Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 11. Januar 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

Bonjean, endlich Deguerry, Clerc und Ducondray. Die Föderirten umgaben ihre
Opfer; den Schluß machte der Wärter Jeanart, mehr todt als lebendig. Der Ange-
klagte Fortin übergab, wie der Seminarist Gard aus seiner Zelle sehen konnte, einem
Officier seinen Säbel und einen Degen mit goldenem Griff, um Feuer zu commandiren.
So gelangte man zum zweiten äußeren Rundweg, der durch ein Gitter abgeschlossen
war, dessen Oeffnen abgewartet werden mußte. Der Erzbischof versuchte hier noch
einmal zu sprechen, aber die Föderirten antworteten ihm mit neuen Beleidigungen.
Jeanart konnte hier den Opfern verstohlen die Hand drücken; sie segneten ihn, und er
wurde so ergriffen daß er sich einen Moment niedersetzen mußte. Er ließ die Föderirten
weiter gehen, und ergriff dann die Flucht. Ramain begleitete das Peloton bis zur
Hälfte des Rundweges, und kam dann nach der Registratur zurück. Ueber die weiteren
Vorgänge weiß der Anklage-Act nichts mehr zu berichten, da der Untersuchung die Aus-
sagen von Augenzeugen nicht mehr zur Verfügung standen."



Deutsches Reich.

Die mehrerwähnte bei der Kammer eingereichte
Beschwerde des Bischofs von Augsburg wegen Verfassungsverletzung gründet sich
auf die durch Erlaß des Cultusministers vom 27 Februar 1871 (zuerst veröffent-
licht in der Auß. Beil. z. Allg. Ztg. vom 25 März 1871) gegebene Entscheidung in
der Meringer Angelegenheit. Aus der Schilderung der Meringer Zustände in der
bischöflichen Beschwerde entnehmen wir folgende Stelle:

"... Inzwischen wuchs ein zügelloser Geist in Mering sich immer mehr aus. Ein
gleichfalls excommunicirter Priester der Diöcese Speyer, Kühn, betrat als Gast die
Kanzel der Pfarrkirche, um auch seinerseits die Gemeinde gegen Lehre und Autorität der
Kirche zu haranguiren, der von mir (Bischof) bestellte Vicar mußte sich öffentlich be-
schimpfen lassen, selbst seine persönliche Sicherheit erachtete er bedroht, so daß ich ihm
außerhalb des Pfarrorts zu wohnen gestattete. Die Ortseinwohner bis herab auf die
Schuljugend in zwei Parteien gespalten, die treuen Katholiken Beschimpfungen seitens
Anhänger Renftle's preisgegeben und sogar für die Sicherheit ihres Eigenthums fürch-
tend, selbst die Schuljugend gegen die "schwarzen" Schulgenossen Insulte ausübend.
Dieß das Bild der traurigen Zustände in Mering."

Erst auf wiederholte Vorstellungen an das Cultusministerium sei am 26 März
die oben erwähnte Entscheidung vom 27 Febr. an den Hrn. Bischof von Augsburg
gelangt. Der letztere ergriff darauf hin unterm 15 April 1871 Recurs zum
Staatsrath, auf welchen in 7 Monaten keine Antwort erfolgt sei. In Folge dessen
bringt nun der Bischof seine Beschwerde vor die Kammer:

"1) Ein excommunicirter und deponirter Pfarrer einer Pfründe, auf welche noch
dazu der Bischof das Recht der freien Collation hat, wird von der Regierung im Besitze
seiner Pfründe geschützt und einem rechtmäßigen Pfarrer gleich geachtet; 2) dadurch
wird es dem Bischof unmöglich gemacht in den zur Diöcesanleitung gehörigen Angelegen-
heiten die zuständigen Befugnisse und Verpflichtungen innerhalb des Pfarrbezirks Mering
nach kirchlichen und staatlichen Gesetzen auszuüben; 3) vor einem solchen Priester, der
nicht mehr parochus proprius im kanonischen Sinn ist, werden Ehen geschlossen, und
zwar überdieß so daß in vorkommenden Fällen die über Ehehindernisse und deren Be-
seitigung geltenden Kirchengesetze nicht zur Anwendung kommen. Zwar sind die treuen
Katholiken der Pfarrei nicht gehindert die Ehe vor dem bischöflichen Vicar zu schließen,
durch welchen auch allfällige Dispensen erholt werden, allein auch unter dieser Vor-
aussetzung bleibt die Contrahirung der Ehe von Anhängern Renftle's vor diesem eine
verfassungsmäßig unzulässige; 4) die glaubenstreuen Katholiken von Mering sind ge-
zwungen, um nicht an den Sacrilegien eines excommunicirten Priesters participiren zu
müssen, das ihnen rechtmäßig zugehörende Gotteshaus ihrer Pfarrkirche zu meiden, und
namentlich müssen die treuen Katholiken des Pfarrorts zum Gottesdienste u. s. w.
nach der eine halbe Stunde entfernten kleinen Filialkirche Meringerzell gehen, wo
der Vicar wohnt. Ebenso müssen die Eltern Merings ihre schul- und christlehr-
pflichtigen Kinder allwöchentlich zum Religionsuntericht an den Aufenthaltsort des
Vicars senden, seitdem dieß den getreuen Katholiken Merings durch Regie-
rungserlaß gestattet ist. 5) Renftle übt wie zuvor für den ganzen Pfarrbezirk die
Functionen der Localschulinspection, die Vorstandschaft der Kirchenverwaltung und der
Localarmenpflege aus, und führt die Matrikel als Civilstandsregister. Die Erträgnisse
der Pfründe, selbst diejenigen welche in der Fassion auf Haltung eines Caplans aus-
gesetzt sind, werden von ihm percipirt. Eine Beschwerde der Filialisten, die -- 1200 --
sämmtlich seine Gegner sind, ist von der Regierung dahin beschieden worden daß, da
Renftle Pfarrer von Mering sei, nach wie vor sämmtliche Leistungen der Pfarrangehö-
rigen für Ausübung der Seelsorge nur an ihn zu entrichten seien. Auf solche Weise
muß der Vicar, obgleich dieser neben Pastorirung der treuen Katboliken des Pfarrortes
alle Obliegenheiten des für Meringerzell bestimmten Caplans erfüllt, vollständig aus der
bischöflichen Casse erhalten werden."

Auf Grund dieser Zustände, hervorgerufen durch die Haltung des Cultus-
ministers, erachtet sich der Hr. Bischof von Augsburg beschwert:

"1) bezüglich der Versagung des nachgesuchten verfassungsmäßigen Schutzes,
2) bezüglich mehrfacher Schädigung an verfassungsmäßigen Rechten und Befugnissen
durch Verletzung ausdrücklicher Verfassungsbestimmungen. Diese Verletzung wird nachge-
wiesen a) in der Richtung auf die den aufgenommenen Religions- und Kirchengesell-
schaften, beziehungsweise deren Obern, gewährleisteten Rechte und Befugnisse, in specie
auf Verwaltung des geistlichen Amtes im allgemeinen und Eheschließung insbesondere,
deßgleichen in Richtung auf Ausübung des geistlichen Correctionsrechts. (§§. 39 und 40
der II. Verfassungsbeilage, Art. XII lit. e des Concordats.) b) In der Richtung auf
die religiöse Gewissensfreiheit der meiner geistlichen Jurisdiction unterstellten Gläubi-
gen. (§§. 1 und 2 der II. Verfassungsbeilage.) c) In Richtung auf den garantirten
Rechtsschutz kirchlichen Eigenthums. (Tit. II. §. 9 Abs. IV der Verfassungsurkunde)."

Der Bischof bittet deßhalb:

"Hohe Kammer wolle die Beschwerde ihrer Würdigung unterziehen und, falls
sie begründet befunden wird, zur Wiederherstellung des Rechtes der Kirche in der Pfarrei
Mering die geeignete Mitwirkung angedeihen lassen."

Das Referat über diese Beschwerde ist bekanntlich dem Abg. Bezirksamt-
mann Hauck übertragen worden. Derselbe kommt zu dem Schlusse: das Ministe-
rium habe sich auf Seite des Bischofs von Augsburg zu stellen und den Pfarrer
Renftle von seiner Pfarrei zu entfernen. Die "rechtgläubigen" Mitglieder der
Gemeinde Mering hätten zwar kein Recht auf Einsetzung oder Entfernung des
Pfarrers, wohl aber darauf, nur einen rechtgläubigen, kanonisch investirten und
fortdauernd anerkannten Pfarrer zu haben. Deßhalb seien auch deren verfassungs-
mäßige Rechte verletzt. Was aber Renftle und dessen Anhänger betreffe, so habe
ersterer, solange er excommunicirt sei, kein Recht mehr an die Kirche und ihr Ver-
mögen, letztere hiengen ihm entweder bewußt an, dann verfielen sie seinem Loose,
oder sie seien noch Mitglieder der Kirche, dann hätten sie sich dem Bischofe zu
unterwerfen. Referent beantragt schließlich: die Beschwerde für begründet zu er-
achten und Se. Majestät um Abhülfe zu ersuchen.

Für die nächste Kammersitzung am Donnerstag hat der Abg. Pfarrer Ruß-
wurm eine Interpellation angekündigt in Betreff des altkatholischen Begräbnisses
in Amberg, resp. der darauf bezüglichen Entschließung der Regierung der Oberpfalz.

Schon seit längerer Zeit war vom Ministerium
angekündigt worden daß eine Vereinfachung unserer innern Verwaltung und der
Gerichte bevorstehe, und es sind bereits die Ministerien des Aeußern und des Kriegs
und die Central-Mittelstellen für das Medicinal- und Katasterwesen aufgehoben
worden. Nun endlich erfolgten noch viel weiter gehende Aenderungen an der Bil-
dung der Aemter und Gerichte, die mit dem 1 Mai eintreten sollen. Ich weiß
gerade nicht das wievieltemal schon in diesen Dingen seit Bildung des Großherzog-
thums geändert worden ist, wodurch man uns mit Recht den Vorwurf des bestän-
digen Experimentirens machte. Aber war die letzte Organisation der Aemter und
Gerichte eine Verschlechterung, und nur gemacht um recht viele Städtchen für die
damalige Regierung günstig zu stimmen, so ist die heutige Veränderung eine wirk-
liche Verbesserung, welche dem Lande jährlich wenigstens 100,000 fl. erspart. Es
wird freilich viel Geschrei darüber erhoben werden daß dieses oder jenes Städtchen
eine Stelle wieder verlieren soll, aber die bisherige Organisation war eben doch
eine verfehlte und die Aenderung nöthig. Mehrere Kreisgerichte hatten zu wenig
zu thun, und das Personal konnte doch nicht beschränkt werden; ähnlich gieng es
bei den Amtsgerichten und Aemtern: man fand nicht genug Leute um die Stellen
richtig auszufüllen, um die kleinen Kreisgerichte konnte sich ein bedeutender An-
waltsstand nicht sammeln, und in Folge der vielen Eisenbahnverbindungen fiel
auch der frühere Grund der weiten Entfernung von dem Sitze der Stelle hinweg.
Außerdem bedingt auch die Einführung einer gemeinsamen deutschen Civil- und
Strafproceßordnung größere Bezirke mit einer entsprechenderen Anzahl von Rich-
tern. Es ist daher durch die neue Verordnung die Zahl der Bezirksämter von 59
auf 52, jene der Amtsgerichte von 66 auf 53 und die der Kreisgerichte von 11 auf 7
herabgemindert worden. Aufgehoben wurden die Kreisgerichte Villingen, Lörrach,
Baden und Heidelberg, und die denselben zugehörigen Amtsgerichte an die übrigen ver-
theilt. Der Kreis Lörrach wird mit Freiburg, der Kreis Heidelberg mit Mannheim,
vom Kreise Villingen der Bezirk Triberg mit Offenburg, der Rest mit Constanz,
vom Kreise Baden die Bezirke Achern und Buhl mit Offenburg, Baden und Rastatt
(Gernsbach) mit Karlsruhe vereinigt. Von den Amtsgerichten wurden verschmolzen:
Meersburg mit Ueberlingen, Radolfszell mit Constanz, Jestetten mit Waldshut,
Haslach mit Wolfach, Gengenbach mit Offenburg, Gernsbach mit Rastatt, Kenzin-
gen mit Emmendingen und Ettenheim, Philippsburg mit Bruchsal, Ladenburg mit
Mannheim, Neckargemünd mit Heidelberg, Neckarbischofsheim mit Sinsheim, Ger-
lachsheim mit Tauberbischofsheim und Walldürn mit Wertheim, Buchen und
Tauberbischofsheim. In ganz gleicher Weise wie die Amtsgerichte wurden auch
die aufzuhebenden Bezirksämter Radolfszell, Jestetten, Kenzingen, Gengenbach,
Gernsbach, Boxberg und Walldürn vertheilt. Durch diese neue Organisation wird
das Amtsgericht immer seinen Sitz an dem Orte des Bezirksamts haben, mit Aus-
nahme dessen von Boxberg, das vorläufig noch bestehen bleibt, aber unstreitig auch
nicht auf sehr lange Zeit; denn es wird für jene Gegend noch zu andern Aenderun-
gen kommen müssen, in Folge deren die dortigen verschiedenen Stellen in Oster-
burken, dem Centralpunkt der Odenwald-Eisenbahnen, zu vereinigen sein werden.

Heute Nachmittags hat der feierliche Empfang des
französischen Botschafters, Vicomte v. Gontaut-Biron, stattgefunden. Derselbe
wurde um 3 Uhr Nachmittags mit dem Botschafts-Personal vom Ceremonienmeister
Frhrn. v. Rosenberg aus dem Hotel Royal in Hof-Galawagen zur Audienz abgeholt
und vom Vice-Oberceremonienmeister v. Roeder dem Kaiser zugeführt, welcher,
umgeben vom Ministerpräsidenten Fürsten Bismarck, dem Oberceremonienmeister
Grafen Stillfried, den General-Adjutanten, den Flügel-Adjutanten etc., das Be-
glaubigungsschreiben entgegennahm. Gleich nachher hatte der Botschafter seine
Antritts-Audienz bei der Kaiserin. Außerdem hatte auch der heut aus Kopenhagen
hier eingetroffene deutsche Gesandte v. Heydebrand beim Kaiser eine Audienz. Der
dänische Minister Graf Frijs ist gestern Abends wieder abgereist. Ebenso hat sich der
württembergische Wirkl. Geh. Legationsrath Graf Uexküll, nach Erledigung seiner
Geschäfte dahier im auswärtigen Amt- und im Bundeskanzleramte, verabschiedet
und ist am Sonntag Abend nach Stuttgart zurückgekehrt. -- Der Geh. Regierungs-
rath und vortragende Rath im Handelsministerium Mebes ist zum Geh. Ober-
regierungsrath und Generaldirector der Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen ernannt
worden. Der Generaltelegraphendirector Generalmajor v. Chauvin hat, wie die
"Kreuzztg." mittheilt, in Freiburg im Breisgau Haus und Grundbesitz erworben,
um nach seinem nahe bevorstehenden Rücktritte daselbst dauernd seinen Wohnsitz
zu nehmen. Zu seinem Amtsnachfolger ist der Oberst Meydam designirt.

Der "Reichsanzeiger" veröffentlicht folgenden allerhöchsten Erlaß vom
1 Januar, betreffend die oberste Marinebehörde:

"In Verfolg Meiner Erlasse
vom 30 November und 31 December v. J. bestimmte Ich daß das Marine-Mini-
sterium, unter Fortdauer der durch das Regulativ vom 15 Juni v. J. (Reichsgesetz-
blatt S. 272) geschaffenen Einrichtung der oberen Marinebehörde, fortan den Na-
men "Kaiserliche Admiralität" führen und einen Chef zum Vorstande erhalten soll,
welcher die Verwaltung unter der Verantwortlichkeit des Reichskanzlers und den
Oberbefehl nach Meinen Anordnungen zu führen hat. Dieser Erlaß ist durch das
Reichsgesetzblatt zu veröffentlichen.

Wilhelm. Fürst v. Bis-
marck.
" "
-- In der heutigen Plenarsitzung des Bundesraths, in welcher Staats-
minister Delbrück den Vorsitz führte, wurden mehrere Vorlagen den betreffenden
Ausschüssen überwiesen, und hierauf Ausschußberichte erstattet über die Zusatz-Con-
vention vom 11 December 1871 zu dem Friedensvertrage mit Frankreich und über
einen Antrag Württembergs, betreffend die Approbation der Thierärzte etc. --
Eine Mittheilung der "N. A. Ztg." läßt es dahingestellt ob der evangelische Ober-
kirchenrath sich wirklich darüber beschwert habe daß er zu den Vorberathungen über
das Schulaussichtsgesetz nicht zugezogen worden, hält dieß aber für unwahrschein-
lich. Der evangelische Oberkirchenrath vertrete nur einen Theil der Evangelischer-
im preußischen Staate; könnte je davon die Rede sein ihn in der urgirten Weise
zu Rathe zu ziehen, so würde der römisch-katholische Episkopat den gleichen An-
spruch erheben -- von den zahlreichen durch den evangelischen Oberkirchenrath nicht
vertretenen Protestanten Preußens zu geschweigen. -- Der Cultusminister hat, so
meldet der "Rh. Kur.," auf die Beschwerdevorstellung der Altkatholiken zu Wies-
baden verfügt: daß davon Abstand genommen werde die Steuerrückstände zur katho-
lischen Kirchencasse aus den Jahren 1869 und 1870 von den Beschwerdeführern
(es sind dieß zusammen 135) im Verwaltungswege, soweit dieß nicht bereits ge-
schehen ist, beizutreiben, dem Kirchenvorstande vielmehr zu überlassen die behaup-

Bonjean, endlich Deguerry, Clerc und Ducondray. Die Föderirten umgaben ihre
Opfer; den Schluß machte der Wärter Jeanart, mehr todt als lebendig. Der Ange-
klagte Fortin übergab, wie der Seminariſt Gard aus ſeiner Zelle ſehen konnte, einem
Officier ſeinen Säbel und einen Degen mit goldenem Griff, um Feuer zu commandiren.
So gelangte man zum zweiten äußeren Rundweg, der durch ein Gitter abgeſchloſſen
war, deſſen Oeffnen abgewartet werden mußte. Der Erzbiſchof verſuchte hier noch
einmal zu ſprechen, aber die Föderirten antworteten ihm mit neuen Beleidigungen.
Jeanart konnte hier den Opfern verſtohlen die Hand drücken; ſie ſegneten ihn, und er
wurde ſo ergriffen daß er ſich einen Moment niederſetzen mußte. Er ließ die Föderirten
weiter gehen, und ergriff dann die Flucht. Ramain begleitete das Peloton bis zur
Hälfte des Rundweges, und kam dann nach der Regiſtratur zurück. Ueber die weiteren
Vorgänge weiß der Anklage-Act nichts mehr zu berichten, da der Unterſuchung die Aus-
ſagen von Augenzeugen nicht mehr zur Verfügung ſtanden.“



Deutſches Reich.

Die mehrerwähnte bei der Kammer eingereichte
Beſchwerde des Biſchofs von Augsburg wegen Verfaſſungsverletzung gründet ſich
auf die durch Erlaß des Cultusminiſters vom 27 Februar 1871 (zuerſt veröffent-
licht in der Auß. Beil. z. Allg. Ztg. vom 25 März 1871) gegebene Entſcheidung in
der Meringer Angelegenheit. Aus der Schilderung der Meringer Zuſtände in der
biſchöflichen Beſchwerde entnehmen wir folgende Stelle:

„... Inzwiſchen wuchs ein zügelloſer Geiſt in Mering ſich immer mehr aus. Ein
gleichfalls excommunicirter Prieſter der Diöceſe Speyer, Kühn, betrat als Gaſt die
Kanzel der Pfarrkirche, um auch ſeinerſeits die Gemeinde gegen Lehre und Autorität der
Kirche zu haranguiren, der von mir (Biſchof) beſtellte Vicar mußte ſich öffentlich be-
ſchimpfen laſſen, ſelbſt ſeine perſönliche Sicherheit erachtete er bedroht, ſo daß ich ihm
außerhalb des Pfarrorts zu wohnen geſtattete. Die Ortseinwohner bis herab auf die
Schuljugend in zwei Parteien geſpalten, die treuen Katholiken Beſchimpfungen ſeitens
Anhänger Renftle’s preisgegeben und ſogar für die Sicherheit ihres Eigenthums fürch-
tend, ſelbſt die Schuljugend gegen die „ſchwarzen“ Schulgenoſſen Inſulte ausübend.
Dieß das Bild der traurigen Zuſtände in Mering.“

Erſt auf wiederholte Vorſtellungen an das Cultusminiſterium ſei am 26 März
die oben erwähnte Entſcheidung vom 27 Febr. an den Hrn. Biſchof von Augsburg
gelangt. Der letztere ergriff darauf hin unterm 15 April 1871 Recurs zum
Staatsrath, auf welchen in 7 Monaten keine Antwort erfolgt ſei. In Folge deſſen
bringt nun der Biſchof ſeine Beſchwerde vor die Kammer:

„1) Ein excommunicirter und deponirter Pfarrer einer Pfründe, auf welche noch
dazu der Biſchof das Recht der freien Collation hat, wird von der Regierung im Beſitze
ſeiner Pfründe geſchützt und einem rechtmäßigen Pfarrer gleich geachtet; 2) dadurch
wird es dem Biſchof unmöglich gemacht in den zur Diöceſanleitung gehörigen Angelegen-
heiten die zuſtändigen Befugniſſe und Verpflichtungen innerhalb des Pfarrbezirks Mering
nach kirchlichen und ſtaatlichen Geſetzen auszuüben; 3) vor einem ſolchen Prieſter, der
nicht mehr parochus proprius im kanoniſchen Sinn iſt, werden Ehen geſchloſſen, und
zwar überdieß ſo daß in vorkommenden Fällen die über Ehehinderniſſe und deren Be-
ſeitigung geltenden Kirchengeſetze nicht zur Anwendung kommen. Zwar ſind die treuen
Katholiken der Pfarrei nicht gehindert die Ehe vor dem biſchöflichen Vicar zu ſchließen,
durch welchen auch allfällige Dispenſen erholt werden, allein auch unter dieſer Vor-
ausſetzung bleibt die Contrahirung der Ehe von Anhängern Renftle’s vor dieſem eine
verfaſſungsmäßig unzuläſſige; 4) die glaubenstreuen Katholiken von Mering ſind ge-
zwungen, um nicht an den Sacrilegien eines excommunicirten Prieſters participiren zu
müſſen, das ihnen rechtmäßig zugehörende Gotteshaus ihrer Pfarrkirche zu meiden, und
namentlich müſſen die treuen Katholiken des Pfarrorts zum Gottesdienſte u. ſ. w.
nach der eine halbe Stunde entfernten kleinen Filialkirche Meringerzell gehen, wo
der Vicar wohnt. Ebenſo müſſen die Eltern Merings ihre ſchul- und chriſtlehr-
pflichtigen Kinder allwöchentlich zum Religionsuntericht an den Aufenthaltsort des
Vicars ſenden, ſeitdem dieß den getreuen Katholiken Merings durch Regie-
rungserlaß geſtattet iſt. 5) Renftle übt wie zuvor für den ganzen Pfarrbezirk die
Functionen der Localſchulinſpection, die Vorſtandſchaft der Kirchenverwaltung und der
Localarmenpflege aus, und führt die Matrikel als Civilſtandsregiſter. Die Erträgniſſe
der Pfründe, ſelbſt diejenigen welche in der Faſſion auf Haltung eines Caplans aus-
geſetzt ſind, werden von ihm percipirt. Eine Beſchwerde der Filialiſten, die — 1200 —
ſämmtlich ſeine Gegner ſind, iſt von der Regierung dahin beſchieden worden daß, da
Renftle Pfarrer von Mering ſei, nach wie vor ſämmtliche Leiſtungen der Pfarrangehö-
rigen für Ausübung der Seelſorge nur an ihn zu entrichten ſeien. Auf ſolche Weiſe
muß der Vicar, obgleich dieſer neben Paſtorirung der treuen Katboliken des Pfarrortes
alle Obliegenheiten des für Meringerzell beſtimmten Caplans erfüllt, vollſtändig aus der
biſchöflichen Caſſe erhalten werden.“

Auf Grund dieſer Zuſtände, hervorgerufen durch die Haltung des Cultus-
miniſters, erachtet ſich der Hr. Biſchof von Augsburg beſchwert:

„1) bezüglich der Verſagung des nachgeſuchten verfaſſungsmäßigen Schutzes,
2) bezüglich mehrfacher Schädigung an verfaſſungsmäßigen Rechten und Befugniſſen
durch Verletzung ausdrücklicher Verfaſſungsbeſtimmungen. Dieſe Verletzung wird nachge-
wieſen a) in der Richtung auf die den aufgenommenen Religions- und Kirchengeſell-
ſchaften, beziehungsweiſe deren Obern, gewährleiſteten Rechte und Befugniſſe, in specie
auf Verwaltung des geiſtlichen Amtes im allgemeinen und Eheſchließung insbeſondere,
deßgleichen in Richtung auf Ausübung des geiſtlichen Correctionsrechts. (§§. 39 und 40
der II. Verfaſſungsbeilage, Art. XII lit. e des Concordats.) b) In der Richtung auf
die religiöſe Gewiſſensfreiheit der meiner geiſtlichen Jurisdiction unterſtellten Gläubi-
gen. (§§. 1 und 2 der II. Verfaſſungsbeilage.) c) In Richtung auf den garantirten
Rechtsſchutz kirchlichen Eigenthums. (Tit. II. §. 9 Abſ. IV der Verfaſſungsurkunde).“

Der Biſchof bittet deßhalb:

„Hohe Kammer wolle die Beſchwerde ihrer Würdigung unterziehen und, falls
ſie begründet befunden wird, zur Wiederherſtellung des Rechtes der Kirche in der Pfarrei
Mering die geeignete Mitwirkung angedeihen laſſen.“

Das Referat über dieſe Beſchwerde iſt bekanntlich dem Abg. Bezirksamt-
mann Hauck übertragen worden. Derſelbe kommt zu dem Schluſſe: das Miniſte-
rium habe ſich auf Seite des Biſchofs von Augsburg zu ſtellen und den Pfarrer
Renftle von ſeiner Pfarrei zu entfernen. Die „rechtgläubigen“ Mitglieder der
Gemeinde Mering hätten zwar kein Recht auf Einſetzung oder Entfernung des
Pfarrers, wohl aber darauf, nur einen rechtgläubigen, kanoniſch inveſtirten und
fortdauernd anerkannten Pfarrer zu haben. Deßhalb ſeien auch deren verfaſſungs-
mäßige Rechte verletzt. Was aber Renftle und deſſen Anhänger betreffe, ſo habe
erſterer, ſolange er excommunicirt ſei, kein Recht mehr an die Kirche und ihr Ver-
mögen, letztere hiengen ihm entweder bewußt an, dann verfielen ſie ſeinem Looſe,
oder ſie ſeien noch Mitglieder der Kirche, dann hätten ſie ſich dem Biſchofe zu
unterwerfen. Referent beantragt ſchließlich: die Beſchwerde für begründet zu er-
achten und Se. Majeſtät um Abhülfe zu erſuchen.

Für die nächſte Kammerſitzung am Donnerſtag hat der Abg. Pfarrer Ruß-
wurm eine Interpellation angekündigt in Betreff des altkatholiſchen Begräbniſſes
in Amberg, reſp. der darauf bezüglichen Entſchließung der Regierung der Oberpfalz.

Schon ſeit längerer Zeit war vom Miniſterium
angekündigt worden daß eine Vereinfachung unſerer innern Verwaltung und der
Gerichte bevorſtehe, und es ſind bereits die Miniſterien des Aeußern und des Kriegs
und die Central-Mittelſtellen für das Medicinal- und Kataſterweſen aufgehoben
worden. Nun endlich erfolgten noch viel weiter gehende Aenderungen an der Bil-
dung der Aemter und Gerichte, die mit dem 1 Mai eintreten ſollen. Ich weiß
gerade nicht das wievieltemal ſchon in dieſen Dingen ſeit Bildung des Großherzog-
thums geändert worden iſt, wodurch man uns mit Recht den Vorwurf des beſtän-
digen Experimentirens machte. Aber war die letzte Organiſation der Aemter und
Gerichte eine Verſchlechterung, und nur gemacht um recht viele Städtchen für die
damalige Regierung günſtig zu ſtimmen, ſo iſt die heutige Veränderung eine wirk-
liche Verbeſſerung, welche dem Lande jährlich wenigſtens 100,000 fl. erſpart. Es
wird freilich viel Geſchrei darüber erhoben werden daß dieſes oder jenes Städtchen
eine Stelle wieder verlieren ſoll, aber die bisherige Organiſation war eben doch
eine verfehlte und die Aenderung nöthig. Mehrere Kreisgerichte hatten zu wenig
zu thun, und das Perſonal konnte doch nicht beſchränkt werden; ähnlich gieng es
bei den Amtsgerichten und Aemtern: man fand nicht genug Leute um die Stellen
richtig auszufüllen, um die kleinen Kreisgerichte konnte ſich ein bedeutender An-
waltsſtand nicht ſammeln, und in Folge der vielen Eiſenbahnverbindungen fiel
auch der frühere Grund der weiten Entfernung von dem Sitze der Stelle hinweg.
Außerdem bedingt auch die Einführung einer gemeinſamen deutſchen Civil- und
Strafproceßordnung größere Bezirke mit einer entſprechenderen Anzahl von Rich-
tern. Es iſt daher durch die neue Verordnung die Zahl der Bezirksämter von 59
auf 52, jene der Amtsgerichte von 66 auf 53 und die der Kreisgerichte von 11 auf 7
herabgemindert worden. Aufgehoben wurden die Kreisgerichte Villingen, Lörrach,
Baden und Heidelberg, und die denſelben zugehörigen Amtsgerichte an die übrigen ver-
theilt. Der Kreis Lörrach wird mit Freiburg, der Kreis Heidelberg mit Mannheim,
vom Kreiſe Villingen der Bezirk Triberg mit Offenburg, der Reſt mit Conſtanz,
vom Kreiſe Baden die Bezirke Achern und Buhl mit Offenburg, Baden und Raſtatt
(Gernsbach) mit Karlsruhe vereinigt. Von den Amtsgerichten wurden verſchmolzen:
Meersburg mit Ueberlingen, Radolfszell mit Conſtanz, Jeſtetten mit Waldshut,
Haslach mit Wolfach, Gengenbach mit Offenburg, Gernsbach mit Raſtatt, Kenzin-
gen mit Emmendingen und Ettenheim, Philippsburg mit Bruchſal, Ladenburg mit
Mannheim, Neckargemünd mit Heidelberg, Neckarbiſchofsheim mit Sinsheim, Ger-
lachsheim mit Tauberbiſchofsheim und Walldürn mit Wertheim, Buchen und
Tauberbiſchofsheim. In ganz gleicher Weiſe wie die Amtsgerichte wurden auch
die aufzuhebenden Bezirksämter Radolfszell, Jeſtetten, Kenzingen, Gengenbach,
Gernsbach, Boxberg und Walldürn vertheilt. Durch dieſe neue Organiſation wird
das Amtsgericht immer ſeinen Sitz an dem Orte des Bezirksamts haben, mit Aus-
nahme deſſen von Boxberg, das vorläufig noch beſtehen bleibt, aber unſtreitig auch
nicht auf ſehr lange Zeit; denn es wird für jene Gegend noch zu andern Aenderun-
gen kommen müſſen, in Folge deren die dortigen verſchiedenen Stellen in Oſter-
burken, dem Centralpunkt der Odenwald-Eiſenbahnen, zu vereinigen ſein werden.

Heute Nachmittags hat der feierliche Empfang des
franzöſiſchen Botſchafters, Vicomte v. Gontaut-Biron, ſtattgefunden. Derſelbe
wurde um 3 Uhr Nachmittags mit dem Botſchafts-Perſonal vom Ceremonienmeiſter
Frhrn. v. Roſenberg aus dem Hôtel Royal in Hof-Galawagen zur Audienz abgeholt
und vom Vice-Oberceremonienmeiſter v. Roeder dem Kaiſer zugeführt, welcher,
umgeben vom Miniſterpräſidenten Fürſten Bismarck, dem Oberceremonienmeiſter
Grafen Stillfried, den General-Adjutanten, den Flügel-Adjutanten ꝛc., das Be-
glaubigungsſchreiben entgegennahm. Gleich nachher hatte der Botſchafter ſeine
Antritts-Audienz bei der Kaiſerin. Außerdem hatte auch der heut aus Kopenhagen
hier eingetroffene deutſche Geſandte v. Heydebrand beim Kaiſer eine Audienz. Der
däniſche Miniſter Graf Frijs iſt geſtern Abends wieder abgereist. Ebenſo hat ſich der
württembergiſche Wirkl. Geh. Legationsrath Graf Uexküll, nach Erledigung ſeiner
Geſchäfte dahier im auswärtigen Amt- und im Bundeskanzleramte, verabſchiedet
und iſt am Sonntag Abend nach Stuttgart zurückgekehrt. — Der Geh. Regierungs-
rath und vortragende Rath im Handelsminiſterium Mebes iſt zum Geh. Ober-
regierungsrath und Generaldirector der Eiſenbahnen in Elſaß-Lothringen ernannt
worden. Der Generaltelegraphendirector Generalmajor v. Chauvin hat, wie die
„Kreuzztg.“ mittheilt, in Freiburg im Breisgau Haus und Grundbeſitz erworben,
um nach ſeinem nahe bevorſtehenden Rücktritte daſelbſt dauernd ſeinen Wohnſitz
zu nehmen. Zu ſeinem Amtsnachfolger iſt der Oberſt Meydam deſignirt.

Der „Reichsanzeiger“ veröffentlicht folgenden allerhöchſten Erlaß vom
1 Januar, betreffend die oberſte Marinebehörde:

„In Verfolg Meiner Erlaſſe
vom 30 November und 31 December v. J. beſtimmte Ich daß das Marine-Mini-
ſterium, unter Fortdauer der durch das Regulativ vom 15 Juni v. J. (Reichsgeſetz-
blatt S. 272) geſchaffenen Einrichtung der oberen Marinebehörde, fortan den Na-
men „Kaiſerliche Admiralität“ führen und einen Chef zum Vorſtande erhalten ſoll,
welcher die Verwaltung unter der Verantwortlichkeit des Reichskanzlers und den
Oberbefehl nach Meinen Anordnungen zu führen hat. Dieſer Erlaß iſt durch das
Reichsgeſetzblatt zu veröffentlichen.

Wilhelm. Fürſt v. Bis-
marck.
“ “
— In der heutigen Plenarſitzung des Bundesraths, in welcher Staats-
miniſter Delbrück den Vorſitz führte, wurden mehrere Vorlagen den betreffenden
Ausſchüſſen überwieſen, und hierauf Ausſchußberichte erſtattet über die Zuſatz-Con-
vention vom 11 December 1871 zu dem Friedensvertrage mit Frankreich und über
einen Antrag Württembergs, betreffend die Approbation der Thierärzte ꝛc. —
Eine Mittheilung der „N. A. Ztg.“ läßt es dahingeſtellt ob der evangeliſche Ober-
kirchenrath ſich wirklich darüber beſchwert habe daß er zu den Vorberathungen über
das Schulauſſichtsgeſetz nicht zugezogen worden, hält dieß aber für unwahrſchein-
lich. Der evangeliſche Oberkirchenrath vertrete nur einen Theil der Evangeliſcher-
im preußiſchen Staate; könnte je davon die Rede ſein ihn in der urgirten Weiſe
zu Rathe zu ziehen, ſo würde der römiſch-katholiſche Epiſkopat den gleichen An-
ſpruch erheben — von den zahlreichen durch den evangeliſchen Oberkirchenrath nicht
vertretenen Proteſtanten Preußens zu geſchweigen. — Der Cultusminiſter hat, ſo
meldet der „Rh. Kur.,“ auf die Beſchwerdevorſtellung der Altkatholiken zu Wies-
baden verfügt: daß davon Abſtand genommen werde die Steuerrückſtände zur katho-
liſchen Kirchencaſſe aus den Jahren 1869 und 1870 von den Beſchwerdeführern
(es ſind dieß zuſammen 135) im Verwaltungswege, ſoweit dieß nicht bereits ge-
ſchehen iſt, beizutreiben, dem Kirchenvorſtande vielmehr zu überlaſſen die behaup-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <pb facs="#f0004" n="148"/>
          <p>
            <cit>
              <quote>Bonjean, endlich Deguerry, Clerc und Ducondray. Die Föderirten umgaben ihre<lb/>
Opfer; den Schluß machte der Wärter Jeanart, mehr todt als lebendig. Der Ange-<lb/>
klagte Fortin übergab, wie der Seminari&#x017F;t Gard aus &#x017F;einer Zelle &#x017F;ehen konnte, einem<lb/>
Officier &#x017F;einen Säbel und einen Degen mit goldenem Griff, um Feuer zu commandiren.<lb/>
So gelangte man zum zweiten äußeren Rundweg, der durch ein Gitter abge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
war, de&#x017F;&#x017F;en Oeffnen abgewartet werden mußte. Der Erzbi&#x017F;chof ver&#x017F;uchte hier noch<lb/>
einmal zu &#x017F;prechen, aber die Föderirten antworteten ihm mit neuen Beleidigungen.<lb/>
Jeanart konnte hier den Opfern ver&#x017F;tohlen die Hand drücken; &#x017F;ie &#x017F;egneten ihn, und er<lb/>
wurde &#x017F;o ergriffen daß er &#x017F;ich einen Moment nieder&#x017F;etzen mußte. Er ließ die Föderirten<lb/>
weiter gehen, und ergriff dann die Flucht. Ramain begleitete das Peloton bis zur<lb/>
Hälfte des Rundweges, und kam dann nach der Regi&#x017F;tratur zurück. Ueber die weiteren<lb/>
Vorgänge weiß der Anklage-Act nichts mehr zu berichten, da der Unter&#x017F;uchung die Aus-<lb/>
&#x017F;agen von Augenzeugen nicht mehr zur Verfügung &#x017F;tanden.&#x201C;</quote>
            </cit>
          </p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Deut&#x017F;ches Reich.</hi> </head><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <dateline>* <hi rendition="#b">München,</hi> 9 Jan.</dateline>
            <p>Die mehrerwähnte bei der Kammer eingereichte<lb/>
Be&#x017F;chwerde des Bi&#x017F;chofs von Augsburg wegen Verfa&#x017F;&#x017F;ungsverletzung gründet &#x017F;ich<lb/>
auf die durch Erlaß des Cultusmini&#x017F;ters vom 27 Februar 1871 (zuer&#x017F;t veröffent-<lb/>
licht in der Auß. Beil. z. Allg. Ztg. vom 25 März 1871) gegebene Ent&#x017F;cheidung in<lb/>
der Meringer Angelegenheit. Aus der Schilderung der Meringer Zu&#x017F;tände in der<lb/>
bi&#x017F;chöflichen Be&#x017F;chwerde entnehmen wir folgende Stelle:</p><lb/>
            <floatingText>
              <body>
                <div n="1">
                  <p>&#x201E;... Inzwi&#x017F;chen wuchs ein zügello&#x017F;er Gei&#x017F;t in Mering &#x017F;ich immer mehr aus. Ein<lb/>
gleichfalls excommunicirter Prie&#x017F;ter der Diöce&#x017F;e Speyer, Kühn, betrat als Ga&#x017F;t die<lb/>
Kanzel der Pfarrkirche, um auch &#x017F;einer&#x017F;eits die Gemeinde gegen Lehre und Autorität der<lb/>
Kirche zu haranguiren, der von mir (Bi&#x017F;chof) be&#x017F;tellte Vicar mußte &#x017F;ich öffentlich be-<lb/>
&#x017F;chimpfen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eine per&#x017F;önliche Sicherheit erachtete er bedroht, &#x017F;o daß ich ihm<lb/>
außerhalb des Pfarrorts zu wohnen ge&#x017F;tattete. Die Ortseinwohner bis herab auf die<lb/>
Schuljugend in zwei Parteien ge&#x017F;palten, die treuen Katholiken Be&#x017F;chimpfungen &#x017F;eitens<lb/>
Anhänger Renftle&#x2019;s preisgegeben und &#x017F;ogar für die Sicherheit ihres Eigenthums fürch-<lb/>
tend, &#x017F;elb&#x017F;t die Schuljugend gegen die &#x201E;&#x017F;chwarzen&#x201C; Schulgeno&#x017F;&#x017F;en In&#x017F;ulte ausübend.<lb/>
Dieß das Bild der traurigen Zu&#x017F;tände in Mering.&#x201C;</p>
                </div>
              </body>
            </floatingText><lb/>
            <p>Er&#x017F;t auf wiederholte Vor&#x017F;tellungen an das Cultusmini&#x017F;terium &#x017F;ei am 26 März<lb/>
die oben erwähnte Ent&#x017F;cheidung vom 27 Febr. an den Hrn. Bi&#x017F;chof von Augsburg<lb/>
gelangt. Der letztere ergriff darauf hin unterm 15 April 1871 Recurs zum<lb/>
Staatsrath, auf welchen in 7 Monaten keine Antwort erfolgt &#x017F;ei. In Folge de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
bringt nun der Bi&#x017F;chof &#x017F;eine Be&#x017F;chwerde vor die Kammer:</p><lb/>
            <floatingText>
              <body>
                <div n="1">
                  <p>&#x201E;1) Ein excommunicirter und deponirter Pfarrer einer Pfründe, auf welche noch<lb/>
dazu der Bi&#x017F;chof das Recht der freien Collation hat, wird von der Regierung im Be&#x017F;itze<lb/>
&#x017F;einer Pfründe ge&#x017F;chützt und einem rechtmäßigen Pfarrer gleich geachtet; 2) dadurch<lb/>
wird es dem Bi&#x017F;chof unmöglich gemacht in den zur Diöce&#x017F;anleitung gehörigen Angelegen-<lb/>
heiten die zu&#x017F;tändigen Befugni&#x017F;&#x017F;e und Verpflichtungen innerhalb des Pfarrbezirks Mering<lb/>
nach kirchlichen und &#x017F;taatlichen Ge&#x017F;etzen auszuüben; 3) vor einem &#x017F;olchen Prie&#x017F;ter, der<lb/>
nicht mehr <hi rendition="#aq">parochus proprius</hi> im kanoni&#x017F;chen Sinn i&#x017F;t, werden Ehen ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, und<lb/>
zwar überdieß &#x017F;o daß in vorkommenden Fällen die über Ehehinderni&#x017F;&#x017F;e und deren Be-<lb/>
&#x017F;eitigung geltenden Kirchenge&#x017F;etze nicht zur Anwendung kommen. Zwar &#x017F;ind die treuen<lb/>
Katholiken der Pfarrei nicht gehindert die Ehe vor dem bi&#x017F;chöflichen Vicar zu &#x017F;chließen,<lb/>
durch welchen auch allfällige Dispen&#x017F;en erholt werden, allein auch unter die&#x017F;er Vor-<lb/>
aus&#x017F;etzung bleibt die Contrahirung der Ehe von Anhängern Renftle&#x2019;s vor die&#x017F;em eine<lb/>
verfa&#x017F;&#x017F;ungsmäßig unzulä&#x017F;&#x017F;ige; 4) die glaubenstreuen Katholiken von Mering &#x017F;ind ge-<lb/>
zwungen, um nicht an den Sacrilegien eines excommunicirten Prie&#x017F;ters participiren zu<lb/>&#x017F;&#x017F;en, das ihnen rechtmäßig zugehörende Gotteshaus ihrer Pfarrkirche zu meiden, und<lb/>
namentlich mü&#x017F;&#x017F;en die treuen Katholiken des Pfarrorts zum Gottesdien&#x017F;te u. &#x017F;. w.<lb/>
nach der eine halbe Stunde entfernten kleinen Filialkirche Meringerzell gehen, wo<lb/>
der Vicar wohnt. Eben&#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;en die Eltern Merings ihre &#x017F;chul- und chri&#x017F;tlehr-<lb/>
pflichtigen Kinder allwöchentlich zum Religionsuntericht an den Aufenthaltsort des<lb/>
Vicars &#x017F;enden, &#x017F;eitdem dieß den getreuen Katholiken Merings durch Regie-<lb/>
rungserlaß ge&#x017F;tattet i&#x017F;t. 5) Renftle übt wie zuvor für den ganzen Pfarrbezirk die<lb/>
Functionen der Local&#x017F;chulin&#x017F;pection, die Vor&#x017F;tand&#x017F;chaft der Kirchenverwaltung und der<lb/>
Localarmenpflege aus, und führt die Matrikel als Civil&#x017F;tandsregi&#x017F;ter. Die Erträgni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
der Pfründe, &#x017F;elb&#x017F;t diejenigen welche in der Fa&#x017F;&#x017F;ion auf Haltung eines Caplans aus-<lb/>
ge&#x017F;etzt &#x017F;ind, werden von ihm percipirt. Eine Be&#x017F;chwerde der Filiali&#x017F;ten, die &#x2014; 1200 &#x2014;<lb/>
&#x017F;ämmtlich &#x017F;eine Gegner &#x017F;ind, i&#x017F;t von der Regierung dahin be&#x017F;chieden worden daß, da<lb/>
Renftle Pfarrer von Mering &#x017F;ei, nach wie vor &#x017F;ämmtliche Lei&#x017F;tungen der Pfarrangehö-<lb/>
rigen für Ausübung der Seel&#x017F;orge nur an ihn zu entrichten &#x017F;eien. Auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e<lb/>
muß der Vicar, obgleich die&#x017F;er neben Pa&#x017F;torirung der treuen Katboliken des Pfarrortes<lb/>
alle Obliegenheiten des für Meringerzell be&#x017F;timmten Caplans erfüllt, voll&#x017F;tändig aus der<lb/>
bi&#x017F;chöflichen Ca&#x017F;&#x017F;e erhalten werden.&#x201C;</p>
                </div>
              </body>
            </floatingText><lb/>
            <p>Auf Grund die&#x017F;er Zu&#x017F;tände, hervorgerufen durch die Haltung des Cultus-<lb/>
mini&#x017F;ters, erachtet &#x017F;ich der Hr. Bi&#x017F;chof von Augsburg be&#x017F;chwert:</p><lb/>
            <floatingText>
              <body>
                <div n="1">
                  <p>&#x201E;1) bezüglich der Ver&#x017F;agung des nachge&#x017F;uchten verfa&#x017F;&#x017F;ungsmäßigen Schutzes,<lb/>
2) bezüglich mehrfacher Schädigung an verfa&#x017F;&#x017F;ungsmäßigen Rechten und Befugni&#x017F;&#x017F;en<lb/>
durch Verletzung ausdrücklicher Verfa&#x017F;&#x017F;ungsbe&#x017F;timmungen. Die&#x017F;e Verletzung wird nachge-<lb/>
wie&#x017F;en <hi rendition="#aq">a</hi>) in der Richtung auf die den aufgenommenen Religions- und Kirchenge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaften, beziehungswei&#x017F;e deren Obern, gewährlei&#x017F;teten Rechte und Befugni&#x017F;&#x017F;e, <hi rendition="#aq">in specie</hi><lb/>
auf Verwaltung des gei&#x017F;tlichen Amtes im allgemeinen und Ehe&#x017F;chließung insbe&#x017F;ondere,<lb/>
deßgleichen in Richtung auf Ausübung des gei&#x017F;tlichen Correctionsrechts. (§§. 39 und 40<lb/>
der <hi rendition="#aq">II.</hi> Verfa&#x017F;&#x017F;ungsbeilage, Art. <hi rendition="#aq">XII lit. e</hi> des Concordats.) <hi rendition="#aq">b</hi>) In der Richtung auf<lb/>
die religiö&#x017F;e Gewi&#x017F;&#x017F;ensfreiheit der meiner gei&#x017F;tlichen Jurisdiction unter&#x017F;tellten Gläubi-<lb/>
gen. (§§. 1 und 2 der <hi rendition="#aq">II.</hi> Verfa&#x017F;&#x017F;ungsbeilage.) <hi rendition="#aq">c</hi>) In Richtung auf den garantirten<lb/>
Rechts&#x017F;chutz kirchlichen Eigenthums. (Tit. <hi rendition="#aq">II.</hi> §. 9 Ab&#x017F;. <hi rendition="#aq">IV</hi> der Verfa&#x017F;&#x017F;ungsurkunde).&#x201C;</p>
                </div>
              </body>
            </floatingText><lb/>
            <p>Der Bi&#x017F;chof bittet deßhalb:</p><lb/>
            <cit>
              <quote>&#x201E;Hohe Kammer wolle die Be&#x017F;chwerde ihrer Würdigung unterziehen und, falls<lb/>
&#x017F;ie begründet befunden wird, zur Wiederher&#x017F;tellung des Rechtes der Kirche in der Pfarrei<lb/>
Mering die geeignete Mitwirkung angedeihen la&#x017F;&#x017F;en.&#x201C;</quote>
            </cit><lb/>
            <p>Das Referat über die&#x017F;e Be&#x017F;chwerde i&#x017F;t bekanntlich dem Abg. Bezirksamt-<lb/>
mann Hauck übertragen worden. Der&#x017F;elbe kommt zu dem Schlu&#x017F;&#x017F;e: das Mini&#x017F;te-<lb/>
rium habe &#x017F;ich auf Seite des Bi&#x017F;chofs von Augsburg zu &#x017F;tellen und den Pfarrer<lb/>
Renftle von &#x017F;einer Pfarrei zu entfernen. Die &#x201E;rechtgläubigen&#x201C; Mitglieder der<lb/>
Gemeinde Mering hätten zwar kein Recht auf Ein&#x017F;etzung oder Entfernung des<lb/>
Pfarrers, wohl aber darauf, nur einen rechtgläubigen, kanoni&#x017F;ch inve&#x017F;tirten und<lb/>
fortdauernd anerkannten Pfarrer zu haben. Deßhalb &#x017F;eien auch deren verfa&#x017F;&#x017F;ungs-<lb/>
mäßige Rechte verletzt. Was aber Renftle und de&#x017F;&#x017F;en Anhänger betreffe, &#x017F;o habe<lb/>
er&#x017F;terer, &#x017F;olange er excommunicirt &#x017F;ei, kein Recht mehr an die Kirche und ihr Ver-<lb/>
mögen, letztere hiengen ihm entweder bewußt an, dann verfielen &#x017F;ie &#x017F;einem Loo&#x017F;e,<lb/>
oder &#x017F;ie &#x017F;eien noch Mitglieder der Kirche, dann hätten &#x017F;ie &#x017F;ich dem Bi&#x017F;chofe zu<lb/>
unterwerfen. Referent beantragt &#x017F;chließlich: die Be&#x017F;chwerde für begründet zu er-<lb/>
achten und Se. Maje&#x017F;tät um Abhülfe zu er&#x017F;uchen.</p><lb/>
            <p>Für die näch&#x017F;te Kammer&#x017F;itzung am Donner&#x017F;tag hat der Abg. Pfarrer Ruß-<lb/>
wurm eine Interpellation angekündigt in Betreff des altkatholi&#x017F;chen Begräbni&#x017F;&#x017F;es<lb/>
in Amberg, re&#x017F;p. der darauf bezüglichen Ent&#x017F;chließung der Regierung der Oberpfalz.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jComment" n="3">
            <dateline># <hi rendition="#b">Aus Baden,</hi> 9 Jan.</dateline>
            <p>Schon &#x017F;eit längerer Zeit war vom Mini&#x017F;terium<lb/>
angekündigt worden daß eine Vereinfachung un&#x017F;erer innern Verwaltung und der<lb/>
Gerichte bevor&#x017F;tehe, und es &#x017F;ind bereits die Mini&#x017F;terien des Aeußern und des Kriegs<lb/>
und die Central-Mittel&#x017F;tellen für das Medicinal- und Kata&#x017F;terwe&#x017F;en aufgehoben<lb/>
worden. Nun endlich erfolgten noch viel weiter gehende Aenderungen an der Bil-<lb/>
dung der Aemter und Gerichte, die mit dem 1 Mai eintreten &#x017F;ollen. Ich weiß<lb/>
gerade nicht das wievieltemal &#x017F;chon in die&#x017F;en Dingen &#x017F;eit Bildung des Großherzog-<lb/>
thums geändert worden i&#x017F;t, wodurch man uns mit Recht den Vorwurf des be&#x017F;tän-<lb/>
digen Experimentirens machte. Aber war die letzte Organi&#x017F;ation der Aemter und<lb/>
Gerichte eine Ver&#x017F;chlechterung, und nur gemacht um recht viele Städtchen für die<lb/>
damalige Regierung gün&#x017F;tig zu &#x017F;timmen, &#x017F;o i&#x017F;t die heutige Veränderung eine wirk-<lb/>
liche Verbe&#x017F;&#x017F;erung, welche dem Lande jährlich wenig&#x017F;tens 100,000 fl. er&#x017F;part. Es<lb/>
wird freilich viel Ge&#x017F;chrei darüber erhoben werden daß die&#x017F;es oder jenes Städtchen<lb/>
eine Stelle wieder verlieren &#x017F;oll, aber die bisherige Organi&#x017F;ation war eben doch<lb/>
eine verfehlte und die Aenderung nöthig. Mehrere Kreisgerichte hatten zu wenig<lb/>
zu thun, und das Per&#x017F;onal konnte doch nicht be&#x017F;chränkt werden; ähnlich gieng es<lb/>
bei den Amtsgerichten und Aemtern: man fand nicht genug Leute um die Stellen<lb/>
richtig auszufüllen, um die kleinen Kreisgerichte konnte &#x017F;ich ein bedeutender An-<lb/>
walts&#x017F;tand nicht &#x017F;ammeln, und in Folge der vielen Ei&#x017F;enbahnverbindungen fiel<lb/>
auch der frühere Grund der weiten Entfernung von dem Sitze der Stelle hinweg.<lb/>
Außerdem bedingt auch die Einführung einer gemein&#x017F;amen deut&#x017F;chen Civil- und<lb/>
Strafproceßordnung größere Bezirke mit einer ent&#x017F;prechenderen Anzahl von Rich-<lb/>
tern. Es i&#x017F;t daher durch die neue Verordnung die Zahl der Bezirksämter von 59<lb/>
auf 52, jene der Amtsgerichte von 66 auf 53 und die der Kreisgerichte von 11 auf 7<lb/>
herabgemindert worden. Aufgehoben wurden die Kreisgerichte Villingen, Lörrach,<lb/>
Baden und Heidelberg, und die den&#x017F;elben zugehörigen Amtsgerichte an die übrigen ver-<lb/>
theilt. Der Kreis Lörrach wird mit Freiburg, der Kreis Heidelberg mit Mannheim,<lb/>
vom Krei&#x017F;e Villingen der Bezirk Triberg mit Offenburg, der Re&#x017F;t mit Con&#x017F;tanz,<lb/>
vom Krei&#x017F;e Baden die Bezirke Achern und Buhl mit Offenburg, Baden und Ra&#x017F;tatt<lb/>
(Gernsbach) mit Karlsruhe vereinigt. Von den Amtsgerichten wurden ver&#x017F;chmolzen:<lb/>
Meersburg mit Ueberlingen, Radolfszell mit Con&#x017F;tanz, Je&#x017F;tetten mit Waldshut,<lb/>
Haslach mit Wolfach, Gengenbach mit Offenburg, Gernsbach mit Ra&#x017F;tatt, Kenzin-<lb/>
gen mit Emmendingen und Ettenheim, Philippsburg mit Bruch&#x017F;al, Ladenburg mit<lb/>
Mannheim, Neckargemünd mit Heidelberg, Neckarbi&#x017F;chofsheim mit Sinsheim, Ger-<lb/>
lachsheim mit Tauberbi&#x017F;chofsheim und Walldürn mit Wertheim, Buchen und<lb/>
Tauberbi&#x017F;chofsheim. In ganz gleicher Wei&#x017F;e wie die Amtsgerichte wurden auch<lb/>
die aufzuhebenden Bezirksämter Radolfszell, Je&#x017F;tetten, Kenzingen, Gengenbach,<lb/>
Gernsbach, Boxberg und Walldürn vertheilt. Durch die&#x017F;e neue Organi&#x017F;ation wird<lb/>
das Amtsgericht immer &#x017F;einen Sitz an dem Orte des Bezirksamts haben, mit Aus-<lb/>
nahme de&#x017F;&#x017F;en von Boxberg, das vorläufig noch be&#x017F;tehen bleibt, aber un&#x017F;treitig auch<lb/>
nicht auf &#x017F;ehr lange Zeit; denn es wird für jene Gegend noch zu andern Aenderun-<lb/>
gen kommen mü&#x017F;&#x017F;en, in Folge deren die dortigen ver&#x017F;chiedenen Stellen in O&#x017F;ter-<lb/>
burken, dem Centralpunkt der Odenwald-Ei&#x017F;enbahnen, zu vereinigen &#x017F;ein werden.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <dateline>* <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 8 Jan.</dateline>
            <p>Heute Nachmittags hat der feierliche Empfang des<lb/>
franzö&#x017F;i&#x017F;chen Bot&#x017F;chafters, Vicomte v. Gontaut-Biron, &#x017F;tattgefunden. Der&#x017F;elbe<lb/>
wurde um 3 Uhr Nachmittags mit dem Bot&#x017F;chafts-Per&#x017F;onal vom Ceremonienmei&#x017F;ter<lb/>
Frhrn. v. Ro&#x017F;enberg aus dem H<hi rendition="#aq">ô</hi>tel Royal in Hof-Galawagen zur Audienz abgeholt<lb/>
und vom Vice-Oberceremonienmei&#x017F;ter v. Roeder dem Kai&#x017F;er zugeführt, welcher,<lb/>
umgeben vom Mini&#x017F;terprä&#x017F;identen Für&#x017F;ten Bismarck, dem Oberceremonienmei&#x017F;ter<lb/>
Grafen Stillfried, den General-Adjutanten, den Flügel-Adjutanten &#xA75B;c., das Be-<lb/>
glaubigungs&#x017F;chreiben entgegennahm. Gleich nachher hatte der Bot&#x017F;chafter &#x017F;eine<lb/>
Antritts-Audienz bei der Kai&#x017F;erin. Außerdem hatte auch der heut aus Kopenhagen<lb/>
hier eingetroffene deut&#x017F;che Ge&#x017F;andte v. Heydebrand beim Kai&#x017F;er eine Audienz. Der<lb/>
däni&#x017F;che Mini&#x017F;ter Graf Frijs i&#x017F;t ge&#x017F;tern Abends wieder abgereist. Eben&#x017F;o hat &#x017F;ich der<lb/>
württembergi&#x017F;che Wirkl. Geh. Legationsrath Graf Uexküll, nach Erledigung &#x017F;einer<lb/>
Ge&#x017F;chäfte dahier im auswärtigen Amt- und im Bundeskanzleramte, verab&#x017F;chiedet<lb/>
und i&#x017F;t am Sonntag Abend nach Stuttgart zurückgekehrt. &#x2014; Der Geh. Regierungs-<lb/>
rath und vortragende Rath im Handelsmini&#x017F;terium Mebes i&#x017F;t zum Geh. Ober-<lb/>
regierungsrath und Generaldirector der Ei&#x017F;enbahnen in El&#x017F;aß-Lothringen ernannt<lb/>
worden. Der Generaltelegraphendirector Generalmajor v. Chauvin hat, wie die<lb/>
&#x201E;Kreuzztg.&#x201C; mittheilt, in Freiburg im Breisgau Haus und Grundbe&#x017F;itz erworben,<lb/>
um nach &#x017F;einem nahe bevor&#x017F;tehenden Rücktritte da&#x017F;elb&#x017F;t dauernd &#x017F;einen Wohn&#x017F;itz<lb/>
zu nehmen. Zu &#x017F;einem Amtsnachfolger i&#x017F;t der Ober&#x017F;t Meydam de&#x017F;ignirt.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <p>Der &#x201E;Reichsanzeiger&#x201C; veröffentlicht folgenden allerhöch&#x017F;ten Erlaß vom<lb/>
1 Januar, betreffend die ober&#x017F;te Marinebehörde: <floatingText><body><div n="1"><p>&#x201E;In Verfolg Meiner Erla&#x017F;&#x017F;e<lb/>
vom 30 November und 31 December v. J. be&#x017F;timmte Ich daß das Marine-Mini-<lb/>
&#x017F;terium, unter Fortdauer der durch das Regulativ vom 15 Juni v. J. (Reichsge&#x017F;etz-<lb/>
blatt S. 272) ge&#x017F;chaffenen Einrichtung der oberen Marinebehörde, fortan den Na-<lb/>
men &#x201E;Kai&#x017F;erliche Admiralität&#x201C; führen und einen Chef zum Vor&#x017F;tande erhalten &#x017F;oll,<lb/>
welcher die Verwaltung unter der Verantwortlichkeit des Reichskanzlers und den<lb/>
Oberbefehl nach Meinen Anordnungen zu führen hat. Die&#x017F;er Erlaß i&#x017F;t durch das<lb/>
Reichsge&#x017F;etzblatt zu veröffentlichen.</p><closer><dateline><hi rendition="#g">Berlin,</hi> 1 Jan.</dateline><signed><hi rendition="#g">Wilhelm.</hi> Für&#x017F;t v. <hi rendition="#g">Bis-<lb/>
marck.</hi>&#x201C; &#x201C;</signed></closer></div></body></floatingText> &#x2014; In der heutigen Plenar&#x017F;itzung des Bundesraths, in welcher Staats-<lb/>
mini&#x017F;ter Delbrück den Vor&#x017F;itz führte, wurden mehrere Vorlagen den betreffenden<lb/>
Aus&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;en überwie&#x017F;en, und hierauf Aus&#x017F;chußberichte er&#x017F;tattet über die Zu&#x017F;atz-Con-<lb/>
vention vom 11 December 1871 zu dem Friedensvertrage mit Frankreich und über<lb/>
einen Antrag Württembergs, betreffend die Approbation der Thierärzte &#xA75B;c. &#x2014;<lb/>
Eine Mittheilung der &#x201E;N. A. Ztg.&#x201C; läßt es dahinge&#x017F;tellt ob der evangeli&#x017F;che Ober-<lb/>
kirchenrath &#x017F;ich wirklich darüber be&#x017F;chwert habe daß er zu den Vorberathungen über<lb/>
das Schulau&#x017F;&#x017F;ichtsge&#x017F;etz nicht zugezogen worden, hält dieß aber für unwahr&#x017F;chein-<lb/>
lich. Der evangeli&#x017F;che Oberkirchenrath vertrete nur einen Theil der Evangeli&#x017F;cher-<lb/>
im preußi&#x017F;chen Staate; könnte je davon die Rede &#x017F;ein ihn in der urgirten Wei&#x017F;e<lb/>
zu Rathe zu ziehen, &#x017F;o würde der römi&#x017F;ch-katholi&#x017F;che Epi&#x017F;kopat den gleichen An-<lb/>
&#x017F;pruch erheben &#x2014; von den zahlreichen durch den evangeli&#x017F;chen Oberkirchenrath nicht<lb/>
vertretenen Prote&#x017F;tanten Preußens zu ge&#x017F;chweigen. &#x2014; Der Cultusmini&#x017F;ter hat, &#x017F;o<lb/>
meldet der &#x201E;Rh. Kur.,&#x201C; auf die Be&#x017F;chwerdevor&#x017F;tellung der Altkatholiken zu Wies-<lb/>
baden verfügt: daß davon Ab&#x017F;tand genommen werde die Steuerrück&#x017F;tände zur katho-<lb/>
li&#x017F;chen Kirchenca&#x017F;&#x017F;e aus den Jahren 1869 und 1870 von den Be&#x017F;chwerdeführern<lb/>
(es &#x017F;ind dieß zu&#x017F;ammen 135) im Verwaltungswege, &#x017F;oweit dieß nicht bereits ge-<lb/>
&#x017F;chehen i&#x017F;t, beizutreiben, dem Kirchenvor&#x017F;tande vielmehr zu überla&#x017F;&#x017F;en die behaup-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0004] Bonjean, endlich Deguerry, Clerc und Ducondray. Die Föderirten umgaben ihre Opfer; den Schluß machte der Wärter Jeanart, mehr todt als lebendig. Der Ange- klagte Fortin übergab, wie der Seminariſt Gard aus ſeiner Zelle ſehen konnte, einem Officier ſeinen Säbel und einen Degen mit goldenem Griff, um Feuer zu commandiren. So gelangte man zum zweiten äußeren Rundweg, der durch ein Gitter abgeſchloſſen war, deſſen Oeffnen abgewartet werden mußte. Der Erzbiſchof verſuchte hier noch einmal zu ſprechen, aber die Föderirten antworteten ihm mit neuen Beleidigungen. Jeanart konnte hier den Opfern verſtohlen die Hand drücken; ſie ſegneten ihn, und er wurde ſo ergriffen daß er ſich einen Moment niederſetzen mußte. Er ließ die Föderirten weiter gehen, und ergriff dann die Flucht. Ramain begleitete das Peloton bis zur Hälfte des Rundweges, und kam dann nach der Regiſtratur zurück. Ueber die weiteren Vorgänge weiß der Anklage-Act nichts mehr zu berichten, da der Unterſuchung die Aus- ſagen von Augenzeugen nicht mehr zur Verfügung ſtanden.“ Deutſches Reich. * München, 9 Jan. Die mehrerwähnte bei der Kammer eingereichte Beſchwerde des Biſchofs von Augsburg wegen Verfaſſungsverletzung gründet ſich auf die durch Erlaß des Cultusminiſters vom 27 Februar 1871 (zuerſt veröffent- licht in der Auß. Beil. z. Allg. Ztg. vom 25 März 1871) gegebene Entſcheidung in der Meringer Angelegenheit. Aus der Schilderung der Meringer Zuſtände in der biſchöflichen Beſchwerde entnehmen wir folgende Stelle: „... Inzwiſchen wuchs ein zügelloſer Geiſt in Mering ſich immer mehr aus. Ein gleichfalls excommunicirter Prieſter der Diöceſe Speyer, Kühn, betrat als Gaſt die Kanzel der Pfarrkirche, um auch ſeinerſeits die Gemeinde gegen Lehre und Autorität der Kirche zu haranguiren, der von mir (Biſchof) beſtellte Vicar mußte ſich öffentlich be- ſchimpfen laſſen, ſelbſt ſeine perſönliche Sicherheit erachtete er bedroht, ſo daß ich ihm außerhalb des Pfarrorts zu wohnen geſtattete. Die Ortseinwohner bis herab auf die Schuljugend in zwei Parteien geſpalten, die treuen Katholiken Beſchimpfungen ſeitens Anhänger Renftle’s preisgegeben und ſogar für die Sicherheit ihres Eigenthums fürch- tend, ſelbſt die Schuljugend gegen die „ſchwarzen“ Schulgenoſſen Inſulte ausübend. Dieß das Bild der traurigen Zuſtände in Mering.“ Erſt auf wiederholte Vorſtellungen an das Cultusminiſterium ſei am 26 März die oben erwähnte Entſcheidung vom 27 Febr. an den Hrn. Biſchof von Augsburg gelangt. Der letztere ergriff darauf hin unterm 15 April 1871 Recurs zum Staatsrath, auf welchen in 7 Monaten keine Antwort erfolgt ſei. In Folge deſſen bringt nun der Biſchof ſeine Beſchwerde vor die Kammer: „1) Ein excommunicirter und deponirter Pfarrer einer Pfründe, auf welche noch dazu der Biſchof das Recht der freien Collation hat, wird von der Regierung im Beſitze ſeiner Pfründe geſchützt und einem rechtmäßigen Pfarrer gleich geachtet; 2) dadurch wird es dem Biſchof unmöglich gemacht in den zur Diöceſanleitung gehörigen Angelegen- heiten die zuſtändigen Befugniſſe und Verpflichtungen innerhalb des Pfarrbezirks Mering nach kirchlichen und ſtaatlichen Geſetzen auszuüben; 3) vor einem ſolchen Prieſter, der nicht mehr parochus proprius im kanoniſchen Sinn iſt, werden Ehen geſchloſſen, und zwar überdieß ſo daß in vorkommenden Fällen die über Ehehinderniſſe und deren Be- ſeitigung geltenden Kirchengeſetze nicht zur Anwendung kommen. Zwar ſind die treuen Katholiken der Pfarrei nicht gehindert die Ehe vor dem biſchöflichen Vicar zu ſchließen, durch welchen auch allfällige Dispenſen erholt werden, allein auch unter dieſer Vor- ausſetzung bleibt die Contrahirung der Ehe von Anhängern Renftle’s vor dieſem eine verfaſſungsmäßig unzuläſſige; 4) die glaubenstreuen Katholiken von Mering ſind ge- zwungen, um nicht an den Sacrilegien eines excommunicirten Prieſters participiren zu müſſen, das ihnen rechtmäßig zugehörende Gotteshaus ihrer Pfarrkirche zu meiden, und namentlich müſſen die treuen Katholiken des Pfarrorts zum Gottesdienſte u. ſ. w. nach der eine halbe Stunde entfernten kleinen Filialkirche Meringerzell gehen, wo der Vicar wohnt. Ebenſo müſſen die Eltern Merings ihre ſchul- und chriſtlehr- pflichtigen Kinder allwöchentlich zum Religionsuntericht an den Aufenthaltsort des Vicars ſenden, ſeitdem dieß den getreuen Katholiken Merings durch Regie- rungserlaß geſtattet iſt. 5) Renftle übt wie zuvor für den ganzen Pfarrbezirk die Functionen der Localſchulinſpection, die Vorſtandſchaft der Kirchenverwaltung und der Localarmenpflege aus, und führt die Matrikel als Civilſtandsregiſter. Die Erträgniſſe der Pfründe, ſelbſt diejenigen welche in der Faſſion auf Haltung eines Caplans aus- geſetzt ſind, werden von ihm percipirt. Eine Beſchwerde der Filialiſten, die — 1200 — ſämmtlich ſeine Gegner ſind, iſt von der Regierung dahin beſchieden worden daß, da Renftle Pfarrer von Mering ſei, nach wie vor ſämmtliche Leiſtungen der Pfarrangehö- rigen für Ausübung der Seelſorge nur an ihn zu entrichten ſeien. Auf ſolche Weiſe muß der Vicar, obgleich dieſer neben Paſtorirung der treuen Katboliken des Pfarrortes alle Obliegenheiten des für Meringerzell beſtimmten Caplans erfüllt, vollſtändig aus der biſchöflichen Caſſe erhalten werden.“ Auf Grund dieſer Zuſtände, hervorgerufen durch die Haltung des Cultus- miniſters, erachtet ſich der Hr. Biſchof von Augsburg beſchwert: „1) bezüglich der Verſagung des nachgeſuchten verfaſſungsmäßigen Schutzes, 2) bezüglich mehrfacher Schädigung an verfaſſungsmäßigen Rechten und Befugniſſen durch Verletzung ausdrücklicher Verfaſſungsbeſtimmungen. Dieſe Verletzung wird nachge- wieſen a) in der Richtung auf die den aufgenommenen Religions- und Kirchengeſell- ſchaften, beziehungsweiſe deren Obern, gewährleiſteten Rechte und Befugniſſe, in specie auf Verwaltung des geiſtlichen Amtes im allgemeinen und Eheſchließung insbeſondere, deßgleichen in Richtung auf Ausübung des geiſtlichen Correctionsrechts. (§§. 39 und 40 der II. Verfaſſungsbeilage, Art. XII lit. e des Concordats.) b) In der Richtung auf die religiöſe Gewiſſensfreiheit der meiner geiſtlichen Jurisdiction unterſtellten Gläubi- gen. (§§. 1 und 2 der II. Verfaſſungsbeilage.) c) In Richtung auf den garantirten Rechtsſchutz kirchlichen Eigenthums. (Tit. II. §. 9 Abſ. IV der Verfaſſungsurkunde).“ Der Biſchof bittet deßhalb: „Hohe Kammer wolle die Beſchwerde ihrer Würdigung unterziehen und, falls ſie begründet befunden wird, zur Wiederherſtellung des Rechtes der Kirche in der Pfarrei Mering die geeignete Mitwirkung angedeihen laſſen.“ Das Referat über dieſe Beſchwerde iſt bekanntlich dem Abg. Bezirksamt- mann Hauck übertragen worden. Derſelbe kommt zu dem Schluſſe: das Miniſte- rium habe ſich auf Seite des Biſchofs von Augsburg zu ſtellen und den Pfarrer Renftle von ſeiner Pfarrei zu entfernen. Die „rechtgläubigen“ Mitglieder der Gemeinde Mering hätten zwar kein Recht auf Einſetzung oder Entfernung des Pfarrers, wohl aber darauf, nur einen rechtgläubigen, kanoniſch inveſtirten und fortdauernd anerkannten Pfarrer zu haben. Deßhalb ſeien auch deren verfaſſungs- mäßige Rechte verletzt. Was aber Renftle und deſſen Anhänger betreffe, ſo habe erſterer, ſolange er excommunicirt ſei, kein Recht mehr an die Kirche und ihr Ver- mögen, letztere hiengen ihm entweder bewußt an, dann verfielen ſie ſeinem Looſe, oder ſie ſeien noch Mitglieder der Kirche, dann hätten ſie ſich dem Biſchofe zu unterwerfen. Referent beantragt ſchließlich: die Beſchwerde für begründet zu er- achten und Se. Majeſtät um Abhülfe zu erſuchen. Für die nächſte Kammerſitzung am Donnerſtag hat der Abg. Pfarrer Ruß- wurm eine Interpellation angekündigt in Betreff des altkatholiſchen Begräbniſſes in Amberg, reſp. der darauf bezüglichen Entſchließung der Regierung der Oberpfalz. # Aus Baden, 9 Jan. Schon ſeit längerer Zeit war vom Miniſterium angekündigt worden daß eine Vereinfachung unſerer innern Verwaltung und der Gerichte bevorſtehe, und es ſind bereits die Miniſterien des Aeußern und des Kriegs und die Central-Mittelſtellen für das Medicinal- und Kataſterweſen aufgehoben worden. Nun endlich erfolgten noch viel weiter gehende Aenderungen an der Bil- dung der Aemter und Gerichte, die mit dem 1 Mai eintreten ſollen. Ich weiß gerade nicht das wievieltemal ſchon in dieſen Dingen ſeit Bildung des Großherzog- thums geändert worden iſt, wodurch man uns mit Recht den Vorwurf des beſtän- digen Experimentirens machte. Aber war die letzte Organiſation der Aemter und Gerichte eine Verſchlechterung, und nur gemacht um recht viele Städtchen für die damalige Regierung günſtig zu ſtimmen, ſo iſt die heutige Veränderung eine wirk- liche Verbeſſerung, welche dem Lande jährlich wenigſtens 100,000 fl. erſpart. Es wird freilich viel Geſchrei darüber erhoben werden daß dieſes oder jenes Städtchen eine Stelle wieder verlieren ſoll, aber die bisherige Organiſation war eben doch eine verfehlte und die Aenderung nöthig. Mehrere Kreisgerichte hatten zu wenig zu thun, und das Perſonal konnte doch nicht beſchränkt werden; ähnlich gieng es bei den Amtsgerichten und Aemtern: man fand nicht genug Leute um die Stellen richtig auszufüllen, um die kleinen Kreisgerichte konnte ſich ein bedeutender An- waltsſtand nicht ſammeln, und in Folge der vielen Eiſenbahnverbindungen fiel auch der frühere Grund der weiten Entfernung von dem Sitze der Stelle hinweg. Außerdem bedingt auch die Einführung einer gemeinſamen deutſchen Civil- und Strafproceßordnung größere Bezirke mit einer entſprechenderen Anzahl von Rich- tern. Es iſt daher durch die neue Verordnung die Zahl der Bezirksämter von 59 auf 52, jene der Amtsgerichte von 66 auf 53 und die der Kreisgerichte von 11 auf 7 herabgemindert worden. Aufgehoben wurden die Kreisgerichte Villingen, Lörrach, Baden und Heidelberg, und die denſelben zugehörigen Amtsgerichte an die übrigen ver- theilt. Der Kreis Lörrach wird mit Freiburg, der Kreis Heidelberg mit Mannheim, vom Kreiſe Villingen der Bezirk Triberg mit Offenburg, der Reſt mit Conſtanz, vom Kreiſe Baden die Bezirke Achern und Buhl mit Offenburg, Baden und Raſtatt (Gernsbach) mit Karlsruhe vereinigt. Von den Amtsgerichten wurden verſchmolzen: Meersburg mit Ueberlingen, Radolfszell mit Conſtanz, Jeſtetten mit Waldshut, Haslach mit Wolfach, Gengenbach mit Offenburg, Gernsbach mit Raſtatt, Kenzin- gen mit Emmendingen und Ettenheim, Philippsburg mit Bruchſal, Ladenburg mit Mannheim, Neckargemünd mit Heidelberg, Neckarbiſchofsheim mit Sinsheim, Ger- lachsheim mit Tauberbiſchofsheim und Walldürn mit Wertheim, Buchen und Tauberbiſchofsheim. In ganz gleicher Weiſe wie die Amtsgerichte wurden auch die aufzuhebenden Bezirksämter Radolfszell, Jeſtetten, Kenzingen, Gengenbach, Gernsbach, Boxberg und Walldürn vertheilt. Durch dieſe neue Organiſation wird das Amtsgericht immer ſeinen Sitz an dem Orte des Bezirksamts haben, mit Aus- nahme deſſen von Boxberg, das vorläufig noch beſtehen bleibt, aber unſtreitig auch nicht auf ſehr lange Zeit; denn es wird für jene Gegend noch zu andern Aenderun- gen kommen müſſen, in Folge deren die dortigen verſchiedenen Stellen in Oſter- burken, dem Centralpunkt der Odenwald-Eiſenbahnen, zu vereinigen ſein werden. * Berlin, 8 Jan. Heute Nachmittags hat der feierliche Empfang des franzöſiſchen Botſchafters, Vicomte v. Gontaut-Biron, ſtattgefunden. Derſelbe wurde um 3 Uhr Nachmittags mit dem Botſchafts-Perſonal vom Ceremonienmeiſter Frhrn. v. Roſenberg aus dem Hôtel Royal in Hof-Galawagen zur Audienz abgeholt und vom Vice-Oberceremonienmeiſter v. Roeder dem Kaiſer zugeführt, welcher, umgeben vom Miniſterpräſidenten Fürſten Bismarck, dem Oberceremonienmeiſter Grafen Stillfried, den General-Adjutanten, den Flügel-Adjutanten ꝛc., das Be- glaubigungsſchreiben entgegennahm. Gleich nachher hatte der Botſchafter ſeine Antritts-Audienz bei der Kaiſerin. Außerdem hatte auch der heut aus Kopenhagen hier eingetroffene deutſche Geſandte v. Heydebrand beim Kaiſer eine Audienz. Der däniſche Miniſter Graf Frijs iſt geſtern Abends wieder abgereist. Ebenſo hat ſich der württembergiſche Wirkl. Geh. Legationsrath Graf Uexküll, nach Erledigung ſeiner Geſchäfte dahier im auswärtigen Amt- und im Bundeskanzleramte, verabſchiedet und iſt am Sonntag Abend nach Stuttgart zurückgekehrt. — Der Geh. Regierungs- rath und vortragende Rath im Handelsminiſterium Mebes iſt zum Geh. Ober- regierungsrath und Generaldirector der Eiſenbahnen in Elſaß-Lothringen ernannt worden. Der Generaltelegraphendirector Generalmajor v. Chauvin hat, wie die „Kreuzztg.“ mittheilt, in Freiburg im Breisgau Haus und Grundbeſitz erworben, um nach ſeinem nahe bevorſtehenden Rücktritte daſelbſt dauernd ſeinen Wohnſitz zu nehmen. Zu ſeinem Amtsnachfolger iſt der Oberſt Meydam deſignirt. Der „Reichsanzeiger“ veröffentlicht folgenden allerhöchſten Erlaß vom 1 Januar, betreffend die oberſte Marinebehörde: „In Verfolg Meiner Erlaſſe vom 30 November und 31 December v. J. beſtimmte Ich daß das Marine-Mini- ſterium, unter Fortdauer der durch das Regulativ vom 15 Juni v. J. (Reichsgeſetz- blatt S. 272) geſchaffenen Einrichtung der oberen Marinebehörde, fortan den Na- men „Kaiſerliche Admiralität“ führen und einen Chef zum Vorſtande erhalten ſoll, welcher die Verwaltung unter der Verantwortlichkeit des Reichskanzlers und den Oberbefehl nach Meinen Anordnungen zu führen hat. Dieſer Erlaß iſt durch das Reichsgeſetzblatt zu veröffentlichen. Berlin, 1 Jan.Wilhelm. Fürſt v. Bis- marck.“ “ — In der heutigen Plenarſitzung des Bundesraths, in welcher Staats- miniſter Delbrück den Vorſitz führte, wurden mehrere Vorlagen den betreffenden Ausſchüſſen überwieſen, und hierauf Ausſchußberichte erſtattet über die Zuſatz-Con- vention vom 11 December 1871 zu dem Friedensvertrage mit Frankreich und über einen Antrag Württembergs, betreffend die Approbation der Thierärzte ꝛc. — Eine Mittheilung der „N. A. Ztg.“ läßt es dahingeſtellt ob der evangeliſche Ober- kirchenrath ſich wirklich darüber beſchwert habe daß er zu den Vorberathungen über das Schulauſſichtsgeſetz nicht zugezogen worden, hält dieß aber für unwahrſchein- lich. Der evangeliſche Oberkirchenrath vertrete nur einen Theil der Evangeliſcher- im preußiſchen Staate; könnte je davon die Rede ſein ihn in der urgirten Weiſe zu Rathe zu ziehen, ſo würde der römiſch-katholiſche Epiſkopat den gleichen An- ſpruch erheben — von den zahlreichen durch den evangeliſchen Oberkirchenrath nicht vertretenen Proteſtanten Preußens zu geſchweigen. — Der Cultusminiſter hat, ſo meldet der „Rh. Kur.,“ auf die Beſchwerdevorſtellung der Altkatholiken zu Wies- baden verfügt: daß davon Abſtand genommen werde die Steuerrückſtände zur katho- liſchen Kirchencaſſe aus den Jahren 1869 und 1870 von den Beſchwerdeführern (es ſind dieß zuſammen 135) im Verwaltungswege, ſoweit dieß nicht bereits ge- ſchehen iſt, beizutreiben, dem Kirchenvorſtande vielmehr zu überlaſſen die behaup-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine11_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine11_1872/4
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 11. Januar 1872, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine11_1872/4>, abgerufen am 16.07.2024.