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Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 10. Januar 1872.

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[Spaltenumbruch] handlungen beziehen dürfe. Nur folgendes wolle man hervorheben: daß der Entwurf
eines Obligationenrechts, welcher durch die von dem vormaligen Deutschen Bunde zu
Dresden niedergesetzte Commission ausgearbeitet worden sei, ungeachtet der auf dieses
Werk von tüchtigen Kräften verwendeten Anstrengung, so wenig Befriedigung hervor-
gerufen habe, sei ein Zeugniß im großen dafür wie die besondere, von der Bearbeitung
des übrigen bürgerlichen Rechts losgelöste Behandlung des Obligationenrechts zu keinem
erwünschten Ziele führe. In der nachtheiligen Einwirkung des bürgerlichen Rechts der
einzelnen Bundesstaaten auf die sachgemäße Anwendung des Reichsrechts habe einer der
Gründe beruht welche zur Errichtung des Reichsoberhandelsgerichts geführt hätten, und
zur Ausdehnung der Zuständigkeit desselben drängten (vrgl. Haftpflichtgesetz vom 7 Juni
1871 §. 10) -- Maßnahmen welche dem gedachten Gerichtshof zugleich die schwere und
ihm darum durch Herstellung einheitlicher Normen des bürgerlichen Rechts möglichst zu
erleichternde Aufgabe zuwiesen eine Reihe der verschiedensten bürgerlichen Rechte zur
Anwendung zu bringen. Der Zusammenhang des nach Art. 4 Nr. 13 zur Zuständig-
keit des Reichs gehörigen "gerichtlichen Verfahrens" mit dem gesammten bürgerlichen
Rechte sei gleichfalls überaus eng, seine Rückwirkung auf die Gestaltung des ersteren
reiche weit. Die Arbeiten der früheren Norddeutschen Proceßcommission, wie die der
gegenwärtig thätigen geben den Beweis. Von einer Regelung des Zwangsvollstreckungs-
verfahrens in Bezug auf unbewegliche Sachen habe wegen der Verschiedenheit der Lan-
desgesetze über den Erwerb und die Belastung des unbeweglichen Eigenthums gänzlich
oder doch in der Hauptsache Abstand genommen werden müssen. Die Darstellung und
Entwicklung der einzelnen processualischen Institute bedinge zahlreiche Vorschriften,
welche dem sogenannten materiellen Proceßrecht angehören; dieses Recht sei indeß im
wesentlichen nichts anderes als das bürgerliche Recht, wie es im Processe zur Geltung
komme, so daß bei strengem Festhalten am Wortlaute des Art. 4 Nr. 13 die Zuständig-
keit des Reichs zum Erlasse jener doch unentbehrlichen Vorschriften bestritten werden,
oder wenigstens gewichtiger, die Gedeihlichkeit der Gesetzgebung beeinträchtigender Zweifel
darüber entstehen könne, wo die Zuständigkeit des Reichs ihre Gränze erreiche. Die nach
den vorstehenden Andeutungen für die Reichsgesetzgebung zur Lösung ihrer verfassungs-
mäßigen Aufgaben erforderliche Freiheit der Bewegung werde durch Annahme des vom
Reichstag beschlossenen Gesetzentwurfs gewonnen. Dieselbe bald eintreten zu lassen, sei
daher ein Bedürfniß, auch wenn man zugeben möchte daß die Herstellung eines allge-
meinen deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs schon mit Rücksicht auf die Erledigung anderer
großer, bereits in Angriff genommener, gesetzgeberischer Arbeiten nicht zu den in naher
Zukunft zu erfüllenden Aufgaben der Reichsgesetzgebung gehöre. Der von der Ausschuß-
mehrheit angedeutete Weg, durch Ausdehnung der Reichscompetenz je in den einzelnen
Fällen den hervortretenden Bedürfnissen Abhülfe zu gewähren, lasse sich selbstredend
nicht einschlagen, wenn es sich um Ausarbeitung eines umfassenden Obligationenrechts
handeln sollte. Wie hervorgehoben, könne man den an ein solches zu stellenden Anfor-
derungen nicht gerecht werden ohne nach allen Seiten hin freie Bewegung zu haben, so
daß sich hier eben nur durch die jetzt in Rede stehende Verfassungsänderung helfen lasse.
Wenn es sich um einzelne Materien handle, könne man auf dem bezeichneten Weg aller-
dings zum Ziele kommen, und eine Durchsicht der bisher beschlossenen Reichsgesetze werde
vielleicht Bestimmungen ergeben, zu denen man in stillschweigender Beschreitung jenes
Weges gelangt sei. Aber einen glücklich gewählten könne man denselben doch nicht
nennen. Er mache, wenn auch im einzelnen Falle nicht weitgreifende, so doch häufige
Verfassuugsänderungen nöthig, könne zu unerwünschten Streitigkeiten, ob eine solche
vorliege, führen, und befinde sich somit im Widerspruche mit dem Grundgedanken jeder
Verfassung, der Herstellung fester und zweifelloser Zustände. Die Annahme der bean-
tragten Verfassungsänderung führe solche herbei und verdiene darum den Vorzug. Die
von derselben besorgten Nachtheile würden nicht praktisch werden. Man könne mit der
Mehrheit der Ausschüsse zwar anerkennen daß es gewisse Gebiete gebe auf welchen die
Reichsgesetzgebung ihr Feld nicht habe, oder doch nur in beschränkter oder subsidiarischer
Weise thätig sein dürfe, wie z. B. auf dem Boden des bäuerlichen Rechts, Familien- und
Erbrechts. Allein die Gründe hierfür beruhten in dem Auspruch auf Anerkennung
welchen Rechtsbildungen besitzen die in der Eigenart einzelner Landestheile, insbesondere
des Charakters und der Sitte seiner Bewohner wurzeln, und darunter lebenskräftig seien.
Wo solche Kraft vorhanden, werde sie sich auch der Reichsgesetzgebung gegenüber ebenso
geltend machen, wie sie dieß in den einzelnen Bundesstaaten, insbesondere auch in Preußen,
vermocht habe. Um in dieser Beziehung dennoch übrig bleibende Bedenken zu beseitigen,
scheine sich der Ausweg zu bieten, der Reichsgesetzgebung zwar die Zuständigkeit für das
bürgerliche Recht im allgemeinen zu gewähren, von derselben aber gewisse Rechtsmaterien
auszuschließen. Abgesehen jedoch davon daß man ein derartiges Vorgehen nicht für
nöthig halte, vermöge man auch nicht die Ueberzeugung zu gewinnen daß dasselbe zum
Ziele zu führen geeignet sei. Bisher sei eine Formel für den Ausdruck dieses Gedankens
nicht gefunden. Es bestehe Streit welche Materien sich für den gedachten Ausschluß
eigneten. Derselbe werde die oben angedeuteten, aus der bisherigen Abgränzung der
Rechtsgebiete erwachsenden Nachtheile gleichfalls haben, und zwar in Folge der schärferen Ab-
gränzung an den betreffenden Stellen in verschärftem Maß -- mit dem alleinigen Unterschied
vielleicht daß diese Nachtheile auf dem Gebiete der Landesgesetzgebung fühlbarer sein
würden als auf dem der Reichsgesetzgebung. Ein Lahmlegen der ersteren durch die Aus-
dehnung der Competenz der letzteren sei nicht zu befürchten. An eine Codification des bür-
gerlichen Rechts durch die Landesgesetzgebung sei bei dem Ausdruck dieser Besorgniß offen-
bar nicht gedacht, sondern nur an die Regelung einzelner Rechtsbeziehungen und Rechts-
materien; an diese aber werde man im Fall wirklichen und dringenden Bedürfnisses im-
mer gehen können. Anlangend die Gerichtsorganisation, so theile man zwar die
Ansicht daß ein einheitliches Proceßverfahren in Civil- und Strafsachen auch einheitliche
gerichtsorganisatorische Vorschriften unausweichlich bedinge, ja daß ohne solche eine ge-
meinsame Civilproceßordnung oder Strafproceßordnung gar nicht geschaffen werden
könne, und darum das Gebiet der Gerichtsorganisation in so weit schon jetzt dem Reiche
zustehe. Wie stark der Zusammenhang beider Rechtsgebiete sei, habe sich z. B. bei den
Arbeiten der gegenwärtig thätigen Civilproceßcommission gezeigt. Denn dieselbe habe
in ihrer überwiegenden Mehrheit ausdrücklich zu Protokoll niedergelegt daß sie bei ihren
Beschlüssen über die Rechtsmittel von gewissen, bestimmt angegebenen Voraussetzungen
gerichtsorganisatorischer Natur ausgegangen sei. Allein ebenso unzweifelhaft sei es
daß im Anschluß an die Wortfassung des Art. 4 Nr. 13, und insbesondere weil der
Gerichtsorganisation nicht ausdrücklich gedacht sei, die als vorhanden angenommene
Competenz des Reichs nicht allseitig anerkannt werde. Schon um der Klarstellung
der Frage willen sei die Aenderung des Art. 4 Nr. 13 erwünscht. Ohne dieselbe
werde überdieß der Zweifel nicht zu lösen sein, wo die aus der Regelung des gericht-
lichen Verfahrens hergeleitete Zuständigkeit der Reichsgesetzgebung ihre Gränzen habe.
Man werde z. B. kaum in der Lage sein gewisse Bestimmungen über die Ausbildung
der Richter, über ihre Unabhängigkeit oder ihre Belastung mit nicht processualischen Ge-
schäften als nothwendige Folgen der Vorschriften über das Proceßverfahren zu be-
zeichnen, und dennoch äußerten die beiden erstgedachten Momente den entscheidendsten
Einfluß auf die Abgränzung der Competenz zwischen dem Einzelrichter und dem Colle-
gium, sowie auf die Frage: ob und in wie weit die ergehenden Urtheile einem Rechts-
mittel zu unterwerfen seien, und ebenso sei die Feststellung der dem Richter überhaupt
[Spaltenumbruch] obliegenden Geschäfte nicht ohne Bedeutung für das Maß der ihm im Processe zuzu-
messenden Arbeit und damit auf die Construction des Verfahrens selbst. Daß die
Reichsgesetzgebung über das für die Lösung ihrer Aufgabe nöthige Maß hinausgehe,
sei gerade auf diesem Gebiete nicht zu befürchten: es handle sich hier nicht um abstracte
Rechtssätze und deren Aenderung, sondern um Beseitigung oder Modisicirung con-
creter Gestaltungen, wie der Gerichtsbehörden, deren große Bedeutung und weitreichen-
der Zusammenhang mit andern concreten Beziehungen des Lebens die Bürgschaft
ausreichender Kraft zum Widerstande gegen unberechtigte Einwirkung der Gesetzgebung
gewähre."



Aus der französischen Nationalversammlung.

Nach Annahme mehrerer Gesetzentwürfe von localer
oder untergeordneter Bedeutung schreitet die Nationalversammlung zu den wöchentlichen
Berichten über die eingegangenen Petitionen. Der bekannte Legitimist de Lorgeril ist
mit der Berichterstattung über verschiedene derselben beauftragt. Lorgeril: Eine
große Zahl von Petitionen wünscht daß die Versammlung eine definitive Regierung
gründe. Verschiedene Petenten sagen daß die Monarchie dieses Gouvernement sei (Re-
clamationen auf verschiedenen Bänken); andere Petitionen verlangen die definitive
Etablirung der Republik. Ich hoffe, man wird mir daher gestatten die Beschlüsse der
Commission vorzutragen. Mehrere Petenten wünschen die Herstellung der erblichen
Monarchie und die Krönung Heinrichs von Bourbon als König von Frankreich. Dieß
ist das einzige Mittel die sociale Ordnung in Europa wiederherzustellen. (Lärm links.)
Die Commission war der Ansicht daß diese Frage nicht vorschnell gelöst werden dürfe,
und schlägt die Tagesordnung vor. (Hier trinkt Hr. v. Lorgeril aus dem auf der
Tribüne stehenden Glase Zuckerwasser, und von der Linken ruft man, denn es ist der
Tag der heil. drei Könige, die traditionellen Worte: "Der König trinkt! Der König
trinkt!") Die einfache Tagesordnung wird adoptirt. Eine Petition verlangt, sagt Hr.
v. Lorgeril, die Verhaftung und Verurtheilung aller derjenigen welche eine monarchische
Restauration predigen, aber die Republik besteht nur provisorisch (Lärm links.)... Ja,
die am 4 Sept. improvisirte Republik ist nur provisorisch, und folglich sind diejenigen
welche die Monarchie vertheidigen in ihrem Recht. Eine andere Petition bezieht sich
auf die constituirende Gewalt der Versammlung. Aber wir werden unsere constituirende
Gewalt aufbewahren bis zu dem uns günstig scheinenden Tage. (Gelächter links.) Ein
Petent verlangt daß die Versammlung sofort aufgelöst werde. (Sehr gut! links).
Diese Petition widerspricht dem Willen des Volkes und dem der Versammlung, welche
erklärt hat nicht eher auseinandergehen zu wollen als bis sie eine Constitution verfaßt
hat. (Gelächter links.) Ein Petent aus Paris verlangt daß die Versammlung sich
constituirend erkläre, und daß der Graf v. Paris zum König von Frankreich proclamirt
werde. Was den ersten Theil seines Wunsches betrifft, so kann der Petent beruhigt
sein. In einer früheren Sitzung ist Hr. Thiers zum Präsidenten der provisorischen
Republik ernannt worden. (Andauernder Lärm links.) Indem Sie Hrn. Thiers zum
Präsidenten der provisorischen Republik (neuer Lärm links) ernannten, haben Sie selbst
die Versammlung für verfassunggebend erklärt. (Sehr gut! rechts, Lärm links.)
Routier: Das sind Provocationen! Tirard: Das sind willkürliche Veränderungen!
Lorgeril: Sie sind es die Fälschungen begehen! (Lärm.) Der Präsident ermahnt
die Versammlung zur Ruhe. Lorgeril: Wenn der Augenblick gekommen sein wird,
wird die Versammlung sich entscheiden, und es ist wahrscheinlich daß sie dasjenige König-
thum wählen wird welches ihr für die Prosperität Frankreichs am geeignetsten erscheint.
(Gelächter links.) Hr. Bethmont: Jedermann muß die Freiheit der Tribüne ge-
nießen können. Darum wünschte ich die Aufmerksamkeit der Versammlung auf die
Veränderung eines Titels zu lenken den sie selbst ertheilt hat, auf den des Präsidenten
der Republik. (Stimmen rechts: Der provisorischen Republik!) Bethmont: Nein,
Sie haben dieses Wort nicht hinzugefügt, um die Autorität des Titels nicht zu verrin-
gern. Ich bitte die Versammlung, zu bemerken daß die Hinzufügung des Wortes
"provisorisch" nur die persönliche Ansicht des Berichterstatters, nicht aber diejenige der
Versammlung wiederspiegelt. Giraud: Ich erkläre daß ich den Titel: "Präsident der
Republik" nur votirt habe weil in meiner Idee die Republik nur provisorisch war.
(Sehr gut! rechts.) Bamberger: Ich verlange daß im Protokoll constatirt werde
daß das Wort "provisorisch" im Texte des von uns votirten Titels sich nicht vorsinde.
Lorgeril: Sagen wir dann also daß Hr. Thiers provisorischer Präsident der Republik
ist. Lepere: Ich will als Franzose nur sagen daß diese Debatte von Grund aus
traurig ist. (Lärm.) Die Versammlung spricht den Schluß der Debatte aus. Hr.
Lorgeril erscheint wieder auf der Tribüne und wird unter unbeschreiblichem Tumult
von den Mitgliedern der Linken apostrophirt. Die HH. Brisson und Peyrat drohen
ihm mit den Fäusten und stoßen furchtbare Verwünschungen gegen ihn aus. Der
Präsident fragt den Berichterstatter ob er solche Debatten für nützlich halte, und ruft
gleichzeitig der Linken zu: "Interpelliren Sie den Redner nicht!" worauf die Debatte
geschlossen wird. Die weiteren Petitionsberichte sind ohne besonderes Interesse für das
größere Publicum.

Hr. Dupanloup ist zum Präsidenten der Commission fürs Unterrichtsgesetz er-
nannt worden. Wie die "Republique francaise" wissen will, haben die Discussioneu
in dieser Commission bereits einen sehr scharfen Charakter angenommen, und Hr. Jules
Simon
habe so herbe Worte hören müssen, daß er dieselben für eine ihm persönlich an-
gethane Schmach erklärt habe. -- Bei der gestrigen neuen Verloosung der fünf-
zehn Bureaux
der Kammer und der darauffolgenden Wahl der Präsidenten und
Secretäre gelang es der Linken und dem linken Centrum sechs Präsidenten- und sechs
Secretärsitze mit ihren Mitgliedern zu besetzen. -- Die Fraction des linken Centrums
hat dem rechten Centrum den Vorschlag gemacht: bei der dritten Lesung des Gesetz-
entwurfs über die parlamentarischen Incompatibilitäten den Beschluß der Versamm-
lung, nach welchem auch die Unterstaatssecretäre von der Deputirtenwürde aus-
geschlossen bleiben sollen, durch ein gegentheiliges gemeinsames Vorum rückgängig
zu machen. Das rechte Centrum hat erklärt: auf diesen Vorschlag nicht eingehen zu
wollen.



Deutsches Reich.

Durch allerhöchste Entschließung vom 28 v. M.
ist von Sr. Maj. dem König befohlen worden die Verpflichtung der bayerischen
Truppen: im Kriege den Befehlen des Bundesfeldherrn unbedingt Folge zu leisten,
vom 1 Jan. 1872 an in den bayerischen Fahneneid aufzunehmen (laut der mit
diesem Datum gültig gewordenen Bestimmung in §. 5, Ziff. IV des durch das Ge-
setz vom 30 Jan. 1871 sanctionirten Versailler Vertrages). Demnach stellt ein
Kriegsministerialrescript den Wortlaut des neuen bayerischen Fahneneides in fol-
gender Weise fest:

"Ihr sollt schwören zu Gott dem Allmächtigen einen körperlichen Eid daß ihr dem
allergnädigsten, großmächtigsten König und Herrn Ludwig II, unserm allergnädigsten
Kriegsberrn, treu dienen, allerhöchstdesselben Wohl nach Kräften fördern, allen Vorge-

[Spaltenumbruch] handlungen beziehen dürfe. Nur folgendes wolle man hervorheben: daß der Entwurf
eines Obligationenrechts, welcher durch die von dem vormaligen Deutſchen Bunde zu
Dresden niedergeſetzte Commiſſion ausgearbeitet worden ſei, ungeachtet der auf dieſes
Werk von tüchtigen Kräften verwendeten Anſtrengung, ſo wenig Befriedigung hervor-
gerufen habe, ſei ein Zeugniß im großen dafür wie die beſondere, von der Bearbeitung
des übrigen bürgerlichen Rechts losgelöste Behandlung des Obligationenrechts zu keinem
erwünſchten Ziele führe. In der nachtheiligen Einwirkung des bürgerlichen Rechts der
einzelnen Bundesſtaaten auf die ſachgemäße Anwendung des Reichsrechts habe einer der
Gründe beruht welche zur Errichtung des Reichsoberhandelsgerichts geführt hätten, und
zur Ausdehnung der Zuſtändigkeit desſelben drängten (vrgl. Haftpflichtgeſetz vom 7 Juni
1871 §. 10) — Maßnahmen welche dem gedachten Gerichtshof zugleich die ſchwere und
ihm darum durch Herſtellung einheitlicher Normen des bürgerlichen Rechts möglichſt zu
erleichternde Aufgabe zuwieſen eine Reihe der verſchiedenſten bürgerlichen Rechte zur
Anwendung zu bringen. Der Zuſammenhang des nach Art. 4 Nr. 13 zur Zuſtändig-
keit des Reichs gehörigen „gerichtlichen Verfahrens“ mit dem geſammten bürgerlichen
Rechte ſei gleichfalls überaus eng, ſeine Rückwirkung auf die Geſtaltung des erſteren
reiche weit. Die Arbeiten der früheren Norddeutſchen Proceßcommiſſion, wie die der
gegenwärtig thätigen geben den Beweis. Von einer Regelung des Zwangsvollſtreckungs-
verfahrens in Bezug auf unbewegliche Sachen habe wegen der Verſchiedenheit der Lan-
desgeſetze über den Erwerb und die Belaſtung des unbeweglichen Eigenthums gänzlich
oder doch in der Hauptſache Abſtand genommen werden müſſen. Die Darſtellung und
Entwicklung der einzelnen proceſſualiſchen Inſtitute bedinge zahlreiche Vorſchriften,
welche dem ſogenannten materiellen Proceßrecht angehören; dieſes Recht ſei indeß im
weſentlichen nichts anderes als das bürgerliche Recht, wie es im Proceſſe zur Geltung
komme, ſo daß bei ſtrengem Feſthalten am Wortlaute des Art. 4 Nr. 13 die Zuſtändig-
keit des Reichs zum Erlaſſe jener doch unentbehrlichen Vorſchriften beſtritten werden,
oder wenigſtens gewichtiger, die Gedeihlichkeit der Geſetzgebung beeinträchtigender Zweifel
darüber entſtehen könne, wo die Zuſtändigkeit des Reichs ihre Gränze erreiche. Die nach
den vorſtehenden Andeutungen für die Reichsgeſetzgebung zur Löſung ihrer verfaſſungs-
mäßigen Aufgaben erforderliche Freiheit der Bewegung werde durch Annahme des vom
Reichstag beſchloſſenen Geſetzentwurfs gewonnen. Dieſelbe bald eintreten zu laſſen, ſei
daher ein Bedürfniß, auch wenn man zugeben möchte daß die Herſtellung eines allge-
meinen deutſchen bürgerlichen Geſetzbuchs ſchon mit Rückſicht auf die Erledigung anderer
großer, bereits in Angriff genommener, geſetzgeberiſcher Arbeiten nicht zu den in naher
Zukunft zu erfüllenden Aufgaben der Reichsgeſetzgebung gehöre. Der von der Ausſchuß-
mehrheit angedeutete Weg, durch Ausdehnung der Reichscompetenz je in den einzelnen
Fällen den hervortretenden Bedürfniſſen Abhülfe zu gewähren, laſſe ſich ſelbſtredend
nicht einſchlagen, wenn es ſich um Ausarbeitung eines umfaſſenden Obligationenrechts
handeln ſollte. Wie hervorgehoben, könne man den an ein ſolches zu ſtellenden Anfor-
derungen nicht gerecht werden ohne nach allen Seiten hin freie Bewegung zu haben, ſo
daß ſich hier eben nur durch die jetzt in Rede ſtehende Verfaſſungsänderung helfen laſſe.
Wenn es ſich um einzelne Materien handle, könne man auf dem bezeichneten Weg aller-
dings zum Ziele kommen, und eine Durchſicht der bisher beſchloſſenen Reichsgeſetze werde
vielleicht Beſtimmungen ergeben, zu denen man in ſtillſchweigender Beſchreitung jenes
Weges gelangt ſei. Aber einen glücklich gewählten könne man denſelben doch nicht
nennen. Er mache, wenn auch im einzelnen Falle nicht weitgreifende, ſo doch häufige
Verfaſſuugsänderungen nöthig, könne zu unerwünſchten Streitigkeiten, ob eine ſolche
vorliege, führen, und befinde ſich ſomit im Widerſpruche mit dem Grundgedanken jeder
Verfaſſung, der Herſtellung feſter und zweifelloſer Zuſtände. Die Annahme der bean-
tragten Verfaſſungsänderung führe ſolche herbei und verdiene darum den Vorzug. Die
von derſelben beſorgten Nachtheile würden nicht praktiſch werden. Man könne mit der
Mehrheit der Ausſchüſſe zwar anerkennen daß es gewiſſe Gebiete gebe auf welchen die
Reichsgeſetzgebung ihr Feld nicht habe, oder doch nur in beſchränkter oder ſubſidiariſcher
Weiſe thätig ſein dürfe, wie z. B. auf dem Boden des bäuerlichen Rechts, Familien- und
Erbrechts. Allein die Gründe hierfür beruhten in dem Auſpruch auf Anerkennung
welchen Rechtsbildungen beſitzen die in der Eigenart einzelner Landestheile, insbeſondere
des Charakters und der Sitte ſeiner Bewohner wurzeln, und darunter lebenskräftig ſeien.
Wo ſolche Kraft vorhanden, werde ſie ſich auch der Reichsgeſetzgebung gegenüber ebenſo
geltend machen, wie ſie dieß in den einzelnen Bundesſtaaten, insbeſondere auch in Preußen,
vermocht habe. Um in dieſer Beziehung dennoch übrig bleibende Bedenken zu beſeitigen,
ſcheine ſich der Ausweg zu bieten, der Reichsgeſetzgebung zwar die Zuſtändigkeit für das
bürgerliche Recht im allgemeinen zu gewähren, von derſelben aber gewiſſe Rechtsmaterien
auszuſchließen. Abgeſehen jedoch davon daß man ein derartiges Vorgehen nicht für
nöthig halte, vermöge man auch nicht die Ueberzeugung zu gewinnen daß dasſelbe zum
Ziele zu führen geeignet ſei. Bisher ſei eine Formel für den Ausdruck dieſes Gedankens
nicht gefunden. Es beſtehe Streit welche Materien ſich für den gedachten Ausſchluß
eigneten. Derſelbe werde die oben angedeuteten, aus der bisherigen Abgränzung der
Rechtsgebiete erwachſenden Nachtheile gleichfalls haben, und zwar in Folge der ſchärferen Ab-
gränzung an den betreffenden Stellen in verſchärftem Maß — mit dem alleinigen Unterſchied
vielleicht daß dieſe Nachtheile auf dem Gebiete der Landesgeſetzgebung fühlbarer ſein
würden als auf dem der Reichsgeſetzgebung. Ein Lahmlegen der erſteren durch die Aus-
dehnung der Competenz der letzteren ſei nicht zu befürchten. An eine Codification des bür-
gerlichen Rechts durch die Landesgeſetzgebung ſei bei dem Ausdruck dieſer Beſorgniß offen-
bar nicht gedacht, ſondern nur an die Regelung einzelner Rechtsbeziehungen und Rechts-
materien; an dieſe aber werde man im Fall wirklichen und dringenden Bedürfniſſes im-
mer gehen können. Anlangend die Gerichtsorganiſation, ſo theile man zwar die
Anſicht daß ein einheitliches Proceßverfahren in Civil- und Strafſachen auch einheitliche
gerichtsorganiſatoriſche Vorſchriften unausweichlich bedinge, ja daß ohne ſolche eine ge-
meinſame Civilproceßordnung oder Strafproceßordnung gar nicht geſchaffen werden
könne, und darum das Gebiet der Gerichtsorganiſation in ſo weit ſchon jetzt dem Reiche
zuſtehe. Wie ſtark der Zuſammenhang beider Rechtsgebiete ſei, habe ſich z. B. bei den
Arbeiten der gegenwärtig thätigen Civilproceßcommiſſion gezeigt. Denn dieſelbe habe
in ihrer überwiegenden Mehrheit ausdrücklich zu Protokoll niedergelegt daß ſie bei ihren
Beſchlüſſen über die Rechtsmittel von gewiſſen, beſtimmt angegebenen Vorausſetzungen
gerichtsorganiſatoriſcher Natur ausgegangen ſei. Allein ebenſo unzweifelhaft ſei es
daß im Anſchluß an die Wortfaſſung des Art. 4 Nr. 13, und insbeſondere weil der
Gerichtsorganiſation nicht ausdrücklich gedacht ſei, die als vorhanden angenommene
Competenz des Reichs nicht allſeitig anerkannt werde. Schon um der Klarſtellung
der Frage willen ſei die Aenderung des Art. 4 Nr. 13 erwünſcht. Ohne dieſelbe
werde überdieß der Zweifel nicht zu löſen ſein, wo die aus der Regelung des gericht-
lichen Verfahrens hergeleitete Zuſtändigkeit der Reichsgeſetzgebung ihre Gränzen habe.
Man werde z. B. kaum in der Lage ſein gewiſſe Beſtimmungen über die Ausbildung
der Richter, über ihre Unabhängigkeit oder ihre Belaſtung mit nicht proceſſualiſchen Ge-
ſchäften als nothwendige Folgen der Vorſchriften über das Proceßverfahren zu be-
zeichnen, und dennoch äußerten die beiden erſtgedachten Momente den entſcheidendſten
Einfluß auf die Abgränzung der Competenz zwiſchen dem Einzelrichter und dem Colle-
gium, ſowie auf die Frage: ob und in wie weit die ergehenden Urtheile einem Rechts-
mittel zu unterwerfen ſeien, und ebenſo ſei die Feſtſtellung der dem Richter überhaupt
[Spaltenumbruch] obliegenden Geſchäfte nicht ohne Bedeutung für das Maß der ihm im Proceſſe zuzu-
meſſenden Arbeit und damit auf die Conſtruction des Verfahrens ſelbſt. Daß die
Reichsgeſetzgebung über das für die Löſung ihrer Aufgabe nöthige Maß hinausgehe,
ſei gerade auf dieſem Gebiete nicht zu befürchten: es handle ſich hier nicht um abſtracte
Rechtsſätze und deren Aenderung, ſondern um Beſeitigung oder Modiſicirung con-
creter Geſtaltungen, wie der Gerichtsbehörden, deren große Bedeutung und weitreichen-
der Zuſammenhang mit andern concreten Beziehungen des Lebens die Bürgſchaft
ausreichender Kraft zum Widerſtande gegen unberechtigte Einwirkung der Geſetzgebung
gewähre.“



Aus der franzöſiſchen Nationalverſammlung.

Nach Annahme mehrerer Geſetzentwürfe von localer
oder untergeordneter Bedeutung ſchreitet die Nationalverſammlung zu den wöchentlichen
Berichten über die eingegangenen Petitionen. Der bekannte Legitimiſt de Lorgeril iſt
mit der Berichterſtattung über verſchiedene derſelben beauftragt. Lorgeril: Eine
große Zahl von Petitionen wünſcht daß die Verſammlung eine definitive Regierung
gründe. Verſchiedene Petenten ſagen daß die Monarchie dieſes Gouvernement ſei (Re-
clamationen auf verſchiedenen Bänken); andere Petitionen verlangen die definitive
Etablirung der Republik. Ich hoffe, man wird mir daher geſtatten die Beſchlüſſe der
Commiſſion vorzutragen. Mehrere Petenten wünſchen die Herſtellung der erblichen
Monarchie und die Krönung Heinrichs von Bourbon als König von Frankreich. Dieß
iſt das einzige Mittel die ſociale Ordnung in Europa wiederherzuſtellen. (Lärm links.)
Die Commiſſion war der Anſicht daß dieſe Frage nicht vorſchnell gelöst werden dürfe,
und ſchlägt die Tagesordnung vor. (Hier trinkt Hr. v. Lorgeril aus dem auf der
Tribüne ſtehenden Glaſe Zuckerwaſſer, und von der Linken ruft man, denn es iſt der
Tag der heil. drei Könige, die traditionellen Worte: „Der König trinkt! Der König
trinkt!“) Die einfache Tagesordnung wird adoptirt. Eine Petition verlangt, ſagt Hr.
v. Lorgeril, die Verhaftung und Verurtheilung aller derjenigen welche eine monarchiſche
Reſtauration predigen, aber die Republik beſteht nur proviſoriſch (Lärm links.)... Ja,
die am 4 Sept. improviſirte Republik iſt nur proviſoriſch, und folglich ſind diejenigen
welche die Monarchie vertheidigen in ihrem Recht. Eine andere Petition bezieht ſich
auf die conſtituirende Gewalt der Verſammlung. Aber wir werden unſere conſtituirende
Gewalt aufbewahren bis zu dem uns günſtig ſcheinenden Tage. (Gelächter links.) Ein
Petent verlangt daß die Verſammlung ſofort aufgelöst werde. (Sehr gut! links).
Dieſe Petition widerſpricht dem Willen des Volkes und dem der Verſammlung, welche
erklärt hat nicht eher auseinandergehen zu wollen als bis ſie eine Conſtitution verfaßt
hat. (Gelächter links.) Ein Petent aus Paris verlangt daß die Verſammlung ſich
conſtituirend erkläre, und daß der Graf v. Paris zum König von Frankreich proclamirt
werde. Was den erſten Theil ſeines Wunſches betrifft, ſo kann der Petent beruhigt
ſein. In einer früheren Sitzung iſt Hr. Thiers zum Präſidenten der proviſoriſchen
Republik ernannt worden. (Andauernder Lärm links.) Indem Sie Hrn. Thiers zum
Präſidenten der proviſoriſchen Republik (neuer Lärm links) ernannten, haben Sie ſelbſt
die Verſammlung für verfaſſunggebend erklärt. (Sehr gut! rechts, Lärm links.)
Routier: Das ſind Provocationen! Tirard: Das ſind willkürliche Veränderungen!
Lorgeril: Sie ſind es die Fälſchungen begehen! (Lärm.) Der Präſident ermahnt
die Verſammlung zur Ruhe. Lorgeril: Wenn der Augenblick gekommen ſein wird,
wird die Verſammlung ſich entſcheiden, und es iſt wahrſcheinlich daß ſie dasjenige König-
thum wählen wird welches ihr für die Proſperität Frankreichs am geeignetſten erſcheint.
(Gelächter links.) Hr. Bethmont: Jedermann muß die Freiheit der Tribüne ge-
nießen können. Darum wünſchte ich die Aufmerkſamkeit der Verſammlung auf die
Veränderung eines Titels zu lenken den ſie ſelbſt ertheilt hat, auf den des Präſidenten
der Republik. (Stimmen rechts: Der proviſoriſchen Republik!) Bethmont: Nein,
Sie haben dieſes Wort nicht hinzugefügt, um die Autorität des Titels nicht zu verrin-
gern. Ich bitte die Verſammlung, zu bemerken daß die Hinzufügung des Wortes
„proviſoriſch“ nur die perſönliche Anſicht des Berichterſtatters, nicht aber diejenige der
Verſammlung wiederſpiegelt. Giraud: Ich erkläre daß ich den Titel: „Präſident der
Republik“ nur votirt habe weil in meiner Idee die Republik nur proviſoriſch war.
(Sehr gut! rechts.) Bamberger: Ich verlange daß im Protokoll conſtatirt werde
daß das Wort „proviſoriſch“ im Texte des von uns votirten Titels ſich nicht vorſinde.
Lorgeril: Sagen wir dann alſo daß Hr. Thiers proviſoriſcher Präſident der Republik
iſt. Lepère: Ich will als Franzoſe nur ſagen daß dieſe Debatte von Grund aus
traurig iſt. (Lärm.) Die Verſammlung ſpricht den Schluß der Debatte aus. Hr.
Lorgeril erſcheint wieder auf der Tribüne und wird unter unbeſchreiblichem Tumult
von den Mitgliedern der Linken apoſtrophirt. Die HH. Briſſon und Peyrat drohen
ihm mit den Fäuſten und ſtoßen furchtbare Verwünſchungen gegen ihn aus. Der
Präſident fragt den Berichterſtatter ob er ſolche Debatten für nützlich halte, und ruft
gleichzeitig der Linken zu: „Interpelliren Sie den Redner nicht!“ worauf die Debatte
geſchloſſen wird. Die weiteren Petitionsberichte ſind ohne beſonderes Intereſſe für das
größere Publicum.

Hr. Dupanloup iſt zum Präſidenten der Commiſſion fürs Unterrichtsgeſetz er-
nannt worden. Wie die „République françaiſe“ wiſſen will, haben die Discuſſioneu
in dieſer Commiſſion bereits einen ſehr ſcharfen Charakter angenommen, und Hr. Jules
Simon
habe ſo herbe Worte hören müſſen, daß er dieſelben für eine ihm perſönlich an-
gethane Schmach erklärt habe. — Bei der geſtrigen neuen Verlooſung der fünf-
zehn Bureaux
der Kammer und der darauffolgenden Wahl der Präſidenten und
Secretäre gelang es der Linken und dem linken Centrum ſechs Präſidenten- und ſechs
Secretärſitze mit ihren Mitgliedern zu beſetzen. — Die Fraction des linken Centrums
hat dem rechten Centrum den Vorſchlag gemacht: bei der dritten Leſung des Geſetz-
entwurfs über die parlamentariſchen Incompatibilitäten den Beſchluß der Verſamm-
lung, nach welchem auch die Unterſtaatsſecretäre von der Deputirtenwürde aus-
geſchloſſen bleiben ſollen, durch ein gegentheiliges gemeinſames Vorum rückgängig
zu machen. Das rechte Centrum hat erklärt: auf dieſen Vorſchlag nicht eingehen zu
wollen.



Deutſches Reich.

Durch allerhöchſte Entſchließung vom 28 v. M.
iſt von Sr. Maj. dem König befohlen worden die Verpflichtung der bayeriſchen
Truppen: im Kriege den Befehlen des Bundesfeldherrn unbedingt Folge zu leiſten,
vom 1 Jan. 1872 an in den bayeriſchen Fahneneid aufzunehmen (laut der mit
dieſem Datum gültig gewordenen Beſtimmung in §. 5, Ziff. IV des durch das Ge-
ſetz vom 30 Jan. 1871 ſanctionirten Verſailler Vertrages). Demnach ſtellt ein
Kriegsminiſterialreſcript den Wortlaut des neuen bayeriſchen Fahneneides in fol-
gender Weiſe feſt:

„Ihr ſollt ſchwören zu Gott dem Allmächtigen einen körperlichen Eid daß ihr dem
allergnädigſten, großmächtigſten König und Herrn Ludwig II, unſerm allergnädigſten
Kriegsberrn, treu dienen, allerhöchſtdesſelben Wohl nach Kräften fördern, allen Vorge-

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handlungen beziehen dürfe. Nur folgendes wolle man hervorheben: daß der Entwurf<lb/>
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Dresden niederge&#x017F;etzte Commi&#x017F;&#x017F;ion ausgearbeitet worden &#x017F;ei, ungeachtet der auf die&#x017F;es<lb/>
Werk von tüchtigen Kräften verwendeten An&#x017F;trengung, &#x017F;o wenig Befriedigung hervor-<lb/>
gerufen habe, &#x017F;ei ein Zeugniß im großen dafür wie die be&#x017F;ondere, von der Bearbeitung<lb/>
des übrigen bürgerlichen Rechts losgelöste Behandlung des Obligationenrechts zu keinem<lb/>
erwün&#x017F;chten Ziele führe. In der nachtheiligen Einwirkung des bürgerlichen Rechts der<lb/>
einzelnen Bundes&#x017F;taaten auf die &#x017F;achgemäße Anwendung des Reichsrechts habe einer der<lb/>
Gründe beruht welche zur Errichtung des Reichsoberhandelsgerichts geführt hätten, und<lb/>
zur Ausdehnung der Zu&#x017F;tändigkeit des&#x017F;elben drängten (vrgl. Haftpflichtge&#x017F;etz vom 7 Juni<lb/>
1871 §. 10) &#x2014; Maßnahmen welche dem gedachten Gerichtshof zugleich die &#x017F;chwere und<lb/>
ihm darum durch Her&#x017F;tellung einheitlicher Normen des bürgerlichen Rechts möglich&#x017F;t zu<lb/>
erleichternde Aufgabe zuwie&#x017F;en eine Reihe der ver&#x017F;chieden&#x017F;ten bürgerlichen Rechte zur<lb/>
Anwendung zu bringen. Der Zu&#x017F;ammenhang des nach Art. 4 Nr. 13 zur Zu&#x017F;tändig-<lb/>
keit des Reichs gehörigen &#x201E;gerichtlichen Verfahrens&#x201C; mit dem ge&#x017F;ammten bürgerlichen<lb/>
Rechte &#x017F;ei gleichfalls überaus eng, &#x017F;eine Rückwirkung auf die Ge&#x017F;taltung des er&#x017F;teren<lb/>
reiche weit. Die Arbeiten der früheren Norddeut&#x017F;chen Proceßcommi&#x017F;&#x017F;ion, wie die der<lb/>
gegenwärtig thätigen geben den Beweis. Von einer Regelung des Zwangsvoll&#x017F;treckungs-<lb/>
verfahrens in Bezug auf unbewegliche Sachen habe wegen der Ver&#x017F;chiedenheit der Lan-<lb/>
desge&#x017F;etze über den Erwerb und die Bela&#x017F;tung des unbeweglichen Eigenthums gänzlich<lb/>
oder doch in der Haupt&#x017F;ache Ab&#x017F;tand genommen werden mü&#x017F;&#x017F;en. Die Dar&#x017F;tellung und<lb/>
Entwicklung der einzelnen proce&#x017F;&#x017F;uali&#x017F;chen In&#x017F;titute bedinge zahlreiche Vor&#x017F;chriften,<lb/>
welche dem &#x017F;ogenannten materiellen Proceßrecht angehören; die&#x017F;es Recht &#x017F;ei indeß im<lb/>
we&#x017F;entlichen nichts anderes als das bürgerliche Recht, wie es im Proce&#x017F;&#x017F;e zur Geltung<lb/>
komme, &#x017F;o daß bei &#x017F;trengem Fe&#x017F;thalten am Wortlaute des Art. 4 Nr. 13 die Zu&#x017F;tändig-<lb/>
keit des Reichs zum Erla&#x017F;&#x017F;e jener doch unentbehrlichen Vor&#x017F;chriften be&#x017F;tritten werden,<lb/>
oder wenig&#x017F;tens gewichtiger, die Gedeihlichkeit der Ge&#x017F;etzgebung beeinträchtigender Zweifel<lb/>
darüber ent&#x017F;tehen könne, wo die Zu&#x017F;tändigkeit des Reichs ihre Gränze erreiche. Die nach<lb/>
den vor&#x017F;tehenden Andeutungen für die Reichsge&#x017F;etzgebung zur Lö&#x017F;ung ihrer verfa&#x017F;&#x017F;ungs-<lb/>
mäßigen Aufgaben erforderliche Freiheit der Bewegung werde durch Annahme des vom<lb/>
Reichstag be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Ge&#x017F;etzentwurfs gewonnen. Die&#x017F;elbe bald eintreten zu la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ei<lb/>
daher ein Bedürfniß, auch wenn man zugeben möchte daß die Her&#x017F;tellung eines allge-<lb/>
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großer, bereits in Angriff genommener, ge&#x017F;etzgeberi&#x017F;cher Arbeiten nicht zu den in naher<lb/>
Zukunft zu erfüllenden Aufgaben der Reichsge&#x017F;etzgebung gehöre. Der von der Aus&#x017F;chuß-<lb/>
mehrheit angedeutete Weg, durch Ausdehnung der Reichscompetenz je in den einzelnen<lb/>
Fällen den hervortretenden Bedürfni&#x017F;&#x017F;en Abhülfe zu gewähren, la&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;tredend<lb/>
nicht ein&#x017F;chlagen, wenn es &#x017F;ich um Ausarbeitung eines umfa&#x017F;&#x017F;enden Obligationenrechts<lb/>
handeln &#x017F;ollte. Wie hervorgehoben, könne man den an ein &#x017F;olches zu &#x017F;tellenden Anfor-<lb/>
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daß &#x017F;ich hier eben nur durch die jetzt in Rede &#x017F;tehende Verfa&#x017F;&#x017F;ungsänderung helfen la&#x017F;&#x017F;e.<lb/>
Wenn es &#x017F;ich um einzelne Materien handle, könne man auf dem bezeichneten Weg aller-<lb/>
dings zum Ziele kommen, und eine Durch&#x017F;icht der bisher be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Reichsge&#x017F;etze werde<lb/>
vielleicht Be&#x017F;timmungen ergeben, zu denen man in &#x017F;till&#x017F;chweigender Be&#x017F;chreitung jenes<lb/>
Weges gelangt &#x017F;ei. Aber einen glücklich gewählten könne man den&#x017F;elben doch nicht<lb/>
nennen. Er mache, wenn auch im einzelnen Falle nicht weitgreifende, &#x017F;o doch häufige<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;uugsänderungen nöthig, könne zu unerwün&#x017F;chten Streitigkeiten, ob eine &#x017F;olche<lb/>
vorliege, führen, und befinde &#x017F;ich &#x017F;omit im Wider&#x017F;pruche mit dem Grundgedanken jeder<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;ung, der Her&#x017F;tellung fe&#x017F;ter und zweifello&#x017F;er Zu&#x017F;tände. Die Annahme der bean-<lb/>
tragten Verfa&#x017F;&#x017F;ungsänderung führe &#x017F;olche herbei und verdiene darum den Vorzug. Die<lb/>
von der&#x017F;elben be&#x017F;orgten Nachtheile würden nicht prakti&#x017F;ch werden. Man könne mit der<lb/>
Mehrheit der Aus&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;e zwar anerkennen daß es gewi&#x017F;&#x017F;e Gebiete gebe auf welchen die<lb/>
Reichsge&#x017F;etzgebung ihr Feld nicht habe, oder doch nur in be&#x017F;chränkter oder &#x017F;ub&#x017F;idiari&#x017F;cher<lb/>
Wei&#x017F;e thätig &#x017F;ein dürfe, wie z. B. auf dem Boden des bäuerlichen Rechts, Familien- und<lb/>
Erbrechts. Allein die Gründe hierfür beruhten in dem Au&#x017F;pruch auf Anerkennung<lb/>
welchen Rechtsbildungen be&#x017F;itzen die in der Eigenart einzelner Landestheile, insbe&#x017F;ondere<lb/>
des Charakters und der Sitte &#x017F;einer Bewohner wurzeln, und darunter lebenskräftig &#x017F;eien.<lb/>
Wo &#x017F;olche Kraft vorhanden, werde &#x017F;ie &#x017F;ich auch der Reichsge&#x017F;etzgebung gegenüber eben&#x017F;o<lb/>
geltend machen, wie &#x017F;ie dieß in den einzelnen Bundes&#x017F;taaten, insbe&#x017F;ondere auch in Preußen,<lb/>
vermocht habe. Um in die&#x017F;er Beziehung dennoch übrig bleibende Bedenken zu be&#x017F;eitigen,<lb/>
&#x017F;cheine &#x017F;ich der Ausweg zu bieten, der Reichsge&#x017F;etzgebung zwar die Zu&#x017F;tändigkeit für das<lb/>
bürgerliche Recht im allgemeinen zu gewähren, von der&#x017F;elben aber gewi&#x017F;&#x017F;e Rechtsmaterien<lb/>
auszu&#x017F;chließen. Abge&#x017F;ehen jedoch davon daß man ein derartiges Vorgehen nicht für<lb/>
nöthig halte, vermöge man auch nicht die Ueberzeugung zu gewinnen daß das&#x017F;elbe zum<lb/>
Ziele zu führen geeignet &#x017F;ei. Bisher &#x017F;ei eine Formel für den Ausdruck die&#x017F;es Gedankens<lb/>
nicht gefunden. Es be&#x017F;tehe Streit welche Materien &#x017F;ich für den gedachten Aus&#x017F;chluß<lb/>
eigneten. Der&#x017F;elbe werde die oben angedeuteten, aus der bisherigen Abgränzung der<lb/>
Rechtsgebiete erwach&#x017F;enden Nachtheile gleichfalls haben, und zwar in Folge der &#x017F;chärferen Ab-<lb/>
gränzung an den betreffenden Stellen in ver&#x017F;chärftem Maß &#x2014; mit dem alleinigen Unter&#x017F;chied<lb/>
vielleicht daß die&#x017F;e Nachtheile auf dem Gebiete der Landesge&#x017F;etzgebung fühlbarer &#x017F;ein<lb/>
würden als auf dem der Reichsge&#x017F;etzgebung. Ein Lahmlegen der er&#x017F;teren durch die Aus-<lb/>
dehnung der Competenz der letzteren &#x017F;ei nicht zu befürchten. An eine Codification des bür-<lb/>
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bar nicht gedacht, &#x017F;ondern nur an die Regelung einzelner Rechtsbeziehungen und Rechts-<lb/>
materien; an die&#x017F;e aber werde man im Fall wirklichen und dringenden Bedürfni&#x017F;&#x017F;es im-<lb/>
mer gehen können. Anlangend die <hi rendition="#g">Gerichtsorgani&#x017F;ation,</hi> &#x017F;o theile man zwar die<lb/>
An&#x017F;icht daß ein einheitliches Proceßverfahren in Civil- und Straf&#x017F;achen auch einheitliche<lb/>
gerichtsorgani&#x017F;atori&#x017F;che Vor&#x017F;chriften unausweichlich bedinge, ja daß ohne &#x017F;olche eine ge-<lb/>
mein&#x017F;ame Civilproceßordnung oder Strafproceßordnung gar nicht ge&#x017F;chaffen werden<lb/>
könne, und darum das Gebiet der Gerichtsorgani&#x017F;ation in &#x017F;o weit &#x017F;chon jetzt dem Reiche<lb/>
zu&#x017F;tehe. Wie &#x017F;tark der Zu&#x017F;ammenhang beider Rechtsgebiete &#x017F;ei, habe &#x017F;ich z. B. bei den<lb/>
Arbeiten der gegenwärtig thätigen Civilproceßcommi&#x017F;&#x017F;ion gezeigt. Denn die&#x017F;elbe habe<lb/>
in ihrer überwiegenden Mehrheit ausdrücklich zu Protokoll niedergelegt daß &#x017F;ie bei ihren<lb/>
Be&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;en über die Rechtsmittel von gewi&#x017F;&#x017F;en, be&#x017F;timmt angegebenen Voraus&#x017F;etzungen<lb/>
gerichtsorgani&#x017F;atori&#x017F;cher Natur ausgegangen &#x017F;ei. Allein eben&#x017F;o unzweifelhaft &#x017F;ei es<lb/>
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Gerichtsorgani&#x017F;ation nicht ausdrücklich gedacht &#x017F;ei, die als vorhanden angenommene<lb/>
Competenz des Reichs nicht all&#x017F;eitig anerkannt werde. Schon um der Klar&#x017F;tellung<lb/>
der Frage willen &#x017F;ei die Aenderung des Art. 4 Nr. 13 erwün&#x017F;cht. Ohne die&#x017F;elbe<lb/>
werde überdieß der Zweifel nicht zu lö&#x017F;en &#x017F;ein, wo die aus der Regelung des gericht-<lb/>
lichen Verfahrens hergeleitete Zu&#x017F;tändigkeit der Reichsge&#x017F;etzgebung ihre Gränzen habe.<lb/>
Man werde z. B. kaum in der Lage &#x017F;ein gewi&#x017F;&#x017F;e Be&#x017F;timmungen über die Ausbildung<lb/>
der Richter, über ihre Unabhängigkeit oder ihre Bela&#x017F;tung mit nicht proce&#x017F;&#x017F;uali&#x017F;chen Ge-<lb/>
&#x017F;chäften als nothwendige Folgen der Vor&#x017F;chriften über das Proceßverfahren zu be-<lb/>
zeichnen, und dennoch äußerten die beiden er&#x017F;tgedachten Momente den ent&#x017F;cheidend&#x017F;ten<lb/>
Einfluß auf die Abgränzung der Competenz zwi&#x017F;chen dem Einzelrichter und dem Colle-<lb/>
gium, &#x017F;owie auf die Frage: ob und in wie weit die ergehenden Urtheile einem Rechts-<lb/>
mittel zu unterwerfen &#x017F;eien, und eben&#x017F;o &#x017F;ei die Fe&#x017F;t&#x017F;tellung der dem Richter überhaupt<lb/><cb/>
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Reichsge&#x017F;etzgebung über das für die Lö&#x017F;ung ihrer Aufgabe nöthige Maß hinausgehe,<lb/>
&#x017F;ei gerade auf die&#x017F;em Gebiete nicht zu befürchten: es handle &#x017F;ich hier nicht um ab&#x017F;tracte<lb/>
Rechts&#x017F;ätze und deren Aenderung, &#x017F;ondern um Be&#x017F;eitigung oder Modi&#x017F;icirung con-<lb/>
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der Zu&#x017F;ammenhang mit andern concreten Beziehungen des Lebens die Bürg&#x017F;chaft<lb/>
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Berichten über die eingegangenen Petitionen. Der bekannte Legitimi&#x017F;t de Lorgeril i&#x017F;t<lb/>
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gründe. Ver&#x017F;chiedene Petenten &#x017F;agen daß die Monarchie die&#x017F;es Gouvernement &#x017F;ei (Re-<lb/>
clamationen auf ver&#x017F;chiedenen Bänken); andere Petitionen verlangen die definitive<lb/>
Etablirung der Republik. Ich hoffe, man wird mir daher ge&#x017F;tatten die Be&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e der<lb/>
Commi&#x017F;&#x017F;ion vorzutragen. Mehrere Petenten wün&#x017F;chen die Her&#x017F;tellung der erblichen<lb/>
Monarchie und die Krönung Heinrichs von Bourbon als König von Frankreich. Dieß<lb/>
i&#x017F;t das einzige Mittel die &#x017F;ociale Ordnung in Europa wiederherzu&#x017F;tellen. (Lärm links.)<lb/>
Die Commi&#x017F;&#x017F;ion war der An&#x017F;icht daß die&#x017F;e Frage nicht vor&#x017F;chnell gelöst werden dürfe,<lb/>
und &#x017F;chlägt die Tagesordnung vor. (Hier trinkt Hr. v. Lorgeril aus dem auf der<lb/>
Tribüne &#x017F;tehenden Gla&#x017F;e Zuckerwa&#x017F;&#x017F;er, und von der Linken ruft man, denn es i&#x017F;t der<lb/>
Tag der heil. drei Könige, die traditionellen Worte: &#x201E;Der König trinkt! Der König<lb/>
trinkt!&#x201C;) Die einfache Tagesordnung wird adoptirt. Eine Petition verlangt, &#x017F;agt Hr.<lb/>
v. <hi rendition="#g">Lorgeril,</hi> die Verhaftung und Verurtheilung aller derjenigen welche eine monarchi&#x017F;che<lb/>
Re&#x017F;tauration predigen, aber die Republik be&#x017F;teht nur provi&#x017F;ori&#x017F;ch (Lärm links.)... Ja,<lb/>
die am 4 Sept. improvi&#x017F;irte Republik i&#x017F;t nur provi&#x017F;ori&#x017F;ch, und folglich &#x017F;ind diejenigen<lb/>
welche die Monarchie vertheidigen in ihrem Recht. Eine andere Petition bezieht &#x017F;ich<lb/>
auf die con&#x017F;tituirende Gewalt der Ver&#x017F;ammlung. Aber wir werden un&#x017F;ere con&#x017F;tituirende<lb/>
Gewalt aufbewahren bis zu dem uns gün&#x017F;tig &#x017F;cheinenden Tage. (Gelächter links.) Ein<lb/>
Petent verlangt daß die Ver&#x017F;ammlung &#x017F;ofort aufgelöst werde. (Sehr gut! links).<lb/>
Die&#x017F;e Petition wider&#x017F;pricht dem Willen des Volkes und dem der Ver&#x017F;ammlung, welche<lb/>
erklärt hat nicht eher auseinandergehen zu wollen als bis &#x017F;ie eine Con&#x017F;titution verfaßt<lb/>
hat. (Gelächter links.) Ein Petent aus Paris verlangt daß die Ver&#x017F;ammlung &#x017F;ich<lb/>
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werde. Was den er&#x017F;ten Theil &#x017F;eines Wun&#x017F;ches betrifft, &#x017F;o kann der Petent beruhigt<lb/>
&#x017F;ein. In einer früheren Sitzung i&#x017F;t Hr. Thiers zum Prä&#x017F;identen der provi&#x017F;ori&#x017F;chen<lb/>
Republik ernannt worden. (Andauernder Lärm links.) Indem Sie Hrn. Thiers zum<lb/>
Prä&#x017F;identen der provi&#x017F;ori&#x017F;chen Republik (neuer Lärm links) ernannten, haben Sie &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
die Ver&#x017F;ammlung für verfa&#x017F;&#x017F;unggebend erklärt. (Sehr gut! rechts, Lärm links.)<lb/><hi rendition="#g">Routier:</hi> Das &#x017F;ind Provocationen! <hi rendition="#g">Tirard:</hi> Das &#x017F;ind willkürliche Veränderungen!<lb/><hi rendition="#g">Lorgeril:</hi> Sie &#x017F;ind es die Fäl&#x017F;chungen begehen! (Lärm.) Der <hi rendition="#g">Prä&#x017F;ident</hi> ermahnt<lb/>
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[131/0003] handlungen beziehen dürfe. Nur folgendes wolle man hervorheben: daß der Entwurf eines Obligationenrechts, welcher durch die von dem vormaligen Deutſchen Bunde zu Dresden niedergeſetzte Commiſſion ausgearbeitet worden ſei, ungeachtet der auf dieſes Werk von tüchtigen Kräften verwendeten Anſtrengung, ſo wenig Befriedigung hervor- gerufen habe, ſei ein Zeugniß im großen dafür wie die beſondere, von der Bearbeitung des übrigen bürgerlichen Rechts losgelöste Behandlung des Obligationenrechts zu keinem erwünſchten Ziele führe. In der nachtheiligen Einwirkung des bürgerlichen Rechts der einzelnen Bundesſtaaten auf die ſachgemäße Anwendung des Reichsrechts habe einer der Gründe beruht welche zur Errichtung des Reichsoberhandelsgerichts geführt hätten, und zur Ausdehnung der Zuſtändigkeit desſelben drängten (vrgl. Haftpflichtgeſetz vom 7 Juni 1871 §. 10) — Maßnahmen welche dem gedachten Gerichtshof zugleich die ſchwere und ihm darum durch Herſtellung einheitlicher Normen des bürgerlichen Rechts möglichſt zu erleichternde Aufgabe zuwieſen eine Reihe der verſchiedenſten bürgerlichen Rechte zur Anwendung zu bringen. Der Zuſammenhang des nach Art. 4 Nr. 13 zur Zuſtändig- keit des Reichs gehörigen „gerichtlichen Verfahrens“ mit dem geſammten bürgerlichen Rechte ſei gleichfalls überaus eng, ſeine Rückwirkung auf die Geſtaltung des erſteren reiche weit. Die Arbeiten der früheren Norddeutſchen Proceßcommiſſion, wie die der gegenwärtig thätigen geben den Beweis. Von einer Regelung des Zwangsvollſtreckungs- verfahrens in Bezug auf unbewegliche Sachen habe wegen der Verſchiedenheit der Lan- desgeſetze über den Erwerb und die Belaſtung des unbeweglichen Eigenthums gänzlich oder doch in der Hauptſache Abſtand genommen werden müſſen. Die Darſtellung und Entwicklung der einzelnen proceſſualiſchen Inſtitute bedinge zahlreiche Vorſchriften, welche dem ſogenannten materiellen Proceßrecht angehören; dieſes Recht ſei indeß im weſentlichen nichts anderes als das bürgerliche Recht, wie es im Proceſſe zur Geltung komme, ſo daß bei ſtrengem Feſthalten am Wortlaute des Art. 4 Nr. 13 die Zuſtändig- keit des Reichs zum Erlaſſe jener doch unentbehrlichen Vorſchriften beſtritten werden, oder wenigſtens gewichtiger, die Gedeihlichkeit der Geſetzgebung beeinträchtigender Zweifel darüber entſtehen könne, wo die Zuſtändigkeit des Reichs ihre Gränze erreiche. Die nach den vorſtehenden Andeutungen für die Reichsgeſetzgebung zur Löſung ihrer verfaſſungs- mäßigen Aufgaben erforderliche Freiheit der Bewegung werde durch Annahme des vom Reichstag beſchloſſenen Geſetzentwurfs gewonnen. Dieſelbe bald eintreten zu laſſen, ſei daher ein Bedürfniß, auch wenn man zugeben möchte daß die Herſtellung eines allge- meinen deutſchen bürgerlichen Geſetzbuchs ſchon mit Rückſicht auf die Erledigung anderer großer, bereits in Angriff genommener, geſetzgeberiſcher Arbeiten nicht zu den in naher Zukunft zu erfüllenden Aufgaben der Reichsgeſetzgebung gehöre. Der von der Ausſchuß- mehrheit angedeutete Weg, durch Ausdehnung der Reichscompetenz je in den einzelnen Fällen den hervortretenden Bedürfniſſen Abhülfe zu gewähren, laſſe ſich ſelbſtredend nicht einſchlagen, wenn es ſich um Ausarbeitung eines umfaſſenden Obligationenrechts handeln ſollte. Wie hervorgehoben, könne man den an ein ſolches zu ſtellenden Anfor- derungen nicht gerecht werden ohne nach allen Seiten hin freie Bewegung zu haben, ſo daß ſich hier eben nur durch die jetzt in Rede ſtehende Verfaſſungsänderung helfen laſſe. Wenn es ſich um einzelne Materien handle, könne man auf dem bezeichneten Weg aller- dings zum Ziele kommen, und eine Durchſicht der bisher beſchloſſenen Reichsgeſetze werde vielleicht Beſtimmungen ergeben, zu denen man in ſtillſchweigender Beſchreitung jenes Weges gelangt ſei. Aber einen glücklich gewählten könne man denſelben doch nicht nennen. Er mache, wenn auch im einzelnen Falle nicht weitgreifende, ſo doch häufige Verfaſſuugsänderungen nöthig, könne zu unerwünſchten Streitigkeiten, ob eine ſolche vorliege, führen, und befinde ſich ſomit im Widerſpruche mit dem Grundgedanken jeder Verfaſſung, der Herſtellung feſter und zweifelloſer Zuſtände. Die Annahme der bean- tragten Verfaſſungsänderung führe ſolche herbei und verdiene darum den Vorzug. Die von derſelben beſorgten Nachtheile würden nicht praktiſch werden. Man könne mit der Mehrheit der Ausſchüſſe zwar anerkennen daß es gewiſſe Gebiete gebe auf welchen die Reichsgeſetzgebung ihr Feld nicht habe, oder doch nur in beſchränkter oder ſubſidiariſcher Weiſe thätig ſein dürfe, wie z. B. auf dem Boden des bäuerlichen Rechts, Familien- und Erbrechts. Allein die Gründe hierfür beruhten in dem Auſpruch auf Anerkennung welchen Rechtsbildungen beſitzen die in der Eigenart einzelner Landestheile, insbeſondere des Charakters und der Sitte ſeiner Bewohner wurzeln, und darunter lebenskräftig ſeien. Wo ſolche Kraft vorhanden, werde ſie ſich auch der Reichsgeſetzgebung gegenüber ebenſo geltend machen, wie ſie dieß in den einzelnen Bundesſtaaten, insbeſondere auch in Preußen, vermocht habe. Um in dieſer Beziehung dennoch übrig bleibende Bedenken zu beſeitigen, ſcheine ſich der Ausweg zu bieten, der Reichsgeſetzgebung zwar die Zuſtändigkeit für das bürgerliche Recht im allgemeinen zu gewähren, von derſelben aber gewiſſe Rechtsmaterien auszuſchließen. Abgeſehen jedoch davon daß man ein derartiges Vorgehen nicht für nöthig halte, vermöge man auch nicht die Ueberzeugung zu gewinnen daß dasſelbe zum Ziele zu führen geeignet ſei. Bisher ſei eine Formel für den Ausdruck dieſes Gedankens nicht gefunden. Es beſtehe Streit welche Materien ſich für den gedachten Ausſchluß eigneten. Derſelbe werde die oben angedeuteten, aus der bisherigen Abgränzung der Rechtsgebiete erwachſenden Nachtheile gleichfalls haben, und zwar in Folge der ſchärferen Ab- gränzung an den betreffenden Stellen in verſchärftem Maß — mit dem alleinigen Unterſchied vielleicht daß dieſe Nachtheile auf dem Gebiete der Landesgeſetzgebung fühlbarer ſein würden als auf dem der Reichsgeſetzgebung. Ein Lahmlegen der erſteren durch die Aus- dehnung der Competenz der letzteren ſei nicht zu befürchten. An eine Codification des bür- gerlichen Rechts durch die Landesgeſetzgebung ſei bei dem Ausdruck dieſer Beſorgniß offen- bar nicht gedacht, ſondern nur an die Regelung einzelner Rechtsbeziehungen und Rechts- materien; an dieſe aber werde man im Fall wirklichen und dringenden Bedürfniſſes im- mer gehen können. Anlangend die Gerichtsorganiſation, ſo theile man zwar die Anſicht daß ein einheitliches Proceßverfahren in Civil- und Strafſachen auch einheitliche gerichtsorganiſatoriſche Vorſchriften unausweichlich bedinge, ja daß ohne ſolche eine ge- meinſame Civilproceßordnung oder Strafproceßordnung gar nicht geſchaffen werden könne, und darum das Gebiet der Gerichtsorganiſation in ſo weit ſchon jetzt dem Reiche zuſtehe. Wie ſtark der Zuſammenhang beider Rechtsgebiete ſei, habe ſich z. B. bei den Arbeiten der gegenwärtig thätigen Civilproceßcommiſſion gezeigt. Denn dieſelbe habe in ihrer überwiegenden Mehrheit ausdrücklich zu Protokoll niedergelegt daß ſie bei ihren Beſchlüſſen über die Rechtsmittel von gewiſſen, beſtimmt angegebenen Vorausſetzungen gerichtsorganiſatoriſcher Natur ausgegangen ſei. Allein ebenſo unzweifelhaft ſei es daß im Anſchluß an die Wortfaſſung des Art. 4 Nr. 13, und insbeſondere weil der Gerichtsorganiſation nicht ausdrücklich gedacht ſei, die als vorhanden angenommene Competenz des Reichs nicht allſeitig anerkannt werde. Schon um der Klarſtellung der Frage willen ſei die Aenderung des Art. 4 Nr. 13 erwünſcht. Ohne dieſelbe werde überdieß der Zweifel nicht zu löſen ſein, wo die aus der Regelung des gericht- lichen Verfahrens hergeleitete Zuſtändigkeit der Reichsgeſetzgebung ihre Gränzen habe. Man werde z. B. kaum in der Lage ſein gewiſſe Beſtimmungen über die Ausbildung der Richter, über ihre Unabhängigkeit oder ihre Belaſtung mit nicht proceſſualiſchen Ge- ſchäften als nothwendige Folgen der Vorſchriften über das Proceßverfahren zu be- zeichnen, und dennoch äußerten die beiden erſtgedachten Momente den entſcheidendſten Einfluß auf die Abgränzung der Competenz zwiſchen dem Einzelrichter und dem Colle- gium, ſowie auf die Frage: ob und in wie weit die ergehenden Urtheile einem Rechts- mittel zu unterwerfen ſeien, und ebenſo ſei die Feſtſtellung der dem Richter überhaupt obliegenden Geſchäfte nicht ohne Bedeutung für das Maß der ihm im Proceſſe zuzu- meſſenden Arbeit und damit auf die Conſtruction des Verfahrens ſelbſt. Daß die Reichsgeſetzgebung über das für die Löſung ihrer Aufgabe nöthige Maß hinausgehe, ſei gerade auf dieſem Gebiete nicht zu befürchten: es handle ſich hier nicht um abſtracte Rechtsſätze und deren Aenderung, ſondern um Beſeitigung oder Modiſicirung con- creter Geſtaltungen, wie der Gerichtsbehörden, deren große Bedeutung und weitreichen- der Zuſammenhang mit andern concreten Beziehungen des Lebens die Bürgſchaft ausreichender Kraft zum Widerſtande gegen unberechtigte Einwirkung der Geſetzgebung gewähre.“ Aus der franzöſiſchen Nationalverſammlung. * Verſailles, 6 Jan. Nach Annahme mehrerer Geſetzentwürfe von localer oder untergeordneter Bedeutung ſchreitet die Nationalverſammlung zu den wöchentlichen Berichten über die eingegangenen Petitionen. Der bekannte Legitimiſt de Lorgeril iſt mit der Berichterſtattung über verſchiedene derſelben beauftragt. Lorgeril: Eine große Zahl von Petitionen wünſcht daß die Verſammlung eine definitive Regierung gründe. Verſchiedene Petenten ſagen daß die Monarchie dieſes Gouvernement ſei (Re- clamationen auf verſchiedenen Bänken); andere Petitionen verlangen die definitive Etablirung der Republik. Ich hoffe, man wird mir daher geſtatten die Beſchlüſſe der Commiſſion vorzutragen. Mehrere Petenten wünſchen die Herſtellung der erblichen Monarchie und die Krönung Heinrichs von Bourbon als König von Frankreich. Dieß iſt das einzige Mittel die ſociale Ordnung in Europa wiederherzuſtellen. (Lärm links.) Die Commiſſion war der Anſicht daß dieſe Frage nicht vorſchnell gelöst werden dürfe, und ſchlägt die Tagesordnung vor. (Hier trinkt Hr. v. Lorgeril aus dem auf der Tribüne ſtehenden Glaſe Zuckerwaſſer, und von der Linken ruft man, denn es iſt der Tag der heil. drei Könige, die traditionellen Worte: „Der König trinkt! Der König trinkt!“) Die einfache Tagesordnung wird adoptirt. Eine Petition verlangt, ſagt Hr. v. Lorgeril, die Verhaftung und Verurtheilung aller derjenigen welche eine monarchiſche Reſtauration predigen, aber die Republik beſteht nur proviſoriſch (Lärm links.)... Ja, die am 4 Sept. improviſirte Republik iſt nur proviſoriſch, und folglich ſind diejenigen welche die Monarchie vertheidigen in ihrem Recht. Eine andere Petition bezieht ſich auf die conſtituirende Gewalt der Verſammlung. Aber wir werden unſere conſtituirende Gewalt aufbewahren bis zu dem uns günſtig ſcheinenden Tage. (Gelächter links.) Ein Petent verlangt daß die Verſammlung ſofort aufgelöst werde. (Sehr gut! links). Dieſe Petition widerſpricht dem Willen des Volkes und dem der Verſammlung, welche erklärt hat nicht eher auseinandergehen zu wollen als bis ſie eine Conſtitution verfaßt hat. (Gelächter links.) Ein Petent aus Paris verlangt daß die Verſammlung ſich conſtituirend erkläre, und daß der Graf v. Paris zum König von Frankreich proclamirt werde. Was den erſten Theil ſeines Wunſches betrifft, ſo kann der Petent beruhigt ſein. In einer früheren Sitzung iſt Hr. Thiers zum Präſidenten der proviſoriſchen Republik ernannt worden. (Andauernder Lärm links.) Indem Sie Hrn. Thiers zum Präſidenten der proviſoriſchen Republik (neuer Lärm links) ernannten, haben Sie ſelbſt die Verſammlung für verfaſſunggebend erklärt. (Sehr gut! rechts, Lärm links.) Routier: Das ſind Provocationen! Tirard: Das ſind willkürliche Veränderungen! Lorgeril: Sie ſind es die Fälſchungen begehen! (Lärm.) Der Präſident ermahnt die Verſammlung zur Ruhe. Lorgeril: Wenn der Augenblick gekommen ſein wird, wird die Verſammlung ſich entſcheiden, und es iſt wahrſcheinlich daß ſie dasjenige König- thum wählen wird welches ihr für die Proſperität Frankreichs am geeignetſten erſcheint. (Gelächter links.) Hr. Bethmont: Jedermann muß die Freiheit der Tribüne ge- nießen können. Darum wünſchte ich die Aufmerkſamkeit der Verſammlung auf die Veränderung eines Titels zu lenken den ſie ſelbſt ertheilt hat, auf den des Präſidenten der Republik. (Stimmen rechts: Der proviſoriſchen Republik!) Bethmont: Nein, Sie haben dieſes Wort nicht hinzugefügt, um die Autorität des Titels nicht zu verrin- gern. Ich bitte die Verſammlung, zu bemerken daß die Hinzufügung des Wortes „proviſoriſch“ nur die perſönliche Anſicht des Berichterſtatters, nicht aber diejenige der Verſammlung wiederſpiegelt. Giraud: Ich erkläre daß ich den Titel: „Präſident der Republik“ nur votirt habe weil in meiner Idee die Republik nur proviſoriſch war. (Sehr gut! rechts.) Bamberger: Ich verlange daß im Protokoll conſtatirt werde daß das Wort „proviſoriſch“ im Texte des von uns votirten Titels ſich nicht vorſinde. Lorgeril: Sagen wir dann alſo daß Hr. Thiers proviſoriſcher Präſident der Republik iſt. Lepère: Ich will als Franzoſe nur ſagen daß dieſe Debatte von Grund aus traurig iſt. (Lärm.) Die Verſammlung ſpricht den Schluß der Debatte aus. Hr. Lorgeril erſcheint wieder auf der Tribüne und wird unter unbeſchreiblichem Tumult von den Mitgliedern der Linken apoſtrophirt. Die HH. Briſſon und Peyrat drohen ihm mit den Fäuſten und ſtoßen furchtbare Verwünſchungen gegen ihn aus. Der Präſident fragt den Berichterſtatter ob er ſolche Debatten für nützlich halte, und ruft gleichzeitig der Linken zu: „Interpelliren Sie den Redner nicht!“ worauf die Debatte geſchloſſen wird. Die weiteren Petitionsberichte ſind ohne beſonderes Intereſſe für das größere Publicum. Hr. Dupanloup iſt zum Präſidenten der Commiſſion fürs Unterrichtsgeſetz er- nannt worden. Wie die „République françaiſe“ wiſſen will, haben die Discuſſioneu in dieſer Commiſſion bereits einen ſehr ſcharfen Charakter angenommen, und Hr. Jules Simon habe ſo herbe Worte hören müſſen, daß er dieſelben für eine ihm perſönlich an- gethane Schmach erklärt habe. — Bei der geſtrigen neuen Verlooſung der fünf- zehn Bureaux der Kammer und der darauffolgenden Wahl der Präſidenten und Secretäre gelang es der Linken und dem linken Centrum ſechs Präſidenten- und ſechs Secretärſitze mit ihren Mitgliedern zu beſetzen. — Die Fraction des linken Centrums hat dem rechten Centrum den Vorſchlag gemacht: bei der dritten Leſung des Geſetz- entwurfs über die parlamentariſchen Incompatibilitäten den Beſchluß der Verſamm- lung, nach welchem auch die Unterſtaatsſecretäre von der Deputirtenwürde aus- geſchloſſen bleiben ſollen, durch ein gegentheiliges gemeinſames Vorum rückgängig zu machen. Das rechte Centrum hat erklärt: auf dieſen Vorſchlag nicht eingehen zu wollen. Deutſches Reich. * Aus Bayern, 9 Jan. Durch allerhöchſte Entſchließung vom 28 v. M. iſt von Sr. Maj. dem König befohlen worden die Verpflichtung der bayeriſchen Truppen: im Kriege den Befehlen des Bundesfeldherrn unbedingt Folge zu leiſten, vom 1 Jan. 1872 an in den bayeriſchen Fahneneid aufzunehmen (laut der mit dieſem Datum gültig gewordenen Beſtimmung in §. 5, Ziff. IV des durch das Ge- ſetz vom 30 Jan. 1871 ſanctionirten Verſailler Vertrages). Demnach ſtellt ein Kriegsminiſterialreſcript den Wortlaut des neuen bayeriſchen Fahneneides in fol- gender Weiſe feſt: „Ihr ſollt ſchwören zu Gott dem Allmächtigen einen körperlichen Eid daß ihr dem allergnädigſten, großmächtigſten König und Herrn Ludwig II, unſerm allergnädigſten Kriegsberrn, treu dienen, allerhöchſtdesſelben Wohl nach Kräften fördern, allen Vorge-

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 10. Januar 1872, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine10_1872/3>, abgerufen am 21.11.2024.