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Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 10. Januar 1830.

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10 Januar.
Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nro. 10. 1830.



[Spaltenumbruch]
Bemerkungen
über den
mitteldeutschen Verein.*)

Im Jahre 1828 vereinigte sich Würtemberg mit Bayern zu
einem gemeinschaftlichen Zollsysteme. Eine ähnliche Vereinigung
erfolgte im nemlichen Jahre zwischen Preußen und Hessen-Darm-
stadt. Mehrere der übrigen deutschen Bundesstaaten glaubten es
ihrem Interesse angemessen, einer weitern Ausdehnung solcher
Zollvereinigungen, die nach jenen Vorgängen möglich schien, durch
geeignete Schritte vorzubeugen. Sie sandten deshalb im Som-
mer 1828 Abgeordnete nach Kassel, durch welche, mit Genehmi-
gung der resp. Regierungen, noch im nemlichen Jahre unter dem
Namen "mitteldeutscher Verein" ein Vertrag (dem auch Frank-
furt beitrat), zum Abschluß kam, vermöge dessen sämtliche Mit-
glieder dieses Vereins die Verbindlichkeiten übernahmen, sich kei-
nem der vorgedachten Zollsysteme anzuschließen, und die in ihren
resp. Ländern bereits bestehenden Durchgangszölle nicht zu erhö-
hen. Die Dauer des Vertrags wurde auf sechs Jahre, dessen
Ende mithin auf das Jahr 1834 festgesezt; auch sollten künftig-
hin von Zeit zu Zeit Zusammenkünfte der Abgeordneten der Ver-
einsstaaten in Kassel statt finden, um sich über das Interesse des
Vereins gemeinschaftlich zu berathen. Schon bei der zweiten Zu-
sammenkunft im Sommer dieses Jahrs mußte man indessen be-
merken, daß der mitteldeutsche Verein den Zwek, welchen man
bei dessen Abschlusse im Auge hatte, nur höchst unvollständig zu
erfüllen vermöge. Preußen, Bayern, Würtemberg und Hessen-
Darmstadt hatten sich nemlich mittlerweile zu einem am ersten
Jan. 1830 in Ausübung kommenden Zollvertrage vereinigt und
Sachsen-Meiningen und Koburg (beide Mitglieder des mittel-
deutschen Vereins) hatten, vermöge besonderer mit Preußen ge-
troffener Uebereinkunft, zum offenbaren Nachtheile des mittel-
deutschen Vereins, eine freie Kommunikationsstraße, zwischen
Preußen und Bayern, durch das Gebiet jener Herzogthümer ver-
stattet. -- Wie man bei so entmuthigenden Umständen, unter
welchen die zweite Zusammenkunft in Kassel gehalten wurde, auf
den Gedanken kommen konnte, für den, erst im Jahre 1834 ab-
laufenden Kasseler Vertrag, eine Verlängerung bis zum Jahre
1841, blos deswegen vorzuschlagen, weil auch Preußen, Bayern etc.
ihrem vorerwähnten Zollvertrage vorerst gleiche Dauer angewiesen
hatten, ist allerdings schwer zu begreifen. Der Vorschlag ist in-
dessen gemacht und Frankfurt anfgefordert worden, demselben ge-
nehmigend beizutreten. Es mag daher der Mühe wohl werth
seyn, Frankfurts dermalige Lage und die Vortheile, welche der
mitteldeutsche Verein demselben gewährt hat oder gewähren kan,
näher ins Auge zu fassen, um darnach zu bestimmen, inwiefern
Frankfurt wohl thun würde, in gedachte Verlängerung jezt schon
zu willigen. Wir bleiben bei Thatsachen, als der sichersten Basis
eines richtigen Urtheils stehen, und führen als solche an: 1) ein
großer Theil der sonst so blühenden Frankfurter Messen ist nach
Offenbach gewandert. 2) Frankfurter Handlungshäuser, die in
Tuch, Leinen, Elberfelder Zeugen und Garnen, rohen Häuten,
Eisen, Wein, Leder, Glas u. s. w. Geschäfte machen, haben in
[Spaltenumbruch] großer Anzahl Niederlagen ihrer Waaren in Offenbach (mitunter
auch in Mainz und andern Pläzen) errichten müssen, wie sich
solches aus dem Offenbacher Adreßkalender genugsam ergibt; 3) von
dem Frankfurter Speditionsgeschäfte hat sich ein großer Theil nach
Offenbach gezogen; 4) Rheinbayern, wohin bisher noch alle Waa-
ren ungehindert versendet werden konnten, ist in Folge des preu-
ßisch-bayerischen Zollvertrags durch eine neue Mauthlinie gegen
Frankfurt abgeschlossen worden. Für den Frankfurter Kaufmann
sind diese Verhältnisse zwar allerdings nicht angenehm, im Gan-
zen jedoch, vornemlich für die Großhandlungen, ziemlich gleichgül-
tig oder doch erträglich, denn diese können ihr Geschäft eben so
gut, mitunter sogar noch wohlfeiler und besser in Offenbach als
in Frankfurt betreiben; aber für Frankfurt als Stadt ist
die Sache nicht gleichgültig, wie sich aus folgenden wenigen An-
führungen zur Genüge ergeben wird: a) der Werth der Häuser,
Magazine, Keller und Meßläden ist, wie Jedermann weiß, hier
bedeutend gesunken, und sinkt zum großen Schaden der Eigen-
thümer täglich noch weiter, während er in Offenbach beinahe mit
jedem Tage ansehnlich steigt. b) Ein großer Theil hiesiger Klein-
händler und Handwerker, wie z. B. Tapezierer, Zinngießer,
Spengler, Bürstenbinder, Dreher u. s. w. sezt alle Tage weniger
ab, weil für die umliegende Gegend nichts hier gekauft werden
darf, was nicht in Offenbach, Isenburg, Vilbel, Höchst, an der
Mainkur etc. Zoll bezahlen muß; auch sind die hiesigen Binder-
meister durch die auswärtigen Weinlager fühlbar in ihrer Nah-
rung beeinträchtigt; c) Tabak, Spielkarten, Essigfabriken, Schrift-
gießereien etc. gehen aus obigen Gründen täglich weiter zurük;
d) der Erwerb der Güterschafner, Einiler, Abläder etc. nimmt
von Tag zu Tag mehr ab, weil die Waaren, welche hiesige Kauf-
leute auswärts lagern müssen, nicht mehr durch ihre Hände gehen
können, und den hiesigen Wirthen geschieht großer Abbruch, weil
viele Fuhrleute nicht mehr hier, sondern statt dessen auswärts
auf- und abladen müssen. Es wird Jedem, auch dem Unerfah-
rensten klar seyn, daß aus dieser Sachlage höchst empfindliche
Nachtheile für Frankfurt und seine Bürger erwachsen. Diese
Nachtheile fließen zwar nicht unmittelbar aus dem Kasseler Vereine,
aber der Kasseler Verein hat uns auch nicht dagegen zu schüzen, oder
sie nur im Mindesten abzuwenden vermocht. Trüber noch als die
Gegenwart ist indessen die Zukunft. Schon die Vereinigung Darm-
stadts mit Preußen hat hiesiger Stadt sehr wehe gethan, noch
viel mehr aber wird es ihr wehe thun, daß nun auch Würtem-
berg und (Alt- und Rhein-) Bayern am nächstbevorstehenden
1 Januar mit Preußen in Handelsbund tritt. Das was wir
bereits empfunden haben, ist nur schwacher Vorgeschmak dessen
was kommen wird. Wir werden dieses theilweise schon im näch-
sten, mehr aber noch in den nachfolgenden Jahren schmerzlich
verspüren. Die bayerischen und würtembergischen Ein- und Ver-
käufer, die noch in lezter Messe hieher kamen, sind nun ebenfalls
genöthigt, sich nach Offenbach zu wenden, und haben schon jezt
Frankfurter Handlungshäuser sich bewogen gesehen, in Offenbach
nicht allein Waarenlager, sondern förmliche Etablissements zu er-
richten, so werden bald noch viel mehr derselben folgen, ihre Ge-
schäfte daselbst betreiben, daselbst wohnen und leben müssen. Wan-
dern aber Kaufleute und mit ihnen natürlich auch ihr Kapital
von Frankfurt nach und nach aus -- wo wird dann Frankfurts

*) Nach Briefen aus Frankfurt a. M. vor Kurzem allen Mitglie-
dern des dortigen gesezgebenden Körpers zugestellt.
10 Januar.
Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nro. 10. 1830.



[Spaltenumbruch]
Bemerkungen
über den
mitteldeutſchen Verein.*)

Im Jahre 1828 vereinigte ſich Würtemberg mit Bayern zu
einem gemeinſchaftlichen Zollſyſteme. Eine ähnliche Vereinigung
erfolgte im nemlichen Jahre zwiſchen Preußen und Heſſen-Darm-
ſtadt. Mehrere der übrigen deutſchen Bundesſtaaten glaubten es
ihrem Intereſſe angemeſſen, einer weitern Ausdehnung ſolcher
Zollvereinigungen, die nach jenen Vorgängen möglich ſchien, durch
geeignete Schritte vorzubeugen. Sie ſandten deshalb im Som-
mer 1828 Abgeordnete nach Kaſſel, durch welche, mit Genehmi-
gung der reſp. Regierungen, noch im nemlichen Jahre unter dem
Namen „mitteldeutſcher Verein“ ein Vertrag (dem auch Frank-
furt beitrat), zum Abſchluß kam, vermöge deſſen ſämtliche Mit-
glieder dieſes Vereins die Verbindlichkeiten übernahmen, ſich kei-
nem der vorgedachten Zollſyſteme anzuſchließen, und die in ihren
reſp. Ländern bereits beſtehenden Durchgangszölle nicht zu erhö-
hen. Die Dauer des Vertrags wurde auf ſechs Jahre, deſſen
Ende mithin auf das Jahr 1834 feſtgeſezt; auch ſollten künftig-
hin von Zeit zu Zeit Zuſammenkünfte der Abgeordneten der Ver-
einsſtaaten in Kaſſel ſtatt finden, um ſich über das Intereſſe des
Vereins gemeinſchaftlich zu berathen. Schon bei der zweiten Zu-
ſammenkunft im Sommer dieſes Jahrs mußte man indeſſen be-
merken, daß der mitteldeutſche Verein den Zwek, welchen man
bei deſſen Abſchluſſe im Auge hatte, nur höchſt unvollſtändig zu
erfüllen vermöge. Preußen, Bayern, Würtemberg und Heſſen-
Darmſtadt hatten ſich nemlich mittlerweile zu einem am erſten
Jan. 1830 in Ausübung kommenden Zollvertrage vereinigt und
Sachſen-Meiningen und Koburg (beide Mitglieder des mittel-
deutſchen Vereins) hatten, vermöge beſonderer mit Preußen ge-
troffener Uebereinkunft, zum offenbaren Nachtheile des mittel-
deutſchen Vereins, eine freie Kommunikationsſtraße, zwiſchen
Preußen und Bayern, durch das Gebiet jener Herzogthümer ver-
ſtattet. — Wie man bei ſo entmuthigenden Umſtänden, unter
welchen die zweite Zuſammenkunft in Kaſſel gehalten wurde, auf
den Gedanken kommen konnte, für den, erſt im Jahre 1834 ab-
laufenden Kaſſeler Vertrag, eine Verlängerung bis zum Jahre
1841, blos deswegen vorzuſchlagen, weil auch Preußen, Bayern ꝛc.
ihrem vorerwähnten Zollvertrage vorerſt gleiche Dauer angewieſen
hatten, iſt allerdings ſchwer zu begreifen. Der Vorſchlag iſt in-
deſſen gemacht und Frankfurt anfgefordert worden, demſelben ge-
nehmigend beizutreten. Es mag daher der Mühe wohl werth
ſeyn, Frankfurts dermalige Lage und die Vortheile, welche der
mitteldeutſche Verein demſelben gewährt hat oder gewähren kan,
näher ins Auge zu faſſen, um darnach zu beſtimmen, inwiefern
Frankfurt wohl thun würde, in gedachte Verlängerung jezt ſchon
zu willigen. Wir bleiben bei Thatſachen, als der ſicherſten Baſis
eines richtigen Urtheils ſtehen, und führen als ſolche an: 1) ein
großer Theil der ſonſt ſo blühenden Frankfurter Meſſen iſt nach
Offenbach gewandert. 2) Frankfurter Handlungshäuſer, die in
Tuch, Leinen, Elberfelder Zeugen und Garnen, rohen Häuten,
Eiſen, Wein, Leder, Glas u. ſ. w. Geſchäfte machen, haben in
[Spaltenumbruch] großer Anzahl Niederlagen ihrer Waaren in Offenbach (mitunter
auch in Mainz und andern Pläzen) errichten müſſen, wie ſich
ſolches aus dem Offenbacher Adreßkalender genugſam ergibt; 3) von
dem Frankfurter Speditionsgeſchäfte hat ſich ein großer Theil nach
Offenbach gezogen; 4) Rheinbayern, wohin bisher noch alle Waa-
ren ungehindert verſendet werden konnten, iſt in Folge des preu-
ßiſch-bayeriſchen Zollvertrags durch eine neue Mauthlinie gegen
Frankfurt abgeſchloſſen worden. Für den Frankfurter Kaufmann
ſind dieſe Verhältniſſe zwar allerdings nicht angenehm, im Gan-
zen jedoch, vornemlich für die Großhandlungen, ziemlich gleichgül-
tig oder doch erträglich, denn dieſe können ihr Geſchäft eben ſo
gut, mitunter ſogar noch wohlfeiler und beſſer in Offenbach als
in Frankfurt betreiben; aber für Frankfurt als Stadt iſt
die Sache nicht gleichgültig, wie ſich aus folgenden wenigen An-
führungen zur Genüge ergeben wird: a) der Werth der Häuſer,
Magazine, Keller und Meßläden iſt, wie Jedermann weiß, hier
bedeutend geſunken, und ſinkt zum großen Schaden der Eigen-
thümer täglich noch weiter, während er in Offenbach beinahe mit
jedem Tage anſehnlich ſteigt. b) Ein großer Theil hieſiger Klein-
händler und Handwerker, wie z. B. Tapezierer, Zinngießer,
Spengler, Bürſtenbinder, Dreher u. ſ. w. ſezt alle Tage weniger
ab, weil für die umliegende Gegend nichts hier gekauft werden
darf, was nicht in Offenbach, Iſenburg, Vilbel, Höchſt, an der
Mainkur ꝛc. Zoll bezahlen muß; auch ſind die hieſigen Binder-
meiſter durch die auswärtigen Weinlager fühlbar in ihrer Nah-
rung beeinträchtigt; c) Tabak, Spielkarten, Eſſigfabriken, Schrift-
gießereien ꝛc. gehen aus obigen Gründen täglich weiter zurük;
d) der Erwerb der Güterſchafner, Einiler, Abläder ꝛc. nimmt
von Tag zu Tag mehr ab, weil die Waaren, welche hieſige Kauf-
leute auswärts lagern müſſen, nicht mehr durch ihre Hände gehen
können, und den hieſigen Wirthen geſchieht großer Abbruch, weil
viele Fuhrleute nicht mehr hier, ſondern ſtatt deſſen auswärts
auf- und abladen müſſen. Es wird Jedem, auch dem Unerfah-
renſten klar ſeyn, daß aus dieſer Sachlage höchſt empfindliche
Nachtheile für Frankfurt und ſeine Bürger erwachſen. Dieſe
Nachtheile fließen zwar nicht unmittelbar aus dem Kaſſeler Vereine,
aber der Kaſſeler Verein hat uns auch nicht dagegen zu ſchüzen, oder
ſie nur im Mindeſten abzuwenden vermocht. Trüber noch als die
Gegenwart iſt indeſſen die Zukunft. Schon die Vereinigung Darm-
ſtadts mit Preußen hat hieſiger Stadt ſehr wehe gethan, noch
viel mehr aber wird es ihr wehe thun, daß nun auch Würtem-
berg und (Alt- und Rhein-) Bayern am nächſtbevorſtehenden
1 Januar mit Preußen in Handelsbund tritt. Das was wir
bereits empfunden haben, iſt nur ſchwacher Vorgeſchmak deſſen
was kommen wird. Wir werden dieſes theilweiſe ſchon im näch-
ſten, mehr aber noch in den nachfolgenden Jahren ſchmerzlich
verſpüren. Die bayeriſchen und würtembergiſchen Ein- und Ver-
käufer, die noch in lezter Meſſe hieher kamen, ſind nun ebenfalls
genöthigt, ſich nach Offenbach zu wenden, und haben ſchon jezt
Frankfurter Handlungshäuſer ſich bewogen geſehen, in Offenbach
nicht allein Waarenlager, ſondern förmliche Etabliſſements zu er-
richten, ſo werden bald noch viel mehr derſelben folgen, ihre Ge-
ſchäfte daſelbſt betreiben, daſelbſt wohnen und leben müſſen. Wan-
dern aber Kaufleute und mit ihnen natürlich auch ihr Kapital
von Frankfurt nach und nach aus — wo wird dann Frankfurts

*) Nach Briefen aus Frankfurt a. M. vor Kurzem allen Mitglie-
dern des dortigen geſezgebenden Körpers zugeſtellt.
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[0005] 10 Januar. Beilage zur Allgemeinen Zeitung. Nro. 10. 1830. Bemerkungen über den mitteldeutſchen Verein. *) Im Jahre 1828 vereinigte ſich Würtemberg mit Bayern zu einem gemeinſchaftlichen Zollſyſteme. Eine ähnliche Vereinigung erfolgte im nemlichen Jahre zwiſchen Preußen und Heſſen-Darm- ſtadt. Mehrere der übrigen deutſchen Bundesſtaaten glaubten es ihrem Intereſſe angemeſſen, einer weitern Ausdehnung ſolcher Zollvereinigungen, die nach jenen Vorgängen möglich ſchien, durch geeignete Schritte vorzubeugen. Sie ſandten deshalb im Som- mer 1828 Abgeordnete nach Kaſſel, durch welche, mit Genehmi- gung der reſp. Regierungen, noch im nemlichen Jahre unter dem Namen „mitteldeutſcher Verein“ ein Vertrag (dem auch Frank- furt beitrat), zum Abſchluß kam, vermöge deſſen ſämtliche Mit- glieder dieſes Vereins die Verbindlichkeiten übernahmen, ſich kei- nem der vorgedachten Zollſyſteme anzuſchließen, und die in ihren reſp. Ländern bereits beſtehenden Durchgangszölle nicht zu erhö- hen. Die Dauer des Vertrags wurde auf ſechs Jahre, deſſen Ende mithin auf das Jahr 1834 feſtgeſezt; auch ſollten künftig- hin von Zeit zu Zeit Zuſammenkünfte der Abgeordneten der Ver- einsſtaaten in Kaſſel ſtatt finden, um ſich über das Intereſſe des Vereins gemeinſchaftlich zu berathen. Schon bei der zweiten Zu- ſammenkunft im Sommer dieſes Jahrs mußte man indeſſen be- merken, daß der mitteldeutſche Verein den Zwek, welchen man bei deſſen Abſchluſſe im Auge hatte, nur höchſt unvollſtändig zu erfüllen vermöge. Preußen, Bayern, Würtemberg und Heſſen- Darmſtadt hatten ſich nemlich mittlerweile zu einem am erſten Jan. 1830 in Ausübung kommenden Zollvertrage vereinigt und Sachſen-Meiningen und Koburg (beide Mitglieder des mittel- deutſchen Vereins) hatten, vermöge beſonderer mit Preußen ge- troffener Uebereinkunft, zum offenbaren Nachtheile des mittel- deutſchen Vereins, eine freie Kommunikationsſtraße, zwiſchen Preußen und Bayern, durch das Gebiet jener Herzogthümer ver- ſtattet. — Wie man bei ſo entmuthigenden Umſtänden, unter welchen die zweite Zuſammenkunft in Kaſſel gehalten wurde, auf den Gedanken kommen konnte, für den, erſt im Jahre 1834 ab- laufenden Kaſſeler Vertrag, eine Verlängerung bis zum Jahre 1841, blos deswegen vorzuſchlagen, weil auch Preußen, Bayern ꝛc. ihrem vorerwähnten Zollvertrage vorerſt gleiche Dauer angewieſen hatten, iſt allerdings ſchwer zu begreifen. Der Vorſchlag iſt in- deſſen gemacht und Frankfurt anfgefordert worden, demſelben ge- nehmigend beizutreten. Es mag daher der Mühe wohl werth ſeyn, Frankfurts dermalige Lage und die Vortheile, welche der mitteldeutſche Verein demſelben gewährt hat oder gewähren kan, näher ins Auge zu faſſen, um darnach zu beſtimmen, inwiefern Frankfurt wohl thun würde, in gedachte Verlängerung jezt ſchon zu willigen. Wir bleiben bei Thatſachen, als der ſicherſten Baſis eines richtigen Urtheils ſtehen, und führen als ſolche an: 1) ein großer Theil der ſonſt ſo blühenden Frankfurter Meſſen iſt nach Offenbach gewandert. 2) Frankfurter Handlungshäuſer, die in Tuch, Leinen, Elberfelder Zeugen und Garnen, rohen Häuten, Eiſen, Wein, Leder, Glas u. ſ. w. Geſchäfte machen, haben in großer Anzahl Niederlagen ihrer Waaren in Offenbach (mitunter auch in Mainz und andern Pläzen) errichten müſſen, wie ſich ſolches aus dem Offenbacher Adreßkalender genugſam ergibt; 3) von dem Frankfurter Speditionsgeſchäfte hat ſich ein großer Theil nach Offenbach gezogen; 4) Rheinbayern, wohin bisher noch alle Waa- ren ungehindert verſendet werden konnten, iſt in Folge des preu- ßiſch-bayeriſchen Zollvertrags durch eine neue Mauthlinie gegen Frankfurt abgeſchloſſen worden. Für den Frankfurter Kaufmann ſind dieſe Verhältniſſe zwar allerdings nicht angenehm, im Gan- zen jedoch, vornemlich für die Großhandlungen, ziemlich gleichgül- tig oder doch erträglich, denn dieſe können ihr Geſchäft eben ſo gut, mitunter ſogar noch wohlfeiler und beſſer in Offenbach als in Frankfurt betreiben; aber für Frankfurt als Stadt iſt die Sache nicht gleichgültig, wie ſich aus folgenden wenigen An- führungen zur Genüge ergeben wird: a) der Werth der Häuſer, Magazine, Keller und Meßläden iſt, wie Jedermann weiß, hier bedeutend geſunken, und ſinkt zum großen Schaden der Eigen- thümer täglich noch weiter, während er in Offenbach beinahe mit jedem Tage anſehnlich ſteigt. b) Ein großer Theil hieſiger Klein- händler und Handwerker, wie z. B. Tapezierer, Zinngießer, Spengler, Bürſtenbinder, Dreher u. ſ. w. ſezt alle Tage weniger ab, weil für die umliegende Gegend nichts hier gekauft werden darf, was nicht in Offenbach, Iſenburg, Vilbel, Höchſt, an der Mainkur ꝛc. Zoll bezahlen muß; auch ſind die hieſigen Binder- meiſter durch die auswärtigen Weinlager fühlbar in ihrer Nah- rung beeinträchtigt; c) Tabak, Spielkarten, Eſſigfabriken, Schrift- gießereien ꝛc. gehen aus obigen Gründen täglich weiter zurük; d) der Erwerb der Güterſchafner, Einiler, Abläder ꝛc. nimmt von Tag zu Tag mehr ab, weil die Waaren, welche hieſige Kauf- leute auswärts lagern müſſen, nicht mehr durch ihre Hände gehen können, und den hieſigen Wirthen geſchieht großer Abbruch, weil viele Fuhrleute nicht mehr hier, ſondern ſtatt deſſen auswärts auf- und abladen müſſen. Es wird Jedem, auch dem Unerfah- renſten klar ſeyn, daß aus dieſer Sachlage höchſt empfindliche Nachtheile für Frankfurt und ſeine Bürger erwachſen. Dieſe Nachtheile fließen zwar nicht unmittelbar aus dem Kaſſeler Vereine, aber der Kaſſeler Verein hat uns auch nicht dagegen zu ſchüzen, oder ſie nur im Mindeſten abzuwenden vermocht. Trüber noch als die Gegenwart iſt indeſſen die Zukunft. Schon die Vereinigung Darm- ſtadts mit Preußen hat hieſiger Stadt ſehr wehe gethan, noch viel mehr aber wird es ihr wehe thun, daß nun auch Würtem- berg und (Alt- und Rhein-) Bayern am nächſtbevorſtehenden 1 Januar mit Preußen in Handelsbund tritt. Das was wir bereits empfunden haben, iſt nur ſchwacher Vorgeſchmak deſſen was kommen wird. Wir werden dieſes theilweiſe ſchon im näch- ſten, mehr aber noch in den nachfolgenden Jahren ſchmerzlich verſpüren. Die bayeriſchen und würtembergiſchen Ein- und Ver- käufer, die noch in lezter Meſſe hieher kamen, ſind nun ebenfalls genöthigt, ſich nach Offenbach zu wenden, und haben ſchon jezt Frankfurter Handlungshäuſer ſich bewogen geſehen, in Offenbach nicht allein Waarenlager, ſondern förmliche Etabliſſements zu er- richten, ſo werden bald noch viel mehr derſelben folgen, ihre Ge- ſchäfte daſelbſt betreiben, daſelbſt wohnen und leben müſſen. Wan- dern aber Kaufleute und mit ihnen natürlich auch ihr Kapital von Frankfurt nach und nach aus — wo wird dann Frankfurts *) Nach Briefen aus Frankfurt a. M. vor Kurzem allen Mitglie- dern des dortigen geſezgebenden Körpers zugeſtellt.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 10. Januar 1830, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine10_1830/5>, abgerufen am 21.11.2024.