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Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 10. Januar 1872.

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[Spaltenumbruch]
Großbritannien.

* Da die Minister bis zur Eröffnung des Parlaments ihre Geheimnisse still
im Busen bewahren, so ist es auch unmöglich mit Bestimmtheit im voraus den Cha-
rakter der politischen Conflicte zu kennzeichnen die mit Wahrscheinlichkeit drohen
dürften. Hr. Stansfeld, so schreibt die "Saturday Review," hat sich kürzlich mit
Zurückhaltung, vielleicht auch nur mit diplomatischer Schüchternheit, über die Mög-
lichkeit ausgesprochen die Sanitary Bill einzubringen, die er vorzubereiten sich ja
verpflichtet habe; doch kann darüber kein Zweifel sein daß die Regierung Zeit fin-
den wird für eine Maßregel die in ihren Grundlagen von keiner gegnerischen Seite
Widerstand findet. Die Acte der letzten Session stellte die Centralgewalt auf
welche für die nutzbringende Wirksamkeit der localen Verwaltungskörperschaf-
ten unumgänglich nothwendig war, und die Vertheilung der Gewalten wird sich
sehr einfach zu Stande bringen lassen, wenn man die Erfahrungen vieler Jahre
in den ähnlichen Beziehungen zwischen dem Amte der Armengesetze und dem der
Curatoren zu Rathe zieht. Geringe Belehrung wird sich aus der Praxis der Kanzlei
des Innern ergeben, seitdem diese das Gesundheitsamt überwacht. Ihre Auto-
rität war nominell zu ausgedehnt, in Wahrheit aber unzureichend, auch hatte man
nicht Vorsorge getroffen Leute zu ernennen zur Vollziehung jener Aufgaben die der
Kanzlei durch die verschiedenen Parlamentsgesetze gestellt worden waren. Selbst
das Handelsamt ward trotz seiner wüsten Organisation von denen vorgezogen
die in localen Angelegenheiten mit der Sanitätsabtheilung der Kanzlei des Innern
zu thun hatten. Kraft mehrerer Parlamentsgesetze neuern Datums hat der Staats-
secretär die Befugniß auf die Hinwegräumung gemeinschädlicher Elemente zu drin-
gen, und im Fall der Weigerung oder Nichtausführung war er ermächtigt die Ins-
werksetzung der nothwendigen Arbeiten auf Kosten der sündigen den Gemeinde voll-
ziehen zu lassen; aber der Staatssecretär hatte weder Leute die Arbeiten auszufüh-
ren noch ein Grundcapital um die augenblicklichen Kosten zu bestreiten, und so wa-
ren in Folge parlamentarischer Mißgriffe mehr als amtlicher alle derartigen Be-
schlüsse wirkungslos. In Zukunft wären in der Gesetzgebung zwingende Vor-
kehrungen welche die localen Körperschaften zu ihrer Pflicht anhielten, der im
entgegengesetzten Fall zu leistenden Ausführung der Arbeiten durch eine Central-
gewalt vorzuziehen, und doch wird die Schwierigkeit nicht leicht zu überwinden
sein diejenigen die zu ihrem eigenen Profit allerhand schädliches veranlassen, an-
zutreiben dasselbe mit eigener Kraft und auf eigene Kosten hinwegzuräumen.
Wenn die Bill besonnen gefaßt sein wird, wird das Parlament keinen Anstand neh-
men alle nothwendige Gewaltbefugniß dem gemeindlichen Regierungsamt, oder lieber
noch dem Präsidenten, zu übertragen. Der Erfolg dieser Maßregel wird hauptsäch-
lich von der klugen Wahl des Verwaltungsmodus und der besten localen Autori-
täten abhängen. Im ganzen wird Hr. Stansfeld wahrscheinlich auf die Curatoren-
ämter zurückgreifen aus den zwei Gründen: einmal weil sie schon existiren, und so-
dann weil das Grundgebiet das sie repräsentiren die Mitte hält zwischen Kirch-
spiel und Grafschaft. Hrn. Göschens Bill vom letzten Jahr würde die besseren
Gesellschaftsclassen thatsächlich von jedem Antheil an der gemeindlichen Regierung
ausgeschlossen haben, obwohl sich leicht nachweisen läßt daß dieses Resultat von
dem Autor des Entwurfs nicht beabsichtigt war. Es ist nicht wahrscheinlich weder
daß Hr. Stansfeld noch daß die Mehrheit des Hauses geneigt ist die Machtbefug-
niß der Gerichtshöfe zu steigern; und doch wissen die oberen Classen in ländlichen
Districten die Wichtigkeit sanitätischer Verbesserungen auf das vollständigste zu
schätzen, und befinden sich auch im Standegrößerer Unabhängigkeit als ihre ärmeren
Nachbarn. Die stufenartig ansteigende Gerechtsame der Kirchspiele enthält allzu
wenig von den Principien der Freiheit, als daß eine moderne Gesetzgebung sie be-
günstigen dürfte. Die Ballotbill wird, nach dem was in der letzten Session ge-
schehen ist, ganz sicher den Vorrang allen Maßregeln ablaufen die weniger einen
rein politischen Charakter haben. Es ist wahrscheinlich daß eine Mehrheit im
Unterhause die Neuerung degoutirt und mißbilligt, aber es müssen Versprechungen
eingelöst werden, und das Unterhaus darf sich vom Oberhause nicht werfen lassen.
Es gibt Politiker die den Umtrieben betreffs der Ballotbill eine Wichtigkeit zu-
schreiben die andern allzu übertrieben vorkommt. Es ist allgemein zugestanden
daß, wenn in solchen Entwürfen ein Schein von Verdienst liegt, die Bill des letzten
Jahrs nicht die beste war die man hätte finden können; der Machtzuschuß aber
den eine nur irgend mögliche Ballotbill der Partei der Bewegung verschafft, ist bei
weitem wichtiger als die Begünstigung oder Abschaffung der Stimmenprüfung. Die
Freunde und die ehrenhafteren Feinde der Ballotbill stimmen in ihrer Ansicht über die
Hauptpunkte gänzlich überein, die in der That jetzt entschieden sind. Die extremen
Liberalen begeistern sich für das Ballot, weil es die Wirkung der populären Bewegung
steigern und den Einfluß der Stellung und des Capitals vermindern wird. Es ist nicht
mehr der Mühe werth zu untersuchen: ob es wünschenswerth ist daß jeder Mann ein
unparteiisches Votum abgibt, ohne Rücksicht auf die Wünsche oder Meinungen
anderer. Es ist im höchsten Grad unwahrscheinlich daß bei einer allgemeinen Wahl
ein halbes Duzend Sitze besetzt werden sollte durch den Gebrauch von Vorspiege-
lungen oder anderer offenbarer Arten des Betruges. Die Arten der Bestechung
denen im Fall einer Annahme des Ballots Vorschub geleistet werden wird, sind
bis jetzt dem Amerikaner geläufiger gewesen als dem Engländer. Das Oberhaus
wird ein unverdorbenes Urtheil zeigen wenn es eine mißfällige Maßregel acceptirt,
die in erster Linie das Unterhaus und die Wahlmänner angeht. Es ist nicht noth-
wendig bei dieser Gelegenheit die Gränzen der gesetzgebenden Gewalt zu bestimmen
welche die Thätigkeit einer zweiten und weniger mächtigen Kammer umschließen.
Es würde dem Hause der Lords, nach gehörigem Zaudern und Ueberlegung, wenig
anstehen dem Unterhaus in der Bestimmung des Wahlmodus seiner Mitglieder
Hindernisse in den Weg zu legen, und wenn die Entscheidungen der Peers von
Staatsmännern überwacht werden, so werden sie gegenwärtig mehr als gewöhn-
lich einem Zwist aus dem Wege gehen, auf den nothwendigerweise eine Agitation
folgen müßte. Das vorzeitige ängstliche Streben gewisser Demagogen, nach dem
Beispiel Sissera's und seiner Hauptleute Theile der Verfassung an sich zu reißen
um sie zu vernichten, hat für den Augenblick eine gewisse Reaction hervorgerufen.
Hr. Dixon macht sehr wenig mit seinem Plan einer Abschaffung des Oberhauses,
und das Geschrei nach einer Republik ist erstorben ohne einen Wiederhall. Ein
volksmäßiger Vorwand für erneute revolutionäre Plane würde den in ihrer Er-
wartung getäuschten Feinden der Verfassung, die ihre Federkraft verloren haben,
im höchsten Grad angenehm sein. Es würde in der That im gegenwärtigen Augen-
blick eine außergewöhnliche Kühnheit dazu gehören die Angriffe auf die Krone zu
erneuern. Die Gefühle welche sich während der Krankheit des Prinzen von Wales
kundgaben, sind den entschiedensten Republicanern eine Warnung gewesen, und
des rührenden und beredten Briefes der Königin an das englische Volk wird man
gedenken wenn die modernen Versuche sich einen großen Namen zu machen längst
vergessen sind. Das Haus der Lords aber hat nicht eine gleiche Sicherheit gegen
Angriffe, und wenn es nach einem Grunde zur Feindschaft strebt, so wird es auf
[Spaltenumbruch] sich allein alle Angriffe lenken, die sich bis jetzt nach verschiedenen Seiten
wandten. Der ernste Zwist den die ministerielle Partei von dem wachsenden
Mißvergnügen der Nonconformisten wird sich sehr mäßigen lassen, wenn man die
Educationsbill mit Festigkeit aufrecht erhält. Kein Compromiß ist möglich das
nicht die Satzungen von 1869 im Grunde erschüttern würde, und wenn Hr. Glad-
stone und seine Collegen irgendwie Anlage zum Schwanken zeigen, so werden sie
einzig und allein die Unzufriedenen antreiben ihre Forderungen zu steigern. Gleich-
zeitig werden alle Differenzen wieder aufleben welche das Gesetz zu stellen bestimmt
war, und es ist nicht klar ob die neuen Gegner die sie hervorrufen würden, weniger
furchtbar wären als ihre gegenwärtigen Bedränger. Es wird indeß immer
der Fehler der Regierung sein wenn ihre Stellung im gegenwärtigen Jahr ge-
fährdet ist.

Den letzten Anordnungen zufolge ist die Abreise des Hofs von Windsor nach
Osborne auf der Insel Wight für kommenden Dienstag in Aussicht genommen.
Das letzte Bulletin über das Befinden des Prinzen von Wales lautet wieder "in
jeder Beziehung befriedigend."

Kaum ist der bedauerliche Strike der Maschinenbauer in Newcastle beige-
legt, als auch schon wieder neue Reibereien zwischen Capital und Arbeit von dort
gemeldet werden. Am vorigen Mittwoch erst kamen die vereinbarten Bestimmun-
gen über den neunstündigen Arbeitstag zur Geltung, und schon Tags darauf
machte das ganze Personal einer Fabrik "blau," weil man ihm die Ueberzeit nicht
nach dem alten System berechnen wollte. Gestern wurde dann auch diese Forde-
rung bewilligt, und die Leute kehrten an die Arbeit zurück; kaum jedoch war dieß
geschehen als etwa 30 ausländische Arbeiter, Deutsche und Belgier, die Werkstätten
mit der Erklärung verließen: nicht eher wieder an die Arbeit gehen zu wollen als
bis sie gegen die gewaltthätigen Mißhandlungen der Engländer gehörig geschützt
seien.

Fraukreich.

* Die Nationalversammlung fährt fort ihre kostbare Zeit mit nutzlosen De-
batten zu vergeuden; während eine Menge der wichtigsten Fragen ihrer Lösung
harrt, verbringt man die Zeit mit Debatten über Worte, um so thörichter, als nicht
nur dadurch alle dringenden Entscheidungen hinausgeschoben, sondern auch die
Parteileidenschaften ganz unnöthiger Weise aufgeregt werden. Was nun die ge-
strige Verhandlung betrifft, so hatte Hr. de Lorgeril mit seiner Behauptung im
wesentlichen recht, aber es war unklug an diese Frage zu rühren. Unpatriotisch indeß
ist die Haltung der Linken, die in Wuth geräth wenn der Bestand der Republik be-
stritten wird, denn die hier in Frage kommenden Gesetze bestimmen ausdrücklich daß
die Republik noch nicht die desinitive Staatsform Frankreichs ist. In dem Decret
vom 18 Februar wird zwar Hr. Thiers zum Chef der vollziehenden Gewalt der
französischen Republik ernannt, aber in den Eingangsworten heißt es wörtlich:
"Die Nationalversammlung, Depositärin der souveränen Gewalt, in Erwägung
daß bis zur Beschlußfassung über die Einrichtungen Frankreichs u. s. w.," es ist
also ausgesprochen daß die Republik noch nicht gegründet ist. Diesem Gedanken
gab auch Hr. Thiers Tags darauf in längerer Rede Ausdruck. Ferner in dem auf
den bekannten Antrag Rivet erlassenen Gesetz vom 31 August heißt es im Eingang:
"Die Nationalversammlung, in Erwägung daß es bis zur Errichtung endgültiger Ein-
richtungen des Landes für die Bedürfnisse der Arbeit, für die Interessen des Handels,
für die Entwicklung der Industrie nothwendig ist daß unsere provisorischen Einrichtun-
gen in den Augen aller, wenn nicht die Stabilität, welche das Werk der Zeit ist, zum
mindesten diejenige annehmen welche die Uebereinstimmung der Willen und die Be-
schwichtigung der Parteien sichern können u.s.w." Es wird also auch hier, obwohl dieses
Decret schon einen weiteren Schritt zur republicanischen Staatsform macht, die
endgültige Ordnung der Dinge vorbehalten und der provisorische Charakter der
gegenwärtigen Zustände betont. Hr. de Lorgeril hatte also im Grunde mit seiner
Behauptung recht, und die Linke war nicht berechtigt ihm entgegen zu rufen: "die
Republik ist definitiv;" aber klug war es nicht die Parteileidenschaft muthwilliger-
weise aufzuregen.

Zu der Vernehmung des Herzogs v. Gramont bemerkt die "France:"

"Heute (am 4) hat sich der Herzog v. Gramont nach Versailles begeben, wo er zum
zweitenmal von der Untersuchungscommission über die Ursache des Krieges vernommen
werden soll. Der vormalige Minister der auswärtigen Angelegenheiten wird, wie
man sagt, der Commission zwei Documente von sehr großer Wichtigkeit mittheilen, die
beide vom 13 Juli, zwei Tage vor der Kriegserklärung, datirt sind: das erste dieser
Documente ist eine Depesche von Lord Loftus, englischem Gesandten in Berlin, welche
über seine Unterredung mit Hrn. v. Bismarck Bericht erstattet, den er Namens seiner
Regierung beglückwünscht hatte wegen der friedlichen Lösung des Hohenzollern'schen Zwi-
schenfalles. Die Sprache welche Hr. v. Bismarck führte, der seinerseits nicht glaubte
daß alles zu Ende sei, machte einen lebhaften Eindruck auf den brittischen Vertreter.
Der deutsche Kanzler sprach zuerst Zweifel aus ob Frankreich sich für vollständig befrie-
digt halte. Vorausgesetzt daß es so sei, hatten dann nach seiner Meinung die Groß-
mächte welche die französische Forderung in Berlin unterstützt hatten eine Verpflichtung,
die nämlich die Gesinnungen der Mäßigung und Versöhnlichkeit, von denen Preußen ein
Beispiel gegeben, ausdrücklich anzuerkennen. Das ist aber nicht alles, fügte Hr. v. Bis-
marck hinzu; es ist nöthig daß Frankreich die beleidigenden Ausdrücke, die im gesetz-
gebenden Körper ausgesprochenen Erklärungen zurücknehme und desavouire. Auch das
ist noch nicht alles; es ist nöthig daß Frankreich, indem es Act nimmt von der Genugthuung
welche wir ihm geben, auf alle Hintergedanken in Bezug auf die Umgestaltung von
Deutschland verzichte. Lord Loftus beeilte sich seiner Regierung von der Unterredung
die er mit Hrn. v. Bismarck gehabt Mittheilung zu machen. Es gieng daraus hervor
daß Preußen zum Krieg entschlossen sei, und daß es denselben wegen des einen oder des
andern Zwischenfalls werde ausbrechen lassen. Zu gleicher Zeit als Lord Loftus diesen
Schritt bei Hrn. v. Bismarck that, begab sich Lord Lyons, Gesandter Englands in Pa-
ris, zu Hrn. v. Gramont, um ihm gleiche Glückwünsche wegen der Lösung einer Ange-
legenheit zu überbringen die man beendigt glaubte. Die Haltung des Hrn. v. Gra-
mont ist der Gegenstand der zweiten Depesche welche der Commission vor Augen gelegt
werden soll. Hr. v. Gramont habe damals die versöhnlichsten Absichten ausgesprochen.
Er habe u. a. erklärt: daß, wenn neue Schwierigkeiten auftauchen sollten, er bereit sei
sich deßwegen an den Schiedsspruch Englands zu berufen. Diese Mittheilungen können
ein großes retrospectives Interesse haben; aber es wird immer der Fehler zu rechtfer-
tigen sein den in solchem Falle die Negierung begieng, indem sie selbst den Krieg er-
klärte, wenn Preußen in allen Fällen entschlossen war uns zu bekriegen. Die Haltung
von Europa in Bezug auf uns würde eine ganz andere gewesen sein wenn man die
Provocation von Berlin hätte ausgehen lassen."

Diese angebliche Enthüllung kann nur auf absichtlicher Entstellung beruhen.
Es bedarf keines Nachweises mehr daß, wenn die französische Regierung, wie es
selbst Jules Favre und Thiers im gesetzgebenden Körper verlangten, mit dem Ver-

[Spaltenumbruch]
Großbritannien.

* Da die Miniſter bis zur Eröffnung des Parlaments ihre Geheimniſſe ſtill
im Buſen bewahren, ſo iſt es auch unmöglich mit Beſtimmtheit im voraus den Cha-
rakter der politiſchen Conflicte zu kennzeichnen die mit Wahrſcheinlichkeit drohen
dürften. Hr. Stansfeld, ſo ſchreibt die „Saturday Review,“ hat ſich kürzlich mit
Zurückhaltung, vielleicht auch nur mit diplomatiſcher Schüchternheit, über die Mög-
lichkeit ausgeſprochen die Sanitary Bill einzubringen, die er vorzubereiten ſich ja
verpflichtet habe; doch kann darüber kein Zweifel ſein daß die Regierung Zeit fin-
den wird für eine Maßregel die in ihren Grundlagen von keiner gegneriſchen Seite
Widerſtand findet. Die Acte der letzten Seſſion ſtellte die Centralgewalt auf
welche für die nutzbringende Wirkſamkeit der localen Verwaltungskörperſchaf-
ten unumgänglich nothwendig war, und die Vertheilung der Gewalten wird ſich
ſehr einfach zu Stande bringen laſſen, wenn man die Erfahrungen vieler Jahre
in den ähnlichen Beziehungen zwiſchen dem Amte der Armengeſetze und dem der
Curatoren zu Rathe zieht. Geringe Belehrung wird ſich aus der Praxis der Kanzlei
des Innern ergeben, ſeitdem dieſe das Geſundheitsamt überwacht. Ihre Auto-
rität war nominell zu ausgedehnt, in Wahrheit aber unzureichend, auch hatte man
nicht Vorſorge getroffen Leute zu ernennen zur Vollziehung jener Aufgaben die der
Kanzlei durch die verſchiedenen Parlamentsgeſetze geſtellt worden waren. Selbſt
das Handelsamt ward trotz ſeiner wüſten Organiſation von denen vorgezogen
die in localen Angelegenheiten mit der Sanitätsabtheilung der Kanzlei des Innern
zu thun hatten. Kraft mehrerer Parlamentsgeſetze neuern Datums hat der Staats-
ſecretär die Befugniß auf die Hinwegräumung gemeinſchädlicher Elemente zu drin-
gen, und im Fall der Weigerung oder Nichtausführung war er ermächtigt die Ins-
werkſetzung der nothwendigen Arbeiten auf Koſten der ſündigen den Gemeinde voll-
ziehen zu laſſen; aber der Staatsſecretär hatte weder Leute die Arbeiten auszufüh-
ren noch ein Grundcapital um die augenblicklichen Koſten zu beſtreiten, und ſo wa-
ren in Folge parlamentariſcher Mißgriffe mehr als amtlicher alle derartigen Be-
ſchlüſſe wirkungslos. In Zukunft wären in der Geſetzgebung zwingende Vor-
kehrungen welche die localen Körperſchaften zu ihrer Pflicht anhielten, der im
entgegengeſetzten Fall zu leiſtenden Ausführung der Arbeiten durch eine Central-
gewalt vorzuziehen, und doch wird die Schwierigkeit nicht leicht zu überwinden
ſein diejenigen die zu ihrem eigenen Profit allerhand ſchädliches veranlaſſen, an-
zutreiben dasſelbe mit eigener Kraft und auf eigene Koſten hinwegzuräumen.
Wenn die Bill beſonnen gefaßt ſein wird, wird das Parlament keinen Anſtand neh-
men alle nothwendige Gewaltbefugniß dem gemeindlichen Regierungsamt, oder lieber
noch dem Präſidenten, zu übertragen. Der Erfolg dieſer Maßregel wird hauptſäch-
lich von der klugen Wahl des Verwaltungsmodus und der beſten localen Autori-
täten abhängen. Im ganzen wird Hr. Stansfeld wahrſcheinlich auf die Curatoren-
ämter zurückgreifen aus den zwei Gründen: einmal weil ſie ſchon exiſtiren, und ſo-
dann weil das Grundgebiet das ſie repräſentiren die Mitte hält zwiſchen Kirch-
ſpiel und Grafſchaft. Hrn. Göſchens Bill vom letzten Jahr würde die beſſeren
Geſellſchaftsclaſſen thatſächlich von jedem Antheil an der gemeindlichen Regierung
ausgeſchloſſen haben, obwohl ſich leicht nachweiſen läßt daß dieſes Reſultat von
dem Autor des Entwurfs nicht beabſichtigt war. Es iſt nicht wahrſcheinlich weder
daß Hr. Stansfeld noch daß die Mehrheit des Hauſes geneigt iſt die Machtbefug-
niß der Gerichtshöfe zu ſteigern; und doch wiſſen die oberen Claſſen in ländlichen
Diſtricten die Wichtigkeit ſanitätiſcher Verbeſſerungen auf das vollſtändigſte zu
ſchätzen, und befinden ſich auch im Standegrößerer Unabhängigkeit als ihre ärmeren
Nachbarn. Die ſtufenartig anſteigende Gerechtſame der Kirchſpiele enthält allzu
wenig von den Principien der Freiheit, als daß eine moderne Geſetzgebung ſie be-
günſtigen dürfte. Die Ballotbill wird, nach dem was in der letzten Seſſion ge-
ſchehen iſt, ganz ſicher den Vorrang allen Maßregeln ablaufen die weniger einen
rein politiſchen Charakter haben. Es iſt wahrſcheinlich daß eine Mehrheit im
Unterhauſe die Neuerung degoutirt und mißbilligt, aber es müſſen Verſprechungen
eingelöst werden, und das Unterhaus darf ſich vom Oberhauſe nicht werfen laſſen.
Es gibt Politiker die den Umtrieben betreffs der Ballotbill eine Wichtigkeit zu-
ſchreiben die andern allzu übertrieben vorkommt. Es iſt allgemein zugeſtanden
daß, wenn in ſolchen Entwürfen ein Schein von Verdienſt liegt, die Bill des letzten
Jahrs nicht die beſte war die man hätte finden können; der Machtzuſchuß aber
den eine nur irgend mögliche Ballotbill der Partei der Bewegung verſchafft, iſt bei
weitem wichtiger als die Begünſtigung oder Abſchaffung der Stimmenprüfung. Die
Freunde und die ehrenhafteren Feinde der Ballotbill ſtimmen in ihrer Anſicht über die
Hauptpunkte gänzlich überein, die in der That jetzt entſchieden ſind. Die extremen
Liberalen begeiſtern ſich für das Ballot, weil es die Wirkung der populären Bewegung
ſteigern und den Einfluß der Stellung und des Capitals vermindern wird. Es iſt nicht
mehr der Mühe werth zu unterſuchen: ob es wünſchenswerth iſt daß jeder Mann ein
unparteiiſches Votum abgibt, ohne Rückſicht auf die Wünſche oder Meinungen
anderer. Es iſt im höchſten Grad unwahrſcheinlich daß bei einer allgemeinen Wahl
ein halbes Duzend Sitze beſetzt werden ſollte durch den Gebrauch von Vorſpiege-
lungen oder anderer offenbarer Arten des Betruges. Die Arten der Beſtechung
denen im Fall einer Annahme des Ballots Vorſchub geleiſtet werden wird, ſind
bis jetzt dem Amerikaner geläufiger geweſen als dem Engländer. Das Oberhaus
wird ein unverdorbenes Urtheil zeigen wenn es eine mißfällige Maßregel acceptirt,
die in erſter Linie das Unterhaus und die Wahlmänner angeht. Es iſt nicht noth-
wendig bei dieſer Gelegenheit die Gränzen der geſetzgebenden Gewalt zu beſtimmen
welche die Thätigkeit einer zweiten und weniger mächtigen Kammer umſchließen.
Es würde dem Hauſe der Lords, nach gehörigem Zaudern und Ueberlegung, wenig
anſtehen dem Unterhaus in der Beſtimmung des Wahlmodus ſeiner Mitglieder
Hinderniſſe in den Weg zu legen, und wenn die Entſcheidungen der Peers von
Staatsmännern überwacht werden, ſo werden ſie gegenwärtig mehr als gewöhn-
lich einem Zwiſt aus dem Wege gehen, auf den nothwendigerweiſe eine Agitation
folgen müßte. Das vorzeitige ängſtliche Streben gewiſſer Demagogen, nach dem
Beiſpiel Siſſera’s und ſeiner Hauptleute Theile der Verfaſſung an ſich zu reißen
um ſie zu vernichten, hat für den Augenblick eine gewiſſe Reaction hervorgerufen.
Hr. Dixon macht ſehr wenig mit ſeinem Plan einer Abſchaffung des Oberhauſes,
und das Geſchrei nach einer Republik iſt erſtorben ohne einen Wiederhall. Ein
volksmäßiger Vorwand für erneute revolutionäre Plane würde den in ihrer Er-
wartung getäuſchten Feinden der Verfaſſung, die ihre Federkraft verloren haben,
im höchſten Grad angenehm ſein. Es würde in der That im gegenwärtigen Augen-
blick eine außergewöhnliche Kühnheit dazu gehören die Angriffe auf die Krone zu
erneuern. Die Gefühle welche ſich während der Krankheit des Prinzen von Wales
kundgaben, ſind den entſchiedenſten Republicanern eine Warnung geweſen, und
des rührenden und beredten Briefes der Königin an das engliſche Volk wird man
gedenken wenn die modernen Verſuche ſich einen großen Namen zu machen längſt
vergeſſen ſind. Das Haus der Lords aber hat nicht eine gleiche Sicherheit gegen
Angriffe, und wenn es nach einem Grunde zur Feindſchaft ſtrebt, ſo wird es auf
[Spaltenumbruch] ſich allein alle Angriffe lenken, die ſich bis jetzt nach verſchiedenen Seiten
wandten. Der ernſte Zwiſt den die miniſterielle Partei von dem wachſenden
Mißvergnügen der Nonconformiſten wird ſich ſehr mäßigen laſſen, wenn man die
Educationsbill mit Feſtigkeit aufrecht erhält. Kein Compromiß iſt möglich das
nicht die Satzungen von 1869 im Grunde erſchüttern würde, und wenn Hr. Glad-
ſtone und ſeine Collegen irgendwie Anlage zum Schwanken zeigen, ſo werden ſie
einzig und allein die Unzufriedenen antreiben ihre Forderungen zu ſteigern. Gleich-
zeitig werden alle Differenzen wieder aufleben welche das Geſetz zu ſtellen beſtimmt
war, und es iſt nicht klar ob die neuen Gegner die ſie hervorrufen würden, weniger
furchtbar wären als ihre gegenwärtigen Bedränger. Es wird indeß immer
der Fehler der Regierung ſein wenn ihre Stellung im gegenwärtigen Jahr ge-
fährdet iſt.

Den letzten Anordnungen zufolge iſt die Abreiſe des Hofs von Windſor nach
Osborne auf der Inſel Wight für kommenden Dienſtag in Ausſicht genommen.
Das letzte Bulletin über das Befinden des Prinzen von Wales lautet wieder „in
jeder Beziehung befriedigend.“

Kaum iſt der bedauerliche Strike der Maſchinenbauer in Newcaſtle beige-
legt, als auch ſchon wieder neue Reibereien zwiſchen Capital und Arbeit von dort
gemeldet werden. Am vorigen Mittwoch erſt kamen die vereinbarten Beſtimmun-
gen über den neunſtündigen Arbeitstag zur Geltung, und ſchon Tags darauf
machte das ganze Perſonal einer Fabrik „blau,“ weil man ihm die Ueberzeit nicht
nach dem alten Syſtem berechnen wollte. Geſtern wurde dann auch dieſe Forde-
rung bewilligt, und die Leute kehrten an die Arbeit zurück; kaum jedoch war dieß
geſchehen als etwa 30 ausländiſche Arbeiter, Deutſche und Belgier, die Werkſtätten
mit der Erklärung verließen: nicht eher wieder an die Arbeit gehen zu wollen als
bis ſie gegen die gewaltthätigen Mißhandlungen der Engländer gehörig geſchützt
ſeien.

Fraukreich.

* Die Nationalverſammlung fährt fort ihre koſtbare Zeit mit nutzloſen De-
batten zu vergeuden; während eine Menge der wichtigſten Fragen ihrer Löſung
harrt, verbringt man die Zeit mit Debatten über Worte, um ſo thörichter, als nicht
nur dadurch alle dringenden Entſcheidungen hinausgeſchoben, ſondern auch die
Parteileidenſchaften ganz unnöthiger Weiſe aufgeregt werden. Was nun die ge-
ſtrige Verhandlung betrifft, ſo hatte Hr. de Lorgeril mit ſeiner Behauptung im
weſentlichen recht, aber es war unklug an dieſe Frage zu rühren. Unpatriotiſch indeß
iſt die Haltung der Linken, die in Wuth geräth wenn der Beſtand der Republik be-
ſtritten wird, denn die hier in Frage kommenden Geſetze beſtimmen ausdrücklich daß
die Republik noch nicht die deſinitive Staatsform Frankreichs iſt. In dem Decret
vom 18 Februar wird zwar Hr. Thiers zum Chef der vollziehenden Gewalt der
franzöſiſchen Republik ernannt, aber in den Eingangsworten heißt es wörtlich:
„Die Nationalverſammlung, Depoſitärin der ſouveränen Gewalt, in Erwägung
daß bis zur Beſchlußfaſſung über die Einrichtungen Frankreichs u. ſ. w.,“ es iſt
alſo ausgeſprochen daß die Republik noch nicht gegründet iſt. Dieſem Gedanken
gab auch Hr. Thiers Tags darauf in längerer Rede Ausdruck. Ferner in dem auf
den bekannten Antrag Rivet erlaſſenen Geſetz vom 31 Auguſt heißt es im Eingang:
„Die Nationalverſammlung, in Erwägung daß es bis zur Errichtung endgültiger Ein-
richtungen des Landes für die Bedürfniſſe der Arbeit, für die Intereſſen des Handels,
für die Entwicklung der Induſtrie nothwendig iſt daß unſere proviſoriſchen Einrichtun-
gen in den Augen aller, wenn nicht die Stabilität, welche das Werk der Zeit iſt, zum
mindeſten diejenige annehmen welche die Uebereinſtimmung der Willen und die Be-
ſchwichtigung der Parteien ſichern können u.ſ.w.“ Es wird alſo auch hier, obwohl dieſes
Decret ſchon einen weiteren Schritt zur republicaniſchen Staatsform macht, die
endgültige Ordnung der Dinge vorbehalten und der proviſoriſche Charakter der
gegenwärtigen Zuſtände betont. Hr. de Lorgeril hatte alſo im Grunde mit ſeiner
Behauptung recht, und die Linke war nicht berechtigt ihm entgegen zu rufen: „die
Republik iſt definitiv;“ aber klug war es nicht die Parteileidenſchaft muthwilliger-
weiſe aufzuregen.

Zu der Vernehmung des Herzogs v. Gramont bemerkt die „France:“

„Heute (am 4) hat ſich der Herzog v. Gramont nach Verſailles begeben, wo er zum
zweitenmal von der Unterſuchungscommiſſion über die Urſache des Krieges vernommen
werden ſoll. Der vormalige Miniſter der auswärtigen Angelegenheiten wird, wie
man ſagt, der Commiſſion zwei Documente von ſehr großer Wichtigkeit mittheilen, die
beide vom 13 Juli, zwei Tage vor der Kriegserklärung, datirt ſind: das erſte dieſer
Documente iſt eine Depeſche von Lord Loftus, engliſchem Geſandten in Berlin, welche
über ſeine Unterredung mit Hrn. v. Bismarck Bericht erſtattet, den er Namens ſeiner
Regierung beglückwünſcht hatte wegen der friedlichen Löſung des Hohenzollern’ſchen Zwi-
ſchenfalles. Die Sprache welche Hr. v. Bismarck führte, der ſeinerſeits nicht glaubte
daß alles zu Ende ſei, machte einen lebhaften Eindruck auf den brittiſchen Vertreter.
Der deutſche Kanzler ſprach zuerſt Zweifel aus ob Frankreich ſich für vollſtändig befrie-
digt halte. Vorausgeſetzt daß es ſo ſei, hatten dann nach ſeiner Meinung die Groß-
mächte welche die franzöſiſche Forderung in Berlin unterſtützt hatten eine Verpflichtung,
die nämlich die Geſinnungen der Mäßigung und Verſöhnlichkeit, von denen Preußen ein
Beiſpiel gegeben, ausdrücklich anzuerkennen. Das iſt aber nicht alles, fügte Hr. v. Bis-
marck hinzu; es iſt nöthig daß Frankreich die beleidigenden Ausdrücke, die im geſetz-
gebenden Körper ausgeſprochenen Erklärungen zurücknehme und desavouire. Auch das
iſt noch nicht alles; es iſt nöthig daß Frankreich, indem es Act nimmt von der Genugthuung
welche wir ihm geben, auf alle Hintergedanken in Bezug auf die Umgeſtaltung von
Deutſchland verzichte. Lord Loftus beeilte ſich ſeiner Regierung von der Unterredung
die er mit Hrn. v. Bismarck gehabt Mittheilung zu machen. Es gieng daraus hervor
daß Preußen zum Krieg entſchloſſen ſei, und daß es denſelben wegen des einen oder des
andern Zwiſchenfalls werde ausbrechen laſſen. Zu gleicher Zeit als Lord Loftus dieſen
Schritt bei Hrn. v. Bismarck that, begab ſich Lord Lyons, Geſandter Englands in Pa-
ris, zu Hrn. v. Gramont, um ihm gleiche Glückwünſche wegen der Löſung einer Ange-
legenheit zu überbringen die man beendigt glaubte. Die Haltung des Hrn. v. Gra-
mont iſt der Gegenſtand der zweiten Depeſche welche der Commiſſion vor Augen gelegt
werden ſoll. Hr. v. Gramont habe damals die verſöhnlichſten Abſichten ausgeſprochen.
Er habe u. a. erklärt: daß, wenn neue Schwierigkeiten auftauchen ſollten, er bereit ſei
ſich deßwegen an den Schiedsſpruch Englands zu berufen. Dieſe Mittheilungen können
ein großes retroſpectives Intereſſe haben; aber es wird immer der Fehler zu rechtfer-
tigen ſein den in ſolchem Falle die Negierung begieng, indem ſie ſelbſt den Krieg er-
klärte, wenn Preußen in allen Fällen entſchloſſen war uns zu bekriegen. Die Haltung
von Europa in Bezug auf uns würde eine ganz andere geweſen ſein wenn man die
Provocation von Berlin hätte ausgehen laſſen.“

Dieſe angebliche Enthüllung kann nur auf abſichtlicher Entſtellung beruhen.
Es bedarf keines Nachweiſes mehr daß, wenn die franzöſiſche Regierung, wie es
ſelbſt Jules Favre und Thiers im geſetzgebenden Körper verlangten, mit dem Ver-

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Curatoren zu Rathe zieht. Geringe Belehrung wird &#x017F;ich aus der Praxis der Kanzlei<lb/>
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&#x017F;piel und Graf&#x017F;chaft. Hrn. Gö&#x017F;chens Bill vom letzten Jahr würde die be&#x017F;&#x017F;eren<lb/>
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Di&#x017F;tricten die Wichtigkeit &#x017F;anitäti&#x017F;cher Verbe&#x017F;&#x017F;erungen auf das voll&#x017F;tändig&#x017F;te zu<lb/>
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Unterhau&#x017F;e die Neuerung degoutirt und mißbilligt, aber es mü&#x017F;&#x017F;en Ver&#x017F;prechungen<lb/>
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Es gibt Politiker die den Umtrieben betreffs der Ballotbill eine Wichtigkeit zu-<lb/>
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Freunde und die ehrenhafteren Feinde der Ballotbill &#x017F;timmen in ihrer An&#x017F;icht über die<lb/>
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Liberalen begei&#x017F;tern &#x017F;ich für das Ballot, weil es die Wirkung der populären Bewegung<lb/>
&#x017F;teigern und den Einfluß der Stellung und des Capitals vermindern wird. Es i&#x017F;t nicht<lb/>
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anderer. Es i&#x017F;t im höch&#x017F;ten Grad unwahr&#x017F;cheinlich daß bei einer allgemeinen Wahl<lb/>
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Es würde dem Hau&#x017F;e der Lords, nach gehörigem Zaudern und Ueberlegung, wenig<lb/>
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Hinderni&#x017F;&#x017F;e in den Weg zu legen, und wenn die Ent&#x017F;cheidungen der Peers von<lb/>
Staatsmännern überwacht werden, &#x017F;o werden &#x017F;ie gegenwärtig mehr als gewöhn-<lb/>
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folgen müßte. Das vorzeitige äng&#x017F;tliche Streben gewi&#x017F;&#x017F;er Demagogen, nach dem<lb/>
Bei&#x017F;piel Si&#x017F;&#x017F;era&#x2019;s und &#x017F;einer Hauptleute Theile der Verfa&#x017F;&#x017F;ung an &#x017F;ich zu reißen<lb/>
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Hr. Dixon macht &#x017F;ehr wenig mit &#x017F;einem Plan einer Ab&#x017F;chaffung des Oberhau&#x017F;es,<lb/>
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blick eine außergewöhnliche Kühnheit dazu gehören die Angriffe auf die Krone zu<lb/>
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Educationsbill mit Fe&#x017F;tigkeit aufrecht erhält. Kein Compromiß i&#x017F;t möglich das<lb/>
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</TEI>
[134/0006] Großbritannien. London, 6 Jan. * Da die Miniſter bis zur Eröffnung des Parlaments ihre Geheimniſſe ſtill im Buſen bewahren, ſo iſt es auch unmöglich mit Beſtimmtheit im voraus den Cha- rakter der politiſchen Conflicte zu kennzeichnen die mit Wahrſcheinlichkeit drohen dürften. Hr. Stansfeld, ſo ſchreibt die „Saturday Review,“ hat ſich kürzlich mit Zurückhaltung, vielleicht auch nur mit diplomatiſcher Schüchternheit, über die Mög- lichkeit ausgeſprochen die Sanitary Bill einzubringen, die er vorzubereiten ſich ja verpflichtet habe; doch kann darüber kein Zweifel ſein daß die Regierung Zeit fin- den wird für eine Maßregel die in ihren Grundlagen von keiner gegneriſchen Seite Widerſtand findet. Die Acte der letzten Seſſion ſtellte die Centralgewalt auf welche für die nutzbringende Wirkſamkeit der localen Verwaltungskörperſchaf- ten unumgänglich nothwendig war, und die Vertheilung der Gewalten wird ſich ſehr einfach zu Stande bringen laſſen, wenn man die Erfahrungen vieler Jahre in den ähnlichen Beziehungen zwiſchen dem Amte der Armengeſetze und dem der Curatoren zu Rathe zieht. Geringe Belehrung wird ſich aus der Praxis der Kanzlei des Innern ergeben, ſeitdem dieſe das Geſundheitsamt überwacht. Ihre Auto- rität war nominell zu ausgedehnt, in Wahrheit aber unzureichend, auch hatte man nicht Vorſorge getroffen Leute zu ernennen zur Vollziehung jener Aufgaben die der Kanzlei durch die verſchiedenen Parlamentsgeſetze geſtellt worden waren. Selbſt das Handelsamt ward trotz ſeiner wüſten Organiſation von denen vorgezogen die in localen Angelegenheiten mit der Sanitätsabtheilung der Kanzlei des Innern zu thun hatten. Kraft mehrerer Parlamentsgeſetze neuern Datums hat der Staats- ſecretär die Befugniß auf die Hinwegräumung gemeinſchädlicher Elemente zu drin- gen, und im Fall der Weigerung oder Nichtausführung war er ermächtigt die Ins- werkſetzung der nothwendigen Arbeiten auf Koſten der ſündigen den Gemeinde voll- ziehen zu laſſen; aber der Staatsſecretär hatte weder Leute die Arbeiten auszufüh- ren noch ein Grundcapital um die augenblicklichen Koſten zu beſtreiten, und ſo wa- ren in Folge parlamentariſcher Mißgriffe mehr als amtlicher alle derartigen Be- ſchlüſſe wirkungslos. In Zukunft wären in der Geſetzgebung zwingende Vor- kehrungen welche die localen Körperſchaften zu ihrer Pflicht anhielten, der im entgegengeſetzten Fall zu leiſtenden Ausführung der Arbeiten durch eine Central- gewalt vorzuziehen, und doch wird die Schwierigkeit nicht leicht zu überwinden ſein diejenigen die zu ihrem eigenen Profit allerhand ſchädliches veranlaſſen, an- zutreiben dasſelbe mit eigener Kraft und auf eigene Koſten hinwegzuräumen. Wenn die Bill beſonnen gefaßt ſein wird, wird das Parlament keinen Anſtand neh- men alle nothwendige Gewaltbefugniß dem gemeindlichen Regierungsamt, oder lieber noch dem Präſidenten, zu übertragen. Der Erfolg dieſer Maßregel wird hauptſäch- lich von der klugen Wahl des Verwaltungsmodus und der beſten localen Autori- täten abhängen. Im ganzen wird Hr. Stansfeld wahrſcheinlich auf die Curatoren- ämter zurückgreifen aus den zwei Gründen: einmal weil ſie ſchon exiſtiren, und ſo- dann weil das Grundgebiet das ſie repräſentiren die Mitte hält zwiſchen Kirch- ſpiel und Grafſchaft. Hrn. Göſchens Bill vom letzten Jahr würde die beſſeren Geſellſchaftsclaſſen thatſächlich von jedem Antheil an der gemeindlichen Regierung ausgeſchloſſen haben, obwohl ſich leicht nachweiſen läßt daß dieſes Reſultat von dem Autor des Entwurfs nicht beabſichtigt war. Es iſt nicht wahrſcheinlich weder daß Hr. Stansfeld noch daß die Mehrheit des Hauſes geneigt iſt die Machtbefug- niß der Gerichtshöfe zu ſteigern; und doch wiſſen die oberen Claſſen in ländlichen Diſtricten die Wichtigkeit ſanitätiſcher Verbeſſerungen auf das vollſtändigſte zu ſchätzen, und befinden ſich auch im Standegrößerer Unabhängigkeit als ihre ärmeren Nachbarn. Die ſtufenartig anſteigende Gerechtſame der Kirchſpiele enthält allzu wenig von den Principien der Freiheit, als daß eine moderne Geſetzgebung ſie be- günſtigen dürfte. Die Ballotbill wird, nach dem was in der letzten Seſſion ge- ſchehen iſt, ganz ſicher den Vorrang allen Maßregeln ablaufen die weniger einen rein politiſchen Charakter haben. Es iſt wahrſcheinlich daß eine Mehrheit im Unterhauſe die Neuerung degoutirt und mißbilligt, aber es müſſen Verſprechungen eingelöst werden, und das Unterhaus darf ſich vom Oberhauſe nicht werfen laſſen. Es gibt Politiker die den Umtrieben betreffs der Ballotbill eine Wichtigkeit zu- ſchreiben die andern allzu übertrieben vorkommt. Es iſt allgemein zugeſtanden daß, wenn in ſolchen Entwürfen ein Schein von Verdienſt liegt, die Bill des letzten Jahrs nicht die beſte war die man hätte finden können; der Machtzuſchuß aber den eine nur irgend mögliche Ballotbill der Partei der Bewegung verſchafft, iſt bei weitem wichtiger als die Begünſtigung oder Abſchaffung der Stimmenprüfung. Die Freunde und die ehrenhafteren Feinde der Ballotbill ſtimmen in ihrer Anſicht über die Hauptpunkte gänzlich überein, die in der That jetzt entſchieden ſind. Die extremen Liberalen begeiſtern ſich für das Ballot, weil es die Wirkung der populären Bewegung ſteigern und den Einfluß der Stellung und des Capitals vermindern wird. Es iſt nicht mehr der Mühe werth zu unterſuchen: ob es wünſchenswerth iſt daß jeder Mann ein unparteiiſches Votum abgibt, ohne Rückſicht auf die Wünſche oder Meinungen anderer. Es iſt im höchſten Grad unwahrſcheinlich daß bei einer allgemeinen Wahl ein halbes Duzend Sitze beſetzt werden ſollte durch den Gebrauch von Vorſpiege- lungen oder anderer offenbarer Arten des Betruges. Die Arten der Beſtechung denen im Fall einer Annahme des Ballots Vorſchub geleiſtet werden wird, ſind bis jetzt dem Amerikaner geläufiger geweſen als dem Engländer. Das Oberhaus wird ein unverdorbenes Urtheil zeigen wenn es eine mißfällige Maßregel acceptirt, die in erſter Linie das Unterhaus und die Wahlmänner angeht. Es iſt nicht noth- wendig bei dieſer Gelegenheit die Gränzen der geſetzgebenden Gewalt zu beſtimmen welche die Thätigkeit einer zweiten und weniger mächtigen Kammer umſchließen. Es würde dem Hauſe der Lords, nach gehörigem Zaudern und Ueberlegung, wenig anſtehen dem Unterhaus in der Beſtimmung des Wahlmodus ſeiner Mitglieder Hinderniſſe in den Weg zu legen, und wenn die Entſcheidungen der Peers von Staatsmännern überwacht werden, ſo werden ſie gegenwärtig mehr als gewöhn- lich einem Zwiſt aus dem Wege gehen, auf den nothwendigerweiſe eine Agitation folgen müßte. Das vorzeitige ängſtliche Streben gewiſſer Demagogen, nach dem Beiſpiel Siſſera’s und ſeiner Hauptleute Theile der Verfaſſung an ſich zu reißen um ſie zu vernichten, hat für den Augenblick eine gewiſſe Reaction hervorgerufen. Hr. Dixon macht ſehr wenig mit ſeinem Plan einer Abſchaffung des Oberhauſes, und das Geſchrei nach einer Republik iſt erſtorben ohne einen Wiederhall. Ein volksmäßiger Vorwand für erneute revolutionäre Plane würde den in ihrer Er- wartung getäuſchten Feinden der Verfaſſung, die ihre Federkraft verloren haben, im höchſten Grad angenehm ſein. Es würde in der That im gegenwärtigen Augen- blick eine außergewöhnliche Kühnheit dazu gehören die Angriffe auf die Krone zu erneuern. Die Gefühle welche ſich während der Krankheit des Prinzen von Wales kundgaben, ſind den entſchiedenſten Republicanern eine Warnung geweſen, und des rührenden und beredten Briefes der Königin an das engliſche Volk wird man gedenken wenn die modernen Verſuche ſich einen großen Namen zu machen längſt vergeſſen ſind. Das Haus der Lords aber hat nicht eine gleiche Sicherheit gegen Angriffe, und wenn es nach einem Grunde zur Feindſchaft ſtrebt, ſo wird es auf ſich allein alle Angriffe lenken, die ſich bis jetzt nach verſchiedenen Seiten wandten. Der ernſte Zwiſt den die miniſterielle Partei von dem wachſenden Mißvergnügen der Nonconformiſten wird ſich ſehr mäßigen laſſen, wenn man die Educationsbill mit Feſtigkeit aufrecht erhält. Kein Compromiß iſt möglich das nicht die Satzungen von 1869 im Grunde erſchüttern würde, und wenn Hr. Glad- ſtone und ſeine Collegen irgendwie Anlage zum Schwanken zeigen, ſo werden ſie einzig und allein die Unzufriedenen antreiben ihre Forderungen zu ſteigern. Gleich- zeitig werden alle Differenzen wieder aufleben welche das Geſetz zu ſtellen beſtimmt war, und es iſt nicht klar ob die neuen Gegner die ſie hervorrufen würden, weniger furchtbar wären als ihre gegenwärtigen Bedränger. Es wird indeß immer der Fehler der Regierung ſein wenn ihre Stellung im gegenwärtigen Jahr ge- fährdet iſt. Den letzten Anordnungen zufolge iſt die Abreiſe des Hofs von Windſor nach Osborne auf der Inſel Wight für kommenden Dienſtag in Ausſicht genommen. Das letzte Bulletin über das Befinden des Prinzen von Wales lautet wieder „in jeder Beziehung befriedigend.“ Kaum iſt der bedauerliche Strike der Maſchinenbauer in Newcaſtle beige- legt, als auch ſchon wieder neue Reibereien zwiſchen Capital und Arbeit von dort gemeldet werden. Am vorigen Mittwoch erſt kamen die vereinbarten Beſtimmun- gen über den neunſtündigen Arbeitstag zur Geltung, und ſchon Tags darauf machte das ganze Perſonal einer Fabrik „blau,“ weil man ihm die Ueberzeit nicht nach dem alten Syſtem berechnen wollte. Geſtern wurde dann auch dieſe Forde- rung bewilligt, und die Leute kehrten an die Arbeit zurück; kaum jedoch war dieß geſchehen als etwa 30 ausländiſche Arbeiter, Deutſche und Belgier, die Werkſtätten mit der Erklärung verließen: nicht eher wieder an die Arbeit gehen zu wollen als bis ſie gegen die gewaltthätigen Mißhandlungen der Engländer gehörig geſchützt ſeien. Fraukreich. Paris, 7 Jan. * Die Nationalverſammlung fährt fort ihre koſtbare Zeit mit nutzloſen De- batten zu vergeuden; während eine Menge der wichtigſten Fragen ihrer Löſung harrt, verbringt man die Zeit mit Debatten über Worte, um ſo thörichter, als nicht nur dadurch alle dringenden Entſcheidungen hinausgeſchoben, ſondern auch die Parteileidenſchaften ganz unnöthiger Weiſe aufgeregt werden. Was nun die ge- ſtrige Verhandlung betrifft, ſo hatte Hr. de Lorgeril mit ſeiner Behauptung im weſentlichen recht, aber es war unklug an dieſe Frage zu rühren. Unpatriotiſch indeß iſt die Haltung der Linken, die in Wuth geräth wenn der Beſtand der Republik be- ſtritten wird, denn die hier in Frage kommenden Geſetze beſtimmen ausdrücklich daß die Republik noch nicht die deſinitive Staatsform Frankreichs iſt. In dem Decret vom 18 Februar wird zwar Hr. Thiers zum Chef der vollziehenden Gewalt der franzöſiſchen Republik ernannt, aber in den Eingangsworten heißt es wörtlich: „Die Nationalverſammlung, Depoſitärin der ſouveränen Gewalt, in Erwägung daß bis zur Beſchlußfaſſung über die Einrichtungen Frankreichs u. ſ. w.,“ es iſt alſo ausgeſprochen daß die Republik noch nicht gegründet iſt. Dieſem Gedanken gab auch Hr. Thiers Tags darauf in längerer Rede Ausdruck. Ferner in dem auf den bekannten Antrag Rivet erlaſſenen Geſetz vom 31 Auguſt heißt es im Eingang: „Die Nationalverſammlung, in Erwägung daß es bis zur Errichtung endgültiger Ein- richtungen des Landes für die Bedürfniſſe der Arbeit, für die Intereſſen des Handels, für die Entwicklung der Induſtrie nothwendig iſt daß unſere proviſoriſchen Einrichtun- gen in den Augen aller, wenn nicht die Stabilität, welche das Werk der Zeit iſt, zum mindeſten diejenige annehmen welche die Uebereinſtimmung der Willen und die Be- ſchwichtigung der Parteien ſichern können u.ſ.w.“ Es wird alſo auch hier, obwohl dieſes Decret ſchon einen weiteren Schritt zur republicaniſchen Staatsform macht, die endgültige Ordnung der Dinge vorbehalten und der proviſoriſche Charakter der gegenwärtigen Zuſtände betont. Hr. de Lorgeril hatte alſo im Grunde mit ſeiner Behauptung recht, und die Linke war nicht berechtigt ihm entgegen zu rufen: „die Republik iſt definitiv;“ aber klug war es nicht die Parteileidenſchaft muthwilliger- weiſe aufzuregen. Zu der Vernehmung des Herzogs v. Gramont bemerkt die „France:“ „Heute (am 4) hat ſich der Herzog v. Gramont nach Verſailles begeben, wo er zum zweitenmal von der Unterſuchungscommiſſion über die Urſache des Krieges vernommen werden ſoll. Der vormalige Miniſter der auswärtigen Angelegenheiten wird, wie man ſagt, der Commiſſion zwei Documente von ſehr großer Wichtigkeit mittheilen, die beide vom 13 Juli, zwei Tage vor der Kriegserklärung, datirt ſind: das erſte dieſer Documente iſt eine Depeſche von Lord Loftus, engliſchem Geſandten in Berlin, welche über ſeine Unterredung mit Hrn. v. Bismarck Bericht erſtattet, den er Namens ſeiner Regierung beglückwünſcht hatte wegen der friedlichen Löſung des Hohenzollern’ſchen Zwi- ſchenfalles. Die Sprache welche Hr. v. Bismarck führte, der ſeinerſeits nicht glaubte daß alles zu Ende ſei, machte einen lebhaften Eindruck auf den brittiſchen Vertreter. Der deutſche Kanzler ſprach zuerſt Zweifel aus ob Frankreich ſich für vollſtändig befrie- digt halte. Vorausgeſetzt daß es ſo ſei, hatten dann nach ſeiner Meinung die Groß- mächte welche die franzöſiſche Forderung in Berlin unterſtützt hatten eine Verpflichtung, die nämlich die Geſinnungen der Mäßigung und Verſöhnlichkeit, von denen Preußen ein Beiſpiel gegeben, ausdrücklich anzuerkennen. Das iſt aber nicht alles, fügte Hr. v. Bis- marck hinzu; es iſt nöthig daß Frankreich die beleidigenden Ausdrücke, die im geſetz- gebenden Körper ausgeſprochenen Erklärungen zurücknehme und desavouire. Auch das iſt noch nicht alles; es iſt nöthig daß Frankreich, indem es Act nimmt von der Genugthuung welche wir ihm geben, auf alle Hintergedanken in Bezug auf die Umgeſtaltung von Deutſchland verzichte. Lord Loftus beeilte ſich ſeiner Regierung von der Unterredung die er mit Hrn. v. Bismarck gehabt Mittheilung zu machen. Es gieng daraus hervor daß Preußen zum Krieg entſchloſſen ſei, und daß es denſelben wegen des einen oder des andern Zwiſchenfalls werde ausbrechen laſſen. Zu gleicher Zeit als Lord Loftus dieſen Schritt bei Hrn. v. Bismarck that, begab ſich Lord Lyons, Geſandter Englands in Pa- ris, zu Hrn. v. Gramont, um ihm gleiche Glückwünſche wegen der Löſung einer Ange- legenheit zu überbringen die man beendigt glaubte. Die Haltung des Hrn. v. Gra- mont iſt der Gegenſtand der zweiten Depeſche welche der Commiſſion vor Augen gelegt werden ſoll. Hr. v. Gramont habe damals die verſöhnlichſten Abſichten ausgeſprochen. Er habe u. a. erklärt: daß, wenn neue Schwierigkeiten auftauchen ſollten, er bereit ſei ſich deßwegen an den Schiedsſpruch Englands zu berufen. Dieſe Mittheilungen können ein großes retroſpectives Intereſſe haben; aber es wird immer der Fehler zu rechtfer- tigen ſein den in ſolchem Falle die Negierung begieng, indem ſie ſelbſt den Krieg er- klärte, wenn Preußen in allen Fällen entſchloſſen war uns zu bekriegen. Die Haltung von Europa in Bezug auf uns würde eine ganz andere geweſen ſein wenn man die Provocation von Berlin hätte ausgehen laſſen.“ Dieſe angebliche Enthüllung kann nur auf abſichtlicher Entſtellung beruhen. Es bedarf keines Nachweiſes mehr daß, wenn die franzöſiſche Regierung, wie es ſelbſt Jules Favre und Thiers im geſetzgebenden Körper verlangten, mit dem Ver-

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 10. Januar 1872, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine10_1872/6>, abgerufen am 24.11.2024.