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Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 12. Januar 1924.

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Samstag, den 12. Januar 1924. Allgemeine Zeitung. Nr. 11
[Spaltenumbruch]
Wirtschafts-Zeitung.
[Spaltenumbruch]
Goldmarkwechsel.

Vorschläge des deutschen Großhandels.

Zu einem vom Reichsjustizministerium aus-
gearbeiteten Entwurf eines Gesetzes über
Goldmarkwechsel und -scheck&sr;
hat der Zentralverband des Deut-
schen Großhandel&sr
; folgendermaßen
Stellung genommen:

Der Gesetzentwurf sieht Goldmarkwechsel
und -schecks vor, die zum Kurs des Zah-
lungstages in Papiermark oder Rentenmark
zu zahlen sind. Dazu nimmt die Reichsbank
bislang durch die Erklärung Stellung, daß sie
solche Goldmarkwechsel nicht diskon-
tieren
werde, weil es ihr an der Gegen-
deckung
fehle, und aus gleichem Grunde
lehnen die Privatbanken die Schaffung solcher
Goldmarkschecks ab.

Wir sind trotzdem der Auffassung, daß die
Rechtsgrundlage für Goldmarkschecks und
-wechsel in der vorgesehenen Weise geschaf-
fen werden muß. Nachdem sich der ganze
Verkehr auf die Goldmarkrechnung bei Zah-
lung in schwankender Währung zum Kurs
des Zahlungstages hat umstellen müssen, ist
das Fehlen von Goldmarkgirogeld ein schwe-
rer wirtschaftlicher Mangel.

Wenn auch der Goldmarkwechsel erst volle
Bedeutung durch die Diskontbereitschaft der
Reichsbank erlangen wird, so bleibt auch ohne
das für den Goldmarkwechsel eine viel-
seitige Verwendbarkeit
. Die Beden-
ken der Reichsbank werden außerdem leich-
ter zu zerstreuen sein, wenn im Freiverkehr
gewisse Erleichterungen gesammelt worden
sind.

Desgleichen werden sich trotz der ableh-
nenden Haltung der Großbanken Banken fin-
den lassen, denen der kleinere Geschäfts-
umfang eine weitgehende Anpassung an die
wirtschaftlichen Erfordernisse von Handel und
Industrie gestattet, und die auch bereit sein
werden. Scheckkonten auf Goldmarkbasis zu
eröffnen wenn es ihnen möglich ist, durch
Hereinnahme von Goldmarkwechseln und Ge-
währung anderer Kredite auf Goldmarkbasis
sich die nötige Deckung für die Scheckgut-
haben zu verschaffen.

Gegen den zweiten Abschnitt des Gesetz-
entwurfes haben wir größere Beden-
ken
. Zunächst sieht der § 4 vor, daß Wechsel
oder Schecks entweder auf eine Goldmark-
note der Reichsbank oder einer Privatnoten-
bank lauten können. Da die Goldnoten nicht
in Gold, sondern vermutlich in Auszahlung
Neuyork einlösbar sein werden und die grö-
ßere oder geringere Gewißheit dieser Ein-
lösung den Goldnoten ein geringeres oder
größeres Disagio geben wird, ist nicht ein-
zusehen, aus welchem Grunde die Wechsel-
summe nicht direkt in Auszahlung Neuyork
zahlbar sein soll.

Der vorgeschlagene Absatz 2 § 4 verstärkt
diese Bedenken wesentlich durch die Bestim-
mung, daß der Artikel 37 der Wechselordnung
auf die Goldmarknotenwechsel Anwendung
finden soll. Danach würde ein solcher Wech-
sel entweder in Reichswährung zum Kurs des
Verfalltages (nicht Zahlungstages) oder in
Goldmarknoten zahlbar sein, falls der Wech-
sel die Effektenklausel enthält. Der Waren-
kaufmann darf durch eine solche Vielgestal-
tigkeit des Wechselrechtes nicht verwirrt
werden. Danach würden wir vorschla-
gen
, den Gesetzestext etwa wie folgt zu
fassen:

§ 1. Wechsel können in der Weise aus-
gestellt werden, daß die zu zahlende Geld-
summe in Goldmark ausgedrückt wird
(Goldmarkwechsel). Als Goldmark gilt der
Wert von des nordamerikanischen Dol-
lars. In gleicher Weise können über Gut-
haben bei Banken, die in der in Abs. 1 be-
zeichneten Rechnungseinheit geführt werden
(Goldmarkkonten), durch Uebertragung auf
ein anderes Goldmarkkonto oder durch Scheck
(Goldmarkscheck) verfügt werden.

§ 2. Zahlungen auf Goldmarkwechsel und
-schecks sowie Auszahlungen von Goldmark-
guthaben haben in Reichswährung zu
erfolgen. Der Aussteller kann durch einen
entsprechenden Zusatz Zahlung in Renten-
mark bestimmen. Für die Umrechnung in
Reichswährung oder Rentenmark ist der Tag
der Zahlung maßgebend.

§ 3. Lautet das Akzept eines Goldmark-
wechsels anders als auf Goldmark, so wird
der Wechsel einem solchen gleichgeachtet,
dessen Annahme gänzlich verweigert worden
ist: der Akzeptant haftet nach dem Inhalt
seines Akzeptes wechselmäßig.

§ 4. Enthalten Wechsel oder Schecks der
im § 1 bezeichneten Art das Wort "Effek-
tiv
" oder einen ähnlichen Zusatz, so ist die
zu zahlende Geldsumme in Auszahlung
Neuyork
zu leisten. In gleicher Weise kann
für ein Goldmarkkonto die Effektivklausel ver-
einbart werden.

§ 5. Die Reichsregierung wird ermäch-
tigt
, mit Zustimmung des Reichsrates die
zur Durchführung dieses Gesetzes erforder-
lichen Rechtsverordnungen und allgemeinen
Verwaltungsvorschriften zu erlassen.

Wenn nunmehr durch das vorstehende Ge-
setz Goldmarkwechsel und Goldmarkschecks
geschaffen sind, so erscheint uns wünschens-
wert, durch einen Zusatz im Gesetz auch die
Möglichkeit zu schaffen, daß Schuldver-
sprechen
nach § 780 BGB., das Schuld-
anerkenntnis § 781 BGB, die Anweisung nach
§ 783 BGB, und die kaufmännischen Anwei-
sungen nach § 363 HGB. auf Gold gestellt
werden können.



Bankwesen.
Aenderung der Bedingungen bei den Dar-
lehenskassen.

Die Darlehensbedingungen der
Darlehenskassen des Reiches sind wie folgt
[Spaltenumbruch] geändert: Es lauten in Zukunft: § 1: Dar-
lehen in Beträgen von weniger als 100 Billi-
onen Mark werden in der Regel nicht erteilt.
§ 5, Abs. 2, Satz 2: Auf jeden Pfandschein
sind während der gesamten Dauer seines Be-
stehens mindestens 5 Billionen Mark Zinsen
zu zahlen. § 6: Entnahmen und Teilrück-
zahlungen sind nur in durch 10 Billionen Mark
teilbaren Beträgen statthaft.

Darmstädter und Nationalbank, Kommandit-
gesellschaft auf Aktien in Berlin.

An der Ber-
liner Börse war das Gerücht verbreitet, daß
die Darmstädter und Nationalbank größere
skandinavische Kredite erhalten
werde. Daraufhin trat nicht nur in den Ak-
tien dieses Institutes, sondern am Banken-
markte überhaupt, eine bemerkenswerte Stei-
gerung der Kurse ein. Der "Deutsche Han-
delsdienst" ist zu der Mitteilung ermächtigt,
daß das Gerücht in keiner Weise zu-
trifft. Es sind seitens der Darmstädter und
Nationalbank keinerlei Verhandlungen über
Kredite mit ausländischen Finanzgruppen ge-
führt worden.



Die Wirtschaftslage
im Ruhrgebiet.

Bei der allgemeinen Unklarheit über
die wirtschaftlichen Verhältnisse an der
Ruhr dürften die nachfolgenden Aus-
führungen ganz wertvolle Aufklärung
bringen.
Die Handelsschriftltg. d. "Allg. Ztg."

Der "Deutsche Handelsdienst" er-
fährt von gut unterrichteter Seite über die
Wirtschaftslage im Ruhrgebiet folgendes:

Maßgebend für die augenblickliche Ent-
wicklung sind in erster Linie die starken Ver-
pflichtungen, die sich für die gesamte In-
dustrie aus dem Micumvertrag gegen-
über Frankreich ergeben. Es dürfte eher zu
niedrig gegriffen sein, wenn man die Kosten,
die auf Abgaben für Reparationen und
Kohlensteuer an Frankreich entfallen, mit
10 Goldmark für die Tonne einsetzt.

Unter diesen Umständen decken die jetzigen
Verkaufspreise für Kohlen kaum die Ge-
stehungskosten
. Die Industrie hat die
schweren Verpflichtungen auch nur deshalb
auf sich genommen, um dem Reiche die
enormen Kosten für die Erwerbslosenfürsorge
abzunehmen und um ihrer Arbeiterschaft
einen Beweis ihres guten Willens zu geben.
Als Erfolg dieser Politik ist ohne weiteres
festzustellen, daß sich im Straßenbilde der
größeren Industriestädte im Ruhrgebiet eine
wesentliche Aenderung vollzogen hat.

Während man noch vor 6 Wochen täglich
große Demonstrationszüge der Erwerbslosen
sehen konnte, bieten jetzt die Städte ein voll-
kommen ruhiges Bild. Die Produktion des
Ruhrgebietes ist im allgemeinen viel schlechter
als man glaubt. Es wird zwar von einzelnen
Zechen berichtet, daß die Leistung ihrer Ar-
beiter die Friedensleistung erreicht hat. Bei
vielen Zechen kann man dies erst von etwa
60 Prozent der Arbeiterschaft behaupten.

Wenn man also sagen kann, daß der Ertrag
der Förderung der Kohlenzechen einiger-
maßen befriedigend ist, so ist besonders die
Lage der weiterverarbeitenden Industrie noch
recht trostlos, da insbesondere diese dringend
Kredite braucht, um ihre Betriebe wieder in
Gang setzen zu können. Im Inland ist es
augenblicklich fast unmöglich Kredite zu er-
halten, höchstens zu einem Satz von 1 Prozent
täglich, was natürlich für Werke, die zunächst
gar keinen Gewinn abwerfen, nicht zu
tragen ist.

Es ist deshalb dringend notwendig, beson-
ders für die kleine und mittlere Industrie,
baldigst Hilfe durch große Auslandskredite zu
schaffen. Eine merkliche Veränderung ist
auch in der Stimmung gegenüber dem franzö-
sischen Gelde festzustellen. Während noch
vor einiger Zeit der französische Franken
stark gesucht war, ist es jetzt so, daß man
die Leute bemitleidet, die ihre Löhne in fran-
zösischen Franken beziehen.

Benutzt wird der Franken eigentlich nur
noch zu Einkäufen bei den französischen
Lebensmittelverkaufsstellen, wo man auf
Kosten der französischen Volkswirtschaft ver-
hältnismäßig billige Waren erhalten kann,
und bei Fahrten mit der Regiebahn.

Infolgedessen ist auch die Zahl der Leute,
die bei den Franzosen um Arbeit nachsuchen.
sehr zurückgegangen. Zusammenfassend kann
gesagt werden, daß, wenn der Micumvertrag
mit seinen großen Härten für die Dauer in
Kraft bleibt, eine Aufrechterhaltung der Pro-
duktion nicht möglich sein wird. Insbesondere
kann auch von einer nennenswerten Ausfuhr
infolge der Unterbietung durch französische
und belgische Industrieerzeugnisse keine Rede
sein, wenn auch das Ausland, z. B. Holland.
Schweden und Norwegen, zum Ausdruck
brachte daß es gerne wieder deutsche Er-
zeugnisse kaufen würde.



Stinnes zur Reparationsfrage

Hugo Stinnes entwickelte in Mülheim
a. d. R. in einer Unterredung mit dem Sonder-
berichterstatter des "Journal des Debats" den
Plan der Begleichung der Repara-
tionen durch Sachleistungen
und
seine Auffassung über die künftigen
deutsch-französischen Beziehungen: Durch
die Verträge mit der Micum würden die Ruhr-
industriellen mit einer Schuld belastet, die das
Reich als Ganzes einzulösen habe.

Die Ruhrindustriellen hätten nicht die Mög-
lichkeit, an Stelle des Reiches die Repara-
tionen zu zahlen. Sie fänden bei keinem Geld-
geber Kredit, weil die Grenzen des Staates,
zu dem sie gehörten, nicht sicher seien. Bis
[Spaltenumbruch] zum 15. April 1924 müsse ein ehrliches und zu-
verlässiges Abkommen zustande kommen, das
der Wirklichkeit Rechnung trage, sonst müß-
ten die Ruhrbetriebe die Arbeit einstellen.
Deutschland könne nicht an Frankreich un-
mäßig große Summen zahlen. Die tatsächliche
Möglichkeit liege in der Begleichung durch
Sachlieferungen. Man müsse die Leistungs-
fähigkeit Deutschlands und die Aufnahme-
möglichkeit der empfangenden Länder fest-
stellen.

Er rate, daß die Regierungen zunächst unter
sich den Betrag der Leistungen in Annuitä-
ten
festsetzen. Diese Ziffern seien in Gold
festzusetzen und die verlangten Annuitäten
durch 20--30jährige Verträge zwischen den
Industriellen der Länder zu decken. Die Liefe-
rungen seien den deutschen Industriellen von
der Reichsregierung zu bezahlen. Die Sach-
lieferungen würden an die Industriellen
Frankreichs usw. gehen, die einen entspre-
chenden Teil an ihre Regierungen abzuführen
hätten.

Diese Beträge müßten in ein Sonderbudget
für die Reparationen geführt werden. Darüber
hinaus könnten noch gewisse Steuern zu Re-
parationen Verwendung finden. Er sei der
Ueberzeugung, sobald Deutschland und Frank-
reich untereinander einig vor Amerika hin-
treten, wird es zwischen Amerika und Frank-
reich oder zwischen Deutschland und Amerika
keine anderen Schwierigkeiten zu beseitigen
geben.

Die Zeit dränge: man werde die Wahl
haben zwischen der Beendigung des gegen-
wärtigen Zustandes durch neue Kriege und
neue Ruinen oder wie seine Bemühungen be-
zweckten, durch ein zuverlässiges Abkommen
zwischen zwei Ländern, die nicht immer und
ewig Feinde bleiben können.



Industrie und Wirtschaft.
Zum neuen Schlichtungsverfahren.

Es be-
steht Veranlassung, nochmals auf folgendes
hinzuweisen: Ab 1. Januar sind für sogenannte
Gesamtstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhält-
nis nur mehr die neuen Schlichtungs-
ausschüsse
bzw. der Landesschlichter zu-
ständig.

Für Einzelstreitigkeiten aus dem Arbeits-
verhältnis, insbesondere für Streitigkeiten aus
dem Betriebsrätegesetz, sind die Arbeits-
gerichte
zuständig. Als Arbeitsgerichte
gelten die Kaufmannsgerichte, die Gewerbe-
gerichte, die arbeitsgerichtlichen Kammern
der Schlichtungsausschüsse und die abge-
zweigten Arbeitsgerichte der Schlichtungsaus-
schüsse.

Alle am 1. Januar bei den bisher zustän-
digen Stellen noch nicht erledigten
Einzelstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis
und Streitigkeiten aus dem Betriebsrätegesetz
müssen bis spätestens 14. Januar bei
den ab 1. Januar zuständigen Stellen als neue
Verfahren
anhängig gemacht werden.

Zuständig sind als Arbeitsgerichte: 1. bei
Streitfällen, in denen auf Arbeitnehmerseite
nur Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge
beteiligt sind, die Kaufmannsgerichte;
2. bei Streitigkeiten, in denen Arbeitnehmer
beteiligt sind, die sonst den Berggewerbe-
gerichten unterstehen, die Berggewerbe-
gerichte
; 3. in allen übrigen Fällen, soweit
Gewerbegerichte bestehen, innerhalb deren
zuständiger Bezirk die Gewerbege-
gerichte
; 4. soweit keine Kaufmanns-,
Berggewerbe- und Gewerbegerichte bestehen,
die abgezweigten Arbeitsgerichts-
kammern der Schlichtungsaus-
schüsse
, und 5. soweit auch keine abge-
zweigten Arbeitsgerichtskammern bestehen.
die arbeitsgerichtlichen Kammern
bei den Schlichtungsausschüssen
.
Die letzteren werden, soweit sie notwendig
sind baldmöglichst gebildet werden.

Neuer Zusammenschluß in der Blattmetall-
industrie.

Die Firmen H. Rosenhaupt und
Köhler & Co. in Fürth i. Bay. haben sich
zusammengeschlossen. Die neue Firma, die
Werke in Vorra an der Pegnitz und
Hirschbach in der Oberpfalz betreibt.
lautet: H. Rosenhaupt, Köhler & Co. in Fürth
in Bayern.

* Großkraftwerk Mannheim A.-G.

Wie die
Verwaltung mitteilt, hat die Zulassungsstelle
der Berliner Börse die Kundmachung der
Großkraftwerk Mannheim A--G. genehmigt,
so daß nunmehr damit gerechnet werden
könne, daß Kohlenwertanleihe und
Vorzugsaktien der Gesellschaft bereits
in den nächsten Tagen zur amtlichen No-
tierung
gelangten. Das Großkraftwerk
Mannheim A--G. sei bereits seit Anfang Sep-
tember vor, Jahres teilweise in Betrieb. Die
bisherigen Ergebnisse entsprächen den Erwar-
tungen: in den ersten vier Monaten seien be-
reits 15 000 000 Kilowattstunden trotz der zur-
zeit sehr ungünstigen Wirtschaftslage ver-
kauft worden.

Die Goldmarkkonditionen der Damenwäsche-
Industrie.

Der Verband Deutscher Damen-
wäsche-Fabrikanten E. V., der Verband
Deutscher Schürzen-, Unterrock- und Kinder-
kleider-Fabrikanten E. V., der Verband kon-
fektionierter Weißwaren. Rüschen. Kinderhüte
und verwandter Artikel E. V. und der Zentral-
verband deutscher Korsett-Großfabrikanten
E. V. haben laut "Konfektionär" ihre Zahlungs-
bedingungen zum 1. Januar 1924 geändert.
wobei den Wünschen der Abnehmerschaft in
verschiedenen Punkten Rechnung getragen
worden ist. Danach erfolgt Preisstellung und
Berechnung in Goldmark (gleich Dollar)
oder in Dollar. Das Zahlungsziel beträgt
14 Tage. Zahlung hat, soweit gesetzlich zu-
lässig, in hochwertigen Devisen oder aber in

[Spaltenumbruch]

Wirtschaftszahlen.
11. Januar.
Dollar (amtl. Mittelkurs):
4,2 Billionen
Dollarschätze: 4,2 Billionen.
Goldanleihe: 4,2 Billionen.
Reichsbankdiskont: (t. wertbest. Kred.) 10 Pro-
zent.
Reichsindex für die Lebenshaltung: 1130 mil-
liardenfach (7. Jan.).
Goldankaufspreis: 640 Dollar für 1 Kilo fein.
1 Goldmark: 1 Billion Papiermark.
Goldumrechnungssatz für die Reichssteuern,
Zölle und Reichsbahn: 1 Billion.
Silberankaufsprefs: 400 milliardenfach.
Großhandelsindex: 119,7
(8. Januar).


solchen deutschen Zahlungsmitteln, welche die
Reichsbank jeweils annimmt, zu erfolgen.
Treten in den Währungsverhältnissen wesent-
liche Veränderungen ein, so bleibt dem Ver-
käufer Gutschrift bzw. Umrechnung der
Zahlung auf Dollar in derjenigen Höhe vor-
behalten, welche der Verband des Verkäufers
und im Streitfalle die von Industrie, Groß-
und Einzelhandel gebildete Kartelleinigungs-
stelle bzw. deren Schiedskommission festsetzt.

Deutsche Wertpapiere im Elsaß.

Im Elsaß
befinden sich nach der "Basl. Nationalztg."
noch für etwa 700 M. Mill. deutsche Wert-
papiere, deren Besitzer (Einzelpersonen. Wai-
senhäuser. Kirchenkassen) durch den Sturz
der Mark in finanzielle Bedrängnis gebracht
wurden. Da seinerzeit Banknoten, Sparkas-
senguthaben und Bargeld valorisiert wurden,
so hoffen die Inhaber der Markpapiere, von
denen viele ihr ganzes erspartes Vermögen
verloren haben, immer noch auf die Möglich-
keit, für ihre Markwerte Franken zu erhalten.
Eine neu gegründete Genossenschaft
der Inhaber deutscher Wertpa-
piere
hat ein Projekt ausgearbeitet, nach
welchem die Valorisation im Laufe von 40
Jahren durchgeführt werden soll. Jedes Mit-
glied hat jährlich für jeden Titel von 1000 M.
2 Franken Beitrag zu entrichten. Die so er-
haltene Summe soll mit 18 Mill. Franken
Staatszuschuß dazu dienen, jährlich deutsche
Wertpapiere auszulosen. Aeltere und bedürf-
tige Personen sollen sofort Renten erhalten.
Die Verwirklichung dieses Planes hängt ganz
davon ab, ob der Staat den in Rechnung ge-
setzten Zuschuß leisten wird. Dies ist aber
sehr fraglieh, da auch die französischen Be-
sitzer russischer Wertpapiere mit ähnlichen
Vorschlägen an die Kammer herantreten
wollen.

Personalien.

Herr Konsul Max Wein-
mann
, der wie wir bereits berichteten, den
seit Gründung innegehabten Vorsitz des
Zentralverbandes des Deutschen
Großhandels, Gruppe Bayern
, nie-
dergelegt hat, wurde auf Grund Beschlusses
des Vorstands und Gesamtausschusses zum
Ehrenvorsitzenden gewählt.



Steuerfragen.
Steuern und Goldmarkbilanz.

Ueber dieses
jetzt besonders aktuelle Thema lesen wir in
der "Korrespondenz der Deutschen Juristen-
zeitung": Es ist klar, daß die Umstellung der
Steuern auch eine Umgestaltung der
Bilanzen
für das kaufmännische Leben zur
Folge haben muß. Was bisher das Verlangen
der Wirtschaftskreise nicht erreichte und auf
mannigfache Schwierigkeiten stieß, wurde
möglich, als die Finanzgesetzgebung Ver-
mögen und Einkommen auf Goldbasis be-
steuern mußte.

Die Verordnung über die Goldmarkbilanz
verpflichtet alle Firmen, die mit dem Kalender-
jahr ihr Geschäftsjahr schließen, auf diesen
Tag eine neue Eröffnungsbilanz zu
errichten. Endet dieses später, so ist der dem
Schluß des Geschäftsjahres folgende Tag
maßgebend. Es wird ein Strich unter die
Vergangenheit gemacht. Die verworrenen
Bilanzen mit ihrem Gemenge von Bewer-
tungen aus den verschiedensten Zeiten sind
nicht mehr ins Reine zu bringen. Die Bilanz-
kontinuität muß geopfert werden. Es ist so,
als beginnen alle Geschäfte jetzt erst. Die
Aktiven sind zu ihrem wirklichen Werte auf
Goldmarkbasis aufzunehmen.

Kommen stille Reserven zum Vorschein, so
darf hieraus keine Steuerpflicht folgen. Ihr
Hervorholen wird nicht selten nötig sein. Die
Papierwerte verschwinden. Jetzt erst werden
wir sehen, wie die Deutsche Juristenzeitung
in ihrer Betrachtung hierüber sagt, was
Deutschland an Kapitalvermögen eingebüßt
hat. Dieses Verfahren macht für die AG.
und G. m. b. H. eine Befreiung von den Bilanz-
beschränkungen nötig. Es darf auch über den
Gestellungspreis gegangen werden. Eine nicht
gefahrlose, wenn vielleicht nicht ganz ver-
meidbare Konzession.

Auf der anderen Seite ist das Aktien-
kapital
je nach der Zeit der Einzahlung
in Goldmarkumzurechnen. Es redu-
ziert sich hiernach von selbst. Mit ihm die
Aktiven Das zwingt auch zu einer Aufhebung
der Bestimmung über deren Mindestbeträge.



[irrelevantes Material]
Samstag, den 12. Januar 1924. Allgemeine Zeitung. Nr. 11
[Spaltenumbruch]
Wirtschafts-Zeitung.
[Spaltenumbruch]
Goldmarkwechsel.

Vorschläge des deutschen Großhandels.

Zu einem vom Reichsjustizministerium aus-
gearbeiteten Entwurf eines Gesetzes über
Goldmarkwechsel und -scheck&ſr;
hat der Zentralverband des Deut-
schen Großhandel&ſr
; folgendermaßen
Stellung genommen:

Der Gesetzentwurf sieht Goldmarkwechsel
und -schecks vor, die zum Kurs des Zah-
lungstages in Papiermark oder Rentenmark
zu zahlen sind. Dazu nimmt die Reichsbank
bislang durch die Erklärung Stellung, daß sie
solche Goldmarkwechsel nicht diskon-
tieren
werde, weil es ihr an der Gegen-
deckung
fehle, und aus gleichem Grunde
lehnen die Privatbanken die Schaffung solcher
Goldmarkschecks ab.

Wir sind trotzdem der Auffassung, daß die
Rechtsgrundlage für Goldmarkschecks und
-wechsel in der vorgesehenen Weise geschaf-
fen werden muß. Nachdem sich der ganze
Verkehr auf die Goldmarkrechnung bei Zah-
lung in schwankender Währung zum Kurs
des Zahlungstages hat umstellen müssen, ist
das Fehlen von Goldmarkgirogeld ein schwe-
rer wirtschaftlicher Mangel.

Wenn auch der Goldmarkwechsel erst volle
Bedeutung durch die Diskontbereitschaft der
Reichsbank erlangen wird, so bleibt auch ohne
das für den Goldmarkwechsel eine viel-
seitige Verwendbarkeit
. Die Beden-
ken der Reichsbank werden außerdem leich-
ter zu zerstreuen sein, wenn im Freiverkehr
gewisse Erleichterungen gesammelt worden
sind.

Desgleichen werden sich trotz der ableh-
nenden Haltung der Großbanken Banken fin-
den lassen, denen der kleinere Geschäfts-
umfang eine weitgehende Anpassung an die
wirtschaftlichen Erfordernisse von Handel und
Industrie gestattet, und die auch bereit sein
werden. Scheckkonten auf Goldmarkbasis zu
eröffnen wenn es ihnen möglich ist, durch
Hereinnahme von Goldmarkwechseln und Ge-
währung anderer Kredite auf Goldmarkbasis
sich die nötige Deckung für die Scheckgut-
haben zu verschaffen.

Gegen den zweiten Abschnitt des Gesetz-
entwurfes haben wir größere Beden-
ken
. Zunächst sieht der § 4 vor, daß Wechsel
oder Schecks entweder auf eine Goldmark-
note der Reichsbank oder einer Privatnoten-
bank lauten können. Da die Goldnoten nicht
in Gold, sondern vermutlich in Auszahlung
Neuyork einlösbar sein werden und die grö-
ßere oder geringere Gewißheit dieser Ein-
lösung den Goldnoten ein geringeres oder
größeres Disagio geben wird, ist nicht ein-
zusehen, aus welchem Grunde die Wechsel-
summe nicht direkt in Auszahlung Neuyork
zahlbar sein soll.

Der vorgeschlagene Absatz 2 § 4 verstärkt
diese Bedenken wesentlich durch die Bestim-
mung, daß der Artikel 37 der Wechselordnung
auf die Goldmarknotenwechsel Anwendung
finden soll. Danach würde ein solcher Wech-
sel entweder in Reichswährung zum Kurs des
Verfalltages (nicht Zahlungstages) oder in
Goldmarknoten zahlbar sein, falls der Wech-
sel die Effektenklausel enthält. Der Waren-
kaufmann darf durch eine solche Vielgestal-
tigkeit des Wechselrechtes nicht verwirrt
werden. Danach würden wir vorschla-
gen
, den Gesetzestext etwa wie folgt zu
fassen:

§ 1. Wechsel können in der Weise aus-
gestellt werden, daß die zu zahlende Geld-
summe in Goldmark ausgedrückt wird
(Goldmarkwechsel). Als Goldmark gilt der
Wert von des nordamerikanischen Dol-
lars. In gleicher Weise können über Gut-
haben bei Banken, die in der in Abs. 1 be-
zeichneten Rechnungseinheit geführt werden
(Goldmarkkonten), durch Uebertragung auf
ein anderes Goldmarkkonto oder durch Scheck
(Goldmarkscheck) verfügt werden.

§ 2. Zahlungen auf Goldmarkwechsel und
-schecks sowie Auszahlungen von Goldmark-
guthaben haben in Reichswährung zu
erfolgen. Der Aussteller kann durch einen
entsprechenden Zusatz Zahlung in Renten-
mark bestimmen. Für die Umrechnung in
Reichswährung oder Rentenmark ist der Tag
der Zahlung maßgebend.

§ 3. Lautet das Akzept eines Goldmark-
wechsels anders als auf Goldmark, so wird
der Wechsel einem solchen gleichgeachtet,
dessen Annahme gänzlich verweigert worden
ist: der Akzeptant haftet nach dem Inhalt
seines Akzeptes wechselmäßig.

§ 4. Enthalten Wechsel oder Schecks der
im § 1 bezeichneten Art das Wort „Effek-
tiv
“ oder einen ähnlichen Zusatz, so ist die
zu zahlende Geldsumme in Auszahlung
Neuyork
zu leisten. In gleicher Weise kann
für ein Goldmarkkonto die Effektivklausel ver-
einbart werden.

§ 5. Die Reichsregierung wird ermäch-
tigt
, mit Zustimmung des Reichsrates die
zur Durchführung dieses Gesetzes erforder-
lichen Rechtsverordnungen und allgemeinen
Verwaltungsvorschriften zu erlassen.

Wenn nunmehr durch das vorstehende Ge-
setz Goldmarkwechsel und Goldmarkschecks
geschaffen sind, so erscheint uns wünschens-
wert, durch einen Zusatz im Gesetz auch die
Möglichkeit zu schaffen, daß Schuldver-
sprechen
nach § 780 BGB., das Schuld-
anerkenntnis § 781 BGB, die Anweisung nach
§ 783 BGB, und die kaufmännischen Anwei-
sungen nach § 363 HGB. auf Gold gestellt
werden können.



Bankwesen.
Aenderung der Bedingungen bei den Dar-
lehenskassen.

Die Darlehensbedingungen der
Darlehenskassen des Reiches sind wie folgt
[Spaltenumbruch] geändert: Es lauten in Zukunft: § 1: Dar-
lehen in Beträgen von weniger als 100 Billi-
onen Mark werden in der Regel nicht erteilt.
§ 5, Abs. 2, Satz 2: Auf jeden Pfandschein
sind während der gesamten Dauer seines Be-
stehens mindestens 5 Billionen Mark Zinsen
zu zahlen. § 6: Entnahmen und Teilrück-
zahlungen sind nur in durch 10 Billionen Mark
teilbaren Beträgen statthaft.

Darmstädter und Nationalbank, Kommandit-
gesellschaft auf Aktien in Berlin.

An der Ber-
liner Börse war das Gerücht verbreitet, daß
die Darmstädter und Nationalbank größere
skandinavische Kredite erhalten
werde. Daraufhin trat nicht nur in den Ak-
tien dieses Institutes, sondern am Banken-
markte überhaupt, eine bemerkenswerte Stei-
gerung der Kurse ein. Der „Deutsche Han-
delsdienst“ ist zu der Mitteilung ermächtigt,
daß das Gerücht in keiner Weise zu-
trifft. Es sind seitens der Darmstädter und
Nationalbank keinerlei Verhandlungen über
Kredite mit ausländischen Finanzgruppen ge-
führt worden.



Die Wirtschaftslage
im Ruhrgebiet.

Bei der allgemeinen Unklarheit über
die wirtschaftlichen Verhältnisse an der
Ruhr dürften die nachfolgenden Aus-
führungen ganz wertvolle Aufklärung
bringen.
Die Handelsschriftltg. d. „Allg. Ztg.“

Der „Deutsche Handelsdienst“ er-
fährt von gut unterrichteter Seite über die
Wirtschaftslage im Ruhrgebiet folgendes:

Maßgebend für die augenblickliche Ent-
wicklung sind in erster Linie die starken Ver-
pflichtungen, die sich für die gesamte In-
dustrie aus dem Micumvertrag gegen-
über Frankreich ergeben. Es dürfte eher zu
niedrig gegriffen sein, wenn man die Kosten,
die auf Abgaben für Reparationen und
Kohlensteuer an Frankreich entfallen, mit
10 Goldmark für die Tonne einsetzt.

Unter diesen Umständen decken die jetzigen
Verkaufspreise für Kohlen kaum die Ge-
stehungskosten
. Die Industrie hat die
schweren Verpflichtungen auch nur deshalb
auf sich genommen, um dem Reiche die
enormen Kosten für die Erwerbslosenfürsorge
abzunehmen und um ihrer Arbeiterschaft
einen Beweis ihres guten Willens zu geben.
Als Erfolg dieser Politik ist ohne weiteres
festzustellen, daß sich im Straßenbilde der
größeren Industriestädte im Ruhrgebiet eine
wesentliche Aenderung vollzogen hat.

Während man noch vor 6 Wochen täglich
große Demonstrationszüge der Erwerbslosen
sehen konnte, bieten jetzt die Städte ein voll-
kommen ruhiges Bild. Die Produktion des
Ruhrgebietes ist im allgemeinen viel schlechter
als man glaubt. Es wird zwar von einzelnen
Zechen berichtet, daß die Leistung ihrer Ar-
beiter die Friedensleistung erreicht hat. Bei
vielen Zechen kann man dies erst von etwa
60 Prozent der Arbeiterschaft behaupten.

Wenn man also sagen kann, daß der Ertrag
der Förderung der Kohlenzechen einiger-
maßen befriedigend ist, so ist besonders die
Lage der weiterverarbeitenden Industrie noch
recht trostlos, da insbesondere diese dringend
Kredite braucht, um ihre Betriebe wieder in
Gang setzen zu können. Im Inland ist es
augenblicklich fast unmöglich Kredite zu er-
halten, höchstens zu einem Satz von 1 Prozent
täglich, was natürlich für Werke, die zunächſt
gar keinen Gewinn abwerfen, nicht zu
tragen ist.

Es ist deshalb dringend notwendig, beson-
ders für die kleine und mittlere Industrie,
baldigst Hilfe durch große Auslandskredite zu
schaffen. Eine merkliche Veränderung ist
auch in der Stimmung gegenüber dem franzö-
sischen Gelde festzustellen. Während noch
vor einiger Zeit der französische Franken
stark gesucht war, ist es jetzt so, daß man
die Leute bemitleidet, die ihre Löhne in fran-
zösischen Franken beziehen.

Benutzt wird der Franken eigentlich nur
noch zu Einkäufen bei den französischen
Lebensmittelverkaufsstellen, wo man auf
Kosten der französischen Volkswirtschaft ver-
hältnismäßig billige Waren erhalten kann,
und bei Fahrten mit der Regiebahn.

Infolgedessen ist auch die Zahl der Leute,
die bei den Franzosen um Arbeit nachsuchen.
sehr zurückgegangen. Zusammenfassend kann
gesagt werden, daß, wenn der Micumvertrag
mit seinen großen Härten für die Dauer in
Kraft bleibt, eine Aufrechterhaltung der Pro-
duktion nicht möglich sein wird. Insbesondere
kann auch von einer nennenswerten Ausfuhr
infolge der Unterbietung durch französische
und belgische Industrieerzeugnisse keine Rede
sein, wenn auch das Ausland, z. B. Holland.
Schweden und Norwegen, zum Ausdruck
brachte daß es gerne wieder deutsche Er-
zeugnisse kaufen würde.



Stinnes zur Reparationsfrage

Hugo Stinnes entwickelte in Mülheim
a. d. R. in einer Unterredung mit dem Sonder-
berichterstatter des „Journal des Debats“ den
Plan der Begleichung der Repara-
tionen durch Sachleistungen
und
seine Auffassung über die künftigen
deutsch-französischen Beziehungen: Durch
die Verträge mit der Micum würden die Ruhr-
industriellen mit einer Schuld belastet, die das
Reich als Ganzes einzulösen habe.

Die Ruhrindustriellen hätten nicht die Mög-
lichkeit, an Stelle des Reiches die Repara-
tionen zu zahlen. Sie fänden bei keinem Geld-
geber Kredit, weil die Grenzen des Staates,
zu dem sie gehörten, nicht sicher seien. Bis
[Spaltenumbruch] zum 15. April 1924 müsse ein ehrliches und zu-
verlässiges Abkommen zustande kommen, das
der Wirklichkeit Rechnung trage, sonst müß-
ten die Ruhrbetriebe die Arbeit einstellen.
Deutschland könne nicht an Frankreich un-
mäßig große Summen zahlen. Die tatsächliche
Möglichkeit liege in der Begleichung durch
Sachlieferungen. Man müsse die Leistungs-
fähigkeit Deutschlands und die Aufnahme-
möglichkeit der empfangenden Länder fest-
stellen.

Er rate, daß die Regierungen zunächst unter
sich den Betrag der Leistungen in Annuitä-
ten
festsetzen. Diese Ziffern seien in Gold
festzusetzen und die verlangten Annuitäten
durch 20—30jährige Verträge zwischen den
Industriellen der Länder zu decken. Die Liefe-
rungen seien den deutschen Industriellen von
der Reichsregierung zu bezahlen. Die Sach-
lieferungen würden an die Industriellen
Frankreichs usw. gehen, die einen entspre-
chenden Teil an ihre Regierungen abzuführen
hätten.

Diese Beträge müßten in ein Sonderbudget
für die Reparationen geführt werden. Darüber
hinaus könnten noch gewisse Steuern zu Re-
parationen Verwendung finden. Er sei der
Ueberzeugung, sobald Deutschland und Frank-
reich untereinander einig vor Amerika hin-
treten, wird es zwischen Amerika und Frank-
reich oder zwischen Deutschland und Amerika
keine anderen Schwierigkeiten zu beseitigen
geben.

Die Zeit dränge: man werde die Wahl
haben zwischen der Beendigung des gegen-
wärtigen Zustandes durch neue Kriege und
neue Ruinen oder wie seine Bemühungen be-
zweckten, durch ein zuverlässiges Abkommen
zwischen zwei Ländern, die nicht immer und
ewig Feinde bleiben können.



Industrie und Wirtschaft.
Zum neuen Schlichtungsverfahren.

Es be-
steht Veranlassung, nochmals auf folgendes
hinzuweisen: Ab 1. Januar sind für sogenannte
Gesamtstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhält-
nis nur mehr die neuen Schlichtungs-
ausschüsse
bzw. der Landesschlichter zu-
ständig.

Für Einzelstreitigkeiten aus dem Arbeits-
verhältnis, insbesondere für Streitigkeiten aus
dem Betriebsrätegesetz, sind die Arbeits-
gerichte
zuständig. Als Arbeitsgerichte
gelten die Kaufmannsgerichte, die Gewerbe-
gerichte, die arbeitsgerichtlichen Kammern
der Schlichtungsausschüsse und die abge-
zweigten Arbeitsgerichte der Schlichtungsaus-
schüsse.

Alle am 1. Januar bei den bisher zustän-
digen Stellen noch nicht erledigten
Einzelstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis
und Streitigkeiten aus dem Betriebsrätegesetz
müssen bis spätestens 14. Januar bei
den ab 1. Januar zuständigen Stellen als neue
Verfahren
anhängig gemacht werden.

Zuständig sind als Arbeitsgerichte: 1. bei
Streitfällen, in denen auf Arbeitnehmerseite
nur Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge
beteiligt sind, die Kaufmannsgerichte;
2. bei Streitigkeiten, in denen Arbeitnehmer
beteiligt sind, die sonst den Berggewerbe-
gerichten unterstehen, die Berggewerbe-
gerichte
; 3. in allen übrigen Fällen, soweit
Gewerbegerichte bestehen, innerhalb deren
zuständiger Bezirk die Gewerbege-
gerichte
; 4. soweit keine Kaufmanns-,
Berggewerbe- und Gewerbegerichte bestehen,
die abgezweigten Arbeitsgerichts-
kammern der Schlichtungsaus-
schüsse
, und 5. soweit auch keine abge-
zweigten Arbeitsgerichtskammern bestehen.
die arbeitsgerichtlichen Kammern
bei den Schlichtungsausschüssen
.
Die letzteren werden, soweit sie notwendig
sind baldmöglichst gebildet werden.

Neuer Zusammenschluß in der Blattmetall-
industrie.

Die Firmen H. Rosenhaupt und
Köhler & Co. in Fürth i. Bay. haben sich
zusammengeschlossen. Die neue Firma, die
Werke in Vorra an der Pegnitz und
Hirschbach in der Oberpfalz betreibt.
lautet: H. Rosenhaupt, Köhler & Co. in Fürth
in Bayern.

* Großkraftwerk Mannheim A.-G.

Wie die
Verwaltung mitteilt, hat die Zulassungsstelle
der Berliner Börse die Kundmachung der
Großkraftwerk Mannheim A—G. genehmigt,
so daß nunmehr damit gerechnet werden
könne, daß Kohlenwertanleihe und
Vorzugsaktien der Gesellschaft bereits
in den nächsten Tagen zur amtlichen No-
tierung
gelangten. Das Großkraftwerk
Mannheim A—G. sei bereits seit Anfang Sep-
tember vor, Jahres teilweise in Betrieb. Die
bisherigen Ergebnisse entsprächen den Erwar-
tungen: in den ersten vier Monaten seien be-
reits 15 000 000 Kilowattstunden trotz der zur-
zeit sehr ungünstigen Wirtschaftslage ver-
kauft worden.

Die Goldmarkkonditionen der Damenwäsche-
Industrie.

Der Verband Deutscher Damen-
wäsche-Fabrikanten E. V., der Verband
Deutscher Schürzen-, Unterrock- und Kinder-
kleider-Fabrikanten E. V., der Verband kon-
fektionierter Weißwaren. Rüschen. Kinderhüte
und verwandter Artikel E. V. und der Zentral-
verband deutscher Korsett-Großfabrikanten
E. V. haben laut „Konfektionär“ ihre Zahlungs-
bedingungen zum 1. Januar 1924 geändert.
wobei den Wünschen der Abnehmerschaft in
verschiedenen Punkten Rechnung getragen
worden ist. Danach erfolgt Preisstellung und
Berechnung in Goldmark (gleich Dollar)
oder in Dollar. Das Zahlungsziel beträgt
14 Tage. Zahlung hat, soweit gesetzlich zu-
lässig, in hochwertigen Devisen oder aber in

[Spaltenumbruch]

Wirtſchaftszahlen.
11. Januar.
Dollar (amtl. Mittelkurs):
4,2 Billionen
Dollarschätze: 4,2 Billionen.
Goldanleihe: 4,2 Billionen.
Reichsbankdiskont: (t. wertbest. Kred.) 10 Pro-
zent.
Reichsindex für die Lebenshaltung: 1130 mil-
liardenfach (7. Jan.).
Goldankaufspreis: 640 Dollar für 1 Kilo fein.
1 Goldmark: 1 Billion Papiermark.
Goldumrechnungssatz für die Reichssteuern,
Zölle und Reichsbahn: 1 Billion.
Silberankaufsprefs: 400 milliardenfach.
Großhandelsindex: 119,7
(8. Januar).


solchen deutschen Zahlungsmitteln, welche die
Reichsbank jeweils annimmt, zu erfolgen.
Treten in den Währungsverhältnissen wesent-
liche Veränderungen ein, so bleibt dem Ver-
käufer Gutschrift bzw. Umrechnung der
Zahlung auf Dollar in derjenigen Höhe vor-
behalten, welche der Verband des Verkäufers
und im Streitfalle die von Industrie, Groß-
und Einzelhandel gebildete Kartelleinigungs-
stelle bzw. deren Schiedskommission festsetzt.

Deutsche Wertpapiere im Elsaß.

Im Elsaß
befinden sich nach der „Basl. Nationalztg.“
noch für etwa 700 M. Mill. deutsche Wert-
papiere, deren Besitzer (Einzelpersonen. Wai-
senhäuser. Kirchenkassen) durch den Sturz
der Mark in finanzielle Bedrängnis gebracht
wurden. Da seinerzeit Banknoten, Sparkas-
senguthaben und Bargeld valorisiert wurden,
so hoffen die Inhaber der Markpapiere, von
denen viele ihr ganzes erspartes Vermögen
verloren haben, immer noch auf die Möglich-
keit, für ihre Markwerte Franken zu erhalten.
Eine neu gegründete Genossenschaft
der Inhaber deutscher Wertpa-
piere
hat ein Projekt ausgearbeitet, nach
welchem die Valorisation im Laufe von 40
Jahren durchgeführt werden soll. Jedes Mit-
glied hat jährlich für jeden Titel von 1000 M.
2 Franken Beitrag zu entrichten. Die so er-
haltene Summe soll mit 18 Mill. Franken
Staatszuschuß dazu dienen, jährlich deutsche
Wertpapiere auszulosen. Aeltere und bedürf-
tige Personen sollen sofort Renten erhalten.
Die Verwirklichung dieses Planes hängt ganz
davon ab, ob der Staat den in Rechnung ge-
setzten Zuschuß leisten wird. Dies ist aber
sehr fraglieh, da auch die französischen Be-
sitzer russischer Wertpapiere mit ähnlichen
Vorschlägen an die Kammer herantreten
wollen.

Personalien.

Herr Konsul Max Wein-
mann
, der wie wir bereits berichteten, den
seit Gründung innegehabten Vorsitz des
Zentralverbandes des Deutschen
Großhandels, Gruppe Bayern
, nie-
dergelegt hat, wurde auf Grund Beschlusses
des Vorstands und Gesamtausschusses zum
Ehrenvorsitzenden gewählt.



Steuerfragen.
Steuern und Goldmarkbilanz.

Ueber dieses
jetzt besonders aktuelle Thema lesen wir in
der „Korrespondenz der Deutschen Juristen-
zeitung“: Es ist klar, daß die Umstellung der
Steuern auch eine Umgestaltung der
Bilanzen
für das kaufmännische Leben zur
Folge haben muß. Was bisher das Verlangen
der Wirtschaftskreise nicht erreichte und auf
mannigfache Schwierigkeiten stieß, wurde
möglich, als die Finanzgesetzgebung Ver-
mögen und Einkommen auf Goldbasis be-
steuern mußte.

Die Verordnung über die Goldmarkbilanz
verpflichtet alle Firmen, die mit dem Kalender-
jahr ihr Geschäftsjahr schließen, auf diesen
Tag eine neue Eröffnungsbilanz zu
errichten. Endet dieses später, so ist der dem
Schluß des Geschäftsjahres folgende Tag
maßgebend. Es wird ein Strich unter die
Vergangenheit gemacht. Die verworrenen
Bilanzen mit ihrem Gemenge von Bewer-
tungen aus den verschiedensten Zeiten sind
nicht mehr ins Reine zu bringen. Die Bilanz-
kontinuität muß geopfert werden. Es ist so,
als beginnen alle Geschäfte jetzt erst. Die
Aktiven sind zu ihrem wirklichen Werte auf
Goldmarkbasis aufzunehmen.

Kommen stille Reserven zum Vorschein, so
darf hieraus keine Steuerpflicht folgen. Ihr
Hervorholen wird nicht selten nötig sein. Die
Papierwerte verschwinden. Jetzt erst werden
wir sehen, wie die Deutsche Juristenzeitung
in ihrer Betrachtung hierüber sagt, was
Deutschland an Kapitalvermögen eingebüßt
hat. Dieses Verfahren macht für die AG.
und G. m. b. H. eine Befreiung von den Bilanz-
beschränkungen nötig. Es darf auch über den
Gestellungspreis gegangen werden. Eine nicht
gefahrlose, wenn vielleicht nicht ganz ver-
meidbare Konzession.

Auf der anderen Seite ist das Aktien-
kapital
je nach der Zeit der Einzahlung
in Goldmarkumzurechnen. Es redu-
ziert sich hiernach von selbst. Mit ihm die
Aktiven Das zwingt auch zu einer Aufhebung
der Bestimmung über deren Mindestbeträge.



[irrelevantes Material]
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[5/0005] Samstag, den 12. Januar 1924. Allgemeine Zeitung. Nr. 11 Wirtschafts-Zeitung. Goldmarkwechsel. Vorschläge des deutschen Großhandels. Zu einem vom Reichsjustizministerium aus- gearbeiteten Entwurf eines Gesetzes über Goldmarkwechsel und -scheck&ſr; hat der Zentralverband des Deut- schen Großhandel&ſr; folgendermaßen Stellung genommen: Der Gesetzentwurf sieht Goldmarkwechsel und -schecks vor, die zum Kurs des Zah- lungstages in Papiermark oder Rentenmark zu zahlen sind. Dazu nimmt die Reichsbank bislang durch die Erklärung Stellung, daß sie solche Goldmarkwechsel nicht diskon- tieren werde, weil es ihr an der Gegen- deckung fehle, und aus gleichem Grunde lehnen die Privatbanken die Schaffung solcher Goldmarkschecks ab. Wir sind trotzdem der Auffassung, daß die Rechtsgrundlage für Goldmarkschecks und -wechsel in der vorgesehenen Weise geschaf- fen werden muß. Nachdem sich der ganze Verkehr auf die Goldmarkrechnung bei Zah- lung in schwankender Währung zum Kurs des Zahlungstages hat umstellen müssen, ist das Fehlen von Goldmarkgirogeld ein schwe- rer wirtschaftlicher Mangel. Wenn auch der Goldmarkwechsel erst volle Bedeutung durch die Diskontbereitschaft der Reichsbank erlangen wird, so bleibt auch ohne das für den Goldmarkwechsel eine viel- seitige Verwendbarkeit. Die Beden- ken der Reichsbank werden außerdem leich- ter zu zerstreuen sein, wenn im Freiverkehr gewisse Erleichterungen gesammelt worden sind. Desgleichen werden sich trotz der ableh- nenden Haltung der Großbanken Banken fin- den lassen, denen der kleinere Geschäfts- umfang eine weitgehende Anpassung an die wirtschaftlichen Erfordernisse von Handel und Industrie gestattet, und die auch bereit sein werden. Scheckkonten auf Goldmarkbasis zu eröffnen wenn es ihnen möglich ist, durch Hereinnahme von Goldmarkwechseln und Ge- währung anderer Kredite auf Goldmarkbasis sich die nötige Deckung für die Scheckgut- haben zu verschaffen. Gegen den zweiten Abschnitt des Gesetz- entwurfes haben wir größere Beden- ken. Zunächst sieht der § 4 vor, daß Wechsel oder Schecks entweder auf eine Goldmark- note der Reichsbank oder einer Privatnoten- bank lauten können. Da die Goldnoten nicht in Gold, sondern vermutlich in Auszahlung Neuyork einlösbar sein werden und die grö- ßere oder geringere Gewißheit dieser Ein- lösung den Goldnoten ein geringeres oder größeres Disagio geben wird, ist nicht ein- zusehen, aus welchem Grunde die Wechsel- summe nicht direkt in Auszahlung Neuyork zahlbar sein soll. Der vorgeschlagene Absatz 2 § 4 verstärkt diese Bedenken wesentlich durch die Bestim- mung, daß der Artikel 37 der Wechselordnung auf die Goldmarknotenwechsel Anwendung finden soll. Danach würde ein solcher Wech- sel entweder in Reichswährung zum Kurs des Verfalltages (nicht Zahlungstages) oder in Goldmarknoten zahlbar sein, falls der Wech- sel die Effektenklausel enthält. Der Waren- kaufmann darf durch eine solche Vielgestal- tigkeit des Wechselrechtes nicht verwirrt werden. Danach würden wir vorschla- gen, den Gesetzestext etwa wie folgt zu fassen: § 1. Wechsel können in der Weise aus- gestellt werden, daß die zu zahlende Geld- summe in Goldmark ausgedrückt wird (Goldmarkwechsel). Als Goldmark gilt der Wert von [FORMEL] des nordamerikanischen Dol- lars. In gleicher Weise können über Gut- haben bei Banken, die in der in Abs. 1 be- zeichneten Rechnungseinheit geführt werden (Goldmarkkonten), durch Uebertragung auf ein anderes Goldmarkkonto oder durch Scheck (Goldmarkscheck) verfügt werden. § 2. Zahlungen auf Goldmarkwechsel und -schecks sowie Auszahlungen von Goldmark- guthaben haben in Reichswährung zu erfolgen. Der Aussteller kann durch einen entsprechenden Zusatz Zahlung in Renten- mark bestimmen. Für die Umrechnung in Reichswährung oder Rentenmark ist der Tag der Zahlung maßgebend. § 3. Lautet das Akzept eines Goldmark- wechsels anders als auf Goldmark, so wird der Wechsel einem solchen gleichgeachtet, dessen Annahme gänzlich verweigert worden ist: der Akzeptant haftet nach dem Inhalt seines Akzeptes wechselmäßig. § 4. Enthalten Wechsel oder Schecks der im § 1 bezeichneten Art das Wort „Effek- tiv“ oder einen ähnlichen Zusatz, so ist die zu zahlende Geldsumme in Auszahlung Neuyork zu leisten. In gleicher Weise kann für ein Goldmarkkonto die Effektivklausel ver- einbart werden. § 5. Die Reichsregierung wird ermäch- tigt, mit Zustimmung des Reichsrates die zur Durchführung dieses Gesetzes erforder- lichen Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Wenn nunmehr durch das vorstehende Ge- setz Goldmarkwechsel und Goldmarkschecks geschaffen sind, so erscheint uns wünschens- wert, durch einen Zusatz im Gesetz auch die Möglichkeit zu schaffen, daß Schuldver- sprechen nach § 780 BGB., das Schuld- anerkenntnis § 781 BGB, die Anweisung nach § 783 BGB, und die kaufmännischen Anwei- sungen nach § 363 HGB. auf Gold gestellt werden können. Bankwesen. Aenderung der Bedingungen bei den Dar- lehenskassen. Die Darlehensbedingungen der Darlehenskassen des Reiches sind wie folgt geändert: Es lauten in Zukunft: § 1: Dar- lehen in Beträgen von weniger als 100 Billi- onen Mark werden in der Regel nicht erteilt. § 5, Abs. 2, Satz 2: Auf jeden Pfandschein sind während der gesamten Dauer seines Be- stehens mindestens 5 Billionen Mark Zinsen zu zahlen. § 6: Entnahmen und Teilrück- zahlungen sind nur in durch 10 Billionen Mark teilbaren Beträgen statthaft. Darmstädter und Nationalbank, Kommandit- gesellschaft auf Aktien in Berlin. An der Ber- liner Börse war das Gerücht verbreitet, daß die Darmstädter und Nationalbank größere skandinavische Kredite erhalten werde. Daraufhin trat nicht nur in den Ak- tien dieses Institutes, sondern am Banken- markte überhaupt, eine bemerkenswerte Stei- gerung der Kurse ein. Der „Deutsche Han- delsdienst“ ist zu der Mitteilung ermächtigt, daß das Gerücht in keiner Weise zu- trifft. Es sind seitens der Darmstädter und Nationalbank keinerlei Verhandlungen über Kredite mit ausländischen Finanzgruppen ge- führt worden. Die Wirtschaftslage im Ruhrgebiet. Bei der allgemeinen Unklarheit über die wirtschaftlichen Verhältnisse an der Ruhr dürften die nachfolgenden Aus- führungen ganz wertvolle Aufklärung bringen. Die Handelsschriftltg. d. „Allg. Ztg.“ Der „Deutsche Handelsdienst“ er- fährt von gut unterrichteter Seite über die Wirtschaftslage im Ruhrgebiet folgendes: Maßgebend für die augenblickliche Ent- wicklung sind in erster Linie die starken Ver- pflichtungen, die sich für die gesamte In- dustrie aus dem Micumvertrag gegen- über Frankreich ergeben. Es dürfte eher zu niedrig gegriffen sein, wenn man die Kosten, die auf Abgaben für Reparationen und Kohlensteuer an Frankreich entfallen, mit 10 Goldmark für die Tonne einsetzt. Unter diesen Umständen decken die jetzigen Verkaufspreise für Kohlen kaum die Ge- stehungskosten. Die Industrie hat die schweren Verpflichtungen auch nur deshalb auf sich genommen, um dem Reiche die enormen Kosten für die Erwerbslosenfürsorge abzunehmen und um ihrer Arbeiterschaft einen Beweis ihres guten Willens zu geben. Als Erfolg dieser Politik ist ohne weiteres festzustellen, daß sich im Straßenbilde der größeren Industriestädte im Ruhrgebiet eine wesentliche Aenderung vollzogen hat. Während man noch vor 6 Wochen täglich große Demonstrationszüge der Erwerbslosen sehen konnte, bieten jetzt die Städte ein voll- kommen ruhiges Bild. Die Produktion des Ruhrgebietes ist im allgemeinen viel schlechter als man glaubt. Es wird zwar von einzelnen Zechen berichtet, daß die Leistung ihrer Ar- beiter die Friedensleistung erreicht hat. Bei vielen Zechen kann man dies erst von etwa 60 Prozent der Arbeiterschaft behaupten. Wenn man also sagen kann, daß der Ertrag der Förderung der Kohlenzechen einiger- maßen befriedigend ist, so ist besonders die Lage der weiterverarbeitenden Industrie noch recht trostlos, da insbesondere diese dringend Kredite braucht, um ihre Betriebe wieder in Gang setzen zu können. Im Inland ist es augenblicklich fast unmöglich Kredite zu er- halten, höchstens zu einem Satz von 1 Prozent täglich, was natürlich für Werke, die zunächſt gar keinen Gewinn abwerfen, nicht zu tragen ist. Es ist deshalb dringend notwendig, beson- ders für die kleine und mittlere Industrie, baldigst Hilfe durch große Auslandskredite zu schaffen. Eine merkliche Veränderung ist auch in der Stimmung gegenüber dem franzö- sischen Gelde festzustellen. Während noch vor einiger Zeit der französische Franken stark gesucht war, ist es jetzt so, daß man die Leute bemitleidet, die ihre Löhne in fran- zösischen Franken beziehen. Benutzt wird der Franken eigentlich nur noch zu Einkäufen bei den französischen Lebensmittelverkaufsstellen, wo man auf Kosten der französischen Volkswirtschaft ver- hältnismäßig billige Waren erhalten kann, und bei Fahrten mit der Regiebahn. Infolgedessen ist auch die Zahl der Leute, die bei den Franzosen um Arbeit nachsuchen. sehr zurückgegangen. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß, wenn der Micumvertrag mit seinen großen Härten für die Dauer in Kraft bleibt, eine Aufrechterhaltung der Pro- duktion nicht möglich sein wird. Insbesondere kann auch von einer nennenswerten Ausfuhr infolge der Unterbietung durch französische und belgische Industrieerzeugnisse keine Rede sein, wenn auch das Ausland, z. B. Holland. Schweden und Norwegen, zum Ausdruck brachte daß es gerne wieder deutsche Er- zeugnisse kaufen würde. Stinnes zur Reparationsfrage Hugo Stinnes entwickelte in Mülheim a. d. R. in einer Unterredung mit dem Sonder- berichterstatter des „Journal des Debats“ den Plan der Begleichung der Repara- tionen durch Sachleistungen und seine Auffassung über die künftigen deutsch-französischen Beziehungen: Durch die Verträge mit der Micum würden die Ruhr- industriellen mit einer Schuld belastet, die das Reich als Ganzes einzulösen habe. Die Ruhrindustriellen hätten nicht die Mög- lichkeit, an Stelle des Reiches die Repara- tionen zu zahlen. Sie fänden bei keinem Geld- geber Kredit, weil die Grenzen des Staates, zu dem sie gehörten, nicht sicher seien. Bis zum 15. April 1924 müsse ein ehrliches und zu- verlässiges Abkommen zustande kommen, das der Wirklichkeit Rechnung trage, sonst müß- ten die Ruhrbetriebe die Arbeit einstellen. Deutschland könne nicht an Frankreich un- mäßig große Summen zahlen. Die tatsächliche Möglichkeit liege in der Begleichung durch Sachlieferungen. Man müsse die Leistungs- fähigkeit Deutschlands und die Aufnahme- möglichkeit der empfangenden Länder fest- stellen. Er rate, daß die Regierungen zunächst unter sich den Betrag der Leistungen in Annuitä- ten festsetzen. Diese Ziffern seien in Gold festzusetzen und die verlangten Annuitäten durch 20—30jährige Verträge zwischen den Industriellen der Länder zu decken. Die Liefe- rungen seien den deutschen Industriellen von der Reichsregierung zu bezahlen. Die Sach- lieferungen würden an die Industriellen Frankreichs usw. gehen, die einen entspre- chenden Teil an ihre Regierungen abzuführen hätten. Diese Beträge müßten in ein Sonderbudget für die Reparationen geführt werden. Darüber hinaus könnten noch gewisse Steuern zu Re- parationen Verwendung finden. Er sei der Ueberzeugung, sobald Deutschland und Frank- reich untereinander einig vor Amerika hin- treten, wird es zwischen Amerika und Frank- reich oder zwischen Deutschland und Amerika keine anderen Schwierigkeiten zu beseitigen geben. Die Zeit dränge: man werde die Wahl haben zwischen der Beendigung des gegen- wärtigen Zustandes durch neue Kriege und neue Ruinen oder wie seine Bemühungen be- zweckten, durch ein zuverlässiges Abkommen zwischen zwei Ländern, die nicht immer und ewig Feinde bleiben können. Industrie und Wirtschaft. Zum neuen Schlichtungsverfahren. Es be- steht Veranlassung, nochmals auf folgendes hinzuweisen: Ab 1. Januar sind für sogenannte Gesamtstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhält- nis nur mehr die neuen Schlichtungs- ausschüsse bzw. der Landesschlichter zu- ständig. Für Einzelstreitigkeiten aus dem Arbeits- verhältnis, insbesondere für Streitigkeiten aus dem Betriebsrätegesetz, sind die Arbeits- gerichte zuständig. Als Arbeitsgerichte gelten die Kaufmannsgerichte, die Gewerbe- gerichte, die arbeitsgerichtlichen Kammern der Schlichtungsausschüsse und die abge- zweigten Arbeitsgerichte der Schlichtungsaus- schüsse. Alle am 1. Januar bei den bisher zustän- digen Stellen noch nicht erledigten Einzelstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis und Streitigkeiten aus dem Betriebsrätegesetz müssen bis spätestens 14. Januar bei den ab 1. Januar zuständigen Stellen als neue Verfahren anhängig gemacht werden. Zuständig sind als Arbeitsgerichte: 1. bei Streitfällen, in denen auf Arbeitnehmerseite nur Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge beteiligt sind, die Kaufmannsgerichte; 2. bei Streitigkeiten, in denen Arbeitnehmer beteiligt sind, die sonst den Berggewerbe- gerichten unterstehen, die Berggewerbe- gerichte; 3. in allen übrigen Fällen, soweit Gewerbegerichte bestehen, innerhalb deren zuständiger Bezirk die Gewerbege- gerichte; 4. soweit keine Kaufmanns-, Berggewerbe- und Gewerbegerichte bestehen, die abgezweigten Arbeitsgerichts- kammern der Schlichtungsaus- schüsse, und 5. soweit auch keine abge- zweigten Arbeitsgerichtskammern bestehen. die arbeitsgerichtlichen Kammern bei den Schlichtungsausschüssen. Die letzteren werden, soweit sie notwendig sind baldmöglichst gebildet werden. Neuer Zusammenschluß in der Blattmetall- industrie. Die Firmen H. Rosenhaupt und Köhler & Co. in Fürth i. Bay. haben sich zusammengeschlossen. Die neue Firma, die Werke in Vorra an der Pegnitz und Hirschbach in der Oberpfalz betreibt. lautet: H. Rosenhaupt, Köhler & Co. in Fürth in Bayern. * Großkraftwerk Mannheim A.-G. Wie die Verwaltung mitteilt, hat die Zulassungsstelle der Berliner Börse die Kundmachung der Großkraftwerk Mannheim A—G. genehmigt, so daß nunmehr damit gerechnet werden könne, daß Kohlenwertanleihe und Vorzugsaktien der Gesellschaft bereits in den nächsten Tagen zur amtlichen No- tierung gelangten. Das Großkraftwerk Mannheim A—G. sei bereits seit Anfang Sep- tember vor, Jahres teilweise in Betrieb. Die bisherigen Ergebnisse entsprächen den Erwar- tungen: in den ersten vier Monaten seien be- reits 15 000 000 Kilowattstunden trotz der zur- zeit sehr ungünstigen Wirtschaftslage ver- kauft worden. Die Goldmarkkonditionen der Damenwäsche- Industrie. Der Verband Deutscher Damen- wäsche-Fabrikanten E. V., der Verband Deutscher Schürzen-, Unterrock- und Kinder- kleider-Fabrikanten E. V., der Verband kon- fektionierter Weißwaren. Rüschen. Kinderhüte und verwandter Artikel E. V. und der Zentral- verband deutscher Korsett-Großfabrikanten E. V. haben laut „Konfektionär“ ihre Zahlungs- bedingungen zum 1. Januar 1924 geändert. wobei den Wünschen der Abnehmerschaft in verschiedenen Punkten Rechnung getragen worden ist. Danach erfolgt Preisstellung und Berechnung in Goldmark (gleich [FORMEL] Dollar) oder in Dollar. Das Zahlungsziel beträgt 14 Tage. Zahlung hat, soweit gesetzlich zu- lässig, in hochwertigen Devisen oder aber in Wirtſchaftszahlen. 11. Januar. Dollar (amtl. Mittelkurs): 4,2 Billionen Dollarschätze: 4,2 Billionen. Goldanleihe: 4,2 Billionen. Reichsbankdiskont: (t. wertbest. Kred.) 10 Pro- zent. Reichsindex für die Lebenshaltung: 1130 mil- liardenfach (7. Jan.). Goldankaufspreis: 640 Dollar für 1 Kilo fein. 1 Goldmark: 1 Billion Papiermark. Goldumrechnungssatz für die Reichssteuern, Zölle und Reichsbahn: 1 Billion. Silberankaufsprefs: 400 milliardenfach. Großhandelsindex: 119,7 (8. Januar). solchen deutschen Zahlungsmitteln, welche die Reichsbank jeweils annimmt, zu erfolgen. Treten in den Währungsverhältnissen wesent- liche Veränderungen ein, so bleibt dem Ver- käufer Gutschrift bzw. Umrechnung der Zahlung auf Dollar in derjenigen Höhe vor- behalten, welche der Verband des Verkäufers und im Streitfalle die von Industrie, Groß- und Einzelhandel gebildete Kartelleinigungs- stelle bzw. deren Schiedskommission festsetzt. Deutsche Wertpapiere im Elsaß. Im Elsaß befinden sich nach der „Basl. Nationalztg.“ noch für etwa 700 M. Mill. deutsche Wert- papiere, deren Besitzer (Einzelpersonen. Wai- senhäuser. Kirchenkassen) durch den Sturz der Mark in finanzielle Bedrängnis gebracht wurden. Da seinerzeit Banknoten, Sparkas- senguthaben und Bargeld valorisiert wurden, so hoffen die Inhaber der Markpapiere, von denen viele ihr ganzes erspartes Vermögen verloren haben, immer noch auf die Möglich- keit, für ihre Markwerte Franken zu erhalten. Eine neu gegründete Genossenschaft der Inhaber deutscher Wertpa- piere hat ein Projekt ausgearbeitet, nach welchem die Valorisation im Laufe von 40 Jahren durchgeführt werden soll. Jedes Mit- glied hat jährlich für jeden Titel von 1000 M. 2 Franken Beitrag zu entrichten. Die so er- haltene Summe soll mit 18 Mill. Franken Staatszuschuß dazu dienen, jährlich deutsche Wertpapiere auszulosen. Aeltere und bedürf- tige Personen sollen sofort Renten erhalten. Die Verwirklichung dieses Planes hängt ganz davon ab, ob der Staat den in Rechnung ge- setzten Zuschuß leisten wird. Dies ist aber sehr fraglieh, da auch die französischen Be- sitzer russischer Wertpapiere mit ähnlichen Vorschlägen an die Kammer herantreten wollen. Personalien. Herr Konsul Max Wein- mann, der wie wir bereits berichteten, den seit Gründung innegehabten Vorsitz des Zentralverbandes des Deutschen Großhandels, Gruppe Bayern, nie- dergelegt hat, wurde auf Grund Beschlusses des Vorstands und Gesamtausschusses zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Steuerfragen. Steuern und Goldmarkbilanz. Ueber dieses jetzt besonders aktuelle Thema lesen wir in der „Korrespondenz der Deutschen Juristen- zeitung“: Es ist klar, daß die Umstellung der Steuern auch eine Umgestaltung der Bilanzen für das kaufmännische Leben zur Folge haben muß. Was bisher das Verlangen der Wirtschaftskreise nicht erreichte und auf mannigfache Schwierigkeiten stieß, wurde möglich, als die Finanzgesetzgebung Ver- mögen und Einkommen auf Goldbasis be- steuern mußte. Die Verordnung über die Goldmarkbilanz verpflichtet alle Firmen, die mit dem Kalender- jahr ihr Geschäftsjahr schließen, auf diesen Tag eine neue Eröffnungsbilanz zu errichten. Endet dieses später, so ist der dem Schluß des Geschäftsjahres folgende Tag maßgebend. Es wird ein Strich unter die Vergangenheit gemacht. Die verworrenen Bilanzen mit ihrem Gemenge von Bewer- tungen aus den verschiedensten Zeiten sind nicht mehr ins Reine zu bringen. Die Bilanz- kontinuität muß geopfert werden. Es ist so, als beginnen alle Geschäfte jetzt erst. Die Aktiven sind zu ihrem wirklichen Werte auf Goldmarkbasis aufzunehmen. Kommen stille Reserven zum Vorschein, so darf hieraus keine Steuerpflicht folgen. Ihr Hervorholen wird nicht selten nötig sein. Die Papierwerte verschwinden. Jetzt erst werden wir sehen, wie die Deutsche Juristenzeitung in ihrer Betrachtung hierüber sagt, was Deutschland an Kapitalvermögen eingebüßt hat. Dieses Verfahren macht für die AG. und G. m. b. H. eine Befreiung von den Bilanz- beschränkungen nötig. Es darf auch über den Gestellungspreis gegangen werden. Eine nicht gefahrlose, wenn vielleicht nicht ganz ver- meidbare Konzession. Auf der anderen Seite ist das Aktien- kapital je nach der Zeit der Einzahlung in Goldmarkumzurechnen. Es redu- ziert sich hiernach von selbst. Mit ihm die Aktiven Das zwingt auch zu einer Aufhebung der Bestimmung über deren Mindestbeträge. _

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-12-19T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 12. Januar 1924, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine11_1924/5>, abgerufen am 21.11.2024.