Allgemeine Zeitung, Nr. 104, 14. April 1849.[Spaltenumbruch]
dern daß die Italiener nur die Puppen und Werkzeuge einiger wühlerischen von Victoria meldete, der König Karl Albert unter dem Namen eines Gra- fen v. Burgo am 4 April Nachmittags von St. Sebaftian über Vallado- lid nach Portugal weiter gereist. Am 5 April, als dem Gründonnerftag, wusch Königin Isabella zwölf armen Greisen im Palast die Füße, und be- diente dieselben eigenhändig bei Tische. Das ganze diplomatische Corps wohnte dieser "erbaulichen Feierlichkeit" bei. -- Der Pariser National brachte, allein unter allen franzöfischen Journalen, unterm 9 April die Nachricht: Graf v. Montemolin habe sich, verkleidet und unter fremdem Namen, durch Frankreich nach Spanien durchschleichen wollen, sey aber erkannt, und -- mit all der höflichen Rücksicht die man sich "unter Prä- tendenten" schuldig ist -- zur Rückreise nach England veranlaßt worden. Da auch die Londoner Blätter die Abreise des Prinzen mit keinem Wort erwähnt oder angedeutet haben, so dürfte obige Angabe ein Märchen seyn. Frankreich. Paris, 10 April. Der Handelsminister hat durch ein Umlaufschreiben vom 8 d. M. im Die Nationalversammlung hat in der Samstagssitzung die Budgets Sun Paris, 9 April. So unwahrscheinlich es auch klingt, so fin- Paris, 9 April. Im Ministerium ist seit einiger Zeit stark die [Spaltenumbruch]
dern daß die Italiener nur die Puppen und Werkzeuge einiger wühleriſchen von Victoria meldete, der König Karl Albert unter dem Namen eines Gra- fen v. Burgo am 4 April Nachmittags von St. Sebaftian über Vallado- lid nach Portugal weiter gereist. Am 5 April, als dem Gründonnerftag, wuſch Königin Iſabella zwölf armen Greiſen im Palaſt die Füße, und be- diente dieſelben eigenhändig bei Tiſche. Das ganze diplomatiſche Corps wohnte dieſer „erbaulichen Feierlichkeit“ bei. — Der Pariſer National brachte, allein unter allen franzöfiſchen Journalen, unterm 9 April die Nachricht: Graf v. Montemolin habe ſich, verkleidet und unter fremdem Namen, durch Frankreich nach Spanien durchſchleichen wollen, ſey aber erkannt, und — mit all der höflichen Rückſicht die man ſich „unter Prä- tendenten“ ſchuldig iſt — zur Rückreiſe nach England veranlaßt worden. Da auch die Londoner Blätter die Abreiſe des Prinzen mit keinem Wort erwähnt oder angedeutet haben, ſo dürfte obige Angabe ein Märchen ſeyn. Frankreich. Paris, 10 April. Der Handelsminiſter hat durch ein Umlaufſchreiben vom 8 d. M. im Die Nationalverſammlung hat in der Samſtagsſitzung die Budgets ☉ Paris, 9 April. So unwahrſcheinlich es auch klingt, ſo fin- ꘌ Paris, 9 April. Im Miniſterium iſt ſeit einiger Zeit ſtark die <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0007" n="1595"/><cb/> dern daß die Italiener nur die Puppen und Werkzeuge einiger wühleriſchen<lb/> Schreier waren, welche zwar die Verbrechen, aber nicht die Thaten einer<lb/> großen Revolution nachzuahmen die Fähigkeit und den Muth beſaßen, da<lb/> verſchwanden jene Sympathien großentheils, und viele, die früher dem Karl<lb/> Albert Glück und Sieg wünſchten, ſind jetzt aufrichtige Freunde Oeſter-<lb/> reichs geworden, für welches, in der Erinnerung an Spaniens glorreiche<lb/> vorbourboniſche Zeiten, noch immer eine lebhafte Zuneigung bei allen ächten<lb/> Spaniern beſteht, die nur vorübergehend durch die politiſchen Stürme<lb/> der Neuzeit und ihre Parteiungen getrübt werden konnte. Man iſt hier<lb/> überzeugt daß Marſchall Radetzky, wie ſeinem Kaiſerhaus, ſo auch der<lb/> Sache der Ordnung und des Weltfriedens einen unermeßlichen Dienſt ge-<lb/> leiſtet hat. — In Catalonien find die Factionen einer athemloſen Treib-<lb/> jagd durch die königlichen Truppen ausgeſetzt, was ſie nöthigt ſich in<lb/> Bruchtheile zu zerſplittern, um der Verfolgung leichter entgehen zu kön-<lb/> nen. Cabrera muß ſich fortwährend auf der Defenſive halten, und mei-<lb/> ſtens liegt er in ſeinen Schlupfwinkeln verſteckt. Endlich erwachen auch<lb/> die cataloniſchen Landgemeinden mehr und mehr aus ihrer Apathie, und<lb/> mehrere derſelben haben zu den Waffen gegriffen, um auf eigene Hand die<lb/> Carliften- oder Republicanerbanden von ihren Häuſern und ihrem Eigen-<lb/> thum abzuwehren. Die Regierung iſt im Begriff neue Verſtärkungen —<lb/> gegen 10,000 Mann — nach Catalonien zu entſenden, und ſo wird jetzt<lb/> nach dem Eintritt der beſſern Jahreszeit der Krieg in jenem Gebirgs-<lb/> land ernftlichſt unternommen werden. Im Innern Spaniens tauchen<lb/> von Zeit zu Zeit kleine Factionen, theils mit carliſtiſcher, theils mit<lb/> republicaniſcher Farbe auf, aber kaum daß ſie ſich blicken laſſen, find ſie<lb/> gewöhnlich auch ſchon geſchlagen. Fortwährend entdeckt man an den Kü-<lb/> ſten, und ſo auch im Binnenland, geheime Niederlagen von Waffen, und<lb/> dieſe Waffen ſind eugliſche (<hi rendition="#aq">y estas armas son inglesas</hi>). Es iſt augen-<lb/> fällig, und niemand zweifelt hier daran daß, wenn der Krieg in Catalo-<lb/> nien noch fortdauert, und wenn da und dort neue Aufſtände verſucht wer-<lb/> den, Spanien dieß ſeinem alten Bundesgenoſſen England, und zunächſt dem<lb/> finnreichen Hidalgo Palmerſton zu verdanken hat; allein das aufgewandte<lb/> engliſche Gold wird doch ſeines Zwecks verfehlen, denn in Spanien wünſchen<lb/> alle Rechtlichen und Gutgefinnten den Frieden. — Hr. Bonaparte, ein<lb/> Better des Präſidenten der franzöfiſchen Republik, wird ſtündlich als de-<lb/> ren Gefandter in Madrid erwartet. Zunächſt ſoll zwiſchen unſerer Regie-<lb/> rung und ihm eine Anordnung über die Intervention im Kirchenſtaat ge-<lb/> troffen werden; indeſſen hält man eine ſpaniſche Expedition dahin nicht<lb/> mehr für wahrſcheinlich, weil ſie nach dem Sieg der Oeſterreicher bei No-<lb/> vara kaum mehr nöthig ſeyn möchte.</p><lb/> <trailer><hi rendition="#g">Madrider</hi> Blättern vom 5 April zufolge war, wie der Telegraph<lb/> von Victoria meldete, der König Karl Albert unter dem Namen eines Gra-<lb/> fen v. Burgo am 4 April Nachmittags von St. Sebaftian über Vallado-<lb/> lid nach Portugal weiter gereist. Am 5 April, als dem Gründonnerftag,<lb/> wuſch Königin Iſabella zwölf armen Greiſen im Palaſt die Füße, und be-<lb/> diente dieſelben eigenhändig bei Tiſche. Das ganze diplomatiſche Corps<lb/> wohnte dieſer „erbaulichen Feierlichkeit“ bei. — Der Pariſer <hi rendition="#g">National</hi><lb/> brachte, allein unter allen franzöfiſchen Journalen, unterm 9 April die<lb/> Nachricht: Graf v. Montemolin habe ſich, verkleidet und unter fremdem<lb/> Namen, durch Frankreich nach Spanien durchſchleichen wollen, ſey aber<lb/> erkannt, und — mit all der höflichen Rückſicht die man ſich „unter Prä-<lb/> tendenten“ ſchuldig iſt — zur Rückreiſe nach England veranlaßt worden.<lb/> Da auch die Londoner Blätter die Abreiſe des Prinzen mit keinem Wort<lb/> erwähnt oder angedeutet haben, ſo dürfte obige Angabe ein Märchen ſeyn.</trailer> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 10 April.</dateline><lb/> <p>Der Handelsminiſter hat durch ein Umlaufſchreiben vom 8 d. M. im<lb/><hi rendition="#g">Moniteur</hi> die Handelskammern der Häfen in Kenntniß geſetzt daß die<lb/> öſterreichiſche Regierung dem Geſchäftsträger der Republik unterm 31<lb/> März eine Note übermachen ließ wonach der Viceadmiral der kaiſerlichen<lb/> Seemacht beauftragt iſt die Blokade Venedigs wieder aufzunehmen. Das<lb/> amtliche Blatt enthält auch die Anzeige daß die Sendung des außerordent-<lb/> lichen Geſandten und bevollmächtigten Miniſters von Sardinien, Hrn.<lb/> Ruffini, in Folge der Abdankung ſeines königlichen Herrn beendigt iſt,<lb/> daß ihn der Präſident der Republik noch in einer Abſchiedsaudienz em-<lb/> pfangen, und daß an demſelben Tag Hr. Gioberti ſeine Beglaubigungs-<lb/> ſchreiben als außerordentlicher Geſandter und bevollmächtigter Miniſter<lb/> überreicht hat. — In dem miniſteriellen Blatt: <hi rendition="#g">La Patrie</hi> liest man:<lb/> „Die Regierung iſt amtlich benachrichtigt daß Hr. v. Bruck, der öfterrei-<lb/> chiſche Handelsminiſter, in Turin angekommen war um über die Friedens-<lb/> bedingungen mit dem König von Sardinien, im Einvernehmen mit den<lb/> Miniſtern von Frankreich und England, zu unterhandeln. Man erkennt<lb/> einſtimmig an daß dieſe Bedingungen die friedlichſten find. Der öſter-<lb/> reichiſche Geſandte wäre mit den beiden Vermittlungsmächten über das in<lb/><cb/> den Angelegenheiten Roms und Toscana’s zu beobachtende Verfahren ein<lb/> verſtanden. Die Kriegskoften würden zwiſchen Oefterreich und Piemont<lb/> auf freundliche Art geregelt. Mehrere Mitglieder des Ausſchuſſes für die<lb/> auswärtigen Angelegenheiten haben Mittheilung erhalten von dieſer wich-<lb/> tigen Neuigkeit welche den glücklichen Abſchluß des kläglichen Kriegs zwi-<lb/> ſchen Oeſterreich und Piemont ankündigt.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"><lb/> <p>Die Nationalverſammlung hat in der Samſtagsſitzung die Budgets<lb/> von zwei Miniſterien abgemacht, und ſie wird für dieſe ſchnelle Geſchäfts-<lb/> behandlung von der conſervativen Preſſe mit Lob überſchüttet. Ja, es<lb/> ging alles ſo im Flug daß ſie noch einige Zeit dem Geſetz über die Ge-<lb/> richtsverfaſſung widmen konnte. Im Verlauf der Sitzung wurde von der<lb/> Regierung ein Geſetzentwurf eingebracht um die außergeſetzliche Stellung<lb/> des Generals Changarnier zu regeln. Die Beftimmung des Geſetzes vom<lb/> 22 März 1831, welches die Vereinigung des Oberbefehls über die Trup-<lb/> pen und die Nationalgarde verbietet, ſoll auf drei Monate außer Wirkſam-<lb/> keit geſetzt werden. Einſtweilen hat man den General für den Verluſt<lb/> ſeiner Repräſentationskoſten durch die Erhebung zum Großofficier der<lb/> Ehrenlegion einigermaßen getröſtet. Nach und nach geht alles ſoviel als<lb/> möglich ins alte Gleis zurück. Das verhaßte Corps der Stadtſergenten,<lb/> welches das erſte Opfer der Februarrevolution war, iſt reorganiſirt und<lb/> hat am 8 April ſeinen Dienſt angetreten. 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Einſtweilen beob-<lb/> achten die miniſteriellen Blätter eine große Zurückhaltung in Bezug auf<lb/> dieſe Frage; das J. des Débats ergeht ſich, ſeiner abgedroſchenen Politik<lb/> getreu, in prätentiöſen Witzeleien über die Einheitsbeſtrebungen Deutſch-<lb/> lands, die ultrarepublicaniſchen Blätter wünſchen der König möge die<lb/> ihm dargebotene Krone aunehmen, weil ſie meinen ein ſolches Ereigniß<lb/> führe nothwendig neue Wirren in Deutſchland nach ſich, die es ihrer Partei<lb/> erlauben würden im Trüben zu fiſchen. Andere ſehen in der Uebertragung<lb/> der Kaiſerkrone an den König von Preußen eine Anbahnung zur endlichen<lb/> Wiedererwerbung des heißerſehnten linken Rheinufers. In dieſer Bezie-<lb/> hung darf man die obenerwähnte Liberté als das Organ einer großen<lb/> Majorität unter den Franzoſen betrachten, wenn ſie ſagt: „Preußen hat<lb/> kein Intereſſe an der Heilighaltung der Verträge von 1815; die Rhein-<lb/> provinzen liegen ihm freilich am Herzen; aber denken wir in dieſem Au-<lb/> genblick daran ſie ihm ſtreitig zu machen? Die Bewegung in Deutſchland,<lb/> zu welcher der Reichstag zu Frankfurt das Signal gegeben hat, wird frü-<lb/> her oder ſpäter Preußen erlauben die meiſten kleinen Staaten jenſeits des<lb/> Rheins zu abſorbiren. Dann aber wird es keinen Anſtand nehmen uns<lb/> die Rheinprovinzen wieder zu geben. (?) An Entſchädigungen wird<lb/> nicht fedlen. (Wo?) Die Bündniſſe beruhen auf den Intereſſen; man<lb/> ſieht alſo daß unſer natürlicher Alliirter, der König von Preußen, der<lb/> Kaiſer von Deutſchland wäre. Es iſt die Politik Frankreichs ſich ohne<lb/> Zögern Preußen zu nähern, mit England nur freundnachbarliche Verbin-<lb/> dungen bewahrend. Der König Friedrich Wilhelm wird unſere Freund-<lb/> ſchaft nicht zurückſtoßen; er weiß daß die Würde eines Kaiſers der Deut-<lb/> ſchen ihm Feindſeligkeiten von Seiten der großen Mächte ſchaffen wird,<lb/> und er fühlt daß er eines Verbündeten, einer Stütze bedarf um jene Feind-<lb/> ſeligkeiten, die zu einem Kriege führen können, mit Erfolg zu bekämpfen.<lb/> Aber wozu für Frankreich eine Zukunft von Größe und Wohlſtand vor-<lb/> herſehen? Werden wir nicht von Hrn. Thiers regiert? 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dern daß die Italiener nur die Puppen und Werkzeuge einiger wühleriſchen
Schreier waren, welche zwar die Verbrechen, aber nicht die Thaten einer
großen Revolution nachzuahmen die Fähigkeit und den Muth beſaßen, da
verſchwanden jene Sympathien großentheils, und viele, die früher dem Karl
Albert Glück und Sieg wünſchten, ſind jetzt aufrichtige Freunde Oeſter-
reichs geworden, für welches, in der Erinnerung an Spaniens glorreiche
vorbourboniſche Zeiten, noch immer eine lebhafte Zuneigung bei allen ächten
Spaniern beſteht, die nur vorübergehend durch die politiſchen Stürme
der Neuzeit und ihre Parteiungen getrübt werden konnte. Man iſt hier
überzeugt daß Marſchall Radetzky, wie ſeinem Kaiſerhaus, ſo auch der
Sache der Ordnung und des Weltfriedens einen unermeßlichen Dienſt ge-
leiſtet hat. — In Catalonien find die Factionen einer athemloſen Treib-
jagd durch die königlichen Truppen ausgeſetzt, was ſie nöthigt ſich in
Bruchtheile zu zerſplittern, um der Verfolgung leichter entgehen zu kön-
nen. Cabrera muß ſich fortwährend auf der Defenſive halten, und mei-
ſtens liegt er in ſeinen Schlupfwinkeln verſteckt. Endlich erwachen auch
die cataloniſchen Landgemeinden mehr und mehr aus ihrer Apathie, und
mehrere derſelben haben zu den Waffen gegriffen, um auf eigene Hand die
Carliften- oder Republicanerbanden von ihren Häuſern und ihrem Eigen-
thum abzuwehren. Die Regierung iſt im Begriff neue Verſtärkungen —
gegen 10,000 Mann — nach Catalonien zu entſenden, und ſo wird jetzt
nach dem Eintritt der beſſern Jahreszeit der Krieg in jenem Gebirgs-
land ernftlichſt unternommen werden. Im Innern Spaniens tauchen
von Zeit zu Zeit kleine Factionen, theils mit carliſtiſcher, theils mit
republicaniſcher Farbe auf, aber kaum daß ſie ſich blicken laſſen, find ſie
gewöhnlich auch ſchon geſchlagen. Fortwährend entdeckt man an den Kü-
ſten, und ſo auch im Binnenland, geheime Niederlagen von Waffen, und
dieſe Waffen ſind eugliſche (y estas armas son inglesas). Es iſt augen-
fällig, und niemand zweifelt hier daran daß, wenn der Krieg in Catalo-
nien noch fortdauert, und wenn da und dort neue Aufſtände verſucht wer-
den, Spanien dieß ſeinem alten Bundesgenoſſen England, und zunächſt dem
finnreichen Hidalgo Palmerſton zu verdanken hat; allein das aufgewandte
engliſche Gold wird doch ſeines Zwecks verfehlen, denn in Spanien wünſchen
alle Rechtlichen und Gutgefinnten den Frieden. — Hr. Bonaparte, ein
Better des Präſidenten der franzöfiſchen Republik, wird ſtündlich als de-
ren Gefandter in Madrid erwartet. Zunächſt ſoll zwiſchen unſerer Regie-
rung und ihm eine Anordnung über die Intervention im Kirchenſtaat ge-
troffen werden; indeſſen hält man eine ſpaniſche Expedition dahin nicht
mehr für wahrſcheinlich, weil ſie nach dem Sieg der Oeſterreicher bei No-
vara kaum mehr nöthig ſeyn möchte.
Madrider Blättern vom 5 April zufolge war, wie der Telegraph
von Victoria meldete, der König Karl Albert unter dem Namen eines Gra-
fen v. Burgo am 4 April Nachmittags von St. Sebaftian über Vallado-
lid nach Portugal weiter gereist. Am 5 April, als dem Gründonnerftag,
wuſch Königin Iſabella zwölf armen Greiſen im Palaſt die Füße, und be-
diente dieſelben eigenhändig bei Tiſche. Das ganze diplomatiſche Corps
wohnte dieſer „erbaulichen Feierlichkeit“ bei. — Der Pariſer National
brachte, allein unter allen franzöfiſchen Journalen, unterm 9 April die
Nachricht: Graf v. Montemolin habe ſich, verkleidet und unter fremdem
Namen, durch Frankreich nach Spanien durchſchleichen wollen, ſey aber
erkannt, und — mit all der höflichen Rückſicht die man ſich „unter Prä-
tendenten“ ſchuldig iſt — zur Rückreiſe nach England veranlaßt worden.
Da auch die Londoner Blätter die Abreiſe des Prinzen mit keinem Wort
erwähnt oder angedeutet haben, ſo dürfte obige Angabe ein Märchen ſeyn.
Frankreich.
Paris, 10 April.
Der Handelsminiſter hat durch ein Umlaufſchreiben vom 8 d. M. im
Moniteur die Handelskammern der Häfen in Kenntniß geſetzt daß die
öſterreichiſche Regierung dem Geſchäftsträger der Republik unterm 31
März eine Note übermachen ließ wonach der Viceadmiral der kaiſerlichen
Seemacht beauftragt iſt die Blokade Venedigs wieder aufzunehmen. Das
amtliche Blatt enthält auch die Anzeige daß die Sendung des außerordent-
lichen Geſandten und bevollmächtigten Miniſters von Sardinien, Hrn.
Ruffini, in Folge der Abdankung ſeines königlichen Herrn beendigt iſt,
daß ihn der Präſident der Republik noch in einer Abſchiedsaudienz em-
pfangen, und daß an demſelben Tag Hr. Gioberti ſeine Beglaubigungs-
ſchreiben als außerordentlicher Geſandter und bevollmächtigter Miniſter
überreicht hat. — In dem miniſteriellen Blatt: La Patrie liest man:
„Die Regierung iſt amtlich benachrichtigt daß Hr. v. Bruck, der öfterrei-
chiſche Handelsminiſter, in Turin angekommen war um über die Friedens-
bedingungen mit dem König von Sardinien, im Einvernehmen mit den
Miniſtern von Frankreich und England, zu unterhandeln. Man erkennt
einſtimmig an daß dieſe Bedingungen die friedlichſten find. Der öſter-
reichiſche Geſandte wäre mit den beiden Vermittlungsmächten über das in
den Angelegenheiten Roms und Toscana’s zu beobachtende Verfahren ein
verſtanden. Die Kriegskoften würden zwiſchen Oefterreich und Piemont
auf freundliche Art geregelt. Mehrere Mitglieder des Ausſchuſſes für die
auswärtigen Angelegenheiten haben Mittheilung erhalten von dieſer wich-
tigen Neuigkeit welche den glücklichen Abſchluß des kläglichen Kriegs zwi-
ſchen Oeſterreich und Piemont ankündigt.“
Die Nationalverſammlung hat in der Samſtagsſitzung die Budgets
von zwei Miniſterien abgemacht, und ſie wird für dieſe ſchnelle Geſchäfts-
behandlung von der conſervativen Preſſe mit Lob überſchüttet. Ja, es
ging alles ſo im Flug daß ſie noch einige Zeit dem Geſetz über die Ge-
richtsverfaſſung widmen konnte. Im Verlauf der Sitzung wurde von der
Regierung ein Geſetzentwurf eingebracht um die außergeſetzliche Stellung
des Generals Changarnier zu regeln. Die Beftimmung des Geſetzes vom
22 März 1831, welches die Vereinigung des Oberbefehls über die Trup-
pen und die Nationalgarde verbietet, ſoll auf drei Monate außer Wirkſam-
keit geſetzt werden. Einſtweilen hat man den General für den Verluſt
ſeiner Repräſentationskoſten durch die Erhebung zum Großofficier der
Ehrenlegion einigermaßen getröſtet. Nach und nach geht alles ſoviel als
möglich ins alte Gleis zurück. Das verhaßte Corps der Stadtſergenten,
welches das erſte Opfer der Februarrevolution war, iſt reorganiſirt und
hat am 8 April ſeinen Dienſt angetreten. Dieſe Polizeimannſchaft iſt
zum größten Theil aus ehemaligen Unterofficieren gebildet.
☉ Paris, 9 April.
So unwahrſcheinlich es auch klingt, ſo fin-
det das Gerücht von der Proteſtation unſeres Cabinets gegen die Annahme
der deutſchen Kaiſerkrone von Seiten des Königs von Preußen dennoch
Glauben im Publicum und in der Tagespreſſe, und das einzige Blatt, das
außer dem National heute erſchienen iſt, die Liberté, nennt die Proteſta-
tion mit der größten Beſtimmtheit eine vollendete Thatſache. Wir haben
bis jetzt nicht in Erfahrung bringen können ob etwas an der Sache
iſt, glauben auch noch nicht daran, weil ein ſolcher Act doch gerade
von Frankreich das non plus ultra der Unverſchämtheit wäre.
Hat man es doch ungeſtört ſeine eigenen Revolutionen vollbringen
laſſen; mit welchem Rechte darf es ſich in die innern Verhält-
niſſe Deutſchlands miſchen? Iſt es aber wahr was die Liberté
behauptet, ſo zweifeln wir nicht daran daß Friedrich Wilhelm IV,
mag es ihm nun ſelbſt um die Kaiſerkrone zu thun ſeyn oder nicht, die
rechte Antwort auf eine ſolche Dreiſtigkeit finden wird. Einſtweilen beob-
achten die miniſteriellen Blätter eine große Zurückhaltung in Bezug auf
dieſe Frage; das J. des Débats ergeht ſich, ſeiner abgedroſchenen Politik
getreu, in prätentiöſen Witzeleien über die Einheitsbeſtrebungen Deutſch-
lands, die ultrarepublicaniſchen Blätter wünſchen der König möge die
ihm dargebotene Krone aunehmen, weil ſie meinen ein ſolches Ereigniß
führe nothwendig neue Wirren in Deutſchland nach ſich, die es ihrer Partei
erlauben würden im Trüben zu fiſchen. Andere ſehen in der Uebertragung
der Kaiſerkrone an den König von Preußen eine Anbahnung zur endlichen
Wiedererwerbung des heißerſehnten linken Rheinufers. In dieſer Bezie-
hung darf man die obenerwähnte Liberté als das Organ einer großen
Majorität unter den Franzoſen betrachten, wenn ſie ſagt: „Preußen hat
kein Intereſſe an der Heilighaltung der Verträge von 1815; die Rhein-
provinzen liegen ihm freilich am Herzen; aber denken wir in dieſem Au-
genblick daran ſie ihm ſtreitig zu machen? Die Bewegung in Deutſchland,
zu welcher der Reichstag zu Frankfurt das Signal gegeben hat, wird frü-
her oder ſpäter Preußen erlauben die meiſten kleinen Staaten jenſeits des
Rheins zu abſorbiren. Dann aber wird es keinen Anſtand nehmen uns
die Rheinprovinzen wieder zu geben. (?) An Entſchädigungen wird
nicht fedlen. (Wo?) Die Bündniſſe beruhen auf den Intereſſen; man
ſieht alſo daß unſer natürlicher Alliirter, der König von Preußen, der
Kaiſer von Deutſchland wäre. Es iſt die Politik Frankreichs ſich ohne
Zögern Preußen zu nähern, mit England nur freundnachbarliche Verbin-
dungen bewahrend. Der König Friedrich Wilhelm wird unſere Freund-
ſchaft nicht zurückſtoßen; er weiß daß die Würde eines Kaiſers der Deut-
ſchen ihm Feindſeligkeiten von Seiten der großen Mächte ſchaffen wird,
und er fühlt daß er eines Verbündeten, einer Stütze bedarf um jene Feind-
ſeligkeiten, die zu einem Kriege führen können, mit Erfolg zu bekämpfen.
Aber wozu für Frankreich eine Zukunft von Größe und Wohlſtand vor-
herſehen? Werden wir nicht von Hrn. Thiers regiert? Frankreich wird
der gehorſame Diener Englands bleiben.“
ꘌ Paris, 9 April.
Im Miniſterium iſt ſeit einiger Zeit ſtark die
Rede davon die Wiedereinführung des Zeitungsſtempels zu beantragen,
allein man wird die jetzige „revolutionäre“ Kammer mit einem derartigen
Vorſchlag noch verſchonen. Die Nachrichten welche dem Cabinet aus den
einzelnen Departements in Bezug auf die bevorſtehenden Wahlen zukom-
men, lauten für die perſönlichen Intereſſen des Präſidenten durchaus nicht
günſtig. Die legitimiſtiſche Propaganda iſt in ihren Bemühungen weit
glücklicher als man erwartet hatte. Im ſüdlichen Frankreich iſt in einigen
Wahlausſchüſſen den Bewerbern die Frage geſtellt worden, ob ſie ſich auch
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-09-16T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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