut!“</hi> Von der Realiſirung keiner dieſer Combinationen aber<lb/> läßt ſich der Wahnſinn einen Krieg mit Deutſchland vom Zaune zu brechen ſo leicht<lb/> erwarten. Frankreich kann nur auf <hi rendition="#g">einen</hi> Verbündeten der Zukunft hoffen, näm-<lb/> lich Rußland; nur wenn eine Verwicklung im Orient dieſes bewegt die Initiative<lb/> zu ergreifen und Deutſchland nöthigt Oeſterreichs Partie zu nehmen, kann Frank-<lb/> reich hoffen uns mit Erfolg in den Rücken zu fallen. Aber zu ſolcher Verwicklung<lb/> iſt augenblicklich noch nicht der leiſeſte Anlaß zu erſpähen, und daß wir auch, wenn<lb/> ſie einträte, ihr leicht die Spitze bieten würden, brauche ich nicht auszuführen.</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="3"> <dateline>(—) <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 9 Jan.</dateline> <p>In unſern conſervativen Kreiſen wächst die Unzu-<lb/> friedenheit über den Cultusminiſter v. Mühler. Zu den vielen Vorwürfen mit denen<lb/> dieſer Miniſter von ſeinen alten politiſchen Freunden bereits überſchüttet worden iſt,<lb/> tritt jetzt auch der einer Rückſichtsloſigkeit gegen den evangeliſchen Oberkirchenrath.<lb/> Dieſe Rückſichtsloſigkeit findet man darin daß jene kirchliche Oberbehörde bei den<lb/> Vorberathungen über das Schulaufſichtsgeſetz nicht hinzugezogen worden iſt. Das<lb/> Factum iſt allerdings unbeſtreitbar, und ebenſowenig kann beſtritten werden daß<lb/> der Oberkirchenrath ſelbſt über dieſe Vernachläſſigung Beſchwerde erhoben hat.<lb/> Ohne Zweifel würde eine ſolche Beſchwerde nicht geführt worden ſein wenn nicht<lb/> der Oberkirchenrath ſich dazu berechtigt hielte, und dieſes Recht erblickt er in der<lb/> früher gehandhabten Praxis. Wenn dieſe Praxis jetzt eine Aenderung erfahren<lb/> hat, und dieſe Aenderung von der „N. A. Z.“ mit dem Bemerken begründet wird:<lb/> daß der evangeliſche Oberkirchenrath nur einen Theil der evangeliſchen Bevölkerung<lb/> in Preußen vertrete, und daß mit demſelben Grunde nicht nur die katholiſchen<lb/> Biſchöfe, ſondern auch die durch den Oberkirchenrath nicht vertretenen Evange-<lb/> liſchen ihre Zuratheziehung bei ſolchen und ähnlichen Vorlagen fordern könnten,<lb/> ſo iſt das allerdings ein guter Grund, der aber freilich nicht recht zu den preußi-<lb/> ſchen Ueberlieferungen paßt. Lieber hätte man daher die volle Wahrheit offen<lb/> einräumen und zugeſtehen ſollen: daß es der entſchiedene Wille, wenn auch nicht<lb/> des Cultusminiſters, ſo doch des Miniſterpräſidenten und des Geſammtminiſte-<lb/> riums iſt auch auf dieſem Gebiete mit den alten Traditionen Preußens von<lb/> Grund aus zu brechen. Mithin richten unſere Conſervativen ihre Anklage an eine<lb/> ganz falſche Adreſſe, wenn ſie für dieſe Neuerung durchaus den Hrn. v. Mühler<lb/> verantwortlich machen. Dieſer iſt nichts weiter als der Vollſtrecker eines fremden<lb/> Willens. — Heute hatte der neue ruſſiſche Militärbevollmächtigte, Artilleriehaupt-<lb/> mann Daller, die erſte Audienz beim Kaiſer. Nachmittags ſtattete Fürſt Bis-<lb/> marck dem Kronprinzen einen längern Beſuch ab.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Aus Oeſterreich,</hi> 10 Jan.</dateline> <p>Am meiſten von ſich reden macht im<lb/> Augenblick die angebliche Spaltung innerhalb der deutſchen Partei des Abgeord-<lb/> netenhauſes, welche übrigens von den Betheiligten ſelbſt aufs entſchiedenſte in Ab-<lb/> rede geſtellt und „als muthwillige Combination“ bezeichnet wird. Insbeſondere<lb/> ſei kein wahres Wort an dem was das „Wiener Tagbl.“ zu erzählen wiſſe: daß<lb/> nämlich ungefähr 40 zur Verfaſſungspartei zählende Abgeordnete, welche die gali-<lb/> ziſche Angelegenheit um jeden Preis zum Abſchluß bringen wollen, ſich mit dem<lb/> Gedanken tragen, falls nicht fünf ihrer Geſinnungsgenoſſen in den Vierundzwan-<lb/> ziger-Ausſchuß für Behandlung der galiziſchen Reſolution Aufnahme finden ſoll-<lb/> ten, mit den galiziſchen Abgeordneten ſich zu verbinden. — Die Adreß-Commiſſion<lb/> des Herrenhauſes, welche geſtern ihre Berathung über den Auersperg’ſchen Ent-<lb/> wurf begonnen, dürfte dieſelbe heute beenden. Die Discuſſion war, abweichend<lb/> von dem Verlauf in früheren Jahren, wie die „N. Fr. Pr.“ hört, ungleich leb-<lb/> hafter, und es ſcheint daß der Entwurf des Referenten in der Commiſſion einige<lb/> nicht unweſentliche Aenderungen erfahren hat. Die föderaliſtiſch geſinnten Com-<lb/> miſſionsmitglieder ſtellen keine Gegenanträge, ſondern begnügen ſich mit der Ab-<lb/> wehr der prononcirt verfaſſungstreuen und dem Miniſterium vertrauensvoll zuge-<lb/> wendeten Ideen des Adreßentwurfs. Die Adreßdebatte im Herrenhauſe ſelbſt<lb/> dürfte Mitte nächſter Woche ſtattfinden, da das Abgeordnetenhaus dabei den Vor-<lb/> tritt haben ſoll, und in dieſem zwar die Adreſſe auf der Tagesordnung der für<lb/> Samſtag einberufenen Sitzung ſteht, indeſſen wohl erſt am Montag zur Verhandlung<lb/> kommen und eine mehrtägige Debatte in Anſpruch nehmen wird.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>In den Gang der croatiſchen Verhandlungen ſcheint nun Deak mit eigener<lb/> Hand eingreifen zu wollen; er hatte geſtern in Peſt eine lange Conferenz mit dem<lb/> croatiſchen Miniſter und dem Ban. Zu gleicher Zeit fand ein Miniſterrath in<lb/> derſelben Angelegenheit ſtatt, und man erwartet zwiſchen heut und morgen wichtige,<lb/> Croatien betreffende Entſcheidungen. — Die geſtrige Sitzung des ungariſchen<lb/> Abgeordnetenhauſes wurde mit einer recht gemüthlichen Interpellation eröffnet.<lb/> Der vom Wiener Schützenfeſt 1868 her als „Volksredner“ noch wohlbekannte<lb/> Johann Beſze, welcher kürzlich zum Präſidenten des Finanzobergerichts ernannt<lb/> worden iſt, ſoll bei der Ujhelyer Deputirtenwahl eine ſonderbare Rolle geſpielt<lb/> haben. Die Blätter der Linken erzählen nämlich: Beſze ſei bei der Beſtechung<lb/> von Wählern auf der Straße ertappt und durchgebläut, im Schnee herumgewalkt<lb/> und nur auf ſein Flehen durch einen Sicherheits-Commiſſär vor der Volkswuth<lb/> gerettet worden. Der Interpellant fragt nun: „ob der Juſtizminiſter eine ſtrenge<lb/> Unterſuchung anordnen und die Unterſuchungsacten auf den Tiſch des Hauſes<lb/> niederlegen will.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Die geſtern erwähnte Nachricht des „N. W. Tgbl.“ über die Ungültigkeits-<lb/> erklärung altkatholiſch geſchloſſener Ehen in Oeſterreich ſtellt ſich, nach einer von<lb/> andern Wiener Blättern „ſofort an maßgebender Stelle eingezogenen Erkundi-<lb/> gung,“ als eine Erfindung heraus.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 9 Jan.</dateline><lb/> <p>* Die Geneſung des Prinzen von Wales ſchreitet den Umſtänden gemäß<lb/> mit Stetigkeit weiter, ſo daß vor nächſtem Sonnabend keine weiteren Bulletins<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [164/0004]
trag der Commiſſarien: „Die Gehalte für die Dirigenten der königlichen Polizeiver-
waltungen in den Städten Danzig, Stettin, Köln, Magdeburg und Aachen in die
Colonne „„künftig wegfallend““ zu ſetzen,“ wird dann auch angenommen, und
die Regierung aufgefordert auf die möglichſte Einſchränkung der königlichen Polizei-
verwaltungen in dieſen Städten und in Königsberg i. Pr. Bedacht zu nehmen.
Mit der angegebenen Maßgabe werden die Etatspoſten für die Localpolizeiverwaltungen
in den Provinzen bewilligt, und es geſchieht ſchließlich dasſelbe auch mit dem Etat des
Polizeipräſidiums zu Berlin. Die Abgg. Dr. Eberty und Virchow bringen
hier zu ſehr ungünſtiger Stunde (nach 4 Uhr) noch die vielfachen Beſchwerden über die
Mängel der hieſigen Polizei zur Sprache. Während erſterer mehr die gefährdete öffent-
liche Sicherheit, die Sittenpolizei und die Geſundheitspolizei ins Auge faßt, erörtert
Abg. Dr. Virchow eingehend das nachgerade zu einer öffentlichen Calamität gewordene
Verhältniß der hieſigen königl. Polizei zur ſtädtiſchen Behörde, und bringt dabei nach
einander die Straßenpflaſterung, die Verfügung über die Straßen durch Conceſſionen
namentlich zu Pferde-Eiſenbahnen, das Privilegium der Litfaß-Säulen und das der eng-
liſchen Waſſerwerke zur Sprache. In Bezug auf letzteres theilt er aus dem Protokoll der
Generalverſammlung der engliſchen Actionäre den Beſchluß derſelben mit: einen Theil
der bei Erweiterung der Werke neu zu emittirenden Actien zu reſerviren, „um officielle
Perſonen in Berlin für das Unternehmen zu intereſſiren,“ und deducirt daraus daß ein
gewiſſes Mißtrauen der Berliner Bevölkerung gegen die Integrität der Polizei berech-
tigt ſei. Der Miniſter des Innern gibt das letztere höchſtens gegenüber den Nacht-
wächtern zu, welche ſo ſchlecht beſoldet ſeien, daß man allenfalls glauben könnte ſie ſeien
beſtrebt auch auf unerlaubtem Weg ihre Einnahmen zu vermehren; im übrigen nimmt
er die Polizeiverwaltung in Schutz, wenn er auch nicht behaupten will daß dieſelbe ſtets
die rechte Form gegenüber den Stadtbehörden beobachtet habe. Er ſucht die Virchow’-
ſchen Vorwürfe im einzelnen zu widerlegen, und macht dabei einige Mittheilungen die
allerdings überraſchen werden: ſo daß er, der Miniſter, die vom Polizeipräſidenten mit
Hrn. Litfaß vereinbarte Verlängerung deſſen Säulen-Privilegiums als ungeſetzlich für
null und nichtig erklärt hat, und daß die für die Pferde-Eiſenbahnen ertheilte Conceſſion
nur polizeiliche Wirkung habe, zu ihrer ſonſtigen Durchführung aber erheiſche daß die
Unternehmer ſich noch erſt mit der Commune und den ſonſtigen Eigenthümern des
Straßenbodens, auf welchem die Einrichtung hergeſtellt werden ſoll, über die Bedin-
gungen einigten. Die Abgg. Virchow und Eberty reſumirten ihre Ausführungen in
dem Antrage: die Regierung aufzufordern „ſich wegen Uebertragung einzelner Zweige
der Polizeiverwaltung der Stadt Berlin an die Commune mit dem Magiſtrat zu Berlin
ins Einvernehmen zu ſetzen,“ und dieſen Antrag nahm das Haus an. Damit ſchloß die
Sitzung nach 5 Uhr. Nächſte Sitzung Donnerſtag, Vormittags 11 Uhr. Tagesordnung:
Schluß über die geſchäftliche Behandlung der Kreisordnung und Fortſetzung der Budget-
berathung.
→ Berlin, 8 Jan. Es iſt bekannt daß die Ausrüſtung des Evolu-
tionsgeſchwaders mit großer Lebhaftigkeit betrieben ward, auch nachdem die ent-
gegenkommenden Erklärungen der braſiliſchen Regierung hinſichtlich der unlieb-
ſamen Vorfälle mit Rio de Janeiro die Ausſicht auf einen Conflict glücklich beſei-
tigt war. Es war offenbar die Abſicht in den transatlantiſchen Gewäſſern, na-
mentlich auch wohl in Oſtaſien, durch das Erſcheinen eines impoſanten Geſchwa-
ders der neuen Größe des Deutſchen Reiches für Freund und Feind einen hand-
greiflichen Ausdruck zu geben, und zu dem Ende ſcheute man ſich nicht die von den
erſt vor kurzem entlaſſenen Reſerven der Flotten-Stamm-Diviſion Mannſchaften
wieder einzuberufen. Plötzlich heißt es nun: die ganze Expedition ſei aufgegeben
und die Einberufenen würden demnächſt nach Hauſe gehen können. Was der
eigentliche Grund dieſer unvermutheten Wendung ſein kann, iſt noch nicht klar, da
der Reichstag die nöthigen außerordentlichen Mittel für die Expedition um ſo
leichter bewilligt haben würde, als ſie das Marine-Ordinarium keineswegs über-
mäßig vergrößert hätten. Auch iſt kaum anzunehmen daß Furcht vor etwai-
gen neuen Verwicklungen mit Frankreich das Motiv ſei, denn eventuell würde
das Geſchwader ſich doch immer in einen ſichern neutralen Hafen zurückziehen kön-
nen, während wir zu Hauſe mit oder ohne dasſelbe doch weſentlich auf die Küſten-
vertheidigung, einer Flotte wie der franzöſiſchen gegenüber, angewieſen ſind. Wie
dem indeß auch ſei, ſicher iſt daß man der Entwicklung der franzöſiſchen Verhält-
niſſe hier mit aufmerkſamer Sorge zuſieht. Der Neujahrswunſch des Grafen
Arnim war unzweifelhaft aufrichtig gemeint, denn die Fortdauer und Befeſtigung
des Thiers’ſchen Regiments iſt für Deutſchland verhältnißmäßig das günſtigſte,
zumal da Pouyer-Quertier die ehrliche Abſicht hat Frankreichs finanziellen Ver-
pflichtungen nachzukommen; mag auch gerade der Präſident mit den geſteigerten
Ausgaben für Heer und Flotte das Revanche-Fieber nähren, ſo hat er doch wenig-
ſtens ſo viel ſtaatsmänniſchen Sinn um die Verkehrtheit der Einführung der all-
gemeinen Dienſtpflicht in Frankreich, zumal mit einer fünfjährigen Dienſtzeit, ein-
zuſehen, weil die erſtere nur bei ausgebildetem Sinne der Mittelclaſſen für Self-
government durchführbar, welcher unſern Nachbarn fehlt, und weil eine auf dieſer
Grundlage organiſirte Armee mit fünfjähriger Dienſtzeit einen Koſtenaufwand
erfordern würde der die Kräfte Frankreichs weit überſteigen müßte. Auch iſt
Thiers doch zu ſehr Staatsmann, um den Gedanken zu hegen daß Frankreich
ſchon in nächſter Zukunft, und ohne Allianzen, daran denken könnte wieder einen
Kampf mit Deutſchland zu wagen. Anders freilich würden ſich die Sachen ſtellen
wenn Thiers’ Regiment geſtürzt und ſein Nachfolger getrieben würde eine
Diverſion nach außen zu ſuchen, um ſich zu halten. Indeß für ſehr drohend ver-
mag ich doch auch in dieſem Falle die Gefährdung des Friedens nicht zu halten.
Gambetta trägt unſtreitig ſehr dazu bei den Boden zu unterwühlen, und es jedem an-
dern Regiment ſchwer zu machen ſich zu halten; aber die Ausſicht ans Ruder zu kom-
men iſt für ihn vorläufig noch gering. Die Monarchiſten haben die ungeheure Mehr-
heit des Landes hinter ſich, aber ſie ſind in drei Parteien geſpalten. Die Legitimi-
ſten haben durch Reichthum und Verbindungen bedeutende Macht, welche in der
bedeutenden Zahl ihrer Vertreter in der Nationalverſammlung wie in den General-
räthen Ausdruck findet; auch hat ſich der einzige bedeutendere General welchen der
Krieg hervorgebracht, Chanzy, zu ihnen geſchlagen; aber der Eigenſinn Chambords,
der an der unmöglichen weißen Fahne feſthält und jede Fuſion zurückweist, legt ihnen
eine nothgedrungene Enthaltſamkeit auf. Die Orleaniſten ihrerſeits ſind, ſolange
die Fuſion unmöglich, zu wenig zahlreich, um aus eigener Kraft nach der Staats-
gewalt zu greifen. Ich glaube nicht zu irren wenn ich annehme daß Thiers am
meiſten die Bonapartiſten fürchtet; dafür ſpricht ſchon die ängſtliche Ueberwachung
derſelben; ihr Anhang ſteigt in Paris, wo die Bourgeoiſie aus Furcht vor der
Anarchie nach einer ſtarken Regierung ſeufzt; auf dem Lande, wo der Bauer ſich
nach der Proſperität des Kaiſerthums zurückſehnt; in der Armee, welche die Aus-
wetzung ihrer Scharten unter einem militäriſchen Regiment hofft; vor allem aber
im Klerus. Derſelbe iſt klug genug einzuſehen daß die Legitimiſten mit Chambords
Grundſätzen keine Ausſicht haben wieder ans Ruder zu kommen, daß ſie aber im
Falle der Fuſion zu viel liberales Blut von den orleaniſtiſchen Elementen empfan-
gen würden um den Intereſſen des Ultramontanismus dienen zu können. Der
Bonapartismus dagegen würde, wie 1850, weſentlich darauf angewieſen ſein ſich
den Intereſſen des Klerus dienſtbar zu zeigen, um ſo mehr als er in der Kaiſerin,
die zunächſt als Regentin in Frage käme, ein ebenſo ergebenes als entſchloſſenes
Werkzeug finden würde. Es kann daher nicht überraſchen wenn kürzlich einer der
franzöſiſchen Kirchenfürſten gegen einen deutſchen General äußerte: „C’est la
femme qu’il nous faut!“ Von der Realiſirung keiner dieſer Combinationen aber
läßt ſich der Wahnſinn einen Krieg mit Deutſchland vom Zaune zu brechen ſo leicht
erwarten. Frankreich kann nur auf einen Verbündeten der Zukunft hoffen, näm-
lich Rußland; nur wenn eine Verwicklung im Orient dieſes bewegt die Initiative
zu ergreifen und Deutſchland nöthigt Oeſterreichs Partie zu nehmen, kann Frank-
reich hoffen uns mit Erfolg in den Rücken zu fallen. Aber zu ſolcher Verwicklung
iſt augenblicklich noch nicht der leiſeſte Anlaß zu erſpähen, und daß wir auch, wenn
ſie einträte, ihr leicht die Spitze bieten würden, brauche ich nicht auszuführen.
(—) Berlin, 9 Jan. In unſern conſervativen Kreiſen wächst die Unzu-
friedenheit über den Cultusminiſter v. Mühler. Zu den vielen Vorwürfen mit denen
dieſer Miniſter von ſeinen alten politiſchen Freunden bereits überſchüttet worden iſt,
tritt jetzt auch der einer Rückſichtsloſigkeit gegen den evangeliſchen Oberkirchenrath.
Dieſe Rückſichtsloſigkeit findet man darin daß jene kirchliche Oberbehörde bei den
Vorberathungen über das Schulaufſichtsgeſetz nicht hinzugezogen worden iſt. Das
Factum iſt allerdings unbeſtreitbar, und ebenſowenig kann beſtritten werden daß
der Oberkirchenrath ſelbſt über dieſe Vernachläſſigung Beſchwerde erhoben hat.
Ohne Zweifel würde eine ſolche Beſchwerde nicht geführt worden ſein wenn nicht
der Oberkirchenrath ſich dazu berechtigt hielte, und dieſes Recht erblickt er in der
früher gehandhabten Praxis. Wenn dieſe Praxis jetzt eine Aenderung erfahren
hat, und dieſe Aenderung von der „N. A. Z.“ mit dem Bemerken begründet wird:
daß der evangeliſche Oberkirchenrath nur einen Theil der evangeliſchen Bevölkerung
in Preußen vertrete, und daß mit demſelben Grunde nicht nur die katholiſchen
Biſchöfe, ſondern auch die durch den Oberkirchenrath nicht vertretenen Evange-
liſchen ihre Zuratheziehung bei ſolchen und ähnlichen Vorlagen fordern könnten,
ſo iſt das allerdings ein guter Grund, der aber freilich nicht recht zu den preußi-
ſchen Ueberlieferungen paßt. Lieber hätte man daher die volle Wahrheit offen
einräumen und zugeſtehen ſollen: daß es der entſchiedene Wille, wenn auch nicht
des Cultusminiſters, ſo doch des Miniſterpräſidenten und des Geſammtminiſte-
riums iſt auch auf dieſem Gebiete mit den alten Traditionen Preußens von
Grund aus zu brechen. Mithin richten unſere Conſervativen ihre Anklage an eine
ganz falſche Adreſſe, wenn ſie für dieſe Neuerung durchaus den Hrn. v. Mühler
verantwortlich machen. Dieſer iſt nichts weiter als der Vollſtrecker eines fremden
Willens. — Heute hatte der neue ruſſiſche Militärbevollmächtigte, Artilleriehaupt-
mann Daller, die erſte Audienz beim Kaiſer. Nachmittags ſtattete Fürſt Bis-
marck dem Kronprinzen einen längern Beſuch ab.
Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie.
* Aus Oeſterreich, 10 Jan. Am meiſten von ſich reden macht im
Augenblick die angebliche Spaltung innerhalb der deutſchen Partei des Abgeord-
netenhauſes, welche übrigens von den Betheiligten ſelbſt aufs entſchiedenſte in Ab-
rede geſtellt und „als muthwillige Combination“ bezeichnet wird. Insbeſondere
ſei kein wahres Wort an dem was das „Wiener Tagbl.“ zu erzählen wiſſe: daß
nämlich ungefähr 40 zur Verfaſſungspartei zählende Abgeordnete, welche die gali-
ziſche Angelegenheit um jeden Preis zum Abſchluß bringen wollen, ſich mit dem
Gedanken tragen, falls nicht fünf ihrer Geſinnungsgenoſſen in den Vierundzwan-
ziger-Ausſchuß für Behandlung der galiziſchen Reſolution Aufnahme finden ſoll-
ten, mit den galiziſchen Abgeordneten ſich zu verbinden. — Die Adreß-Commiſſion
des Herrenhauſes, welche geſtern ihre Berathung über den Auersperg’ſchen Ent-
wurf begonnen, dürfte dieſelbe heute beenden. Die Discuſſion war, abweichend
von dem Verlauf in früheren Jahren, wie die „N. Fr. Pr.“ hört, ungleich leb-
hafter, und es ſcheint daß der Entwurf des Referenten in der Commiſſion einige
nicht unweſentliche Aenderungen erfahren hat. Die föderaliſtiſch geſinnten Com-
miſſionsmitglieder ſtellen keine Gegenanträge, ſondern begnügen ſich mit der Ab-
wehr der prononcirt verfaſſungstreuen und dem Miniſterium vertrauensvoll zuge-
wendeten Ideen des Adreßentwurfs. Die Adreßdebatte im Herrenhauſe ſelbſt
dürfte Mitte nächſter Woche ſtattfinden, da das Abgeordnetenhaus dabei den Vor-
tritt haben ſoll, und in dieſem zwar die Adreſſe auf der Tagesordnung der für
Samſtag einberufenen Sitzung ſteht, indeſſen wohl erſt am Montag zur Verhandlung
kommen und eine mehrtägige Debatte in Anſpruch nehmen wird.
In den Gang der croatiſchen Verhandlungen ſcheint nun Deak mit eigener
Hand eingreifen zu wollen; er hatte geſtern in Peſt eine lange Conferenz mit dem
croatiſchen Miniſter und dem Ban. Zu gleicher Zeit fand ein Miniſterrath in
derſelben Angelegenheit ſtatt, und man erwartet zwiſchen heut und morgen wichtige,
Croatien betreffende Entſcheidungen. — Die geſtrige Sitzung des ungariſchen
Abgeordnetenhauſes wurde mit einer recht gemüthlichen Interpellation eröffnet.
Der vom Wiener Schützenfeſt 1868 her als „Volksredner“ noch wohlbekannte
Johann Beſze, welcher kürzlich zum Präſidenten des Finanzobergerichts ernannt
worden iſt, ſoll bei der Ujhelyer Deputirtenwahl eine ſonderbare Rolle geſpielt
haben. Die Blätter der Linken erzählen nämlich: Beſze ſei bei der Beſtechung
von Wählern auf der Straße ertappt und durchgebläut, im Schnee herumgewalkt
und nur auf ſein Flehen durch einen Sicherheits-Commiſſär vor der Volkswuth
gerettet worden. Der Interpellant fragt nun: „ob der Juſtizminiſter eine ſtrenge
Unterſuchung anordnen und die Unterſuchungsacten auf den Tiſch des Hauſes
niederlegen will.“
Die geſtern erwähnte Nachricht des „N. W. Tgbl.“ über die Ungültigkeits-
erklärung altkatholiſch geſchloſſener Ehen in Oeſterreich ſtellt ſich, nach einer von
andern Wiener Blättern „ſofort an maßgebender Stelle eingezogenen Erkundi-
gung,“ als eine Erfindung heraus.
Großbritannien.
London, 9 Jan.
* Die Geneſung des Prinzen von Wales ſchreitet den Umſtänden gemäß
mit Stetigkeit weiter, ſo daß vor nächſtem Sonnabend keine weiteren Bulletins
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |